Vor vier Monaten haben Polizist:innen aus Israel eines der bekanntesten jüdischen Lieder gemeinsam gesungen. Dieses Lied singt indirekt auch von der tiefsten Sehnsucht nach Frieden. Doch vier Monate später hat der Terror der Hamas schrecklichstes Leid und größte Brutalität in dieses Land gebracht.
Ich erinnere an die Notwendigkeit der friedlichen Koexistenz von Palästinenser:innen und Israelis in einer Zwei-Staaten-Lösung und die totale Ächtung dieser grausamsten Verbrechen durch die Terrororganisation ‚Hamas‘ die die Methoden des Islamistischen Staates nun auch sich selber zu eigen gemacht hat.
Die israelische Nationalhymne – eine Hymne der Hoffnung
Lasst die Hoffnung nicht fahren …!
„Eine Hülle verhüllt alle Völker und eine Decke bedeckt alle Nationen!“ (vgl. Jes 25, 6-10a)
Erinnern Sie sich an die Worte aus der heutigen Lesung? Jesaja benutzt dieses Bild.
Heute, fast 3.000 Jahre nachdem dieser Text geschrieben wurde, kann ich dieses Bildwort des Jesaja – leider – auch noch nutzen! • Es liegt eine Hülle von Hass und Gewalt über den Völkern dieser Erde. • Eine Decke aus Naturkatastrophen, aus Hunger, Leid und Tod bedeckt die Nationen! Es scheint heute nicht anders zu sein, als zu den Zeiten des Jesaja.
„Ja, wird das denn niemals enden?!“ so sagte mir am vergangen Dienstag jemand im Krankenhaus: „Ich kann es nicht mehr ertragen,diese Nachrichten und Bilder aus der ganzen Welt; dem Krieg in der Ukraine, die terroristischen Massaker der Hamas in Israel, Bürgerkriege in anderen Ländern, noch dazu die ganzen Katastrophen und Klimakrisen und dann auch das Leid hier der Menschen, der Patient:innen! Und dann noch die menschenfeindliche Ideologie der rechtsnationalen Menschen und Parteien! – Ich kann es nicht mehr ertragen!“
Sie spricht sicherlich vielen von uns aus der Seele. Unerträglich scheint es zu sein, die Zeit, in der wir leben. Unerträglich schien auch damals die Zeit gewesen zu sein, in der Jesaja seinen heutigen Text hineingeschrieben hat. Darin liegt der Grund für diesen Text! Der vermeintlichen Unerträglichkeit unseres Seins will Jesaja ganz bewusst etwas entgegen setzen.
Das ist so, wie diese Woche beim Morgenmagazin: man hat ganz bewusst gute Nachrichten mit ins Programm genommen. Gute Nachrichten in scheinbar unerträglichen Zeiten sind keine Vertröstungen oder Übertünchen irgendwelcher Realitäten. Sie sind das notwendige Korrektiv, um unsere Psychohygiene in Balance zu halten.
Wer mag in solchen Zeiten schon ans Feiern denken?
Doch genau das nimmt Jesaja in den Blick: „An jenem Tag wird der Herr der Heerscharen für alle Völker ein Festmahl geben. „ (Denn) ER hat den Tod für immer verschlungen und Gott, der Herr, wird die Tränen von jedem Gesicht abwischen. … An jenem Tag wird man sagen: Siehe, das ist unser Gott, auf ihn haben wir gehofft, dass er uns rettet. Das ist der HERR, auf ihn haben wir gehofft!“
Wir Menschen brauchen Perspektiven und Visionen, aber nicht, um uns von der Realität abzulenken, sondern um die Hoffnung nicht zu verlieren. Denn die Hoffnung ist die Kraft, die uns motivieren kann, trotz aller Herausforderungen und Widerlichkeiten des Lebens nicht die Hände in den Schoß zu legen. Menschen mit hoffnungsvollen Zukunftsperspektiven braucht es gerade in diesen Zeiten, jedoch keine billige Vertröstung auf die Zukunft, erst recht nicht aufs Jenseits!
Jesaja ist von der Hoffnung erfüllt, dass es bessere Zeiten geben wird und dass diese Zeiten von Gott heraufgeführt werden. Aber er sagt auch deutlich, dass die jetzigen Zeiten völlig andere sind. Der Dienst und die Botschaft des Jesaja sind so lebensnotwendig. Sie nimmt die Gegenwart realistisch in den Blick; sie sagt ‚noch‘ ist es nicht so weit.
Wir leben noch in der Zeit vorher, das ist unübersehbar, mit vielen Grenzen, Unklarheiten und Todesmächten. Wir hoffen noch. Und darin will er ermutigen: die Hoffnung nicht fahren zu lassen.
Die Sendung von uns Christ:innen in dieser Zeit könnte sein, dass wir Jesaja nacheifern und wir uns gegenseitig und auch anderen Hoffnung zusprechen. Hoffnung zu machen, bedeutet dann: in unserem Leben bewusst Kontrapunkte zu setzen! Solche Kontrapunkte müssen nicht immer großartig sein.
Ich erinnere mich da z.B. an eine Begegnung mit einem psychiatrischen Patienten in dieser vergangenen Woche. Das Leben dieses Menschen war geprägt von Resignation, von Schwarzseherei und Verzweiflung, dass die Gesundung nicht voranschreitet. Dann sein fatale Gedanke – die Angst – dieses Leben vielleicht mal leid sein zu würden; die Angst vor Suizidgedanken! Vor meinem Urlaub ging es diesem Menschen besser und ich dachte, dass es jetzt nur noch bergauf gehen würde. Doch das Gegenteil war eingetreten. Auch ich war da sprachlos. Bei dieser Begegnung konnte ich nur da sein, diesem Menschen Raum geben, von seinem Leid zu reden. Und nach gut dreiviertel Stunden erlebte ich eine Veränderung: die Tränen versiegten, die Atmung wurde entspannter, Ruhe kehrte ein. Die Herausforderungen waren aber geblieben. Sie waren immer noch da, nicht weggeredet oder übertüncht. Sie standen – vielleicht klarer als vorher – im Raum.
Und dennoch ist für den Augenblick so etwas zurück gekommen, wie Ruhe und Frieden.
Ich bat diesen Patienten, nur in diesem Augenblick des inneren Friedens zu bleiben, ihn auszukosten. Denn nur dieser Augenblick zählte gerade. Für einen Augenblick war die Angst gewichen.
Solche Augenblicke können auch die Hoffnung stärken. Einen Augenblick lang zu erfahren, dass man das Leid tragen kann, kann die Hoffnung stärken, dass es in Zukunft immer wieder solche stärkenden Augenblicke gibt. Solche noch so unscheinbare Augenblick sind heilvolle Augenblicke.
Einen Augenblick mal nicht sagen zu müssen: „Ich kann es nicht mehr ertragen…!“, das könnte manchmal der heilsamste Augenblick in momentaner Lebenssituation sein. Vielleicht ist es nicht viel, aber in solchen Augenblicken ist es alles!
Alle Bilder: www.pixabay.com
Stand by Israel!
Die menschenverachtenden Massaker der Hamas erschüttern mich aufs äußerste! Mich erschüttert, mit welcher Brutalität Menschen buchstäblich hingerichtet wurden. Mich erschüttert, dass es – auch in unserem Land – Menschen gibt, die diese abscheulichen Verbrechen ‚feiern‘ – welche eine Verrohung und Perversität!
Gerade unsere deutsche Geschichte zeigt, welche Folgen solche Gesinnungen nach sich ziehen können.
Dem sage ich:
Nie wieder!
Und ich denke auch an die vielen Menschen in Palästina – von denen auch viele Christ:innen sind! Sie alle werden von der Hamas für ihren perfiden Hass missbraucht! Die Hamas terrorisiert damit die eigenen Landsleute!
Mit aller Kraft und allen notwendigen Mitteln muss diesem Massenmord ein Ende gesetzt werden. Friede und Versöhnung können niemals erreicht werden, wenn solche Verbrechen verübt und akzeptiert werden.
Alle Bilder: www.pixabay.com
‚festival of hope’`?!
Nein, es ist vielmehr ein Festival des Hasses, wenn der US-amerikanische Prediger Franklin Graham, der Sohn von Billy Graham, am kommenden Samstag nach Essen kommt. Franklin Graham, ein eiserner Verfechter von Donald Trump, hat in der Vergangenheit mit auffällig queerfeindlichen Aussagen von sich reden gemacht.
Aber auch der Sprachgebrauch auf der Homepage dieses ‚Festivals‘ spricht Bände. Da ist ein „Andreas-Karten“ die Rede, auf die man Namen von Menschen aufschreiben kann, die zu diesem Event eingeladen werden könnten. Doch es sind bestimmt Menschen, die dort eingeladen werden können, nämlich „verlorene“ Menschen:
„… um die Namen von verlorenen Menschen in ihrer Nachbarschaft, ihrer Familie und ihrem Umfeld aufzuschreiben, die sie zum Festival of Hope einladen können….“
Für Christ:innen verbietet sich eigentliche in solcher Sprachgebrauch, denn niemand ist in den Augen Gottes ein ‚verlorener Mensch‘! Gerade unser Glaube kündet davon, dass für Gott alle Menschen gerettet werden sollen und ER selbst wird entscheiden, wie ER SEINEN Willen umsetzen wird!
Das Gleichnis Jesu Christi vom ‚barmherzigen Vater‘ unterstreicht dieses radikale Absicht Gottes auf eindrucksvolle Weise. (vgl. Lk. 15, 11- 32)
Und am Samstag selbst werden zahlreiche Protest-Aktionen erwartet, zu denen Parteien, Christinnen und Christen und auch verschiedene Gruppierungen und Verbände aufgerufen haben.
Ich persönlich unterstütze ausdrücklich friedliche Proteste gegen solche Prediger, die eine ultrakonservative Sicht auf das Christentum haben.
Danke
Heute, dem ersten Sonntag im Oktober begehen wir in der römisch-katholischen Kirche den Erntedank-Sonntag. Danke zu sagen – hat das Alltagskultur in unserem Leben?
Dieser Sonntag darf uns einladen, über die Dankbarkeit nachzudenken.
Dank der Schöpfung
Dank der Schöpfung leben wir, dank der Schöpfung gestalten wir sie mit – jede und jeder von uns – an jedem Tag.
Sind wir uns dessen bewusst? Alles was wir tun oder unterlassen, wirkt sich auf uns aus und auf unsere Umwelt, auf die gesamte Schöpfung, auch wenn wir zu unserer Entlastung meinen, das wir doch nur ein kleines Rädchen im Getriebe sind.
Aber auch das kleinste Rädchen, das seinen Dienst tut – oder auch nicht – leistet für das große Ganze einen Beitrag ob negativ ob positiv.
Wenn wir also heute für die Schöpfung danken, dann steht auf der anderen Seite der Medaille die Rechenschaft, die wir abzulegen haben, wie wir mit diesem Geschenk umgehen?
Danken wir Gott für die Schöpfung, dann sollten wir IHN auch immer demütig bitten, gut und verantwortlich mit ihr umzugehen.
Dank dem Leben
Dank dem Leben sind wir ins Dasein gesetzt
Dank dem Leben sind wir nicht allein leben in Beziehungen in Familien in Freundschaften
Dank dem Leben empfinden wir Freude am Leben lieben das Leben und macht uns Angst dieses Leben einst verlassen zu müssen.
Dank dem Leben schätzen wir das Leben den Augenblick die Liebe, die uns geschenkt wird und die wir schenken dürfen die Momente von Glück manchmal ganz klein nebensächlich im Alltag die Schönheit und die überwältigende Fülle an Chancen und Möglichkeiten die wir haben die Freiheit und unser Leben so gestalten zu dürfen wie es uns entspricht MEIN Leben zu leben.
Dank dem Leben tragen wir in uns eine Sehnsucht nach Leben Liebe Geborgenheit Freiheit Selbstbestimmung Selbstfindung
Dank dem Leben kämpfen wir für das Leben für die Liebe für die Freiheit
und gegen Hass Unterdrückung Diskriminierung Manipulation zur Abhängigkeit
Es gibt
so viel
zu
danken
(c) Gerd A. Wittka, 01.10.2023 Alle Bilder: www.pixabay.com
Die Causa Franz Hengsbach
nicht folgenlos
Symbolbild, Quelle: www.pixabay.com
Keine ‚Nacht der langen Messer‘
Zwar erwarte ich keine „Nacht der langen Messer“ nach den bekanntgewordenen schlimmen Vorwürfe gegen den ersten Bischof von Essen, Franz Kard. Hengsbach. Aber ich denke, dass dieses auch für unser Bistum nicht folgenlos sein wird.
Der „letzte Fürstbischof Deutschlands“
Schon zu seinen Lebzeiten habe ich Franz Hengsbach als den „letzten Fürstbischof Deutschlands“ bezeichnet. Nicht, dass er das wirklich gewesen wäre, aber Habitus und Aura erinnerten mich sehr an einen feudalistischen Herrscher im geistlichen Amt. Sein Leitungsstil war genau das Gegenteil von dem, was wir heute als „flache Hierarchien“ bezeichnen würden. Ich persönlich hatte den Eindruck, dass Mitarbeitende kuschten, wenn Hengsbach kam. Auch in der sogenannten Nikolaus-Mimik im Bischöflichen Studienkolleg war dies Thema, über das wir uns Studierende gut und gerne lustig gemacht haben. Bereits damals haben wir erkannt: sein Stil war aus der Zeit gefallen.
Quelle: www.pixabay.com
Anfrage an das kirchliche Amt und die kirchliche Verfassheit
Mir steht es nicht zu, eine Bewertung oder gar Beurteilung der einzelnen Vorwürfe gegen Franz Hengsbach vorzunehmen.
Jedoch im Kontext dieser Meldungen gibt es Gedanken, die mich fragen lassen, ob und welche Konsequenzen solche Offenlegungen für das kirchliche Amt selber haben?
Gerade an der Person Franz Hengsbach lässt sich zeigen, wie sehr ein Personenkult betrieben wurde.
Erinnern wir uns zum Beispiel daran, dass Hengsbach nach seiner Kardinalserhebung, als er nach Deutschland kam, vom Flughafen Düsseldorf mit einer Ehren-Eskorte der Feldjäger (er war ja auch früher Militärbischof) in einem Konvoi nach Essen begleitet wurde. Oder wie er – als ‚frisch gebackener‘ Kardinal – an der Stadtgrenze von Wattenscheid durch den damaligen Stadtdechant von Wattenscheid mit einer Kutsche in Empfang genommen wurde und durch die Straßen fuhr? Andere werden sich sicherlich an ähnliche Gegebenheiten erinnern.
Nach ihm wurden Straßen und Plätze benannt, Portrait-Gemälde, Bronzebüsten oder ganze Skulpturen angefertigt und an prominenten Stellen, wie z.B. am Essener Dom oder in der Empfangshalle des (ehemaligen) Kardinal-Hengsbach-Hauses in Essen-Werden präsentiert. (Was für ein Treppenwitz der Geschichte, dass das Kardinal-Hengsbach-Haus erst seit kurzer Zeit ‚Geschichte‘ ist und den schlechten Finanzen des Bistums ‚zum Opfer fiel‘! So spart man sich jetzt auch die Änderung dieser Bezeichnung.)
Jetzt fängt man an, die Schäden schnell begrenzen zu wollen, z.B. durch Abbau der Skulptur von Franz Kard. Hengsbach am Essener Dom. Und was ist mit seinen ganzen Ehrungen und Ehrentitel? Was ist mit denen, die sich selber damit zierten, ihn ehrenhalber in ihre eigenen Reihen zu holen und sich mit seiner Prominenz zu schmücken, auch die exklusiven Ordens-Gesellschaften, wo nur solche mit vermeintlicher Bedeutung, mit Rang und Namen einen Platz unter Ihresgleichen bekommen können?
Hinter all dem steckt überkommenes Obrigkeitsdenken und Personenkult, die so aus der Zeit gefallen sind und sich in unserer Gesellschaft nur noch in wenigen Zirkeln zeigen: in der römisch-katholischen Kirche, beim vormaligen Adel in Deutschland und anderen antiquierten Gemeinschaften und Bündnissen (vornehmlich übrigens Männer-Bündnissen).
Die Causa Franz Hengsbach zeigt mir jedoch, dass diese Zeit des Personenkults und des Obrigkeitsdenkens in unserer Kirche endgültig vorbei sein muss!
Ein Wappen, das kirchliche und weltliche Macht symbolisiert! – Quelle: www.pixabay.com
„Eminenzen“, „Exzellenzen“, „Hochwürdigster Herr“, „Hochwürden“, aber auch „Pfarrer“ und andere Anreden und Titel, zum Teil mit feudaler Bedeutung, ja bis hin zum Titel ‚Pastor‘ gehören für mich der Vergangenheit an und auf den ‚Misthaufen der Geschichte‘ zu werfen! –
Denn: Wir alle sind ‚Geschwister‘ in und durch CHRISTUS!
Damit verbunden sind auch wesentliche Fragen nach dem Amt in der Kirche und der Legitimation des Amtes in der Kirche. Gerade im Kontext mit dem ‚Synodalen Weg‘ in Deutschland haben wir hier ein gutes Packende, um an diese Themen zu gehen. Denn damit sind jene Themen verbunden, die nach mehr Demokratisierung in der Kirche rufen oder nach mehr verbindlicher und verantwortlicher Gestaltung durch Personen in der Kirche, die nicht zum Klerus gehören. Hierzu gehört sicherlich auch die Frage, welche Rolle dabei jene Menschen in unserer Kirche spielen werden, die sich aufgrund ihrer Tauf- und Firm-Gnade ehrenamtliche in unseren Pfarrei, Gemeinden und kirchlichen Gemeinschaften engagieren?
Ist die presbyteriale Verfasstheit der Kirche, wie sie schon zum Beispiel im Jakobus-Brief beschrieben wird, nicht die angemessenere Form, die heute besser dem Geist Christi entspricht? Denn wir wissen aus der historischen Forschung, dass die Entwicklung des kirchlichen Amtes in Form des ‚monarischen Episkopats‘, so wie wir es derzeitig in unserer römisch-katholischen Kirche erleben, weniger theologische als vielmehr machtpolitische Ursachen hat, die später theologisch (um-)gedeutet wurden. [Hierzu eine kurze Übersicht unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Bischof#Alte_Kirche. Unter Kaiser Konstantin erfolgt dann im 4. Jahrhundert die Verknüpfung von geistlichem Amt und weltlicher Macht, in dem z.B. christliche Bischöfe die Aufgabe von staatlichen Richtern übernahmen -> ‚Konstantinische Wende‘]
Insofern ist es theologisch auch gerechtfertigt, andere Formen der Verfasstheit der Kirche als theologisch adäquat anzusehen, ohne dabei dem Geist Christi zu widersprechen.
Natürlich zieht das dann die neuerliche Beantwortung der Frage nach dem Wesen und der Rolle des Klerus in der Kirche nach sich. Doch schon jetzt sehen wir, dass das Verständnis von Klerus, wie wir es noch bis vor ca. drei Jahrzehnten fast selbstverständlich in unserer Kirche vorgefunden haben, ins Wanken geraten ist. Das ist auch nichts Neues. Und mir ist durchaus bewusst, dass diese Frage mich ganz persönlich betrifft, denn sie wird auch die Frage nach der eigenen Identität im priesterlichen Dienst aufwerfen.
Quelle: www.pixabay.com
Ich hoffe und bete, dass die ‚Causa Franz Hengsbach‘ in unserem Bistum Essen zu einem Fanal wird, das uns ernsthaft fragen lässt, wie Christus heute die Kirche von Essen will?
Und ich bete, dass wir uns mit IHM auf einem geistlichen Weg machen und wir uns nicht scheuen, die nötigen Wege zu gehen und Entscheidungen und Konsequenzen zu ziehen!
Zu Christus …
Christus, Bruder, ich habe gelernt: wer sich zu dir bekennt bildet Gemeinschaft mit jenen, die sich ebenfalls zu dir bekennen. Diese Gemeinschaft – deine Jünger:innen – sind Kirche, die ‚ekklesia‘.
Schau auf diese Gemeinschaft in dieser Zeit, da so viel Fehlerhaftes und so viel Schuld zu Tage tritt.
Ich frage mich, wie ich noch dazu gehören kann? Und dann merke ich: ich gehöre zu DIR!
Es geht in allen Fragen der Kirche auch um die Frage:
Welchen Platz hast du in ihrem Leben? Welchen Platz hast du in meinem Leben, damit ich weiterhin zu DIR und damit zur Kirche gehören kann?!
Deshalb komme ich heute zu DIR mit meinen Fragen, mit meinen Zweifeln, mit dem Gefühl, es nicht mehr (er)tragen zu können.
Wenn es stimmt, dass DU nur durch UNS in dieser Welt wirken willst, dann kann ich doch gar nicht anders, als BEI DIR und in der Kirche zu bleiben, denn DU bist doch ihr Dreh- und Angelpunkt!
Also komme ich heute zu DIR und bitte DICH um deinen Rat und Beistand, um deinen Geist: hilf uns, uns immer an DIR fest zu machen aus deinem Geist zu glauben und zu leben.
Hilf uns in dieser Zeit immer wieder und inniger zu beten.
Das Gebet ist die Verbindung, die die Reben am Rebstock halten.
Binde du mich immer enger an DICH!
Zeige mir, zeige uns, was gut und richtig, was nötig ist in dieser Zeit.
OHNE DICH sind wir – deine Kirche – nur ein Haufen von Menschen die sich irgendwie organisieren und reden von Gott und von dir und dem Heiligen Geist.
Wirke du! WIR brauchen DICH!
(c) Gerd Wittka, 24.09.2023
Nicht plausibel
Quelle: www.pixabay.com
„Nicht plausibel“, so lautete das Urteil das sie über deine Klage sprachen und das dir verwehrte gehört zu werden und dein Leiden anzuerkennen.
„Nicht plausibel“, so der Vorwand, den Blick abzuwenden von vergangenem Unrecht und dem Verbrechen das man dir tat.
„Nicht plausibel“ – die kirchliche Morallehre, die deine Würde nicht genau so penibel ernst nahm wie ihren kleinkarierten und sklavischen Verhaltenskodex, an dem sich jene selbst nicht dran hielten die das Urteil über dich sprachen:
„Nicht plausibel“
„Nicht plausibel“, wenn wir jetzt nicht endlich aufbrechen, eingestehen, zugestehen
das unser Verhalten dir gegenüber „nicht plausibel“ war.
„Nicht plausibel“ wenn wir jetzt nicht ablegen jeglichen unchristlichen Obrigkeitswahn und Personenkult der so schnell „sancto subito“ ruft in unheiliger Allianz.
„Nicht plausibel“, so lautet heute dein Urteil über uns
und das ist plausibel.
(c) Gerd Wittka, 23.09.2023
Erschütternder Verdacht
Erster Bischof von Essen soll sich des Missbrauchs schuldig gemacht haben
Am 19. September informierte der derzeitige Bischof von Essen, Dr. Franz-Josef Overbeck, die Öffentlichkeit darüber, dass es ernst zu nehmende Hinweise gibt, dass Bischof Dr. Franz Hengsbach sexuellen Missbrauch begangen hat.
Diese Meldungen erschüttern nicht nur unser Bistum. Auch mich erschüttern sie. Viele Gedanken und Fragen gehen mir durch den Kopf. Sie haben auch etwas damit zu tun, weil ich selber Bischof Hengsbach noch zu meinen Studienzeiten erlebt habe. Er persönlich hatte mich damals ermutigt, das Abendgymnasium zu besuchen, um an einer Universität ein ordentliches Theologie-Studium zu absolvieren. Ich müsste seinen Brief an mich noch in meinen Dokumenten vorliegen haben.
Meine eigene persönliche und berufliche Biographie ist also in bestimmter Weise auch mit der Person von Bischof Hengsbach verbunden.
Deswegen lassen diese Nachrichten auch mich überhaupt nicht kalt.
Ich werde dazu vielleicht noch ausführlicher hier schreiben. – Ich will dieses Thema aber hier schon jetzt auch in meinem persönlichen Blog aufgreifen.
Denn:
Wir dürfen nicht schweigen!
Um der Opfer willen möchte ich auch hier diesem Thema Raum geben, denn ich selber habe immer noch das Gefühl, dass in unserer Kirche, auch in unseren Pfarreien, das Thema „sexualisierte Gewalt“ und „geistlicher Missbrauch“ noch lange nicht den Stellenwert erfährt, den diese Themen haben müssen!
Deshalb möchte ich zu guter Letzt auch die Opfer-Seite zu Wort kommen lassen, mit einem Beitrag der am 24.09.2023 im WDR ausgestrahlt wird:
Heute gibt es eine geniale Auferweckungsgeschichte – die Auferweckung des jungen Mannes aus Nain. Vielen von uns wird sie bekannt sein. Aber ist uns auch bewusst, welche Tragweite die Botschaft dieser recht unspektakulären Auferweckungsgeschichte in sich birgt? Ich habe es schon oben in der Überschrift angedeutet. Lesen wir aber erst einmal den Text, der im Lukas-Evangelium im 7. Kapitel VV. 11-17 steht!
Die Witwe ist in einer prekären Situation. Der Mann, der für den Lebensunterhalt sorgen musste, ist verstorben. Damit beginnt eine Phase der wirtschaftlichen Bedrängnis für diese Witwe. Deshalb betont auch schon das Alte Testament immer wieder, wie wichtig die Almosen, gerade für die Witwen und Waisen sind. Denn ein Sozialversicherungssystem mit Witwen- und Waisenrenten gab es damals nicht.
Auch war die Witwe nicht automatisch Erbin, sofern sie selber vom Erblasser nicht vorher als Erbin eingesetzt wurde.
Einzig der Erstgeborene männliche Nachkomme – ihr Sohn also – war gesetzlicher Erbe. Gab es auch ihn nicht fiel das Erbe an den nächsten männlichen Angehörigen des Verstorbenen. Diese Witwe in dieser Auferweckungsgeschichte hatte also noch ‚Glück‘; sie hatte einen Sohn, der Erbe des verstorbenen Ehemanns ist. Dementsprechend durfte die Witwe darauf hoffen, dass auch ihr Einkommen gesichert war.
Der Sohn
Der erstgeborene Sohn war der gesetzliche Erbe. In diesem Fall war der Sohn der Witwe der Erbe und so konnte auch die Lebensgrundlage der verwitweten Mutter gesichert sein – solange der Sohn selber lebte. Würde er sterben, würden sein Sohn wiederum erben. Gibt es aber (noch) keinen Sohn, dann würde der nächste erstgeborene Verwandte erben. Mit dem Tod des Sohnes starb also auch die Grundlage auf wirtschaftliche Absicherung der verwitweten Mutter. Mit dem Tod des Sohnes starb aber auch die Hoffnung auf eine Generationenfolge dieser Familie. Dieser Zweig der Familie würde also aussterben, hätte selber keine Zukunft.
Die erlösende Auferweckung
Mir imponiert, wie Jesus mit dieser Totenerweckung in dreifacher Dimension Heil schafft. Zuerst erweckt er natürlich den jungen Mann zum Leben. Er schenkt ihm das Leben zurück. Wenn wir vom Tod junger Menschen erfahren, sagen manche: „Er/sie hatte ja noch sein ganzes Leben vor sich!“ – Jesus sorgt dafür, dass dieser junge Mann wieder sein ganzes Leben vor sich hat. Er rettet ihn vom Tod, schenkt ihm das Leben wieder und damit auch eine ganz persönliche Zukunft.
Als Zweites rettet Jesus die Witwe. Ohne ihren Sohn würde sie wahrscheinlich am Bettelstab enden und wäre auf Almosen angewiesen, wie viele andere Witwen vor und nach ihr. Die Auferweckung des jungen Mannes von Nain, schenkt auch der Witwe ihr ‚altes‘ Leben zurück, dass versorgt ist durch die Erbschaft ihres Mannes, die nun ihr einziger Sohn antreten kann. Und als Sohn wird er – darauf darf sie vertrauen – auch für sie sorgen. Und somit bekommt sie nicht nur die Sicherheit ihres vorherigen Lebens, sondern auch durch ihren Sohn eine Zukunft geschenkt und mit dieser Zukunft auch ein ’neues‘ Leben.
Als Drittes rettet aber Jesus auch diesen Strang der Familie, denn nun kann der junge Mann die Generationenfolge seiner eigenen Familie sicherstellen. Die ganze Familie und nachfolgende Generationen von ihr haben durch die Auferweckung des jungen Mannes nun auch wieder eine Hoffnung auf Zukunft. So bricht mit dem Tod des jungen Mannes also nicht eine ganze Familiengeschichte ab sondern es eröffnet sich für diese Familiengeschichte eine neue Zukunft.
Mich lehrt dieses Auferweckungswunder, dass Jesus sehr sensibel dafür ist, wer Heilung und Rettung nötig hat.
Und sein Heilsangebot ist nicht oberflächlich und vordergründig, wie es zum Beispiel eine Witwen- und Waisenrente als soziale-wirtschaftliche Absicherung sein könnte. Sein Heilswillen geht darüber hinaus. Es wirkt nicht nur unmittelbar sondern bezieht auch die Menschen drum herum mit ein und nicht nur die Menschen drum herum, die jetzt da sind, sondern nimmt auch die Menschen in den Blick, die zum Zeitpunkt der Rettung noch gar nicht auf Erden sind. Der Segen und das Heil, das Jesus Christus schenken will, geht über unsere eigene Generation hinaus. Wer von ihm Heil erfahren hat und aus dieser Erfahrung lebt, dessen Leben wird sich auch heilsam für nachfolgende Generationen auswirken.
Die Dimension der Rettung durch Jesus ist so weitreichend und tiefgreifend, dass ich nur staunen kann und weiter darüber sinnieren kann, was alles möglich ist, wenn ich selber Heilung und Rettung von IHM erfahren habe.
Lasse ich mich von Jesus Christus berühren und ansprechen, dann habe ich vielleicht ein altes Leben hinter mir, aber ein neues Leben eröffnet sich mit ungeahnten Chancen und Möglichkeiten, nicht nur für mich, sondern auch für Menschen die mir nahestehen und sogar für Menschen, die nach mir kommen.
Die Auferweckung des jungen Mannes von Nain sagt mir, dass die Veränderungen, die Jesus Christus in meinem Leben bewirkt, nicht folgenlos sein können, für mich und für andere.
Das ist vielleicht irritierend-erschreckend, aber vielleicht auch sehr ermutigend und hoffnungsvoll.
Heilung
anders als du denkst
Wer krank ist, wünscht sich fast immer, die Krankheit zu überwinden und nach der Behandlung nichts mehr von der Krankheit zu spüren. Das Ziel einer solchen Behandlung ist Genesung und Gesundheit.
In einer Krankheit hat das bisherige Leben eine Wendung bekommen. Manchmal nur kurzzeitig, wenn wir, wie zum Beispiel bei einem grippalen Infekt, einige Tage das Bett hüten müssen.
Schwere oder hartnäckige Erkrankungen führen nicht selten zu einem massiven Bruch mit unserem bisherigen Alltag.
Dazu kommt womöglich die Erfahrung, auf Hilfe anderer angewiesen zu sein, auch wenn ich vorher sehr selbständig und selbstbestimmt mein Leben geführt habe. Das allein ist mitunter schon eine riesige Herausforderung – ich weiß aus eigener Erfahrung, wovon ich schreibe! Als ich vor 10 Jahren einen massiven Beinbruch hatte, konnte ich noch nicht einmal allein zur Toilette gehen. Das war so krass!
In Gesprächen mit Patient:innen, die körperlich oder seelisch schwer erkrankt sind, bekomme ich von ihnen oft zu hören: „Ich möchte wieder mein altes Leben zurück!“
In der Krankheit erfahren sie ihr Leben als begrenzt oder eingeschränkt; die Sehnsucht ist: das volle Leben.
Aus den Heilungserzählungen, die mir von Jesus berichtet werden, erfahre ich, wie die Menschen, die durch Jesus geheilt wurden, wieder am Leben teilnehmen können.
Ausgrenzungen gegenüber anderen Menschen und aus Gemeinschaften werden überwunden. Geheilte Menschen spüren auf einmal: Sie sind am Leben!
Nun lehrt uns das Leben zugleich, dass manche Krankheit nicht wieder verschwindet, sie ist chronisch, wird unser ganzes Leben begleiten, womöglich auch zu unserem Tod führen!
So kann die Frage aufkommen: Haben wir dann keine Chance mehr auf Heilung?
Doch! Denn Heilung kann mehr bedeuten, als wieder ohne Krankheit leben zu können.
Häufig erlebe ich Patient:innen, die nach einer Phase innerer Auseinandersetzung mit Höhen und Tiefen lernen, mit ihrer Krankheit zu leben.
Oft ist es dann nicht „das alte Leben“ aber ein anderes, verändertes Leben, dem sie weiterhin viel Gutes und Frohes abgewinnen können.
So gesehen kann Heilung bedeuten, dass wir trotz einer Erkrankung zurück ins Leben finden, weil wir in der Krankheit eine neue Lebendigkeit spüren, die uns zeigt: Wir leben!
In diesem Sommer haben wir weltweit von außergewöhnlichen Wetter-Phänomenen gehört: große Dürren, extreme Hitzwellen und sintflutartige Regenfälle, die ganze Landstriche überschwemmt haben. Erst in diesen Tagen die Berichte von extremsten Überflutungen nach Starkregen in Griechenland.
Gleichzeitig erleben wir heftigste Kontroversen zum Beispiel im Deutschen Bundetag gestern zur dritten Lesung des Gebäude-Energie-Gesetz (GEG).
Als würden manche Parteien und Politiker:innen, vor allem aus CDU/CSU, aber auch die extrem rechte Partei AfD und Die Linke immer noch nicht wahrhaben wollen, was die Stunde geschlagen hat.
Wir sind schon viel zu spät mit Maßnahmen, den menschengemachten Klimawandel abzumildern! Wir sind mitten drin in der weltweiten Klimakatastrophe, doch das Ende der Fahnenstange ist noch längst nicht erreicht.
Wir werden – davon bin ich schon jetzt überzeugt – in nächster Zeit noch mehr und schlimmere solcher verheerender Klimameldungen bekommen!
Enttäuschend ist, dass Politiker:innen, denen man eine gewisse Erfahrung unterstellen darf, ständig ihre Haltung verändern, z.B. auch in Fragen der Atomenergie. Dazu kommen bewusste Verunsicherungen und Fake-News, um die Menschen in die Irre zu führen, nur um selber politisches Kapital raus zu schlagen.
Für mich ist es nicht mehr „kurz vor 12“, für mich haben wir schon längst „nach 12“.
Ich bin erschüttert, wie man sehenden Auges so in die Katastrophe schlittern kann, zu der wir als Menschen selber einen massiven Beitrag leisten? Welche Zukunft sollen die Generationen haben, die heute geboren werden? Wie sollen – gerade auch ärmere Länder – mit den Folgen umgehen können und wie die Schäden ausgleichen?
Gerade finanziell gesehen, führt der menschengemachte Klimawandel schon jetzt zu Schäden in Milliardenhöhe!
Das wir heute günstig leben und unsere Erde ausbeuten, wird nachfolgenden Generationen sehr teuer zu stehen kommen, nicht nur finanziell sondern auch klimatisch!
Der ökologische, ökonomische und sozialpolitische Umbau muss jetzt dringendst vorangetrieben werden! Vermögende müssen finanziell mehr herangezogen werden, um auch ihren Beitrag zur Abmilderung der Kosten beizutragen. Und Gesellschaft und Staat müssen mehr in ökologisch zukunftsweisende Projekt investieren.
Ein heftiges Erdbeben hat Marokko erschüttert. Viele hunderte Menschen sind gestorben. Ganz viele haben Haus und Hof oder auch ihre Gesundheit verloren.
Ich bin in Gedanken bei ihnen und hoffe, dass sie alle nötige Unterstützung und Hilfe erfahren, die sie nun brauchen.
Die heutige Lesung mündet in dem alles entscheidenden Satz:
„Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.“
Röm 13,10
Was für ein Wort! – Das dürfen wir uns auf der Zunge zergehen lassen!
„Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.“ – erinnert mich an ein Wort des heiligen Augustinus.
Augustinus war im 4. Jahrhundert Bischof von Hippo Regio, von ihm stammen folgende Worte:
“ … Ihr seht, was wir euch nahelegen wollen: die Taten der Menschen lassen sich nur von der Wurzel der Liebe her werten. Denn vieles kann man tun, was guten Anschein hat, aber nicht aus der Wurzel der Liebe hervorgeht. (…) Einmal für alle wird dir also ein kurzes Gebot aufgestellt: „Liebe, und was du willst, das tu!“ Schweigst du, so schweige aus Liebe; sprichst du, so spreche aus Liebe; rügst du, so rüge aus Liebe; schonst du, so schone aus Liebe: innen sei die Wurzel Liebe, nur Gutes kann dieser Wurzel entsprießen. …“
(Augustinus von Hippo)
Die Liebe allein ist es, die den Unterschied macht, ob unsere Gedanken und Werke der Forderung des Evangeliums gerecht werden!
Und das ist beileibe kein Nebenthema. Die Liebe ist DAS Thema all unserer christlichen Existenz.
Egal wann und wo wir unserem Leben eine kritische Selbstreflexion unterziehen wollen (oder auch müssen, weil wir Kritik von außen erfahren!), wird es um die Frage gehen, ob unser Denken und Handeln allein von der Liebe bestimmt wird.
Das fängt schon so banal an, wie jetzt, da wir zu diesem Gottesdienst gekommen sind. Wie bin ich heute hier und in welcher Haltung möchte ich heute Gottesdienst feiern und all den anderen hier in der Kapelle begegnen? Wünsche ich uns allen, dass dieser Gottesdienst für uns alle erbaulich und ein Ort wertschätzender Begegnung wird? Oder bin ich hier, weil ich meine, Erwartungen und Ansprüche befriedigen zu müssen: Erwartungen oder Ansprüche, die irgendwie in mir selber drin sind oder die von außen an mich herangetragen werden, wie z.B. die sogenannte Sonntagspflicht?
Und da sind wir schon bei dem Thema ‚Regeln und Liebe‘.
In unserer Kirche gibt es Regeln. Manchmal kann man den Eindruck bekommen – auch heute noch -, dass Regeln wichtiger sind als alles andere.
Da ist irgendwo etwas bestimmt worden, sei es im Kirchenrecht oder Verlautbarungen des Papstes, des Bischofs, des Pfarrers, eines Pastoralteams, des Pfarrgemeinderates. Bisweilen sind diese Regelungen sehr konkret. Das Liebesgebot, das uns heute noch einmal ausdrücklich in Erinnerung gerufen wird, fordert uns auf, diese Regelungen und Entscheidungen unter das Primat der Liebe zu stellen.
Denn wir wissen, dass Regelwerk und Regelwut nicht immer mit dem Primat der Liebe vereinbar sind. Manchmal entstehen Regeln aus Ängstlichkeit, manchmal aus dem vermeintlichen Besserwissertum, aus übertriebener und entmündigender Fürsorge oder auch einfach nur aus Machtwillen.
Um überprüfen zu können, ob Entscheidungen oder Regeln dem Primat der Liebe entsprechen, ist es sinnvoll und nötig, nach den Gründen der Entscheidungen oder Regeln zu fragen!
Jene, die Regeln aufstellen oder sie auch nur vertreten, sind stets verpflichtet, diese Regeln zu begründen – und zwar so zu begründen, damit sie für andere verstehbar und plausibel erscheinen.
Wer Entscheidungen trifft oder Regeln aufstellt, hat die kritische Anfrage und das kritische Hinterfragen von Regeln zu akzeptieren und ist der Rechenschaft schuldig.
Wir erleben eine historisch bedeutsame Phase der Kirchengeschichte; unsere Kirche ist – durch innere und äußere Einflüsse – dermaßen im Umbruch, dass bestehende Gewissheiten und Gewohnheiten hinterfragt werden müssen.
In diesem Prozess der Veränderungen gibt es viel Entscheidungs- und Regelungsbedarf.
In Zukunft wird es weiterhin zu Neuregelungen und Absprachen kommen müssen. Unter dem Diktat von fehlenden Finanzen oder fehlendem Personal ist viele im Fluss, was noch vor Jahren eher wie in Stein gemeißelt wirkte. Das ist eine Zumutung und sicherlich für alle nicht immer leicht. Wenn Vieles im Umbruch ist, kann das verunsichern. Um so wichtiger ist es, diese nötigen Veränderungen, die zu neuen Regelungen führen, uneingeschränkt ebenfalls dem Liebesgebot zu unterstellen.
Dabei ist das Liebesgebot inhaltlich als auch strukturell zu beachten.
Inhaltlich heißt das, dass alles, was wir in der Kirche tun, begründbar sein muss mit der frohen und befreienden Botschaft des Evangeliums in Einklang stehen muss. Ich nenne nur ein paar Schlagworte: „Frohbotschaft statt Drohbotschaft“, „Auferbauung der Gemeinde“ (wie es der hl. Paulus immer wieder fordert, Förderung der Gottesbeziehung, Stärkung des geistlichen Lebens, Befreiung von Angst und Befreiung zur Gott geschenkten Freiheit, …
Strukturell bedeutet das Liebesgebot, dass wir in der Kirche ein Miteinander zu pflegen haben – auch bei der Beratung und Entscheidung über Regelungen -, welches wertschätzend und nicht bevormundend ist.
Es bedarf in unserer Kirche Strukturen, die von der Überzeugung geprägt sind, dass der Heilige Geist in jeder Person wirkt und dieses Verständnis bei der Erörterung von Fragen und bei der Entscheidungsfindung angemessen berücksichtigt wird.
Strukturell bedeutet es: die hierarchischen Strukturen in unserer Kirche haben immer dienende, niemals herrschende Funktion, denn Jesus Christus selber ist kommen als einer der dient (vgl. Lk 22,27). Insofern ist Kirche und sind Amtsträger:innen in der Kirche immer Dienende. Der „Pfarrer“ = „Pfarr-Herr“ als feudal verstandenes Amt, hat keine Berechtigung in unserer Kirche, denn niemand ist Herr über uns, außer Gott selber.
Mir persönlich ist es wichtig, gerade in dieser Zeit gewaltiger Umbrüche in unserer Kirche, immer wieder an dieses Grundverständnis unseres christlichen Glaubens zu erinnern.
Das Liebesgebot darf in Zeiten der Umbrüche und Transformation weder relativiert noch ausgesetzt werden, denn es gilt absolut! Es gibt keine Stelle in Neuen Testament, in dem Christus selber oder auch nur die anderen Schriften das Liebesgebot relativiert hätten. Der Grund liegt in Gott selber, der nach unserem Verständnis absolut ist und der die Liebe schlechthin ist.
Liebe Geschwister, exemplarisch habe ich am Leben der Kirche versucht, aufzuzeigen, was die heutige Lesung konkret bedeuten könnte.
Doch all das können wir übertragen auf unser Zusammenleben in Freundschaften, Partnerschaft und Familie, am Arbeitsplatz und in Betrieben, in Vereinen und Verbänden, in nachbarschaftlichen Beziehungen, in Gesellschaft und Staat und innerhalb internationaler Staatengemeinschaften.
Doch zuallererst beginnt das Liebesgebot bei uns selbst. Denn Gottes- und auch Nächstenliebe ist nicht wirklich realisierbar, wenn die echte Liebe nicht zuerst bei uns selber beginnt, in der Selbstliebe.
Verwandelt durch Erneuerung
„Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene!“
(Röm 12,2)
Vor 30 Jahren, als wir unsere Exerzitien zur Diakonenweihe hatten, hatte sich mein Weihekurs in ein Kloster zurück gezogen. Uns wurde damals eine Ordensschwester ans Herz gelegt, die uns auf die Weihe vorbereiten könnte.
Symbolbild, www.pixabay.com
Das Kloster lag in Köln und die Gemeinschaft sind Benediktinerinnen vom heiligsten Sakrament. Ich hatte bislang von denen nie was gehört. Dann erfuhr ich, dass sie sich auch „Anbetungsbenediktinerinnen“ nennen, die sehr kontemplativ leben. Sofort dachte ich an ein Kloster, irgendwo abseits gelegen, am Rande von Köln, da, wo „Hase und Igel sich ‚Gute-Nacht‘ sagen“.
Doch als wir nach Köln fuhren, führte uns der Weg Richtung Innenstadt. Zuerst dachte ich, wir hätten uns verfahren, aber wir waren auf dem richtigen Weg.
Das Ziel war die „Brühler Str. 74“, unweit des Raderthalgürtels, in der Nähe des Vorgebirgsparks. Wer sich in Köln auskennt, weiß, dass das knapp 20 Minuten fußläufig von der Altstadt entfernt ist.
Wir fuhren durch eine zweispurige Straße, dicht bebaut mit Wohnungen, Handwerksbetrieben und Geschäften …
Hier sollte ein kontemplatives Kloster sein? Und dann sahen wir das Grundstück, eingezäunt mit einer halbhohen Ziegelmauer, die ein hohes Gitter krönte. Das Tor war offen und wir fuhren auf einen asphaltierten Platz, vor uns eine Front des Klosters aus dem 1890er Jahren. Geradeaus eine alte Holztür, einige Fenster und links eine weitere Holztür, welche der Zugang zur Kapelle war.
Wir klingelten, eine freundliche Ordensfrau öffnete uns die Tür und bat uns herein. Wir standen in einer kleinen neugotischen Halle, mit einigen Türen, davon eine doppelflügelige Tür mit der Aufschrift „Klausur“ und eine Treppe, die nach oben führte.
Es roch, wie es in so alten Gebäuden gewohnt ist, zu riechen, etwas auch nach Bohnerwachs. … dann schloss sich hinter uns die Pfortentür … und wir waren in der Stille.
Gerade noch durch eine geschäftige Wohn- und Einkaufsstraße gekommen, schirmte uns diese alte Tür von der Geschäftigkeit da draußen ab.
Für mich war das eine krasse Erfahrung: so sang- und klanglos standen wir buchstäblich in der Stille, nur die einladenden Worte der Klosterfrau war zu vernehmen.
Wir bekamen unsere Zimmerschlüssel und stiegen zwei Stockwerke hinauf. Gut 30 Ordensschwestern sollen hier in diesem Kloster leben – doch wir hörten nichts, nicht einmal irgendwo Schritte oder Türen. Und von draußen drangen auch keine Geräusche ins Kloster.
Symbolbild, www.pixabay.com
Mein Zimmer – es war eher eine kleine Zelle mit einem Bett, einem Tisch, einem Stuhl, einem Schrank und einer Waschstelle – lag direkt unter dem Dach. Eine Dachgaube gab den Blick frei in den Innenhof des Klosters, der vom Kreuzgang begrenzt wurde. Spatzen tschirpten und Mauersegler flogen über das Dach. Wir erfuhren, dass die Kontemplation (Betrachtung) und das Gebet Mitte der Spiritualität dieser Benediktinerinnen sei.
Sie haben dort einen großen Garten, damals noch eine eigene Kuh, bestreiten ihren Unterhalt durch eine Hostienbäckerei und durch Herstellung von Paramenten (liturgische Texitilien) für Gottesdienste. Dazu bieten sie noch geistliche Begleitungen an.
Ordensfrauen, die mitten in der Welt sich in die Stille zurückziehen. Ist das Weltflucht?
Auf dem ersten Blick könnte es so aussehen, als wollten sie mit „denen da draußen nichts zu tun haben“, zumal sie auch nicht ohne Erlaubnis der Oberin das Kloster verlassen durften. Nur die Nonne an der Pforte pflegte den Kontakt nach draußen.
Doch ich erfuhr, dass diese Ordensschwestern sehr wohl und sehr gut informiert waren darüber, was da draußen los war. Sie waren vollständig und sehr genau im Bilde, was die Themen der Nachrichten und der Menschen in der Zeit waren.
Das imponierte mich sehr. Damals begleitete uns durch die Exerzitien Sr. Otgera Krämer OSB. (Und wir entschieden uns, auch ein Jahr später unsere Exerzitien zur Priesterweihe wieder dort zu halten.) Nach meiner Priesterweihe wurde Otgera für einige Jahre meine geistliche Begleiterin.
Diese Erinnerungen kamen mir in den Sinn, als ich über das Wort des heiligen Paulus in der heutigen Lesung nachdachte.
„Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene!“ ( Röm 12,2 )
Für mich sind diese Benediktinerinnen von Köln-Raderberg ein Beispiel, wie man die Worte des hl. Paulus ins heutige Leben übertragen kann.
Nun ist es weder mir noch Ihnen gegeben, so klaustriert zu leben, wie die Schwestern in Raderberg.
www.pixabay.com
Aber dennoch können sie für uns ein ermutigendes Beispiel sein, was es heißt, sich nicht dieser Welt anzupassen, sondern sich verwandeln zu lassen durch die Erneuerung im Denken, um zu erkennen, was der Wille Gottes ist.
Die Herausforderungen der Christ:innen in der Welt
Unsere Herausforderung ist es, mitten in der Hektik des Alltags und den Erfahrungen der Welt um uns herum, in der Welt und auch bei den Menschen zu sein, aber zugleich einen heilsamen Abstand zur Welt zu gewinnen, damit wir immer wieder auch Raum lassen können, um nach dem Willen Gottes zu fragen.
Was die Frauen des Benediktinerinnen-Klosters in strenger Form und Tag für Tag leben, dass können wir auch in unserem Alltag versuchen:
• Inseln des Rückzugs zu finden, wo wir uns Räume und Zeiten schaffen, um Abstand von der Welt zu bekommen.
• Zeiten und Zeiträume zu sichern, um uns ins Gebet oder in die Betrachtung zurück zu ziehen. Dabei können uns auch geistliche Impuls helfen, die wir in Büchern finden oder auch im Internet.
• Rituale zu entwickeln, die wir einzig und allein für diesen Rückzug reservieren: eine Kerze oder ein Räucherstäbchen zu entzünden, ein religiöses Bild hinzustellen oder gar einen festen Platz in unserer Wohnung einzuräumen, meditative Musik einzuschalten, in Familien ein Schild „bitte nicht stören“ aufzuhängen, ein Fenster zu öffnen, um den Gesang der Vögel wahrzunehmen, oder auch ein Fenster bewusst zu schließen, um Geräusche von außen auszuschließen, … und viele andere Rituale mehr, die wir für uns selber finden und die uns gut tun.
• geistliche Schriften oder Bilder zur Hand nehmen, anhand derer wir unsere Gedanken sammeln und unser Gespräch mit Gott starten können …
www.pixabay.com
Stille und Gebet mitten im Alltag
Stille, Gebet und Kontemplation ist in der Regel nicht anstrengend, sondern sind Räume und Zeiten, der geistigen und geistlichen Regeneration. Sie ermöglichen uns, uns auf die Beziehung zu Gott zu konzentrieren. Dabei ist es auch hilfreich, sich konkret zu entscheiden, wer genau mein Gegenüber ist. Gott Vater, sein Sohn Jesus Christus oder der Heilige Geist? – Wir Menschen haben unterschiedliche Zugänge zu einem dieser dreifaltigen Personen. Und das können wir uns zu Nutze machen.
Wenn ich heute die Sätze des heiligen Paulus lese, dann kommt mir als erstes in den Sinn, dass ein Schwerpunkt unserer geistlichen Existenz es ist, meiner Beziehung mit Gott im Alltag Raum zu geben.
www.pixabay.com
Das kann bedeuten, sich nicht der Welt anzugleichen, in der Zeit für Gott im öffentlichen Raum kaum noch vorkommt.
Mit einer Ermutigung des christlichen Philosophen Sören Kirkegaard möchte ich enden:
„… Als sein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte er immer weniger und weniger zu sagen; zuletzt wurde er ganz still. Er wurde still, ja, was womöglich ein noch größerer Gegensatz zum Reden ist, er wurde ein Hörer. Er meinte erst, beten sei reden; er lernte, dass beten nicht bloß ist schweigen, sondern hören. Und so ist es; beten heißt nicht sich selbst reden hören, beten heißt stille werden und stille sein und harren bis der Betende Gott hört….“
Die Gottesdienstteilnehmer:innen wurden vor dem Gottesdienst eingeladen, spontan (aus dem Bauch und dem Herzen heraus) ein Wort oder einen kurzen Satz anonym aufzuschreiben, wer oder was Jesus Christus für sie ist. Danach legten sie ihren Zettel in ein Gefäß, das beim Einzug mitgenommen und auf den Altar gelegt wurde.
Nach der Kommunion gibt es immer eine kleine Meditation. Dieses Mal habe ich die Zettel genommen und daraus spontan die Litanei formuliert, die ich in der Anlage beigefügt habe.
Für die Teilnehmenden und auch für mich war das ein sehr dichtes spirituelles Erlebnis.
Es war 1.) so wertvoll, dass so viele ‚ihr persönliches‘ Christus-Bekenntnis abgegeben haben und 2.) andere daran teilhaben lassen. So entstand 3.) ein eindrucksvolles Glaubenszeugnis in der heutigen Sprache der Menschen
Gerne teile ich mit ausdrücklicher Erlaubnis der Gottesdienstgemeinschaft dieses spirituelle Highlight.
Es ist wahrscheinlich wie bei vielen anderen Nachrichten: überhäuft von negativen Nachrichten, können wir gar nicht so viel aufnehmen.
Aber vielleicht macht sich das gerade die italienische ultra-rechte Regierung zu nutze, um so gleichsam ‚unter dem Radar‘ ihre faschistisch-unmenschliche Politik zu machen.
Insgesamt vier Seenotrettungsschiffe sind in den letzten Tagen von der italienischen Regierung ‚festgesetzt‘ worden. Das heißt, dass sie 30 Tage lang nicht auslaufen dürfen und auch nicht in Seenot geratene Menschen im Mittelmeer retten können und dürfen.
Doch als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, verhängt die Administration auch noch Geldstrafen, die von diesen Organisationen, die zumeist privat finanziert werden, getragen werden müssen.
Dies ist ein himmelschreiender Skandal!
Denn: Damit zeigen die ultra-rechten Kräfte (nicht nur) in Italien, welch Geistes Kind sie sind: Sie gehen oder schwimmen buchstäblich über Leichen. Menschenleben zu retten, ist für sie keine ehrbare christlich-humanistische Aufgabe, sondern buchstäblich eine kriminelle Handlung, ein Verbrechen, dass bestraft werden muss!
Von Moral und Anstand kann da keine Rede mehr sein. Dies zeigt, dass ultra-rechte Nationalisten eine Politik des Todes verfolgen.
Wir alle, die wir darum wissen, sind mitverantwortlich und machen uns mitschuldig, wenn wir nichts tun.
Zwar ist das auch nur ein suboptimaler Weg, weil wir dadurch Faschisten noch das Geld in den Rachen schmeißen; aber es gibt kein schwarz-weiß. Das zeigt auch dieses Beispiel wieder.
Wir werden schuldig, nicht nur wenn wir Böses getan, sondern auch Gutes unterlassen haben, wie es im Schuldbekenntnis der römisch-katholischen Liturgie heißt!
Unschlagbar gut: ‚waze‘-Navigations-App
Community-Part macht App einzigartig und praktisch
Seit Jahren benutze ich die Navigations-App ‚waze‘, die seit 2013 auf dem Markt ist. Und seit 2015 benutze ich die App, ständig und immer wieder gerne.
Community-Part / Schwarmintelligenz
Ansicht ist sehr gut, Fahrspuren werden angezeigt
Einstellungen/Konfiguration sind sehr detailliert möglich
deutschsprachige Ansage, auch mit Straßennamen
Gefahrenstellen werden weitläufig angezeigt
Online-Verbindung nötig -> dafür aber immer auf den aktuellsten Stand
Rückgriff auf Terminkalender möglich, um Abfahrtzeiten zu empfehlen.
Routen-Buchung möglich: App erinnert daran, wann ich spätestens losfahren muss, um pünktlich zu einem Termin erscheine
Planung von Fahrten für die Zukunft mit Empfehlung der Abfahrtzeiten und Stauprognosen
Diese App hat aber einen ‚Nachteil‘: die Qualität verbessert sich mit der höheren Nutzung durch die Community, weil damit die Meldungen aus der Community exakter und detaillierter werden.
Hier kein kleiner Test dieser App, wobei ich die dort genannten ‚Schwächen‘ so nicht deutlich spüren konnte. Ich fahre auch ca. zwei Mal im Jahr nach Dänemark und dort funktioniert diese App auch zuverlässig gut.
Wer von einem chronischen Darmleiden betroffen ist, wird wissen, wovon ich nun schreibe: Die Not, sehr schnell Zugang zu einer Toilette zu finden, weil der Darm sein eigenes Spiel spielt.
Als ein Betroffener vom Reizdarmsyndrom begleitet mich seit über 25 Jahren die ständige Frage und Sorge: Wo finde ich eine Toilette, wenn ich unverhofft müssen muss?!
Egal, was ich tue oder wohin ich gehe oder fahre; immer begleitet mich das Thema „WC“.
Ich bin mittlerweile dafür bekannt, mit als erster zu wissen, wo die Toiletten sind.
Sind wir an einem neuen Ort, geht mein Blick automatisch zu dem ‚erlösenden‘ Hinweis auf eine naheliegende Toilette.
Bin ich im Urlaub unterwegs, hilft mir eine App auf meinem Smartphone, meine Ziele danach auszurichten, wo sich auch eine Toilette befindet. Bin ich dann am vermeintlich Zielort, wird als erstes auch überprüft, ob die Toilette tatsächlich zugänglich ist …
(Manche mögen nach diesen Ausführungen schmunzeln, weil es ein Sch..ß-Thema ist, aber es ist echt eine Last und auch eine Art von Behinderung!)
www.pixabay.com
In Zukunft wird mir dieser Hinweis eine zusätzlicher Hilfe sein, denn seit heute verfüge ich über einen Schlüssel, der mir innerhalb Europas an unzählig vielen Stellen die Türen zu Behinderten-Toiletten öffnen wird, wo sie sonst für mich verschlossen geblieben wären.
Der Euro-WC-Schlüssel
Durch eine ganz nette Person wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass es eine Initiative gibt, die es Menschen mit Behinderungen ermöglichen soll, erleichterten Zugang zu ‚Behinderten-Toiletten‘ zu bekommen. Zu diesen Menschen mit Behinderungen gehören auch jene, die unter chronischen Darmerkrankungen leiden wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Reizdarm.
Der Euroschlüssel ist ein 1986 vom CBF Darmstadt – Club Behinderter und ihrer Freunde in Darmstadt und Umgebung e. V. – eingeführtes, inzwischen über die Landesgrenzen hinaus genutztes Schließsystem, das es körperlich beeinträchtigten Menschen ermöglicht, mit einem Einheitsschlüssel selbständig Zugang zu behindertengerechten sanitären Anlagen und Einrichtungen zu erhalten, z. B. an teilnehmenden Autobahn- und Bahnhofstoiletten, aber auch für öffentliche Toiletten in Fußgängerzonen, Museen oder Behörden.
Dort finde ich den Hinweis, dass folgende Menschen berechtigt sind, diesen Schlüssel zu erhalten:
Menschen mit einer Behinderung, die auf behindertengerechte Toiletten angewiesen sind.
Ferner: Personen, die an Multipler Sklerose, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa erkrankt sind und Menschen mit chronischer Blasen- / Darmerkrankung.
Noch etwas skeptisch, ob ich wirklich auch diesen Schlüssel erhalten würde, habe ich also das Formular ausgefüllt und bin zu meinem Hausarzt gegangen und habe um ein Attest gebeten, dass mir bescheinigt, dass ich ein Reizdarm-Patient bin, der auf einen barrierefreien Zugang zu Toiletten angewiesen ist.
Ich habe meine Unterlagen dem Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. zugesandt und die Kosten für den Schlüssel überwiesen. Heute konnte ich den Schlüssel in Empfang nehmen. Und es wird dich vielleicht etwas wundern, aber:
Ich habe mich riesig darüber gefreut.
Der Anblick eines WC’s kann glücklich machen …! – www.pixabay.com
Nun eröffnen sich für mich neue Perspektiven und ich hoffe, dass ich dadurch etwas gelassener auch neue Ziele in den Blick nehmen kann.
Mir werden die Leiden am Reizdarm dadurch nicht genommen werden, aber ich kann vielleicht ein Stück besser mit dieser Einschränkung, die ich auch durchaus als eine Behinderung wahrnehme, zu leben.
Ich bin dankbar für diese Initiative!
Möge mein Beitrag anderen – die von den oben genannten Behinderungen oder Erkrankungen betroffen sind – helfen, ebenfalls ungehinderten Zugang zu Toiletten für Menschen mit Behinderungen zu bekommen!
Ergänzung:
Damit sich die Toiletten auch gut finden lassen, empfehle ich die App HandicapX in den jeweiligen App-Stores. Mit dieser App wirst du leichter fündig und kannst auch selber Standorte von barrierefreien Toiletten hinzufügen, bearbeiten und bewerten. Diese App ist gegen einen kleinen Obolus erhältlich:
Heute, am 15. August, feiern wir in der römisch-katholischen Kirche das „Hochfest der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel“ (Maria-Himmelfahrt).
Dieses Fest kann uns Anlass sein, noch einmal genauer hinzuschauen, was es mit der Marienverehrung in unserer Kirche auf sich hat.
Dies vor allem auch deshalb, weil Menschen in und außerhalb unserer Kirche offenbar nicht mehr den Unterschied zwischen „Anbetung“ und „Verehrung“ kennen. So berichtete z.B. gestern ein Sender über die Wallfahrt von Tamilen nach Kevelaer und sprach in dem Beitrag von „Anbetung Mariens“.
Mir als Theologe und Christ sträuben sich dann natürlich ‚die Nackenhaare‘, denn ich würde niemals auf die Idee kommen, Maria ‚anzubeten‘. Allein Gott ist der Anbetung würdig und wert!
Diese Beobachtungen lassen natürlich die Frage aufkommen, welche Rolle Maria, die Mutter Jesu, für unseren Glauben spielen kann?
„Mutter Gottes“, „Mit-Erlöserin“ oder …?
Viele Titel hat Maria im Laufe der Kirchengeschichte in der römisch-katholischen Kirche bekommen:
Mutter Gottes
Gottesgebärerin
Königin des Himmels
Mutter der Christenheit
„Mit-Erlöserin“ (erstmals von Papst Johannes Pauls II.)
‚unsere‘ Mutter
…
Auffällig auch dazu die Attribute, die Maria klar verbinden mit Schutz, Orientierung oder gar Guide auf dem Weg zu Christus, …
Dazu kommen dann noch die unzähligen marianischen Wallfahrtsorte, von denen viele mit vermeintlichen Marien-Erscheinungen verknüpft sind.
Mutterkomplex
Etwas provokant habe ich die Überschrift mit dem Wort „Mutterkomplex“ übetitelt. Ja, es ist provokant. Es soll aber zugleich auch auf eine Problematik hinweisen.
In der Entwicklung eines jungen Menschen vom Kind zum Heranwachsenden, Jugendlichen und gar Erwachsenwerden gehört es, sich peu-a-peu mehr von Vater und Mutter abzunabeln. Das bedeutet, dass Kinder lernen sollen und müssen, sich als eigen-ständige Wesen zu erkennen und auch darin die Notwendigkeit, ihr eigenes Leben zu leben.
Die Abkopplung vom Elternhaus und insbesondere auch von der Mutter ist ein entscheidender Schritt zum Erwachsenwerden.
Doch in der Kirche versucht man krampfhaft, gestandenen Menschen immer wieder einzubläuen, sie bräuchten auch noch im hohen Alter eine Ersatz-Mutter-Gestalt, die sie beschützen muss und soll (-> Schutzmantelmadonna!).
Ich würde gerne mal wissen, was Psychologen zu diesem Phänomen sagen: Einerseits sollen Menschen erwachsen werden und andererseits will die kirchliche Verkündigung weiter vermitteln, dass wir eine ‚Mutter‘ brauche, die uns vor Gefahren schützt!
Natürlich ist es wichtig, dass auch erwachsene Menschen (vor Gefahren) geschützt werden. Doch meine kritische Anfrage ist, ob es klug ist, dieses an einer Person festzumachen und den Verehrungskult mit dieser Haltung zu überfrachten, die sogar für erwachsene Menschen angemessen ist?
Meines Erachtens ist es nur logisch, dass Papst Johannes Paul II. in diesem Zusammenhang den Begriff der „Mit-Erlöserin“ eingeführt hat, der jedoch für mich theologisch höchst problematisch ist.
Denn: Erlöst sind wir allein aus der Gnade Gottes und durch das Erlösungswerk Jesu Christi. Um vollumfängliche Erlösung zu erreichen, braucht es keine weitere Zugabe oder noch eine Art ’soteriologischen Appendix‘, den ich mit dem Begriff „Miterlöserin“ verbinde.
Wir sind allein durch und in Jesus Christus gerettet!
Marienverehrung
Dennoch gibt es auch für mich einen Grund, Maria (die Mutter Jesu) einen besonderen Platz in der Verehrungskultur einzuräumen. Dazu ist es hilfreich, die biblischen Erzählungen zu berücksichtigen.
In ihnen wird nämlich – angefangen von der Verkündigung bis hin zum Pfingstereignis – beiläufig das Lebens- und Glaubenszeugnis Mariens skizziert, welches auch für uns beispielhaft und motivierend sein kann.
Das Neue Testament stellt uns Maria als einzigartige Glaubenszeugin dar. Darauf allein kann sich eine angemessene Verehrung Mariens ableiten, die aber mit großer Vorsicht und Behutsamkeit Maria ihren Platz in der Heilsgeschichte einräumt, der ihrem Leben und Zeugnis angemessen ist.
Diesen Aspekt zu betonen, auch in einer angemessenen Form der Marienverehrung halte ich für unsere Zeit für viel sinnvoller und wichtig, als zweifelhafte theologische Termini zu verwenden, die Maria gleichsam zu einem vierten Anteil einer ‚Quadrität‘ hochstilisieren, der jedoch mit unserem christlichen Glauben an einen dreifaltigen Gott (Trinität) nicht in Einklang zu bringen sind.
Insofern spreche ich bei Maria gerne von meiner „Schwester im Glauben“, weil dieser Begriff den exemplarischen Vorbildcharakter Mariens hervorhebt und dabei aber das christliche Bild und die christliche Botschaft von einem dreifaltigen Gott nicht relativiert!