„Ich sehe was, was du nicht siehst – Vielfalt wahrnehmen!“ – so das Motto des diesjährigen ökumenischen Gottesdienstes am Freitag, den 05.08.2022 um 18.00 Uhr in der evangelischen Marktkirche in Essen-Mitte.
In unserem Vorbereitungskreis, bei dem die Aidshilfe Essen e.V., die katholische Beratungsstelle „Die Schleife“, die alt-katholische Kirche, die evangelische Kirche und die römisch-katholische Kirche mit von der Partie sind, haben wir uns davon ansprechen lassen, dass viele Queer-People sich nicht gemeint fühlen, wenn von Queer-People die Rede ist. Wir denken da an Trans-, Inter, Bi-, A-sexuelle, nonbinäre Personen und viele andere mehr.
Die Vielfalt der verschiedenen Banner für diese Sexualitäten zeigt dies sehr deutlich. Mittlerweile ist daraus die so genannte „Progress Pride Flag“ entstanden:
Progress pride flag
Wir erkennen, dass diese Vielfalt unter den queerpeople auch wahrgenommen werden will.
Mit unserem Gottesdienst wollen wir auf diese gottgewollte Vielfalt aufmerksam machen und für Respekt und Anerkennung dieser Vielfalt werben.
Totenkopf als Mode
Skurrilität oder kollektive Verdrängungsstrategie?
Solche Modeartikel mit Totenkopfmotiv, womöglich auch voll Glitzer und Glimmer gibt es schon seit etlichen Jahren auf dem Markt. Ob als Ohr-, Hals- oder Fingerschmuck, ob auf t-shirts, Schuhen oder Taschen: vielfältig ist das Sortiment, das einen Totenkopf ‚ziert‘.
Auseinandersetzung mit der Endlichkeit oder doch nur ‚dead sells‘?
In meiner Tätigkeit als Krankenhaus-Seelsorger erlebe ich immer wieder, wie den Themen Sterben und Tod ausgewichen oder sie verdrängt werden. Das gilt bei der Diagnose einer lebensverkürzenden oder sogar unheilbar tödlich verlaufenden Erkrankung. Das gilt aber auch für Menschen in allen Lebensphasen. Ich finde wenig Menschen, die – auch wenn es keine lebensbedrohende Umstände gibt – sich hin und wieder mit dem eigenen Sterben oder Tod beschäftigen.
Aber auf den Straßen sehen wir die vielfältigsten Symbole des Todes auf ‚modischer‘ Kleidung oder auf Freizeitgegenständen.
Seitdem es dieses Modemotiv flächendeckend gibt, kann ich trotzdem nicht erkennen, dass die Auseinandersetzung mit Sterben und/oder Tod zugenommen hat. Noch immer erschrecken viele Menschen so sehr bei diesen Themen, dass sie ausweichen oder es gar tabuisieren.
Dabei ist der Tag unserer Geburt der erste Tag, der uns dem eigenen Sterben und Tod näher bringt! Klingt krass, ist aber – bei genauer Betrachungsweise – so!
Corona-Schutz-Maske mit Totenkopf-Motiv! Einfach nur unsensibel angesichts der vielen Corona-Toten! – Bild von flockine auf Pixabay
Auch für mich sind diese Themen keine ’schönen‘ Themen; aber wenn ich versuche, ihnen auszuweichen, geht es mir nicht besser und eine Stimme in meinem Kopf fragt mich: ‚Warum? Irgendwann wird es auch dich erwischen!‘
Natürlich habe ich auch keine Lust mich permanent und ständig mit diesen Themen zu beschäftigen. Mit Leichtigkeit und Fröhlichkeit möchte ich auch mein Leben genießen. Und ich liebe es; ich liebe mein Leben so sehr, dass ich auch keine Böcke habe, schon bald diese Erde zu verlassen.
Nur: es wird wohl nicht nach mir gehen.
Gebeinhaus, offenbar mit Toten auch aus den Kriegen – Bild von Wolfgang Sojer auf Pixabay
Also stelle ich mich hin und wieder diesen Themen und schaue, welche Impulse sich für mich daraus für mein Leben ergeben.
Doch gerade, weil diese Themen so existentiell für mich sind, käme es mir nicht in den Sinn, sie leichtfertig für eine oberflächliche Modeinszenierung zu verwenden. Vielleicht liegt es daran, dass es eine gewisse ‚Ehrfurcht‘ vor diesen Themen gibt, die für mich so bedeutsam sind, dass ich sie auf dem Altar der Oberflächlichkeit nicht opfern mag!
Manchmal reizt es mich innerlich, Menschen die Totenkopf-Mode tragen, konkret zu fragen, was Sterben und Tod für sie selbst bedeutet und ob sie – abhängig von ihren Antworten – solche Mode wirklich bewusst tragen?
Aber da ich weiß, dass solche Fragen zu persönlich wären, schreibe ich hier einfach über dieses Thema und jede/r kann für sich selbst entscheiden, ob sie/er sich damit konfrontieren lassen möchte.
Jene aber, die solche Mode tragen, können nun wissen, was Totenkopf-tshirt und Co. bei mir auslösen.
Vor einigen Tagen kam ich mit einem Menschen ins Gespräch, der in einer Pflegeeinrichtung arbeitet. Seine Aufgabe ist es, verschiedene ‚Springerdienste‘ zu übernehmen: Essen austeilen, Botengänge machen oder Besucher:innen in Corona-Zeiten am Eingang in Empfang nehmen und dort die Einlassvoraussetzungen (Corona-Schnelltest, Maske, etc.) zu prüfen.
Diese Person erzählte mir, dass sie schon seit 7.00 Uhr morgens Dienst getan hat und der Arbeitstag 10 Stunden dauere. Ich sagte – recht unbedarft -: „Dann haben Sie aber doch einiges an Überstundenausgleich!“ – Sie aber lächelte mich sympathisch an und sagte: „Nein! Ich arbeite sieben Tage in der Woche. Im Juli werde ich 27 Arbeitstage haben.“
Ich wurde recht kleinlaut. Natürlich habe ich auch keinen sieben oder acht-Stunden-Tag, aber ich schaffe es immer wieder, mir auch Freiräume für meine Erholung zu nehmen.
Dieser Mensch aber tat sieben Tage in der Woche und im Juli nur mit vier Tagen frei seinen Dienst.
Doch das erstaunlichste für mich war: er beschwerte sich gar nicht. Freundlich und sympathisch erklärte er mir, dass es zwar manchmal anstrengend sei, wenn beim Einlass die Menschen nicht verstünden, warum es die Einlasskontrollen und -kriterien gibt. Aber ansonsten habe er einen guten Job, der auch körperlich nicht sehr anstrengend sei, und er sei zufrieden.
BTW: Natürlich habe ich weiterhin Bedenken, dass Menschen ohne großen Freizeitausgleich ihre Arbeit machen und das auch noch bei dünner Personaldecke (Die Person erklärte mir, dass diese Situation durch den hohen Krankenstand bei anderen Kolleg:innen entstanden sei.). Und natürlich weiß ich auch, dass die Arbeitnehmerschutzbestimmungen in Gesetzen und/oder Tarifverträgen was anderes vorsehen. Ich halte die Situation – trotz aller sympathischen Reaktion dieser Person – für äußerst bedenklich und ich erwarte, dass Politik und Unternehmen zügig etwas gegen solche Zustände tun. Solche Zustände dürfen weder ein Dauerzustand sein noch zur Normalität werden!
Aber dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – sind solche Menschen für mich Held:innen des Alltags.
Sie zeigen, was Menschen zu leisten bereit sind. An den Verantwortlichen liegt es: dieses auch wirklich und glaubhaft zu würdigen.
Und mir nötigen solche Menschen für ihre Dienstleistungsbereitschaft den höchsten Respekt ab.
Ökosiegel für Gas und Atomenergie ???!!!
Ja, ist denn schon wieder der 1. April?
Eine Mehrheit im EU-Parlament hat sich dafür ausgesprochen, Gas und Atomenergie als nachhaltige Energiequelle anzuerkennen und damit quasi ein Ökosiegel zu vergeben.
Ich frage mich, ob wir schon alle die Bilder von Tschernobyl (Ukraine) und Fukushima (Japan) vergessen haben?!
Aus guten Gründen haben wir hier in Deutschland den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen: die nukleare Gefahr und auch die ungelöste Frage der Endlagerung des Atommülls zeigen uns doch ganz klar: Atomenergie ist keine beherrschbare und erst recht keine günstige und nachhaltige Energieerzeugung. Nachhaltig ist allenfalls die ökologisch und ökonomische Belastung durch die Nutzung der Atomenergie!
Das jetzt aber gerade auch die CDU/CSU auf eine Verlängerung der Laufzeiten für Atommeiler drängen (obwohl die Atomkraftbetreiber dieses selbst für völlig unwirtschaftlich halten), zeigt eigentlich nur, wie niedrig die Halbwertszeit des Erinnerungsvermögens bei solchen Politiker:innen ist, was die reelle Gefahr durch Atomenergie angeht.
Dass viele unserer Nachbarstaaten sich dennoch für die Atomenergie aussprechen ist kein Beweis dafür, dass es richtig und verantwortbar sei oder sein könnte!
Wer heute weiterhin auf Atomenergie setzt, setzt auf die Bedrohung unzähliger – hoffentlich noch nach uns lebender – Menschengenerationen hier in Europa und weltweit.
Es ist ein ignoranter Größenwahnsinn, wenn die Mehrheit des EU-Parlamentes diese höchstgefährliche Energiequelle auch noch mit einem Öko-Siegel versieht!
Wie irre muss man sein, um eine solche Entscheidung zu treffen?! Oder sind die alle schon irgendwie ‚verstrahlt‘?!
Ja, es ist ein Thema, das gerne verdrängt wird. Aber spätestens dann, wenn ich mir selber Gedanken darüber mache, wo und wie ich sterben möchte, kommt auch die Frage: Möchte ich lieber zuhause sterben oder woanders?
Leider sterben viele Menschen noch zu oft in der fremden und fremdbestimmten Umgebung eines Krankenhauses. Darauf weist auch die Pharmazeutische Zeitung in einem aktuellen Artikel hin.
Von einem der Krankenhäuser, in dem ich arbeite, habe ich den Eindruck, dass man Patient:innen, die bald sterben werden, die Möglichkeit geben möchte, zu hause zu sterben.
Im Laufe der Jahre habe ich diese Haltung sehr schätzen gelernt.
Denn es geht hier nicht darum, die Patient:innen ‚abzuschieben‘. Oft wird behauptet, dass die Patient:innen vor ihrem Sterben entlassen werden, weil es sonst dem Image eines Krankenhauses schaden würde, wenn ’so viele Patient:innen dort sterben‘.
Umgekehrt wird ein Schuh draus, wie ich meine!
Die Abläufe und auch die Haltung in einem Krankenhaus können noch so gut und empathisch sein, sie können Sterbenden nie einen angemessenen Rahmen bieten, dass der Sterbende diese letzte Lebensphase auch als LEBEN erfahren kann.
Sterben ist ja auch ein Teil unseres Lebens. Und wer möchte schon im Krankenhaus ‚leben‘?! Ich jedenfalls fühle mich zuhause, in meinen eigenen, vertrauten und behaglichen Wänden viel wohler als in der fremden Atmosphäre eines Krankenhauses. Deshalb stelle ich mir auch vor, dass ich wohl eher nicht im Krankenhaus sterben möchte.
Wenn also Krankenhäuser in ihrer Haltung sich diese Vorstellungen zu eigen machen, dann finde ich es sehr gut, wenn sie es Patient:innen – wenn eben möglich – zuhause oder in einem anderen Umfeld sterben können, wo sie sich wohler und selbstbestimmter fühlen können als im Krankenhaus.
Natürlich muss gewährleistet sein, dass der sterbende Mensch dort, wo er sterben kann, auch gut aufgehoben und versorgt ist.
Dafür gibt es mittlerweile viele Angebote: angefangen von Pflegediensten bis hin über ambulante Hospizdienste, die sterbende Menschen begleiten. Natürlich können auch engste Zugehörige (Familienangehörige, Freund:innen) in dieser Phase mit eingebunden werden. Nicht nur sterbende Menschen, auch die Zugehörigen profitieren dabei von den Diensten der Hospizbewegung.
Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man sterbenden Menschen und jenen, die diesen Menschen nahestehen, gut vermitteln kann, dass sie gut begleitet und nicht sich selber überlassen bleiben, sich häufig dazu entscheiden, zuhause oder in einer anderen vertrauten Umgebung außerhalb eines Krankenhauses sterben zu wollen und zu können.
Wie denken Sie darüber? – Schreiben Sie mir gerne in den Kommentaren.