ist weit mehr als „eine Zigarette und ein letztes Glas im Steh’n“, wie Reinhard Mey einst sang.
Ich möchte dir meinen Dank sagen für deine Fürsorge für deine Liebe für deine Ausdauer und Geduld für deine Offenheit, mich an dich heranzulassen für deine Ehrlichkeit dafür, dass du mir ein Zuhause gegeben hast und mich akzeptierst, wie ich bin
Ich möchte dir meinen Dank sagen für die Zeit, die wir gemeinsam hatten, die mir so kostbar war für die Welt, die du mir gezeigt und eröffnet hast und für deine Grenzen und Verletzlichkeit, die du mit mir geteilt hast
Ich möchte dir meine Bitte äußern, mir zu vergeben, wo ich dir Unrecht getan habe oder ungeduldig war; wo meine Aufmerksamkeit für dich nicht ausreichte, um zu erkennen, was dich wirklich bewegt,
Ich möchte dir meine Ängste offenbaren, dass ich mich ohne dich einsam fühle und verlassen und dass du eine Lücke hinterlässt, die nichts und niemand füllen könnte.
Ich möchte dir sagen, dass ich hoffe, dass der Ort, an den du gegangen bist, für dich ein neues Zuhause ist und wir weiterhin verbunden bleiben, über Zeit und Tod hinaus und dass ich es wünsche, deine Nähe zu spüren, bis wir uns wiedersehen.
Ehrfürchtig fielen sie auf die Knie, beugten ihr Haupt und küssten den Ring, der seine rechte Hand zierte. Sie, die edlen Herren und Damen, die das Privileg bekamen, eine Audienz bei „SEINER Heiligkeit“ zu bekommen. …
Ich erinnere mich an Bilder aus Filmen, die uns das Papsttum des Hochmittelalters vor Augen stellen.
Protz, Prunk und Pomp, diese drei „P“ skizzieren sicherlich das äußere Erscheinungsbild eines feudalistischen hochmittelalterlichen Papsttums.
Was für ein diametraler Gegensatz dann die Szene aus der heutigen ersten Lesung, in der sich der Hauptmann Kornelius aus Cäsarea vor Petrus ehrfürchtig zu Füßen wirft, Petrus ihn aber aufrichtet und die schlichten und wahrhaftigen Worte spricht: „Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch.“!
Ob Petrus sich mit „Heiliger Vater“ oder „Eure Heiligkeit“ hätte anreden lassen?
Nach den Schilderungen der heutigen Lesung hätte ich meine berechtigten Zweifel daran.
Von den Anfängen der Kirche, über ihre machtvolle Phase des Hochmittelalters bis zu unserer heutigen Moderne, hat es viele Veränderungen in unserer Kirche geben, oft zu ihrem und der Menschen Nachteil. Machtansprüche entstellten das menschenfreundliche Angesicht der Kirche der Anfänge.
Wer jetzt dabei ist, heute fast schon entschuldigend zu meinen, dass das heute ja nicht mehr so ist, sollte genauer hinschauen.
Stimmt es wirklich, dass wir alle untereinander in erster Linie den Menschen sehen?
Oder ist uns der hierarchische Gedanke unserer Kirche nicht so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass wir zwar meinen, es habe sich Grundlegendes verändert, doch beim genaueren Hinsehen machen wir immer noch Unterschiede?
Hand aufs Herz! –
Wem von uns ist es heute immer noch wichtiger, was ein Priester oder gar der Bischof sagt, als was der Nachbar oder die Nachbarin hier neben uns sagt?!
Und wie oft wie die Frage nach Regeln, Bestimmungen und Gesetzen – auch in der Kirche – vordringlicher, als die Frage nach dem eigentlichen Kern eines Anliegens?
Petrus ist da in der heutigen Lesung erfrischend anders. Kornelius ist kein Jude und Juden pflegen keinen Umgang mit Nichtjuden.
Doch Petrus setzt sich über dieses Regelung hinweg und betritt das Haus des Kornelius, weil er – wie er selber bekennt – durch Gott erkannt hat, dass er keinen Menschen grundsätzlich als unrein bezeichnen darf. (vgl. Apg 10,28-29)
Bild: Gerd Wittka mit Hilfe von KI
Danach erzählt Kornelius ihm, dass er eine Vision hatte, in der ihm aufgetragen wurde, nach Petrus zu fragen, damit sie von ihm die Botschaft hören, die Gott Petrus anvertraut hat.
Da begreift Petrus, dass hier der Heilige Geist selber am Werk ist und er fühlt sich bestätigt, dass es richtig war, das Haus des Kornelius aufzusuchen, über alle religiösen Regeln hinweg.
Wir dürfen glauben: bereits die Offenheit des Petrus, sich über die Regeln hinweg zu setzen, ist ein Werk des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist ‚zwingt‘ Petrus geradezu dazu, alte und vertraute Überzeugungen über Bord zu werfen.
Da, wo die Heilige Geistkraft wirkt, bleibt nichts mehr beim Alten, es bleibt nichts mehr, wie es war.
Da, wo Offenheit für das Wirken dieser Geistkraft besteht, kann das liebende Herz seine Wirkung entfalten, das auf den Menschen sieht und nicht nach Rang und Namen fragt.
Diese heilige Geistkraft befähigt uns, in unserem Leben Haltungen einzunehmen und Antworten zu geben, hinter der wir und andere die Liebe erkennen können, die in uns wirkt und die uns innerlich verbindet mit Gott.
Wir brauchen nur Mut, diese Botschaft der Liebe, die uns mit Gott verbindet, auch in unserem Leben aufzuspüren und ihr beherzt zu ihrem Recht zu verhelfen.
Das Evangelium weist uns auf die Liebe Gottes hin, die zugleich auch in uns ist, wenn wir in inniger Gemeinschaft mit Christus und Gott bleiben.
Die Heilige Geistkraft ermutigt uns, dieser Liebe in uns zur Geltung kommen zu lassen. Und auf einmal wird möglich, was bislang unmöglich erschien.
Auf einmal erkennen wir die Bedeutung der Worte aus dem Psalm 18,29: „Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“.
„Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“ – Bild: Gerd Wittka mit Hilfe von KI
Das heißt doch nichts anderes als: mit der Liebe Gottes, die in uns ist, und die uns mit Gott und mit Christus verbindet, überwinden wir Hindernisse, Begrenzungen und Trennungen von Menschen. Wir überwinden Widerstände, die unsere guten Gedanken, Überzeugungen und Taten verhindern wollen.
Gottes Liebe in uns, überwindet Mauern, die andere oder wir uns gesetzt haben, die aber keinen Raum für die Liebe lassen!
Haben wir Mut zur Liebe, denn die Liebe schließt auch Ausgeschlossene(s) mit ein!
Tag der Arbeit
ArbeitnehmerInnen-Rechte stärken
Ist der ‚Tag der Arbeit‘ noch nötig?
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Ja, vielleicht mehr denn je!
Wir sehen es immer wieder, dass die Rechte der ArbeitnehmerInnen gefährdet sind. Betriebe versuchen zum Beispiel durch Umgehung des Betriebsverfassungsgesetzes die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der ArbeitnehmerInnen auszuhöhlen oder sogar zu verhindern.
Mir macht Sorge, dass dieses vor allem auch im Gesundheitswesen zu beobachten ist, zum Beispiel, wenn Aktiengesellschaften oder andere freie Wirtschaftsunternehmen Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen übernehmen.
Deshalb ist der 1. Mai als ‚Tag der Arbeit‘ immer noch sehr wichtig! Deshalb müssen sich die ArbeitnehmerInnen organisieren, die Hilfe von Gewerkschaften in Anspruch nehmen, um ihre gesetzlich verbrieften Rechte auch wirklich in Anspruch nehmen zu können!
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Notfalls muss auch der Rechtsweg beschritten werden, in dem die Arbeitsgerichtsbarkeit angerufen wird!
ArbeitnehmerInnen sind nicht macht- und wehrlos! – Also verschafft Euch das Recht, dass euch zusteht!
„Ich bin der Weinstock“
Impuls zum 5. Sonntag der Osterzeit 2024
Bei Christus ab-hängen
Manche von uns mögen sie, andere lehnen sie ab, ignorieren sie oder halten sie gar für eine Banalisierung der deutschen Sprache. Ich spreche von der sogenannten „Jugendsprache“.
Jedes Jahr kürt eine Jury das „Jugendwort des Jahres“.
Ich finde, dass es sich manchmal lohnt, sich die Begrifflichkeiten junger Leute genauer anzusehen. Denn vielleicht können Sie uns auch etwas sagen, auch wenn wir deren Begrifflichkeiten nicht unbedingt im Alltag übernehmen.
Ein Wort, von dem ich nicht weiß, ob es jemals als „Jugendwort des Jahres“ gekürt wurde, ist das Wort „abhängen“.
Und genau dieses Wort kam mir in den Sinn, als ich das heutige Evangelium gelesen habe und es auf einmal mit dem Evangelium verknüpfte.
Daraus entstand bei mir der Gedanke:
„Bei Jesus abhängen“
Ich hatte das Bild eines Weinstocks mit roten Reben vor Augen, an dem die Reben buchstäblich am Weinstock abhängten.
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Und ich denke, dass das Bild vom Weinstock in Verbindung mit dem Jugendwort „abhängen“ auch uns heute etwas sagen könnte.
Das Wort „abhängen“ hat unter jungen Leuten verschiedene Bedeutungen und wird in unterschiedlichen Kontexten verwendet:
Als erstes bedeutet es: **Entspannen und Zeit verbringen**:
Oft wird „abhängen“ verwendet, um sich in lockerer Atmosphäre mit Freunden zu treffen, Zeit miteinander zu verbringen und einfach zu entspannen. Dies kann sowohl zu Hause als auch an öffentlichen Orten wie Parks, Cafés oder Plätzen in der Stadt geschehen.
Übertragen auf das Bild vom Weinstock könnte es bedeuten. Wir sind eingeladen, mit Jesus Christus aber auch mit anderen ‚Reben‘ am Weinstock des Herrn, mit anderen Christ:innen unsere Zeit miteinander zu verbringen, um die Zeit in lockerer Atmosphäre zu verbringen. Wir können untereinander und miteinander Zeiten verbringen, die uns gegenseitig gut tun und weil wir eine innere Verbindung zwischen uns spüren: wir alle gehören zu ein- und demselben Weinstock: Jesus Christus. In seiner Nähe und mit der gegenseitigen Gemeinschaft geht es uns gut, treffen wir Menschen ‚eines Sinnes und eines Geistes‘, können uns somit auch gegenseitig im Leben bestärken. ‚Bei Christus abzuhängen‘ kann also bedeuten, mit IHM und untereinander wertvolle Zeit zu verbringen, die einfach gut tut.
2. **Auszeit nehmen**: Manchmal verwenden junge Leute das Wort „abhängen“, um auszudrücken, dass sie eine Pause vom Alltag nehmen möchten. Es kann bedeuten, dem Stress und den Verpflichtungen des Lebens für eine Weile zu entfliehen und sich zu entspannen. Auch diese Bedeutung können wir auf Christus und unsere Gemeinschaft übertragen. In unseren Zusammenkünften, auch gerade in unseren Gottesdiensten brechen wir unseren geschäftigten Alltag auf, wir machen buchstäblich einen „Break“, eine kurze aber deutliche Unterbrechung, die uns hilft, für eine kurze Zeit den dominierenden Alltag mit seinen Verpflichtungen und Beschäftigungen zu unterbrechen, um im Gottesdienst bewusst die Nähe zu Christus zu suchen und auch zu entspannen. Ja, sie hören richtig! Gottesdienst darf auch ein Ort der Erholung und Entspannung sein, wo man mal wieder etwas tiefer Luft holen und Durchatmen kann. Denn Gottesdienst heißt nicht nur, dass wir Gott dienen, sondern auch, dass Gott uns dienen will. Unsere Gottesdienste dürfen, sie sollen somit sogar Wohlfühlorte sein, Oasen der geistlichen Zurüstung aber auch der körperlichen, seelischen und emotionalen Erholung.
Sogenannte „Weinstock-Ikone“, die ich von einer Großtante zu meiner Priesterweihe geschenkt bekommen hatte.
3. **Soziale Interaktionen**: „Abhängen“ bedeuteet, sich mit Freunden zu treffen, um gemeinsam Zeit zu verbringen, zu reden, zu lachen und verschiedene Aktivitäten zu unternehmen, sei es Spielen, Filme schauen oder einfach nur herumhängen.
Bei Christus abzuhängen kann somit auch eine soziale Interaktion sein.
Natürlich kann ich in den eigenen vier Wänden, in aller Stille „bei Christus abhängen“ durch persönliches Gebet, durch Meditation. Das ist dann auch eine Form der sozialen Interaktion zwischen mir und Christus, zwischen „ich und du“. Abhängen bei Christus ist zudem in einer sozialen Interaktion möglich, die über die Zweisamkeit zwischen Christus und mir hinausgeht, nämlich indem wir Gemeinschaft erleben zwischen vielen Menschen, die der Glaube und die Liebe zu Christus verbindet.
Und diese dritte Dimension des „Abhängens bei Christus“ bildet den nächsten Aspekt:
4. **Identitätsbildung und Zugehörigkeit**:
Durch das „Abhängen“ können junge Leute ihre Identität formen und sich einer Gruppe zugehörig fühlen. Es ermöglicht ihnen, Gemeinschaft zu erleben, sich auszudrücken und Bindungen zu knüpfen, die oft in der Jugend von großer Bedeutung sind.
Foto: Gerd Altmann, www.pixabay.com
„Bei Christus abzuhängen“ stiftet Gemeinschaft und stärkt unser Zugehörigkeitsgefühl zu der Gemeinschaft der Christinnen und Christen. Dieses Zugehörigkeitsgefühl ist besonders in den Zeiten wichtig, wo wir als Christ:innen keine Mehrheit mehr in unserer Gesellschaft bilden. Dieses Zugehörigkeitsgefühl ist besonders in den Zeiten wichtig, wo manche eher dazu neigen, in ihrem Glauben zu resignieren, vor allem auch deshalb, weil so vieles in unserer Glaubensgemeinschaft nicht gut läuft, belastend und beschämend ist. Die Erfahrung von Gemeinschaft trotz der dunklen Seiten kann auch Bestärkung sein, für die Überwindung zu kämpfen, die das menschliche Angesicht der Gemeinschaft von Christinnen und Christen entstellt.
Es lohnt sich also, dieses Bild vom Weinstock und den Rebzweigen im Sinne der Jugendsprache zu interpretieren, weil sie für unser Leben konkrete hilfreiche Impulse bereit hält.
Grüner Gift-Garten I
Kirschlorbeer
Nun blüht er wieder, als Hecken- oder als Solitärpflanze, in Vorgärten oder als Begrenzungsgrün zum Nachbargrundstück: der Kirschlorbeer.
Diese immergrüne, standorttolerante und pflegeleichte Pflanze ist jedoch kein Schmuckstück in unseren Gärten und Vorgärten, birgt sie doch dunkle Geheimnisse.
Giftigkeit
Alles an dieser Pflanze ist giftig und zwar ziemlich giftig. In Blättern und Früchten der Lorbeerkirsche lagern cyanogene Glykoside. Deshalb wurde der Kirschlorbeer 2013 zur „Giftpflanze des Jahres“ gekürt. Cyanogene Glykoside können bei Verzehr entsprechender Pflanzen zu einer Blausäureintoxikation führen. Besonders vor dem Verzehr der Blätter und Samen sollte man sich hüten. Bereits wenige Blätter oder eine Hand voll Samen sind für Kinder eine kritische Dosis: Es droht Atem- und Herzstillstand.
Neophyt
Beim Kirschlorbeer handelt es sich auch um eine exotische Problempflanze, die hier in unseren Gebieten nicht heimisch ist, sondern verbreitet sich zudem noch invasiv in naturnahen Gebieten. Das heißt, dass sich diese Pflanzen auf Kosten unserer einheimischen Pflanzen verbreiten und diese verdrängen können, mit fatalen Folgen für Flora und Fauna. Blütenstände und Früchte sind für die meisten Vögel und Insekten nutzlos. Allenfalls als Hecke kann diese Pflanze manchen Vögeln Unterschlupf bieten.
Wegen der giftigen, glykosidhaltigen Blätter ist der Grünschnitt dieser Pflanze auch nicht kompostierbar. Das müssen Gärtner:innen beachten, wenn sie den Kompost nicht mit Gift kontaminieren wollen.
Verkaufs- und Pflanzverbot
Bereits in anderen Ländern, wie zum Beispiel in der Schweiz, gibt es ein Verkaufsverbot von Kirschlorbeer, Schmetterlingsstrauch und Blauglockenbaum. Dieses Verkaufsverbot gilt ab September 2024.
Manche Kleingartenanlagen-Vereine in Deutschland sind nun auch dazu übergegangen, in ihren Satzungen festzuschreiben, dass z.B. der Kirschlorbeer nicht gepflanzt sein darf und das sogar bestehende Bestände entfernt werden müssen. So ist z.B. in den Kleingartenanlagen in der Stadt Essen seit 2020 Kirschlorbeer verboten und bei Pächterwechsel müssen vorhandene Pflanzen vom vorherigen Pächter auf eigene Kosten beseitigt werden. Auch wird Kirschlorbeer nicht mehr in der Wertermittlung berücksichtigt.
Es wäre wünschenswert, wenn man sich auch in der gesamten EU zum Verbot dieser Pflanzen und von Neophyten an sich entscheiden könnte.
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„… wie Schuppen von den Augen …“
Mein persönliches Emmauserlebnis
„Da fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen, und sie erkannten ….“
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Das sind Worte aus dem Evangelium vom vergangenen Montag, dem Ostermontag. Das sind Worte aus dem Evangelium von den Emmaus-Jüngern.
Die Begegnung und die Begleitung durch den Auferstandenen und das gemeinsame Brotbrechen öffnet ihre Augen für die Wahrheit der Auferstehung Christi.
Ein solches ‚Entschuppungserlebnis‘ hatte ich auch am vergangenen Donnerstag, als ich nämlich den geistlichen Impuls zum heutigen Evangelium in meinem Stundengebetbuch „Te Deum“ las.
Er stammt von der Benediktinerin Johanna Domek OSB, die in dem selben Kloster Ordensfrau ist wie meine erste geistliche Begleiterin zum Zeitpunkt meiner Priesterweihe.
Dieses Kloster in Köln-Raderberg ist ein Ort geistlicher Inspiration, so auch beim Lesen dieses Impulses.
Sr. Johanna Domek hat ihren Impuls unter dem Vorzeichen des heutigen Sonntags gesetzt, der traditionell „Weißer Sonntag“ genannt wird, aber durch Papst Johannes Paul II. zum „Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit“ ernannt wurde.
Und das hat Sr. Johanna Domek zum Anlass genommen, das heutige Evangelium unter dem Vorzeichen der „Göttlichen Barmherzigkeit“ zu lesen und zu interpretieren.
Dieses Evangelium erscheint auf dem ersten Blick als ein Konglomerat von Aussagen Jesu, die der Evangelist Johannes scheinbar am Ende seines Evangeliums noch ‚schnell unterbringen‘ wollte.
Da ist von Jünger:innen die Rede, die sich hinter verschlossenen Türen verkrochen haben
Da ist von Jesus Christus dem Auferstandenen die Rede, der ihnen erscheint.
Da ist von der Sendung des Heiligen Geistes die Rede
… und von Sündenvergebungsvollmacht und Sündenvergebung
da ist davon die Rede, dass auch der Letzte die Auferstehung Jesu Christi verstehen soll und kann, am Beispiel des heiligen Thomas
… und das alles in den letzten zwölf Versen des Johannes-Evangeliums.
Es ist schon auffällig, wie lang die Passion Christi bei Johannes ist und dann aber hier am Ende noch mal schnell einige wichtige Aussagen an den Schluss gesetzt werden sollen.
Sr. Johanna Domek hat es mit ihrem Impuls geschafft, unter der Lupe der „Göttlichen Barmherzigkeit“ diese letzten Verse zu betrachten und unter dieser Lupe den ‚roten Faden‘ dieser letzten Verse zu ent-decken.
Und diese Lupe benennt sich gleich am Anfang ihres Impulses: „Gottes Liebe ist Barmherzigkeit“
Diese ‚Göttliche Barmherzigkeit‘ wird genährt von der Sehnsucht Gottes, einen Idealzustand herbei zu führen ohne die Freiheit und Verantwortlichkeit des Menschen aufzuheben.
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Für Gott ist es der Zustand vollendeter und allumfassender Liebe. Aber Barmherzigkeit beinhaltet zugleich auch den realistischen Blick. Barmherzigkeit geht nicht über Realitäten hinweg, ignoriert sie nicht, sondern nimmt sie wahr, so wie sie sind. Die Göttliche Barmherzigkeit nimmt unsere menschlichen Realitäten wahr mit all ihren Fassetten und in ihrer bruchstückhaften Unvollkommenheit. Die Göttliche Barmherzigkeit nimmt diese Bruchstücke an und erkennt darin die Chance, daraus noch etwas zu machen, um den erstrebten Idealzustand herzustellen. Diese Göttliche Barmherzigkeit erspart uns auch den ‚den Griff auf die heiße Herdplatte‘, wie ich es ausdrücken möchte. Sie erspart uns nicht die Schritte, die wir zu gehen haben, auch nicht die Schritte der Fehler und Schuld, die Schritte der Angst und Hoffnungslosigkeit, der Resignation und des Leidens. Die Göttliche Barmherzigkeit kommt uns in all dem immer entgegen.
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Was hier von mir sehr abgehoben klingt, fasst Sr. Johanna Domek in anschauliche Beispiele.
Da sind die Jünger:innen, die in ihrer großen Angst sich eingeschlossen haben, die sich nicht trauen in ihrer Angst und Verzweiflung die schützenden Mauern zu verlassen. Und der Auferstandene zerrt sie da nicht hinaus, der ‚zwingt sie nicht zu ihrem Glück‘, wie wir manchmal so sagen. Sondern er kommt ihnen entgegen, macht sich auf den Weg in ihre Verschlossenheit, in ihr selbstgewähltes zeitliches Grab. Er, der aus dem Grab auferstanden ist, geht zu denen, die sich in ihr selbstgewähltes Grab quasi eingemauert haben. Er geht also wieder und wieder ‚ins Grab‘, um den Begrabenen dort entgegen zu kommen, damit sie frei werden können.
In ihrem selbstgewählten Verlies, verlässt der Auferstandene die Seinen nicht, sondern nimmt sie wahr und an mit ihren friedlosen Herzen, die keine Ruhe finden in ihrer Trauer. Aber er verwandelt diese geistlose Friedlosigkeit, indem er ihnen seinen Geist einhaucht, der sie versöhnt mit der vergangenen Geschichte, der ihnen inneren Frieden und Freude schenkt, ihre Hoffnung stärkt und ihnen Perspektiven aufzeigt. Was die Jünger:innen in sich selbst nicht finden können, aber was so Not tut, das schenkt die ‚Göttliche Barmherzigkeit‘ ihnen ‚von außen‘, vom ‚Himmel herab‘.
Christus ignoriert auch nicht ihre Verzagtheit, ihr Versäumnis und Versagen, sondern nimmt sie an, um sie zu wandeln durch das Wirken seines Geistes.
Mehr noch: diese Geisterfülltheit ermächtigt und befähigt seine Jünger:innen, selber Werkzeuge der ‚Göttlichen Barmherzigkeit‘ zu sein, indem sie das Werk der Versöhnung mitgestalten können und das Geschenk der eigenen Vergebung weiterzugeben.
Und am Beispiel des heiligen Thomas macht Jesus deutlich, dass er nicht den Zweifel und den Unglauben ignoriert. Aber er entlässt Thomas auch nicht aus seiner eigenen Verantwortung und Möglichkeit, sich buchstäblich an diesen verlorenen Glauben wieder heranzutasten, indem Christus Thomas ermöglicht, sich ihm wieder zu nähern, ihn buchstäblich zu ertasten, zu erfahren.
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An diesem Sonntag der ‚Göttlichen Barmherzigkeit‘ sind mir – auch durch den Impuls von Sr. Johanna Domek – wieder ein Stück weit mehr die Augen geöffnet worden. Ich habe gelernt, diesen Schrifttext unter einem neuen Vorzeichen zu lesen und zu verstehen, unter dem Vorzeichen der ‚Göttlichen Barmherzigkeit‘.
Die ‚Göttliche Barmherzigkeit‘ ignoriert nicht meine, nicht unsere Lebenswirklichkeit, sie nötigt uns nicht, aber sie nutzt unsere Lebenswirklichkeiten, um uns selber zu den notwendigen Schritten zu befähigen, die für uns heilsam sind.
Risen Christ
Bildbetrachtung
Ein nicht alltägliches ‚Bild‘ vom Auferstandenen. Ein Bild das zumutet, mit Alt-Bekanntem in Kontrast gesetzt zu werden.
Lass uns dieses Bild betrachten.
Wir erkunden das Bild
Ein Mann, unbekleidet, nackt, mit einer sportlichen Statur. Wahrscheinlich unteres mittleres Alter, Mitte 30. Der Bewegung des Körper wirkt lebendig, dynamisch.
Der Blick ist somit ‚zielstrebig‘ nach rechts oben gerichtet. Das Ziel scheint nicht vor ihm, sondern über ihm zu sein. Der Körper nimmt diese Zielstrebigkeit auf. Die Beine stehen nicht fest, sondern in Bewegung. Die Körperhaltung und -bewegung erinnert an die eines Sprinters in der letzten Phase des Wettkampfes, geradewegs auf das Ziel zu. Ein flatterhaft wirkendes weißes Tuch ‚umhüllt‘ Teile des Körpers, berühren ihn aber kaum, so als würde das Tuch vom Körper wegstreben. Hinter dem Kopf eine gold-leuchtende ‚Scheibe‘, die an eine Sonne erinnern mag.
Die Farbfelder im oberen Teil scheinen geradezu vom Körper weg zu explodieren. Sie unterstreichen diesen dynamisch bewegten Körper.
In der oberen Bildhälfte dominieren die Farben gelb/gold und rot, die in die Vertikale drängen. In der unteren Hälfte sind mehr grüne und blaue Felder, eher horizontal, zu erkennen, als im oberen Teil. Die Farbfelder wirken unspezifisch, lassen keine bekannten Motive erkennen, so als wäre der Körper in einer anderen Sphäre, einer anderen ‚Dimension‘, die mit nichts ‚auf Erden‘ zu vergleichen ist.
Der expressionistische Stil des Bildes unterstreicht die Kraft, die diesem Bild innewohnt.
Ein Deutungsversuch: Ein Bild von Auferstehung
Dieses KI-gefertige Bild entspricht nicht den üblichen Darstellungen des Auferstandenen. Dennoch ist es für mich ein Bild des Auferstandenen. Das möchte ich an einzelnen Details erläutern.
Die Nacktheit
Wann ist der Mensch zum ersten Mal ’nackt‘ auf Erden? – Bei seiner Geburt.
Wir alle werden ’nackt‘ geboren. Die Nacktheit eines neugeborenen Menschen wird oft als Ausdruck seiner Schutzlosigkeit und Hilfsbedürftigkeit verstanden. So heißt es z.B. in dem Weihnachtslied „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich…“ (Gotteslob Nr. 247): „Er kommt aus seines Vaters Schoß und wird ein Kindlein klein, er liegt dort elend, nackt und bloß in einem Krippelein…“ Bei den Weihnachtsliedern ist uns das Motiv der Nacktheit Christi vertraut. Die Nacktheit bei der Geburt ist aber nicht nur Ausdruck von Schutzlosigkeit und Hilfsbedürftigkeit. Die Nacktheit ist damit das Bild für den Eintritt in das Erdenleben. So heißt es zum Beispiel im Alten Testament im Buch Hiob 1,21: „Nackt bin ich zur Welt gekommen, und nackt verlasse ich sie wieder.“ (Übersetzung: Hoffnung für alle)
Mit Nichts kommen wir also zur Welt.
Dieses „Nichts“, diese Nacktheit steht damit auch für eine Art Ungebundenheit. Zur Zeit der Geburt ist der Körper des Kindes noch nicht ‚gewickelt‘.
Das Wickeln des Säuglings war früher ein geläufiges Ritual, wie es u.a. der Wikipedia-Artikel zeigt: https://de.wikipedia.org/wiki/Wickeln_(Kind) Manche Krippendarstellungen zeigen den neugeborenen Christus als ein ‚gewickeltes‘ Kind in der Krippe. In dieser Wickel wirkt ein Säugling wie in einer Presswurst. Es kann sich nicht bewegen, ist gebunden – ja bis zur Bewegungslosigkeit gefesselt. Damit ist ein gewickelter Säugling genau das Gegenteil von dem, wie uns ein gerade geborenes Kind erscheint.
Dieses Bild der Wicklung kommt später wieder zum Zuge, nämlich nach dem Tod eines Menschen. Die Bibel berichtet davon, dass Menschen nach ihrem Tod in Leinentücher gewickelt wurden. So berichtet z.B. das Johannes-Evangelium im Kapitel 19 Vers 40: „Mit diesen wohlriechenden Salbölen wickelten sie den Leichnam von Jesus in Leinentücher ein. So war es beim Begräbnis von Juden üblich.“
Und in Johannes 20,5-7 wird berichtet, dass Jesus nach seiner Auferstehung nicht mehr in diesen Leinentüchern gewickelt gewesen war, weil diese nämlich noch im Grab gefunden wurden. Wenn wir diesen Gedanken weiter spinnen, dann kommen wir zum Motiv des „nackten Auferstandenen“.
Die Wickeln, die ein Neugeborenes gebunden hatten und die Leinenbinden, mit denen der Verstorbene verbunden wurde, sie gab es nicht bei der Geburt und sie gibt es auch nicht mehr bei dem Auferstandenen. Beim Eintritt ins Erdenleben ist der Mensch nackt. Und auch der Auferstandene ist mit seiner Auferstehung wieder ’nackt‘, weil er in ein neues Leben eingetreten ist, quasi in ein neues Leben hineingeboren wurde.
Das ist ein Leben, dass alle irdischen Bindungen, Wicklungen und Fesseln abgelegt hat.
Daran erinnert uns auch Jesus Christus selber, wenn er den Schwestern seines Freundes Lazarus, Martha und Maria, nach der Auferweckung des Lazarus zuruft: „Löst ihm die Binden und lasst ihn weggehen!“ (Joh, 11,44) Und in Johannes 20,17 sagt der Auferstandene zu Maria aus Magdala: „… Halte mich nicht fest;…“
Frei werden wir in dieses Erdenleben hineingeboren und frei werden wir nach unserem irdischen Tod ins ewige Leben hineingeboren. Auferstehung bedeutet: befreit werden zu einem neuen Leben.
Das Symbol der Nacktheit des Auferstandenen möchte diese Dimension und diese Wirklichkeit der Auferstehung buchstäblich ins Bild setzen. Die flatternden weißen Binden auf dem Bild zeigen diese Befreiung in der Auferstehung.
Als weiteres Merkmal der Auferstehung ist die Dynamik der Bewegung des Christus. Wir erkennen eine von links unten nach rechts oben aufstrebende Linienführung, die in der Bewegung des Körpers und der Haltung des Kopfes aufgenommen wird. In der Ikonographie der Orthodoxie ist diese Diagonale von links unten nach rechts oben ebenfalls eine ikonische Darstellung von Auferstehung. Das kann man sehr schön zeigen bei den Grablegungsszenen. Darauf nimmt Jesus bei der Grablegung oft eine horizontale Lage ein. Es ist die Lage der Erdverbundenheit, der Gebundenheit an das irdische Leben. Dieses irdisch gebundene Leben ist durch den Tod zu Ende gegangen. Doch die Auferstehungsikonen zeigen manchmal noch das Grab im Hintergrund. Sehr schön anschaulich wird es bei dieser Ikone: https://obitel-minsk.org/assets/img/content/2022/deutsch/inside/klostermaus/Ikone-der-Salben-Myron-tragenden-Frauen.jpg
Hier sieht man die buchstäblich verlassenen Leichenbinden, sie liegen da wir ein leerer Kokon eines neu erwachten Schmetterlings (weshalb auch der Schmetterling ein Symbol für Auferstehung ist!). Bei seiner Auferstehung wird Christus oft geradezu vertikal, aufstrebend in den Himmel gezeigt. Und die Grabplatte, wie hier bei diesem Bild unterstreicht diese Aufwärtsbewegung durch ihre von links unten nach rechts oben aufstrebende Richtung ‚gen Himmel‘.
In diesem Bild hier bei uns nimmt Jesus selber diese aufstrebende Richtung mit dem eigenen Körper ein. Während orthodoxe oder klassische Auferstehungsbilder immer wieder noch das leere Grab zeigen – damit wir wirklich glauben können, was wir da sehen – hat dieses Bild das Grab ganz hinter sich gelassen.
Manche mögen es noch ganz vage angedeutet sehen im Bild unten rechts die beiden aufstrebenden Farbbalken von rot und dunkelgrünblau, so als würde Christus auch noch sein rechtes Bein aus dem Grab erheben. Doch die Bilder des Todes sind hier allenfalls nur angedeutet, wenn nicht sogar nicht mehr buchstäblich ‚im Bild‘. Das Grab und somit der irdische Tod ist bedeutungslos geworden.
Die Macht des Lebens besiegt die Macht des Todes!
Dieses Bild ’strahlt‘ buchstäblich viel Kraft aus. Die Bewegung des Körpers, die verlängerten Strahlen, die aus dem Nimbus (Heiligenschein) Christi sich weiter fortsetzen und nach außen drängen, wie die Strahlen eines Blitzes. Sie symbolisieren die unbändige Macht der Auferstehung, der keine Macht auf Erden widerstehen kann, selbst die Macht des irdischen Todes wird durch die Auferstehung überwunden. Im Exsulet, dem Osterlob in der Osternacht hören wir: „… dies ist die Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach …“
Um Ketten zu zerbrechen, braucht es eine unbändige Kraft und Stärke. Diese Kraft und Stärke über den Tod soll ebenfalls in diesem Bild ausgedrückt werden.
Ostern – Himmelfahrt – Pfingsten
Wir feiern zwar insgesamt 50 Tage bis zum Pfingstfest das österliche Geheimnis. Nach meinem Verständnis fallen aber Ostern, Himmelfahr und Pfingsten in eins. Dies soll ebenfalls dieses Auferstehungsbild andeuten, in dem es auch die Geschehnisse der Himmelfahrt und das Pfingstfest andeutet.
Die aufstrebende Bewegung Christi ‚gen Himmel‘ unterstreicht den Himmelfahrtsbezug. Mit einiger Phantasie kann man sogar schon etwas von der „Geistsendung“ erkennen, in dem roten Blockstreifen der hinter dem rechten Arm Christi gen Erde gerichtet ist. Das Rot ist die Farbe der Liebe und die Farbe von Pfingsten. Denn schon bei seinen Abschiedsreden in Joh 14 versichert Jesus seinen Jüngern: „Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen,“, sondern er wird uns die Heilige Geistkraft „vom Vater aus senden“. (vgl. Joh 14,16)
Bei diesen Gedanken zu diesem Bild will ich es belassen. Ich wünsche dir ein frohes und befreiendes Osterfest!
Vielleicht inspiriert dich dieses Bild für eigene ‚Oster‘-Gedanken. Dann würde ich mich freuen, wenn du deine Ostergedanken mir als Kommentar schickst. Gerne veröffentliche ich ihn dann auch hier.
OSTERN.GEGEN.MACHT
Bild: KI
Wie werden Sie dieses Jahr Ostern feiern? Ist es für Sie eine Art Frühlingsfest, auch wenn es in diesem Jahr noch kalt sein könnte? Feiern Sie Ostern mit seinem christlichen Hintergrund als das Fest der Auferstehung? Denken Sie, dass Auferstehung nur etwas mit dem Leben nach dem Tod zu tun hat?
Ich habe für mich in den letzten Jahren gefunden, dass Ostern eine wichtige Botschaft für dieses irdische Leben bereit hält, nicht erst jenseits unserer irdischen Lebens. Denn wie wollte ich an eine christliche Botschaft der Auferstehung glauben, wenn diese nicht schon hier stattfinden kann und wird?!
Auferstehung von den Toten hat für mich viel mit meinem Glauben an Erlösung zu tun: Erlösung von all dem, wodurch mein Leben gefährdet ist, was meine Lebendigkeit behindert oder sie sogar bedroht ist bis hin zum Gefühl, dass ‚das Leben an mir vorbei geht‘.
Ostern ist für mich der Aufbruch ins Leben, manchmal auch in ein ganz anderes, neues Leben – jenseits meiner bisherigen Vorstellungskraft; jenseits dessen, was ich mir bisher an Lebensmöglichkeiten zu denken und zu leben versagt habe. Ostern ist für mich die Ermutigung in ein Leben, dass uns wirklich lebendig sein lässt.
Somit ist die Botschaft von Ostern auch eine Botschaft gegen die eigene vermeintliche Ohnmacht. Es ist eine Botschaft, die mir neue Möglichkeiten eröffnen will.
Und da darf jede/r von uns schauen, nach welchen neuen Möglichkeiten unser eigenes Leben drängt. Doch damit das neue Leben beginnen kann, muss das ‚alte‘ = bisherige Leben vielleicht erst ‚sterben‘ und sterben können und dürfen.
Dieser Glaube ist aber nicht in jedermanns Sinne. Denn: Ostern ist zugleich ‚gefährlich‘! Ostern kann nämlich den Mächtigen Angst machen, weil an Ostern Christus „die Ketten des Todes zerbrach“, wie es im ‚Exsultet‘ der Osternacht gesungen wird. Da, wo andere unsere Lebendigkeit wie in einem Grab zumauern wollen, bricht Ostern dieses Grab auf, so dass wir wieder ins Leben treten können.
Auferstehung und Himmelfahrt*, Bild: Gerd Wittka mittels KI , März 2024
Ostern hält für uns die Botschaft der Freiheit bereit in allen Fällen, wo wir eingeschränkt, begrenzt oder unfrei sind oder gemacht werden sollen. Die Wirkung von Ostern kann sein, dass wir aus Mitläufer:innen zu Selbstläufer:innen werden, weil wir unsere Freiheit und Selbständigkeit erkennen und annehmen.
Ostern geschieht nicht nur im Jenseits, sondern bereits Jetzt, wenn wir es nur glauben und es zulassen, unser neues Leben, unseren Aufbruch in eine neue Lebendigkeit!
Stellen Sie sich einmal vor, das hätte Jesus Christus mit seiner Auferstehung für uns auch erreicht?! – Was wäre das ein mächtiges Fest!
Der Auferstandene hält Mahl mit seinen Jüngern, Bild: KI
In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein gesegnetes und wirkmächtiges Ostern 2024! *Bildbetrachtung zu diesem österlichen Bild: in Arbeit
Hosianna
Palmsonntag in der Krankenhaus-Kapelle
Heute, am Vorabend des Palmsonntags 2024, bin ich wieder sehr glücklich. Mit über 50 Personen durfte ich in der Krankenhaus-Kapelle des AMEOS Klinikums St. Clemens Oberhausen in die Heilige Woche starten.
Wir haben den Gottesdienst mit einer kleinen Station in der Halle begonnen, bei der wir das Tagesevangelium vom Einzug in Jerusalem gehört haben. Vorher wurden Buxbaumzweige gesegnet und nach dem Evangelium gingen wir in kurzer Prozession in die Kapelle. Dort wurde auch die Passion Christi vorgetragen. Zum zweiten Mal bin ich aber beim Vortrag der Passion als Priester ganz bewusst nicht dabei. Oft ist es üblich, dass der Priester den Part Jesu der Passionsgeschichte vorträgt. Ich bin aber davon überzeugt, dass diese Aufgabe auch von Nicht-Klerikern übernommen werden kann und sollte.
Nach dem Gottesdienst haben dann noch Jugendliche der kjg St. Clemens „Osternester“ aus Hefeteig gegen eine Spende angeboten, die sie vormittags selber gebacken haben.
Auch diese Initiative kam bei den Teilnehmenden sehr gut an. Und ich würde mich freuen, wenn die kjg auch im nächsten Jahr wieder an uns ‚denkt‘, denn es war eine schöne und gute Bereicherung.
Christliche Tugend: Barmherzigkeit
Was ist Barmherzigkeit?
Vorbemerkungen zum besseren Verständnis der nachfolgenden Gedanken:
Alles, was ich hier schreibe, bezieht sich nicht auf eine konkrete Person (auch wenn ein konkreter Anlass diese Zeilen begründet), sondern auf den Umgang mit einer Thematik, die immer noch in Kirche und Gesellschaft tabuisiert und in der Breite nicht ernst genug genommen wird.
Und noch etwas Entscheidendes muss ich voran schicken, damit die nachfolgenden Ausführungen besser eingeordnet und verstanden werden können:
Grenzüberschreitungen sind niemals eine Bagatelle!
„Keinen Zutritt!“ – www.pixabay.com
Sie sind nicht harmlos, erst recht, wenn eine bestimmte Vertrauensbasis vorliegt oder sie sogar mit Machtmissbrauch verbunden ist, wie es zum Beispiel oft bei Schutzbefohlenen, Kindern und Jugendlichen der Fall ist. Sie sind insbesondere dann noch gefährlicher, wenn sie mit körperlichen oder sexualisierten Grenzüberschreitungen einhergehen.
Denn so stellen sie zudem einen massiven Angriff auf die sexuelle Integrität eines Menschen dar, die dann ganz besonders brisant ist, wenn diese Menschen sich in einer Entwicklungsphase der eigenen sexuellen Identitätsfindung befinden, wie bei heranwachsenden Kindern und Jugendlichen rund um oder in der Phase ihrer Pubertät.
Die Suche zum ‚Ich‘ braucht umfassenden Schutz!
Seit Ende der 1990er Jahre beschäftige ich mich zwangsläufig, eher unfreiwillig und notwendigerweise, mit diesem ganzen Themenkomplex, der mir schon Ende der 1990er Jahre in einer kirchlichen Beratungsstelle für sexuell übertragbare Krankheiten begegnet ist. Später wurde ich massiv als Gefängnisseelsorger mit der Thematik konfrontiert und bis zum heutigen Tage als Krankenhaus-Seelsorger in einer Psychiatrie.
Dazu kommt, dass ich selber – als heranwachsender Jugendlicher und sogar später als Priester – Opfer sexueller Grenzverletzung und Übergriffigkeit geworden bin. Selbst mit Anfang meiner 40er Jahre habe ich in einer früheren Pfarrei durch eine deutlich älteren Frau in einer völlig unverfänglichen gottesdienstlichen Situation (Wohnungseinsegungsfeier!) körperlich-sexuelle Übergriffigkeit erfahren. Für mich als erwachsener Mann, der seine sexuelle Integrität gefunden hat, war dies trotz allem sehr irritierend, verstörend und hat eine Flut unterschiedlichster Gefühle in mir ausgelöst wie Wut, Ohnmacht, Ekel und Abscheu. (Mein Gedanke damals: am liebsten hätte ich der Frau eine kräftige Ohrfeige geben! – Im Pott würde man sagen: „Eins in die Fresse gehauen!“)
Wenn ich mich dann frage, was solche oder ähnliche Erfahrungen bei Menschen auslösen kann, die ihre sexuelle Integrität noch finden müssen, liegt die berechtigte Vermutung nicht fern, dass bei ihnen massiver Schaden entstehen kann.
Ich kann somit für mich in Anspruch nehmen, in dieser Thematik ‚bewandert‘ zu sein.
Und ich sage auch: Mir behagt es nicht, mich auch selber als Betroffener sexueller Übergriffigkeit zu outen. Aber ich halte es im Hinblick auf andere mögliche Opfer für meine moralische Verantwortung, dieses jetzt und hier zu tun. Zumal ich in den Diskussionen immer wieder erfahre, dass betroffene Menschen nicht ernst genommen werden, so als wäre das lediglich ein kleines Randthema. Doch die Statistiken sprechen eine ganz andere Sprache. Und ich habe immer wieder erfahren, dass Menschen, die in solchen Thematiken ihre berechtigten Sorgen und Ängste formulieren und in Protest ausdrücken, ebenfalls nicht ernst genommen werden. Mitunter unterstellt man ihnen sogar niedere Beweggründe.
Und wenn der Umstand, von meiner eigenen persönlichen Lebensgeschichte zu erzählen, die Sensibilität für dieses Thema erhöht und dadurch mehr Menschen vor solchen Taten bewahrt werden können, dann hat sich mein Outing schon gelohnt!
Komme ich aber nun zum eigentlichen Anlass dieses Beitrags.
Vor einigen Wochen konnten wir in unserer Pfarrei eine Situation erleben, die sich mit der Frage konfrontiert sah, ob ein Seelsorger – der in der Vergangenheit wegen zwischenmenschlichen Grenzüberschreitungen seine frühere Aufgabe in einer anderen Stadt aufgeben musste – nun in unserer Pfarrei als Priester und Seelsorger eingesetzt werden solle?
Wenn Schutzmauern zerbrechen oder zerbrochen werden – www.pixabay.com
Ohne näher auf diese Angelegenheit eingehen zu wollen, will ich kurz zwei „Lager“ skizzieren, wie ich sie persönlich wahrgenommen habe.
Die eine Seite bewegte berechtigte Sorgen und Ängste, ob bei einem neuerlichen Einsatz solche Grenzüberschreitungen sicher vermeidbar wären? Sie hatte berechtigte Fragen, auf der sie keine zufriedenstellenden Antworten bekommen haben. Deshalb irritierte sie auch sehr stark der Prozess dieser Personalentscheidung. Sie hatte die Courage und den Mut, diese offenen Fragen, ihre Sorgen, Ängste und Verunsicherungen zu artikulieren. Nach allem, was wir über Grenzüberschreitungen und Missbrauch empirisch wissen, sind diese offenen Fragen und Sorgen berechtigt.
Da ist zum Beispiel die immens wichtige Frage, ob die damaligen Grenzverletzungen nicht auch eine Vorstufe zu weiteren Handlungen hätten sein können? Wir wissen aus der wissenschaftlichen Forschung rund um Missbrauchsbiographien, dass Täter:innen mitunter – wenn auch nicht geplant – austesten, ‚wie weit sie ohne Widerstand gehen können‘. Da ist die Frage erlaubt: Wer ‚garantiert‘ keine Wiederholungsfälle? Wer übernimmt persönlich die Verantwortung dafür, wenn sich ’so etwas wiederholt‘? Und dann sind da die nicht unerheblichen Fragen und Unsicherheiten von Eltern und Erzieher:innen: „Woher bekommen wir die Sicherheit, unsere Kinder und Jugendlich der ‚Kirche‘ anvertrauen zu können, die – nach ihrer eigenen Wahrnehmung – nur so unzureichend auf den vorhersehbaren Widerstand vorbereitet war?“
Diese Fragen stehen im Raum und sie zu leugnen oder zu bagatellisieren, hieße, die Sorgen derer, die diese berechtigten Fragen stellen, nicht ernst zu nehmen.
Weil so viele essentielle Fragen und Anmerkungen unbefriedigend beantwortet wurden, deshalb war der Widerstand gegen diese Personalie – nach meinem Dafürhalten – auch so heftig.
Meine persönliche Meinung zu den Anfragen und Protesten: sie waren berechtigt, gut begründet und deshalb nötig!
Wir sind verpflichtet zu der widerständigen Menschlichkeit, die wir an Jesus Christus selbst und somit an Gott, der für uns da ist, sehen und von ihm lernen können. Dabei bleiben wir aber auch Suchende nach mehr Frieden und nach mehr Früchten der Gerechtigkeit und Liebe (vgl. Jes 32,17).
Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen, in: TE DEUM, März 2024, S. 84
Und dann ist da die andere Seite. Sie war geleitet von dem Gedanken, diesem Seelsorger ’noch einmal eine Chance zu geben‘.
Dies wurde mitunter damit begründet, dass ja weder ein strafrechtliches noch ein kirchenrechtliches Verfahren zu der Schlussfolgerung kam, dass hier strafbares Handeln vorläge. Diese Seite zieht damit einen rein formaljuristischen Umstand als Begründung heran. Dem entgegnete aber jemand, dass mit einem schärferen Strafrecht (wie es es in anderen Ländern gibt) diese Beurteilung auch ganz anders hätte aussehen können. Insofern sei dieses ‚Argument‘ nicht objektiv hinsichtlich dessen, wie solche Taten bewertet werden können.
Diese ‚andere Seite‘ schien häufig über den konkreten Sachverhalt nicht hinreichend informiert zu sein. Auf die kritische Nachfrage, ob sie sich mit der IPP-Studie des Bistums Essen beschäftigt hätten, wo dieser Sachverhalt auch explizit benannt wird, bekam man oft die Antwort, dass sie diese Studien und insbesondere den betreffenden Abschnitt gar nicht gelesen hätten.
Jemandem eine Chance geben zu wollen, wurde übrigens auch von Menschen gefordert, die im nächsten Satz zugaben, dass sie ‚ihr Kind aber nicht als Messdiener:in in die Kirche schicken würden, wenn besagter Priester bei ihnen eine Messe feiern würde‘.
Und dann tauchte auch das ‚Argument‘ „Barmherzigkeit“ auf.
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Es sei schließlich christliche Überzeugung, Barmherzigkeit zu üben. Und in solchen Situationen würde sich zeigen, inwieweit wir es mit der christlichen Barmherzigkeit ernst nehmen würden.
Es waren übrigens zum Teil dieselben Personen, die Barmherzigkeit einforderten, die mit denen, die gegen diese Personalentscheidung aus den oben ausgeführten Gründen protestierten, recht unbarmherzig umgingen. Man warf ihnen „Hexenjagd“ vor oder dass sie andere Menschen aufwiegeln würden, sich diesem Protest anzuschließen.
Gerade an diesem Punkt musste ich für mich erkennen, dass es bei der eingeforderten Barmherzigkeit also nicht um eine christliche Grundhaltung ging, sondern diese vermeintliche Forderung nach Barmherzigkeit eher zu einem populistischen Kampfbegriff verkam.
Und das ist für mich die unchristlichste Form mit Barmherzigkeit umzugehen. Barmherzigkeit im christlichen Sinne ist nicht einseitig; Barmherzigkeit dürfen alle Seiten für sich einfordern.
Es scheint so, als lohne es sich, anhand des oben genannten Sachverhalts das Gebot der Barmherzigkeit genauer zu beleuchten. Dabei wird es sicherlich auch notwendig sein, andere Aspekte in den Blick zu nehmen, die zeigen werden, das Barmherzigkeit unter verschiedensten Blickwinkel betrachtet werden muss.
Da wäre die Barmherzigkeit gegenüber jenen Menschen die Fehler begangen haben. Barmherzigkeit ist hier durchaus im umfassenden Sinne gemeint. Welches Verhalten ist ihnen gegenüber wirklich barmherzig? Kann es nicht auch ein Akt der Barmherzigkeit sein, Menschen, die Fehler begangen haben und neue Wege gehen wollen, nicht immer dem kritischen Blick auszuliefern, der da mit Argusaugen schaut, ob dieser Mensch nicht schon wieder denselben Fehler macht? Was macht den Unterschied zwischen „Barmherzigkeit“ und ‚Schwamm drüber!‘?
Dann müssen wir auch die Barmherzigkeit in den Blick nehmen, die die Betroffenen im Hinblick auf ihre eigenen Erfahrungen von Grenzüberschreitungen und Missbrauch erwarten dürfen. Ferner geht es um die vor- und fürsorgliche Barmherzigkeit potentieller Betroffenen und Opfern gegenüber. Es gibt also auch eine präventive Barmherzigkeit.
Und nicht zuletzt geht es auch um Barmherzigkeit denen gegenüber, die ihre Ängste, Sorgen, offenen Fragen beherzt in einem öffentlichen Protest zum Ausdruck gebracht haben.
Folgende Fragen bewegen mich in diesem Zusammenhang:
Was ist (mit) Empathie?
Welche Zuordnungen gibt es zwischen Empathie (für Täter und Opfer/Betroffene) und Barmherzigkeit (gegenüber Tätern und zugleich gegenüber – potentiellen – Opfern/Betroffenen)?
Welches Maß an Barmherzigkeit ist zumutbar?
Gibt es auch Grenzen von Barmherzigkeit?
In welcher Zuordnung stehen Barmherzigkeit, Vergebungsbereitschaft und Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe sowie der Schutz und die Anwaltschaft für Opfer, Betroffene und Schutzbedürftige?
Indem ich diese Zeilen schreibe, merke ich, dass diese Fragen nicht alle auf einmal beantwortet werden können. Ein Blogbeitrag und ein Tag reichen nicht aus, um diesem Thema gerecht zu werden, weil es einfach zu komplex wird und sich ‚einfache‘ Antworten bei einem so sensiblen Thema geradezu verbieten?!
Ich werde mich also in einem späteren Beitrag mich mit diesen oben genannten Fragen beschäftigen und meine Gedanken dazu niederschreiben.
Über konstruktive Kommentare, die bereit sind, auch in der Tiefe eine Begründung zu liefern würde ich mich sehr freuen! Destruktive Kommentare oder gar Beschimpfungen werde ich nicht freigeben!
Wo ich bin …
… da ist mein Weg
Foto: Gerd A. Wittka, 2024
Kannst du dir vorstellen, durch dieses Dickicht zu laufen? Also, ich meine damit einen bequemen Spaziergang zu machen? Wenn ich da durch wollte, müsste ich sicherlich festes Schuhwerk anziehen. Und ich müsste vorsichtig und vorausschauend meine Füße setzen, damit ich nicht umknicke oder in irgendeine unvorhersehbare Senke stolpere. Durch dieses Dickicht wäre es kein leichtes Fortkommen.
Wir Menschen würden oftmals sicherlich nach einem bequemeren Weg Ausschau halten. Und das wäre vernünftig, wenn man nicht gerade auf einem Adventure-Trip ist.
Vielleicht ist es die Art des Menschen, oftmals den leichteren und bequemeren Weg zu suchen und zu nehmen.
Doch bei Tieren ist das anders. Wege zu benutzen, würde sie eher gefährden, weil sie dann sichtbarer und leichtere Beute wären.
Vor einigen Tagen fand ich in diesem Dickicht einen Fasan, der dort nach Körnern pickte. Und einen Tag später schritt durch dieses Dickicht gemächlich ein Rehbock. Er ging recht langsam, wirkte nicht, wie auf der Flucht zu sein. Aber von hier aus hätte er auch unverzüglich die Flucht ergreifen können und hätte sich dabei nicht unsicher in diesem Gelände gefühlt.
Als ich diese Beobachtungen meditierte, fiel mir das Wort am Anfang dieses Blogbeitrags ein:
„Wo ich bin, da ist mein Weg!“
Was wäre, wenn wir nicht immer zuerst nach den bequemeren und leichteren Wegen in unserem Leben Ausschau halten würden? Was wäre, wenn wir dort unseren Weg vermuten und annehmen würden, wo wir gerade sind, egal wie das Gelände beschaffen ist? Was wäre, wenn wir nicht alle Aufmerksamkeit unseres Lebens darauf verwenden würden, es möglichst sicher, bequem und behaglich zu haben und dann frustriert werden, wenn es anders kommt? Was wäre, wenn wir unser Leben so annehmen würden, wie es ist und es als den Weg verstehen würden, wo wir hingestellt sind? Was wäre, wenn wir dort unseren Weg sähen, wo wir gerade sind und wo uns das Leben hingestellt hat?
Beim Propheten Jesaja lesen wir das Wort:
„Der HERR, dein Erlöser, der Heilige Israels, spricht: »Ich bin der HERR, dein Gott, der dich lehrt, was dir nützt, und dir den Weg zeigt, den du gehen sollst.“
(Jesaja 48,17)
Dann ist unser ‚Weg‘ vielleicht kein bequemer und kein gut ausgebauter Weg; keine Schnellstraße des Lebens, über die man komfortabel cruisen könnte. Dann könnte ‚mein Weg‘ eine Strecke durch unwegsames Gelände sein.
Um solche Wege gehen zu können, ist eine gewisse Erfahrung und Übung erforderlich. Dann vermag ich mitunter solche Wege festen Schrittes – wie ein junger Rehbock – beschreiten zu können, der lieber querfeldein seine Wege sucht, als auf festen Pfaden.
Feste Pfade könnten uns zu ‚falschen‘ Orten führen.
Festgelegte Pfade führen uns nur an Orte und zu Punkten einer (Lebens-)Landschaft, die andere vor uns für uns angelegt und somit ‚ausgesucht‘ haben. Aber diese könnten nicht die Orte sein, zu denen wir hin unterwegs sind. Sie könnten nicht unsere Lebens-Ziele sein! Sie können manchmal so etwas wie die Transitstraßen zur Zeiten der Bundesrepublik Deutschland und der DDR nach Berlin sein: sie führen nur in eine ganz bestimmte Richtung. Abweichen von dieser vorher festgelegten Strecke ist strengstens und unter Strafe verboten.
‚Unsere Orte‘, die wir in unserem Leben erreichen sollen, könnten vielmehr abseits von ausgetretene oder vordefinierten ‚Transitstrecken‘ liegen.
Wenn unsere Lebens-Wege uns in unbekanntes, unwegsames und schwieriges Gelände führen, könnte es dann nicht sein, dass diese Nicht-Wege uns an Orte unseres Lebens führen, die nicht in den Vorstellungen anderer Menschen zu finden sind?
Indem ich diese Zeilen schreibe, muss ich natürlich auch den Blick darauf werfen, was solche unbequemen, unkomfortablen oder sogar gefährlichen Wegstrecken sein können. Es können die großen Herausforderungen des Lebens sein, die gekennzeichnet sind von großen Prüfungen und Strapazen, von Schmerz und Enttäuschung, von Leid und Widersinn, … letztendlich von Sterben und Tod. Es können diese Art Wege sein, auf die man eigentlich nicht freiwillig gehen wollte, wenn man wüsste, was einen erwartet.
Doch das Leben lehrt uns, dass wir nur in wenigen Fällen es selber und allein zu entscheiden haben, welche Wege wir einschlagen.
Welche Wege uns das Leben weist, nennen die einen Schicksal oder Zufall; andere – zum Beispiel gläubige Menschen – sehen darin das Mitwirken Gottes.
Denn – auch davon bin ich überzeugt – alle unsere Wege werden nicht allein von Gott festgelegt. Es liegt immer auch etwas an uns, welche Wege wir gehen werden. Oder, wie es Johannes Bours mal formuliert hat:
Der Mensch wird des Weges geführt, den er wählt!
Gleichnamiger Titel des Buches von Johannes Bours, Leipzig. St. Benno,1986.
Und wenn dieser Glaube noch dazu von der Überzeugung gelebt wird, dass Gott im Letzten nur unser Heil und unseren Segen möchte, dann sind solche – vielleicht unverständlichen – Wege, die guten Wege, die Gott uns weist, oder wie es der Beter im 86. Psalm ausdrückt:
Zeige mir, HERR, deinen Weg! Ich will ihn gehen in Treue zu dir. Ja, richte mein Herz auf das Eine aus: dass ich deinen Namen ehre.
Psalm 86, 11
Sag doch mal: „Hallo!“
Zu Beginn der Fastenzeit hat meine evangelische Kollegin Frau Gehrke-Marolt und ich für die Mitarbeitenden im Johanniter-Krankenhaus Oberhausen eine Aktion gestartet:
Sag doch mal: „Hallo!“
Diese Aktion war mit folgender Einladung verbunden:
„…
Vielleicht kennen Sie das evangelische Motto in der Fastenzeit „Sieben Wochen ohne…!“
Wir wollen dieses Motto mal umkehren:
„Sieben Wochen mit…!“
Für viele bedeutet ‚fasten‘: Verzicht oder Entsagung. Was wäre, wenn ‚fasten‘ mal etwas mehr als sonst bedeuten würde!? Was wäre, wenn das „Mehr“ uns auch noch gut tun würde?!
Sie hatten gehört, dass ein „Hallo“ oder das gegenseitige Anlächeln sich positiv auf das Wohlbefinden und die Gesundheit auswirken. Und das versuchten sie nun selber und machten erstaunlich gute Erfahrungen damit.
Unsere eigenen Erfahrungen bestätigen die Wahrnehmungen aus Schweden:
Ein kurzes ‚Hallo!‘ gegenüber anderen kann ein Lächeln ins Gesicht zaubern; ein Lächeln, dass sich positiv auf die Psyche und die persönliche Befindlichkeit auswirken kann.
Haben Sie Lust, sich mit uns gemeinsam auf diesen Erfahrungsweg zu machen?!
Dann nehmen Sie gerne einen Smiley-Button als Impuls mit, um den ‚MEHR-Wert‘ in dieser Fastenzeit (und darüber hinaus) zu entdecken….“
Foto: (c) M. Gehrke-Marolt
Am Aschermittwoch und am Tag darauf haben sich also meine evangelische Kollegin und ich auf den Weg über die Stationen gemacht. Wir wurden eigentlich überall freundlich empfangen und diese Aktion wurde sehr gut angenommen. Es gab dazu viel Spaß bei der Auswahl des passenden Buttons, für sich selber aber auch für andere, wie z.B. für Kolleg:innen der Spät- und Nachtschicht.
Diese Aktion hat mir gezeigt, dass die Mitarbeitenden schon längst über die positive Wirkung wissen, die ein „Hallo“ oder ein freundliches Lächeln auslösen kann. Sie konnten aber auch berichten, wie sehr es ihnen selber oft gut tut, wenn man ihnen mit einem freundlichen Wort oder einem echten Lächeln begegnet. Denn gerade der Alltag der Mitarbeitenden im Krankenhaus verlangt ihnen oft sehr viel ab, ist verbunden mit Stress und Frustration.
Da kann es echt ein Segen sein, wenn jemand mal freundlich „Hallo!“ sagt!
Zum Schluss noch ein passender Text, der uns freundlicherweise vom Verfasser, Herrn Olaf Lüken, zur Verfügung gestellt wurde:
Vom Zauber des Lächelns
Ein Lächeln kann dir Freude zeigen, Hoffnung, Vertrauen, Herzlichkeit. Zuversicht wird dir zu eigen, auch Sympathie und Freundlichkeit.
Ein Lächeln kann dein Herz berühren. Es tut auch deiner Seele gut. Ein Lächeln will dich nicht verführen. Es wird dir schenken Kraft und Mut.
Ein Lächeln spendet gute Laune, ist gesund, dass man nur staune. Ein Lächeln kennt Humor und Witz, bezaubert die Alten und die Kids.
Am 1. Fastensonntag haben wir den Gottesdienst in der Krankenhaus-Kapelle unter dieses Zeichen gestellt.
Der Regenbogen ist ein archetypisches Symbol. In vielen Mythen spielt er eine Rolle.
In der 1. Lesung aus dem Alten Testament hörten wir Gen 9, 8-15.
Quelle: www.pixabay.com
In der griechischen Mythologie galt er als Kennzeichen der Götterbotin Iris, die auf dem Regenbogen hinabstieg. Im Alten Orient galt der Regenbogen als Symbol des Sieges nach dem Streit zwischen den Göttern. Kein Wunder also, dass er auch in der Bibel einen wichtigen Stellenwert hat.
Der Regenbogen gilt als Zeichen der Verbindung von Himmel und Erde, Gott und den Menschen. Er ist nach biblischen Verständnis zugleich ein Symbol der Hoffnung und der Errettung. In seiner Farbenpracht steht er gleichzeitig für Vielfalt.
Im gesellschaftlichen Leben erleben wir die Symbolik des Regenbogens
als Friedenszeichen (seit 1961 ist die Regenbogenfahne mit dem Schriftzug „pace“ das Symbol der italienischen Friedensbewegung, das mittlerweile international genutzt wird),
als Zeichen sexueller Vielfalt und
als Zeichen für den Umweltschutzund der Bewahrung der Schöpfung (greenpeace).
Foto: (c) Gerd A. Wittka, 2024
Das Giveaway war ein kleines Stück Regenbogen-Band, welches sich die Gottesdienstteilnehmer:innen mit nach Hause nehmen konnten. Früher hatte man – um sich an etwas zu erinnern – einen Knoten ins Taschentuch gemacht. So waren die Teilnehmenden eingeladen, dieses Bändchen irgendwo, wo sie tagtäglich darauf schauen, fest zu machen, z.B. am Schlüsselbund (wie ich es getan habe) oder an Reißverschlüssen von Rucksack, Taschen oder anderen Alltagsgegenständen.
Foto: (c) Gerd A. Wittka, 2024
Dieses Zeichen möge uns besonders in der Fastenzeit daran erinnern, dass Gott mit uns und mit der ganzen Schöpfung einen ewigen, unverbrüchlichen Bund geschlossen hat. ER lädt uns ein, immer wieder in diesen Bund mit IHM einzutreten – alle Tage unseres Lebens.
Wieder schlechte Nachrichten aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich in Oberhausen!
Nachdem 2019 die Katholischen Kliniken Oberhausen (KKO) an ein freies Wirtschaftsunternehmen (das seinen Sitz in der Schweiz hat) verkauft wurden, enden die schlechten Nachrichten am Standort Oberhausen nicht.
Schon damals gab es aus anderen Regionen Deutschlands Berichte über die neuen Eigentümer, die Aufhorchen lassen mussten. Die derzeitigen Entwicklungen in Oberhausen zeigen mir, dass die seinerzeitigen Bedenken für den Standort Oberhausen nicht unberechtigt waren.
Die damaligen Verantwortlichen aus dem Bereich der katholischen Kirche, die den Verkauf initiiert und ihm zugestimmt haben, sollten sich heute mal daran erinnern, was sie da in Gang gesetzt haben! Denn sie sind nach meiner Meinung mitverantwortlich für diese Misere.
„Wer nach allen Seiten hin offen ist, kann nicht ganz dicht sein….!“
diese, in der Tat witzige, Redensart thematisiert ein Dilemma, mit denen sich all jene tagein tagaus konfrontiert sehen, die wertschätzend und respektvoll ihr Leben gestalten wollen.
Offenheit für jene,
• die die Streiks bei der Bahn und in ÖPNV unterstützen und Offenheit für jene, die wütend darüber sind, dass sie nur schwer auf dem Weg zur Arbeit kommen
• Offenheit für jene, die die Waffenlieferung in die Ukraine unterstützen, damit diese sich gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zur Wehr setzen kann und Offenheit für jene, die einen Waffenstillstand fordern, weil sie darin die Möglichkeit für Verhandlung sehen
• Offenheit für jene, die das Heizungsgesetz der Regierung zum Schutz des Klimas unterstützen und zugleich Offenheit für jene, die darin eine zu große finanzielle und wirtschaftliche Belastung sehen
• Offenheit für jene, die für den Schutz des ungeborenen Lebens eintreten und zugleich Offenheit für jene, die das Recht auf Selbstbestimmung der Frauen einfordern
• Offenheit für jene, die das Grundrecht auf Asyl als unverzichtbare Folge der dt. Nazivergangenheit ansehen und Offenheit für jene, die sich vor einer ‚Überfremdung‘ in der Gesellschaft fürchten.
…
Ich könnte diese Liste weiter fortführen. Wie soll das gehen, dass eine Person echte und authentische Offenheit für so gegensätzliche Standpunkte und Anschauungen an den Tag legen kann?!
Und es gibt sicherlich weitere Gegensätze, wo wir uns schnell einig sind, dass eine Offenheit für beide Gegensätze unmöglich und unzumutbar ist.
Doch dann diese Worte aus dem Mund des heiligen Paulus:
„Obwohl ich also von niemandem abhängig bin, habe ich mich für alle zum Sklaven gemacht, … Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden…. Allen bin ich alles geworden,, …“
Würden wir nun auch dem Paulus bescheinigen: „Du kannst nicht ganz dicht sein?!“
Würden wir diese Aussage Pauli ablehnen, weil wir ihm sagen müssten: Du kannst ja dann nicht mehr glaubwürdig sein, wenn du dich auf die Seite aller stellst?
Aber geht es Paulus überhaupt darum, unüberwindbare Widersprüche in sich zu vereinbaren, auch nur scheinbar, was gänzlich seine Glaubwürdigkeit in Frage stellen würde?!
Ich denke, das ist nicht damit gemeint.
Denn seine Aufzählung ergänzt Paulus mit einem wichtigen Zusatz: • den Sklaven bin ich Sklave geworden, um möglichst viele zu gewinnen. • den Schwachen bin ich Schwacher geworden, um die Schwachen zu gewinnen. • allen bin ich alles gewonnen, um auf jeden Fall einige zu retten.
Das ist das Vorzeichen seiner Rede: Paulus will alle für das Evangelium ansprechen und möglichst viele erreichen, damit sich auf jeden Fall einige für die Botschaft Jesu Christi öffnen können.
So könnte das eingangs formulierte Zitat nach Paulus dann auch heißen:
„Ich möchte mich für alle und für alles offen zeigen, damit ich viele für die Frohe Botschaft erreichen kann!“
Paulus geht es also nicht darum, keinen eigenen Standpunkt einzunehmen. Das zeigt sich schon an vielen anderen Stellen seiner Briefe.
Es geht ihm vielmehr darum, dass sein eigener Standpunkt ihn nicht daran hindert, sich auf echte Begegnung mit anderen, auch mit anders Denkenden und anders Fühlenden einlassen zu können, damit er auch ihnen die Botschaft der Freiheit, der Liebe und der Gerechtigkeit nahe bringen kann.
Am Donnerstag hat sich – nach den konfliktreichen Ereignissen der vergangenen Woche – das Pastoralteam unserer Pfarrei getroffen. Johannes Schoenen und ich waren dazu ausdrücklich eingeladen worden, damit wir unsere Sichtweise und unsere Erfahrung konstruktiv mit einbringen.
Wir haben einen geschützten und vertraulichen Raum gefunden. Und diesen Raum will ich nicht verletzten. Ich tue dieses aber sicherlich nicht, wenn ich bekenne, dass wir gerungen haben, wie wir mit dem Schlamassell ( vom Jiddischen ‚schlimmasl‘ = Unglück ) hier nun umgehen können?
Zwei Dinge sind mir dabei in Erinnerung geblieben:
Die Übereinstimmung, dass es um die ganze Pfarrei geht, nicht nur um eine Person, um eine bestimmte Überzeugung in diesen Konflikt, sondern letztendlich um das, was der gesamten Pfarrei zugute kommen kann. Paulus bezeichnet dies an anderer Stelle als Forderung, nämlich die Forderung nur all das zu tun, was „der Erbauung der Gemeinde dient.“ (vgl. 1 Kor 14,26)
Wir wollen und müssen in diesem Konflikt als empathische Seelsorger:innen handeln, die Offenheit für die unterschiedlichen, teils widerstreitenden Ansichten in diesem Konflikt an den Tag legen.
Ich bin mir sicher, dass dies nicht in der Absicht geschah, alle aus dem Pastoralteam müssen in allem ein- und derselben Meinung sein. Das wäre auch letztendlich nicht realistisch.
Aber alle haben an einem Strang gezogen in dem Willen, einen Beitrag zu leisten, damit wir im Dienst der Verkündigung zugänglich bleiben wollen für alle in der Pfarrei, egal welche unterschiedliche Positionen eingenommen werden.
Und dass das geht, habe ich selber im Pastoralteam erfahren können.
Sie kenne mich, dass ich – gerade wo mein Herzblut dran hängt – eine deutliche Sprache sprechen kann und dass ich mich dafür sehr engagieren kann. (Meine eindrückliche Stimme kommt mir da entgegen, wiewohl das auch manchmal bedrohlich für manche wirken kann. Dessen bin ich mir bewusst)
Und so habe ich meinen Standpunkt vertreten, auch mit der Sorge, das andere mich vielleicht nicht mehr mal „mit dem Hintern werden ansehen“ wollen.
Aber das ist gerade nicht passiert; es kam ganz anders. Mein Standpunkt wurde nicht abgetan, sondern ich habe gespürt, dass dieser Standpunkt, so massiv er vielleicht auch vorgetragen wurde, gehört wurde. Ja, er wurde nicht nur gehört! Sondern: er wurde nicht ignoriert und floss als Gedanke mit in unsere Beratungen mit ein. Das war für mich eine ganz wichtige Erfahrung. Und dafür bin ich allen meinen Kolleg:innen dankbar.
Das Ergebnis ist unter anderen die gemeinsame Erklärung, die wir gleich am Ende hören werden und die auf verschiedenen Kanälen bereits seit Donnerstag Abend publiziert wird.
Ich weiß: Ich werde nicht immer einer Meinung sein, weder mit allen hier in der Kapelle noch im Pastoralteam. Aber das muss es doch auch nicht!
Ich finde sogar: dass darf nicht sein, wenn wir Menschen bleiben wollen in ihrer Vielfalt. Denn: Vielfalt ist besser als Einfalt!
Das Besondere meiner Erfahrungen von vergangenen Donnerstag ist: wir haben einen gemeinsamen Nenner gefunden. Alles was wir tun wollen, soll der Erbauung der Gemeinde dienen, damit die Frohe Botschaft eine Chance hat.
Aufgrund dieser Erfahrungen bin ich – was die Aussage des heiligen Paulus „allen alles zu werden“ ganz gelassen. Wir haben ein vielfältiges Team. Nicht jede einzelne Person aus dem Pastoralteam muss „Allen alles werden“. Es reicht völlig, wenn wir die vorhandene Vielfalt im Team und auch in der gesamten Pfarrei nutzen, damit sich die befreiende Botschaft auch in Zukunft an alle richten kann und sie die Vielen erreicht.
So können wir sprach- und handlungsfähig bleiben, allen gegenüber, in der Fülle der Verschiedenheit und Unterschiedlichkeit.
Wenn uns das gelingt, dann ist mir nicht bang, dass wir die konfliktreichen vergangenen Tage gut – d.h. segensreich – überwinden können.
Eines wird dabei aber weiterhin unverzichtbar bleiben. Dass wir „einander mit Respekt und gegenseitiger Wertschätzung (.) begegnen.“ (s. Publikandum vom 01.02.2024)
Int. Holocaust-Gedenktag
REMEMBER!
Foto: Gerd A. Wittka, 2024
27.01. – Internationaler Holocaust-Gedenktag!
Erinnerung an unvorstellbarer Verfolgung und Ermordung von Millionen von Menschen, die einherging mit rechter und rassistischer Ideologie und Massendeportationen, die heute wieder rechtes Gedankengut sind, wie in der AfD!
NIE WIEDER ISTJETZT!
Aufklärungspflicht
Bundesgesetz muss her
Die neueste Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und die vorhergebenden Studien aus der katholischen Kirche sowie aus anderen Bereichen, wo sexualisierte Gewalt stattgefunden hat, zeigen, dass die Bereitschaft zur Aufklärung recht unterschiedlich ist.
Die Betroffenen von sexualisierter Gewalt müssen immer wieder die notwendige Aufklärung einfordern. Zudem gibt es keine rechtliche Handhabe, Organisationen, in denen sexualisierte Gewalt stattgefunden hat, zur Aufklärung zu verpflichten!
Das muss anders werden!
Deshalb trete ich dafür ein, dass der Bundesgesetzgeber nun alles dran setzt, dass es eine gesetzliche Aufklärungspflicht gibt, die auch regelt, wie diese Aufklärung zu gesehen hat und welche staatlichen Stellen dabei involviert werden müssen.
„Wir denken an die Menschen, die in den Kirchen sexualisierte Gewalt oder Grenzüberschreitungen erlitten haben; an die, deren Not jahrelang ignoriert oder relativiert wurde, an diejenigen, die bis heute über ihr Leid nicht sprechen können; und an alle, die sich für sie einsetzen.„
aus den Fürbitten am 4. Sonntag im Jahreskreis
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Nie wieder ist jetzt!
Wehret den Anfängen!
Gut, das unsere Mutter (Jahrgang 1931), das nicht noch einmal erleben muss!
Ihre Erfahrungen von damals müssen uns heute Verpflichtung sein:
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Nazis!
Richetta Manager
Eine bewundernswerte Frau – eine großartige Stimme
Wäre ich 2010 nicht Mitglied des Chores „Junger Chor Beckhausen“ geworden, ich hätte wohl kaum persönlich die Sängerin Richetta Manager kennen gelernt, die unter anderem auch einige Zeit lang dem Ensemble des „Musiktheater im Revier“ (MiR) Gelsenkirchen angehörte.
Unser Chor hatte das großartige Glück, viele Male mit Richetta Manager auf der Bühne stehen zu können. Bei ihrem Abschiedskonzert im MiR war unser Chor mit dabei.
Heute erinnere ich mich an einige persönliche Begegnungen zusammen mit ihrem Mann. So wie ich beide kennen gelernt habe, kann ich sagen: es sind wunderbare Menschen.
Als riesiger Freund von Gospels, Spirituals und Souls bekam ich jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ich Richetta singen hörte und sie vermag es immer noch, wenn ich Aufnahmen von ihr höre.
Ihr warme Stimme, ihr ausdrucksvoller Gesang hat mich immer fasziniert und ich hätte sie gerne noch unendliche Male live gehört und erlebt.
Heute erfuhr ich davon, dass Richetta Manager gestern, am 15. Januar 2024 gestorben ist.
Ihre Stimme wird nie mehr wieder live zu hören sein. Das bewegt mich sehr und macht mich traurig.
Meine Gedanken und Gebete sind bei ihr und bei ihrem lieben Mann. Meine Gedanken sind bei allen, die zu ihr gehören: ihre Familie, ihre Freunde und alle, die sie mochten und verehrten.
Danke, liebe Richetta, für so viele schöne Momente, die du auch in mein Leben gezaubert hast. Ein herzliches: Vergelt’s Gott!
Ich verneige mich vor dieser großartigen Künstlerin, indem ich hier ein Lied von ihr teile, das einen besonderen Hintergrund hat: „More than ever“.
Die Single „More than ever“ von Richetta Manager entstand als Reaktion auf den Amoklauf an der Sandy Hook Elementary School, Massachusetts2012. Der Song, von Richetta selbst geschrieben und komponiert von Torben Beerboom, trägt eine Botschaft für eine bessere Welt ohne Waffen. Die inspirierenden Zeilen, die am Ende Teil des Liedtextes wurden, reflektieren die drängende Notwendigkeit, gegen Gewalt aufzustehen. Der Song wurde mit der Bewegung „MARCH FOR OUR LIVES“ verknüpft, die sich nach einem weiteren Amoklauf an der Parkland High School in Florida gebildet hatte. „More than ever“ ist sowohl mahnend als auch hoffnungsvoll und setzt sich für eine Welt ein, die frei von Waffengewalt ist.
Der Traktor ist wohl das Symbol dieser Tage: viele Bauern werden in diesen Tagen protestieren, weil die Subventionen für Agrardiesel und die Kfz-Steuer für die Landwirt:innen wegfallen und dadurch Wettbewerbsbenachteiligung und sogar existenzbedrohende Wirtschaftslagen für einzelne Betriebe entstehen können.
„Der Geist ist aus der Flasche“ – so sagte heute der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im ZDF Morgenmagazin.
Ich kenne mich zu wenig mit der wirtschaftlichen Situation der Landwirt:innen aus, aber ich denke, dass deren Protest nicht grundlos ist.
Und natürlich könnte ein Schritt zur Entlastung der Landwirtschaft sein, diese Vergünstigungen wieder zuzugestehen. Das ist die beste Möglichkeit, um die Lage wieder zu entspannen.
Doch wer jetzt mit einem Finger auf die Regierung zeigt, dessen Hände zeigen mit mehr als einem Finger auf sich selbst zurück.
Denn das eigentliche Problem sind nicht die Maßnahmen der Regierung! Das eigentliche Problem sind wir Verbraucher:innen, die immer noch billige Lebensmittel haben wollen und jedem Billig-Angebot, insbesondere der Discounter, hinterher jagen.
Stephan Weil (SPD) beschrieb es treffend, als er sagte, dass die Milchbäuer:innen vor einem Jahr noch etwa € 0,60 für einen Liter Milch erhielten, heute aber nur noch € 0,36!ch heute nur € 0,36!
Solange Bäuer:innen in Deutschland keinen gerechten Preis für ihre wertvollen Produkte bekommen, werden sie immer an der Finanzspritze der Subventionen hängen bleiben.
Wer also heute unsere Regierung kritisiert und wer dafür sogar gefährliche Allianzen mit antidemokratischen und verfassungsfeindlichen Kräften eingeht, der sollte sich selber fragen, ob er oder sie nicht selber Anlass und Grund für die Krise der deutschen Landwirtschaft sind. Wer nicht bereit ist, gerechte Preise zu zahlen, wer nicht bereit ist auf nachhaltige und ökologische landwirtschaftliche Produktion zu setzen und diese Produkte zu kaufen, ist maßgeblich für die Krise der heutigen Landwirtschaft mit verantwortlich.
Statt auf die Regierung zu schimpfen, brauchen wir eine wirklich nötige Solidarität mit der deutschen Landwirtschaft, die sich auch darin ausdrückt, gerechte und faire Preise für deutsche bäuerliche Produkte zu zahlen!