Liebe wirkt …

… befreiend

Sprüche 10,12: „…Liebe deckt alle Vergehen zu“

Die beiden heutigen Tagesheiligen – Kornelius und Cyprian – verbindet eine Angelegenheit: während ihres Lebens ging es um die Frage, wie mit Christ:innen umzugehen sei, die – meist unter Drohung – den heidnischen Göttern geopfert hatten.
Könne man diesen Schwestern und Brüdern vergeben und sie wieder in die volle Gemeinschaft der Gläubigen aufnehmen?

Im heutigen Tagesevangelium (Lukas 7, 36-50) – das wohl ‚passend‘ zu diesen Tagesheiligen ausgesucht worden ist -, finden wir im Handeln Jesu eine Antwort => Wem viel Schuld vergeben wurde, kann viel lieben!



Ich stelle mir aber zugleich die Frage, ob diese ‚Wahrheit‘ auch in umgekehrter Richtung gilt: Wer viel liebt, dem wird viel vergeben?

Im Buch der Sprüche finden wir den Vers, den ich oben über den Beitrag gesetzt habe: „(Die) Liebe deckt alle Vergehen zu.“

Offenbar gibt eine wechselseitige Beziehung zwischen Liebe und Vergebung.

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Vor einige Tagen ’sah‘ ich einen Teil einer ‚Soap‘. Dort wurde erzählt, dass eine Ehefrau ihren Ehemann ‚betrogen‘ hatte, ausgerechnet auch noch mit ‚dem besten Freund‘ ihres eigenen Mannes.
Der Ehemann setzt deshalb alles dran, die Scheidung der Ehe voran zu treiben. Im Verlauf der Folge wird angedeutet, dass es zwischen dem beiden Ehepartnern aber nicht mehr so richtig gut lief; die gegenseitigen Bedürfnisse gerieten wechselseitig aus dem Blick.

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An dieser Stelle kam mir der Gedanke: die Ehe hätte vielleicht noch eine gute Chance gehabt, wenn beide offen über diesen Zwischenfall gesprochen und vielleicht auch heraus gefunden hätten, dass das eine ‚Dummheit‘ gewesen ist, die auch aus einer menschlichen Schwäche heraus entstanden ist.
Dabei spielt es keine Rolle ob und wer die Schuld hat.

Vielleicht hätte es gereicht, dass beide eingesehen hätten, dass niemand ohne Fehler und ohne Schwächen ist; dass ein einmal gegebenes Versprechen auch so unter Druck geraten kann, dass es – zumindest kurzzeitig – nicht gehalten werden kann.

Mit dem Auge der Liebe hätten beide erkennen können, dass sie auch nur Menschen mit Fehlern und Schwächen sind. Mit den Augen der Liebe hätten beide erkennen können, was sie sich noch immer beide für einander bedeuten (was auch zum Ende der Folge deutlich wird).

„Die Liebe deckt alle Vergehen zu“ – das meint für mich mehr als nur stickum ‚den Mantel des Schweigens‘ darüber zu legen.
Das meint, einen Konflikt, eine fehlerhafte Situation gemeinsam aus der Liebe heraus anzuschauen, darüber zu sprechen und sich bewusst zu werden, wie sehr wir gegenseitig auf Vergebung und Liebe angewiesen sind.

„Liebe deckt alle Vergehen zu“ meint dann, eine Kraft, eine Macht in einem Konflikt zu besitzen, die über meine eigene Befindlich- und Verletzbarkeit hinaus reicht und die trotz einer persönlichen Verletzung verzeihen kann.

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Mich bewegen immer wieder Begegnungen mit Paaren, die schon Jahrzehnte miteinander verbunden sind; darunter manche, die fünfzig oder sechzig Jahre oder noch mehr miteinander verheiratet sind.

Ich glaube, ich brauche kein Hellseher zu sein, wenn ich behaupte, dass es auch in diesen Beziehungen Augenblicke des Streits, der Konflikte und der gegenseitigen Enttäuschung oder vielleicht sogar Verletzungen gegeben hat. Ich glaube, ich brauche kein Hellseher zu sein, um erahnen zu können, dass viele dieser Herausforderungen in der Beziehung nur dann ‚gelöst‘ werden konnten, weil das Paar gegenseitig bereit war, sich von Fehlern gegenseitig los-zu-sprechen und Schuld zu ver-geben.

Ein Blick in unseren Alltag stellt uns sicherlich viele Gelegenheiten vor Augen, wo wir erkennen können:

„Wem viel Schuld vergeben wurde, kann viel lieben!“ aber auch: „Wer viel liebt, kann viel Schuld vergeben!“




‚Füllhorn‘ der Gnade

Quelle: Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay

Zu den schönsten Augenblicken in meinem Dienst als Krankenhaus-Seelsorger gehört ohne Zweifel die Spendung der verschiedenen Sakramente (Eucharistie, Feier der Versöhnung, Krankensalbung, …)

Besonders bewegend finde ich es, wenn ich zu einer Krankensalbung gerufen werde, wo akute Lebensgefahr besteht oder der/die Patient:in sich bereits in der Sterbephase befindet.
Immer häufiger sind dann auch engste Angehörige und/oder Freund:innen dabei.



Im Kreis der Lieben diese Sakramente zu empfangen, empfinde ich als sehr wichtig und auch hilfreich für den Menschen, dem diese Sakramente gespendet werden.

Besteht akute Lebensgefahr oder befindet sich der Mensch in der Sterbephase und kann sich selber nicht mehr äußern, spende ich die Krankensalbung und erteile eigentlich immer auch die sogenannte ‚Generalabsolution‘. Diese ist den Situationen vorbehalten, wo das Leben eines Menschen bedroht ist und er nicht mehr die Möglichkeit zum persönlichen Bekenntnis hat.

In diesen Situationen bietet die Kirche eine Generalabsolution ohne vorausgegangenem Beichtgespräch an.

Mir ist diese Form sehr wichtig, denn ich weiß, dass manche Menschen am Ende ihres Lebens von Schuldgedanken geplagt werden.

Damit sie aber gut und mit innerem Frieden diese Welt verlassen können – in dem Bewusstsein, dass nichts mehr zwischen ihnen und Gott steht – empfinde ich diese Form der Lossprechung als großes Geschenk.

Um es mit meinen – vielleicht etwas naiv anmutenden – Worten auszudrücken:
Jesus Christus hat uns ein ‚Füllhorn der Gnade‘ anvertraut, aus dem ER reichlich geben will.
Wir als SEINE Werkzeuge in dieser Welt, dürfen davon mit vollen Händen austeilen.

DAS ist für mich eines der größten und erfüllensten Momente in meinem Dienst als Krankenhaus-Seelsorger.




Freiheit – die ich meine

Kopenhagen (Symbolbild), Quelle: www.pixabay.com

Dänemark kehrt ab Freitag (10.09.2021) wieder zum ganz normalen öffentlichen Umgang zurück: keine Maskenpflicht, keine Einschränkungen im öffentlichen Leben.
So wurde Dänemark in der Coronapandemie zum Freiheitsparadies!



Das soziale gesellschaftliche Bewusstsein in Dänemark hat dazu geführt, dass mindestens 80% der Bevölkerung vollständig geimpft ist. Das zahlt sich jetzt aus.
Dänemark hat weltweit mit die höchste Impfquote!

In Deutschland geht es anders: alle, die sich impfen lassen könnten, aber sich nicht impfen lassen, bevorzugen offenbar im Herbst wieder einen Lockdown.

Lockdown (Symbolbild), Quelle: www.pixabay.com

Das ist ein komisches ‚Freiheitsverständnis‘.

Als ich letztes Jahr im September nach Dänemark fuhr, gab es bei uns schon die Maskenpflicht, in Dänemark noch nicht.

Ein Jahr später gibt es in Dänemark keine Maskenpflicht mehr, bei uns in Deutschland IMMER NOCH!

Die Dänen haben für ihre Freiheit gekämpft, indem sie sich impfen ließen!
Jetzt können sie die Früchte ihrer Solidarität genießen.




Unruhe

Ein Problem unserer Zeit: viele wollen es einfach ruhig haben.

Dann kann sich aber nichts Neues entwickeln.

Es ist die ‚Unruh‘, die eine Uhr am Laufen hält, damit wir wissen, was die Uhr geschlagen hat.




Das ‚Böse‘ ?!

Symbolbild, Quelle: www.pixabay.com

Je älter ich werde, um so mehr stelle ich in Frage, ob es das „personifizierte Böse“ gibt.
Ich meine damit nicht den biblischen „Versucher“, der dort natürlich als Person erwähnt wird.
Aber dieser „Versucher“ sollte nicht vorschnell mit dem „das personifizierte Bösen“ gleichgesetzt werden.

Für mich gilt mehr und mehr:

Das Böse
ist die
Leerstelle

der Liebe!




Richtig reden

Ansprache zum 23. Sonntag im Jahreskreis – 4./5.09.2021

Schriftstellen: Jes 35, 4-7a und Mk 7, 31 – 37

In einem Gespräch mit einer Angehörigen von einem Patienten sagt sie mir vor einigen Tagen, dass sie sich nur noch um den Patienten sorge. Sie nehme all die anderen – meist schlechten – Nachrichten gar nicht mehr richtig wahr.
Ich antwortete, dass das doch nur allzu verständlich sei.
Wir Menschen können einfach nicht grenzenlos schlechte Nachrichten verkraften.

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Unsere Psyche, wenn sie noch halbwegs intakt ist, kennt dafür Mechanismen, die uns helfen, dass ein Zuviel ausgeblendet wird.
Manche bezeichnen das als Tunnelblick, andere beschreiben diesen Zustand, als seien sie wie in einer Kapsel, die vieles von außen nicht mehr an sie heranlasse.

Eine solche Reaktion der Psyche will unsere Psychohygiene fördern, damit wir nicht seelisch überlastet werden.

Nicht seelisch überlastet zu werden, heißt auch: einen Ausgleich zu finden, einen Kontrapunkt zu den schlechten Nachrichten zu setzen.



Da fiel mir vor einiger Zeit – ich meine – im Morgenmagazin vom zdf die Rubrik auf, die es sich zu eigen gemacht hat, auch mal ganz gezielt nur gute Nachrichten zu senden.

Immer wieder auch gute Nachrichten zu verbreiten, ist also nicht nur eine vernünftige Entscheidung, sondern auch eine notwendige und richtige Maßnahme.

Quelle: www.pixabay.com

Es gibt bei der Verbreitung von Nachrichten auch die Frage, wie sie gut verbreitet werden, damit sie Hoffnung machen.

Bei den heutigen Texten geht es genau um dieses „richtige Reden“.
Jesaja redet fast ohne Unterlass von der heilsamen Botschaft Gottes. Gerade weil es dem Volk Israel schwer fiel, sich immer dieser Zuwendung Gottes sicher zu sein, bleibt Jesaja unermüdlich.

Und auch Jesus setzt diese Tradition des „guten Redens“ fort; er verkündet die befreiende, die heilsame Botschaft nicht nur mit Worten sondern auch durch Taten.

Und er eröffnet in uns auch die Quelle, des richtigen Redens.
Die Wundererzählung des Taubstummen ist so eine Befreiungstat.
Jesus fordert ihn zur Offenheit auf, er ermutigt ihn: „Öffne dich!“ –
Und er öffnet sich und der so Befreite konnte wieder „richtig reden“.

Das Wunder Jesu lässt auch jene nicht stumm bleiben, die es erlebt haben. Auch sie müssen diese gute Botschaft weiter sagen, selbst wenn Jesus es ihnen ‚verbot.

Sie konnten nicht schweigen über das, was sie gehört und gesehen haben.
Sie mussten einfach diese froh machende Botschaft unter die Leute bringen, denn diese Botschaft geht über alle katastrophalen Nachrichten hinaus.

Und diese Botschaft ist die selbe, die uns heute noch dazu befähigt, in Zeiten, wo die schlechten Nachrichten uns fertig machen könnten, die richtige Rede zu üben, damit die Menschen von heute nicht die Hoffnung verlieren.

Ich wünsche uns allen, dass wir die Hoffnung nicht verlieren, damit auch unsere Seele im Lot bleibt und wir die Freude nicht vergessen.
Ich wünsche uns allen, dass wir immer wieder Gelegenheit haben, diese Frohe Botschaft mit unserem Leben zu bezeugen.


Richtig Reden

Du willst dich im
Reden verbessern, willst ‚richtig‘ reden?

Vielleicht besuchst du Rhetorik-Seminare,
vielleicht nimmst du an Kommunikations-Kursen teil
vielleicht studierst und trainierst du,
was andere dir empfehlen,
vielleicht glaubst du immer noch:
‚richtiges‘ Reden
will gelernt sein.

Doch das richtige Reden,
kann nicht erlernt werden.
Es ist in dir
und muss manchmal
nur aus dem Gefängnis
der Sprachlosigkeit
befreit werden.

Jesus sah,
was im Taubstummen
verborgen war.
Mit SEINER Ermutigung
„effata“ – „Öffne dich!“
konnte der Mann sich öffnen

und
das richtige Reden quoll wie eine
Quelle
aus ihm hervor.

( © Gerd Wittka, 3.9.2021)