Kirchweihfest im Jahre 2022

Wie kann man heute noch Kirchweihfest feiern, wenn allenthalben Kirchen geschlossen werden und unsere Kirche von Skandalen in ihren Grundfesten erschüttert werden?
Ein Impuls zu einem gestrigen Kirchweihfest einer Kirche in Oberhausen-Schmachtendorf.

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Bibeltextstelle: Lukas-Evangelium 10, 38-41

Kirchweihfest, heute, an diesem Sonntag in St. Josef.
Kein wirklich üppiges Fest – Gemeindefest wurde ja schon vor einigen Wochen, vor den Ferien gefeiert.

Kirchweihfest – In Zeiten, wo Kirchen geschlossen werden, schon etwas besonders.
Diese Kirche scheint ‚gerettet‘ – A-Standort.
Dafür gibt es viele gute Gründe.

Aber der A-Standort sagt nichts darüber aus, was Kirche St. Josef heute ist.
A-Standort ist mehr eine Festlegung auf die Zukunft hin.

Die Verantwortlichen haben sich gedacht: hier, an diesem Ort, könnte sich eine Vision von Kirche der Zukunft entwickeln, gerade in diesem Ortsteil, der so vielfältig ist, wo die Menschen wohnen, zur Arbeit oder zur Schule gehen, aber auch ihre Ärzte aufsuchen, ihre Blumen kaufen und Autos auftanken.
Hier in Schmachtendorf gibt es eigentlich die ganze Bandbreite gesellschaftlichen Lebens und Zusammenlebens.
Da – so die Überzeugung unseres Bischofs – darf auch unsere Kirche nicht fehlen.

Ein Grund warum St. Josef A-Standort ist.
Aber kein Grund, sich auszuruhen, so nach dem Motto: „Der Kelch ist an uns noch einmal vorüber gegangen.“

Kirchweihfest 2022 in St. Josef bedeutet – nicht nur für die Menschen hier aus St. Josef sondern in der ganzen Pfarrei – diesen Standort weiter zu entwickeln, Visionen in Handlungen umzusetzen. Einen Ort den Menschen in der heutigen Zeit zur Verfügung zu stellen, wo sie zur Ruhe kommen, ausruhen, geistlich auftanken und beten können.

Kirchweihfest bezieht sich zwar auf dieses Gebäude aus Steinen.
Aber ich denke, dass dieses Fest angesichts der derzeitigen Situation in unserer Kirche deutlicher umgedeutet werden muss auf die Kirche, die aus ‚lebendigen Steinen erbaut‘ ist.

Und dann hält das heutige Evangelium nämlich auch zu diesem Kirchweihfest eine wichtige Botschaft bereit: Kirche ist die Gemeinschaft derer, die sich immer wieder zu Füßen Jesu setzt, ganz bewusst und auch als Gemeinschaft und sich von ihm her inspirieren lässt um dann zu anderer Zeit deutlich zu machen, dass Kirche sich nicht sich selbst genügen kann, sondern eine Kirche mitten unter den Menschen ist.

So gewinnt unsere Kirche aus lebendigen Stein vor Ort hier in Schmachtendorf und für die Menschen in Schmachtendorf eine neue, ganz konkrete Bedeutung.


Nachbemerkung:

Als der Organist, der gestern Abend Dienst tat, vorschlug, am Ende des Gottesdienstes das sehr triumphalistische Lied: „Ein Haus voll Glorie schauet weit über alle Land …“ singen zu lassen, habe ich ihn gebeten, auf dieses Lied zu verzichten. Angesichts der derzeitigen Lage in der Kirche mit den noch immer mangelhaft aufgearbeiteten Missbrauchsfällen sexualisierter Gewalt, halte ich solche Lieder für fehl am Platze.




Braucht es noch Erntehelfer:innen im Acker Gottes?

Bild von Franz W. auf Pixabay

Am 14. Sonntag (2./3.7.2022) hören wir im Evangelium von der Aufforderung Jesu, für Erntehelfer:innen im Acker Gottes zu beten. Doch ist dieses Gebet überhaupt noch nötig in der gegenwärtigen Zeit der Kirche und angesichts massiver Kirchenaustritte?
Dazu meine Predigt an diesem Sonntag, die ich hier etwas mehr mit konkreten Beispielen ‚unterfüttert‘ habe.




„Zeitenwende“ – so nennt Olaf Scholz das, was in mir Erinnerungen der 1970er und 80er Jahre hervorruft: Strategie der Abschreckung, NATO-Doppelbeschluss, Kalter Krieg, Angst vor einem Atomkrieg…

Viele von uns, die wir hier heute sitzen, dürften diese Begriffe bekannt sein.

Diejenigen, denen diese Begriffe nichts mehr sagen, fehlen zumeist auch heute hier in der Kirche, denn auch in unserer Kirche leben wir seit einigen Jahren in einer Zeitenwende. Jüngere Menschen erreichen wir an unseren ‚Pastoralen Standorten‘, wie wir es heute nennen, nur noch sehr schwer.

Erst vor wenigen Tagen kam die Meldung, dass weniger als 50% der Bevölkerung in Deutschland einer der beiden großen Kirchen (römisch-katholisch oder evangelisch) angehören.

Innerhalb unserer eigenen Kirche in Deutschland gibt es eine große Unruhe und viel Bewegung. Wir erleben in unserer Kirche eine historische Phase, die zuletzt wohl nur mit der Zeit der Reformation verglichen werden kann.

Mit einem Unterschied: damals gehörten fast alle Menschen in Deutschland zu einer christlichen Kirche, wenn sie nicht zum Judentum gehörten.

Bild von BPBricklayer auf Pixabay

Wenn wir die aktuellen Kirchenaustrittszahlen sehen, stellen Viele als erstes die Frage, wie das gestoppt werden kann?!

Eine fatale Frage, weil sie versucht, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Viel wichtiger scheint mir, erst einmal zu schauen, warum die Menschen aus der Kirche austreten!

Denn, die schwindende Akzeptanz der Kirche(n) ist Folge einer zunehmenden Bedeutungslosigkeit der Kirchen.

Es wäre ein Irrtum, daraus auf eine zunehmende Bedeutungslosigkeit des Glaubens oder des Religiösen zu schließen.

Im Gegenteil: heute suchen die Menschen mehr denn je nach religiösen Angeboten. Die Esoterik hat seit vielen Jahren großen Zulauf.

Ich denke oft, die Menschen sind nicht weniger religiös, sondern weniger kirchlich geworden.

Woran kann das liegen?

Eine vollständige Analyse lässt sich hier nicht liefern.

Aber ich möchte einen Aspekt mal heraus greifen, der symptomatisch für die Situation in unserer Kirche ist.

Wir setzen oft amtskirchliche Lehraussagen mit Glauben gleich. Doch das ist ein Irrtum!

Kritiker, die die heutige Reformbewegungen (z.B. Synodaler Weg) in unserer Kirche ablehnen, sind sehr schnell mit Äußerungen bei der Hand, dass man sich von den Glaubenswahrheiten entferne, die in unserer Kirche gelten.

Dabei geht es den Menschen heute gar nicht um diese Glaubenswahrheiten, sondern es geht ihnen um ihren Glauben, um ihre eigene und persönliche Religiösität.

Ob sie zur Geltung kommen kann, entscheidet oft darüber, ob Menschen in der Kirche bleiben oder nicht. Oder anders ausgedrückt: ob die Menschen in unserer Kirche eine religiöse Heimat finden, ist das oft das Entscheidende, nicht, ob sie den Aussagen des Lehramtes zustimmen.

Vor einigen Tagen habe ich begonnen, ein kleines Büchlein zu lesen. Es trägt den Titel: „Wie werde ich ein Christ?“ – Es gibt auszugsweise Texte des christlichen Philosophen Sören Kierkegaard (aus Dänemark) wider.

Sören Kierkegaard um 1840.
Bild: gemeinfrei

„Was mir eigentlich fehlt, ist, dass ich mit mir selbst ins reine darüber komme, was ich tun soll, nicht darüber, was ich erkennen soll. (…) Es kommt darauf an, meine Bestimmung zu verstehen, zu sehen, was die Gottheit eigentlich will, das ich tun solle; es gilt, eine Wahrheit zu finden, die Wahrheit für mich ist, die Idee zu finden, für die ich leben und sterben will. Und was nützte es mir dazu, wenn ich eine sogenannte objektive Wahrheit ausfindig machte; wenn ich mich durch die Systeme der Philosophen hindurcharbeitete (…)
was nützte es mir, dass ich die Bedeutung des Christentums entwickeln und viele einzelne Erscheinungen erklären könnte, wenn es für mich selbst und mein Leben keine tiefere Bedeutung hätte?…“

„Wie werde ich ein Christ – Sören Kierkegaard – Texte vom Glauben, Präsenzverlag 2013, S. 29f. *1

Sören Kierkegaard unterscheidet hier ganz deutlich zwischen religiösen Wahrheiten und einem persönlichen Glauben, der für das ganz persönliche und individuelle Leben bedeutsam ist.

Und genau an dieser Stelle bricht Kirchlichkeit und persönliche Religiosität heutzutage auseinander.

Und in ihrer persönlichen Religiosität sind die Menschen auch heute immer noch Suchende.

Diese Suche nach Gott ist übrigens schon für Benedikt von Nursia das entscheidende Kriterium dafür, zu entscheiden, ob Anwärter in ein Kloster aufgenommen werden können. Die Suche nach Gott geht nämlich einer Sehnsucht nach Gott voraus, die sich konkretisiert in religiösen Fragen und auch praktischem religiösen Tun.

Im Psalm 14 finden wir das Wort: „Der Herr blickt vom Himmel herab auf die Menschen, ob noch ein Verständiger da ist, der Gott sucht.“

Suchen wir also in unserer Kirche, in unseren Gemeinschaften, an unseren ‚Standorten kirchlichen Lebens‘ noch die Menschen, die Gott suchen?
Gehen wir dabei über die Kreise der Menschen hinaus, die sowieso immer noch zu uns kommen?

Hier deutet sich schon an: konkrete Nachfolge ist auch das Suchen und Aufsuchen der Menschen, die auf der Gottsuche sind.

Natürlich können wir dabei bei uns selber anfangen, aber wir dürfen dabei nicht stehen bleiben, dürfen keine Nabelschau betreiben.

Die eigene Gottsuche, aber auch die der anderen – teils unbekannten Menschen – ist die Suche nach der Bedeutung und Alltagstauglichkeit meines Glaubens, unseres Glaubens.

Wenn die Kirche und ihr Dienst für die Menschen nicht mehr für deren konkretes Leben bedeutsam sind, dann werden die Kirchen überflüssig und bedeutungslos.

Der französische Bischof Jaques Gaillot hat einmal den Satz getan: „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts!“

Eine Kirche also, die die Lebensrealitäten der Menschen nicht wahrnimmt oder sie sogar nach ihrer eigenen Doktrin umzumodeln versucht, ist fehl am Platze.

Bild von Manfred Antranias Zimmer auf Pixabay

Und da sind wir bei vielen konkreten Beispielen in unserer Gesellschaft.

Wenn es z.B.

  • um die Frage nach der Geschlechtergerechtigkeit geht,
  • wenn es darum geht, wie Menschen heute gut und sinnvoll leben könnten,
  • wenn Angst und Sorgen der Menschen auch Auswirkungen hat auf gegenseitige und gesellschaftliche Solidarität,
  • wenn Menschen versuchen, ihrer Geschlechtlichkeit auf die Spur zu kommen und merken, dass es nicht nur Mann und Frau gibt, sondern eine große biologische Vielfalt, die für betroffene Menschen zu einer echten Herausforderung wird, sich selber zu finden.*2
  • Wenn es darum geht, das Thema „sexualisierte Gewalt“ konkret vor Ort auch zu behandeln, also in unseren Gemeinschaften offen und ohne Tabus darüber zu sprechen und in der Breite die Verhinderung solcher Verbrechen zum Thema zu machen.
  • Wenn es darum geht, dass Menschen sich die Frage stellen, ob und wie lange sie sich dem unheilbaren Leiden am Leben und an einer Krankheit aussetzen müssen, ohne für sich entscheiden zu dürfen, wann es gut ist.

Allein diese letzte Frage, ist so brandaktuell und ich kann nicht sehen, dass wir uns in unseren kirchlichen Gemeinschaften vor Ort damit beschäftigen.
Dabei geht es überhaupt nicht zuerst um die Frage des „assistierten Suizids“, sondern schon allein um die Frage, ob wir Menschen zur Seite stehen, die durch passive Verhaltensweisen sagen: „Nun ist es genug!“ – Gemeint ist das sogenannte „Sterbefasten“. – Haben Sie schon mal etwas davon gehört?! – Nein?

Kurzer Exkurs zu „Sterbefasten“

Beim Sterbefasten geht es um ein Verhalten von alten und/oder kranken Menschen, die sich ähnlich – wie Eliah (s.u.!) – sagen: „Nun ist es genug!“ und durch bewussten Verzicht auf Nahrung und Trinken ihren Sterbeprozess unterstützen wollen. Für Zugehörige oft eine krasse Situation, weil sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, weil sie sich nicht die Frage gestellt haben, ob ein solches selbstbestimmtes Sterben auch ethisch und moralisch akzeptabel sein kann. Viel Leid entsteht durch eine solche Verunsicherung auf beiden Seiten.

Ich nenne nur ein Beispiel: eine demenzerkrankte Person verweigert bewusst die Aufnahme von Essen und Trinken. Ist es da wirklich ethisch und moralisch geboten, diese Person gegen ihren eigenen Willen über eine Magensonde mit Nahrung oder über eine Infusion mit Flüssigkeit zu versorgen?

Bild von Peggychoucair auf Pixabay

[1 Kön 19,4-5: Er selbst (Eliah) ging eine Tagereise weit in die Wüste hinein. Dort setzte er sich unter einen Ginsterstrauch und wünschte sich den Tod. Er sagte: Nun ist es genug, Herr. Nimm mein Leben; denn ich bin nicht besser als meine Väter. Dann legte er sich unter den Ginsterstrauch und schlief ein.]

Selbst für den gottesfürchtigen Propheten Eliah gab es die Option, sein Leben durch Nahrungs- und Getränkeverweigerung ein Ende zu setzen. Allein der Hinweis Gottes, dass ER noch einen Auftrag für ihn habe, durchkreuzte Eliahs Pläne.

An dieser Stelle möchte ich keine voreilige ethische Bewertung zu diesem Themenkomplex vornehmen, sondern möchte dafür sensibilisieren, dass das konkrete Fragen und Herausforderungen heutiger Menschen mitten unter uns sind. Vielleicht stellen Sie sich sogar selber solche Fragen? Wo sind wir also als Kirche bei den Menschen und in solchen Fragestellungen?!


Bild von Manfred Antranias Zimmer auf Pixabay

Und so sehen wir, dass wir in unserem etablierten kirchlichen Leben oft nur Platz haben für ganz bestimmte Vorstellungen und Arten von kirchlichem Leben und Themen und die Frage nach der persönlichen Religiosität quasi keinen adäquaten Platz findet.

Wenn Jesus uns als heute uns also auffordert: „Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter:innen für seine Ernte auszusenden!“ – dann müssen wir wohl gleichzeitig darum beten, dass wir die Augen dafür geöffnet bekommen, wo die Menschen um uns herum (uns selber eingeschlossen) nach Gott in ihrem Leben suchen und in ihrer konkreten Lebenssituation religiöse Fragen haben und Antworten suchen.


*1: Ursprüngliche Quelle:

Das Zitat stammt aus seinen Tagebüchern Band 1, S. 16f (Tagebucheintrag „Gilleleie, den 1. Aug. 1835“)

erschienen in: Sören Kierkegaard, Gesammelte Werke und Tagebücher, übersetzt und herausgegeben von Emanuel Hirsch, Hayo Gerdes und Hans Martin Junghans, Grevenberg Verlag Dr. Ruff & Co. OHG, Band 28: Die Tagebücher, Erster Band, Simmerath 2003.

*2 Mann-Frau-Schema ist nicht eindeutig.




Oster – Frieden

Plädoyer für Frieden und gegen Krieg und Kriegstreiber

Bild von falco auf Pixabay

Nach seiner Auferstehung erschien Jesus Christus auch seinen Jüngern und sprach zu ihnen: „Friede sei mit euch!“

In der österlichen Liturgie greifen wir diesen Satz vor dem Friedensgruß auf.

Heute, im Jahr 2022, wo wieder ein brutaler und grauenvoller Krieg durch die russische Armee und auf Befehl des russ. Präsidenten Putin gegen die Ukraine tobt, frage ich mich, wie weit es her ist mit diesem Oster-Frieden?!

Da ist der russische Präsident, der sich sehr offensichtlich Rückendeckung bei der russisch-orthodoxen Kirche holt. Da ist die russische-orthodoxe Kirche, die nach der Zeit ihrer gesellschaftlichen Bedeutungslosigkeit in der Sowjetunion nun wieder Morgenduft wittert und versucht, wieder mehr weltliche und gesellschaftliche Macht zu bekommen.

Und diese unheilvolle Verknüpfung von Staatsgewalt und Kirche findet ihren Höhepunkt in dem unseligen Missbrauch des christlichen Glaubens für die Kriegspropaganda.

Am achten Jahrestag der Krim-Annexion durch Russland hat Putin im Stadion eine Rede gehalten, in der er massiv den christlichen Glauben und die biblische Botschaft für seinen menschenverachtenden Angriffskrieg missbraucht.

Wir haben uns daran gewöhnt, dass es andere Terroristen gibt, die ihren vermeintlichen Glauben für ihren Terror missbrauchen und Leid und Tod dadurch verursachen.
Bei Putin zeigt sich dieselbe Haltung, die versucht, einem Staatsterrorismus einen sakrosankten Unterbau zu verpassen. Diese soll Menschen manipulieren und zu willfährigen Akteuren eines Krieges machen, die die wenigsten von Ihnen wahrscheinlich so nicht gewollt haben.

Auf die Spitze getrieben wird das noch durch den Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche in Moskau Kyrill, der diesen terroristischen Angriffskrieg Putins und seiner Getreuen gleichsam zu einem „Heiligen Krieg“ hochstilisieren möchte. Kyrill war übrigens in den 1970er Jahren KGB-Agent wie Wladimir Putin.

Bild von Peter Schmidt auf Pixabay: „Tod des Friedens“

Hier können wir mit Fug und Recht sagen:

Christen bzw. vermeintliche Christen, selbst wenn sie sich als Patriarchen sehen, spielen dem Tod in die Hände!

Es ist – mal wieder – die Pervertierung des Christentums.
Und wäre Christus nicht von den Toten erstanden – er würde sich wohl im Grabe umdrehen!

Die Frage an uns als Christen ist: wie können wir damit leben?! Wie können wir damit leben, dass die Botschaft, das Leiden, der Tod und die Auferstehung Christi so missbraucht werden?!

Mich jedenfalls erschüttert das zutiefst.

Können wir da als Christen heute überzeugend Ostern feiern?
Ich finde zumindest, dass wir es versuchen müssen.

Aber wir sollten es nicht versuchen, wegen des schönen Gefühls und Erinnerungen aus Kindertagen.
Wir sollten es versuchen um Jesu Christi willen.

Als Menschen, die an Jesus Christus glauben und seiner Botschaft noch einen Funken Daseinsberechtigung in dieser Welt geben wollen, müssen wir einen Gegenpart zu einer solchen antichristlichen Haltung und Vernichtungspolitik einnehmen!

Gerade jetzt kommt es darauf an, dass wir uns solidarisieren mit den Menschen, deren Lebensmöglichkeiten und -chancen durch Krieg, Terror und Gewalt bedroht werden.
Jetzt kommt es darauf an, dass wir für das Leben eintreten und auch jenen neue Lebensperspektiven bieten, die ihnen durch den Krieg und anderen Terror genommen werden sollte.

Wenn wir für die Würde und Bewahrung des menschlichen Lebens sind, dann zeigt sich das nicht nur in unserer Haltung zu Abtreibung oder Sterbehilfe, sondern auch bei Situationen, die den Menschen auch zwischen Geburt und Lebensende das Recht auf Leben in Freiheit und Frieden berauben wollen.

Bild von Stefan Keller auf Pixabay

An all die Putins und Kyrills unserer Zeit gerichtet:

Die Osterbotschaft ist keine Botschaft, die ihr zur Rechtfertigung menschenmordender Terrorakte missbrauchen dürft; die Osterbotschaft ist eine Botschaft vom Leben ohne Leid, Krieg und Tod.

Mit eurer Kriegstreiberei steht ihr auf der Seite des Todes!

Kommt endlich auf die Seite des Lebens und des Friedens.




Friede wäre möglich …

Friede wäre möglich

wenn wir genügsam wären
und mit dem, was wir haben und sind
zufrieden wären

Frieden wäre möglich

wenn wir auf Macht verzichten würden
wo wir sie nicht brauchen
und da, wo wir sie brauchen
mit Liebe und Achtung vor Schöpfung und Mensch gepaart
dem Wohle widmen würden
und nicht
unsere eigenen Machtgelüste
zu befriedigen suchten

Friede wäre möglich

wo das Bewusstsein und
die Überzeugung ist
dass wir alle Gebende und Nehmende sind
und gemeinsam an eine gute Welt
bauen wollen
die die Freiheit des anderen achtet
und fördert

Frieden wäre möglich

wo wir ehrlich gegenüber uns selber
und unsere Motive wären
die unser Denken und Handeln
bestimmen wollen

Frieden wäre möglich

wo wir den anderen ebenso groß sein lassen würden
wie wir selber sein wollen

Frieden ist möglich
wenn wir ihn wollen!

(c) Gerd Wittka, 04.03.2022




Gut oder Böse – der sichtbare Unterschied

Lukas 6,45:

„Ein guter Mensch bringt Gutes hervor, weil in seinem Herzen Gutes ist;

und ein böser Mensch bringt Böses hervor, weil in seinem Herzen Böses ist:

Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund.“

https://www.bibleserver.com/LUT/Lukas6%2C45




Dieses Wort finden wir heute im Evangelium des 8. Sonntags.
Und wem jetzt die gegenwärtige Situation mit dem Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine in den Sinn kommt, dem sei gesagt: auch ich habe daran direkt denken müssen.

Ja, ich weiß, dass es sich eigentlich verbietet, vorschnell mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Aber zeigt nicht gerade diese Situation, dass Wort und Taten oft Hand in Hand gehen?

Putin hat noch nach Beginn des Angriffskrieges unverhohlene Drohungen nicht nur gegen die Ukraine sondern gegen die gesamte westliche Welt ausgesprochen.

Diesen Drohungen sind in seinem Fall aber schon Taten vorausgegangen.

Das Problem, über das ‚Böse‘ zu reden

Ja, wir müssen vorsichtig sein, wenn wir über ‚das Böse‘ reden.

Viel zu lange wurde in unserer abendländisch-christlichen Kulturgeschichte ‚das Böse‘ personifiziert und zwar derart, dass es etwas Personales außerhalb von uns Menschen sei.
Infolge dessen wurden Begrifflichkeiten wie „Satan“, „Teufel“ oder „Dämonen“ in ‚einen Sack geworfen‘, wobei man bei genauerem Hinsehen und Bibelstudium sehr leicht erkennen könnte, dass es da doch gravierende Unterschiede gibt.

Der Missbrauch mit diesen Begrifflichkeiten, der seinen Höhepunkt sicherlich in solchen Phasen wie denen der sogenannten ‚Hexenverfolgung‘ gefunden hat, hat in der Geistesgeschichte der Theologie und auch der Philosophie zu einem Umdenken geführt.

Exkurs: Der 'Satan' in der Bibel
Der Satan in der Bibel tritt als der 'Verführer' auf.

Schon in der Schöpfungsgeschichte im Bild der Schlange, die Eva verführt. Aber sowohl bei Hiob als auch bei Jesus erfahren wir vom Satan, der als der Verführer auftritt.
In der Schöpfungsgeschichte ist die teleologische Aussage nicht so ganz einfach.

Bei Hiob und Jesus ist der Satan quasi 'Werkzeug' göttlichen Heilswillens. Der Satan bei Hiob muss sich von Gott die Erlaubnis holen, Hiob in Versuchung führen zu können. Das göttliches Wissen, dass es sich bei Hiob um einen 'Gerechten' vor den Augen Gottes handelt, lässt Gott zustimmen, damit der Satan seine Versuchungsattacken starten darf.
Bei Jesus ist die teleologische Dimension auch klar: Jesus wird in der Wüste in Versuchung geführt, aber er unterliegt der Versuchung nicht, weil und indem er sich als der Sohn Gottes offenbart. Er ist der 'neue' Gerechte in den Augen Gottes und erweist sich sichtbar durch die misslungene Verführung als der 'Gerechte Gottes' und Gottes Sohn.

Die heutige Lesung richtet also das Phänomen des Bösen auf den Menschen selber.
Das ‚Böse‘ ist in den Menschen selber vorhanden. Es kommt also nicht von außen auf uns zu und nimmt von uns ‚Besitz‘. Das Böse ist keine Besessenheit, sondern Teil unseres menschlichen Seins.

Dieses Feststellung macht den Umgang mit diesem Thema dadurch nicht leichter, führt es doch zu der Frage, wie dann das Gute möglich ist, wenn das Böse in uns ist?

Ich bin der Überzeugung, dass das Böse, das in uns ist, keine ‚Zutat‘ unserer menschlichen Existenz ist.
Der Mensch ist nicht so zu sehen, als sei er im Hinblick auf das Gute und Böse, quasi wie ein definiertes Gefäß, in dem sich ein fester Teil ‚Gutes‘ und ein fester Teil ‚Böses‘ findet; also so gesagt: der Mensch besteht nicht aus x% Gutem und x% Bösem. Im Hinblick auf ‚gut‘ und ‚böse‘ ist der Mensch also nicht determiniert.

Das Böse ist defizitäre Liebe

Bild von Moritz Bechert auf Pixabay

Mir persönlich hilft es, das ‚Böse‘ anders zu sehen.
Wenn ich annehmen kann, dass das Böse in mir ist, ich aber als Mensch auch die Möglichkeit habe, etwas ‚gegen das Böse zu tun‘, dann ist das Böse Folge von etwas.
Mir erscheint es die Folge mangelhaften Seins zu sein, genauer gesagt, die Folge ‚mangelhafter Liebe‘.
So ist also das Böse Resultat mangelhafter Liebe. Oder anders ausgedrückt: da wo in meinem Lebensgefäß nicht 100% Liebe ist, da ist in dem Teil, wo keine Liebe ist das Böse. In dieser Hinsicht finden wir, dass der Mensch indeterminiert ist.
Das Böse ist also die Restmenge nicht vorhandener Liebe in mir.
Im Deutschen kennen wir dafür ein hilfreiches Wort: ‚Lieblosigkeit‘.
Da, wo Lieblosigkeit ist, ist der Raum für das Böse.

Oder, wie es in der heutigen Lesung heißt: „… ein böser Mensch bringt Böses hervor, weil in seinem Herzen Böses ist…“

Raum für Gestaltung und Verantwortung

Dieses Sichtweise auf ‚das Böse‘ zeigt uns demnach auch einen Raum für Gestaltung auf und lässt uns verantwortlich sein für das Gute oder das Böse, das wir tun.
Denn, wenn das Böse nicht von außen auf uns zu kommt, uns quasi nicht von außen her ‚überfällt‘ und wir uns nicht auf unsere Ohnmacht zurückziehen und das Böse damit entschuldigen können, sondern das Böse als der Mangel an Liebe in uns selber zu finden ist, dann sind wir auch dafür verantwortlich.

Aber das Beste daran ist: wir sind dem Bösen nicht machtlos ausgeliefert, sondern können mit dem Bösen in uns umgehen.
Wir halten das Heft des Handelns in der Hand, wie das Böse aus uns heraus sichtbar und wirksam werden kann.

Das ist das große göttliche Geschenk der Freiheit, von dem zugleich so viel Leid und Tod ausgehen kann, wie z.B. der Krieg in der Ukraine zeigt!

Aus Putin heraus ist die Idee erwachsen, diesen Angriffskrieg zu beginnen, Verhandlungen abzubrechen, unzumutbare Bedingungen für ‚Verhandlungen in Minsk‘ aufzustellen (da wir wissen, dass der Diktator von Belarus ein Scherge Putins ist) und ein Gerüst von Lügen, Manipulationen und Infiltrationen zu erstellen.

Putin hätte auch andere Wege gehen können: Wege des Friedens und der Verhandlung.
Mit Empathie und Liebe für das eigene Volk aber auch für die Menschen in der Ukraine wäre es oberstes Ziel gewesen, einen solchen Angriffskrieg zu verhindern.

Und Instrumente, vermeintlich berechtigte russische Interessen ohne kriegerische Gewalt zu verfolgen, hätte es genügend gegeben und gibt es immer noch. Ich erinnere da nur an die verschiedenen internationalen und bilateralen Organisationen oder Beziehungen, angefangen von OSZE, UN-Sicherheitsrat, UNO, G7, und wie die ganzen bestehenden Formate alle heißen.

Aber: Putin hat sich bewusst dagegen entschieden, Wege des Friedens und der Diplomatie zu gehen.
Er hat dem Bösen in ihm den Raum gegeben, in dem sich dann diese menschenverachtende Sichtweise und die böse Entscheidung für einen Krieg entwickeln konnte.

Ja, ich bin mir sicher, dass es jetzt einige geben wird, die mir vorhalten, ich hätte nicht das Recht so den Stab über Putin zu brechen. Manche würden hinterfragen, ob meine Haltung und meine Äußerungen hier christlich seien und es wird sicherlich auch jene geben, die whatsaboutism nutzen werden, so nach dem Motto: „Den Splitter im Auge deines Bruders siehst du, aber den Balken in deinem einen Auge nicht“.

All denen möchte ich sagen: Die kriegerischen Verbrechen, die in diesen Tagen in der Ukraine stattfinden, sind so eklatant, dass sich eine Verharmlosung, Relativierung oder falsche Zurückhaltung verbietet!

Das Böse aufzudecken und es beim Namen zu nennen, ist für mich eine christliche Pflicht.

Denn der Preis, den unschuldige Menschen durch dieses Böse, das von Putin ausgeht, zahlen müssen ist zu hoch.

Wenn wir uns als Christen für den Schutz jeglichen Lebens einsetzen, dann darf unsere Stimme in dieser Situation nicht weniger deutlich sein, als in anderen Bereichen, wo wir auf der Seite des Lebens und der Liebe stehen und die Macht des Todes und des Bösen brechen versuchen.

Sich gegen das Böse zu wenden, heißt, für die Liebe zu kämpfen!
Gegen das Böse die Stimme zu erheben, heißt, dem Guten Raum zu verschaffen!

Bild von Alex S. auf Pixabay



Impuls zum 6. Sonntag im Jahreskreis 2022

Bibeltext: Jer 17, 5-8 (Hoffnung für alle)

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Meditation zum Text:

Ich kann nicht tatenlos da steh’n,
ich kann nicht tatenlos zuseh’n,
wie es dem Bach runter geht.

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Es ist zum Kotzen,
wir müssen klotzen –
noch ist es nicht zu spät!

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Woll’n wir nur auf die Trümmer schauen
und nicht selber daran bauen,
dass die Kirche – die erbebt –
sich erneut aus Asche hebt?!

„Es kommt auf mich an
es kommt auf dich an.
Wir wollen es versuchen –
allein auf uns gestellt!“

Doch ER droht uns zu fluchen,
wenn wir SEINE Hilf’ nicht suchen;
des Herrschers aller Welt,
DER uns in SEINEN Händen hält.

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Lasst uns – wenn wir denn bauen –
DER Gnad’ uns anvertrauen
und auch DEM Heiligen Geist,
der Zukunft uns verheißt.

Dreifaltigkeit – Mitte: DIE HEILIGE GEISTKRAFT

Text: © Gerd Wittka, 09.02.2022