Politik und Gebet

Was uns nicht (mehr) selbstverständlich ist

Bild von Petra Bajusová auf Pixabay

Sicherlich werden einige innerlich zusammenzucken, wenn sie den Titel dieses Beitrags lesen.
Okay, zusammenzucken darf man, aber dann bitte sich auch die Gelegenheit nicht nehmen lassen, darüber in Ruhe mal nachzudenken.

Ich jedenfalls habe es getan, als ich heute Morgen folgendes Zitat fand:

Politik und Gebet

Betende Politiker:innen – sind sie uns bekannt?
Nein, ich meine jetzt nicht jene heuchlerischen Politiker:innen, die sich gerne in Kirchen, Moscheen oder Synagogen ablichten lassen, womöglich noch bei einer Teilnahme an Gottesdiensten, aber zugleich menschenmordende Kriege beginnen und anderen Menschen, Völkern und Nationen ihr Existenzrecht absprechen.
Ich meine jene Politiker:innen, die als solche aktiv und mitgestaltend tätig sind, aber zugleich in ihrem Leben, mitunter auch recht persönlich, das persönliche und/oder öffentliche Gebet pflegen.

Ich meine jene, die nicht immer nur das sprichwörtliche „Herr, Herr, ….“ in den Mund nehmen, wie es schon Christus in Mt 7, 21 kritisiert:

„Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“

Matthäus-Evangelium, Kapitel 7 Vers 21

Sondern ich meine jene Politiker:innen, die wirklich versuchen, aus ihrem Glauben her Politik zu gestalten, die ihr Leben und Handeln, sowohl das persönliche wie das politische Handeln, bereit sind, auf dem Hintergrund ihres Glaubens kritisch zu hinterfragen, zu gestalten und zu leben.

Kennst du solche Politiker:innen?
Wenn du sie nicht kennst, ist das auch kein Indiz dafür, dass es sie nicht gibt.
Denn diese Sorte von Politiker:innen machen häufig kein großes Aufheben um ihren Glauben. Man muss sie vielleicht schon persönlicher kennen, um zu wissen, welche Rolle ihr Glaube in ihrem Leben und ihrem politischen Wirken spielt.

Es ist die persönliche Offenheit, in ihrem Leben und persönlichen wie beruflichen Alltag die religiöse Frage mit einfließen zu lassen, ohne aber andere damit indoktrinieren zu wollen.
Der Glaube wird für sie zu einem Entscheidungs- und Gestaltungsfaktors ihres Lebens, welches einher geht mit einer persönlichen Gottesbeziehung, die ihren Ausdruck im persönlichen wie öffentlichen Gebet findet.

Ich denke, an solche Menschen dachte Edward Schillebeeckx.

Die Ansichten solcher Menschen führen nicht zwangsläufig dazu, dass ihre Ansichten von allen oder zumindest vielen geteilt wird.
Darum geht es auch nicht zu aller erst.
Sondern es geht darum, dass diese Menschen sich und ihr ganzes Leben ins Verhältnis setzen können zu einer ‚höheren Macht‘, denen sie sich verbunden und verantwortlich fühlen und sie zugleich erkennen lässt, dass weltliche Macht begrenzt ist und auch begrenzt sein muss, damit sie wahrhaft human sein kann.
Unbegrenzte Machtansprüche führen zum Beispiel zu Unerbitterlichkeit und Barbarei, wie es Schillebeeckx sicherlich gemeint hat.
Und solche Politiker:innen kennen wir – Gott sei’s geklagt – leider auch in unserer Zeit zuhauf.

Wir dürfen uns – wie ich finde – glücklich schätzen, wenn wir jedoch auch Politiker:innen finden, vielleicht sogar kennen, für die Glaube, Spiritualität und persönliches wie öffentliches Gebet zu ihrem Leben dazu gehören und die aus diesem Bewusstsein zu leben und zu wirken versuchen.

Ich denke, einer von ihnen ist in diesen Tagen im hohen Alter verstorben: Jimmy Carter, ehemaliger Präsident der USA.
Es gibt sie auch nicht so weit von uns entfernt, hier bei uns in Europa, in Deutschland, in NRW, im Ruhrgebiet, … in der Nachbarschaft und in den eigenen Familien- und Freundeskreisen.

Und dafür bin ich dankbar und es hilft mir, ihnen leichter meine politische Macht und Verantwortung als Staatsbürger dieses Landes durch Wahlen an sie zu übertragen.




Jahreslosung 2025

„Prüfet alles und behaltet das Gute“

Bild: Gerd A. Wittka, 2025, erstellt mittels KI

Wir treffen täglich Entscheidungen.
Manche sind klein und unbewusst, andere groß und durchdacht.
Doch oft bleibt eine gewisse Unsicherheit.
Es ist nicht immer klar, ob eine Entscheidung richtig oder falsch war – das hängt oft von der Sichtweise ab.

Ich für meinen Teil möchte nicht einfach übernehmen, was andere für richtig halten.
Deshalb stelle ich meine Überzeugungen, meinen Glauben und die Art, wie ich ihn lebe, regelmäßig auf den Prüfstand – sowohl durch mich selbst als auch durch andere.

Auch Gott fordert mich dazu auf, denn ihm ist wichtig, dass mein Glaube lebendig bleibt und nicht erstarrt.
Dabei stellt sich die zentrale Frage: Was gibt mir wirklich Halt im Leben und im Sterben?

Vielleicht wollte Paulus genau darauf hinaus, als er schrieb: „Prüft alles und behaltet das Gute!“
Das bedeutet, keine Angst vor Neuem zu haben und Dinge nicht vorschnell abzulehnen.
Es ermutigt uns, genau hinzuschauen, gründlich zu prüfen und im Gespräch zu bleiben.

„Prüft alles und behaltet das Gute!“ könnte also heißen, immer wieder nach Gottes Willen zu fragen und sich von ihm leiten zu lassen.
Gottes Geist gibt Leben und schenkt Freiheit.
Er zeigt uns, wo wir Verantwortung übernehmen und wo wir Veränderungen vornehmen können. Selbst wenn wir Fehler machen oder unsicher sind, bleibt Jesus an unserer Seite.
Er ist auch dann bei uns, wenn wir ihn vergessen oder nicht spüren, dass er uns führt.

Die Jahreslosung „Prüft alles und behaltet das Gute!“ ist auch ein wichtiges Motto für die Veränderungen in der katholischen Kirche und in unserem Bistum Essen.

Unser Bischof hat uns vor Jahren dazu ermutigt, Neues zu wagen.
Er hat gesagt, dass es viele offene Fragen gibt, auf die auch er keine Antworten hat.
Und er vertraut darauf, dass der Heilige Geist uns begleitet.
Er forderte uns auf, neue Ideen auszuprobieren und zu schauen, ob sie uns weiterbringen.

Manchmal wissen wir nicht genau, wohin der Weg führt.
Wir haben nur eine grobe Vorstellung von unseren Zielen.

Doch genau hier ermutigt uns der Bischof, einfach loszulegen und Erfahrungen zu sammeln.
Nach einer Testphase können wir dann Bilanz ziehen: Hat es funktioniert? Dann entwickeln wir die Ideen weiter.
Wenn nicht, lassen wir sie los – ohne uns zu ärgern, sondern froh über die gewonnenen Erkenntnisse.

Wenn ich jedoch kritisch in unsere Pfarrei schaue, dann habe ich eher den Eindruck, dass man in vielen Bereichen, in sehr vielen Bereichen, in viel zu vielen Bereichen ‚beim Alten bleiben‘ möchte.

Noch immer sprechen als Beispiel welche in unserer Pfarrei von ‚Gemeinden‘, die es aber seit Jahren nicht mehr gibt!
Viele sprechen immer noch von „in Herz-Jesu“, „in St. Barbara“, „in St. Josef“ oder „in St. Theresia“.
Ist das nicht auffällig, wie beharrlich man an längst vergangenen Begrifflichkeiten festhält, so als würde man meinen, man könnte damit neue Realitäten vertuschen?!
Doch diese Gemeinden gibt es als Organisationseinheit schon seit einigen Jahren nicht mehr in unserer Pfarrei.
Das wird aber im Denken und Handeln nicht sichtbar.

Stattdessen hatten wir in der Pfarrei entschieden, sie „Orte pastoralen Lebens“ zu nennen.
Nur frage ich mich und Sie: hat sich dieser Begriff schon herumgesprochen, geschweige denn in unseren Köpfen und unserem Denken eingeprägt?!
Ich meine, nicht!
Denn sonst könnten wir folgerichtig allenfalls von „an St. Barbara“ oder „an Herz-Jesu“ usw. sprechen.

Allein der nicht angepasste Sprachgebrauch zeigt mir, wie schwer es immer noch fällt, Altes zu hinterfragen und loszulassen, um Platz für Neues zu schaffen.

Bild von Maximilian Fritsche auf Pixabay

„Prüft alles und behaltet das Gute!“ – ein Motto, das uns in diesem Jahr auch in unserer Pfarrei herausfordert.




Epiphanie 2025

Was Weise, Sterndeuter, Magier und Könige uns lehren (könnten) …?

Es wird erzählt, dass die Männer, die in der Bibel beschrieben werden, Magier, Weise oder Sterndeuter waren.
Manche sagen sogar, sie waren Könige.
Wir sprechen gerne von den „heiligen drei Königen“, dabei ist in der Bibel ihre Zahl gar nicht erwähnt.
Diese Männer machten sich jedenfalls – so die Bibel – von weit her auf den Weg nach Betlehem, um den „neugeborenen König“ zu suchen – und fanden das Baby Jesus.

Aber wer waren diese Männer wirklich?
Waren sie Sterndeuter oder Könige?
Das passt nicht so ganz zusammen.
Vielleicht waren sie Sterndeuter und Weise, denn Weise sind kluge und gebildete Menschen.

Magier, wie wir sie heute als Illusionskünstler kennen (zum Beispiel Siegfried & Roy oder die ‚Ehrlich Brothers‘), waren sie wahrscheinlich nicht.

Das Wort „Magier“ kommt aus dem Griechischen (mágos).
Es wurde früher für Zauberer oder Sterndeuter benutzt, besonders aber für Priester aus der Religion der Zoroastrier, die ursprünglich auf den medischen Priesterstamm der Mager zurückging.

Manche glauben, die Männer kamen aus verschiedenen Teilen der Welt.
Aber in der Bibel steht, dass sie „in ihr Land“ zurückkehrten.
Hätten sie nicht „in ihre Länder“ zurückkehren müssen, wenn sie aus verschiedenen Regionen kamen?
Oder ist das nur eine sprachliche Ungenauigkeit?

Auch wird gesagt, dass sie aus unterschiedlichen Altersgruppen stammten.
Doch wie konnten sie dann ein gemeinsames Grab haben?

Solche Fragen bringen uns nicht wirklich weiter, wenn wir überlegen, was dieses Ereignis für unseren Glauben bedeutet.

Die Bibel erzählt, dass die Männer nicht zum jüdischen Kulturkreis gehörten, aber eine besondere Botschaft erkannten.
Diese Botschaft sahen sie in einem Stern.
Sie machten sich auf den Weg, obwohl es eine lange und schwierige Reise war.

Am Anfang ihrer Reise stand eine Hoffnung.

Neulich hörte ich von einer Familienfeier, bei der jemand schlecht über Menschen mit Migrationshintergrund sprach.

Oft vermeiden wir bei solchen Anlässen Streit, um die Stimmung nicht zu verderben.
Aber ist das richtig?

Der christliche Glaube fordert uns auf, für das einzustehen, was wir als richtig erkennen, auch wenn es schwierig ist.
In der Bibel steht: „Verkündet Gottes Botschaft, egal ob es den Leuten gefällt oder nicht!“ (2. Timotheus 4,2).

Mit der Zeit wird mir immer klarer: Meine Lebenszeit ist zu kostbar, um einfach falschen Konventionen zu folgen.
Wenn bei einer Feier Fremdenfeindlichkeit verbreitet wird, kann es wichtig sein, dagegen zu sprechen – auch wenn das die Harmonie stört.
Das kann ein Zeichen setzen und andere ermutigen, in Zukunft bewusster zu überlegen, was sie sagen.
Jesus sagte: „Denkt nicht, ich bringe Frieden, sondern Kampf!“ (Matthäus 10,34).
Das bedeutet, dass der Glaube manchmal unbequem ist und uns herausfordert.
Er fordert uns auf, eine Haltung einzunehmen und unseren Weg zu gehen, auch wenn er schwierig ist.

Wer diesen Weg geht, kann in Jesus ein Licht finden – das Licht von Betlehem.
Es ist ein Licht, das uns Mut gibt, auch unbequeme Wege zu beginnen und zu gehen.

Ein Lied aus meiner Jugendzeit heißt es sinngemäß:
… Wer geht den Weg, der die Mühe lohnt?
Den Weg wollen wir gehen …

den langen, steinigen und unbequemen Weg, der sich der Mühe lohnt…

Was wäre, wenn die Weisen aus dem Morgenland für uns zur Motivation würden, ebenfalls unbequeme Wege zu gehen, wenn am Ziel eine Verheißung wartet, die unserem Leben Sinn schenken möchte?!


Fotos: www.pixabay.com




‚Die Familie‘

Gedanken zum ‚Fest der heiligen Familie‘

Am Sonntag nach Weihnachten feiern wir in der katholischen Kirche das ‚Fest der heiligen Familie‘.

Ich habe aus diesem Anlass mir ein paar Gedanken zu ‚Familie‘ gemacht.


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Nach-gedacht: die Familie

Die Familie – ein Ort, an dem Liebe zu Hause sein kann, aber auch ein Ort, an dem sie manchmal verlorengeht.

Dort, wo gegenseitige Liebe blüht, entsteht ein Raum voller Vertrauen und Geborgenheit.
Gemeinsam werden Stürme überstanden, und selbst die kleinsten Momente des Alltags werden zu einem Netz aus Verbindungen, das trägt und hält.
Hier ist das Miteinander nicht nur ein Wort, sondern eine gelebte Wirklichkeit.

Doch es gibt auch Familien, in denen das Glück zerrinnt.
Wo Liebe, die einst selbstverständlich war, hinter Schweigen und Vorwürfen verblasst.
Die Wände, die einst Schutz boten, werden zu Mauern, die trennen.
Das Miteinander wird ein Kampf, und das Herz sehnt sich nach Wärme, die nicht mehr zu spüren ist.

Und doch bleibt Familie ein Ort der Möglichkeiten.
Auch in der Entfernung – innerlich wie äußerlich -, auch in der Verletzung gibt es die Chance, neu anzufangen. Denn wo Menschen menschlich bleiben, da bleibt auch die Hoffnung – auf ein Verstehen, ein Versöhnen, ein Wiederfinden.

© Gerd Wittka, 2024




Stille Nacht

Bewegender Tag

Um 16.00 Uhr begann heute in unserer Krankenhaus-Kapelle die Christmette.
Ich war bereits gegen 14.15 Uhr in der Kapelle, um nach dem Rechten zu sehen und erste Vorbereitungen zu treffen.
Alte Plakate, die für die Adventszeit galten, mussten entfernt werden, neue Plakate z.B. über die Gottesdienstzeiten in der Weihnachtszeit usw. wurden aufgehängt.
Der Florist sagte sich gegen 14.00 – 14.30 Uhr an, um die Altarblumen zu liefern. Auch er hat sicherlich Hochzeiten und war etwas in Verzug geraten.
Die Begegnung mit der Mitarbeiterin an der Info war sehr nett.
Als nächstes stellte ich die LED-Strahler auf, die unsere Kapelle zu bestimmten und geprägten Zeiten in eine angenehme Atmosphäre bringen.
Ich habe den Eindruck, dass die Gottesdienstteilnehmer:innen das auch mögen. Es ist schon schön, wie man mit Licht für diesen Tag angemessene besinnliche Atmosphäre schaffen kann, in der auch die Krippe, der Altar und der Christbaum gut zur Geltung kommen.


Liturgie, so habe ich mal an der Universität gelernt, ist ein „heiliges Spiel“ (Prof. A. Gerhards), wobei das Spiel nicht das Wesentliche ist, aber den Teilnehmenden helfen soll, das, was wir im Gottesdienst feiern, innerlich und spirituell leichter nachvollziehen zu können.
Liturgie hat also in diesem Sinne ‚dienende‘ Funktion.


Gegen 15.00 Uhr kamen dann die ehrenamtlichen Helfer:innen, die in der Sakristei aber auch bei den verschiedenen Diensten, wie Lektorendienst und Kommunionhelferdienst, helfen.
Ich kann mich auf diese Personen verlassen. Sie sind zeitig da, um zum Beispiel an solchen Tagen auch zu schauen, ob und dass alle Teilnehmenden einen guten Platz finden. Dabei müssen wir natürlich auch auf sicherheitsrelevante Aspekte schauen, wie z.B. das Freihalten von Fluchtwegen.
Das funktioniert aber ganz gut und wir sind ein eingespieltes Team. Deshalb bin ich sehr dankbar für diese Menschen. Sie machen mir meinen Dienst leichter.
Und es ist wichtig, dass wir in der Kirche solche Menschen haben. Wir sollten mehr auf sie bauen und auf sie vertrauen.
Sie geben mir manchmal auch gute und hilfreiche Ratschläge, auch inhaltlicher Art.
Dankbar bin ich aber auch meinem Kollegen, Johannes Schoenen, der heute leider nicht dabei war, aber aus sehr guten und nachvollziehbaren familiären Gründen. Er hatte dafür gesorgt, dass der Christbaum und auch die Krippe wieder einen guten Platz gefunden haben.
Vollständig wurde dieser Gottesdienst natürlich durch die passende und einfühlsame musikalische Gestaltung und Begleitung von Steven Beck – auch auf ihn ist Verlass, und das ist sooo gut ….!

Übrigens: Der Christbaum wurde in diesem Jahr wieder von einer Familie gespendet, da wir von der Krankenhaus-Seelsorge nicht genügend Geld haben und für diese Kosten selber aufkommen müssen.
Das ist eine gute Gelegenheit, hier einmal öffentlich „DANKE!“ zu sagen für all die Menschen, die unsere Gottesdienste finanziell unterstützen und damit mitfinanieren! Denn für die Finanzierung z.B. von Blumenschmuck und Kirchenmusiker und andere Ausgaben für die Liturgie müssen wir als Krankenhaus-Seelsorger selber sorgen!

Und allmählich kamen die ersten Gottesdienstteilnehmer:innen, gut 45 Minuten vor Beginn der Christmette. Viele vertraute Menschen und ’neue Gesichter‘ gesellten sich heute zu uns.
Es wird offenbar in unserer Pfarrei mehr und mehr bekannt, dass man auch in dieser Krankenhauskapelle gut Gottesdienste feiern kann.

Es wurden also Menschen placiert, manche mit Rollatoren, manche mit Rollstühlen. Sie alle sollten einen guten und sicheren Platz bekommen.
Patient:innen aus dem Krankenhaus kamen dazu.
Insgesamt waren wir dann im Gottesdienst etwas über 80 Personen.

War anfangs die Kapelle noch etwas kühl, wurde sie mit den Menschen immer wärmer – oder war es die heimelige Atmosphäre, die auch von den Menschen ausging?
Natürlich wurden einige Fenster geöffnet, denn auch wenn wir Corona halbwegs gut händeln können, lege ich immer noch großen Wert darauf, dass wir bei solchen Gottesdiensten für eine gute Luft sorgen.
Wir haben ja schließlich aus der Corona-Pandemie gelernt, nicht wahr?

Der Gottesdienst lief dann – meines Erachtens – sehr gut ab.
Dabei meine ich nicht den formalen Ablauf, sondern besonders die Stimmung. Es war andächtig und festlich, und zuweilen heiter: so wie es angemessen ist, wenn wir die Geburt Jesu Christi feiern.

In unsere Gebete haben wir all die Menschen auf der ganzen Welt einbezogen, die keine fröhliche Weihnacht feiern können.

Und für mich ist es auch schon liebgewordene Tradition, dass ich in diesem Gottesdienst besonders für die Patient:innen und Mitarbeiter:innen im Krankenhaus bete, aber nicht nur für sie, sondern für alle kranken und pflegebedürftigen Menschen und für alle Menschen, die sie pflegen, ob in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder auch oft außerhalb unserer Wahrnehmung in der häuslichen Pflege.

Mit vielen bekannten Weihnachtsliedern haben wir den Gottesdienst bereichert und am Ende durfte natürlich nicht das Lied fehlen, dass man eigentlich nur am Heiligen Abend singen kann: „Stille Nacht, heilige Nacht…“

Nach knapp 55 Minuten war unsere Christmette beendet und ich durfte die meisten Gottesdienstteilnehmer:innen an der Tür verabschieden; einige musste ich noch in der Kapelle abpassen, auf dem Weg zum Aufzug, z.B. diejenigen, die mit Rollatoren oder Rollstühlen zu uns gekommen waren.

Dann hieß es wieder: alles aufräumen und einpacken.
Natürlich konnte ich dabei wieder auf meine Helfer:innen bauen. Doch die letzten Arbeiten, wie den Abbau der LED-Strahler habe ich dann allein gemacht. Nicht, dass man mir dabei nicht auch Hilfe angeboten hat.
Aber ich mag es, dann noch mal ganz in der Stille, den Raum wahrzunehmen und beim Zusammenpacken noch einmal diesen Gottesdienst innerlich an mir vorbei ziehen zu lassen.

Plötzlich öffnete sich die Kapellentür und eine Patientin kam mit zwei weiteren jüngeren Menschen hinein.
Sie meinte, dass ich mit Aufbau-Arbeit begänne, aber ich musste sie leider enttäuschen und ihr sagen, dass ich schon wieder abbaue und unsere Christmette schon vorbei sei. Ich habe sie aber dann zu unserem weihnachtlichen Gottesdienst am kommenden Samstag um 16.00 Uhr eingeladen, sofern sie noch im Hause sei.
Wir haben dann noch ein paar Worte gewechselt, sie stellte eine Opferlichtkerze auf und ich konnte ihr noch das Bild, was ich während meines Impulses betrachtet hatte, mit einer kurzen Zusammenfassung in die Hand geben. Wir sprachen noch etwas über dieses Bild, bis sie dann wieder die Kapelle verließen.

Weihnachtliche Krankenhaus-Kapelle im AMEOS-Klinikum St. Clemens, Oberhausen-Sterkrade, Foto: Gerd A. Wittka, 24.12.2024

Nun war ich wieder allein in diesem Raum.
Nachdem ich alle Arbeiten erledigt hatte, war auch ich ‚erledigt‘ und die Symptome meines Long-Covids schlugen wieder vollzu: Erschöpfung und Müdigkeit.
Aber ich war selig und dankbar.

Ein paar Minuten setze ich mich noch in die absolut leere und stille Krankenhauskapelle und empfand nun für mich – mitten in dieser Stille – zum ersten Mal: ES IST WEIHNACHTEN!

Ich dankte Gott für diesen Nachmittag und der so schön verlaufen war und bekam eine Ahnung von dem, wenn es heißt:

„Stille Nacht, heilige Nacht!“

Alle Jahre wieder wünsche ich, dass von dem Weihnachtsfest die Stärkung der Sehnsucht der Menschen nach Frieden wachsen möge!
Auch dieses Jahr wieder …




Weihnachten 2024

Gott sieht uns an und schenkt uns (S)ein Ansehen

Quelle: www.pixabay.com

Aus meiner Weihnachtsansprache (Gottesdienstteilnehmenden erhalten einen Bildabzug):


Diese Krippendarstellung im Kirchenfenster ist farbenprächtig und naiv gestaltet.
Bunte Farben dominieren, ohne die dunkle, kalte Nacht, in der das Kind in Betlehem geboren wurde.

Die Szene wird von Blau und Grün bestimmt: Blau symbolisiert Himmlisches, Göttlichkeit, Harmonie und Hoffnung; Grün steht ebenfalls für Hoffnung sowie für Ruhe, Gelassenheit und Fruchtbarkeit.

Es gibt keinen Hinweis auf die Schwierigkeiten, die Maria und Josef bei der Suche nach einer Unterkunft für die Geburt hatten.
Stattdessen wirken ihre Gesichtszüge entspannt, fast meditativ.

Die Farben Blau und Grün verleihen dem Bild eine Atmosphäre von Ruhe und Gelassenheit.
Ebenso steht Blau für die Hoffnung; sie spiegelt sich in zweierlei Hinsicht wider: zum einen die weltliche Hoffnung auf eine gute Zukunft für das Kind, zum anderen die göttliche Hoffnung auf Erlösung, die in diesem Kind Fleisch geworden ist.

Gelb, das für Wärme und Licht steht, umgibt das Kind und rückt es ins Zentrum.
Rot, die Farbe von Leben und Liebe, ist dezent im Bild verteilt, jedoch allgegenwärtig und symbolisiert die allumfassende Liebe.

Der Fokus liegt auf dem neugeborenen Christus.

Die Darstellung ist bewusst unrealistisch: Kein Neugeborenes kommt mit offenen Augen zur Welt, kann gezielt seine Hände bewegen oder den Kopf heben.

Dies deutet die zukünftige Bestimmung des Kindes an.
Der Zeigefinger Christi verweist weder auf Maria noch auf Josef, sondern durch sie hindurch in den Himmel – auf Gott, von dem das Heil und die Rettung kommt.

Besonders hervorzuheben ist der Blick des Kindes, der den Betrachter direkt trifft. Während Kinder normalerweise ihr Umfeld mit den Augen erkunden, ist es hier der Blick Jesu, der die persönliche Beziehung zu jedem Betrachter betont. Christus sieht uns an.

(…)

An Weihnachten, mit der Geburt des Mensch gewordenen Gottessohnes, erfahren wir, dass wir in Gottes Augen wichtig sind.
In dem Weihnachtslied ‚Ich steh an deiner Krippe hier‘ heißt es an einer Stelle: „Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht sattsehen.“

Hier wird eine Szene gebildet, wo wir Christus anschauen und er uns.
In diesem Moment kommen wir ihm ganz nahe und dürfen ihn mit unseren Augen sehen.
In dieser Begegnung mit dem Kind dürfen wir einfach „sein“ – ohne uns verstellen zu müssen.
In den Augen dieses göttlichen Kindes schaut uns Gott mit seiner ganzen Liebe an und zeigt uns: Du bist in meinen Augen ganz wichtig!

Ich glaube, dass das genau das Weihnachtsgeheimnis ist: Gott schenkt uns Ansehen.
Auch wenn wir oft das Gefühl haben, im Alltag nicht wahrgenommen oder übersehen zu werden, an Weihnachten erfahren wir, dass Gott uns liebt und uns wertschätzt.
Weihnachten will für uns das Bewusstsein wecken, dass Gott die ganze Menschheit und jede und jeden Einzelnen von uns als geliebte Kinder annimmt, ohne dass wir etwas tun oder leisten müssen.

In dieser Nacht wird deutlich: wir sind nicht nur irgendeine Person, sondern jemand, den Gott liebt und wertschätzt.
Er schaut uns mit einem Blick der Güte und Liebe an.

Selbst wenn wir uns wieder in unseren Alltag stürzen, dürfen wir wissen, dass Gottes Blick uns begleitet und uns tief in unserem Innersten erreicht.

Papst Franziskus sagte einmal: „Wir alle wurden mit göttlichem Erbarmen angeschaut.“

An Weihnachten dürfen wir spüren, dass Gott uns mit seinem Blick in sein göttliches Erbarmen hüllt.
Dieser Blick ist ein Geschenk, das uns auch in den Tagen nach Weihnachten begleiten soll.
Denn vor Gott sind wir nicht nur ein Gesicht in der Menge – bei IHM sind wir einzig-artige geliebt und wertvoll.