Heute begehen die jüdischen Menschen ihr Neujahrsfest ‚Rosh ha shana‘. Ich wünsche ihnen ein gutes und gesegnetes neues Jahr. Ich wünsche ihnen, dass sie auch außerhalb von Israel in mehr Sicherheit und Frieden leben können und wir gemeinsam den Antisemitismus, der immer noch weit verbreitet ist, besiegen.
Ich freue mich, dass jüdisches Leben auch bei uns in Deutschland wieder gegenwärtiger ist, weil jüdische Mitmenschen und ihre Kultur eine wichtige und wertvolle Bereicherung darstellen.
Ein herzliches „Rosh ha shana“ also von mir zu diesem besonderen Tag im jüdischen Leben und Glauben!
Exkurs:
Jedes Mal, wenn wir uns zu Silvester/Neujahr einen „guten Rutsch“ wünschen, dann nehmen wir den Gedanken an das jüdische Neujahrsfest mit auf. Denn unser Wunsch zum neuen Jahr ist eine Entlehnung aus dem Jüdischen, das sich vom heutigen „Rosh ha shana“ ableitet.
„Fürchte dich nicht …“
Schau dir einmal einen Augenblick dieses Bild an: ‚Hund vor Wasserwand‘.
Wir können nüchtern und sachlich dieses Bild betrachten: ein Hund, vielleicht sogar ein wasserliebender Retriever, am Strand … eine Szene, die man hin und wieder selber am Strand beobachten kann.
Wir können es auch emotional auf uns wirken lassen.
Ich denke, bei vielen wird dieses Bild bedrohlich wirken: Was kommt da auf den Hund zu? Die Wand wirkt bedrohlich, größer als der Hund. Wird sie ihm gefährlich werden?
Und wenn wir dieses Bild als Symbol unseres eigenen Lebens verstehen, dann wissen wir, dass es auch bei uns Situationen geben kann, die auf uns zukommen; die größer zu sein scheinen, als wir selbst; wo wir also über uns ‚hinauswachsen‘ müssten, um uns der Situation mutig, vielleicht sogar gelassen stellen zu können.
Wenn du magst, frage dich einen Augenblick selber, welche Situationen oder Zukunftserwartungen das bei dir sind? Was erscheint für dich ‚bedrohlich‘ oder verbindest du mit Gefühlen und Gedanken der Furcht? …
Das eigene Sterben, der eigene Tod …
Spätestens dann, wenn wir uns Gedanken über das eigene Sterben und den eigenen Tod machen, weichen Menschen zurück und blenden dieses Thema aus. Oft auch, weil es wirklich mit Furcht und Bedrohung verbunden ist. Die Angst vor dem eigenen Sterben kann lähmend sein.
Auch ich fühle mich nicht wohl in meiner eigenen Haut, wenn ich über das eigene Sterben nachdenke. Viel zu lebenswert erscheint mir mein Leben und manchmal denke ich: es sollte nie zuende gehen.
Ja, natürlich weiß ich, dass auch mein Leben enden wird. Es gibt keinen Menschen, der ewig lebt; auch wenn wir von der ‚ewigen Königin‘ Queen Elizabeth II. sprechen, die in diesen Tagen gestorben ist. Manche Menschen, z.B. die meiner Generation, können sich das Leben ohne sie nicht vorstellen, weil es sie gefühlt schon immer gegeben hat.
Sterbende begleiten kann helfen …
In meiner Tätigkeit als Krankenhaus-Seelsorger habe ich einen gewissen ‚Vorteil‘: immer wieder darf ich sterbende Menschen begleiten. Erst vor einigen Tagen durfte ich einer Person die Krankensalbung spenden, die sich in der Sterbephase befand, selber nicht mehr sprechen konnte, aber ansprechbar war und durch Kopfbewegungen Zustimmung oder Verneinung signalisieren konnte.
So kam eine sehr interessante Kommunikation zwischen uns zustande (von Gespräch im klassischen Sinne kann man hier nicht sprechen); aber es war deshalb nicht weniger intensiv und kommunikativ. Es kam nur darauf an, wie ich Impulse gesetzt oder Fragen gestellt haben, die es der Person ermöglichten, eine klare Äußerung durch ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ zu signalisieren.
In diesem Dialog kam dann auch das Thema auf ihr eigenes Sterben und es wurde sehr schnell klar, dass diese Person sterben wollte. Sie konnte mir unmissverständlich klarmachen, dass es für sie eigentlich nur diese eine Richtung gab, die sie sich wünschte: möglichst bald und gut sterben zu dürfen.
Für mich gibt es in solchen Begegnungen immer eine gewisse Spannung, und zwar zwischen den überzeugenden und eindeutigen Äußerungen meines Gegenübers, jetzt bereit zu sein zu sterben und meine eigene Verfassung, die noch gar nicht bereit ist, zu sterben.
Erstaunlicherweise betrübt mich aber gar nicht diese Spannung. Vielmehr höre ich von sterbenden Menschen, die sich so sehr den Übergang in die andere Welt wünschen, ihre Botschaft an mich:
Wenn es so weit ist, dann fällt es nicht schwer!
Das ist dann für mich immer sehr faszinierend und zugleich entlastend. Sterbende Menschen zu begleiten ist dann für mich keine BE-lastung sondern – im Hinblick auf meine eigenen Fragen und Gedanken ans Sterben – oft eine ENT-lastung.
Außenstehende verstehen das oft nicht, weil sie eher der Meinung sind, immer wieder mit dem Sterben anderer Menschen konfrontiert zu sein, würde mein Leben verdunkeln und mich seelisch belasten.
Natürlich spüre ich in solchen Begegnungen auch alles das, was mit Abschied und Trauer in Verbindung gebracht wird. Aber da ich auch da der Überzeugung bin, dass Abschied und Trauer erlernt und überlebt werden kann, sind solche Situationen für mich zwar sehr dichte Situationen, aber deshalb nicht automatisch deprimierend. Auch wenn ich weiß, dass es wirklich fürchterliche Sterbesituationen gibt, die sich jede/r von uns selber vorstellen kann und auf die ich hier nicht sonderlich eingehen muss.
Mir geht es heute nur darum, dass mich sterbende Menschen, die ich begleiten darf, mir selber oft etwas lehren: nämlich, dass das Sterben nicht immer schwer und manchmal sogar recht leicht ist.
Darauf will ich dann hoffen, wenn ich mir selber Gedanken über das eigene Sterben mache.
Gerne lade ich dich ein, mir deine Gedanken mitzuteilen. Und vielleicht kann ich im direkten Austausch ja noch etwas verdeutlichen oder erklären.
Synodaler Weg am Scheideweg
Sperrminorität der Bischöfe verhinderte menschenwürdige Sexuallehre
Beim Synodalen Weg sollte es nun in der vierten Sitzungsperiode Entscheidungen geben. Das erste Papier handelt von einer Neuausrichtung der kirchlichen Sexuallehre der römisch-katholischen Kirche in Deutschland. Darin ging es auch um die Umsetzung empirischer Erkenntnisse über die Vielfalt menschlicher Geschlechtlichkeit im Alltag der Kirche und für die Menschen von heute.
Blankes Entsetzen in den Augen vieler Synodale, als das Präsidium das Abstimmungsergebnis bekannt gab. Offenbar hatten einige Bischöfe während des ganzen Beratungsprozesses nicht mit offenen Karten gespielt und dadurch eine synodale Auseinandersetzung auch mit anderen Überzeugungen als die der Mehrheit der nicht-bischöflichen Teilnehmer:innen unmöglich gemacht.
Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Steht daher fest und lasst euch nicht wieder ein Joch der Knechtschaft auflegen!
Galater-Brief Kapitel 5 Vers 1
Das wirft ein groteskes Licht auf das, was eigentlich der Sinn des Synodalen Weges in Deutschland ist: der offene und bisweilen auch kontroverse Dialog zwischen der kirchlichen Hierarchie und den ebenso geistbegnadeten Nicht-Kleriker:innen in unserer Kirche. Denn nur so könnte wirklich eine Bewegung auf Zukunft hin geschehen, die die Kirche in Deutschland nicht zerreißt.
Stattdessen wurde ein unsichtbarer Spaltpilz gepflanzt und gepflegt, dessen Fruchtkörper nun seine schädlichen Sporen entlassen hat.
Akteur:innen der Initiative „Out in church“ titeln indessen um in „Out of church“!
Ungehindert(e) voranschreiten!
Nun geht es aber darum, ungehindert weiter voranzuschreiten und sich nicht durch das strategische Kalkül mancher Bischöfe davon abbringen zu lassen, was wirklich not-wendig ist: der Umbau einer Kirche in eine Kirche für die Menschen mit einem menschlichen Antlitz!
Aus dem ‚Geist der Freiheit‘ dürfen wir uns als Ungehinderte verstehen, die diesem Geist und dem eigenen Gewissen als letzte Entscheidungsinstanz verpflichtet sind!
Da wo wir sind, wirken, gehen und stehen, liegt es an uns, unbeirrt den Weg weiterzugehen, der die Menschen in ihrer ganzen sexuellen Vielfalt respektiert und sie nicht ausschließt von der Verheißung des Herrn:
Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.
Johannes-Evangelium 10,10
Hinweis: Queerfeindliche Kommentare
Nach meinen Blogbeiträgen über den Trans-Mann Malte C. und auch über den queerfeindlichen Angriff in Bremen gegenüber einer Trans-Frau erreichen mich hier Kommentare, die es an Empathie für die Opfer und deren Hinterbliebenen fehlen lassen. Stattdessen nutzen sie die Kommentarfunktion, um ihre eigene Queerfeindlichkeit verbreiten zu wollen.
Sämtliche Kommentare müssen von mir gesichtet werden. Danach entscheide ich, ob ich diese Kommentare freischalte.
Natürlich werde ich solche queerfeindlichen Kommentare nicht freischalten!
Ich werde es nicht dulden, dass Hass und Häme, wie sie mittlerweile auf vielen sozialen Medien gang und gäbe sind, auch hier in meinem privaten Blog Verbreitung finden.
Wer hier Kommentare verbreiten will, die weder von Achtung noch von Respekt gegenüber Anderen geprägt sind, ist hier fehl am Platze!
Immer wieder Gewalt gegen Queer-People
Handelt es sich um ‚Trittbrettfahrer:innen‘?!
Schon wieder Nachrichten über gewalttätige Angriffe gegen Queer-People. Wieder ist eine transsexuelle Person, dieses Mal eine Transfrau in Bremen öffentlich in einer Straßenbahn queerfeindlich angegriffen worden.
Nach Pressemeldungen (siehe unten!) sollen die Begleitpersonen des Angreifers sogar noch diesen Angriff forciert haben.
Dank beherzten Eingreifens anderer Bahnfahrer:innen ließen die Angreifer ab und verließen fluchtartig die Bahn. Der Staatsschutz ermittelt nun wegen Hasskriminalität.
Die angegriffene Person wurde mit schweren Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Quelle: Männer Media
Trittbrettfahrer:innen oder verstärkter Fokus auf solche Verbrechen?
Nach dem tödlich verlaufenden Angriff gegen Malte C. am Ende des CSD in Münster gibt es erneut eine Meldung solcher queerfeindlicher Angriffe. Was steckt dahinter? Nimmt diese Gewalt zu oder richten wir in unseren Medien nur verstärkter unsere Aufmerksamkeit auf solche Verbrechen?
Egal, was es auch sei: beides wäre schlimm.
Es zeigt mir aber auch, wie wichtig solche Berichte sind. Denn der Vorfall in Bremen zeigt, dass eine erhöhte Sensibilität für solche Gewalt und Verfolgung gegen queere Personen auch dazu führen kann, dass noch mehr Menschen, Zivilcourage an den Tag legen, wenn sie solche Angriffe wahrnehmen.
Ich wünsche der Frau aus Bremen gute Besserung und dass sie diese traumatische Erfahrung verarbeiten und zukünftig sicherer in unserem Land leben kann, weil sie und alle anderen auf solidarische Zivilcourage hoffen können.
Vereine entsetzt über Berichterstattung der Bild
Die BILD – das mit Abstand abscheulichste Käseblatt in Deutschland – schlachtet den Tod von Malte C. für hetzerische Berichterstattung aus. Queere Vereine wehren sich gegen diese unmoralische Vereinnahmung: