“ … mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken …“

Impuls zum 30. Sonntag – Lesejahr A – 2020 –
Bezugstext: Mt 22, 34 – 40

https://www.bibleserver.com/EU/Matth%C3%A4us22,34-40


Wissen Sie eigentlich im Detail, welche Schutzregeln jetzt gerade wegen der Corona-Pandemie im öffentlichen Leben und auch hier in der Kirche gelten? —

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Wenn ja, dann haben Sie in den letzten Tagen aufmerksam die Nachrichten aus der Kommune und seitens unseres Bistums und unserer Pfarrei verfolgen können.

Wenn nicht, dann bin ich mir sicher, dass Sie damit nicht allein sein.

Die Herausforderung unserer jetzigen Zeit ist, dass sich immer wieder Regelungen und Empfehlungen im Umgang mit der Corona-Pandemie ändern. Diese Änderungen sind der aktuellen Infektionslage aber auch der besseren wissenschaftlichen Erkenntnis im Umgang mit diesem Virus geschuldet.

Dennoch habe ich Verständnis dafür, dass viele Menschen das als verwirrend empfinden.
Hingegen habe ich kein Verständnis dafür, dass manche dahinter irgendwelche Verschwörungen wittern oder diese gefährliche Pandemie mit einer gewöhnlichen Erklärungskrankheit gleichsetzen, wie ich es am vergangenen Donnerstag in einem Forum gelesen habe.

Neben diesen – gefühlt – sich ständig ändernden Schutzregelungen gegen Corona gibt es noch eine Fülle von Gesetzen und Regeln, die wir – so ganz nebenbei und unbewusst – ständig und tagtäglich in unserem Lebensalltag integrieren müssen. Das fängt schon bei den Verkehrsregeln an, die für alle VerkehrsteilnehmerInnen gelten. Das setzt sich fort bei unserem friedvollen gesellschaftlichen Zusammenleben.

Ich könnte Ihnen noch so viele Regeln skizzieren, die für uns ständig gelten und nach denen wir uns zu richten haben.



Welch eine Wohltat ist es dann, wenn wir heute im Evangelium hören, dass Jesus alle Glaubensregeln in diese Worte zusammenfasst:

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“

Wow!

Das war es, liebe Schwestern und Brüder.
Mehr brauchen wir als ChristInnen und Christen in der Nachfolge Christi eigentlich nicht ‚beherzigen‘.
Ich sage ganz bewusst nicht: „Mehr brauchen wir nicht zu wissen!“

Denn bei den göttlichen Geboten geht es nicht allein darum, sie zu wissen und zu befolgen, sondern sie sich „zu Herzen zu nehmen“.

Das Herz ist der Sitz unserer Liebe.
Wenn wir diese Gebote beherzigen oder uns „zu Herzen nehmen“, dann schauen wir auf sie mit Liebe und entdecken darin auch die Liebe Gottes zu uns Menschen.

Es geht also darum, diese wichtigen Gebote der Gottesliebe, der Nächstenliebe und der Selbstliebe gleichsam mit dem Herzen zu ‚lesen‘.

Wie befremdlich ist es dann, wenn es unter uns Christen immer noch welche gibt, die meinen, die Kirche müsste permanent, für alles und jeden bis ins Detail Regeln erlassen?

Alle kirchlichen Verhaltensregeln müssen sich mit der Aussage Jesu aus dem heutigen Evangelium überprüfen lassen und müssen damit in Einklang zu bringen sein. Die Kirche muss eben nicht alles ‚bis ins Schlafzimmer hinein‘ regeln.
Es sollte vielmehr selbstverständlich sein, dass die Kirche immer die Regeln des guten Anstands, der Eigenverantwortung und der Freiheit der Kinder Gottes zu achten und zu schützen hat.

Wenn wir heute dieses Evangelium hören, dann darf dies für uns eine Ermutigung sein, sich mit unserem Verstand und unserem Herzen mit diesen Geboten zu beschäftigen und sie in unserer Leben zu integrieren.

Mit Herz und Verstand dieses dreifache Liebesgebot sich zu Herzen zu nehmen und sich zu eigen zu machen: Das ist eigentlich alles und zugleich so anspruchsvoll!

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“




Gebt dem Kaiser, was des Kaiser ist …

… und Gott, was Gottes ist

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Impuls zum 29. Sonntag im Kirchenjahr A

In der Passion des Johannes sagt Jesus in seiner Verteidigung vor Pilatus: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18, 36).

Wenn wir uns heute als JüngerInnen Jesu verstehen, wie sieht es dann mit uns in der Nachfolge Christi aus? Haben wir dann auch nur einem „Reich“ zu dienen, das nicht von dieser Welt ist und über das Jesus herrscht?

Ausgehend von dieser Passion ein paar Impulse zum heutigen Evangelium, in dem Jesus sagt: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist!“

Hier setzt Jesus selbst seine Aussage aus seiner Verteidigungsrede in eine Relation. Es gibt einerseits die ‚weltlichen‘ Dinge und Zuständigkeiten und dann die ‚Dinge Gottes‘.



In seinem Gebet vor seiner Passion betet Jesus die Worte in Bezug auf seine JüngerInnen (Joh 17, 15-1:

„Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen. Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin. (…) Wie du mich in die Welt gesandt hast, habe auch ich sie in die Welt gesandt …“

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Hier wird noch einmal der Bezug deutlich, den Jesus auch im heutigen Evangelium herstellt.

Plakativ ausgedrückt könnte das Motto christlicher Existenz deshalb lauten:
„Nicht von der Welt, aber in der Welt“

Als ChristInnen beziehen wir in unsere irdische Existenz eine Dimension mit ein, die jenseits aller Weltlichkeit ist, nämlich die Dimension Gottes, die wir auch als Ewigkeit bezeichnen können.

Anteil an dieser Ewigkeit zu haben und diesen Anteil nicht zu verlieren, sondern darin einst auch wieder hineingenommen zu werden – nach unserer irdischen Zeit – das ist die christliche Sehnsucht und Verheißung; dafür sammelt Jesus seine JüngerInnen.

Er macht aber auch – nicht nur durch Worte, sondern auch durch sein eigenes Beispiel und Handeln deutlich -: solange wir in dieser Welt sind, darf uns das Weltliche nicht egal sein!
Wir dürfen uns nicht überheblich dem Weltlichen gegenüber zeigen, sich also nicht darüber erheben, sondern will sollen uns immer vergegenwärtigen, dass wir – solange wir in der Welt leben – auch ein Teil von ihr sind.

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Und in dieser Welt hat sich dann unser Christsein zu bewähren, in dem wir die Sorgen und Nöte der Welt, in dem wir die Lebenswirklichkeiten unserer gegenwärtigen Welt nicht ignorieren, sondern sie wahrnehmen und mit ihr umgehen – in christlicher Verantwortung und Vision.

Christsein heute bedeutet also nicht Weltflucht, sondern Welt-sucht. Wir suchen die Welt auf und versehen unseren Dienst in ihr, weil wir ein Teil von ihr sind.
Dabei vergessen wir aber nicht, dass es noch die überweltliche Dimension gibt, der wir uns widmen sollen und zwar in dieser Welt mit unserer lebendigen Gottesbeziehung, durch Gebet, Meditation und Kontemplation.

Vita aktiva und vita contemplativa: das sind die beiden Seiten christlicher Existenz in der Welt von heute und morgen.




„Stille ist Stillstand“

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„Stille ist Stillstand!“ – Dieser Satz fiel spontan in einem Gespräch.

Ich schwieg erst einmal und ließ diesen Satz so stehen. Später musste ich in Gedanken aber wieder zu diesem Satz zurückkehren.

War dieser Satz wahr? Traf er zu?

Ich denke in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Personengruppen würde dieser Satz Zustimmung finden.

Da denke ich zum Beispiel an Produzenten. Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen in die Kurzarbeit getrieben. Manche Firmen mussten ganz ihre Produktion einstellen.
Wenn dann der Produktionsleiter durch die Produktionshallen gehen würden, in der die Maschinen still stehen, würde er sicherlich diesen Satz bejahen können: „Stille ist Stillstand!

Es sind aber auch Situationen denkbar, da bewirkt Stille genau das Gegenteil …



Die Dynamik der Stille

Wer hingegen schon mal in die Stille gegangen ist – gewollt oder ungewollt -, konnte vielleicht auch die machtvolle Seite der Stille erleben.

Das Ungewöhnliche an der Stille ist, dass man sich manchmal danach sehnt; wenn man dann drin ist, kann man eine Überraschung erleben:

Der Weg der Stille führt nämlich von ‚außen‘ nach ‚innen‘. Anfangs fokussiert man seine Aufmerksamkeit auf das, was außerhalb eines selbst ist.

Vielleicht versucht man noch Geräuschen zu lauschen, je nach Ort: draußen in der Natur das Zwitschern der Vögel, das Säuseln des Windes oder das Plätschern des Regens.

Oder man hört die Geräusche des Hauses oder der Wohnung: Wasserspülungen , das Rauschen der Heizung, das Geräusch des Kühlschrankes, das Ticken einer Uhr, die knautschenden Geräusche, wenn man sich im eigenen Sessel bewegt.

Von außen nach innen

Irgendwann geht die eigenen Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper. Man lauscht dem eigenen Atemrhythmus. Manch eine/r hört sogar den eigenen Herzschlag oder spürt am Hals den eigenen Puls, der das Blut durch die Ader schleust.

Dann – allmählich – kommen die Gedanken in einem hoch. Bleibt man in der Stille und bei sich und gibt nicht der Versuchung nach, sich zu zertreuen oder abzulenken, dann beginnen die Gedanken eine Eigendynamik zu entwickelt.

Unterschiedliche Themen ploppen auf oder Gefühle kommen hoch.

Abenteuerreise ins unbekannte Land

Jetzt beginnt die Phase, wo der Mensch dann auf sich selbst zurückgeworfen wird. Jetzt beginnt die spannende und die machtvolle Phase der Stille.

Das Spannende ist nun, dass – wenn wir nicht dagegen lenken – die Stille eine Eigendynamik entwickelt, die zu einer Herausforderung werden kann.

Beiseitegeschobene Themen oder unterdrückte Gefühle können langsam aus den Tiefen des eigenen Ichs ihren Weg nach *oben* ins eigene Bewusstsein finden und wecken Erinnerungen; Erinnerungen die mit schönen aber auch mit schweren, belastenden oder sogar schmerzhaften Gefühlen verbunden sind, ebnen sich ihre Bahn ins Hier und Jetzt.

Je nachdem, welche Erfahrungen und Erinnerungen es sind, kommt es jetzt darauf an, zu entscheiden, welchen Weg man weitergehten will?

Sollten es traumatische Erinnerungen sein, ist ein weiterer Weg durch die Stille sicherlich nur unter fachkundiger Begleitung zu empfehlen. Die Schäden, die sonst entstehen könnten, wären fatal!

Ansonsten ist es jetzt hier nötig, eine Entscheidung zu treffen: Bin ich bereit mich den verdrängten Erinnerungen und Gefühlen zu stellen und zu entdecken, wohin sie mich führen, oder ängstigen sie mich so sehr, dass ich lieber davon wieder Abstand nehmen möchte?

Den Drachen in mir nutzen
Bild von ImaArtist auf Pixabay

Im Rahmen einer geistlichen Begleitung würde ich meist dazu ermutigen, zu versuchen, sich dieser Erfahrung zu stellen, die aus der Stille erwächst.

Denn diese solche Phasen bergen – bei aller Eigendynamik – auch die Chance einer persönlichen Entwicklung und Reifung, indem ich nämlich ‚Unerledigtes‘ anschaue und vielleicht sogar versuche, damit umzugehen; indem ich eine neue Haltung dazu finde oder sogar neue Entscheidungen für mein eigenes Leben daraus resultieren, die mich weiterbringen.

Wer eine solche Stille erlebt (hat), wird sicherlich dabei erkennen können:

Stille bedeutet eben nicht Stillstand, sondern ein Weg, dessen Verlauf und Ziel mir vielleicht unbekannt sind, der mich auf ungewohnte Pfade setzt und der mich herausfordert, weil ich nicht weiß, ob ich diesen Weg gehen kann und ob ich die Kräfte dazu habe.
Stille birgt in dieser Hinsicht die Chance einer Eigendynamik, die mich herausfordert und auch manchmal herausführt aus einer Gleichgültigkeit, einer Gleichförmigkeit und Lethargie des ‚Alltags‘.


Gebet

Jesus Christus, mein Bruder und Gefährte.

Du bist vierzig Tage lang den Weg in die Stille der Wüste gegangen.
Auch dich forderte diese Stille heraus und hat dich versucht.
Am Ende dieser Zeit lag dein Weg klarer vor deinen Augen.
Ich bitte dich, gib mir den Mut, immer wieder in die Stille zu gehen.
Lass mich die bestärkende und die klärende Kraft der Stille spüren und schenke mit die Gnade, meinen Weg klarer zu erkennen, der mich ein Stück mehr zu meinem ‚Ich‘ und zu meiner Bestimmung führt.


Ihre Gedanken

Wenn Sie selber die Stille erlebt haben und sich mitteilen wollen, wie es Ihnen damit ergangen ist, lade ich Sie gerne ein, mir zu schreiben.




Fest der Erzengel

29. September – Fest der Erzengel Michael, Gabriel und Rafael

Der Erzengel für die Kranken und Reisenden: Rafael

Detail aus: Tobias und Rafael, 17. Jhd., Kopie nach Adam Elsheimer, gemeinfrei, Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Raphael_(Erzengel)#/media/Datei:Raphael_and_Tobias.jpg

„Rafael“ – „Gott heilt“
Er ist der Erzengel (Erst-Engel), der den jungen Tobias auf seiner Reise begleitet.
Er heilt seine (zukünftige) Frau Sara und auch seinen Vater Tobit.
Er weist Tobias auf die Heilmittel hin, die er während seiner Reise zur Verfügung hat und lädt ihn ein, diese Heilmittel, die ein ‚Geschenk des Himmels‘ sind, einzusetzen, wenn es dazu Zeit ist.

Es ist Tobias selber, der die heilsamen Taten des – ihm noch verborgenen – Erzengel Rafaels beschreibt. So steht es im Buch Tobit, im 12. Kapitel Vers 3f.

Tobias über Rafael zu seinem Vater Tobit:

„… Er hat mich gesund heimgebracht, meine Frau geheilt, das Geld mit mir gebracht und dich gesund gemacht….“

Deshalb kommt es nicht von ungefähr, dass dieser Erzengel der Patron der Reisenden und der Kranken ist.

Das Fest der drei Erzengel Gabriel, Michael und Rafael lädt uns ein, wieder einmal bewusster auf diese himmlischen Begleiter aufmerksam zu machen.

Als Krankenhaus-Seelsorger möchte ich den Erzengel Rafael für meine Arbeit spirituell neu entdecken und ihn den Menschen vorstellen, die sich so sehnlichst himmlische Hilfe und Beistand wünschen.



Rafael ist als Erzengel – trotz seiner herausragenden Stellung unter den Engeln Gottes – lediglich ein Gesandter Gottes. Er kann nicht aus sich selbst heraus heilen, sondern er ist der heilsame Bote Gottes, der von Gott selber die Werkzeuge der Heilung in Wort und Tat überantwortet bekommen hat, um damit den göttlichen Willen nach Heil(ung) zu erfüllen.

Für manche Christen ist in unserer heutigen Zeit das Verständnis der Engel und ihre Rolle ziemlich schwierig.

Warum?
Manche wenden sich im direkten Gebet an sie. Manche lehnen genau dieses ab, weil sie sagen: Ich bete direkt zu Gott.
Ist das ein Widerspruch?
Kann man eigentlich zu Engeln beten? Ist nicht Gott selber, in seiner Dreifaltigkeit, Adressat all unserer Gebete?

[Auch bei der Frage, ob wir zu Heiligen beten können, kommt dieser Aspekt immer wieder auf. – Da verweise ich gerne darauf, dass wir nur Gott allein „anbeten“ können, aber wir können uns im Gebet an die Heiligen wenden, um sie um Fürsprache in unseren Anliegen bei Gott zu bitten, denn wir glauben, dass sie nun in der ‚Nähe Gottes‘ sind und unsere Fürsprecher sein können.]

Ich habe Verständnis dafür, wenn manche ZeitgenossInnen Probleme damit haben, sich im Gebet an Heilige oder an die Engel (Erzengel und Schutzengel) zu wenden.

Auf einer evangelischen Seite fand ich dazu eine sehr schöne Ausführung, der ich selber mich gut anschließen kann und als erklärende Antwort zitieren möchte:

„…Engel als Vermittler zwischen Menschen und Gott sind in unserem Glauben durchaus vorhanden. (…) Wer sich also an Engel wendet, nutzt sie als das, was sie sind: Vermittler zwischen uns und Gott.
Engel haben den „Vorteil“, dass man sie leichter spüren, erahnen kann als Gott.
Wie es von Elia erzählt wird, der nur noch sterben will, sich hinlegt, und ein Engel fasst ihn an, weckt ihn auf, spricht direkt mit ihm, bringt ihm sogar zu essen und zu trinken. (1. Kön 19) Gott schickt seine Engel, weil wir sie brauchen….“

Zitiert nach: https://fragen.evangelisch.de/frage/8957/durfen-christen-zu-engeln-beten

Und wenn Sie sich fragen, wie ein Gebet zu den Engeln aussehen könnte, dann möchte ich Ihnen ein Gebet „An die Schutzengel unserer erwachsenen Kinder“ von einem unbekannten Verfasser zitieren:

„Ich spreche zu den Engeln unserer Kinder:
Seid Ihr immer noch bei ihnen und habt ihre Wünsche in Euren Händen?
Wisst ihr etwas von ihrer kampferfüllten Einsamkeit?
Und wenn sie nun Euch und das Leben ablehnen, wendet Ihr Euch dann ab und weint, oder bleibt Ihr trotzdem bei ihnen?
Sie brauchen Euch, mehr noch als damals, als sie noch klein waren.
Sie brauchen Euch ganz dringend!
Denn diese Jahre sind die schwerste Zeit!
Alles muss eigenhändig geregelt werden, man muss sich freikämpfen, alles selbst verantworten und von Engeln will man nichts wissen.

Ihr Engel unserer erwachsenen Kinder!
Eine Mutter darf nicht länger eingreifen, aber Ihr dürft.
Ein Vater darf nicht länger Ratschläge erteilen, aber Eure Weisheit kommt von Gott.
Bleibt bei unseren erwachsenen Kindern, Ihr Engel!
Helft ihnen, im Gestrüpp zu wandern und den rechten Weg zu finden.
Führt sie nicht den leichtesten Weg, aber den schönsten – ihren eigenen Weg!“

Zitiert nach: https://www.christus-unser-bruder.de/2018/08/die-schutzengel-fuer-erwachsene-kinder/

Ihnen allen eine gesegnete Zeit … und versuchen Sie, ihre Beziehung zu ‚Ihrem‘ Engel zu pflegen!
Und an alle Kranken, die nach Heil(ung) suchen: Vertrauen Sie sich dem Boten Gottes, dem Erzengel Raphael, an. Er hat den Auftrag Gottes, Sie durch Ihre Phase der Krankheit und des Leidens zu begleiten und Ihnen Gottes Kraft und Nähe zu bringen.




Liebe schuldig …

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Gedanken zum 23. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A – 2020

Lesungstext: Röm 13, 8-10 https://www.bibleserver.com/EU/R%C3%B6mer13%2C8

Machen Sie gerne Schulden?
Ich nicht! Ich versuche möglichst ohne Schulden und ohne Kredite durchs Leben zu kommen oder sie möglichst schnell wieder los zu werden.

Durch Schulden habe ich das Gefühl, ein Stück meiner eigenen Freiheit zeitweise eingeschränkt zu haben.

Wenn ich Schulden losgeworden bin oder Kredite abbezahlt habe, fühle ich mich sofort etwas freier!

Wie geht es Ihnen?

Heute hören wir die Worte in der Lesung aus dem Römer-Brief:

„Bleibt niemandem etwas schuldig, nur die Liebe schuldet ihr einander – immer.“

Wenn man – wie ich – so ein negatives Bild von Schulden hat, dann kann man sich bei solchen Worten etwas erschrecken.
Will Paulus uns dadurch etwas unserer eigenen Freiheit berauben oder uns Druck machen?

Ich habe gelernt dieses Wort im Kontext mit einem Wort des heiligen Augustinus zu sehen und zu verstehen.
Augustinus hat das so formuliert:

„Liebe! – Und tue, was du willst!“

Für Augustinus ist sogar das Streben nach Liebe eine Möglichkeit, freier durch das Leben zu gehen.
Ich muss nämlich gar nicht mehr sklavisch fragen: habe ich alle Vorschriften eingehalten, habe ich bestimmte Vorschriften nicht eingehalten oder übertreten?

Augustinus sagt: Wir müssen in unserem Leben nur immer der Liebe folgen, dann werden wir eigentlich nichts falsch machen können.

Aber der Liebe zu folgen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

Doch wer Liebe gelebt und erlebt hat, wird zugleich auch wissen, wie schön die Liebe ist, wenn ich sie gebe und wenn ich sie erfahre.

Also: wenn wir die Liebe einander niemals schuldig bleiben, dann manchen wir nicht nur das Leben anderer sondern auch unser eigenes heller, freundlicher, friedlicher und freier.

Liebe, und tue was du willst und du wirst spüren: die Liebe, die du immer schuldig bleiben wirst, spornt dich an, zu Taten der Freiheit und Selbsthingabe, zu Taten des Respekts und der Achtung.

„Bleibt niemandem etwas schuldig, außer der gegenseitigen Liebe. Wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt. (…) (Denn) die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.“ (Röm 13, 8-10)




Erneuerung des Denkens

Predigt am 22. Sonntag – A – 2020
Lesungstext: Röm 12, 1-2

„… Ich ermahne euch also, Brüder und Schwestern, kraft der Barmherzigkeit Gottes, eure Leiber als lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer darzubringen – als euren geistigen Gottesdienst.
Und gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene!…“

Quelle: https://www.bibleserver.com/EU/R%C3%B6mer12

Sammlung und Nachdenken – Quelle: Bild von Pexels auf Pixabay

Liebe Schwestern und Brüder,
zu welcher Art Menschen gehören Sie?
Lieben Sie die Veränderung, sei es geplant oder auch spontan?
Oder gehören Sie eher zu den Menschen, die das Gewohnte und Vertraute vorziehen, die sich sicherer und wohler fühlen, wenn das Leben ‚nach Plan läuft‘?

Diese Fragen sind völlig wertfrei zu verstehen.

Es kann hilfreich sein, für sich zu erkennen, wie man selber tickt.
Wenn wir das nämlich verstanden haben, dann verstehen wir auch unsere Reaktionen darauf, wenn Veränderungen in unserem Leben von außen her auf uns zukommen.

Wer keine Veränderung mag, wird schnell bemüht sein, das Alte und Gewohnte zu verfolgen und wenn es sich verändert, den vorherigen Zustand wieder herzustellen.
Wer keine Veränderung mag, wird viel Energie darauf verwenden, Veränderungen zu verhindern.



Anders der Menschenschlag, der für sich erkannt hat, dass das Leben wesentlich von der Veränderung lebt.

Es liegt so sehr auf der Hand, dass diese Erkenntnis schon geradezu banal ist.
Junge Eltern schauen gebannt und gespannt auf die Veränderung des eigenen Kindes, wenn es gerade ein paar Tage oder Wochen alt ist. Wann wird es anfangen zu krabbeln, wann wird es so kräftige Hände und Füße haben, dass es versucht, sich aufzurichten? Und wann wird es das erste Mal „Mama“ oder „Papa“ sagen?
Und so geht es fort und fort. Mal sieht es dem Papa ähnlich, mal der Mama und später entdecken die Eltern ganz eigene Züge an ihrem Kind.

Schon allein biologisch gesehen, ist alles im Leben auf Veränderung und Verwandlung ausgerichtet … bis zum letzten Atemzug.

Ja, liebe Schwestern und Brüder,
dieses Beispiel scheint so banal; es zeigt uns aber auch, dass unser Leben gar nicht sein kann ohne Veränderung und ohne Wandlung!
Wenn wir einmal erkannt haben, dass „alles fließt“, also stetem Wandel unterworfen ist, dann wird es keine Frage mehr sein, ob Veränderung sein wird oder nicht?

Metamorphose – von der Kaulquappe zum Frosch. Quelle: Bild von Hans Hansen auf Pixabay

Dann wird die Frage nur noch lauten können:

Wie findet diese Veränderung statt?

Wie und wohin werden wir uns verändern, als einzelner Mensch, als Gesellschaft, als Kirche, als Gemeinde und Pfarrei?

Wie werden wir uns verändern unter den Vorzeichen der Corona-Pandemie, die auch an uns nicht spurlos vorübergehen wird?

Wie werden wir uns verändern, gerade auch im Hinblick auf unvermeidliche Prozesse – nicht nur struktureller Art – in unseren Gemeinden, in unserer Pfarrei in unserer Kirche?

In der heutigen Lesung schreibt der heilige Paulus an die Gemeinde von Rom:
„… lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist….“

Großartig, diese Worte des heiligen Paulus!

Er sagt damit: gebt euer Denken nicht auf.
Gebt euren Verstand nicht ab: vor der Tür, wo auch immer: vor der Arbeitsstelle, in der Kirche, in der Gesellschaft!

Für Paulus ist das eigene Denken, das Vor-Denken und das Nach-Denken und die Wandlungsfähigkeit im Denken eine Grundvoraussetzung, damit wir heute noch in unserer Zeit den Willen Gottes erkennen können.

Bevor Paulus uns durch Verwandlung zur Erneuerung des Denkens ermutigt, schreibt er: „… und gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens…“

Hier predigt Paulus nicht eine generelle und permanente Opposition zur Welt das Wort, sondern er verbindet die Warnung, sich einfach so der Welt anzugleichen mit der Aufforderung, im immer wieder erneuerten Denken uns selbst zu wandeln.

Dieses „gleicht euch nicht dieser Welt an …“ setzt Paulus also nicht absolut.
Es geht ihm darum, nicht einfach so alles hinzunehmen, was alle andere tun, sondern es mit unserem Verstand zu hinterfragen. Und als Christen ist unser Verstand auch eine Quelle, um die Antwort darauf zu finden, was Gottes Wille heute ist.

Und manchmal entdecken wir dann auch den Willen Gottes in dem, was in der Welt ist und in unserer Gesellschaft, auch wenn es nicht rein christlich motiviert ist. Dann wäre es klug, mit der Welt ‚an einem Strang zu ziehen‘, aber nicht blindlings.

Christen von heute sind also denkende Menschen; sind Menschen, die vom Verstand her begründen können, was sie für richtig und wahr erkannt haben und so auch als Wille Gottes erkennen.

Christen können mit ihrem Denken Antwort darauf geben, was aufgrund unseres Glaubens „gut, wohlgefällig und vollkommen“ ist, wie Paulus sagt.

Dieses Denken findet aber nicht um luftleeren Raum statt. Dieses Denken wird beeinflusst durch Erfahrungen, die wir selbst mit Gott gemacht haben.

Und eine solche wichtige Erfahrung ist, dass Gott seine Barmherzigkeit an uns vollzieht.

Das eigene Denken, die erfahrene Barmherzigkeit und die Überzeugung, dass Gott ein Gott der Liebe ist, sind einige Kriterien, die uns helfen können, zu erkennen, was der Wille Gottes in unserer Zeit ist, was Gott von uns heute will.

Haben wir den Mut dazu? Haben wir den Mut, Veränderungen in unserem Leben zu zulassen und zu bejahen?




Pforte

Quelle: www.pixabay.com

Pforte

verschlossen
dahinter
Rückzugsort
Schutzraum
vor den Gefahren
draußen

Quelle: www.pixabay.com

Pforte

offen
davor
ein Weg
hinaus
in Weite
Zukunft
Freiheit

(Gerd Wittka, August 2020)




Füreinander …

… beten

„Schließen Sie mich bitte in Ihr Gebet ein!“ „Beten Sie für mich!“„Denken Sie an mich im Gottesdienst!“

Solche oder ähnliche Bitten oder Aufforderungen bekommen wir SeelsorgerInnen immer wieder.

Mitunter erwidere ich diese Bitte, in dem ich sage: „Beten Sie auch bitte für mich!“

Solche (gegenseitigen) Bitten zeigen mir: wir geben was auf die Für-Bitte anderer.

In den gemeinsamen Gottesdiensten hat dieses fürbittende Gebet einen ganz zentralen Ort und ist von großer Bedeutung.

Aber gerade in Corona-Zeiten gibt es kaum öffentliche und gemeinschaftliche Gottesdienste.

Wie ist es dann möglich, dieses fürbittende Gebet regelmäßig aufrecht zu erhalten?

Bei uns in der Krankenhaus-Seelsorge im Johanniter-Krankenhaus in Oberhausen haben mein evangelischer Kollege und ich dafür eine Möglichkeit gefunden:

Wir haben einen Gottesdienstvorschlag aus der evangelischen Kirche aufgegriffen und bieten nun jeden Mittwoch mittags um 13.00 Uhr einen

Stellvertretungsgottesdienst

an.



Über Flyer haben wir die PatientInnen im Haus informiert und sie eingeladen, ihre Gebetsanliegen entweder schriftlich oder auch per sms auf mein Seelsorge-Handy an uns zu übermitteln.
Wir sammeln dann auf den Stationen diese Zettel am Mittwoch Vormittag ein und bringen sie bei diesem Gottesdienst mit ein.

In der Kapelle steht die entzündete Osterkerze und auf dem Altar eine Schale mit Sand gefüllt.

Fürbitt-Gottesdienst als stellvertretendes Gebet in Corona-Zeiten.
Die Osterkerze im Gottesdienst erinnert an die Gegenwart Christi, als das „Licht der Wetl“ Foto: Gerd Wittka, 2020

Während des Gottesdienst, in dem ein Psalm gebetet, ein biblisches Schriftwort gelesen und Musik gehört wird, werden dann auch im fürbittenden Teil kleine Vigilkerzen an der Osterkerze entzündet. Es wird das Gebetsanliegen formuliert und dann dazu die brennende Vigilkerze in die Schale gestellt. Nach jeder Bitte erfolgt ein gesungener Kyrie-Ruf.

Eine kleine Kerze wird an der Osterkerze entzündet – Foto: Gerd Wittka, 2020

Danach erfolgt eine kurze Gebetsstille.

Der Gottesdienst wird abgeschlossen durch das Vater-unser-Gebet und einen Segen.

Jede kleine Kerze steht für ein konkretes Gebetsanliegen – Foto: Gerd Wittka, 2020

Nun kann man sich fragen: kann ein solcher Gottesdienst, wo ich zum Beispiel ganz allein bin, wirklich ein Ersatz für „gemeinschaftliche“ Gottesdienste sein?

Ich frage anders herum: sollen wir ganz auf förmliche Gottesdienste verzichten, nur weil wir nicht mehr ohne weiteres in Gemeinschaft zusammen kommen können?

Wir von der Krankenhaus-Seelsorge meinen: Nein!
Wir meinen auch deshalb, dass wir auf Gottesdienste nicht verzichten sollten, weil solche Gottesdienste durchaus in der Glaubenstradition stehen und gerade auch im Hinblick auf das fürbittende Gebet.

Ich meine: diese Corona-Pandemiezeit kann uns die Bedeutung des persönlichen Gebets wieder bewusster vor Augen stellen.

Diese Pandemie kann uns aber auch daran erinnern, dass es liturgische Feiern gibt, die auch dann begangen werden können und sollen, wenn man sie allein vollzieht.

Im „TE Deum – das Stundengebet für den Alltag“ finde ich in diesem August in der Einleitung folgende Worte von Sr. Charis Doepgen OSB:

„In der Themenreihe „Heilige Zeit“ geht es in diesem Monat um das persönliche Gebet und um Formen, es einzuüben und zu pflegen.
Das persönliche Gebet als Ausdruck einer individuellen Gottesbeziehung liegt dem gemeinsamen Gebet voraus.

Wenn letzteres wegfällt, wird uns nicht der Zugang genommen, sondern wir werden auf das Fundament unserer Gottesbeziehung zurückgestellt.“
(aus: TE DEUM, August 2020, S. 4)

Ich finde dieses Gedanken sehr wertvoll, weil sie uns auch deutlichen machen können: offizielle liturgische Feiern und Gottesdienste, die von einer Person allein gefeiert werden, können sinnvoll sein, weil in diesem alleinigen, vereinzelten und persönlichen Gebet die Grundlage für die Gottesbeziehung liegt, die auch für gemeinschaftliche Gottesdienste und Gebetsformen existentiell ist.




Das Licht erscheint

… der Tag hebt sich

Spirituell zu leben heißt für mich, auch das, was um mich herum ist, als Gabe und als Geschenk anzunehmen.
Dieses „Drumherum“ kann nämlich zum Werkzeug oder sogar für sich genommen als Impuls für mein Gotteslob dienen, ob am frühen Morgen, im Laufe des Tages oder am Abend bis in die Nacht.

Ich bin gerne morgens früh auf, denn der Morgen ist für mich eine Zeit, die mir niemand so leicht abspenstig machen kann.
Am Morgen ist alles noch so neu, unverbraucht.
Oft strahlt der Morgen eine Ruhe und einen Frieden aus, welche mir helfen, mich für den Tag zu bereiten und die Herausforderungen, die der Tag mir bringt, annehmen zu können.

Heute, am 01. August 2020 durfte ich einen großartigen Sonnenaufgang erleben.
Mit meinem Smartphone habe ich schnell einige Bilder gemacht.

Zu den Bildern kamen mir drei Stophen aus dem Stundengebet in den Sinn, die so gut zu diesen Bildern passen und ausdrücken, was in diesem Augenblick in mir war:

Nacht und Gewölk und Finsternis,
verworrnes Chaos dieser Welt,
entweicht und flieht! Das Licht erscheint,
der Tag erhebt sich: Christus naht.

Jäh reißt der Erde Dunkel auf,
durchstoßen von der Sonne Strahl,
der Farben Fülle kehrt zurück
im hellen Glanz des Taggestirns.

So soll, was in uns dunkel ist,
was schwer uns auf dem Herzen liegt,
aufbrechen unter deinem Licht
und dir sich öffnen, Herr und Gott.

(zitiert nach: https://www.evangeliums.net/lieder/lied_nacht_und_gewoelk_und_finsternis.html)




Ein Auge ist’s …

Bild von beate bachmann auf Pixabay

„Ein Auge ist’s
was alles sieht,
selbst, wenn’s in finstrer Nacht
geschieht.“

(traditionells Sprichwort)

Viele von uns kennen noch dieses traditionelle Sprichwort.
Unter denen, die es kennen, gibt es sicherlich welche, die – wenn sie dieses Wort wieder hören oder lesen – ein gewisses Unbehagen entwickeln.

Und das kommt nicht von Ungefähr!
Meistens fiel dieses Wort in einem vermeintlich ‚erzieherischen‘ Kontext.

Sie können ja einmal selber darüber nachspüren, in welchen Zusammenhängen oder Situationen Ihnen dieses Wort begegnet ist oder gesagt wurde….



Ich kann mich selber nicht daran erinnern, dass mir dieses Wort ernsthaft – von meinen Eltern – gesagt wurde.
Aber mir sind Erzählungen bekannt, wo Kinder dieses Wort von ihren Eltern gesagt bekommen haben.
Das Ziel war eindeutig: Selbst da, wo die eigenen Eltern die Verfehlungen der eigenen Kinder nicht wahrnehmen (können), sagt man dem Kind damit: Aber EINER sieht alles, und das ist GOTT höchstpersönlich!

Damit wurde ein Gottesbild vermittelt, das uns Gott als Oberaufpasser und Bestrafer glauben lassen sollte.

Ich finde dieses Gottesbild oft belustigend, vor allem aber auch tragisch.

Gott als „big brother is watching you!“ ?!
Hat Gott wirklich nichts Besseres zu tun, als wie ein totalitärer Diktator alles und jeden zu überwachen?!

Ich bin davon überzeugt, dass solche Sprichwörter einer dringenden Umdeutung bedürfen!

Heute Morgen, beim Morgenlob aus dem TE DEUM bekomme ich einen Hymnus vorgelegt, in dessen fünfter Strophe es heißt:

„Ein Auge schaut auf uns herab,
das über unser Leben wacht.
Es sieht voll Güte unser Tun
vom frühen Morgen bis zur Nacht.“

(Quelle: Te Deum, Juli 2020, S. 299)

Nein, dieser Hymnus ist nicht neueren Datums. Der älteste Teil dieses Hymnus „Lux ecce surgit aurea“ geht auf den Anfang des 5. Jahrhunderts (um 405 n.Chr.) zurück, und die zitierte Strophe oben entstand im 7.-8. Jahrhundert.

Dieser Text ist also mindestens schon 1200 Jahre alt!

Mag sein, dass dieser Hymnus die Grundlage für den ganz oben einschüchternden Text aus dem Volksmund gebildet hat.

Wie dem auch sei: ich bin der Überzeugung, dass solche ‚erzieherischen‘ und einschüchternden Verse dringend der Vergangenheit angehören müssen!

Und wem der Spruch „Ein Auge ist’s, was alles sieht….‘ so in Fleisch und Blut übergegangen ist, dem biete ich eine befreiende Neudeutung an, um mit solchen verinnerlichten Sprüchen gut leben zu können, indem sie bewusst umgedeutet werden.

Ich kann nämlich das Wort „Ein Auge ist’s…“ nicht als Drohung sondern als liebende Versicherung verstehen.

Hier mein Versuch:

Wenn Gott alles sieht, was geschieht, wenn er, der mich „geformt und im Schoß meiner Mutter gebildet hat“ (vgl. Psalm 139, 13ff.) und wenn ER ein liebender, gnädiger und verzeihender Gott ist (davon bin ich überzeugt), dann ist ER auch derjenige, vor dem ich so sein darf, wie ich bin (mit meinen Stärken aber auch mit meinen Schwächen).

Ich brauche mich vor ihm nicht zu verstellen.
Ich brauche mich nicht vor ihm zu verbergen und nicht versuchen, ETWAS vor IHM geheim zu halten.

Er liebt mich so, wie ich bin.

Vor Gott kann ich ganz ICH sein, kann ICH ICH sein!

Dann wird aus der Drohung ein BEFREIUNGSSPRUCH!

Wir erleben in unserem Leben immer wieder Situationen, wo wir nicht so sein dürfen, wie wir sind: weil es die vermeintliche Etikette so fordert, weil ‚man das so tut‘, oder weil ‚man das NICHT tut‘.
Wir müssen uns verstellen, um uns selber nicht zu schaden, um unsere Chancen nicht zu verbauen, um uns zu schützen!

Doch bei Gott brauche ich das alles nicht.
Vor IHM kann ich FREI sein, weil er mich annimmt, mich ernst nimmt und mich liebt … so wie ICH BIN.

Für mich persönlich gibt es keine größere, keine grenzenlosere Freiheit als

meine Freiheit vor Gott!


Gebet:

Guter Gott,
du kennst mich, so wie ich bin.
Vor dir kann ich ’nackt‘ sein, ohne entblößt zu werden.
Deine Liebe ummantelt mich, birgt mich, schützt mich.
Wenn Menschen auch meine Schwächen und Fehler gegen mich einsetzen,
du lässt mich nicht fallen.
Meine Schuld machst du nicht zu einer Waffe gegen mich.
Meine Schuld und mein Versagen ist dir Anfang und Grund deiner Vergebung und deiner Liebe.

Dafür danke ich dir.

Ich bitte dich: lass mich lernen von deiner Liebe, damit ich das Gute in anderen groß werden lasse und Fehler und Schwächen anderer nicht ausnutze.

So können meine Fehler und die der anderen nicht zu Stolpersteinen werden, die zu Fall bringen, sondern verändert werden zu einem Fundament, auf dem Vergebung geschieht und Gutes aufgebaut werden kann.

(copyright: Gerd Wittka, 30. Juli 2020)




22. Juli: Maria Magdalena

Die einzigartige Apostelin

Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mary_Magdalen_by_Bernini.jpg
by: sailko / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)

Seit dem 3. Jahrhundert wird diese Frau – Maria Magdalena – als „Apostolin der Apostel“ genannt. Kein Geringerer als Hippolyt von Rom bezeichnete sie so.

Aber es mussten gut 1600 Jahre vergehen, bis diese einzigartige Frau und Zeugin der Auferstehung Jesu Christi auch offiziell und liturgisch durch eine eigene Festtags-Liturgie in diesen Rang erhoben wurde.



Ja, es ist schade, dass erst Papst Franziskus I. diesen Mut und diese Stärke dazu besaß.
Und ja, es ist gut, dass es überhaupt geschah.

Dazu fand ich folgenden Text des Fundamentaltheologen Hans Waldenfels SJ (* 1931):

„Er (Jesus) gibt ihr den Auftrag: „Geh zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott“ Hier wird Maria von Magdala die „Apostolin“. (…) In einer Zeit, in der die kirchenrechtliche Stellung der Frau in der katholischen Kirche neu bedacht wird, sind auch die biblischen Aussagen neu zu bedenken.“
Zitiat nach: Te Deum, Juli 2020, S. 223

Ja, ich freue mich über diesen Festtag, den ich – auch wenn ich an diesem Tag keine Eucharistie feiern kann – mit allen liturgischen Möglichkeiten des Stundengebets und der persönlichen Andacht – begehen werde.

Ich wünsche und hoffe, dass von diesem Festtag starke geistliche Impulse ausgehen, für die Frauen in unserer Kirche, die sich für die Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche einsetzen und für die Männer in unserer Kirche, die sich diesem Anliegen verschreiben und sich mit den Frauen in der Kirche solidarisieren.

Ich hoffe und bete, dass der Heilige Geist die Mächtigen in der Kirche bewegt, sich der biblischen Wahrheit zu öffnen, nach der die Frauen im Neuen Testament eine herausragende Aufgabe im Zeugnis und in der Weitergabe der Auferstehung des HERRN haben.


Gebet:

Herr Jesus Christus, du hast die Frauen, die dir nachgefolgt sind, zu herausragenden Zeuginnen deiner Auferstehung werden lassen. Du hast ihnen als erste geboten, diese frohe Botschaft zu verkündigen.
Doch in deiner Kirche werden Frauen wegen ihres Geschlechts noch immer zurückgesetzt; sie erfahren nicht die Achtung und Anerkennung, die du ihnen – als Haupt deiner Kirche – gegeben hast.

So bitte ich dich: Bewege in der Kraft des Heiligen Geistes die Herzen und Spiritualität der Menschen, die in unserer Kirche noch immer das Sagen haben. Erleuchte ihren Geist, damit sie Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen wegen der Geschlechtlichkeit eines Menschen erkennen und Wege der Erneuerung wagen.

Stärke alle Frauen und Männer, die sich um diese Gleichberechtigung mühen, stelle ihnen Menschen an die Seite, die sich solidarisch mit ihnen verhalten und lass sie in ihrem Kampf um Gerechtigkeit, Respekt und Menschenwürde nicht müde werden.
Amen.

(c) Gerd Wittka, 22.07.2020




Angesprochen

Ich fand heute einen Gedanken, der mich sehr angesprochen hat und in dem ich mich gut wiederfinden kann:

Quelle: www.pixabay.com

Ich danke allen, die meine Träume belächelt haben.
Sie haben meine Fantasie beflügelt.

Ich danke allen, die mich in ihr Schema pressen wollten.
Sie haben mich den Wert der Freiheit gelehrt.

Ich danke allen, die mich belogen haben.
Sie haben mir die Kraft der Wahrheit gezeigt.

Ich danke allen, die nicht an mich geglaubt haben.
Sie haben mir zugemutet, Berge zu versetzen.

Ich danke allen, die mich abgeschrieben haben.
Sie haben meinen Trotz geschürt.

Ich danke allen, die mich verlassen haben.
Sie haben mir Raum gegeben für Neues.

Ich danke allen, die mich verraten und missbraucht haben.
Sie haben mich erwachsen werden lassen.

Ich danke allen, die mich verletzt haben.
Sie haben mich gelehrt, im Schmerz zu wachsen.

Ich danke allen, die meinen Frieden gestört haben.
Sie haben mich stark gemacht, dafür einzutreten.

Ich danke allen, die mich verwirrt haben.
Sie haben mir meinen Standpunkt klar gemacht.

Vor allem aber danke ich all denen, die mich lieben, so wie ich bin.
Sie geben mir die Kraft zum Leben! Danke.

(Paulo Coelho) – Quelle: http://www.k-l-j.de/Gebet_persoenlich.htm




Eucharistiefeiern – was kommt nach ‚Corona‘?

Wie die Corona-Pandemie auf das Teilnahmebedürfnis an der Eucharistie durchschlagen könnte

Seit Monaten finden die gewohnten Eucharistiefeiern (hl. Messe) nicht mehr in unseren Kirchen statt.
Einige Wochen gab es überhaupt keine gemeinschaftlichen Messen in unseren Kirchen. Später – bis heute – werden in einigen Kirchen und unter ganz besonderen Vorsichtsmaßnahmen Messen gefeiert, aber mit Beschränkungen der TeilnehmerInnen-Zahlen und geradezu synthetischen Bedingungen (Abstand zum/zur Nachbarin, kein beherztes Singen, Kommunionausteilung fast aseptisch und steril, …)
Menschen aus den Risikogruppen trauen sich zu großen Teilen gar nicht mehr in die Kirche.
Ähnliche Zustände auch bei Zielgruppen-Gottesdiensten, so sie denn überhaupt noch angeboten werden (Kindermesse, Jugendmessen, Seniorenmessen, Messe für Menschen mit Handycap).

Bild von My pictures are CC0. When doing composings: auf Pixabay

Ich frage mich, wie sich das auf die Menschen auswirkt, die vor der Corona-Pandemie noch selbstverständlich und regelmäßig die Sonntagsmesse mitgefeiert haben?

Diese Frage müssen wir uns stellen, nicht nur in Gedanken, sondern ganz laut und in den verschiedenen Seelsorgeteams und Gremien von Gemeinden und Pfarreien!

Wir müssen auch – jetzt schon- darüber nachdenken, ob und wie sich das Bedürfnis zur Mitfeier der Eucharistie dadurch verändert (hat)?

Wir müssen uns mit der Frage beschäftigen, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf das geistliche und gottesdienstliche Bedürfnis überhaupt noch haben wird?

Was, wenn die Menschen, die heute allein durch die Corona-Pandemie für sich mehr und mehr feststellen, dass die regelmäßige Mitfeier der Eucharistie für sie ‚verzichtbar‘ geworden ist; dass ihnen nicht mehr viel fehlt, wenn sie nicht dabei sind?

Ja, solche Gedanken sind nur schwer zu ertragen für jene, denen die Eucharistiefeier und die Gottesdienstgemeinde am Sonntag existentiell wichtig sind.

Menschen von heute – unter uns, unterwegs in unseren Straßen – Bild von Free-Photos auf Pixabay

Wie wollen wir diese Menschen dann wieder ansprechen und erreichen?

Allein mit Appellen werden wir die Menschen nicht ‚hinter dem Ofen locken‘ können.

Wir werden sehr gezielt und sehr konkret nach ihren geistlichen Bedürfnissen fragen müssen.

Wir werden fragen müssen, in welcher Welt sie sich bewegen und welche Rolle konkret dort für sie der christliche Glaube und der christliche Gottesdienst hat?

Wir werden sehr persönlich mit ihnen ins Gespräch und in die Begegnung kommen müssen und ihnen von Neuem ein Angebot machen müssen, das für sie attraktiv und einladend ist.

Wir werden noch viel, viel mehr als bisher werbend und einladend sein und eine echte und glaubwürdige Willkommenskultur an den Tag legen müssen.

Die sonntägliche Gottesdienstteilnahme wird durch floskelhafte Hinweise, wie, dass „die Eucharistie Mittelpunkt der christlichen Gemeinde“ sei, nicht zufriedenstellen können.

Noch mehr als bisher müssen unsere Eucharistiefeiern – schon vor Beginn und nach dem Ende – Orte der echten menschlichen Begegnung und sozialer Verbindung werden, ähnlich wie den Hauskirchen in der frühen Kirche.

Sehr konkret werden wir sicherlich auch organisatorische Angebote machen müssen.
Ich stelle mir da zum Beispiel Fahrgemeinschaften vor, die angeboten und gebildet werden; auch Abhol-Services können dazu gehören. Dies wird um so wichtiger sein, um so mehr Kirchen geschlossen und die Wege zu den Gottesdiensten zwangsläufig weiter sein werden.

Auch wäre es sicherlich nicht schlecht, auf die frühkirchlichen Agape-Gemeinschaften zu schauen und zu überlegen, ob und wie diese als Angebot nach der Eucharistie zur Gemeindebildung genutzt werden kann.

Manche schauen verunsichert und skeptisch in die Zukunft.
Manche wollen das ‚alte Leben‘ wieder zurück haben, aber das wird es nie mehr geben in unseren Pfarreien und Gemeinden.
Manche sehen die Situation als Herausforderung, die kreativ und christlich gestaltet werden will.

Wir tun gut daran, uns mit jenen zu verbünden, die nach vorne gehen wollen. Wir sollten jene nicht allein lassen, die unsere Unterstützung dabei brauchen.
Und wir sollten uns alle Mut machen, die Realität anzuschauen und anzunehmen, wie sie ist.

Alles andere würde nur in die falsche Richtung führen.


Und zum Schluß … ein Gebet:

Um drei Dinge bitte ich

Herr, zeige mir die Möglichkeiten,
die Dinge zu verändern, die ich verändern kann,

und gib mir die Kraft,
die Dinge zu ertragen, die ich nicht ändern kann,

und gib mir die Weisheit,
eines vom anderen zu unterscheiden.

(aus Irland)




„Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz…“

Bild von Bruno Müller auf Pixabay

Gedanken zur Lesung am 17. Sonntag im Jahreskreis

Bezug: 1 Könige 3,5.7-12

Einen Teil dieser Lesung möchte ich vornean stellen:

“ In jenen Tagen erschien der HERR dem Sálomo nachts in einem Traum und forderte ihn auf: Sprich eine Bitte aus, die ich dir gewähren soll! Und Sálomo sprach: (…) Verleih (.) deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht! (…)
Es gefiel dem Herrn, dass Sálomo diese Bitte aussprach.
Daher antwortete ihm Gott: Weil du gerade diese Bitte ausgesprochen hast und nicht um langes Leben, Reichtum oder um den Tod deiner Feinde, sondern um Einsicht gebeten hast, um auf das Recht zu hören, werde ich deine Bitte erhören. Siehe, ich gebe dir ein so weises und verständiges Herz, dass keiner vor dir war und keiner nach dir kommen wird, der dir gleicht.“


Dieser Text ist ein Schlüsseltext, der uns erklärt, warum die ‚Weisheit Sálomos‚ so legendär ist!

Sálomo hätte auch – wie viele andere Herrscher vor und nach ihm – um langes Leben, Reichtum oder den Tod seiner Feinde bitten können.
Aber das hat er gerade nicht getan.

Warum?

Weil er vielleicht gemerkt hat, dass das für sein Amt als König unbedeutend ist?

Ein langes Leben – das ist schnell bedroht und beendet.
Ich denke da gerade an einen tragischen Autounfall, bei dem ein Oberhausener vor wenigen Tagen auf seiner Reise in den Urlaub ums Leben kam. Heute noch stehen wir in Saft und Kraft … und morgen sind wir bereits tot. Ein langes Leben ist relativ.

Reichtum – der ist nicht für die Ewigkeit.
‚Das letzte Hemd hat keine Taschen!‘ – so sagt der Volksmund. Damit greift dieses Wort die Binsenweisheit auf, dass wir an materiellen Gütern nichts mitnehmen können. Irgendwann einmal wird auch der größte Reichtum ein NICHTS sein. Durch Krisen, Schicksalsschläge oder spätestens durch den eigenen Tod verlieren wir jeden materiellen Reichtum.

Seinen Feinden den Tod wünschen
Unabhängig davon, ob diese Bitte aus christlicher Sicht moralisch gut ist (was ich bezweifele), ist dieser Wunsch auch oberflächlich.
Wenn ich ‚meinem Feind‘ den Tod wünsche, weil er sich vielleicht gegen mich oder andere, die in meiner Obhut stehen, vergangen hat oder wenn er für Gewalt und Leid verantwortlich ist, was würde dann nach dessen Tod kommen?
Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass dann ein anderer Mensch kommt, der ähnlich gewalttätig und niederträchtig ist.
Durch den Tod eines Feindes ist das Grundübel nicht beseitigt, den die Erfahrung lehrt, dass immer ein neues Grundübel nachkommen kann und auch sehr wahrscheinlich wird.
Mit dem ‚Tod meines Feindes‘ wird die Welt also nicht automatisch besser.

Das Bessere erwählen

Ein ‚hörendes Herz‘, dass Sálomo befähigt, das Gute vom Bösen zu unterscheiden, das ist die einzige Bitte Sálomos.

Welche Bedeutung hat das ‚Herz‘ im Alten Testament (AT)?

Dazu möchte ich aus einem Aufsatz zitieren:

“ …Salomo bittet als König um ein „hörendes Herz“ und damit ist Verstand und Einsicht in die Ordnung der Schöpfung ebenso gemeint wie die Fähigkeit zur Pflege kultureller Leistungen.
Salomo gilt deswegen als biblischer Inbegriff der Weisheit, weil er durch sein hörendes Herz das Volk einen und verbinden konnte, nämlich v.a. durch gerechte Gerichtsurteile (vgl. das salomonische Urteil 1 Kön 3,16ff.) (…)
Es ist deutlich geworden, dass im alten Israel das Herz nicht primär Sitz der Gefühle oder der Liebe ist. „In der Bibel ist das Herz vor allem der Sitz der Vernunft und des Verstandes, des geheimen Planens und Überlegens und der Entschlüsse.“
Die meisten Belege des hebräischen Wortes für Herz stehen im Zusammenhang von intellektuellen und rationalen Tätigkeiten….“

Quelle: Br. Karl M. Schnepps ofm, Das Herz im Alten Testament

Wenn wir diese Bedeutung des Herzens im Alten Testament zugrunde legen, dann erkennen wir, dass Sálomo (obwohl sehr jung an Jahren) intuitiv ‚verstanden‘ hat, worauf eine gute Regentschaft wirklich gründen sollte: auf Vernunft und Verstand, auf intellekturelle und rationale Tätigkeiten.


Wenn ich mir über diese Textstelle Gedanken mache, dann merke ich, dass sie auch heute große Bedeutung hat.

Bild von Alexas_Fotos auf Pixabay

Ob in Staat und Gesellschaft, ob in Religionen und Kirche: Weisheit und Vernunft sind wesentlich, damit wir in der heutigen Welt gut leben können.

Dabei müssen wir wahrscheinlich uns immer wieder neu orientieren und fragen, woran wir uns in unserem Leben fest machen wollen: an den vergänglichen Gütern, an oberflächlichen Wünschen oder an buchstäblich fundamentalen Eigenschaften, die die Grundlage für (soziale) Gerechtigkeit, Frieden, Freiheit und Wohlstand bilden?

Wir dürfen uns als ChristInnen auch fragen, was diese Textstelle heute für uns als ChristInnen bedeutet?
Was macht das Wesen des Christentums aus?
Worauf kommt es an, wenn ich als ChristIn leben will? Was ist meine Berufung als ChristIn in der Welt?

Ich denke, von der Beantwortung dieser Fragen wird viel auch für eine Kirche der Zukunft abhängen.
Nicht ‚tote Steine‘ werden wesentlich sein, sondern ‚lebendige Steine‘!

„Lasst euch selbst als lebendige Steine zu einem geistigen Haus erbauen,
zu einer Priesterschaft, die Gott geweiht ist und die ihm,
vermittelt durch Jesus Christus, Opfer darbringt,
Opfer geistiger Art, an denen er Gefallen hat,
nämlich den Opferdienst des ganzen Lebens…“

vgl. 1 Petrus 2,5

Nicht Kirchen und Gemeindezentren werden also wichtig sein, sondern unser gelebtes Christentum für die Welt.

Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass wir uns auch gerade bei der Frage der strukturellen Veränderungen in der Kirche auf diese Aspekte christlicher Exitenz besinnen müssen.

Ist es nicht jetzt an der Zeit, dass auch wir Gott stärker den je um ein „hörendes Herz“ bitten?

Sie ahnen es! Ich meine: ja!


Herr, die Weisheit, die unsere Welt zum Guten verändern kann, ist nicht oberflächlich, sie neigt sich nicht dem Materiellen zu und sucht nach unvergänglichen Gütern und Gaben.
Schenke uns – wie Sálomo – ein hörendes Herz, damit wir das Gute vom Bösen zu unterscheiden lernen. Motiviere uns, als ChristInnen Sauerteig in der Welt und für die Welt zu sein, und
schenke uns Mitgefühl für die Menschen in unserer Zeit und die Fähigkeiten, die in dieser Welt heute so not-wendig sind.
(c) Gerd Wittka, 21.07.2020




Untertrieben – maßlos

Bild von Reimund Bertrams auf Pixabay

Im heutigen Evangeliumstext lese ich im Matthäusevangelium, Kapitel 12, Verse 38-42 (Mt 12, 38-42):

„… Diese (…) Generation fordert ein Zeichen, aber es wird ihr kein anderes gegeben werden als das Zeichen des Propheten Jona.
Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird auch der Menschensohn drei Tag und drei Nächte im Innern der Erde sein…“

[Der Hintergrund:
Schriftgelehrte und Pharisäer fordern von Jesus ein Zeichen seiner göttlichen Vollmacht. Darauf reagiert Jesus mit den oben genannten Worten.]



Als rechtgläubige Juden wollen Schriftgelehrte und Pharisäer ‚Sicherheit‘ dass Jesus das, was er tut und wofür er göttliche Vollmacht für sich in Anspruch nimmt, auch wirklich tun darf. Nichts wäre fataler, als dass jemand mit (vermeintlich) göttlicher Vollmacht auftritt, aber sie gar nicht besitzt. Das würde schließlich nur religiöse und spirituelle Unruhe bei den Juden erzeugen. Um dieses besorgt, fordern sie also von Jesus ein Zeichen seiner Vollmacht.
Dieses Zeichen sollte am Besten ganz unmittelbar, unverzüglich und eindeutig sein.

Aber Jesus handelt anders als sie es erwarten (mal wieder!).
Er will keinen religiösen oder spirituellen ‚fastfood‘ verteilen; es geht ihm nicht um den schnellen und flüchtigen Effekt. Jesus geht es offenbar um eine viel tiefergehende Dimension: dem Glauben.

Und so weist er die Pharisäer und Schriftgelehrten darauf hin, dass er keine schnelle Antwort geben wird; sie wird mindestens drei Tage und drei Nächte auf sich warten lassen und auch nur dann, wenn die Zeit gekommen ist, nämlich die Zeit, an der Gott durch seine Passion und seine Auferstehung durch Jesus Christus selbst verherrlicht werden soll.

Fatal an dieser Situation – aus der Sicht der Schriftgelehrten und Pharisäer ist – dass sie eben nicht eine schnelle Beglaubigung der göttlichen Vollmacht Jesu bekommen werden. Und dramatisch ist es, dass sie selbst und ihr Verhalten erst später diesen ‚göttlichen Vollmachtsbeweis‘ durch die Anklage und Hinrichtung Jesu herbeiführen werden.

Und welches wird der Vollmachtsbeweis sein:
das Leiden und Sterben und die Auferstehung Jesu selbst.

Jesus nutzt das Bild des Jona um auf seinen eigenen irdischen Tod und seine Auferstehung hinzuweisen.
Aber konnten die Schriftgelehrten und Pharisäer das damals verstehen?

Mir scheint: nein! Die spätere Entwicklung des Lebens Jesu legen davon Zeugnis ab.

Und noch eines fällt mir auf:

Jesus wählt das Stilmittel der ‚Untertreibung‘, um auf seine Bevollmächtigung hinzuweisen: „… es wird ihr kein anders [Zeichen] gegeben erden als das Zeichen des Propheten Jona….“

Das Zeichen ist die Auferstehung selbst, also das, was völlig großartig und nicht zu topen ist!

Und Jesus sagt: ich werde mich mit kleinen, vergänglichen Zeichen meiner Bevollmächtigung nicht abgeben. Sondern, ihr werdet das Zeichen erhalten, das niemand überbieten und zu keiner Zeit getopt werden kann:

der Sieg des Lebens über den Tod!

Damit wählt Jesus ein letztgültiges und unüberbietbares Zeichen, welches aber auch zugleich die größte Herausforderung im Glauben darstellt:

den Glauben an die Auferstehung und das ewige Leben bei Gott!

Mein Impuls für Sie zum Weiterdenken:

Inwieweit prägt der Glaube an die Auferstehung und der Glaube, das Leiden, Not und Tod niemals das ‚letzte Wort‘ haben werden, Ihren Glauben und Ihren Alltag?

Ich möchte mit einem Gebet enden, das ich heute im Te Deum, vom 20.07.2020 gefunden und gebetet habe:

Herr, du bist kein Gott, an den man nur mithilfe übersinnlicher Kräfte glauben kann. Du bist kein Gott der okkulten Sensationen.
Hilf uns, dich dort zu suchen, wo du dich gezeigt und verkörpert hast: im Antlitz der Menschen. Amen.“

(Quelle: TeDeum, Juli 2020, S. 207.)




Rarität – gute geistliche Literatur

oder: die eigene kritische Haltung bei wohlmeinender Literatur nicht an der Garderobe abgeben!

Auch ich brauche (geistliche) Impulse

Als Seelsorger, geistlicher Begleiter und Priester bin ich auch immer wieder auf geistliche Impulse und geistliche Begleitung angewiesen.

Dies schreibe ich deshalb gleich zu Beginn, weil ich der tiefsten Überzeugung bin, dass niemand zu Lebzeiten geistlich vollendet sein wird. Denn ich meine, das der eigene geistliche Weg engstens mit der eigenen Lebensgeschichte verwoben ist, also auch mit all ihren Höhen und Tiefen, mit ihren starken und schwachen Phasen.

Und so fand ich vor einigen Wochen ein Buch, dessen Titel mich sehr ansprach, weil es offensichtlich auch „meine“ Themen in den Blick nahm.

Es ist das Buch von
Ronald Rolheiser, Beten – Offen werden für Gott,
erschienen im Herder-Verlag 2013

Doch leider verließ mich schon auf den ersten Seiten die Motivation, dieses Buch weiterzulesen; es verließ mich auch auf diesen ersten Seiten schon die Hoffnung, dass dieses Buch mir auf der Suche MEINES geistlichen Lebensweges wertvoller Impulsgeber sein könnte.

Warum? Das will ich hier darlegen …



Was erwarten Sie?

Oder: ich warte noch etwas, bevor ich meine Gedanken darlege und frage Sie unumwunden: Was würden Sie von einem solchen Buch erwarten? Welche Voraussetzungen müsste es mitbringen, dass Sie sich angesprochen und gemeint fühlen?

Ich würde annehmen, dass Sie sich und Ihre eigene Lebenssituation irgendwie wiederfinden wollen. Dieses Buch sollte Ihnen in Ihrer ganz konkreten Lebensituation Impuls geben, die Sie aufgreifen und weiterdenken können, um Ihren eigenen geistlichen Weg finden und gehen zu können.

Schubladen-Denken

Das wiederum bedeutet:
– Das Buch muss sich zurückhalten bei Einredungen
– Es darf nicht nur so von ‚Setzungen‘ wimmeln. Damit meine ich unbewiesene oder auch unbegründete Behauptungen in den Raum zu stellen, die dann als Basis für weitere Gedankengänge genutzt werden.
– Das Buch muss Offenheit und Weite ausstrahlen. Gerade diesen Aspekt nimmt der deutsche Titel des Buches auf: „OFFEN werden für Gott“. Im englischen Originaltitel heißt es: „Prayer – our deepest longing“! (übersetzt: „Gebet – unsere tiefstes Sehnsucht“). Offenheit und Respekt davor, dass jedeR seinen/ihren eigenen spirituellen Weg finden muss, ist Grundlage einer geistlichen Begleitung, die das menschliche Individuum als Ebenbild Gottes ernst nimmt.

Doch genau da beginnt schon das „Problem“ dieses Buches.

Bereits die ersten Seiten wimmeln nur so vor Formulierungen, die in mir das Gefühl zurück lassen, dass der Autor (s)eine Definition von Welt und Wirklichkeit setzen will, auf die er dann seine weiteren Gedanken aufbaut.

Dabei stellt er diese Definition(en) so allgemeinverbindlich dar, dass man meinen muss, dass sie auch allgemeingültig sind. Sind sie aber nicht!
Sie sind allenfalls die Meinung, die Auffassung, das Dafürhalten einer Welt, wie sie sich dem Autor subjetiv darstellt.

Ich möchte das an einigen Textbeispielen verdeutlichen:

„Wir leben in einer Welt, die die Realität auf das Stoffliche reduziert hat: auf das, was man empirisch messen, sehen, anfassen, schmecken oder riechen kann. Wir leben in einer Welt des spirituellen Analphabetismus…“ (S. 9)

Stimmt das aber?
Oder ist das lediglich verbales Kauderwelsch oder gar eine schlechte Übersetzung aus dem Englischen?
Was können wir denn „empirisch riechen“? Verstehen Sie, was der Autor damit meint?
Und ist unsere Realität tatsächlich auf das Stoffliche reduziert?

Was ist dann mit der Psychologie, mit den Geisteswissenschaften? Was ist mit solchen Erfahrungen und Wahrnehmungen von Liebe und Hass, von Zuversicht und Hoffnung auf der einen oder Resignation und Perspektivlosigkeit auf der anderen Seite?

Hat der Autor recht, dass wir nur die „stoffliche Realität“ in unserem Leben zulassen?

Ich bin sicher: Nein!

Jeder Mensch, der Zuneigung zu anderen Menschen spürt, auch das, was wir Liebe nennen, lebt zumindest hier schon einmal aus einer nichtstofflichen Realität, die zudem eine nicht zu unterschätzende Rolle in unserem Leben spielt, wenn es um das eigene Glück geht.

„Wir leben in einer Welt des spirituellen Analphabetismus. (…) Wenn nur die Oberfläche zählt, dann ist es schwer, sich verzaubern zu lassen, von Poesie, vom Glauben, von der Liebe.“ (ebd. S. 9)

Was für ein Geschwurbel?!
Erst sagt er, dass wir in einer Welt leben, wo das rein Stoffliche gilt. Dann aber erwähnt er ganz selbstverständlich, dass es die Poesie, den Glauben und die Liebe gibt.
Wenn es sie gibt, sind sie dann keine Realität?

„Wir haben unsere Sehnsucht trivialisiert, domestiziert. Statt uns nach dem Transzendenten zu sehnen, betäuben wir uns und lenken uns ab, indem wir unsere Sehnsüchte auf das „gute Leben“ ausrichten. auf Sex, Geld, Erfolg und all die anderen Dinge, die vermeintlich „jeder hat“.“ (S.10)

Liebe LeserInnen, erkennen Sie sich da wieder? Herr Rolheiser ‚analysiert‘ Sie gerade, Sie und Sie und mich und dich … jedeN LeserIn!

Sie trachten also in Ihrem Leben nach Sex und Geld, Erfolg?!
Jetzt würde ich gerne Ihr Gesicht sehen und Ihre Gedanken lesen können! 😉

Entweder, Sie schmunzeln oder lachen lauthals oder Sie ärgern sich jetzt!
Beides ist berechtigt.

Ich ärgere mich über einen solchen „Mitbruder“, der mal wieder die Moralkeule schwingt und mal so eben nonchalance uns alle in ein- und dieselbe Schublade steckt!

Vielfalt statt Einfalt!
„Ist es nicht auch jener Theo in uns allen…?“ (Otto Waalkes)

Der Autor präsentiert fröhlich und frei die erste große Schwäche seines Buches gleich zu Beginn, im Vorwort:
Mit Pauschalierungen versucht er seine Leserschaft einzunorden; er sagt, was Sache ist … und dabei kennt er doch die wenigsten seiner Leserschaft persönlich.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ja, der Autor darf auch mit Subjektivierungen arbeiten. Ja, er darf von seinen eigenen Erfahrungen ausgehen oder er darf auch Beispiele nennen aus seiner seelsorglichen Praxis. Solche Beispiele können hilfreich sein, insbesondere dann, wenn wir zwischen uns und den Beispielen Übereinstimmungen erkennen, wo wir dann sehr persönlich einsteigen können; aber auch in dem Bewusstsein, dass der/die andere niemals ich sein kann und ich niemals der/die andere bin!

Solche subjektiven Beispiele können Einstiegshilfen sein, an denen sich eine Beobachtung erklären lässt.
Sie dürfen aber niemals zur Verallgemeinerung führen, die meistens mit solchen Worten entlarvt werden: „Ihr“, „wir“, „wir alle“ …

Das erinnert mich sehr stark an den Beitrag von Otto Waalkes und seiner „Predigt“ über das Lied „Theo, wir fahr’n nach Lodz“

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Wenn Sie jetzt schmunzeln können, aber gleichzeitig etwas von dieser von Otto überzogenen Haltung in manchen Äußerungen von Predigern unserer heutigen Zeit wieder finden, dann nicht zu unrecht.
Der Autor Rolheiser verfällt in diesen pseudopastoralen Habitus, der sich eigentlich verbietet.
Denn es geht ihm hier ja nicht darum, dass er sich mit seiner Leserschaft solidarisiert, sondern er normiert sie.

Eine solche Normierung verbietet sich auch in der geistlichen Impulsgebung.

Das Beispiel Jesu

Wenn Sie Zeugnisse und Beispiele aus der Bibel brauchen, dann schlagen Sie einfach nur die Stellen auf, wo es zu Begegnungen zwischen Jesus und den Menschen kommt, die nicht selten buchstäblich heilsam sind. Sie sind deshalb heilsam, weil Jesus sich auf die je eigene Geschichte und auf das je eigene Bedürfnis der Menschen einlässt, denen er begegnet.

Wir sind so verschieden …!

In den Texten des 06. Juli 2020 der Reihe „Te Deum“ fand ich als Ora-et-labora-Gedanken für den Tag folgenden Text:

Die Heilung wurde nicht durch Jesus „an und für sich“ möglich, sondern durch Jesus in Beziehung. Heilen und die Intimität, die es begründet, ist ein gegenseitiger Prozess, in dem der Heilende vom Geheilten ergriffen wird.“
( Carter Heyward, * 1945, us-amerikanische feministische Theologin und Pfarrerin)

Wenn wir nach geistlichen Impulsen in unserem Leben suchen, oder wenn wir selbst geistliche Impulse geben wollen, dann ist es hilfreich, sich daran zu erinnern, dass der geistliche Weg ein individueller Weg ist und das geistliche Begleitung diese Individualität immer wieder berücksichtigt und respektiert.

Ich für meinen Teil werde noch weiter in diesen Buch – kritisch – lesen, aber ich habe keine große Hoffnung mehr, dass ich dort von einer Quelle trinken werde, die mir wirkliche geistliche Nahrung wird.

Aber: wer weiß! Denn: Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade!




Jesus hat Grenzen überwunden – und wir?

Grenzen – eiskalt! Bild von Thomas B. auf Pixabay

In unserer katholischen Kirche befinden wir uns in einer radikalen Umbruchsituation. Von außen und auch von innen, sind wir gefordert, neue Wege zu gehen. Dabei werden die inneren und äußeren Faktoren wesentlich mitbestimmt von finanziellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Diese sind wiederum stark abhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen in unserem Land; von Menschen, die nur wenig oder kein steuerpflichtiges Einkommen haben und deshalb auch keine Kirchensteuer zahlen; von Menschen, die der kirchlichen Gemeinschaft den Rücken gekehrt haben.

In dieser historischen Situation sind Gemeinden und Pfarreien genötigt, ungewohnte und vielleicht auch unbequeme Entscheidungen zu treffen.
Das aber erfordert – bei notwendigen strukturellen Veränderungen -, dass die Gemeinden und Pfarreien und in ihnen auch ganz konkret die Menschen, Grenzen überwinden.

Doch das Gegenteil ist oft der Fall.



Ist das nicht paradox?

Jesus hat DIE Grenze schlechthin überwunden, die nie und nimmer überwindbar erschien: die Grenze des Todes.
Durch IHN ist der Tod für alle zum Tor des Lebens geworden!

Und wir?!
Wir schaffen es noch nicht einmal, die Grenzen der eigenen Gemeinde und Pfarrei zu überwinden!

Welch ein armseliges Glaubenszeugnis!

Bei aller berechtigter Trauer, wenn Gewohntes gelassen und Vertrautes buchstäblich verlassen werden muss:

Wenn wir diese Phase der Kirche nicht auch als geistliche Herausforderung an- und ernstnehmen, dann wird jede Entscheidung, jedes Votum, jede Umstrukturierung unwesentlich bleiben.

Wir werden dann oberflächlich bleiben, weil es mehr um uns selber geht, als um das, was unseren christlichen Glauben ausmacht: Salz der Erde, Sauerteig und VerkünderInnen der frohen und befreienden Botschaft in der Welt und für die Welt zu sein.

Herr, erwecke deine Kirche
und fange bei mir an.
Herr, baue deine Gemeinde
und fange bei mir an.

(Gebet eines unbekannten chinesischen Christen)




Glaube und Heilung

Keine Einbahnstraße

In der heutigen Tageslesung finden sich Worte aus dem Matthäus-Evangelium:

„Als Jesus von dem Berg herabstieg, folgten ihm viele Menschen. Da kam ein Aussätziger, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde. Jesus streckte die Hand aus, berührte in und sagte: Ich will es – werde rein! Im gleichen Augenblick wurde der Aussätzige rein.“ (zitiert nach Mt 8, 1 – 3)

Wenn Gott nur will, dann kann ich heil werden; wenn Gott nur will, dann kann ich gerettet werden…-

So oder so ähnlich denken viele Menschen über Gott.
Es kommt also allein auf Gott an, ob mir geholfen wird?

Heilung
Bild von Thomas B. auf Pixabay



Der Auszug aus dem heutigen Evangelium nimmt noch eine andere Facette in den Blick, die – so denke ich – viel zu wenig Beachtung erfährt: Es kommt auch auf mich an, ob ich heil und gerettet werden kann.

Nein, das ist keine Arroganz oder kein Größenwahn, denen ich das Wort reden will.

Halten wir uns die Chronologie der heutigen Heilungsgeschichte noch einmal bewusst vor Augen:

  1. Zuerst kommt der Aussätzige und fällt vor Jesus nieder.
  2. Dann kommt Jesus zum Zug.

Der Aussätzige bringt was ganz wesentliches selber mit ein, damit dieses Wunder der Heilung geschehen kann: er glaubt; er vertraut, dass Jesus helfen und heilen kann.

Das ist die Vor-Leistung, die der Aussätzige mit einbringt.
Dieser Glaube gibt ihm die Kraft, auf Jesus zuzugehen, ihm sein Schicksal und seine Zukunft anzuvertrauen.
Und er bekennt zugleich freimütig: Sein Glaube, sein Wunsch, seine Sehnsucht nach Heilung ist das eine; das andere aber ist auch der göttliche Wille, dass dieses Heil geschehen kann.

Es kommt also nicht allein auf Gott an, ob wir heil und gesund werden können.
Auch unser eigener Glaube ist gefragt und ist wesentlich, damit Heilung durch Gott geschehen kann.




Die Maske

Bild von Orna Wachman auf Pixabay

Die Maske
abnehmen,
aber nicht,
um mich nicht mehr verstecken zu müssen;
nicht,
um ich selbst sein zu können.

Die Maske
abnehmen,
um freier atmen zu können.
Den tiefen Atemzug wieder
genießen können.

Die Maske
abnehmen –
freier sein.

18.06.2020 © Gerd Wittka




Dreifaltigkeit

Bild von David Mark auf Pixabay

Im Namen des Vaters
und des Sohnes
und des Heiligen Geistes …

Einstieg ins Gebet
fast beiläufig
vertraut
leicht

keine hohe
Theologie
keine Dogmatik
über
Trinität,
Christologie
oder
Pneumatologie



Im Namen des Vaters
und des Sohnes
und des Heiligen Geistes …

Bild von Hans Braxmeier auf Pixabay

Beginn
eines Gespräches
einer Begegnung
zwischen
DIR
und
mir

Was zählt
in diesem Augenblick
und immer
bist
DU und ich.

Du bist mein Gott
des Lebens
der Alles ins Dasein gerufen,
der mich erlöst
und der bei mir bleibt.

Bild von KWHacbc auf Pixabay

Dreifaltigkeit
ist der
alltägliche Gott
der mich liebt,
der um mich wirbt,
der sich um mich sorgt,
der für mich sorgt,
der mich begleitet

mein Schöpfer,
mein Heiland,
mein Lebenskraft.

So steige ich
immer wieder neu
ein,
um DIR
zu begegnen,
bei dir zu sein
und DU
bei mir.

Nicht mehr
und niemals
weniger!

Im Namen des Vaters
und des Sohnes
und des Heiligen Geistes.
Amen.

(c) Gerd Wittka, 07. Juni 2020