Gebt dem Kaiser, was des Kaiser ist …

… und Gott, was Gottes ist

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Impuls zum 29. Sonntag im Kirchenjahr A

In der Passion des Johannes sagt Jesus in seiner Verteidigung vor Pilatus: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18, 36).

Wenn wir uns heute als JüngerInnen Jesu verstehen, wie sieht es dann mit uns in der Nachfolge Christi aus? Haben wir dann auch nur einem „Reich“ zu dienen, das nicht von dieser Welt ist und über das Jesus herrscht?

Ausgehend von dieser Passion ein paar Impulse zum heutigen Evangelium, in dem Jesus sagt: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist!“

Hier setzt Jesus selbst seine Aussage aus seiner Verteidigungsrede in eine Relation. Es gibt einerseits die ‚weltlichen‘ Dinge und Zuständigkeiten und dann die ‚Dinge Gottes‘.



In seinem Gebet vor seiner Passion betet Jesus die Worte in Bezug auf seine JüngerInnen (Joh 17, 15-1:

„Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen. Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin. (…) Wie du mich in die Welt gesandt hast, habe auch ich sie in die Welt gesandt …“

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Hier wird noch einmal der Bezug deutlich, den Jesus auch im heutigen Evangelium herstellt.

Plakativ ausgedrückt könnte das Motto christlicher Existenz deshalb lauten:
„Nicht von der Welt, aber in der Welt“

Als ChristInnen beziehen wir in unsere irdische Existenz eine Dimension mit ein, die jenseits aller Weltlichkeit ist, nämlich die Dimension Gottes, die wir auch als Ewigkeit bezeichnen können.

Anteil an dieser Ewigkeit zu haben und diesen Anteil nicht zu verlieren, sondern darin einst auch wieder hineingenommen zu werden – nach unserer irdischen Zeit – das ist die christliche Sehnsucht und Verheißung; dafür sammelt Jesus seine JüngerInnen.

Er macht aber auch – nicht nur durch Worte, sondern auch durch sein eigenes Beispiel und Handeln deutlich -: solange wir in dieser Welt sind, darf uns das Weltliche nicht egal sein!
Wir dürfen uns nicht überheblich dem Weltlichen gegenüber zeigen, sich also nicht darüber erheben, sondern will sollen uns immer vergegenwärtigen, dass wir – solange wir in der Welt leben – auch ein Teil von ihr sind.

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Und in dieser Welt hat sich dann unser Christsein zu bewähren, in dem wir die Sorgen und Nöte der Welt, in dem wir die Lebenswirklichkeiten unserer gegenwärtigen Welt nicht ignorieren, sondern sie wahrnehmen und mit ihr umgehen – in christlicher Verantwortung und Vision.

Christsein heute bedeutet also nicht Weltflucht, sondern Welt-sucht. Wir suchen die Welt auf und versehen unseren Dienst in ihr, weil wir ein Teil von ihr sind.
Dabei vergessen wir aber nicht, dass es noch die überweltliche Dimension gibt, der wir uns widmen sollen und zwar in dieser Welt mit unserer lebendigen Gottesbeziehung, durch Gebet, Meditation und Kontemplation.

Vita aktiva und vita contemplativa: das sind die beiden Seiten christlicher Existenz in der Welt von heute und morgen.




„Stille ist Stillstand“

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„Stille ist Stillstand!“ – Dieser Satz fiel spontan in einem Gespräch.

Ich schwieg erst einmal und ließ diesen Satz so stehen. Später musste ich in Gedanken aber wieder zu diesem Satz zurückkehren.

War dieser Satz wahr? Traf er zu?

Ich denke in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Personengruppen würde dieser Satz Zustimmung finden.

Da denke ich zum Beispiel an Produzenten. Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen in die Kurzarbeit getrieben. Manche Firmen mussten ganz ihre Produktion einstellen.
Wenn dann der Produktionsleiter durch die Produktionshallen gehen würden, in der die Maschinen still stehen, würde er sicherlich diesen Satz bejahen können: „Stille ist Stillstand!

Es sind aber auch Situationen denkbar, da bewirkt Stille genau das Gegenteil …



Die Dynamik der Stille

Wer hingegen schon mal in die Stille gegangen ist – gewollt oder ungewollt -, konnte vielleicht auch die machtvolle Seite der Stille erleben.

Das Ungewöhnliche an der Stille ist, dass man sich manchmal danach sehnt; wenn man dann drin ist, kann man eine Überraschung erleben:

Der Weg der Stille führt nämlich von ‚außen‘ nach ‚innen‘. Anfangs fokussiert man seine Aufmerksamkeit auf das, was außerhalb eines selbst ist.

Vielleicht versucht man noch Geräuschen zu lauschen, je nach Ort: draußen in der Natur das Zwitschern der Vögel, das Säuseln des Windes oder das Plätschern des Regens.

Oder man hört die Geräusche des Hauses oder der Wohnung: Wasserspülungen , das Rauschen der Heizung, das Geräusch des Kühlschrankes, das Ticken einer Uhr, die knautschenden Geräusche, wenn man sich im eigenen Sessel bewegt.

Von außen nach innen

Irgendwann geht die eigenen Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper. Man lauscht dem eigenen Atemrhythmus. Manch eine/r hört sogar den eigenen Herzschlag oder spürt am Hals den eigenen Puls, der das Blut durch die Ader schleust.

Dann – allmählich – kommen die Gedanken in einem hoch. Bleibt man in der Stille und bei sich und gibt nicht der Versuchung nach, sich zu zertreuen oder abzulenken, dann beginnen die Gedanken eine Eigendynamik zu entwickelt.

Unterschiedliche Themen ploppen auf oder Gefühle kommen hoch.

Abenteuerreise ins unbekannte Land

Jetzt beginnt die Phase, wo der Mensch dann auf sich selbst zurückgeworfen wird. Jetzt beginnt die spannende und die machtvolle Phase der Stille.

Das Spannende ist nun, dass – wenn wir nicht dagegen lenken – die Stille eine Eigendynamik entwickelt, die zu einer Herausforderung werden kann.

Beiseitegeschobene Themen oder unterdrückte Gefühle können langsam aus den Tiefen des eigenen Ichs ihren Weg nach *oben* ins eigene Bewusstsein finden und wecken Erinnerungen; Erinnerungen die mit schönen aber auch mit schweren, belastenden oder sogar schmerzhaften Gefühlen verbunden sind, ebnen sich ihre Bahn ins Hier und Jetzt.

Je nachdem, welche Erfahrungen und Erinnerungen es sind, kommt es jetzt darauf an, zu entscheiden, welchen Weg man weitergehten will?

Sollten es traumatische Erinnerungen sein, ist ein weiterer Weg durch die Stille sicherlich nur unter fachkundiger Begleitung zu empfehlen. Die Schäden, die sonst entstehen könnten, wären fatal!

Ansonsten ist es jetzt hier nötig, eine Entscheidung zu treffen: Bin ich bereit mich den verdrängten Erinnerungen und Gefühlen zu stellen und zu entdecken, wohin sie mich führen, oder ängstigen sie mich so sehr, dass ich lieber davon wieder Abstand nehmen möchte?

Den Drachen in mir nutzen
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Im Rahmen einer geistlichen Begleitung würde ich meist dazu ermutigen, zu versuchen, sich dieser Erfahrung zu stellen, die aus der Stille erwächst.

Denn diese solche Phasen bergen – bei aller Eigendynamik – auch die Chance einer persönlichen Entwicklung und Reifung, indem ich nämlich ‚Unerledigtes‘ anschaue und vielleicht sogar versuche, damit umzugehen; indem ich eine neue Haltung dazu finde oder sogar neue Entscheidungen für mein eigenes Leben daraus resultieren, die mich weiterbringen.

Wer eine solche Stille erlebt (hat), wird sicherlich dabei erkennen können:

Stille bedeutet eben nicht Stillstand, sondern ein Weg, dessen Verlauf und Ziel mir vielleicht unbekannt sind, der mich auf ungewohnte Pfade setzt und der mich herausfordert, weil ich nicht weiß, ob ich diesen Weg gehen kann und ob ich die Kräfte dazu habe.
Stille birgt in dieser Hinsicht die Chance einer Eigendynamik, die mich herausfordert und auch manchmal herausführt aus einer Gleichgültigkeit, einer Gleichförmigkeit und Lethargie des ‚Alltags‘.


Gebet

Jesus Christus, mein Bruder und Gefährte.

Du bist vierzig Tage lang den Weg in die Stille der Wüste gegangen.
Auch dich forderte diese Stille heraus und hat dich versucht.
Am Ende dieser Zeit lag dein Weg klarer vor deinen Augen.
Ich bitte dich, gib mir den Mut, immer wieder in die Stille zu gehen.
Lass mich die bestärkende und die klärende Kraft der Stille spüren und schenke mit die Gnade, meinen Weg klarer zu erkennen, der mich ein Stück mehr zu meinem ‚Ich‘ und zu meiner Bestimmung führt.


Ihre Gedanken

Wenn Sie selber die Stille erlebt haben und sich mitteilen wollen, wie es Ihnen damit ergangen ist, lade ich Sie gerne ein, mir zu schreiben.




Fest der Erzengel

29. September – Fest der Erzengel Michael, Gabriel und Rafael

Der Erzengel für die Kranken und Reisenden: Rafael

Detail aus: Tobias und Rafael, 17. Jhd., Kopie nach Adam Elsheimer, gemeinfrei, Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Raphael_(Erzengel)#/media/Datei:Raphael_and_Tobias.jpg

„Rafael“ – „Gott heilt“
Er ist der Erzengel (Erst-Engel), der den jungen Tobias auf seiner Reise begleitet.
Er heilt seine (zukünftige) Frau Sara und auch seinen Vater Tobit.
Er weist Tobias auf die Heilmittel hin, die er während seiner Reise zur Verfügung hat und lädt ihn ein, diese Heilmittel, die ein ‚Geschenk des Himmels‘ sind, einzusetzen, wenn es dazu Zeit ist.

Es ist Tobias selber, der die heilsamen Taten des – ihm noch verborgenen – Erzengel Rafaels beschreibt. So steht es im Buch Tobit, im 12. Kapitel Vers 3f.

Tobias über Rafael zu seinem Vater Tobit:

„… Er hat mich gesund heimgebracht, meine Frau geheilt, das Geld mit mir gebracht und dich gesund gemacht….“

Deshalb kommt es nicht von ungefähr, dass dieser Erzengel der Patron der Reisenden und der Kranken ist.

Das Fest der drei Erzengel Gabriel, Michael und Rafael lädt uns ein, wieder einmal bewusster auf diese himmlischen Begleiter aufmerksam zu machen.

Als Krankenhaus-Seelsorger möchte ich den Erzengel Rafael für meine Arbeit spirituell neu entdecken und ihn den Menschen vorstellen, die sich so sehnlichst himmlische Hilfe und Beistand wünschen.



Rafael ist als Erzengel – trotz seiner herausragenden Stellung unter den Engeln Gottes – lediglich ein Gesandter Gottes. Er kann nicht aus sich selbst heraus heilen, sondern er ist der heilsame Bote Gottes, der von Gott selber die Werkzeuge der Heilung in Wort und Tat überantwortet bekommen hat, um damit den göttlichen Willen nach Heil(ung) zu erfüllen.

Für manche Christen ist in unserer heutigen Zeit das Verständnis der Engel und ihre Rolle ziemlich schwierig.

Warum?
Manche wenden sich im direkten Gebet an sie. Manche lehnen genau dieses ab, weil sie sagen: Ich bete direkt zu Gott.
Ist das ein Widerspruch?
Kann man eigentlich zu Engeln beten? Ist nicht Gott selber, in seiner Dreifaltigkeit, Adressat all unserer Gebete?

[Auch bei der Frage, ob wir zu Heiligen beten können, kommt dieser Aspekt immer wieder auf. – Da verweise ich gerne darauf, dass wir nur Gott allein „anbeten“ können, aber wir können uns im Gebet an die Heiligen wenden, um sie um Fürsprache in unseren Anliegen bei Gott zu bitten, denn wir glauben, dass sie nun in der ‚Nähe Gottes‘ sind und unsere Fürsprecher sein können.]

Ich habe Verständnis dafür, wenn manche ZeitgenossInnen Probleme damit haben, sich im Gebet an Heilige oder an die Engel (Erzengel und Schutzengel) zu wenden.

Auf einer evangelischen Seite fand ich dazu eine sehr schöne Ausführung, der ich selber mich gut anschließen kann und als erklärende Antwort zitieren möchte:

„…Engel als Vermittler zwischen Menschen und Gott sind in unserem Glauben durchaus vorhanden. (…) Wer sich also an Engel wendet, nutzt sie als das, was sie sind: Vermittler zwischen uns und Gott.
Engel haben den „Vorteil“, dass man sie leichter spüren, erahnen kann als Gott.
Wie es von Elia erzählt wird, der nur noch sterben will, sich hinlegt, und ein Engel fasst ihn an, weckt ihn auf, spricht direkt mit ihm, bringt ihm sogar zu essen und zu trinken. (1. Kön 19) Gott schickt seine Engel, weil wir sie brauchen….“

Zitiert nach: https://fragen.evangelisch.de/frage/8957/durfen-christen-zu-engeln-beten

Und wenn Sie sich fragen, wie ein Gebet zu den Engeln aussehen könnte, dann möchte ich Ihnen ein Gebet „An die Schutzengel unserer erwachsenen Kinder“ von einem unbekannten Verfasser zitieren:

„Ich spreche zu den Engeln unserer Kinder:
Seid Ihr immer noch bei ihnen und habt ihre Wünsche in Euren Händen?
Wisst ihr etwas von ihrer kampferfüllten Einsamkeit?
Und wenn sie nun Euch und das Leben ablehnen, wendet Ihr Euch dann ab und weint, oder bleibt Ihr trotzdem bei ihnen?
Sie brauchen Euch, mehr noch als damals, als sie noch klein waren.
Sie brauchen Euch ganz dringend!
Denn diese Jahre sind die schwerste Zeit!
Alles muss eigenhändig geregelt werden, man muss sich freikämpfen, alles selbst verantworten und von Engeln will man nichts wissen.

Ihr Engel unserer erwachsenen Kinder!
Eine Mutter darf nicht länger eingreifen, aber Ihr dürft.
Ein Vater darf nicht länger Ratschläge erteilen, aber Eure Weisheit kommt von Gott.
Bleibt bei unseren erwachsenen Kindern, Ihr Engel!
Helft ihnen, im Gestrüpp zu wandern und den rechten Weg zu finden.
Führt sie nicht den leichtesten Weg, aber den schönsten – ihren eigenen Weg!“

Zitiert nach: https://www.christus-unser-bruder.de/2018/08/die-schutzengel-fuer-erwachsene-kinder/

Ihnen allen eine gesegnete Zeit … und versuchen Sie, ihre Beziehung zu ‚Ihrem‘ Engel zu pflegen!
Und an alle Kranken, die nach Heil(ung) suchen: Vertrauen Sie sich dem Boten Gottes, dem Erzengel Raphael, an. Er hat den Auftrag Gottes, Sie durch Ihre Phase der Krankheit und des Leidens zu begleiten und Ihnen Gottes Kraft und Nähe zu bringen.




Liebe schuldig …

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Gedanken zum 23. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A – 2020

Lesungstext: Röm 13, 8-10 https://www.bibleserver.com/EU/R%C3%B6mer13%2C8

Machen Sie gerne Schulden?
Ich nicht! Ich versuche möglichst ohne Schulden und ohne Kredite durchs Leben zu kommen oder sie möglichst schnell wieder los zu werden.

Durch Schulden habe ich das Gefühl, ein Stück meiner eigenen Freiheit zeitweise eingeschränkt zu haben.

Wenn ich Schulden losgeworden bin oder Kredite abbezahlt habe, fühle ich mich sofort etwas freier!

Wie geht es Ihnen?

Heute hören wir die Worte in der Lesung aus dem Römer-Brief:

„Bleibt niemandem etwas schuldig, nur die Liebe schuldet ihr einander – immer.“

Wenn man – wie ich – so ein negatives Bild von Schulden hat, dann kann man sich bei solchen Worten etwas erschrecken.
Will Paulus uns dadurch etwas unserer eigenen Freiheit berauben oder uns Druck machen?

Ich habe gelernt dieses Wort im Kontext mit einem Wort des heiligen Augustinus zu sehen und zu verstehen.
Augustinus hat das so formuliert:

„Liebe! – Und tue, was du willst!“

Für Augustinus ist sogar das Streben nach Liebe eine Möglichkeit, freier durch das Leben zu gehen.
Ich muss nämlich gar nicht mehr sklavisch fragen: habe ich alle Vorschriften eingehalten, habe ich bestimmte Vorschriften nicht eingehalten oder übertreten?

Augustinus sagt: Wir müssen in unserem Leben nur immer der Liebe folgen, dann werden wir eigentlich nichts falsch machen können.

Aber der Liebe zu folgen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

Doch wer Liebe gelebt und erlebt hat, wird zugleich auch wissen, wie schön die Liebe ist, wenn ich sie gebe und wenn ich sie erfahre.

Also: wenn wir die Liebe einander niemals schuldig bleiben, dann manchen wir nicht nur das Leben anderer sondern auch unser eigenes heller, freundlicher, friedlicher und freier.

Liebe, und tue was du willst und du wirst spüren: die Liebe, die du immer schuldig bleiben wirst, spornt dich an, zu Taten der Freiheit und Selbsthingabe, zu Taten des Respekts und der Achtung.

„Bleibt niemandem etwas schuldig, außer der gegenseitigen Liebe. Wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt. (…) (Denn) die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.“ (Röm 13, 8-10)




Erneuerung des Denkens

Predigt am 22. Sonntag – A – 2020
Lesungstext: Röm 12, 1-2

„… Ich ermahne euch also, Brüder und Schwestern, kraft der Barmherzigkeit Gottes, eure Leiber als lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer darzubringen – als euren geistigen Gottesdienst.
Und gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene!…“

Quelle: https://www.bibleserver.com/EU/R%C3%B6mer12

Sammlung und Nachdenken – Quelle: Bild von Pexels auf Pixabay

Liebe Schwestern und Brüder,
zu welcher Art Menschen gehören Sie?
Lieben Sie die Veränderung, sei es geplant oder auch spontan?
Oder gehören Sie eher zu den Menschen, die das Gewohnte und Vertraute vorziehen, die sich sicherer und wohler fühlen, wenn das Leben ‚nach Plan läuft‘?

Diese Fragen sind völlig wertfrei zu verstehen.

Es kann hilfreich sein, für sich zu erkennen, wie man selber tickt.
Wenn wir das nämlich verstanden haben, dann verstehen wir auch unsere Reaktionen darauf, wenn Veränderungen in unserem Leben von außen her auf uns zukommen.

Wer keine Veränderung mag, wird schnell bemüht sein, das Alte und Gewohnte zu verfolgen und wenn es sich verändert, den vorherigen Zustand wieder herzustellen.
Wer keine Veränderung mag, wird viel Energie darauf verwenden, Veränderungen zu verhindern.



Anders der Menschenschlag, der für sich erkannt hat, dass das Leben wesentlich von der Veränderung lebt.

Es liegt so sehr auf der Hand, dass diese Erkenntnis schon geradezu banal ist.
Junge Eltern schauen gebannt und gespannt auf die Veränderung des eigenen Kindes, wenn es gerade ein paar Tage oder Wochen alt ist. Wann wird es anfangen zu krabbeln, wann wird es so kräftige Hände und Füße haben, dass es versucht, sich aufzurichten? Und wann wird es das erste Mal „Mama“ oder „Papa“ sagen?
Und so geht es fort und fort. Mal sieht es dem Papa ähnlich, mal der Mama und später entdecken die Eltern ganz eigene Züge an ihrem Kind.

Schon allein biologisch gesehen, ist alles im Leben auf Veränderung und Verwandlung ausgerichtet … bis zum letzten Atemzug.

Ja, liebe Schwestern und Brüder,
dieses Beispiel scheint so banal; es zeigt uns aber auch, dass unser Leben gar nicht sein kann ohne Veränderung und ohne Wandlung!
Wenn wir einmal erkannt haben, dass „alles fließt“, also stetem Wandel unterworfen ist, dann wird es keine Frage mehr sein, ob Veränderung sein wird oder nicht?

Metamorphose – von der Kaulquappe zum Frosch. Quelle: Bild von Hans Hansen auf Pixabay

Dann wird die Frage nur noch lauten können:

Wie findet diese Veränderung statt?

Wie und wohin werden wir uns verändern, als einzelner Mensch, als Gesellschaft, als Kirche, als Gemeinde und Pfarrei?

Wie werden wir uns verändern unter den Vorzeichen der Corona-Pandemie, die auch an uns nicht spurlos vorübergehen wird?

Wie werden wir uns verändern, gerade auch im Hinblick auf unvermeidliche Prozesse – nicht nur struktureller Art – in unseren Gemeinden, in unserer Pfarrei in unserer Kirche?

In der heutigen Lesung schreibt der heilige Paulus an die Gemeinde von Rom:
„… lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist….“

Großartig, diese Worte des heiligen Paulus!

Er sagt damit: gebt euer Denken nicht auf.
Gebt euren Verstand nicht ab: vor der Tür, wo auch immer: vor der Arbeitsstelle, in der Kirche, in der Gesellschaft!

Für Paulus ist das eigene Denken, das Vor-Denken und das Nach-Denken und die Wandlungsfähigkeit im Denken eine Grundvoraussetzung, damit wir heute noch in unserer Zeit den Willen Gottes erkennen können.

Bevor Paulus uns durch Verwandlung zur Erneuerung des Denkens ermutigt, schreibt er: „… und gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens…“

Hier predigt Paulus nicht eine generelle und permanente Opposition zur Welt das Wort, sondern er verbindet die Warnung, sich einfach so der Welt anzugleichen mit der Aufforderung, im immer wieder erneuerten Denken uns selbst zu wandeln.

Dieses „gleicht euch nicht dieser Welt an …“ setzt Paulus also nicht absolut.
Es geht ihm darum, nicht einfach so alles hinzunehmen, was alle andere tun, sondern es mit unserem Verstand zu hinterfragen. Und als Christen ist unser Verstand auch eine Quelle, um die Antwort darauf zu finden, was Gottes Wille heute ist.

Und manchmal entdecken wir dann auch den Willen Gottes in dem, was in der Welt ist und in unserer Gesellschaft, auch wenn es nicht rein christlich motiviert ist. Dann wäre es klug, mit der Welt ‚an einem Strang zu ziehen‘, aber nicht blindlings.

Christen von heute sind also denkende Menschen; sind Menschen, die vom Verstand her begründen können, was sie für richtig und wahr erkannt haben und so auch als Wille Gottes erkennen.

Christen können mit ihrem Denken Antwort darauf geben, was aufgrund unseres Glaubens „gut, wohlgefällig und vollkommen“ ist, wie Paulus sagt.

Dieses Denken findet aber nicht um luftleeren Raum statt. Dieses Denken wird beeinflusst durch Erfahrungen, die wir selbst mit Gott gemacht haben.

Und eine solche wichtige Erfahrung ist, dass Gott seine Barmherzigkeit an uns vollzieht.

Das eigene Denken, die erfahrene Barmherzigkeit und die Überzeugung, dass Gott ein Gott der Liebe ist, sind einige Kriterien, die uns helfen können, zu erkennen, was der Wille Gottes in unserer Zeit ist, was Gott von uns heute will.

Haben wir den Mut dazu? Haben wir den Mut, Veränderungen in unserem Leben zu zulassen und zu bejahen?




Pforte

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Pforte

verschlossen
dahinter
Rückzugsort
Schutzraum
vor den Gefahren
draußen

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Pforte

offen
davor
ein Weg
hinaus
in Weite
Zukunft
Freiheit

(Gerd Wittka, August 2020)