Papst Franziskus – inspiriert!

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Ich habe am vergangenen Samstag im Gottesdienst angekündigt, zu erzählen, was mich für meinen Dienst am Pontifikat von Papst Franziskus inspiriert hat.


1. Abschaffung überflüssiger Ehrentitel

Im Jahr 2014 hat Franziskus entschieden, die Ehrentitel „Apostolischer Protonotar“ und „Ehrenprälat“ nicht mehr zu vergeben. Auch der Monsignore-Titel wird heute nur noch ganz zurückhaltend an verdiente Priester ab 65 Jahren verliehen.
Diese Entscheidung ist auch uns Einladung, jene Haltung Jesu zu leben, der Seine Jünger ermahnte: „Ihr sollt nicht Rabbi genannt werden, denn einer ist euer Meister“ (Mt 23,8).
In meiner Seelsorge ermutigt mich das, Menschen nicht über Titel zu definieren, sondern der Mensch bekommt seine ganze und einzigartige Würde allein aus dem Umstand, dass er Mensch ist.
So verstanden bin ich auch einfach ‚Bruder‘ unter den Geschwistern unserer Kirche.

2. Kritik am Klerikalismus

Franziskus spricht offen an, dass Kleriker sich nicht abheben dürfen. Er verwendet das Bild des „Stallgeruchs“, den auch Kleriker anzunehmen bereit sein müssen, um uns daran zu erinnern, uns dort aufzuhalten, wo Leben geschieht: in den Familien, auf den Straßen, in den Sorgen und Freuden der Menschen.
Ich erlebe immer wieder, wie wertvoll es ist, im Krankenhaus, bei Hausbesuchen oder im Gespräch einfach präsent zu sein, ohne jeden klerikal-geistlichen Firlefanz, denn wir alle sind ‚Geschwister‘!
Klerikalismus gibt es aber nicht nur bei Klerikern, sondern bei allen Gläubigen, die manchmal die Kleriker ‚in den Himmel heben‘.
Formulierungen wie „Hochwürden“ sind für mich ein Beispiel dafür.

3. Öffnung des innerkirchlichen Diskurses

Selten wurde es in der Kirchengeschichte so offen geduldet, verschlossene Türen aufzutreten und auch schwierige Fragen der Kirche und in der Kirche zur Sprache zu bringen. Diese Einladung zu ehrlichem Austausch hat für mich immer wieder neue Horizonte geöffnet, denn dort, wo wir miteinander ringen, wird Gottes Geist kreativ.

4. Aufwertung der Frau in der Kirche

a) Maria Magdalena, die erste Zeugin der Auferstehung, wird von Franziskus als „Apostelin der Apostel“ gefeiert. Ihr Gedenktag ist nun ein Fest, und in der Präfation heißt es: „Du hast sie zur Verkünderin gemacht, die alle Menschen zur Begegnung mit Dir führt.“ Das gibt uns zu denken: Wer in unserer Gemeinde übernimmt eigentlich den Platz der Verkünderin und Verkündiger – und erkennen wir ihre Sendung an?

b) Erstmals leitet eine Frau ein Dikasterium im Vatikan. Für mich zeigt das: Gottes Ruf geht nicht nach Geschlecht, sondern nach Liebe und Kompetenz. In unserer Gemeinde und Gemeinschaft ermutige ich Frauen, Verantwortung zu übernehmen – sei es im Dienst als Lektorin, Kommunionhelferin, Gottesdienstleiterin oder im Leitungsteam von gemeindlichen Gemeinschaften.
Sie erinnern sich daran, dass ich mich z.B. auch dafür stark gemacht habe, dass bei der Lesung der Passion, eine Frau den Part Jesu übernommen hat, so selbstverständlich, wie ein Mann den Part der Frauen in der Passion übernommen hat, wo es um die Verleugnung des Petrus geht.

5. Erneute Schritte bei der Aufarbeitung von Missbrauch

2015 richtete Papst Franziskus Gericht ein, das Bischöfe bei Miss­brauchs­vertuschung bestraft; 2016 weitete er dies auf alle Pflichtverletzungen mit Amtsverlust aus. Diese entschiedene Haltung erinnert mich daran, stets aufmerksam und sensibel zu bleiben, Betroffene mutig zu begleiten und jede Form von sexuellem oder geistlichem Missbrauch — auch bei bestehendem Priester- und Personalmangel — klar und ohne Relativierung zu verurteilen.

6. Zulassung zur Beichte und Kommunion für wiederverheiratet Geschiedene

Mit seinem päpstlichen Schreiben ‚Amoris laetitia‘ öffnete der Papst 2017 die Tür für eine Einzelfallentscheidung: im pastoralen Begleitgespräch wird in den Blick genommen und gewürdigt, ob Gewissen und Lebenssituation die Zulassung möglich machen.
Das geschieht nicht pauschal, sondern in liebevoller Einzelfallbegleitung. In meiner Seelsorge habe ich schon einige Gespräche geführt, in denen Menschen durch diesen Weg neu die Nähe Jesu erfahren durften.

7. Segnung von Lebensgemeinschaften

In einer Erklärung des Glaubens-Dikasteriums, die Franziskus ausdrücklich befürwortet hat, ist die Segnung unverheirateter und gleichgeschlechtlicher Paare erlaubt. Dabei betonte er: Es geht nicht um ein Sakrament und nicht um Ersatz für die Ehe, sondern um das Anerkennen einer auf Liebe und Verantwortung gegründeten Lebensform.

Ich mache mich persönlich seit vielen Jahren für diese Segnung stark und habe erlebt, wie diese Segnungen Menschen tief bewegen und sie neu von dieser göttlichen Zusage erfüllt und gestärkt werden, auf ihrem Weg.

8. Stärkung der Laien im kirchlichen Engagement

In Deutschland werden heute schon Laien an der Leitung einer Pfarrei beteiligt, und in unserem Bistum probieren wir verschiedene Leitungs-Modelle im Team aus. Diese Entwicklung spiegelt das biblische Bild wider, dass jeder Getaufte eine Sendung besitzt, mit priesterlicher Würde:

Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.“ (vgl. 1 Pt 2,9).

Ich nenne unsere Helferinnen und Helfer bewusst „ehrenamtliche Mitarbeitende“, weil sie mit persönlichen und teils beruflichen Fachwissen und Herzblut die Kirche mitgestalten – nicht nebenbei, sondern als lebendiger Teil des Leibes Christi.
Ihr Engagement müssen wir deshalb mehr wertschätzen und unterstützen.

9. Sorge um Ausgegrenzte und die Bewahrung der Schöpfung

Franziskus ruft uns auf: „Die Armen warten nicht!“.
Er fordert uns auf, den Blick zu weiten: für Flüchtlinge, für Menschen in wirtschaftlicher Not, für Opfer politischer Gewalt – und gleichzeitig für die bedrohte Schöpfung.

Zugleich ermutigt er uns, die sozial-karitative Dimension unseres Glaubens stärker in Staat und Gesellschaft einzufordern, damit wir als Gesellschaft solidarischer sind mit jenen, die unsere tatkräftige Hilfe brauchen.

Schon in der früheren Pfarrei „St. Hippolytus“ habe ich mich an einem Ökologie-Projekt „Der grüne Hahn“ beteiligt, das die ökologische Verantwortung unseres Christseins stärker in den Blick nimmt.
Und die seine Ermutigung um die Sorge der Zukunft und Bewahrung der Schöpfung treibt mich auch heute weiter an.

10. Bekenntnis zur Demokratie

Obwohl die Kirche selbst keine Demokratie im inneren Aufbau hat, bekennt sich Franziskus klar zu zivilen demokratischen Werten. Im Sommer 2024 schrieb er: „Demokratie lebt vom Konsens und bekundet die Würde jedes Einzelnen im Miteinander.“ Das ermutigt mich, mich auch persönlich und in politischen Gesprächen für Demokratie, Freiheit, Gleichberechtigung, unsere freiheitliche-demokratische Grundordnung und gegen Diskriminierung, Ausländerhass, Vorurteile und Stigmatisierung von Menschen einzusetzen.


Ich bin sicher, dass wir erst richtig erkennen werden, was Franziskus uns gegeben hat, wenn sein Amt von seinem Nachfolger ausgefüllt wird.
(Gerd A. Wittka)





Friede und synodale Kirche

Leo XIV.

Ein neuer Papst – den ich bislang nicht kannte.

Aber:

Der neue Papst ( gebürtig: Robert Prevost ) ist US-Amerikaner, lebte jedoch lange in Peru, wo er als Ordensoberer und Theologieprofessor wirkte.
Seine akademische Ausrichtung liegt in praktischer Theologie, insbesondere Moraltheologie und Kirchenrecht; er ist zugleich ein Kenner der ‚Alten Kirchengeschichte‘ (Patristik), die auch ein Schwerpunkt meines theologischen Studiums war.
[Die sogenannte ‚Alte Kirche‘ war eine Zeit der vielfältigsten und abwechslungsreichsten Veränderungen in der frühen Kirche. Die ‚Patristik‘ erforscht die Kirchengeschichte der Zeit, die vom 1. bis zum 7. oder frühen 8. Jahrhundert reicht.]

In seiner ersten Ansprache sprach er unter anderem auch Spanisch statt Englisch und bezog sich auf Peru, was seine Nähe zu Lateinamerika zeigt.

Er betonte mehrmals die Bedeutung von Frieden und sprach von einer „synodalen Kirche, die sich bewegt“, womit er das synodale Verständnis von Papst Franziskus aufgreift.

Dass er am Jahrestag der Befreiung vom Faschismus gewählt wurde, verstärkt seine Friedensbotschaft.

All dies lässt bei mir Hoffnung auf eine positive Entwicklung in der Kirche aufkommen.




Angenommen: Glauben!

Diese Worte aus dem Brief des Apostels Paulus lese ich heute, am 3.5.2025 in der Schriftlesung.
Die Worte bringen mich zum Nachdenken:

Habe ich das Evangelium angenommen?
Diese Frage lässt sich wohl kaum in wenigen Worten beantworten.

Als Säugling wurde ich getauft – eine Entscheidung, die nicht aus eigenem Willen getroffen wurde.
Durch das Elternhaus und die Familie, durch den Kindergarten, den Religionsunterricht, kirchliche Gruppenstunden und die regelmäßige Teilnahme an Gottesdiensten wuchs ich nach und nach in die Kirche und ins kirchliche Leben hinein.
Mit der Zeit habe ich zweifellos die Frohe Botschaft angenommen, doch dieser Prozess war und ist ein dynamisches Geschehen, das bis heute fortdauert.
Nun, im Alter von zweiundsechzig Jahren, blicke ich auf eine Lebensgeschichte zurück, die untrennbar mit meiner Entscheidung für den christlichen Glauben verbunden ist.
Viele Menschen haben an dieser Geschichte teilgehabt und sie geprägt – und tun es noch immer.

Heute befinde ich mich an einem Punkt meiner religiösen Biographie, an dem ich mehr als früher bereit und mutig bin, mir die Frage zu stellen, ob ich mich heute eventuell anders entscheiden würde?

Würde ich eine andere Religion wählen wollen? –
Die Auswahl ist schließlich vielfältig.
Oder würde ich mich für keine Religion entscheiden?

Fundament – Bild von Hans Toom auf Pixabay

Was könnte oder würde dann die Grundlage sein, auf dem ich meine Ansichten, Werte und Hoffnungen gründe und mein Leben aufbaue?

Für Paulus ist klar, dass die Annahme des Evangeliums etwas buchstäblich ‚Fundamentales‘ ist.
„Es ist der Grund, auf dem ihr steht!“ – schreibt er.

Für ihn ist christlicher Glaube also nicht nur etwas theoretisches,
nicht eine reine Geistes-Wissen-schaft,
sondern eine Lebens-Gestaltung(s)-Kraft!

Und in diesem letzten Sinne habe ich im Laufe meines Lebens diesen Glauben zunehmend verstanden und angenommen.

Ja, das Nachdenken über die theoretischen Aspekte des Glaubens und die Fragen rund um die christliche Lehre finde ich oft unglaublich faszinierend und spannend.
Doch die tiefste innere und spirituelle Erfüllung erfahre ich, wenn mir klar wird, wie konkret der christliche Glaube mein alltägliches Leben beeinflusst: wenn er mir zum Beispiel dabei hilft, Antworten darauf zu finden, wie ich mich in den unterschiedlichsten Situationen verhalten möchte.
Auch wenn meine Gedanken, Worte und Taten manchmal von dem abweichen, was ich eigentlich aus meinem Glauben heraus hätte tun wollen, schenkt mir diese Auseinandersetzung Klarheit und Orientierung.

Mein christlicher Glaube ist wie eine Brille, durch die ich mein Leben betrachte – und plötzlich ergibt alles einen Sinn!
Aber keine Sorge, beim christlichen Glauben ist es nicht wie bei einer To-Do-Liste, wo ich einzelne Punkte nur abhaken muss, um mein Glaubens-Zertifikat zu erhalten.
Er ist eher wie ein Navi, der mich durch das Chaos des Lebens navigiert, ohne dabei ständig zu piepen, wenn ich mal falsch abbiege – und allmählich führt es mich weiter auf meinem Weg … zum Ziel!

Insofern kann ich Paulus nur zustimmen, wenn er das Bild vom Fundament bemüht, das der christliche Glaube uns bieten kann.

Aber mal ehrlich: heutzutage ist der christliche Glaube doch nur einer von vielen Attraktionen auf dem bunten Jahrmarkt der Sinnangebote!

Da steht er in einem knallharten Konkurrenzkampf mit anderen Religionen, Weltanschauungen und vielleicht sogar dem Yoga-Kurs um die Ecke.

Dazu kommen Ideologien, die sich in unserer Welt ausbreiten wie invasive Pflanzen – aber nicht die hübschen, die man gerne im Garten hat, sondern eher die Sorte, die einen kompletten Schrebergarten in ein Dschungchaos verwandelt!
Statt Frieden, Freiheit und Glück zu bringen, hinterlassen sie eine Schneise voller Hass, Zerstörung, Krieg, Unterdrückung und verbrannter Erde.
Und wofür das Ganze? – Um selbst Macht und Einfluss anzureichern zu ihrem alleinigen Vorteil!
Das erinnert stark an einen schlechten Filmplot, nur dass es hier kein Happy End gibt …!

Es wäre wirklich tragisch und dramatisch, wenn wir Menschen kein sinnstiftendes Fundament mehr hätten; wenn wir von Tag zu Tag leben und jedes Mal unser Denken, Entscheiden, Urteilen, Abwägen und Handeln neu erfinden müssten, ohne eine solide und integrierte Ethik, die uns trägt.
In solch einem Fall könnten wir unser Leben sprichwörtlich „auf Sand gebaut“ haben, und wenn die „Wassermassen heranrollen“, könnte alles, was wir uns mühsam aufgebaut haben, in sich zusammenfallen (vgl. Matthäus 7,24-27). Eine derartige Erfahrung möchte ich keinem Menschen wünschen.

Kommen wir aber auf meine Eingangsfrage zurück:

Würde ich mich heute anders entscheiden, wenn ich noch einmal vor die Wahl gestellt werden würde?
Oder würde ich meinen christlichen Glauben an den Nagel hängen und mich stattdessen einer anderen Religion, Philosophie oder Weltanschauung zuwenden?
Vielleicht wäre es ja spannend, sich den Jedi anzuschließen, stets mit der Macht zu hadern, oder als Stoiker stoisch auf ein Stück Schokolade zu verzichten. 😉

Erst einmal:
Im Grunde genommen könnte ich mir nicht vorstellen, ohne irgendeine Form von Religion, Weltanschauung oder Philosophie durchs Leben zu gehen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass all diese Ansätze – jede auf ihre ganz eigene Weise – den Menschen als Grundlage für die Gestaltung ihres Lebens dienen können, vorausgesetzt, sie orientieren sich am Wahren und Guten.

Konkret auf den christlichen Glauben bezogen:

Ich habe mich im Laufe meines Lebens immer wieder zum christlichen Glauben bekannt und auch heute hat diese Überzeugung nichts an Entschiedenheit eingebüßt.
Das heißt nicht, dass auch Anfragen und Zweifel meinen Glauben geprägt haben und sicherlich auch zukünftig immer wieder kommen werden.
Und es heißt auch nicht, dass es noch viele grundlegende Fragen für mich gibt, die noch keine hinreichende Antwort in meinem Leben gefunden haben.

Salvator Mundi in Rio de Janeiro, Bild von Armando Paiva Foto auf Pixabay

Wenn Jesus mir die Frage stellen würde, angesichts dessen, dass viele sich von ihm und seiner frohen Botschaft abwenden: „Willst auch du gehen?“, könnte ich immer noch wie Petrus antworten:

„Herr, zu wem sollte ich gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens!
Ich glaube und habe erkannt, dass du der Heilige bist, den Gott gesandt hat…“

(vgl. Joh 6, 68-69)

Dafür bin ich dankbar und hoffe, dass das auch in Zukunft so bleibt: Gott sei Dank!




3. Sonntag der Osterzeit

Bild von falco auf Pixabay

Leere -> Fülle – Versagen -> Heilung

Impuls zu Johannes 21, 1-19

Heute stehen wir am See von Tiberias.
Hier treffen menschliches Bemühen und Gottes Kraft auf besondere Weise zusammen.

Die Jünger sind nach einer langen, anstrengenden Nacht aufs Wasser hinausgefahren.
Sie haben gefischt – und nichts gefangen.
Ihre Netze bleiben leer.
Ihre Hände sind müde, ihre Hoffnungen enttäuscht.

Am Ufer aber steht Jesus.
Er sagt nur: „Werft das Netz auf der rechten Seite aus!“ (Joh 21,6)
Dieses eine Wort ändert alles.
Die Jünger folgen, und plötzlich ziehen sie so viele Fische ins Boot, dass das Netz fast reißt.
Aus Leere wird Fülle, aus Mühe Überfluss.

Ähnlich geht es uns oft: Wir arbeiten hart und sehen keinen Erfolg.
Dann kann ein einziger Hinweis von außen uns eine neue Perspektive geben.
Wir merken, dass wir nicht allein kämpfen.
Das Netz, das wir auswerfen, ist ein Bild dafür, wie wir mit Jesus zusammenarbeiten – auch wenn es uns seltsam vorkommt.

Nach diesem reichen Fang wendet sich Jesus an Simon Petrus.
Er fragt ihn dreimal: „Liebst du mich?“ (Joh 21,15–17)
Dreimal erklingt die Frage – fast wie ein Echo auf Petrus’ dreimaliges Verleugnen.

Doch hier geht es nicht um Schuld, sondern um Heilung und Nähe.

So auch in dem Film „Die zwei Päpste“ aus dem Jahr 2019 mit Anthony Hopkins als Papst Benedikt und Jonathan Pryce als Kardinal Bergoglio, dem späteren Papst Franziskus.
Dort begegnen sich Papst Benedikt XVI. und Kardinal Bergoglio.
In einem eindrücklichen Gespräch sprechen sie über Schuld, Sünde und Vergebung – vor dem Hintergrund des Versagens der Kirche auch im Umgang mit sexuellem Missbrauch.
Besonders bewegend ist Bergoglios Einsicht, dass Sünde mehr ist als ein Fleck, der sich einfach abwischen lässt. Er sagt:

„Sünden sind keine Flecken, die man einfach entfernt, sondern Wunden; sie müssen geheilt werden.“

Diese Worte führen uns mitten in das Herz unseres Glaubens: Wahre Heilung beginnt dort, wo wir Schuld nicht verdrängen, sondern sie ansehen, anerkennen – und heilen lassen.

Dies geschieht heute im Evangelium mit Petrus.


Diese Szene im heutigen Evangelium zeigt uns noch ein anderes:

Nachfolge ist keine einmalige Entscheidung.

Jedes „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe“ lässt Petrus sein Herz neu entdecken.
In jeder Wiederholung spürt er, wie seine Liebe zu Jesus wächst.
Und immer wieder hört er den Auftrag: „Weide meine Schafe.“

Unser Weg führt immer wieder ans Ufer – zu unseren leeren Netzen: wir sehen keinen Erfolg, in unserem Bemühen der Nachfolge.
Aber jedes Mal, wenn wir auf Jesus hören und unser Netz ein zweites, drittes Mal auswerfen, kann unser Leben neuen Sinn und neue Fülle bekommen.

Auch wir haben Phasen, in denen unsere Netze leer bleiben: in Freundschaften, in Projekten, in unserem Glauben.
Vielleicht erinnert uns dann eine kleine Stimme daran, wie Gott uns schon einmal geholfen hat.
Vielleicht war es ein Wort, das uns neuen Mut gab, oder ein Moment, in dem wir Trost spürten.

Wenn wir ohne großen Plan aber mit offenem Herzen unser Netz erneut auswerfen, merken wir oft: Gehorsam im Glauben ist manchmal schwer, kann aber auch befreiend sein.

Die gute Nachricht durchdringt unser Leben.
Sie füllt unsere leeren Räume und schenkt Überfluss.

So lädt uns die Geschichte am See und das Gespräch zwischen Jesus und Petrus ein, nicht an unserem Scheitern festzuhalten.
Vielmehr dürfen wir offen sein für Jesu behutsames Fragen und seine sanfte Führung.
In dieser Offenheit liegt Lebendigkeit.
Sie verbindet uns mit Christus – und untereinander.
Gemeinsam werfen wir unser Netz aus – um den Reichtum Gottes immer wieder neu zu entdecken.

„Jesus lebt!“ – Bild von PublicDomainPictures auf Pixabay



Barmherzigkeitssonntag – Weißer Sonntag

Ein expressionistisches Gemälde voller Leben:
Wir sehen eine moderne Großstadt im Frühling.
Es geht geschäftig und bunt zu.
Autos in leuchtenden Farben rollen durch die Straßen, Radfahrer flitzen dazwischen hindurch, und Menschen eilen zu Fuß – einige mit dem Blick fest auf ihr Handy geheftet.
Die Farben der Stadt sind intensiv, grell, fast überwältigend – als wolle das Bild uns sagen:
Hier passiert etwas.

Es ist Frühling.
Die Bäume entlang der Straßen blühen, einige in strahlenden Farben, andere tragen frisches, sattes Grün.
Es ist die Zeit des Neuanfangs, des Aufatmens, der Hoffnung.
Alles wirkt wie ein leiser Hinweis:
Hier beginnt neues Leben.
Doch erkennen wir es?
Oder ist es für uns schon zu alljährlich geworden, um es als etwas Besonderes zu empfinden?

Und da – mitten in diesem Trubel, ganz am Rand, steht jemand, der nicht ins Bild zu passen scheint: Jesus Christus, der Auferstandene.

Nicht wie aus einem alten Gemälde, sondern ganz heutig.
Er trägt eine kurze, moderne Jeanshose, seine Narben von der Kreuzigung sind deutlich zu sehen – an Händen, Füßen, an der Seite.
Ein stilles Zeichen für all das Leid, das er durchlebt hat.
Und doch: Er steht dort ganz ruhig.
Kein Schmerz in seinem Gesicht, sondern Frieden.
Er wirkt gelöst, als hätte er das Schwere hinter sich gelassen: er-löst!

Aber niemand bemerkt ihn.
Die Menschen gehen an ihm vorbei:
zu sehr mit sich selbst beschäftigt, mit Gedanken, Terminen, Sorgen.
Es scheint, als hätte niemand Zeit für das Wunderbare, mitten unter ihnen.

Und wir?! -Würden wir es glauben, wenn wir IHN sehen würden, dass ER – der Auferstandene – es wirklich ist, wenn Jesus plötzlich vor uns stünde – lebendig, gegenwärtig, echt?!

Das Bild verbindet die schnelle Welt unserer Zeit mit tiefer geistlicher Bedeutung.
Es erinnert an die Geschichte der Jünger auf dem Weg nach Emmaus: Auch sie sahen Jesus doch erkannten ihn nicht.
Erst als er mit ihnen sprach, ihre Fragen ernst nahm und das Brot mit ihnen brach, ging ihnen ein Licht auf.

Vielleicht ist es heute ähnlich.
Vielleicht braucht es Menschen, die wie Jesus zuhören, fragen, Gespräche möglich machen;
Menschen, die anderen helfen, ihre Sorgen und Zweifel auszusprechen; Menschen, die nicht gleich eine Antwort parat haben, sondern Raum schaffen für echte Begegnung.

Denn dann kann etwas in Bewegung kommen.
Dann kann Auferstehung ganz real erfahrbar werden – nicht nur als alte Geschichte, sondern als neues Leben, als neue Lebensmöglichkeiten und als neue Sichtweisen: hier und jetzt.

Wir Christinnen und Christen haben heute die Möglichkeit, anderen Jesus erfahrbar zu machen:
Indem wir Anteil nehmen.
Indem wir einladen, zuhören, mittragen.

Wenn wir das tun, können Menschen wieder aufatmen, neue Kraft finden, neuen Sinn entdecken.
Dann verwandelt sich vielleicht Ratlosigkeit in Hoffnung, Traurigkeit in Lebensfreude, Stillstand in Bewegung.

Das wäre heute Auferstehung mitten in unserem Alltag.


Bild: copyright by Gerd Wittka, 2025, erstellt mit KI