Trauer um Transmann Malte C.

Bild von Ulrike Leone auf Pixabay

Er wurde Opfer seiner Zivilcourage

Am Rande des Christopher-Street-Day Münster am 28. August 2022 zeigte der 25-jährige Trans-Mann Malte C. Zivilcourage, als drei Frauen homofeindlichen Angriffen ausgesetzt waren.

Dabei wurden Malte C. selber massive Kopfverletzungen zugefügt.
Nach mehreren Notoperationen lag er im Universitätsklinikum Münster im Koma und ist heute an seinen Verletzungen gestorben.



Mich erschüttert diese Nachricht sehr.

Noch beim ökumenischen Gottesdienst zum Ruhr-Pride Essen Anfang August haben wir auf die Vielfältigkeit (Diversität) von verschiedensten Sexualitäten aufmerksam machen wollen und sind für eine neue, achtsame und respektvolle Wahrnehmung eingetreten.

Wie wichtig dieser Einsatz ist, zeigt in tragischer und erschütternder Weise der Tod von Malte C.!

Als katholischer Seelsorger setze ich mich mit deutlicher Vehemenz für die Achtung und Anerkennung sexueller und geschlechtlicher Diversitäten ein!

Flags diverser Sexualitäten – Bild von Loke auf Pixabay

Viel zu lang leiden Menschen darunter, dass ihnen ihre eigene geschlechtliche Identität streitig gemacht wird und sie deshalb diskriminiert und verfolgt oder gar Opfer grausamer Gewalttaten werden!

Meine Mitgefühl und meine Solidarität gilt den Familienangehörigen und Zugehörigen und Freund:innen von Malte C.!

Bild von Kanenori auf Pixabay

Er hat seinen Weg über den Regenbogen getan. Möge er in Frieden ruhen!




Michail Gorbatschow (1931-2022)

Präsident Ronald Reagan (USA – links) und Präsident Michail Gorbatschow (UdSSR – rechts) – Quelle: Bild von Andre Drechsel auf Pixabay

Gestern, am 30.08.2022 starb der ehemalige Präsident der UdSSR, Michail Gorbatschow.
In Deutschland ist dieser Politiker von besonderer Bedeutung, hat doch seine Politik der Perestroika die Chance der Wiedervereinigung Deutschlands ermöglicht.

Ich maße mir nicht an, ihn politisch zu würdigen.

Aber die Erinnerung an diesen Mann erscheint mir unverzichtbar, darf er doch zu Recht als einer der bedeutendsten Politiker des 20. Jahrhunderts gesehen werden, weil durch ihn der Lauf der Geschichte, gerade auch in Europa fundamental verändert wurde.

Er wird seine letzte Ruhestätte an der Seite seiner geliebten Frau Raissa Maximowna Gorbatschowa finden, die bis zu ihrem Tod bei uns in Deutschland, in der Uniklinik Münster (Westfalen) an ihrer Krebserkrankung behandelt worden war.




Den Tag überstehen

Die Nacht zum 24.8. war nicht gut. Nach eindrücklichen Erlebnissen des Tages und großer Hitze, fand ich kaum Ruhe und Schlaf; nun bin ich wie gerädert. Ich fühle mich wie nach einer durchzechten Nacht, nur ohne Party. 🎉

Wie soll ich diesen Tag schaffen?

Erst einmal habe ich in der Kühle des Morgens mit der aufgehenden Sonne die Laudes und die Schriftlesung auf dem Balkon gehalten.

Das ist schon mal ein Anfang.

Ich muss sehen, was kommt und heute Abend werde ich mehr wissen und wie ich den Tag zuende gebracht habe.

Das Schöne an diesem Morgen.



Eine Lawine rollt auf uns zu

Bislang nur die Spitze des Eisbergs

Sexualisierte Gewalt in Institutionen, Vereinen und Verbänden

Symbolbild, Quelle: Bild von Michal Jarmoluk auf Pixabay

Was schon lange vorausgesagt war, aber wovor viele in Staat und Gesellschaft den Blick abgewendet haben, wird nun offensichtlich: Sexualisierte Gewalt, die institutionell unter den Teppich gekehrt wurde, ist nicht nur ein Problem von Kirche(n) oder Internaten.

Langsam und allmählich melden sich immer mehr Opfer sexualisierter Gewalt, die auch im Sport, seinen Institutionen und Verbänden stattgefunden hat.



Vor wenigen Tagen hat der frühere Weltklasse-Turmspringer Jan Hempel öffentlich gemacht, wie er jahrelang von seinem Trainer missbraucht wurde. Hempel hat auch auf den Umgang mit solchen Verbrechen im Verband hingewiesen, die – ähnlich wie wir es zuvor schon von den Kirchen kennen – verschwiegen und vertuscht wurden.

Gestern erschien ein Beitrag in Sportschau.de, der mir wie ein Déjà-vu vorkommt. Hier wird versucht, mit denselben Mitteln sich dieser Thematik zu stellen, wie es anfangs auch die Kirchen getan haben:

  • allgemeine belanglose Entschuldigungsbitte an die Opfer
  • plattitüdenhafte Willensbekundungen
Bild von Alexa auf Pixabay

Ehrenamtliche Prävention nicht möglich?!

Das Schlimmste jedoch für mich ist, dass man schon jetzt versucht, das Thema „Prävention“ abzuwiegeln.

So schreibt der DSV (Deutscher Schwimmverband) nach sportschau.de, “ … dass die Prävention im Sport „im Ehrenamt schwer zu bewältigen sei“. 

Hier muss es einen gewaltigen Aufschrei in Staat und Gesellschaft geben! Denn diese Ansicht ist ein Abschieben von Schuld und Verantwortung!

Gerade die Kirchen, die wesentlich von ehrenamtlicher Mitarbeit leben, zeigen, dass Prävention auch im Ehrenamt bewältigt werden kann und muss! Da sind die Kirchen genauso in der Pflicht, wie andere Institutionen, Vereine und Verbände!

Schon seit Jahren gibt es Präventionsverordnungen in den Kirchen, die in den letzten Monaten noch einmal ziemlich konkretisiert wurden, die zeigen, dass Prävention gerade dort wichtig ist, wo verbandliche Arbeit durch viel ehrenamtliches Engagement geleistet wird.

Auf einmal: Forderung nach staatlicher Leistung

Es ist auch interessant, dass der DSV in diesem Zusammenhang eine „finanzielle Ausstattung durch die öffentliche Hand“ fordert.

Irgendwie kommt mir das wirklich doppelzüngig vor!

Als die Verbrechen im Raum der Kirche(n) bekannt wurden, war der Aufschrei (zu Recht!) groß. Und man forderte die Kirchen auf, nicht nur moralisch, sondern auch finanziell für diese Verbrechen einzustehen, mit Präventionsmaßnahmen, deren Kosten die Kirchen allein zu tragen haben und – vor allem – auch mit Entschädigungsleistungen, die ebenfalls die Kirchen zu tragen hätten.

Doch jetzt, wo zutage tritt, was gesellschaftlich schon längst vorhersehbar ist – dass nämlich sexualisierte Gewalt Verbrechen sind, die alle Bereiche unserer Gesellschaft (ob institutionell oder privat) durchzieht, kein Nischenproblem von Kirchen oder Internaten ist – wird die Forderung laut, der Staat und die Gesellschaft müsse für die Aufarbeitung finanzielle Mittel bereitstellen!

Bild von Alexa auf Pixabay

Hier erwarte ich, dass auch alle anderen Institutionen, die sich ebenfalls durch wissentliche Ignoranz oder Vertuschung mitschuldig gemacht haben, auch ihren immateriellen und materiellen Beitrag zur Aufarbeitung, Prävention und Entschädigung leisten!

Es ist eine Frage des sozialen Friedens und der Gerechtigkeit, dass alle Institutionen, Vereine und Verbände nicht umhinkommen, sich ihrer Verantwortung für Verbrechen zu stellen, die sie bei einem sensibleren Umgang hätten verhindern oder zumindest eindämmen können!




Heilig? – Die Blutspur des Bernhard v. C.

Zweifelhafter „Kirchenlehrer“

Viele verbinden mit dem Namen des Bernhard von Clairvaux den Aufstieg des Zisterzienserordens, doch seinen Predigten und seiner Propaganda folgt eine Blutspur.



Heute, dem 20.08. begehen wir den Gedenktag des ‚heiligen‘ Bernhard von Clairvaux, der im 19. Jahrhundert sogar zum Kirchenlehrer ernannt wurde.

Quelle: G. Bruno, gravure Perot, Public domain, via Wikimedia Commons

Kreuzzüge und Gewaltaufrufe

Doch scheint es mir ratsam, seiner Verehrung mit einer hohen Skepsis und Vorsicht zu begegnen, denn er war offenbar ein Mann des Wortes, doch seinen Worten folgten grausame Blutspuren.

So lesen wir im Heiligenlexikon über ihn:

„… Bernhard war berühmt für seine große Predigtbegabung, die er – im Auftrag von Papst Eugen III. – nicht zuletzt in den Dienst der Anwerbung für die Kreuzzüge einsetzte; er entfachte in ganz Europa einen Rausch der Begeisterung für die Kreuzzüge.(…)
1146 rief er in Vézelay zum 2. Kreuzzug auf, diese Predigt von Vézelay löste in ganz Frankreich Begeisterung aus;(…)
Das ritterliche Ideal der Kreuzzüge sah das Sterben für den himmlischen Herrn als besonderen Verdienst; so formulierte Bernhard: Ein Ritter Christi tötet mit gutem Gewissen; noch ruhiger stirbt er. Wenn er stirbt, nützt er sich selber; wenn er tötet, nützt er Christus. Die schrecklichen Folgen solcher Worte betrafen nicht nur die Menschen im Nahen Osten, sondern auch die mittelalterlichen jüdischen Gemeinden. Der Misserfolg des Kreuzzugs traf Bernhard schwer; seine erneute Kreuzzugsinitiative 1150 blieb erfolglos.(…)
Kompromisslos bekämpfte Bernhard die Katharer,(…) ebenso bekämpfte er die Reformation des Petrus Waldus (Anm.von mir: siehe „Waldenser“)…“

https://www.heiligenlexikon.de/BiographienB/Bernhard_von_Clairvaux.htm

Auch gilt Bernard von Clairvaux als Mitinitiator des Kreuzzuges gegen die Wenden:

„… Bernhard von Clairvaux verfasste im März 1147 einen Aufruf zum Wendenkreuzzug, in dem er die Auslöschung des gesamten Wendenvolkes zur Zielsetzung machte…“

https://deutschland-im-mittelalter.de/Militaer/Kriege/Wendenkreuzzug

Ihm ging es offenbar um eine ‚Gewaltmission‚, die aber schon damals kontrovers geführt wurde. Bernhard soll diesen Wenden-Kreuzzug damit als Verteidigungskrieg proklamiert haben.
Dies erinnert sehr stark an die heutige ‚putinistische Ideologie‘, mit der Putin den Angriffskrieg gegen die Ukraine rechtfertigen will.

Auch literarische Lichtblicke

Ja, es gibt auch gedankliche Lichtblicke des Bernhard von Clairvaux.
Eine seiner bekanntesten Texte finden sich in einem Brief an seinen früheren Mönchen, Papst Eugen III.:

„… Wenn also alle Menschen ein Recht auf dich haben, dann sei auch du selbst ein Mensch, der ein Recht auf sich selbst hat. Warum solltest einzig du selbst nichts von dir haben? Wie lange noch schenkst du allen anderen deine Aufmerksamkeit, nur nicht dir selber? Bist du dir etwa selbst ein Fremder? Bist du nicht jedem fremd, wenn du dir selber fremd bist? Ja, wer mit sich selbst schlecht umgeht, wie kann der gut sein? Denke also daran: Gönne dich dir selbst. Ich sage nicht: Tu das immer. Ich sage nicht: Tu das oft. Aber ich sage: Tu es immer wieder einmal. Sei wie für alle anderen auch für dich selbst da, oder jedenfalls sei es nach allen anderen. …“

https://www.aphorismen.de/zitat/75035

Doch darf dieses nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bernhard der ideologische Wegbereiter von Kreuzzügen und gewalttätigen Verfolgungen christlicher Glaubensrichtungen war, die er selber ablehnte und deshalb bekämpfte.

Bernhard von Clairvaux und sein Verhältnis zu Juden

Besonders erwähnenswert erscheint mir die Haltung Bernhards gegenüber den Juden zu sein. Bernhard scheint kein Gegner des Judentums gewesen zu sein, was zur damaligen Zeit eher selten zu finden war. Dennoch begegnete er der jüdischen Religion nicht auf Augenhöhe und seine Toleranz gegenüber den Juden war eher wirtschaftlich-materieller Überlegung zu verdanken, denn einer Toleranz gegen die jüdische Religion.
Hierzu empfehle ich die Hausarbeit „Bernhard und die Juden“ von Johan Thienard.

Resümee

Erstaunlich erscheint mir, dass Bernhard von Papst Pius VIII., der als moderner Papst galt, zum Kirchenlehrer ernannt wurde. Dies war 1820.

Ja, die Kirchengeschichte kommt an Bernhard von Clairvaux nicht vorbei. Er hat Außerordentliches für die Verbreitung des Zisterzienser-Ordens vollbracht.
Doch ich selber halte mich mit seiner Verehrung angesichts der blutigen Folgen seiner Predigten und Schreiben, die die Kreuzzüge rechtfertigten und den ideologischen Unterbau für die Verfolgung der Katharer führte, sehr zurück.




Unerträglich und untragbar

Oder: wie Kardinal Woelki sich selbst demontiert

Dunkle Schatten über dem Erzbistum Köln – Bild von S. Hermann & F. Richter auf Pixabay

Nach den vielen Eklats von und um den Erzbischof von Köln, Kardinal Woelki, und dessen angeordneter Auszeit durch Papst Franziskus ist nun das eingetreten, was viele befürchtet haben: das Erzbistum Köln kommt nicht zur Ruhe.



Es gab aus internen Kirchenkreisen schon viele Protestnoten; hauptamtliche Mitarbeiter:innen, ob Kleriker oder Nicht-Kleriker, Ehrenamtliche und viele andere Menschen haben ihren Unmut über die katastrophale Kirchenleitung der Erzdiözese Luft gemacht.
Doch diese Stimme des Volkes Gottes schlägt beim Kardinal auf taube Ohren.
Nicht nur sein Auftritt im Erzbistum Köln, sondern auch sein Auftreten beim Synodalen Weg zeigt einen Bischof, der so gänzlich empathielos zu sein scheint.

Allein was das Thema „Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs durch Kleriker“ in seinem Bistum angeht, versagt Woelki und seine Verwaltung total.

Erst gestern wurde ich nach einer Tauffeier, an der auch Gläubige aus dem Erzbistum Köln teilnahmen, auf den skandalösen und menschenverachtenden Umgang mit dem früheren römisch-katholischen Priester Michael Schenk hingewiesen, der nun u.a. als Therapeut und auch ehrenamtlich als Priester der altkatholischen Kirche angehört. Zwar liegt das größere Versagen in diesem Falls sicherlich bei dem Vorgänger von Kardinal Woelki, aber er und seine Bistumsverwaltung hätten es in der Hand gehabt, sich wirklich für die Opfer sexualisierter Gewalt stark zu machen.
Zwar hat Woelki immer wieder betont, dass es ihm um die Opfer gehe; doch daran darf man berechtigte Zweifel haben.

Denn ein neuer Skandal, der vor wenigen Tagen öffentlich wurde, zeigt unverhohlen: es geht um die Person Woelki und darum, ihn weiterhin fest im „Sattel der Kathedra“ sitzen zu lassen.

Es wurde ein PR-Strategiepapier des Erzbistums Köln bekannt, für das das Bistum zwischen 2019 und 2021 € 820.000,– (das ist knapp eine Million Euro!!!) . Wie verschiedene Medien zu berichten wissen, trug ein Papier dieser Strategiekampagne den Titel: „„Wie ‚überlebt‘ der Kardinal bis März 2021“.

Hier wird das Dilemma in meiner Kirche einmal mehr deutlich, woran die Institution völlig krankt und was eine strukturelle Sünde ist: Es geht immer noch viel zu viel um die Institution Kirche, um ihre Macht, um Macht, die einzelne Menschen, die in der Hierarchie weit oben stehen, über andere aktiv ausüben können.
Es geht immer noch um einzelne Menschen, die nachweislich Fehler gemacht haben und nicht bereit sind, die Konsequenzen zu ziehen, sondern so an ihrer Macht hängen, dass sie sogar das ihnen anvertraute Vermögen dafür verwenden.

Woher kommen die knapp 1 Million Euro für die Strategiekampagne?! Und – viel wichtiger -: Wo fehlen sie? Wofür können sich nicht (mehr) eingesetzt werden? Welchen Auftrag vernachlässig die Kirche, um dem Ego von Einzelnen zu dienen?

Hier sind auch kirchenrechtliche Fragen zu beantworten, nämlich inwieweit der Umgang mit den zeitlichen Gütern der Kirche dem Sinn und Auftrag der Kirche gerecht wird, oder: ob hier nicht sogar Gelder veruntreut wurden?

Dazu heißt es nämlich im kirchlichen Gesetzbuch, dem „Codex iuris canonici“:

Can. 1254 — § 1. Die katholische Kirche hat das angeborene Recht, unabhängig von der weltlichen Gewalt, Vermögen zur Verwirklichung der ihr eigenen Zwecke zu erwerben, zu besitzen, zu verwalten und zu veräußern.

§ 2. Die eigenen Zwecke aber sind vor allem: die geordnete Durchführung des Gottesdienstes, die Sicherstellung des angemessenen Unterhalts des Klerus und anderer Kirchenbediensteter, die Ausübung der Werke des Apostolats und der Caritas, vor allem gegenüber den Armen.“

https://www.codex-iuris-canonici.de/cic83_dt_buch5.htm

Hier darf ich unumwunden meine Zweifel anmelden, ob ein solches Gebaren des Erzbistums Köln mit diesen Rechtsvorschriften im Einklang zu bringen ist.
Deshalb muss es hier auch eine innerkirchliche Untersuchung geben. Verantwortlich dafür wird letztendlich der „Apostolische Stuhl“ im Vatikan sein.

Ungeachtet aller notwendiger Klärung bin ich der festen Überzeugung, dass es bei Woelki heißen muss:

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay