OSTERN.GEGEN.MACHT

Bild: KI

Wie werden Sie dieses Jahr Ostern feiern?
Ist es für Sie eine Art Frühlingsfest, auch wenn es in diesem Jahr noch kalt sein könnte?
Feiern Sie Ostern mit seinem christlichen Hintergrund als das Fest der Auferstehung?
Denken Sie, dass Auferstehung nur etwas mit dem Leben nach dem Tod zu tun hat?



Ich habe für mich in den letzten Jahren gefunden, dass Ostern eine wichtige Botschaft für dieses irdische Leben bereit hält, nicht erst jenseits unserer irdischen Lebens.
Denn wie wollte ich an eine christliche Botschaft der Auferstehung glauben, wenn diese nicht schon hier stattfinden kann und wird?!

Auferstehung von den Toten hat für mich viel mit meinem Glauben an Erlösung zu tun:
Erlösung von all dem, wodurch mein Leben gefährdet ist, was meine Lebendigkeit behindert oder sie sogar bedroht ist bis hin zum Gefühl, dass ‚das Leben an mir vorbei geht‘.

Ostern ist für mich der Aufbruch ins Leben, manchmal auch in ein ganz anderes, neues Leben – jenseits meiner bisherigen Vorstellungskraft; jenseits dessen, was ich mir bisher an Lebensmöglichkeiten zu denken und zu leben versagt habe.
Ostern ist für mich die Ermutigung in ein Leben, dass uns wirklich lebendig sein lässt.

Somit ist die Botschaft von Ostern auch eine Botschaft gegen die eigene vermeintliche Ohnmacht.
Es ist eine Botschaft, die mir neue Möglichkeiten eröffnen will.

Und da darf jede/r von uns schauen, nach welchen neuen Möglichkeiten unser eigenes Leben drängt.
Doch damit das neue Leben beginnen kann, muss das ‚alte‘ = bisherige Leben vielleicht erst ‚sterben‘ und sterben können und dürfen.

Dieser Glaube ist aber nicht in jedermanns Sinne.
Denn: Ostern ist zugleich ‚gefährlich‘!
Ostern kann nämlich den Mächtigen Angst machen, weil an Ostern Christus „die Ketten des Todes zerbrach“, wie es im ‚Exsultet‘ der Osternacht gesungen wird.
Da, wo andere unsere Lebendigkeit wie in einem Grab zumauern wollen, bricht Ostern dieses Grab auf, so dass wir wieder ins Leben treten können.

Auferstehung und Himmelfahrt*, Bild: Gerd Wittka mittels KI , März 2024

Ostern hält für uns die Botschaft der Freiheit bereit in allen Fällen, wo wir eingeschränkt, begrenzt oder unfrei sind oder gemacht werden sollen.
Die Wirkung von Ostern kann sein, dass wir aus Mitläufer:innen zu Selbstläufer:innen werden, weil wir unsere Freiheit und Selbständigkeit erkennen und annehmen.

Ostern geschieht nicht nur im Jenseits, sondern bereits Jetzt, wenn wir es nur glauben und es zulassen, unser neues Leben, unseren Aufbruch in eine neue Lebendigkeit!

Stellen Sie sich einmal vor, das hätte Jesus Christus mit seiner Auferstehung für uns auch erreicht?! – Was wäre das ein mächtiges Fest!

Der Auferstandene hält Mahl mit seinen Jüngern, Bild: KI

In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein gesegnetes und wirkmächtiges Ostern 2024!
*Bildbetrachtung zu diesem österlichen Bild: in Arbeit




Hosianna

Palmsonntag in der Krankenhaus-Kapelle

Heute, am Vorabend des Palmsonntags 2024, bin ich wieder sehr glücklich.
Mit über 50 Personen durfte ich in der Krankenhaus-Kapelle des AMEOS Klinikums St. Clemens Oberhausen in die Heilige Woche starten.



Wir haben den Gottesdienst mit einer kleinen Station in der Halle begonnen, bei der wir das Tagesevangelium vom Einzug in Jerusalem gehört haben.
Vorher wurden Buxbaumzweige gesegnet und nach dem Evangelium gingen wir in kurzer Prozession in die Kapelle.
Dort wurde auch die Passion Christi vorgetragen.
Zum zweiten Mal bin ich aber beim Vortrag der Passion als Priester ganz bewusst nicht dabei.
Oft ist es üblich, dass der Priester den Part Jesu der Passionsgeschichte vorträgt. Ich bin aber davon überzeugt, dass diese Aufgabe auch von Nicht-Klerikern übernommen werden kann und sollte.

Nach dem Gottesdienst haben dann noch Jugendliche der kjg St. Clemens „Osternester“ aus Hefeteig gegen eine Spende angeboten, die sie vormittags selber gebacken haben.

Auch diese Initiative kam bei den Teilnehmenden sehr gut an. Und ich würde mich freuen, wenn die kjg auch im nächsten Jahr wieder an uns ‚denkt‘, denn es war eine schöne und gute Bereicherung.




Christliche Tugend: Barmherzigkeit

Was ist Barmherzigkeit?

Vorbemerkungen zum besseren Verständnis der nachfolgenden Gedanken:

Alles, was ich hier schreibe, bezieht sich nicht auf eine konkrete Person (auch wenn ein konkreter Anlass diese Zeilen begründet), sondern auf den Umgang mit einer Thematik, die immer noch in Kirche und Gesellschaft tabuisiert und in der Breite nicht ernst genug genommen wird.



Und noch etwas Entscheidendes muss ich voran schicken, damit die nachfolgenden Ausführungen besser eingeordnet und verstanden werden können:

Grenzüberschreitungen sind niemals eine Bagatelle!

„Keinen Zutritt!“ – www.pixabay.com

Sie sind nicht harmlos, erst recht, wenn eine bestimmte Vertrauensbasis vorliegt oder sie sogar mit Machtmissbrauch verbunden ist, wie es zum Beispiel oft bei Schutzbefohlenen, Kindern und Jugendlichen der Fall ist.
Sie sind insbesondere dann noch gefährlicher, wenn sie mit körperlichen oder sexualisierten Grenzüberschreitungen einhergehen.

Denn so stellen sie zudem einen massiven Angriff auf die sexuelle Integrität eines Menschen dar, die dann ganz besonders brisant ist, wenn diese Menschen sich in einer Entwicklungsphase der eigenen sexuellen Identitätsfindung befinden, wie bei heranwachsenden Kindern und Jugendlichen rund um oder in der Phase ihrer Pubertät.

Die Suche zum ‚Ich‘ braucht umfassenden Schutz!

Seit Ende der 1990er Jahre beschäftige ich mich zwangsläufig, eher unfreiwillig und notwendigerweise, mit diesem ganzen Themenkomplex, der mir schon Ende der 1990er Jahre in einer kirchlichen Beratungsstelle für sexuell übertragbare Krankheiten begegnet ist.
Später wurde ich massiv als Gefängnisseelsorger mit der Thematik konfrontiert und bis zum heutigen Tage als Krankenhaus-Seelsorger in einer Psychiatrie.

Dazu kommt, dass ich selber – als heranwachsender Jugendlicher und sogar später als Priester – Opfer sexueller Grenzverletzung und Übergriffigkeit geworden bin.
Selbst mit Anfang meiner 40er Jahre habe ich in einer früheren Pfarrei durch eine deutlich älteren Frau in einer völlig unverfänglichen gottesdienstlichen Situation (Wohnungseinsegungsfeier!) körperlich-sexuelle Übergriffigkeit erfahren.
Für mich als erwachsener Mann, der seine sexuelle Integrität gefunden hat, war dies trotz allem sehr irritierend, verstörend und hat eine Flut unterschiedlichster Gefühle in mir ausgelöst wie Wut, Ohnmacht, Ekel und Abscheu. (Mein Gedanke damals: am liebsten hätte ich der Frau eine kräftige Ohrfeige geben! – Im Pott würde man sagen: „Eins in die Fresse gehauen!“)

Wenn ich mich dann frage, was solche oder ähnliche Erfahrungen bei Menschen auslösen kann, die ihre sexuelle Integrität noch finden müssen, liegt die berechtigte Vermutung nicht fern, dass bei ihnen massiver Schaden entstehen kann.

Ich kann somit für mich in Anspruch nehmen, in dieser Thematik ‚bewandert‘ zu sein.

Und ich sage auch:
Mir behagt es nicht, mich auch selber als Betroffener sexueller Übergriffigkeit zu outen.
Aber ich halte es im Hinblick auf andere mögliche Opfer für meine moralische Verantwortung, dieses jetzt und hier zu tun.
Zumal ich in den Diskussionen immer wieder erfahre, dass betroffene Menschen nicht ernst genommen werden, so als wäre das lediglich ein kleines Randthema.
Doch die Statistiken sprechen eine ganz andere Sprache.
Und ich habe immer wieder erfahren, dass Menschen, die in solchen Thematiken ihre berechtigten Sorgen und Ängste formulieren und in Protest ausdrücken, ebenfalls nicht ernst genommen werden. Mitunter unterstellt man ihnen sogar niedere Beweggründe.

Und wenn der Umstand, von meiner eigenen persönlichen Lebensgeschichte zu erzählen, die Sensibilität für dieses Thema erhöht und dadurch mehr Menschen vor solchen Taten bewahrt werden können, dann hat sich mein Outing schon gelohnt!

Komme ich aber nun zum eigentlichen Anlass dieses Beitrags.

Vor einigen Wochen konnten wir in unserer Pfarrei eine Situation erleben, die sich mit der Frage konfrontiert sah, ob ein Seelsorger – der in der Vergangenheit wegen zwischenmenschlichen Grenzüberschreitungen seine frühere Aufgabe in einer anderen Stadt aufgeben musste – nun in unserer Pfarrei als Priester und Seelsorger eingesetzt werden solle?

Wenn Schutzmauern zerbrechen oder zerbrochen werden – www.pixabay.com

Ohne näher auf diese Angelegenheit eingehen zu wollen, will ich kurz zwei „Lager“ skizzieren, wie ich sie persönlich wahrgenommen habe.

Die eine Seite bewegte berechtigte Sorgen und Ängste, ob bei einem neuerlichen Einsatz solche Grenzüberschreitungen sicher vermeidbar wären?
Sie hatte berechtigte Fragen, auf der sie keine zufriedenstellenden Antworten bekommen haben.
Deshalb irritierte sie auch sehr stark der Prozess dieser Personalentscheidung.
Sie hatte die Courage und den Mut, diese offenen Fragen, ihre Sorgen, Ängste und Verunsicherungen zu artikulieren.
Nach allem, was wir über Grenzüberschreitungen und Missbrauch empirisch wissen, sind diese offenen Fragen und Sorgen berechtigt.

Da ist zum Beispiel die immens wichtige Frage, ob die damaligen Grenzverletzungen nicht auch eine Vorstufe zu weiteren Handlungen hätten sein können? Wir wissen aus der wissenschaftlichen Forschung rund um Missbrauchsbiographien, dass Täter:innen mitunter – wenn auch nicht geplant – austesten, ‚wie weit sie ohne Widerstand gehen können‘.
Da ist die Frage erlaubt:
Wer ‚garantiert‘ keine Wiederholungsfälle?
Wer übernimmt persönlich die Verantwortung dafür, wenn sich ’so etwas wiederholt‘?
Und dann sind da die nicht unerheblichen Fragen und Unsicherheiten von Eltern und Erzieher:innen: „Woher bekommen wir die Sicherheit, unsere Kinder und Jugendlich der ‚Kirche‘ anvertrauen zu können, die – nach ihrer eigenen Wahrnehmung – nur so unzureichend auf den vorhersehbaren Widerstand vorbereitet war?“

Diese Fragen stehen im Raum und sie zu leugnen oder zu bagatellisieren, hieße, die Sorgen derer, die diese berechtigten Fragen stellen, nicht ernst zu nehmen.

Weil so viele essentielle Fragen und Anmerkungen unbefriedigend beantwortet wurden, deshalb war der Widerstand gegen diese Personalie – nach meinem Dafürhalten – auch so heftig.

Meine persönliche Meinung zu den Anfragen und Protesten: sie waren berechtigt, gut begründet und deshalb nötig!

Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen, in: TE DEUM, März 2024, S. 84

Und dann ist da die andere Seite.
Sie war geleitet von dem Gedanken, diesem Seelsorger ’noch einmal eine Chance zu geben‘.

Dies wurde mitunter damit begründet, dass ja weder ein strafrechtliches noch ein kirchenrechtliches Verfahren zu der Schlussfolgerung kam, dass hier strafbares Handeln vorläge.
Diese Seite zieht damit einen rein formaljuristischen Umstand als Begründung heran.
Dem entgegnete aber jemand, dass mit einem schärferen Strafrecht (wie es es in anderen Ländern gibt) diese Beurteilung auch ganz anders hätte aussehen können. Insofern sei dieses ‚Argument‘ nicht objektiv hinsichtlich dessen, wie solche Taten bewertet werden können.

Diese ‚andere Seite‘ schien häufig über den konkreten Sachverhalt nicht hinreichend informiert zu sein.
Auf die kritische Nachfrage, ob sie sich mit der IPP-Studie des Bistums Essen beschäftigt hätten, wo dieser Sachverhalt auch explizit benannt wird, bekam man oft die Antwort, dass sie diese Studien und insbesondere den betreffenden Abschnitt gar nicht gelesen hätten.

Jemandem eine Chance geben zu wollen, wurde übrigens auch von Menschen gefordert, die im nächsten Satz zugaben, dass sie ‚ihr Kind aber nicht als Messdiener:in in die Kirche schicken würden, wenn besagter Priester bei ihnen eine Messe feiern würde‘.

Und dann tauchte auch das ‚Argument‘ „Barmherzigkeit“ auf.

www.pixabay.com

Es sei schließlich christliche Überzeugung, Barmherzigkeit zu üben.
Und in solchen Situationen würde sich zeigen, inwieweit wir es mit der christlichen Barmherzigkeit ernst nehmen würden.

Es waren übrigens zum Teil dieselben Personen, die Barmherzigkeit einforderten, die mit denen, die gegen diese Personalentscheidung aus den oben ausgeführten Gründen protestierten, recht unbarmherzig umgingen.
Man warf ihnen „Hexenjagd“ vor oder dass sie andere Menschen aufwiegeln würden, sich diesem Protest anzuschließen.

Gerade an diesem Punkt musste ich für mich erkennen, dass es bei der eingeforderten Barmherzigkeit also nicht um eine christliche Grundhaltung ging, sondern diese vermeintliche Forderung nach Barmherzigkeit eher zu einem populistischen Kampfbegriff verkam.

Und das ist für mich die unchristlichste Form mit Barmherzigkeit umzugehen.
Barmherzigkeit im christlichen Sinne ist nicht einseitig; Barmherzigkeit dürfen alle Seiten für sich einfordern.

Es scheint so, als lohne es sich, anhand des oben genannten Sachverhalts das Gebot der Barmherzigkeit genauer zu beleuchten.
Dabei wird es sicherlich auch notwendig sein, andere Aspekte in den Blick zu nehmen, die zeigen werden, das Barmherzigkeit unter verschiedensten Blickwinkel betrachtet werden muss.

Da wäre die Barmherzigkeit gegenüber jenen Menschen die Fehler begangen haben.
Barmherzigkeit ist hier durchaus im umfassenden Sinne gemeint.
Welches Verhalten ist ihnen gegenüber wirklich barmherzig?
Kann es nicht auch ein Akt der Barmherzigkeit sein, Menschen, die Fehler begangen haben und neue Wege gehen wollen, nicht immer dem kritischen Blick auszuliefern, der da mit Argusaugen schaut, ob dieser Mensch nicht schon wieder denselben Fehler macht?
Was macht den Unterschied zwischen „Barmherzigkeit“ und ‚Schwamm drüber!‘?

Dann müssen wir auch die Barmherzigkeit in den Blick nehmen, die die Betroffenen im Hinblick auf ihre eigenen Erfahrungen von Grenzüberschreitungen und Missbrauch erwarten dürfen.
Ferner geht es um die vor- und fürsorgliche Barmherzigkeit potentieller Betroffenen und Opfern gegenüber. Es gibt also auch eine präventive Barmherzigkeit.

Und nicht zuletzt geht es auch um Barmherzigkeit denen gegenüber, die ihre Ängste, Sorgen, offenen Fragen beherzt in einem öffentlichen Protest zum Ausdruck gebracht haben.

Folgende Fragen bewegen mich in diesem Zusammenhang:

  • Was ist (mit) Empathie?
  • Welche Zuordnungen gibt es zwischen Empathie (für Täter und Opfer/Betroffene) und Barmherzigkeit (gegenüber Tätern und zugleich gegenüber – potentiellen – Opfern/Betroffenen)?
  • Welches Maß an Barmherzigkeit ist zumutbar?
  • Gibt es auch Grenzen von Barmherzigkeit?
  • In welcher Zuordnung stehen Barmherzigkeit, Vergebungsbereitschaft und Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe sowie der Schutz und die Anwaltschaft für Opfer, Betroffene und Schutzbedürftige?

Indem ich diese Zeilen schreibe, merke ich, dass diese Fragen nicht alle auf einmal beantwortet werden können.
Ein Blogbeitrag und ein Tag reichen nicht aus, um diesem Thema gerecht zu werden, weil es einfach zu komplex wird und sich ‚einfache‘ Antworten bei einem so sensiblen Thema geradezu verbieten?!

Ich werde mich also in einem späteren Beitrag mich mit diesen oben genannten Fragen beschäftigen und meine Gedanken dazu niederschreiben.


Über konstruktive Kommentare, die bereit sind, auch in der Tiefe eine Begründung zu liefern würde ich mich sehr freuen!
Destruktive Kommentare oder gar Beschimpfungen werde ich nicht freigeben!




Wo ich bin …

… da ist mein Weg

Foto: Gerd A. Wittka, 2024

Kannst du dir vorstellen, durch dieses Dickicht zu laufen?
Also, ich meine damit einen bequemen Spaziergang zu machen?
Wenn ich da durch wollte, müsste ich sicherlich festes Schuhwerk anziehen. Und ich müsste vorsichtig und vorausschauend meine Füße setzen, damit ich nicht umknicke oder in irgendeine unvorhersehbare Senke stolpere.
Durch dieses Dickicht wäre es kein leichtes Fortkommen.

Wir Menschen würden oftmals sicherlich nach einem bequemeren Weg Ausschau halten.
Und das wäre vernünftig, wenn man nicht gerade auf einem Adventure-Trip ist.

Vielleicht ist es die Art des Menschen, oftmals den leichteren und bequemeren Weg zu suchen und zu nehmen.

Doch bei Tieren ist das anders.
Wege zu benutzen, würde sie eher gefährden, weil sie dann sichtbarer und leichtere Beute wären.

Vor einigen Tagen fand ich in diesem Dickicht einen Fasan, der dort nach Körnern pickte.
Und einen Tag später schritt durch dieses Dickicht gemächlich ein Rehbock. Er ging recht langsam, wirkte nicht, wie auf der Flucht zu sein.
Aber von hier aus hätte er auch unverzüglich die Flucht ergreifen können und hätte sich dabei nicht unsicher in diesem Gelände gefühlt.

Als ich diese Beobachtungen meditierte, fiel mir das Wort am Anfang dieses Blogbeitrags ein:

„Wo ich bin, da ist mein Weg!“

Was wäre, wenn wir nicht immer zuerst nach den bequemeren und leichteren Wegen in unserem Leben Ausschau halten würden?
Was wäre, wenn wir dort unseren Weg vermuten und annehmen würden, wo wir gerade sind, egal wie das Gelände beschaffen ist?
Was wäre, wenn wir nicht alle Aufmerksamkeit unseres Lebens darauf verwenden würden, es möglichst sicher, bequem und behaglich zu haben und dann frustriert werden, wenn es anders kommt?
Was wäre, wenn wir unser Leben so annehmen würden, wie es ist und es als den Weg verstehen würden, wo wir hingestellt sind?
Was wäre, wenn wir dort unseren Weg sähen, wo wir gerade sind und wo uns das Leben hingestellt hat?



Beim Propheten Jesaja lesen wir das Wort:

(Jesaja 48,17)

Dann ist unser ‚Weg‘ vielleicht kein bequemer und kein gut ausgebauter Weg; keine Schnellstraße des Lebens, über die man komfortabel cruisen könnte.
Dann könnte ‚mein Weg‘ eine Strecke durch unwegsames Gelände sein.

Um solche Wege gehen zu können, ist eine gewisse Erfahrung und Übung erforderlich.
Dann vermag ich mitunter solche Wege festen Schrittes – wie ein junger Rehbock – beschreiten zu können, der lieber querfeldein seine Wege sucht, als auf festen Pfaden.

Feste Pfade könnten uns zu ‚falschen‘ Orten führen.

Festgelegte Pfade führen uns nur an Orte und zu Punkten einer (Lebens-)Landschaft, die andere vor uns für uns angelegt und somit ‚ausgesucht‘ haben.
Aber diese könnten nicht die Orte sein, zu denen wir hin unterwegs sind.
Sie könnten nicht unsere Lebens-Ziele sein!
Sie können manchmal so etwas wie die Transitstraßen zur Zeiten der Bundesrepublik Deutschland und der DDR nach Berlin sein: sie führen nur in eine ganz bestimmte Richtung. Abweichen von dieser vorher festgelegten Strecke ist strengstens und unter Strafe verboten.

‚Unsere Orte‘, die wir in unserem Leben erreichen sollen, könnten vielmehr abseits von ausgetretene oder vordefinierten ‚Transitstrecken‘ liegen.

Wenn unsere Lebens-Wege uns in unbekanntes, unwegsames und schwieriges Gelände führen, könnte es dann nicht sein, dass diese Nicht-Wege uns an Orte unseres Lebens führen, die nicht in den Vorstellungen anderer Menschen zu finden sind?

Indem ich diese Zeilen schreibe, muss ich natürlich auch den Blick darauf werfen, was solche unbequemen, unkomfortablen oder sogar gefährlichen Wegstrecken sein können.
Es können die großen Herausforderungen des Lebens sein, die gekennzeichnet sind von großen Prüfungen und Strapazen, von Schmerz und Enttäuschung, von Leid und Widersinn, … letztendlich von Sterben und Tod.
Es können diese Art Wege sein, auf die man eigentlich nicht freiwillig gehen wollte, wenn man wüsste, was einen erwartet.

Doch das Leben lehrt uns, dass wir nur in wenigen Fällen es selber und allein zu entscheiden haben, welche Wege wir einschlagen.

Welche Wege uns das Leben weist, nennen die einen Schicksal oder Zufall; andere – zum Beispiel gläubige Menschen – sehen darin das Mitwirken Gottes.

Denn – auch davon bin ich überzeugt – alle unsere Wege werden nicht allein von Gott festgelegt.
Es liegt immer auch etwas an uns, welche Wege wir gehen werden. Oder, wie es Johannes Bours mal formuliert hat:

Gleichnamiger Titel des Buches von Johannes Bours, Leipzig. St. Benno,1986.

Und wenn dieser Glaube noch dazu von der Überzeugung gelebt wird, dass Gott im Letzten nur unser Heil und unseren Segen möchte, dann sind solche – vielleicht unverständlichen – Wege, die guten Wege, die Gott uns weist, oder wie es der Beter im 86. Psalm ausdrückt:

Psalm 86, 11




Sag doch mal: „Hallo!“

Zu Beginn der Fastenzeit hat meine evangelische Kollegin Frau Gehrke-Marolt und ich für die Mitarbeitenden im Johanniter-Krankenhaus Oberhausen eine Aktion gestartet:



Diese Aktion war mit folgender Einladung verbunden:

„…

Vielleicht kennen Sie das evangelische Motto in der Fastenzeit „Sieben Wochen ohne…!“

Wir wollen dieses Motto mal umkehren:

  • Sieben Wochen mit…!“

Für viele bedeutet ‚fasten‘: Verzicht oder Entsagung.
Was wäre, wenn ‚fasten‘ mal etwas mehr als sonst bedeuten würde!?
Was wäre, wenn das „Mehr“ uns auch noch gut tun würde?!

In einer schwedischen Kleinstadt gab es 2023 eine Aktion mit dem Motto:

Säg-hej!“ – „Sag doch mal ‚Hallo‘!“

Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

var _oembed_fb85b34d5db5d1a34f3a9f2da3e7a6bb = '{\"embed\":\"<iframe title="Säg hej!" width="910" height="512" src="https:\\/\\/www.youtube-nocookie.com\\/embed\\/nv4imyQf404?feature=oembed" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen><\\/iframe>\"}';

Sie hatten gehört, dass ein „Hallo“ oder das gegenseitige Anlächeln sich positiv auf das Wohlbefinden und die Gesundheit auswirken. Und das versuchten sie nun selber und machten erstaunlich gute Erfahrungen damit.

Unsere eigenen Erfahrungen bestätigen die Wahrnehmungen aus Schweden:

Ein kurzes ‚Hallo!‘ gegenüber anderen kann ein Lächeln ins Gesicht zaubern; ein Lächeln, dass sich positiv auf die Psyche und die persönliche Befindlichkeit auswirken kann.

Haben Sie Lust, sich mit uns gemeinsam auf diesen Erfahrungsweg zu machen?!

Dann nehmen Sie gerne einen Smiley-Button als Impuls mit, um den ‚MEHR-Wert‘ in dieser Fastenzeit (und darüber hinaus) zu entdecken….“

Foto: (c) M. Gehrke-Marolt

Am Aschermittwoch und am Tag darauf haben sich also meine evangelische Kollegin und ich auf den Weg über die Stationen gemacht.
Wir wurden eigentlich überall freundlich empfangen und diese Aktion wurde sehr gut angenommen.
Es gab dazu viel Spaß bei der Auswahl des passenden Buttons, für sich selber aber auch für andere, wie z.B. für Kolleg:innen der Spät- und Nachtschicht.

Diese Aktion hat mir gezeigt, dass die Mitarbeitenden schon längst über die positive Wirkung wissen, die ein „Hallo“ oder ein freundliches Lächeln auslösen kann.
Sie konnten aber auch berichten, wie sehr es ihnen selber oft gut tut, wenn man ihnen mit einem freundlichen Wort oder einem echten Lächeln begegnet.
Denn gerade der Alltag der Mitarbeitenden im Krankenhaus verlangt ihnen oft sehr viel ab, ist verbunden mit Stress und Frustration.

Da kann es echt ein Segen sein, wenn jemand mal freundlich „Hallo!“ sagt!


Zum Schluss noch ein passender Text, der uns freundlicherweise vom Verfasser, Herrn Olaf Lüken, zur Verfügung gestellt wurde:


mit freundlicher Genehmigung: © Olaf Lüken (15.02.2023) , Olaf Lüken bei e-stories.de




‚Der ewige Bund‘ – im Zeichen des Regenbogens

Am 1. Fastensonntag haben wir den Gottesdienst in der Krankenhaus-Kapelle unter dieses Zeichen gestellt.

Der Regenbogen ist ein archetypisches Symbol. In vielen Mythen spielt er eine Rolle.

In der 1. Lesung aus dem Alten Testament hörten wir Gen 9, 8-15.

Quelle: www.pixabay.com

In der griechischen Mythologie galt er als Kennzeichen der Götterbotin Iris, die auf dem Regenbogen hinabstieg.
Im Alten Orient galt der Regenbogen als Symbol des Sieges nach dem Streit zwischen den Göttern.
Kein Wunder also, dass er auch in der Bibel einen wichtigen Stellenwert hat.



Der Regenbogen gilt als Zeichen der Verbindung von Himmel und Erde, Gott und den Menschen. Er ist nach biblischen Verständnis zugleich ein Symbol der Hoffnung und der Errettung.
In seiner Farbenpracht steht er gleichzeitig für Vielfalt.

Im gesellschaftlichen Leben erleben wir die Symbolik des Regenbogens

  • als Friedenszeichen (seit 1961 ist die Regenbogenfahne mit dem Schriftzug „pace“ das Symbol der italienischen Friedensbewegung, das mittlerweile international genutzt wird),
  • als Zeichen sexueller Vielfalt und
  • als Zeichen für den Umweltschutz und der Bewahrung der Schöpfung (greenpeace).
Foto: (c) Gerd A. Wittka, 2024

Das Giveaway war ein kleines Stück Regenbogen-Band, welches sich die Gottesdienstteilnehmer:innen mit nach Hause nehmen konnten.
Früher hatte man – um sich an etwas zu erinnern – einen Knoten ins Taschentuch gemacht.
So waren die Teilnehmenden eingeladen, dieses Bändchen irgendwo, wo sie tagtäglich darauf schauen, fest zu machen, z.B. am Schlüsselbund (wie ich es getan habe) oder an Reißverschlüssen von Rucksack, Taschen oder anderen Alltagsgegenständen.

Foto: (c) Gerd A. Wittka, 2024

Dieses Zeichen möge uns besonders in der Fastenzeit daran erinnern, dass Gott mit uns und mit der ganzen Schöpfung einen ewigen, unverbrüchlichen Bund geschlossen hat.
ER lädt uns ein, immer wieder in diesen Bund mit IHM einzutreten – alle Tage unseres Lebens.