Allen alles werden …?

Impuls zum 5. Sonntag – B – 2024

[ Dieser Impuls entstand auch unter dem Eindruck der Ereignisse innerhalb der Pfarrei St. Clemens, Oberhausen-Sterkrade in der Zeit vom 27.01. bis 04.02.2024. Dokumentiert auch unter: Bischof beugt sich Druck: Winkelmann-Versetzung gescheitert – waz.de ]

„Wer nach allen Seiten hin offen ist, kann nicht ganz dicht sein….!“



diese, in der Tat witzige, Redensart thematisiert ein Dilemma, mit denen sich all jene tagein tagaus konfrontiert sehen, die wertschätzend und respektvoll ihr Leben gestalten wollen.

Offenheit für jene,

• die die Streiks bei der Bahn und in ÖPNV unterstützen und Offenheit für jene, die wütend darüber sind, dass sie nur schwer auf dem Weg zur Arbeit kommen
• Offenheit für jene, die die Waffenlieferung in die Ukraine unterstützen, damit diese sich gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zur Wehr setzen kann und Offenheit für jene, die einen Waffenstillstand fordern, weil sie darin die Möglichkeit für Verhandlung sehen
• Offenheit für jene, die das Heizungsgesetz der Regierung zum Schutz des Klimas unterstützen und zugleich Offenheit für jene, die darin eine zu große finanzielle und wirtschaftliche Belastung sehen
• Offenheit für jene, die für den Schutz des ungeborenen Lebens eintreten und zugleich Offenheit für jene, die das Recht auf Selbstbestimmung der Frauen einfordern
• Offenheit für jene, die das Grundrecht auf Asyl als unverzichtbare Folge der dt. Nazivergangenheit ansehen und Offenheit für jene, die sich vor einer ‚Überfremdung‘ in der Gesellschaft fürchten.

Ich könnte diese Liste weiter fortführen.
Wie soll das gehen, dass eine Person echte und authentische Offenheit für so gegensätzliche Standpunkte und Anschauungen an den Tag legen kann?!

Und es gibt sicherlich weitere Gegensätze, wo wir uns schnell einig sind, dass eine Offenheit für beide Gegensätze unmöglich und unzumutbar ist.

Doch dann diese Worte aus dem Mund des heiligen Paulus:

„Obwohl ich also von niemandem abhängig bin, habe ich mich für alle zum Sklaven gemacht, …
Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden….
Allen bin ich alles geworden,, …“

Würden wir nun auch dem Paulus bescheinigen:
„Du kannst nicht ganz dicht sein?!“

Würden wir diese Aussage Pauli ablehnen, weil wir ihm sagen müssten: Du kannst ja dann nicht mehr glaubwürdig sein, wenn du dich auf die Seite aller stellst?

Aber geht es Paulus überhaupt darum, unüberwindbare Widersprüche in sich zu vereinbaren, auch nur scheinbar, was gänzlich seine Glaubwürdigkeit in Frage stellen würde?!

Ich denke, das ist nicht damit gemeint.

Denn seine Aufzählung ergänzt Paulus mit einem wichtigen Zusatz:
• den Sklaven bin ich Sklave geworden, um möglichst viele zu gewinnen.
• den Schwachen bin ich Schwacher geworden, um die Schwachen zu gewinnen.
• allen bin ich alles gewonnen, um auf jeden Fall einige zu retten.

Das ist das Vorzeichen seiner Rede:
Paulus will alle für das Evangelium ansprechen und möglichst viele erreichen, damit sich auf jeden Fall einige für die Botschaft Jesu Christi öffnen können.

So könnte das eingangs formulierte Zitat nach Paulus dann auch heißen:

„Ich möchte mich für alle und für alles offen zeigen, damit ich viele für die Frohe Botschaft erreichen kann!“

Paulus geht es also nicht darum, keinen eigenen Standpunkt einzunehmen. Das zeigt sich schon an vielen anderen Stellen seiner Briefe.

Es geht ihm vielmehr darum, dass sein eigener Standpunkt ihn nicht daran hindert, sich auf echte Begegnung mit anderen, auch mit anders Denkenden und anders Fühlenden einlassen zu können, damit er auch ihnen die Botschaft der Freiheit, der Liebe und der Gerechtigkeit nahe bringen kann.

Am Donnerstag hat sich – nach den konfliktreichen Ereignissen der vergangenen Woche – das Pastoralteam unserer Pfarrei getroffen. Johannes Schoenen und ich waren dazu ausdrücklich eingeladen worden, damit wir unsere Sichtweise und unsere Erfahrung konstruktiv mit einbringen.

Wir haben einen geschützten und vertraulichen Raum gefunden. Und diesen Raum will ich nicht verletzten.
Ich tue dieses aber sicherlich nicht, wenn ich bekenne, dass wir gerungen haben, wie wir mit dem Schlamassell ( vom Jiddischen ‚schlimmasl‘ = Unglück ) hier nun umgehen können?

Zwei Dinge sind mir dabei in Erinnerung geblieben:

  1. Die Übereinstimmung, dass es um die ganze Pfarrei geht, nicht nur um eine Person, um eine bestimmte Überzeugung in diesen Konflikt, sondern letztendlich um das, was der gesamten Pfarrei zugute kommen kann. Paulus bezeichnet dies an anderer Stelle als Forderung, nämlich die Forderung nur all das zu tun, was „der Erbauung der Gemeinde dient.“ (vgl. 1 Kor 14,26)
  2. Wir wollen und müssen in diesem Konflikt als empathische Seelsorger:innen handeln, die Offenheit für die unterschiedlichen, teils widerstreitenden Ansichten in diesem Konflikt an den Tag legen.

Ich bin mir sicher, dass dies nicht in der Absicht geschah, alle aus dem Pastoralteam müssen in allem ein- und derselben Meinung sein.
Das wäre auch letztendlich nicht realistisch.

Aber alle haben an einem Strang gezogen in dem Willen, einen Beitrag zu leisten, damit wir im Dienst der Verkündigung zugänglich bleiben wollen für alle in der Pfarrei, egal welche unterschiedliche Positionen eingenommen werden.

Und dass das geht, habe ich selber im Pastoralteam erfahren können.

Sie kenne mich, dass ich – gerade wo mein Herzblut dran hängt – eine deutliche Sprache sprechen kann und dass ich mich dafür sehr engagieren kann. (Meine eindrückliche Stimme kommt mir da entgegen, wiewohl das auch manchmal bedrohlich für manche wirken kann.
Dessen bin ich mir bewusst)

Und so habe ich meinen Standpunkt vertreten, auch mit der Sorge, das andere mich vielleicht nicht mehr mal „mit dem Hintern werden ansehen“ wollen.

Aber das ist gerade nicht passiert; es kam ganz anders.
Mein Standpunkt wurde nicht abgetan, sondern ich habe gespürt, dass dieser Standpunkt, so massiv er vielleicht auch vorgetragen wurde, gehört wurde.
Ja, er wurde nicht nur gehört!
Sondern: er wurde nicht ignoriert und floss als Gedanke mit in unsere Beratungen mit ein.
Das war für mich eine ganz wichtige Erfahrung. Und dafür bin ich allen meinen Kolleg:innen dankbar.

Das Ergebnis ist unter anderen die gemeinsame Erklärung, die wir gleich am Ende hören werden und die auf verschiedenen Kanälen bereits seit Donnerstag Abend publiziert wird.

Ich weiß: Ich werde nicht immer einer Meinung sein, weder mit allen hier in der Kapelle noch im Pastoralteam.
Aber das muss es doch auch nicht!

Ich finde sogar: dass darf nicht sein, wenn wir Menschen bleiben wollen in ihrer Vielfalt. Denn: Vielfalt ist besser als Einfalt!

Das Besondere meiner Erfahrungen von vergangenen Donnerstag ist: wir haben einen gemeinsamen Nenner gefunden.
Alles was wir tun wollen, soll der Erbauung der Gemeinde dienen, damit die Frohe Botschaft eine Chance hat.

Aufgrund dieser Erfahrungen bin ich – was die Aussage des heiligen Paulus „allen alles zu werden“ ganz gelassen.
Wir haben ein vielfältiges Team. Nicht jede einzelne Person aus dem Pastoralteam muss „Allen alles werden“.
Es reicht völlig, wenn wir die vorhandene Vielfalt im Team und auch in der gesamten Pfarrei nutzen, damit sich die befreiende Botschaft auch in Zukunft an alle richten kann und sie die Vielen erreicht.

So können wir sprach- und handlungsfähig bleiben, allen gegenüber, in der Fülle der Verschiedenheit und Unterschiedlichkeit.

Wenn uns das gelingt, dann ist mir nicht bang, dass wir die konfliktreichen vergangenen Tage gut – d.h. segensreich – überwinden können.

Eines wird dabei aber weiterhin unverzichtbar bleiben.
Dass wir „einander mit Respekt und gegenseitiger Wertschätzung (.) begegnen.“ (s. Publikandum vom 01.02.2024)




Den Messias suchen …

Wie die Weisen aus dem Morgenland

Bild von Ambroz auf Pixabay

Rabbi David – so berichtet eine Anekdote – war als Kind gerne beim Versteckspiel dabei.

Einmal spielte er mit einem anderen Kind Verstecken. Rabbi David versteckte sich gut und wartete lange, weil er dachte, sein Freund würde nach ihm suchen.
Doch sein Freund suchte ihn nicht.
Als Rabbi David aus seinem Versteck kam, konnte er seinen Freund nicht finden und merkte, dass sein Freund ihn nie gesucht hatte.
Traurig lief er zu seinem Großvater und erzählte ihm, dass sein Freund ihn nicht gesucht hatte.
Der Großvater war auch traurig und sagte: „So ist es auch manchmal mit Gott. Er versteckt sich, damit wir ihn finden, aber wir suchen ihn nicht.“

Der Rabbi glaubt, dass Gott sich verborgen hat wie ein versteckendes Kind. Er denkt, dass dies der Grund für das Leid auf der Welt ist.
Wenn Gott unsichtbar bleibt, macht das den Menschen Angst und ist oft der Anfang von Leid. Aber Gott hat sich absichtlich versteckt, damit die Menschen ihn suchen und finden können.

Hier kann ich nun an das heutige Fest anknüpfen:
Der verborgene Gott braucht Menschen, die in suchen.
Denn im Suchen geht der Mensch einer Sehnsucht nach:

• Wir suchen nach Entscheidungen für unser Leben, die unser Leben sinnvoll erscheinen lassen.
• Wir suchen nach neuen Möglichkeiten, Frieden in unserem Leben zu verwirklichen, weil wir die Sehnsucht in uns spüren, dass Friede und Gerechtigkeit unser Leben sinn- und wertvoll werden lassen.
• Wir suchen nach Gott, weil in uns eine Sehnsucht ist, dass es da jemanden gibt, dem wir unser ganzes Dasein anvertrauen dürfen; dass wir nicht „allein“ gelassen sind; dass es ein Fundament gibt, auf dem unsere Sehnsucht und unser Streben nach Glück, Liebe, Frieden gründet, Halt gibt und auch die Kraft, trotz aller Widerstände und Rückschläge es immer wieder neu zu wagen.

Die Weisen aus dem Morgenland suchen einen neuen König, den vorhergesagten Messias, wie Herodes und seine Berater glauben.
Und der Glaube an den Messias ist immer auch verknüpft mit dem Glauben an Heil und Segen.
Das Programm des Messias ist Heil und Rettung.

Gott möchte gesucht – und gefunden – werden, so erzählt uns diese kleine Anekdote.

Und die Weisen aus dem Morgenland legen Zeugnis darüber ab, dass Gott selber Zeichen und Hinweise gibt, die helfen, dass die Suche erfolgreich sein kann.

Das heutige Fest ist für mich ein Fest, was innerlich eng verwoben ist mit meiner Sehnsucht, Gott in meinem Leben zu suchen und zu finden.
Das heutige Fest sagt mir: achte auf die Zeichen in deinem Leben, die einen Hinweis auf Gott sein sollen.
Das heutige Fest sagt mir ferner: es werden kleine und unscheinbare Zeichen sein; es werden Zeichen sein, die wir zu deuten verstehen müssen.

Das ist die Einladung an uns als Glaubensgemeinschaft: diese Zeichen zu ent-decken und sie für uns gegenseitig zu deuten.
Und manchmal – wenn wir sie nicht erkenne – kommt vielleicht von Ihnen oder anderen ein Hinweis, der mich darauf stößt, Gottes Spuren in meinem Leben zu entdecken, wo ich sie zu leicht übersehe.




800 Jahre Weihnachts-Krippe

Franziskus hat es ‚erfunden‘

(M)eine Weihnachtsansprache 2023

Franz von Assisi hatte 1223 eine tolle Idee: Er wollte den Menschen in den Bergen Umbriens die Weihnachtsgeschichte näherbringen.
Er war fasziniert davon, wie Gott als Mensch in Armut und Bescheidenheit geboren wurde. Das war für ihn wichtiger als der Glaube an Gottes Allmacht – für ihn stand der Glaube an Gottes Nähe zu uns Menschen im Mittelpunkt.
Er wollte den Bauern zeigen, dass der Sohn Gottes in großer Armut zur Welt kam. Er wollte, dass die Leute das richtig spüren konnten.

So dachte er lange darüber nach.
Dann, während eines Spaziergangs in den Bergen, fand er eine Höhle in Greccio.
Das war perfekt!
Dort könnten sie den Stall von Bethlehem nachmachen und alle aus der Gegend einladen, um zusammen die Ankunft des Gottessohnes zu feiern. Er erzählte einem Mann aus dem Dorf von seinem Plan, der total begeistert war.

Der Bauer und seine Familie halfen bei den Vorbereitungen.
Sie brachten Holz und Stroh herbei und richteten die Höhle für die Weihnachtsfeier her.
Die Leute übten für ihre Rollen.
Franz von Assisi legte eine Jesuskind-Figur aus Wachs in eine echte Futterkrippe.
Jeder wollte seine Tiere für das Fest mitbringen, aber nur die lauten durften mitmachen – sie sollten zu den Pauken und Trompeten passen.

Dann kam die Weihnachtsnacht.
Männer und Frauen gingen mit Fackeln und Kerzen den Berg hinauf.
Franz von Assisi kam mit seinen Freunden und auch die örtlichen Priester waren dabei.
Überall hörte man Jubelgesänge, die durch die Felsen hallten.
Auch Ochs und Esel machten kräftig mit.
Dann wurde es still.
Die Priester fingen an zu beten und Franz von Assisi las aus der Bibel vor. Es war ein unvergessliches Weihnachtsfest.
Sie beschlossen, den Altar in der Höhle zu lassen, und seitdem feiern sie dort jedes Jahr gemeinsam Weihnachten.

Es wird erzählt, dass das Heu und Stroh aus der Krippe vielen kranken Tieren geholfen hat, die davon fraßen.


Damals, vor genau 800 Jahren, gab es beim heiligen Franziskus noch keine Krippe mit Maria und Josef.

Die versammelte Gemeinde verkörperte zugleich Maria und Josef.

Diese Situation erinnert mich an zwei Verse von Angelus Silesius:
„Wird Christus tausendmal in Bethlehem geboren
und nicht in dir, du bleibst noch ewiglich verloren.

Ach könnte nur dein Herz zu einer Krippe werden,
Gott würde noch einmal ein Kind auf dieser Erden.“

Weihnachten kann – im Sinne dieser Verse – für uns zur Einladung zu einer geistlichen Mutterschaft und Vaterschaft Jesu werden.

Geistliche Elternschaft ist aber keine Anmaßung und keine Ehre; geistliche Elternschaft ist Aufgabe und Verpflichtung.

Geistliche Elternschaft, die von Weihnachten ausgeht, bedeutet – nicht nur im Sinne von Franz von Assisi oder Angelus Silesius:
Gott kann in dieser Zeit und in dieser Welt wieder Mensch werden – durch uns!

Geistliche Elternschaft Jesu bedeutet dann, dass die Botschaft der Heiligen Nacht durch die Menschwerdung Gottes in dem Kind von Betlehem heute wieder geboren und Wirklichkeit werden kann.

Wir Menschen; wir, die wir von der Botschaft Christi berührt sind und versuchen, aus seinem Geist zu leben, würden so erneut Christus geistlich zur Welt kommen lassen.

Und Christus und seine Botschaft könnte durch uns mitten in unserer Welt wachsen und wirken.

Geistliche Elternschaft bedeutet: wir sorgen uns um das, was durch seine Menschwerdung in unsere Welt getreten ist: die befreiende Botschaft der Liebe und Zuwendung, die denen besonders gilt, die schwach sind und auf Hilfe angewiesen sind.

Geistliche Elternschaft Christi bedeutet: IHM, Christus, und seinem Leben einen Schutzraum zu geben, in der ER, seine Liebe und seine Botschaft weiterleben kann, inmitten einer Welt, die SEINE erlösende und befreiende Botschaft so nötig hat.

Ich finde die erste Krippe des heiligen Franz von Assisi genial, macht sie doch deutlich, dass wir als Zeuginnen und Zeugen seiner Menschwerdung nicht nur Zuschauer:innen sein können, sondern selber mit hineingenommen werden in das Geschehen seiner Geburt.


Alle Bilder: gefunden bei www.pixabay.com




Die Schatten werden kürzer …

… das Licht breitet sich aus

Ein guter Freund erinnert mich jährlich daran, wenn die ‚Tage wieder länger‘ werden.
So hat er es auch heute wieder getan.

Das ist für mich und meine Psychohygiene sehr wichtig.
Gerade vor Weihnachten, wo die Menschen hektischer und bisweilen aus dünnhäutiger werden, ist es für mich wichtig, positive Energiequellen anzuzapfen.
Und dazu gehört auch der Hinweis darauf, dass das Licht sich langsam und allmählich wieder Raum verschafft.

Deshalb feiern wir auch übrigens Weihnachten mitten im Winter.
Wir feiern Weihnachten nicht deshalb, weil der 25. Dezember das historische Datum der Geburt Jesu Christi ist. Dieser Termin ist rein symbolisch. Denn das ‚echte‘ Geburtsdatum kennen wir gar nicht.

Das symbolische Geburtsfest Jesu Christi ist bewusst angesiedelt worden in der zeitlichen Nähe der Wintersonnenwende.

„Jesus Christus, du Sonne unseres Heils, vertreib in uns die dunkle Nacht...“, so heißt es in einem christlichen Hymnus.

Deshalb freue ich mich auf den 25. Dezember 2023, trotz aller Hektik, Angespanntheit und Dünnhäutigkeit vieler in diesen Tagen.




Segnung möglich

Vatikan ‚erlaubt‘ nun offiziell die Segnung von homosexuellen und unverheirateten Paaren möglich.

Zuerst dachte ich an einen extrem verspäteten Aprilscherz als ich heute die Meldung las:

„Priester dürfen künftig auch homosexuelle und unverheiratete Paare segnen.“
(Quelle: Katholische Kirche erlaubt Segnung für homosexuelle Paare – katholisch.de)

Aber es scheint wirklich keine Ente zu sein.

Nach jahrelangem Ringen in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland und auch in anderen Ländern kommt jetzt plötzlich ein – nicht wirklich überzeugendes – Einlenken des Vatikans, nachdem es noch vor einigen Jahren ein explizites Verbot dieser Segnungen gegeben hat. Dies wiederum hatte zu enormem innerkirchlichen Protest in Deutschland geführt, aus der auch eine Segnungsinitiative entstanden ist.

Ich sag mal so: ich will jetzt nicht sagen: „Es geschehen noch Zeichen und Wunder!“ – Aber man darf schon an dieser Entscheidung eine Wirkung des Heiligen Geistes im Vatikan erkennen, meine ich!

Und ich kann auch nicht verhehlen, dass es mir eine innere Freude und Genugtuung ist, dass jene, die noch vor wenigen Jahren das Hissen von Regenbogenflaggen an unseren Kirchen bekämpft haben, nun nicht mehr ihre diskriminierende Haltung mit Aussagen aus Rom ‚begründen‘ können.

Menschen, die aus verschiedenen Gründen auf eine kirchliche Trauung verzichten, Menschen, die nach dem Sakramentenrecht der katholischen Kirche nicht erneut kirchlich heiraten dürfen und Menschen des gleichen Geschlechts, denen die sakramentale Ehe verwehrt wird, haben nun endlich die Möglichkeit, in einem kirchlichen Rahmen zu bekunden, dass sie glauben, dass Gott ihre Liebe segnet und dass ihre Partnerschaft heilswirksam sein kann.

Wenn das Dokument allerdings betont, dass eine Segnung nicht im Rahmen eines „liturgischen Ritus“ stattfinden dürfe, dann scheint dass für mich eine in sich schwierige Aussage zu sein. Formal will damit der Vatikan zum Ausdruck bringen, dass er nicht gewillt ist, ein eigenes liturgisches Ritual für solche Segnungen zu entwickeln.
Aber er wird dadurch noch mehr Verwirrung schaffen, denn die Menschen verbinden mit einer Segnung einen Gottesdienst, in welcher Form auch immer. Und ein Gottesdienst ist immer auch Liturgie.
Ob diese Liturgie nun Teil der offiziellen Liturgie der Kirche ist, das kann der gläubige ‚Normalo‘ kaum unterscheiden, weil das theologische Feinheiten sind, die sich dem allgemeinen Verständnis von Gottesdienst, Segnung und Liturgie entzieht.

Interessant ist auch dieser Teil der Verlautbarung:

In diesem Zusammenhang kommen mir die folgenden – teilweise schon zitierten – Worte des Heiligen Vaters in den Sinn: „Entscheidungen, die unter bestimmten Umständen Teil der pastoralen Klugheit sein können, müssen nicht notwendig zur Norm werden. Das heißt, es ist nicht angebracht, dass eine Diözese, eine Bischofskonferenz oder irgendeine andere kirchliche Struktur auf Dauer und offiziell Verfahren oder Riten für alle möglichen Angelegenheiten genehmigt […]. Das Kirchenrecht soll und kann nicht alles abdecken, und auch die Bischofskonferenzen mit ihren verschiedenen Dokumenten und Protokollen können dies nicht tun, da das Leben der Kirche durch viele Kanäle neben den normativen fließt“[24]. So erinnerte Papst Franziskus daran, dass alles, „was Teil einer praktischen Unterscheidung angesichts einer Sondersituation ist, nicht in die Kategorie einer Norm erhoben werden kann“, weil dies „nur Anlass zu einer unerträglichen Kasuistik gäbe“ …

https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2023/12/18/0901/01963.html

Mit dieser Verlautbarung klärt der Vatikan leider weniger als er verwirrt.
Oder, um es deutlicher auszudrücken: Der Vatikan betreibt da einen begrifflichen Eiertanz!
Da ist die Klarheit mancher Bischöfe und ihrer Generalvikare in Deutschland doch schon deutlich weiter und klarer. In unserem Bistum Essen zum Beispiel werden solche Segnungshandlungen seitens des Bistums nicht sanktioniert.