Jesus hat Grenzen überwunden – und wir?

Grenzen – eiskalt! Bild von Thomas B. auf Pixabay

In unserer katholischen Kirche befinden wir uns in einer radikalen Umbruchsituation. Von außen und auch von innen, sind wir gefordert, neue Wege zu gehen. Dabei werden die inneren und äußeren Faktoren wesentlich mitbestimmt von finanziellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Diese sind wiederum stark abhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen in unserem Land; von Menschen, die nur wenig oder kein steuerpflichtiges Einkommen haben und deshalb auch keine Kirchensteuer zahlen; von Menschen, die der kirchlichen Gemeinschaft den Rücken gekehrt haben.

In dieser historischen Situation sind Gemeinden und Pfarreien genötigt, ungewohnte und vielleicht auch unbequeme Entscheidungen zu treffen.
Das aber erfordert – bei notwendigen strukturellen Veränderungen -, dass die Gemeinden und Pfarreien und in ihnen auch ganz konkret die Menschen, Grenzen überwinden.

Doch das Gegenteil ist oft der Fall.



Ist das nicht paradox?

Jesus hat DIE Grenze schlechthin überwunden, die nie und nimmer überwindbar erschien: die Grenze des Todes.
Durch IHN ist der Tod für alle zum Tor des Lebens geworden!

Und wir?!
Wir schaffen es noch nicht einmal, die Grenzen der eigenen Gemeinde und Pfarrei zu überwinden!

Welch ein armseliges Glaubenszeugnis!

Bei aller berechtigter Trauer, wenn Gewohntes gelassen und Vertrautes buchstäblich verlassen werden muss:

Wenn wir diese Phase der Kirche nicht auch als geistliche Herausforderung an- und ernstnehmen, dann wird jede Entscheidung, jedes Votum, jede Umstrukturierung unwesentlich bleiben.

Wir werden dann oberflächlich bleiben, weil es mehr um uns selber geht, als um das, was unseren christlichen Glauben ausmacht: Salz der Erde, Sauerteig und VerkünderInnen der frohen und befreienden Botschaft in der Welt und für die Welt zu sein.

Herr, erwecke deine Kirche
und fange bei mir an.
Herr, baue deine Gemeinde
und fange bei mir an.

(Gebet eines unbekannten chinesischen Christen)




Glaube und Heilung

Keine Einbahnstraße

In der heutigen Tageslesung finden sich Worte aus dem Matthäus-Evangelium:

„Als Jesus von dem Berg herabstieg, folgten ihm viele Menschen. Da kam ein Aussätziger, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde. Jesus streckte die Hand aus, berührte in und sagte: Ich will es – werde rein! Im gleichen Augenblick wurde der Aussätzige rein.“ (zitiert nach Mt 8, 1 – 3)

Wenn Gott nur will, dann kann ich heil werden; wenn Gott nur will, dann kann ich gerettet werden…-

So oder so ähnlich denken viele Menschen über Gott.
Es kommt also allein auf Gott an, ob mir geholfen wird?

Heilung
Bild von Thomas B. auf Pixabay



Der Auszug aus dem heutigen Evangelium nimmt noch eine andere Facette in den Blick, die – so denke ich – viel zu wenig Beachtung erfährt: Es kommt auch auf mich an, ob ich heil und gerettet werden kann.

Nein, das ist keine Arroganz oder kein Größenwahn, denen ich das Wort reden will.

Halten wir uns die Chronologie der heutigen Heilungsgeschichte noch einmal bewusst vor Augen:

  1. Zuerst kommt der Aussätzige und fällt vor Jesus nieder.
  2. Dann kommt Jesus zum Zug.

Der Aussätzige bringt was ganz wesentliches selber mit ein, damit dieses Wunder der Heilung geschehen kann: er glaubt; er vertraut, dass Jesus helfen und heilen kann.

Das ist die Vor-Leistung, die der Aussätzige mit einbringt.
Dieser Glaube gibt ihm die Kraft, auf Jesus zuzugehen, ihm sein Schicksal und seine Zukunft anzuvertrauen.
Und er bekennt zugleich freimütig: Sein Glaube, sein Wunsch, seine Sehnsucht nach Heilung ist das eine; das andere aber ist auch der göttliche Wille, dass dieses Heil geschehen kann.

Es kommt also nicht allein auf Gott an, ob wir heil und gesund werden können.
Auch unser eigener Glaube ist gefragt und ist wesentlich, damit Heilung durch Gott geschehen kann.




Die Maske

Bild von Orna Wachman auf Pixabay

Die Maske
abnehmen,
aber nicht,
um mich nicht mehr verstecken zu müssen;
nicht,
um ich selbst sein zu können.

Die Maske
abnehmen,
um freier atmen zu können.
Den tiefen Atemzug wieder
genießen können.

Die Maske
abnehmen –
freier sein.

18.06.2020 © Gerd Wittka




Dreifaltigkeit

Bild von David Mark auf Pixabay

Im Namen des Vaters
und des Sohnes
und des Heiligen Geistes …

Einstieg ins Gebet
fast beiläufig
vertraut
leicht

keine hohe
Theologie
keine Dogmatik
über
Trinität,
Christologie
oder
Pneumatologie



Im Namen des Vaters
und des Sohnes
und des Heiligen Geistes …

Bild von Hans Braxmeier auf Pixabay

Beginn
eines Gespräches
einer Begegnung
zwischen
DIR
und
mir

Was zählt
in diesem Augenblick
und immer
bist
DU und ich.

Du bist mein Gott
des Lebens
der Alles ins Dasein gerufen,
der mich erlöst
und der bei mir bleibt.

Bild von KWHacbc auf Pixabay

Dreifaltigkeit
ist der
alltägliche Gott
der mich liebt,
der um mich wirbt,
der sich um mich sorgt,
der für mich sorgt,
der mich begleitet

mein Schöpfer,
mein Heiland,
mein Lebenskraft.

So steige ich
immer wieder neu
ein,
um DIR
zu begegnen,
bei dir zu sein
und DU
bei mir.

Nicht mehr
und niemals
weniger!

Im Namen des Vaters
und des Sohnes
und des Heiligen Geistes.
Amen.

(c) Gerd Wittka, 07. Juni 2020




Black lives matter

… oder: Was hat Rassismus mit uns zu tun?

Bild von Bruce Emmerling auf Pixabay

Hätten Sie es gedacht?
Donald Trump, der us-amerikanische Präsident setzt die Menschen in Bewegung – weltweit!

Nein, ich bin kein Fan dieses populistischen grobschlächtigen Mannes im Ovaloffice des Weißen Hauses in Washington. Eher das Gegenteil ist der Fall!

Und Trump hat es wahrscheinlich auch nicht in sein Kalkül mit einbezogen; aber durch sein Agieren im Kontext rassistischer polizeilicher Gewalt bringt er die Menschen buchstäblich auf die Straße, nicht nur in den USA, sondern auch bei uns.

Ist das gut? – Ja, das ist gut, das ist sogar sehr gut, wie ich finde.
Können wir uns mit solchen Protestaktionen auf die Schultern klopfen?
Nur bedingt …



Vier Finger – zeigen auf uns selbst zurück

Wenn wir mit einem Finger auf andere zeigen, so zeigen vier auf uns selbst zurück. Wir kennen diese Redensart.

Georg Restle, Journalist und Moderator beim WDR hat dies in einem TV-Kommentar der Sendung ‚tagesschau‘ am 06.06.2020 ins Wort gebracht:
https://www.tagesschau.de/kommentar/rassismus-deutschland-105.html

Darin stellt er die Frage: „Alles weit weg? Hat nichts mit uns zu tun?… Haben wir da etwa ein Rassismus-Problem? Und wie!“

Und mit einigen kurzen und prägnanten Beispielen zeigt er auf, dass dieser Rassismus auch in unserem bundesdeutschen Alltag allgegenwärtig ist – wahrscheinlich so gegenwärtig, dass wir ihn schon kaum noch als solchen wahrnehmen?

Wenn wir über Rassismus nachdenken, dann fallen uns schnell andere Länder ein: die USA mit ihrem jahrhundertelangen Kampf gegen Sklaverei und Rassismus gegenüber ‚black people‘, der Rassismus gegenüber der indigenen Bevölkerung den sogenannten ‚Indianern‘. Uns fällt vielleicht auch noch Südafrika mit seiner Apartheidspolitik ein, die noch nicht ganz überwunden ist.

Und dann erinnern wir uns auch hoffentlich an Hanau, und auch noch an Rostock-Lichtenhagen im Jahr 1992, als Asylanten einem Brandanschlag zum Opfer fielen, der auch in seiner Art rassistisch motiviert war?

Ja, wir müssen wohl schmerzlich einsehen: auch wir hier in Deutschland haben ein Rassismusproblem.
Und da ist es wenig hilfreich, zu meinen, dass es ja noch nicht so schlimm sei.

Rassismus in jedweder Form ist schlimm und meist auch ein Wegbereiter für weitere Gewalt und Greueltaten. Die meisten Genozide haben ihren Ursprung in einer rassistischen Gedankenwelt und Ideologie!

Aber wem sage ich das – hier in Deutschland?!

Gedenkstein der im Nationalsozialismus ermordeten Margot und Anne Frank, Bild von bernswaelz auf Pixabay

Kampf dem Rassismus

Aber deshalb brauchen wir nicht den Kopf zu senken – im Gegenteil!

Es ist sehr gut, dass nicht nur in den USA, sondern in aller Welt, auch hier bei uns in Deutschland in Köln, Frankfurt und anderen Städten in diesen Tagen die Menschen in Scharen auf die Straßen gehen, um gegen den Rassismus ein Fanal zu setzen!

Rassismus tötet!
Das sehen wir immer wieder!

Um so wichtiger ist der Kampf für das Leben, für die Würde aller Menschen, denn wir sind eins!

„Wir sind eins!“ Bild von Raul Vinicius PixZito auf Pixabay

Weiterführendes:

Interview mit Aussenminister Heiko Maas




Kreuz und Humor

Bild von Monika Robak auf Pixabay

Ein mir bekannter Gastronom hat in diesen Corona-Zeiten vor seinem Restaurant hier in Oberhausen-Sterkrade ein „finest food to go“ eingerichtet.
In der Zutrittszone hat er ein Körbchen aufgestellt mit Kreuzen und eine Tafel mit dem Hinweis: „Jeder nur ein Kreuz“.

Das ist ein Zitat aus dem Film: „Das Leben des Brian“.

Dieses Bild hatte er bei facebook veröffentlicht, was ich dann ‚ge-liked‘ habe.
Danach schrieb er mir in einer Nachricht. „Voll cool, dass du ein ‚like‘ gibst; ein Geistlicher der Humor versteht…“

Zwar ist der Humor von Monty Phyton nicht mein Humor, aber auch ich kenne diesen Film und das Zitat. Und ich finde dieses Schild ‚witzig‘ im Wortsinne.

Die Rückmeldung des Gastronom hat mich gefreut, aber ich fand es auch bemerkenswert. Sollte es nicht so sein, dass wir Christen – und unter ihnen auch die Geistlichen – Humor verstehen?



Vom heiligen Thomas Morus (dem Lordkanzler Heinrich VIII. von England) ist ein Gebet überliefert, dass übertitelt ist mit den Worten:

Gebet um Humor

Schenke mir eine gute Verdauung, Herr,
Und auch etwas zum Verdauen.
Schenke mir Gesundheit des Leibes
mit dem nötigen Sinn dafür,
ihn möglichst gut zu erhalten.

Schenke mir eine heilige Seele, Herr,
die im Auge behält, was gut und rein ist,
damit sie sich nicht einschüchtern läßt vom Bösen,
sondern Mittel findet,
die Dinge in Ordnung zu bringen.

Schenke mir eine Seele,
der die Langeweile fremd ist, die kein Murren kennt
und kein Seufzen und Klagen,
und lasse nicht zu,
dass ich mir all zu viel Sorgen mache
um dieses sich breit machende Etwas,
das sich „Ich“ nennt.

Herr, schenke mir Sinn für Humor.
Gib mir die Gnade,
einen Scherz zu verstehen,
damit ich ein wenig Glück kenne im Leben
und anderen davon mitteile.


Zurück aber nun zur Aktion des Gastronom.
Es ist doch hervorragend, wenn er vor seinem Restaurant sein Geschäft mit einem christlichen Symbol in dieser für viele schweren Zeit verbindet.
Und ich entdecke da auch eine zutiefst christliche Botschaft.

„Jeder nur ein Kreuz!“ kann ich doch auf mich persönlich beziehen und es erweitern um einen einzigen Buchstaben: „Jeder nur sein Kreuz!“

Ich muss mir in meinem Leben nicht noch zusätzliche Kreuze suchen, die mir noch mehr das Leben schwer machen, denn: jede/r von uns hat schon ihr/sein je eigenes Kreuz zu tragen. Mit dem eigenen Kreuz fertig zu werden – das reicht schon völlig. Und manchmal kann es sogar nötig sein, sich Mit-Träger*innen zu suchen, so wie es Simon von Cyrene bei Jesus Christus getan hat.

Die Kraft zu haben, das eigene Kreuz gut tragen zu können; das wünsche sich manche von uns.
Und wenn dieser Wunsch in Erfüllung geht, dürfen wir froh und dankbar darüber sein.
Und vielleicht schenkt Gott uns auch die Gnade, unser Kreuz mit Humor zu tragen.