Lasst die Hoffnung nicht fahren …!

„Eine Hülle verhüllt alle Völker und eine Decke bedeckt alle Nationen!“ (vgl. Jes 25, 6-10a)

Erinnern Sie sich an die Worte aus der heutigen Lesung?
Jesaja benutzt dieses Bild.

Heute, fast 3.000 Jahre nachdem dieser Text geschrieben wurde, kann ich dieses Bildwort des Jesaja – leider – auch noch nutzen!
• Es liegt eine Hülle von Hass und Gewalt über den Völkern dieser Erde.
• Eine Decke aus Naturkatastrophen, aus Hunger, Leid und Tod bedeckt die Nationen!
Es scheint heute nicht anders zu sein, als zu den Zeiten des Jesaja.

Ja, wird das denn niemals enden?!“
so sagte mir am vergangen Dienstag jemand im Krankenhaus:
„Ich kann es nicht mehr ertragen, diese Nachrichten und Bilder aus der ganzen Welt; dem Krieg in der Ukraine, die terroristischen Massaker der Hamas in Israel, Bürgerkriege in anderen Ländern, noch dazu die ganzen Katastrophen und Klimakrisen und dann auch das Leid hier der Menschen, der Patient:innen! Und dann noch die menschenfeindliche Ideologie der rechtsnationalen Menschen und Parteien! – Ich kann es nicht mehr ertragen!“

Sie spricht sicherlich vielen von uns aus der Seele.
Unerträglich scheint es zu sein, die Zeit, in der wir leben.
Unerträglich schien auch damals die Zeit gewesen zu sein, in der Jesaja seinen heutigen Text hineingeschrieben hat.
Darin liegt der Grund für diesen Text!
Der vermeintlichen Unerträglichkeit unseres Seins will Jesaja ganz bewusst etwas entgegen setzen.

Das ist so, wie diese Woche beim Morgenmagazin: man hat ganz bewusst gute Nachrichten mit ins Programm genommen.
Gute Nachrichten in scheinbar unerträglichen Zeiten sind keine Vertröstungen oder Übertünchen irgendwelcher Realitäten. Sie sind das notwendige Korrektiv, um unsere Psychohygiene in Balance zu halten.

Wer mag in solchen Zeiten schon ans Feiern denken?

Doch genau das nimmt Jesaja in den Blick: „An jenem Tag wird der Herr der Heerscharen für alle Völker ein Festmahl geben. „ (Denn) ER hat den Tod für immer verschlungen und Gott, der Herr, wird die Tränen von jedem Gesicht abwischen. … An jenem Tag wird man sagen: Siehe, das ist unser Gott, auf ihn haben wir gehofft, dass er uns rettet. Das ist der HERR, auf ihn haben wir gehofft!“

Wir Menschen brauchen Perspektiven und Visionen, aber nicht, um uns von der Realität abzulenken, sondern um die Hoffnung nicht zu verlieren.
Denn die Hoffnung ist die Kraft, die uns motivieren kann, trotz aller Herausforderungen und Widerlichkeiten des Lebens nicht die Hände in den Schoß zu legen.
Menschen mit hoffnungsvollen Zukunftsperspektiven braucht es gerade in diesen Zeiten, jedoch keine billige Vertröstung auf die Zukunft, erst recht nicht aufs Jenseits!

Jesaja ist von der Hoffnung erfüllt, dass es bessere Zeiten geben wird und dass diese Zeiten von Gott heraufgeführt werden.
Aber er sagt auch deutlich, dass die jetzigen Zeiten völlig andere sind.
Der Dienst und die Botschaft des Jesaja sind so lebensnotwendig.
Sie nimmt die Gegenwart realistisch in den Blick; sie sagt ‚noch‘ ist es nicht so weit.

Wir leben noch in der Zeit vorher, das ist unübersehbar, mit vielen Grenzen, Unklarheiten und Todesmächten. Wir hoffen noch.
Und darin will er ermutigen: die Hoffnung nicht fahren zu lassen.

Die Sendung von uns Christ:innen in dieser Zeit könnte sein, dass wir Jesaja nacheifern und wir uns gegenseitig und auch anderen Hoffnung zusprechen.
Hoffnung zu machen, bedeutet dann: in unserem Leben bewusst Kontrapunkte zu setzen!
Solche Kontrapunkte müssen nicht immer großartig sein.

Ich erinnere mich da z.B. an eine Begegnung mit einem psychiatrischen Patienten in dieser vergangenen Woche.
Das Leben dieses Menschen war geprägt von Resignation, von Schwarzseherei und Verzweiflung, dass die Gesundung nicht voranschreitet.
Dann sein fatale Gedanke – die Angst – dieses Leben vielleicht mal leid sein zu würden; die Angst vor Suizidgedanken!
Vor meinem Urlaub ging es diesem Menschen besser und ich dachte, dass es jetzt nur noch bergauf gehen würde.
Doch das Gegenteil war eingetreten. Auch ich war da sprachlos.
Bei dieser Begegnung konnte ich nur da sein, diesem Menschen Raum geben, von seinem Leid zu reden.
Und nach gut dreiviertel Stunden erlebte ich eine Veränderung: die Tränen versiegten, die Atmung wurde entspannter, Ruhe kehrte ein.
Die Herausforderungen waren aber geblieben. Sie waren immer noch da, nicht weggeredet oder übertüncht.
Sie standen – vielleicht klarer als vorher – im Raum.

Und dennoch ist für den Augenblick so etwas zurück gekommen, wie Ruhe und Frieden.

Ich bat diesen Patienten, nur in diesem Augenblick des inneren Friedens zu bleiben, ihn auszukosten.
Denn nur dieser Augenblick zählte gerade.

Für einen Augenblick war die Angst gewichen.

Solche Augenblicke können auch die Hoffnung stärken.
Einen Augenblick lang zu erfahren, dass man das Leid tragen kann, kann die Hoffnung stärken, dass es in Zukunft immer wieder solche stärkenden Augenblicke gibt.
Solche noch so unscheinbare Augenblick sind heilvolle Augenblicke.

Einen Augenblick mal nicht sagen zu müssen: „Ich kann es nicht mehr ertragen…!“, das könnte manchmal der heilsamste Augenblick in momentaner Lebenssituation sein.
Vielleicht ist es nicht viel, aber in solchen Augenblicken ist es alles!


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Die Liebe ist alles …

… ohne Liebe ist alles nichts!

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Die heutige Lesung mündet in dem alles entscheidenden Satz:

„Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.“

Röm 13,10

Was für ein Wort! – Das dürfen wir uns auf der Zunge zergehen lassen!

„Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.“ – erinnert mich an ein Wort des heiligen Augustinus.

Augustinus war im 4. Jahrhundert Bischof von Hippo Regio, von ihm stammen folgende Worte:

(Augustinus von Hippo)

Die Liebe allein ist es, die den Unterschied macht, ob unsere Gedanken und Werke der Forderung des Evangeliums gerecht werden!

Und das ist beileibe kein Nebenthema.
Die Liebe ist DAS Thema all unserer christlichen Existenz.

Egal wann und wo wir unserem Leben eine kritische Selbstreflexion unterziehen wollen (oder auch müssen, weil wir Kritik von außen erfahren!), wird es um die Frage gehen, ob unser Denken und Handeln allein von der Liebe bestimmt wird.

Das fängt schon so banal an, wie jetzt, da wir zu diesem Gottesdienst gekommen sind.
Wie bin ich heute hier und in welcher Haltung möchte ich heute Gottesdienst feiern und all den anderen hier in der Kapelle begegnen?
Wünsche ich uns allen, dass dieser Gottesdienst für uns alle erbaulich und ein Ort wertschätzender Begegnung wird? Oder bin ich hier, weil ich meine, Erwartungen und Ansprüche befriedigen zu müssen: Erwartungen oder Ansprüche, die irgendwie in mir selber drin sind oder die von außen an mich herangetragen werden, wie z.B. die sogenannte Sonntagspflicht?

Und da sind wir schon bei dem Thema ‚Regeln und Liebe‘.

In unserer Kirche gibt es Regeln.
Manchmal kann man den Eindruck bekommen – auch heute noch -, dass Regeln wichtiger sind als alles andere.

Da ist irgendwo etwas bestimmt worden, sei es im Kirchenrecht oder Verlautbarungen des Papstes, des Bischofs, des Pfarrers, eines Pastoralteams, des Pfarrgemeinderates.
Bisweilen sind diese Regelungen sehr konkret.
Das Liebesgebot, das uns heute noch einmal ausdrücklich in Erinnerung gerufen wird, fordert uns auf, diese Regelungen und Entscheidungen unter das Primat der Liebe zu stellen.

Denn wir wissen, dass Regelwerk und Regelwut nicht immer mit dem Primat der Liebe vereinbar sind.
Manchmal entstehen Regeln aus Ängstlichkeit, manchmal aus dem vermeintlichen Besserwissertum, aus übertriebener und entmündigender Fürsorge oder auch einfach nur aus Machtwillen.

Um überprüfen zu können, ob Entscheidungen oder Regeln dem Primat der Liebe entsprechen, ist es sinnvoll und nötig, nach den Gründen der Entscheidungen oder Regeln zu fragen!

Jene, die Regeln aufstellen oder sie auch nur vertreten, sind stets verpflichtet, diese Regeln zu begründen – und zwar so zu begründen, damit sie für andere verstehbar und plausibel erscheinen.

Wer Entscheidungen trifft oder Regeln aufstellt, hat die kritische Anfrage und das kritische Hinterfragen von Regeln zu akzeptieren und ist der Rechenschaft schuldig.

Wir erleben eine historisch bedeutsame Phase der Kirchengeschichte; unsere Kirche ist – durch innere und äußere Einflüsse – dermaßen im Umbruch, dass bestehende Gewissheiten und Gewohnheiten hinterfragt werden müssen.

In diesem Prozess der Veränderungen gibt es viel Entscheidungs- und Regelungsbedarf.

In Zukunft wird es weiterhin zu Neuregelungen und Absprachen kommen müssen. Unter dem Diktat von fehlenden Finanzen oder fehlendem Personal ist viele im Fluss, was noch vor Jahren eher wie in Stein gemeißelt wirkte.
Das ist eine Zumutung und sicherlich für alle nicht immer leicht. Wenn Vieles im Umbruch ist, kann das verunsichern.
Um so wichtiger ist es, diese nötigen Veränderungen, die zu neuen Regelungen führen, uneingeschränkt ebenfalls dem Liebesgebot zu unterstellen.

Dabei ist das Liebesgebot inhaltlich als auch strukturell zu beachten.

Inhaltlich heißt das, dass alles, was wir in der Kirche tun, begründbar sein muss mit der frohen und befreienden Botschaft des Evangeliums in Einklang stehen muss.
Ich nenne nur ein paar Schlagworte: „Frohbotschaft statt Drohbotschaft“, „Auferbauung der Gemeinde“ (wie es der hl. Paulus immer wieder fordert, Förderung der Gottesbeziehung, Stärkung des geistlichen Lebens, Befreiung von Angst und Befreiung zur Gott geschenkten Freiheit, …

Strukturell bedeutet das Liebesgebot, dass wir in der Kirche ein Miteinander zu pflegen haben – auch bei der Beratung und Entscheidung über Regelungen -, welches wertschätzend und nicht bevormundend ist.

Es bedarf in unserer Kirche Strukturen, die von der Überzeugung geprägt sind, dass der Heilige Geist in jeder Person wirkt und dieses Verständnis bei der Erörterung von Fragen und bei der Entscheidungsfindung angemessen berücksichtigt wird.

Strukturell bedeutet es: die hierarchischen Strukturen in unserer Kirche haben immer dienende, niemals herrschende Funktion, denn Jesus Christus selber ist kommen als einer der dient (vgl. Lk 22,27).
Insofern ist Kirche und sind Amtsträger:innen in der Kirche immer Dienende.
Der „Pfarrer“ = „Pfarr-Herr“ als feudal verstandenes Amt, hat keine Berechtigung in unserer Kirche, denn niemand ist Herr über uns, außer Gott selber.

Mir persönlich ist es wichtig, gerade in dieser Zeit gewaltiger Umbrüche in unserer Kirche, immer wieder an dieses Grundverständnis unseres christlichen Glaubens zu erinnern.

Das Liebesgebot darf in Zeiten der Umbrüche und Transformation weder relativiert noch ausgesetzt werden, denn es gilt absolut!
Es gibt keine Stelle in Neuen Testament, in dem Christus selber oder auch nur die anderen Schriften das Liebesgebot relativiert hätten.
Der Grund liegt in Gott selber, der nach unserem Verständnis absolut ist und der die Liebe schlechthin ist.

Liebe Geschwister,
exemplarisch habe ich am Leben der Kirche versucht, aufzuzeigen, was die heutige Lesung konkret bedeuten könnte.

Doch all das können wir übertragen auf unser Zusammenleben in Freundschaften, Partnerschaft und Familie, am Arbeitsplatz und in Betrieben, in Vereinen und Verbänden, in nachbarschaftlichen Beziehungen, in Gesellschaft und Staat und innerhalb internationaler Staatengemeinschaften.

Doch zuallererst beginnt das Liebesgebot bei uns selbst.
Denn Gottes- und auch Nächstenliebe ist nicht wirklich realisierbar, wenn die echte Liebe nicht zuerst bei uns selber beginnt, in der Selbstliebe.




Verborgen und entdecken

Impuls zum 6. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A

Zitat aus der 2. Lesung ( 1.Korinther 2,6-10 | Einheitsübersetzung 2016 :: ERF Bibleserver ):

„Vielmehr verkünden wir das Geheimnis der verborgenen Weisheit Gottes, die Gott vor allen Zeiten vorausbestimmt hat ….“

Geheimnis

Gerade in der Lesung fiel dieser Satz.

Hier spricht Paulus von einem „Geheimnis“.

Wie ist es bei uns, wenn wir erfahren, dass es hier oder da ein „Geheimnis“ gibt?
Möchten wir das Geheimnis lüften, entdecken, enttarnen?

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Kinder leben auf eine ganz besondere Weise mit Geheimnissen. Sie haben oft eine natürliche Neugier, hinter alles zu kommen, was ihnen rätselhaft ist. Das ist natürlich, denn Kinder – so erzählte es mir mal eine Kinderpsychologin – wollen und müssen ihre Welt entdecken, damit sie sie begreifen können, manchmal buchstäblich und handfest und manchmal auch geistig-intellektuell. Nur so kann sich ein Kind entwickeln und seine eigene Persönlichkeit.

Entdeckungen und Erkenntnisse machen also uns Menschen aus.

Und jetzt hier, spricht Paulus von einem Geheimnis.

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Wollen wir dahinter kommen?
Wollen wir weiter wachsen und verstehen, wie das mit Gott und er in unserem Leben ist?

In der Begleitung von Menschen, besonders kranken Menschen, die selber von sich sagen, dass sie einen religiösen Hintergrund haben, stoßen wir im Gespräch manchmal darauf, dass Gott doch so oft nicht begreifbar ist. Wir verstehen nicht, warum unser Leben so ist, wie es verläuft.

Das gilt aber nicht nur in Zeiten der Krise. Es gibt ja auch erfreuliche Hochzeiten in unserem Leben. Da entdecken wir voller Freude und Verwunderung, was uns alles widerfährt, auch an Gutem, an Freude, an Liebe, an Erkenntnis und Erfahrungen, an Glück.

Und egal von welchem Ende wir uns dieser Frage nähern, was Gott mit uns im Schilde führt, wir werden meist nicht dahinterkommen.

Antworten, die wir darauf finden, sind sehr unterschiedlich und individuell … und manchmal auch nicht von langer Dauer, vorübergehend.

Eine Antwort eines Menschen auf frohe und glückliche Zeiten war, dass er sie aufnehme, sich davon beschenken ließe, damit er von ihnen in den Zeiten zehren kann, wo das Leben nicht so leicht mit ihm spielt.

Andere hangeln sich mit anderen Erklärungen und Deutungen durchs Leben.
Manchen erscheint ihr Leben im Licht des Glaubens an einen Gott jedoch als ein nicht entschlüsselbares, verborgenes Geheimnis Gottes.

Egal, wo wir uns – jede und jeder persönlich von uns – gerade in unserem Leben befinden, ob jung oder alt, ob gefestigt im Glauben, oder als Suchende oder gar Zweifelnde: Immer wieder stehen wir vor der Aufgabe, Gott neu zu lernen, ihn und seine vielfältigen Seiten zu ent-decken.

Antworten gebären neue Fragen

Das scheinbar Paradoxe ist aber dann, je mehr wir meinen, ihm auf die Schliche gekommen zu sein, um so mehr Fragen oder Hinterfragungen können aufkommen.

Ein großes Beispiel ist das Lebensbeispiel des großen theologischen Gelehrten Thomas von Aquin. Er hat in seinem Leben meterlange Bände theologischer Traktate verfasst und nannte es selber: Die Summe der Theologie!

Thomas dachte über Gott nach und schrieb, dachte nach und schrieb, schrieb, schrieb …

.. bis er auf einmal zu einer Erkenntnis kam: Die Erkenntnis der Unerkennbarkeit Gottes.

Die Erkenntnis der Unerkennbarkeit Gottes bezeichnet Thomas als die letzte Erkenntnis:

„Das ist das Letzte menschlicher Erkenntnis über Gott, dass man erkennt, dass man Gott nicht kennt“.

Thomas von Aquin

Diese wissende Unwissenheit komme erst „am Ende unserer Erkenntnis“ vor.

Als das bei Thomas von Aquin geschah, war er aber noch nicht am Ende seines Lebens – aber am Ende seines Schreibens angekommen.
Und er hörte auf zu schreiben und widmete sich noch mehr dem Gebet.

So wundert es mich nicht, dass aus seiner Feder auch eines der bekanntesten Anbetungslieder stammt: „Gottheit tief verborgen“.

Da hören wir aus seinem Munde solche Sätze wie: „Gottheit tief verborgen, betend nah ich dir…“ und „Augen, Mund und Hände täuschen sich in dir, doch des Wortes Botschaft offenbart dich mir“

Thomas spricht hier frank und frei, vom bedeutensten Wesen Gottes: der Verborgenheit Gottes.
Sie ist eine Verborgenheit, die dennoch zugleich größte Nähe sein kann.

Das ist für mich immer noch ein unbegreifliches, kaum in Worte zu fassendes Geheimnis unseres Glaubens. Es lässt sich nur durch das Leben tragen, wenn wir die innere Flammes des Glaubens in uns spüren, die die Sehnsucht vorantreibt, dieses verborgene Geheimnis mehr und mehr zu entdecken.

Dazu fand ich einen Text, ein Gedicht, ja ein Gebet, das von einem unbekannten Verfasser stammt und das ich gerne hier weitergeben möchte:

Gott neu lernen

Dich, Gott meines Lebens,
will ich neu lernen,
dich, Geheimnis von allem,
dich tiefster Grund,
dich, Quelle des Lebens.

Gott, öffne dich auf mich hin,
lass mich dich erahnen,
lass mich dich ertasten,
lass mich dich spüren,
du Gott meines Lebens.

Jenseits von Sprache und Denken,
jenseits von Bildern und Worten,
jenseits menschlicher Vorstellungen,
jenseits meiner Wünsche und Ängste
zeige du dich mir.

Gott, öffne mich auf dich hin,
öffne mein Denken und Fühlen,
öffne mein Herz und meine Sinne,
öffne mich ganz dir
und erfülle du mich ganz.

Bild von Anke Sundermeier auf Pixabay

Mach mich wie eine leere Schale
und erfülle mich ganz,
mach mich wie eine offene Hand
und schenke dich mir,
sei mir nahe, Unbegreiflicher.

Dich, Gott meines Lebens,
will ich neu lernen,
dich, Geheimnis von allem,
dich, tiefster Grund,
dich, Gott der Zukunft.

(Verfasser unbekannt)




Wünsch mir Frieden …!

1 Kor 1, 1-3: „Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“

Das hebräische Wort „Frieden“ – Bild von Clker-Free-Vector-Images auf Pixabay

„Guten Tag! – Tach! – Moin! – Hallo!“

Solche Grußformeln kennen wir landläufig.

In süddeutschen Gefilden oder auch in Österreich grüßt man sich oft mit den Worten „Grüß Gott!“

“ … Grüß Gott ist eine Verkürzung aus grüß[e] dich Gott. (…)
Die ursprüngliche Bedeutung des Grußes ist „möge dir Gott freundlich begegnen“ oder „Gott segne dich“. Menschen aus dem nördlicheren deutschen Sprachraum kennen meist nur die Form grüß Gott ohne dich und interpretieren den Gruß fälschlich als Aufforderung, Gott zu grüßen, weshalb sie manchmal mit sarkastischen Kommentaren antworten, z. B. Wenn ich ihn sehe; Hoffentlich nicht so bald …“

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Gr%C3%BC%C3%9F_Gott

Trotz der sarkastischen Reaktionen, erfahre ich zumindest, wenn ich diesen Gruß benutze, eine etwas höhere Aufmerksamkeit.
Und wenn ich mich ehrlich mache, dann sage ich diesen Gruß eher oberflächlicher als er tatsächlich gemeint ist.

Vielleicht sollte ich ihn mir wieder abgewöhnen. Oder etwa nicht?!



Dieser Gruß erinnert doch sehr stark an den Gruß, den wir gerade eben in der Lesung vernommen haben:

„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“ (1 Kor 1, 1-3)

„Salam aleikum“ = „Friede sei mit dir!“ (arabisch) – Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Assalaam%27alaykum.svg

Noch heute grüßt man sich in Israel mit den Worten: „Shalom Aleichem!“.
Im arabischsprachigen Raum heißt der Gruß dann: „Salam aleikum!“

Es ist eigentümlich, dass in manchen Kulturen der Gruß mit einem eindeutigen religiösen Bezug verbunden ist.

Bild von un-perfekt auf Pixabay

Ob religiös oder nicht: die meisten kultivierten Grußformeln beinhalten zumindest einen Wunsch, wie „ Guten Morgen, … Tag, … Abend!“

Wenn Menschen sich begegnen, dann teilen sie Wünsche aus.
Das hat durchaus eine wichtige psychologische Komponente, denn wer dem anderen etwas Gutes wünscht, der will diesem Menschen gut sein; wer mir etwas Gutes wünscht, der wird mir nicht feindlich gegenüber gesinnt sein.

Mit der Begrüßung in Verbindung mit guten Wünschen signalisieren wir also dem anderen: Ich will dir nichts Böses!

Das ist ein erster Schritt, um gegenseitiges Vertrauen zu schaffen, was eine fruchtbare Begegnung vorausgeht.

In der Liturgie kennen wir auch einen eigenartigen Gruß: „Der Herr sei mit euch!“ oder „Der Friede sei mit euch!“ – und die Antwort kommt dann meist wie aus der Pistole geschossen: „Und mit deinem Geiste!“.
Im Alltag würden wir es aber wohl kaum wagen, uns so auf der Straße zu grüßen.

Warum aber nicht?

Leben wir nicht in Zeiten, wo der Wunsch nach Frieden wieder besonders wertvoll ist?
Leben wir als religiöse Menschen, als Christ:innen nicht auch – wenigstens noch etwas – in dem Bewusstsein, dass wir Gott brauchen, um gut durchs Leben zu kommen oder um zumindest einen inneren Frieden mit den Umständen des Lebens zu finden, wenn wir schon viel zu selten Frieden zwischen den Menschen erleben können?

„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“

  • dieser Gruß des heiligen Paulus jedenfalls tut auch mir gut, wenn ich ihn heute und immer wieder gesagt bekomme.

Er spricht aus, in welcher Gesinnung der lebt, der mich so grüßt und er möchte mich einbeziehen in das, was ihm selber so wertvoll ist: der Glaube, dass Gott seine Gnade allen zuteil werden möchte und der Friede letztlich von Gott allein ausgeht und wir diesen „Frieden von Gott“ so sehr nötig haben.

Was würde passieren, wenn wir uns demnächst mit diesen oder ähnlichen Worten begrüßen würden:

„Der Friede Gottes sei mit dir!“ oder „Friede sei mit dir!“

Am Anfang wäre es sicherlich ungewohnt, vielleicht sogar recht komisch.
Aber mit der Zeit würde sich sicherlich etwas verändern: in uns und auch bei jenen, die wir mit diesem Gruß grüßen.

Ich jedenfalls fände es spannend, es mal auszuprobieren!




Sei nicht geknickt…!

Impuls zum Fest ‚Taufe des Herrn‘ am 7./8. Januar 2023

Quelle: pixabay.com

Seit Jahren begleitet mich dieses heutige Wort des Propheten Jesaja in meinem Dienst: „Das geknickte Rohr zerbricht er nicht und den glimmenden Docht löscht er nicht aus. Ja, er bringt wirklich das Recht.“ (Jes. 42,3)

Diese Worte hat später Jesus auf sich bezogen. So lesen wir im Matthäus-Evangelium im 12. Kapitel 15-17.20:
„15 Als Jesus das erfuhr, ging er von dort weg. Viele folgten ihm nach und er heilte sie alle. 16 Er gebot ihnen, dass sie ihn nicht bekannt machen sollten, 17 damit erfüllt werde, was durch den Propheten Jesaja gesagt worden ist: (…)
20 Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen / und den glimmenden Docht nicht auslöschen, / bis er dem Recht zum Sieg verholfen hat. …“

Ich liebe beide Texte sehr.
Sie wurden für mich zu Schlüsseltexten, wenn ich über die Barmherzigkeit Gottes nachsinne.



Und so mögen Sie es mir verzeihen, wenn ich dieses Thema wiederholt anspreche und Sie diesen Gedanken von mir schon kennen.
Ich möchte aber nicht müde werden, diese Worte für unser Leben fruchtbar werden zu lassen.
Mein Schlüsselerlebnis mit diesem Wort war ein Gottesdienst als Gefängnisseelsorger, wo diese Lesung in einem Gottesdienst gelesen wurde.
Inhaftierte lasen diese Lesung vor und währenddessen schaute ich in die Menge der anderen inhaftierten Frauen und Männer.
Über sie alle war Gericht gehalten worden und sie ‚wurden gerichtet‘. Und das Urteil, das über sie gesprochen wurde, hinterließ bei manchen negative Folgen: als geknickte oder sogar gebrochene Menschen fristeten sie ihr Leben. Diese Realitäten müssen wir immer mit berücksichtigen, wenn wir auf der Suche nach ‚gerechter‘ Bestrafung sind! Die alttestamentliche Ansicht: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ gilt seit Christus nicht mehr.

Denn ER sagt: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ (Mt 5,44-45)

Was für eine Botschaft!

Jesus ist als Mensch in unsere Welt gekommen, um genau das Gegenteil zu bewirken: anstatt zu knicken – aufzurichten, anstatt auszulöschen – zu entfachen.

Bild von MURAT KARAKAYA auf Pixabay

Das geknickte Rohr, das aufgerichtet wird, kann weiter wachsen und leben. Die glimmende Flut, die nicht gelöscht sondern entfacht wird, kann weiter Wärme und Licht verbreiten.
Dazu ist Jesus in die Welt gekommen.

Wo wir Brüche in unserem Leben haben, möchte er aufrichten und festigen, damit wir an den Brüchen nicht zugrunde gehen, sondern das Leben in uns spüren und erleben können.

Wo die Lebensglut in uns zu erkalten droht und nur noch zaghaft glimmt, will er mit dem Brausen der Heiligen Geistkraft unsere Lebensflamme wieder zum lodern bringen.

Und auch, wenn wir uns die Frage stellen, wie wir als Geschwister Jesu Christi in seine Fußstapfen treten können, wie wir IHM nachfolgen können, dürfen wir uns an diesen Worten ein Beispiel nehmen:
• Wo wir geknickten Existenzen in unserem Leben begegnen, dürfen wir uns fragen, wie wir diese Menschen in ihrer Situation aufrichten können. Wie können wir sie stärken, damit ihr Leben Sinn behalten kann; damit ihr Leben gelingen kann; damit sie gestärkt werden zu einem Leben mit Zukunft?
• Wo wir Menschen begegnen, die zu erkalten drohen, in ihren Gefühlen aber auch in ihrem Handeln; die hartherzig sind. Wie machen wir uns auf die Suche, mit ihnen und in ihnen die glimmende Glut der Liebe, der Sehnsucht nach Frieden und Hoffnung zu entdecken? Wo können wir, diese Glut, die wir finden, vielleicht gemeinsam und mit dem Wehen des Heiligen Geistes neu entfachen, damit in ihnen Herzlichkeit, Liebe, Respekt und Achtung neu entzündet werden kann?

Denn am Ende steht nicht ein Gericht, das zerbricht und auslöscht, sondern DER, der uns aufrichtet, heilt und die Glut des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe in uns lebendig hält.




Deine Zukunft – meine Zukunft?!

Warum die „Letzte Generation“ etwas mit unseren eigenen Zukunftsängsten zu tun hat …

Impuls zum Gottesdienst zum Jahreswechsel 2022

Auf dem Wohnzimmertisch eines Freundes liegt die DVD des Films „The day after“.

Wir kommen darüber ins Gespräch und dass ich selber diesen Film im Kino gesehen habe.



Es war in einer Zeit, wo ich eine zukunftsweisende Entscheidung für mich getroffen hatte und auch dabei war, sie umzusetzen. Ich hatte entschieden Theologie zu studieren fürs Priesteramt. Doch dafür musste ich das Abitur nachholen.

Nun drückte ich allabendlich die Schulbank am Abendgymnasium Gelsenkirchen fürs Abitur.
Mitten in dieser Zeit also der Film, der von der nuklearen Kriegskatastrophe handelte, die von der einen Minute auf die andere unsere ganze zivilisierte Welt auslöschte.

Mich befiehl große Furcht, auch bei diesem Film. Dabei haben wir uns schon als junge Menschen in den 1970er-Jahren mit der atomaren Bedrohung konfroniert gesehen und ich trug Sticker mit der Aufschrift: „Schwerter zu Pflugscharen“ (vgl. Micha 4,3) und „Frieden schaffen ohne Waffen!“.

Von Concord – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8106687

Ich hatte die existentielle Sorge, wenn unsere Generation es nicht schafft, den ‚kalten Krieg‘ zu beenden, dann steuerten wir unweigerlich auf die Vernichtung der Menschheit zu!

Und diese Furcht war keine Übertreibung, sondern berechtigt, wie wir heute auch wissen. Allein die Kuba-Krise in den 1960er Jahren führte uns an den atomaren Abgrund.

In einem Gespräch am ersten Weihnachtstag dann von mir die Frage in die Runde von Freunden und Familie: „Worüber könnte ich mal zu Silvester predigen?“ – Spontane Antwort: „Zur Zukunft, zur Klimafrage und zur „Letzten Generation“…!

‚Oh shit‘, dachte ich, da kann ich mir ja nur eine blutige Nase holen.

Aber nun habe ich die Frage gestellt, nun kann ich ihr nicht ausweichen. Offenbar sind das Themen, die den Menschen unter den Nägeln brennen. Ich würde lügen, wenn ich es für mich verneinen würde. Auch mich lassen diese Themen nicht unberührt.

Natürlich musste ich mich noch informieren, denn ich bin mir sehr bewusst, dass dieses Thema nur zu leicht einseitig für politische oder parteipolitische Zwecke missbraucht werden kann, sowohl auf der einen, wie auf der anderen Seite.

Lassen wir diese Initiative selber zu Wort kommen: „Die Regierung ignoriert alle Warnungen. Immer noch befeuert sie die Klimakrise und hat uns damit an den Rand eines Abgrunds gebracht.

Wir sind nicht länger bereit, dieses Verbrechen an der Menschheit widerstandlos hinzunehmen. Wir werden nicht abwarten während ein Staat nach dem anderen kollabiert. Am Ende sind wir alle in Gefahr. Wir sind der Überlebenswille dieser Gesellschaft.

(…)

Wir sind die Letzte Generation, die den Kollaps unserer Gesellschaft noch aufhalten kann. Dieser Realität ins Auge blickend, nehmen wir hohe Gebühren, Straftatvorwürfe und Freiheitsentzug unerschrocken hin.…“

Quelle: Wer wir sind – Letzte Generation 🧡 A22 Network

Sitzblockade am 24.11.2022 in Berlin, Quelle: https://letztegeneration.de/presse/pressebilder/

Diese Initiative bezeichnet sich also nicht als die letzte Generation schlechthin, sondern als die „letzte Generation, die den Kollaps unserer Gesellschaft (.) aufhalten kann.“ – Sie meint damit einen Kollaps, der durch die Klimakrise verursacht wird und nicht nur einen wirtschaftlichen, sondern auch einen sozialen Kollaps meint, der die Existenz der ganzen Menschheit bedroht.

Da sind sie wieder, die begründeten Ängste, die ich auch in den 1970er und 1980er Jahren unter der atomaren Bedrohung erlebt habe.
Auch damals haben wir über zivilen Ungehorsam diskutiert.
Auch damals waren wir uns im Klaren darüber, dass ziviler Ungehorsam auch die Missachtung staatlichen Rechtes beinhalten kann.
Auch damals waren wir uns im Klaren darüber, dass Proteste und ziviler Ungehorsam auf eine etablierte Gesellschaft traf, eine Gesellschaft die damals noch mehrheitlich geprägt war durch Ex- und Altnazis, die auch nach dem Krieg immer noch an wichtigen Schaltstellen unserer Gesellschaft saßen. Für diese war Ruhe und Gehorsam gegenüber dem Staat ‚oberste Bürgerpflicht‘ und unser Protest für ihre Gesinnung eine Bedrohung.

Heute bin ich fast 60 Jahre, und so Gott will, kann ich vielleicht noch gut 25 – 30 Jahre haben.
Für die Kinder meiner Freunde wird es heißen, dass diese dann selber Ende 20 sind, also ungefähr in dem Alter sind, in dem ich für meine Zukunft wichtige Entscheidungen treffen wollte und getroffen habe. Damals, Anfang der 1980er Jahre waren meine Überlegungen auf langfristige zukunftsweisende Entscheidungen angelegt. So wie für die jungen Leute heute, die sich in der „letzten Generation“ engagieren.

Ich kann ihre Sorgen und Ängste nachvollziehen, wenn ich den Mut habe, mich meiner eigenen Erfahrungen in der Jugendzeit zu erinnern. Ich kann nachvollziehen, dass wir damals wie sie heute bereit waren, auch gegen Konventionen, gegen Gesetze und gegen gesellschaftliche Tabus zu handeln, nur um auf die Dringlichkeit unseres und heute ihres Anliegens hinzuweisen.

Denn es geht bei diesen Themen weder um Wellness- oder Luxus-Themen, sondern um Fragen von Leben und Tod!

Vor wenigen Tagen lasen wir auch über die Berichterstattung, dass die „Letzte Generation“ den TV-Gottesdienst der ARD vom Heiligen Abend stören wollte.

Natürlich war auch mein erster Gedanke: „Oh, das ist nicht gut, eine sakrale Handlung zu stören!“ Und prompt waren auch Politiker:innen dabei, diese Aktion in Bausch und Bogen zu verurteilen.

Und wie sah die Begründung der „letzten Generation“ aus?

Sie schrieb auf twitter:

Die evangelische Auferstehungskirche in Stuttgart-Möhringen hatte alle dazu eingeladen, „sich zur Krippe zu stellen und Hoffnung zu tanken: Hoffnung auf einen Neubeginn.”

Dieser Einladung wollten zwei Unterstützer*innen der Letzten Generation folgen.
Sie wollten sich im Verlauf des Gottesdienstes mit Warnweste bekleidet friedlich an die Krippe stellen als Zeichen dafür, dass die Geburt dieses Kindes, von dem man sagt, dass es die Welt verändern wird, auch uns Hoffnung macht.
Es liegt uns fern, einen Gottesdienst stören zu wollen. Wir haben in diesen schwierigen Zeiten Hoffnung bitter nötig und die Kirchen schenken sie uns. Dafür danken wir ihnen von ganzem Herzen.

Lasst uns den Mut und die Kraft, die wir aus dieser Hoffnung schöpfen, gemeinsam für das nutzen, was jetzt unseren vollen Einsatz braucht – die Bewahrung der Schöpfung.

Wir alle, die letzte Generation vor den Kipppunkten, dürfen uns nicht damit abfinden, nur auf einen Neubeginn zu hoffen oder Nächstenliebe zu predigen. Wir müssen unser Handeln danach ausrichten – aus Liebe zum Leben.

Das Kind in der Krippe wird als Erwachsener andauernd zur Umkehr rufen. Es passt, das an seinem Geburtstag auch zu tun.

Als Letzte Generation sagen wir, was die Kirchen schon lange sagen: Kehrt um und glaubt, dass ein anderes Leben möglich ist.

Ein Leben miteinander, nicht auf Kosten der Ärmsten.
Ein Leben mit diesem Planeten, nicht gegen ihn. Jetzt ist die Zeit dafür!

https://twitter.com/AufstandLastGen/status/1607032230999646208

Ich frage Sie und uns heute Abend, an dem wir die Zukunft des neuen Jahres in den Blick nehmen; ich frage Sie und uns an diesem Abend, wo es auch bei uns um die Frage geht, wie wir unser Leben in 2023 neu und konkret umgestalten können, damit es ein besseres, glücklicheres und zukunftsfähigeres neues Jahr wird:

Könnten diese Zeilen der „Letzten Generation“ nicht auch Worte einer Predigt zu Silvester 2022 sein?!

Mögen wir selber mit uns in die Zwiesprache gehen und uns fragen, warum manche von uns so überreizt auf das Anliegen der „Letzten Generation“ reagieren?

Könnte es nicht auch deshalb sein, da wir unsere bequemes und ressourcenausbeutendes luxeriöses Leben nicht aufgeben wollen? Könnte es sein, dass wir weiterhin lieber dicke Autos fahren oder klimaschädliche Flugreisen machen wollen, ohne wirkliche und wirksame Konsequenzen zu ziehen?

Könnte es sein, dass uns die Zukunft der „Letzten Generation“ und den Generationen danach nicht wirklich interessieren, weil wir sie sowieso nicht mehr erleben werden, gemäß dem Motto: „Nach mir die Sintflut?!

Könnte es das nicht sein, warum eine relativ harmlose geplante Störung eines Gottesdienstes so in Bausch und Bogen diskreditiert wird?!

Ja, es könnte sein! Und deshalb sollten wir selbstkritischer mit uns und unseren Reaktionen darauf umgehen!