Anderer Leute Gedanken zu denken, finde ich oft anstrengend und ermüdend.
Mir fällt das besonders beim Lesen von gewissen Büchern auf.
Wie wohltuend und befreiend ist es da, eigenen Gedanken anzuhangen und nach zu gehen?
Das lockt meinen Geist und erfrischt meine Seele.
Sexualität und Spiritualität
“ … und diese Liebe auch …“
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Am 29. Mai 2003 – also vor gut 18 Jahren – habe ich auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Homosexualität und Kirche (HuK) im Rahmen des 1. Ökumenischen Kirchentages in Berlin an einer Podiumsdiskussion der Podienreihe: Und diese Liebe auch! – Homsoexuelle und Kirche, mit dem Titel: „„… mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft“ – Über den Zusammenhang zwischen Sexualität und Spiritualität tauschen sich Menschen unterschiedlicher Sexualität und Spiritualität aus“ teilgenommen.
Heute, im Mai 2021, hängen Rainbow-Flags als Zeichen des Protestes gegen das vatikanische Verbot von Segnungen homosexueller Paare an unzähligen Kirchen der römisch-katholischen Kirche in Deutschland.
Da erinnere ich mich wieder sehr an meine damaligen Ausarbeitungen zum 1. Ökumenischen Kirchentag und an mein Statement bei der Podiumsdiskussion zum Thema:
Sexualität und Spiritualität.
Angesichts der aktuellen Debatte in unserer Kirche möchte ich meine damaligen Abhandlungen heute hier noch einmal dokumentieren.
Sie zeigen nämlich deutlich das Defizit auf, unter dem auch aktuelle Diskussionen über dieses Thema immer noch leiden, nämlich das fehlende Bewusstsein, dass unsere Spiritualität gar nicht ohne unsere je eigene Sexualität möglich ist.
Die Abgrenzung der Sexualität von der Spiritualität hat in der kirchlichen Vergangenheit viel Leid und Diskriminerungen hervorgebracht.
Mit der erneuten Dokumentation meiner damaligen Arbeit möchte ich einen kleinen Beitrag leisten, beide Themenbereiche wieder in den notwendigen und nötigen Zusammenhang zu sehen, zu verstehen und bei allen zukünftigen Überlegungen mit zu berücksichtigen.
Einige Gedanken und Formulierungen, die ich dort vor 18 Jahren getan habe, kann ich heute – nach dem aktuellen Stand der (Gender-)Forschung so nicht mehr aufrechterhalten. Aus historischen Dokumentationszwecken habe ich sie aber beibehalten, doch mit entsprechenden Vermerken versehen.
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Als erstes dokumentiere ich mein Statement am Beginn der Podiumsdiskussion. Dann liefere ich die mit wissenschaftlichem Apparat versehener Ausarbeitung nach, die natürlich als Grundlage meines Statements anzusehen sind und welches von dieser geprägt wurde.
Eine mir unbekannte, vermeintlich weibliche Person schreibt mir eine Mail, die in meinem Spam-Ordner gelandet ist. Im Betreff: „Ich habe versucht, dich heute anzurufen…“
Natürlich landen solche Mails sofort bei mir im Abfalleimer!
Nur: Besonders intelligent sind solche Mails doch nicht, oder?
Also:
Ich lasse mich von einer unbekannten Mail in einer ersten Mail nicht duzen.
Wenn jemand versucht hat, mich auf einer meiner Telefonnummern anzurufen: ich habe überall einen Anrufbeantworter (Mailbox) geschaltet. Da kann man mir gut darauf sprechen und mir sagen, was man will.
…
Es gibt viele Gründe, warum ich nicht auf solche Mails antworte. Ihr macht es mir leicht, mit solchen dummen Spam-Mails (mit sicherlich nicht guten Absichten!) angemessen umzugehen.
Eher suchen anstatt finden
Glaube
ist für mich mehr
zu suchen,
als
etwas gefunden zu haben.
(Gerd Wittka, 05.04.2021)
Gott und den Menschen…
Mein Dienst gilt Gott und den Menschen.
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Die Kirche nimmt mich dafür in den Dienst.
Die Prioritäten, die sich daraus ergeben, sind klar.
Es schlug wie eine „Bombe“ ein, als der Vatikan in einem Dekret von Anfang dieser Woche noch einmal ausdrücklich betonte, dass homosexuelle Partnerschaften im Rahmen römisch-katholischer Segnungsfeiern nicht gesegnet werden dürfen.
Darauf hin gab es quer durch die ganze katholische Kirche von allen Seiten kritische Stellungnahmen zu diesem Dekret und auch ganz klare Positionierungen gegen dieses Verbot.
Erstaunlicherweise geht dieser momentane Protest über die LGTBQ+-Community hinaus und auch heterosexuelle Personen in der katholischen Kirche positionieren sich deutlich dagegen.
Der Theologe und Kommunikationsberater Erik Flügge (Köln) kommentierte das in seinem Beitrag auf twitter am 17.02.2021:
„…In der Katholischen Kirche passiert gerade etwas sehr Spannendes: Massenhaft stehen Heterosexuelle gegen die Diskriminierung von Homosexuellen auf. Ehefrauen, Ehemänner, Priester, Ordensleute und Diakone fordern den Segen für homosexuelle Partnerschaften….“ Quelle: https://twitter.com/erik_fluegge/status/1372132309973995531
Ja, es ist bemerkenswert und wohl das erste Mal, dass auch heterosexuelle Frauen und Männer sehr deutlich gegen das Segnungsverbot von homosexuellen Lebenspartnerschaften Position beziehen.
Das ist aller Anerkennung wert! Aber es ist zugleich auch eine von mir erwartete Selbstverständlichkeit.
Denn dieses Dekret verbietet ja nicht nur die Segnung homosexueller Partnerschaften sondern bekräftigt – so nonchalance – auch das Segnungsverbot von heterosexuellen Partnerschaften, die keine Ehe sind: „…Aus diesem Grund ist es nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (…) einschließen,…“ Quellen: https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2021/03/15/0157/00330.html#ted
„Betrifft mich nicht …“
Jetzt könnten manche sagen: Das betrifft mich doch nicht!
Das mag sein, aber es betrifft womöglich viele andere Paare, insbesondere jene, die in der Gemeinde gut verortet sind, am Gemeindeleben aktiv teilenehmen und sich auch sonstwo in der Kirche engagieren.
Es betrifft:
junge Paar, die sich lieben und deshalb gemeinsam eine Wohnung beziehen wollen, aber (noch) nicht heiraten wollen. Sie tragen den Wunsch heran, dass die neue Wohnung gesegnet werde. Und wenn man schon gerade mal in diesen häuslichen Gefilden sind, erbitten sie auch für sich beide und für diese neue Gemeinsamkeit unter einem gemeinsamen Dach den Segen Gottes.
Ein heterosexuelles Paar, beide katholisch (bei der mindestens ein Teil schon einmal kirchlich verheiratet war, dann aber staatlich geschieden wurde), wollen eine gemeinsame Lebenspartnerschaft eingehen. Da sie aber nicht kirchlich heiraten können, heiraten sie ’nur‘ standesamtlich, wollen aber nach der standesamtlichen Hochzeit ihre ’staatlich geschlossene Ehe‘ unter den Segen Gottes stellen und erbitten dafür den Segen in einer kirchlichen Segensfeier.
Ein älteres heterosexuelles Paar, beide verwitwet und beziehen beide eine eigene Rente. Aus guten Gründen wollen sie staatlich nicht heiraten, um ihre eigenen Rentenansprüche in voller Höhe zu erhalten; sie entscheiden sich auch gegen eine neuerliche kirchliche Trauung. Aber da sie religiös aktiv sind und am Gemeindeleben teilnehmen, bitten sie ‚vor Ort‘ um eine Segnung ihrer neuen Lebenspartnerschaft.
…
Dieses sind nur drei fiktive aber sicherlich nicht unrealistische Situationen, wo heterosexuelle Paare für ihre Lebenspartnerschaft auch ausserhalb einer kirchlichen Eheschließung um eine Segnung bitten könnten, die ihnen nach dem neuerlichen Dekret weiterhin untersagt bleibt.
Nichts Neues
Dieses Haltung der katholischen Kirche ist eigentlich nichts neues, wird aber in heutiger Zeit nur noch selten vom Vatikan so klar zum Ausdruck gebracht.
Wenn wir einige Jahrzehnte zurück denken, dann fallen uns sicherlich genügend Beispiele ein, wo Priester in der Predigt noch über die ‚Unzüchtigkeit einer wilden Ehe‘ gewettert haben. Damals wurde noch lautstark verkündet, dass Sex ausserhalb einer kirchlich geschlossenen Ehe nicht erlaubt und deshalb auch eine Sünde sei.
Doch die gelebte Realität in Kirche und Gesellschaft hat in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass diese Haltung zwar faktisch nicht aufgehoben wurde, aber gepredigt wird darüber quasi kaum mehr in regulären Gemeindegottesdiensten.
Man darf spekulieren, warum?
Vielleicht, weil ‚man‘ eingesehen hat, dass man mit dieser Haltung bei den Menschen keinen Blumentopf mehr gewinnen kann? Vielleicht, weil man – zu Recht – befürchtet, dass diese Menschen der Kirche dann auch noch von der Fahne gehen?
Auf alle Fälle wird dieses Verbot im Hinblick auf heterosexuelle Paare nicht mehr so hoch an die Glocke gehängt, wenn überhaupt noch.
Doch bei Minderheiten, bei denen auch in höheren Kirchenkreisen immer noch eine fundamentale Homosexualitätsfeindlichkeit gibt, bei denen meint man, sich eine solche Haltung – die ebenfalls auch hier völlig an der Realität vorbei geht – immer noch leisten zu können.
Offenbar sind auch diese Zeiten vorbei.
Ja, deshalb hat Erik Flügge wahrlich genügend Grund, die Positionierung von heterosexuellen Personenkreisen in unserer Kirche gegenüber diesem Dekret, zu erwähnen und gutzuheißen.
Den heterosexuellen Menschen in unserer Kirche muss nämlich dabei zugleich klar sein, dass sie sich in dieser Frage nicht nur „für die homosexuellen Schwestern und Brüder“ in unserer Kirche einsetzen, sondern in weiten Teilen auch für sich selber! Denn viele heterosexuelle Schwestern und Brüder sind in diesem Segnungsverbot in gleicher Weise betroffen!
In diesen Tagen zeigt sich, dass ungeachtet der eigenen Sexualität (Heterosexualität oder LGBTQ+), hier eine Frage zur Debatte steht, die eben nicht nur die eigene Sexualität betrifft, sondern alle partnerschaftlichen, auf Liebe und Dauer angelegte Lebensformen, die nicht in einer sakramentale Ehe münden (können).
In einem Dekret vom 22. Februar 2021 formuliert die Glaubenskongregation des Vatikans zur Frage der Segnung auch homosexueller Partnerschaften:
„…Aus diesem Grund ist es nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (…) einschließen…“ (…)
Gleichzeitig erinnert die Kirche daran, dass Gott selbst nicht aufhört, jedes seiner Kinder zu segnen, die in dieser Welt pilgern, denn für ihn „sind wir […] wichtiger als alle Sünden, die wir begehen können“[12]. Aber er segnet nicht die Sünde und er kann sie nicht segnen: …“
Erwartungsgemäß hat das in den Medien und auch in den sozialen Netzwerken zu einem Sturm der Entrüstung geführt.
Aus meiner mehr als 25-jährigen seelsorglichen Praxis und Erfahrung als Diakon und Priester möchte ich dazu einige Gedanken formulieren, die auch ein Bekenntnis eines Teils meines in der Zeit gewachsenen Glaubens an den Gott und Vater Jesu Christi geworden sind.
„Kann denn Liebe Sünde sein?!“
„Gott ist die Liebe!“ – diesen Satz kennen wir und ich bin fest davon überzeugt, dass er richtig ist. Daher glaube ich auch daran, dass in allen Lebensbezügen, wo Menschen einander lieben, wo man sich in respektvoller und achtungsvoller Liebe begegnet oder hingibt, die Liebe Gottes in unserer Welt gegenwärtig und sichtbar wird.
Beispiele dieser sichtbaren Liebe Gottes sind für mich:
die Liebe, die Eltern ihren Kindern schenken, oft gezeichnet von Sorge, Fürsorge und Selbstlosigkeit
die Liebe zwischen zwei Menschen, die sich in inniger Freundschaft zugetan sind. Manchmal sprechen wir auch von ‚Seelenverwandtschaft‘ bei solchen Freundschaften
die Liebe, die Menschen in ihrem Dienst für andere zeigen, sei es in Sozial- und Pflegeberufen, im ehrenamtlichen Engagement in Gesellschaft und Gemeinschaften
die Liebe und Fürsorge für den Schutz und die Bewahrung der Schöpfung Gottes, die uns als Menschen anvertraut wurde
…
und ‚last but not least‘ in der liebenden Beziehung zwischen zwei Menschen, die ein Stück gemeinsamen Lebensweges leben und verbringen wollen in gegenseitiger Achtung und Fürsorge; in welcher auch beide Glück, Freude, Zufriedenheit und Unterstützung erfahren. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Beziehungen staatlich, gesellschaftlich oder auch von Seiten der Kirche(n) anerkannt und gefördert werden. Das Geschenk der Liebe braucht erst einmal nicht diese Anerkennung, weil sie sich selbst Anerkennung genug ist. Daher braucht diese Liebe auch keine Erlaubnis, keine Genehmigung.
Das Geschenk der Liebe ist letztlich also ein Akt der völligen menschlichen Freiheit. Sie ist selbst da noch frei, wo der Mensch in äußere oder innere Unfreiheit gedrängt wird. Liebe kennt also keine Grenzen und überwindet alle Grenzen.
Dieser Überzeugung liegt zugrunde, dass die Liebe Gottes selber grenzen-los ist!
Love is no sin!
Wenn also Gott die Liebe ist und seine Liebe grenzenlos ist, dann ist Liebe niemals Sünde.
Der Mensch – und das weiß ich selber am Besten – sündigt immer wieder. Aber da, wo er liebt kann er schlechterdings nicht zugleich sündigen.
Dieser Überzeugung ist auch der heilige Augustinus, wenn er den Satz tun konnte: „Liebe! Und tue, was du willst!“ – Dieser Satz wäre nicht wahr, würde Augustinus meinen, dass Liebe sündig sein könnte.
Auf die Frage: „Kann denn Liebe Sünde sein?“ kann ich heute ganz klar antworten: NEIN!
Gott segnet, was ein Segen ist
In dem oben zitierten Dekret heißt es: „…Aus diesen Gründen verfügt die Kirche weder über die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts im oben gemeinten Sinne zu segnen…“
Hier wird meines Erachtens ein falsches Verständnis von „Segen“ genutzt.
Der Blick in die liturgischen Bücher unserer Kirche (Messbuch, Benedictionale, …) zeigt, dass innerhalb gottesdienstlichen Tuns, wo es um den „Segen“ geht, es sich hierbei genau genommen um eine
Segensbitte
handelt!
Die Teilnehmer:innen von Gottesdiensten wissen um die Formulierung am Ende eines Gottesdienstes, wie z.B. „So segne euch der dreifaltige Gott, der Vater und der Sohn (+) und der Heilige Geist.“
Der vermeintliche Segen in der Kirche ist also immer eine Segensbitte!
Und in diesem wohlverstandenen Sinne stimme ich dem Dekret zu, wenn es sagt: …Aus diesen Gründen verfügt die Kirche weder über die Vollmacht, (…) zu segnen…“, denn die Kirche oder kirchliche Amtsträger:innen segnen nie, sondern allein Gott!
Die Frage lautet deshalb eher für mich: Wen oder was segnet Gott?
Und meine Überzeugung ist: Gott segnet, was ein Segen ist!
Im segensvollen Handeln und Tun der Menschen, sei es allein, in der Zweisamkeit oder in einer größeren Gruppe erkenne ich das, was mit dem Segen Gottes bedacht ist.
Um zu erkennen, was von Gott gesegnet ist, bedarf es deshalb keiner kultischen Handlung der Kirche in Form von „Segensfeiern“, denn solche Segensfeiern fügen keinen Segen hinzu, der nicht schon längst da ist.
Segensfeiern sind Bekenntnis und Annahme des göttlichen Segens
Aber dennoch sind öffentliche und gemeinschaftliche Segensfeiern nötig. Denn in dem Glauben, dass wir auf den Segen Gottes angewiesen sind und Gott SEINEN Segen gibt, sind wir in der Glaubensgemeinschaft verbunden.
Diese Verbundenheit zeichnet sich auch darin aus, dass wir füreinander den SEGEN GOTTES erbitten, besonders dort, wo Menschen für sich selbst und konkret bejahen, dass sie auf diesen Segen Gottes angewiesen sind, damit ihr Leben segens-reich sein kann.
Segens-bitt-feiern zu versagen heißt, die Nächstenliebe vorzuenthalten
Segens-bitt-feiern durchzuführen, ist also dann ein Akt geschwisterlicher Verbundenheit und Fürsorge, die jene, die um diesen Segen bitten, in ihrem Glauben darin bekräftigen wollen.
Wer also solche Segensfeiern verweigert, versagt den Segensbedürftigen die gläubige Solidarität, dass wir alle und in jeder Lage auf den Segen Gottes angewiesen sind.
Segens-bitte-feiern also denen zu versagen, die ihre Beziehung auf das Fundament gemeinsamer Liebe gründen wollen, ist für mich somit ein Versagen gegen die gebotene und nötige Nächstenliebe.
In der Kirche gibt es leider immer noch zu viele, die Letzteres gleich setzen.
Dabei hat Jesus doch vor gemacht, dass es eben nicht das gleiche, sondern manchmal sogar ein Gegensatz ist.
„Gesundheit!“
Menschen sitzen beieinander; eine Person niest, eine andere wünscht: „Gesundheit!“. Sagt eine weitere: „Das macht man heute nicht mehr; man geht einfach darüber hinweg.“
Hast du das auch schon erlebt? Ich ja. Es sei eine ’neue‘ Konvention, da die Person, die niest, vielleicht unangenehm davon berührt ist, dass sie so unbewollt Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat und das dann auch noch durch den Wunsch „Gesundheit“ offensichtlich wird.
„Gesundheit!“ – Quelle: www.pixabay.com
Ich weiß ja nicht, wie es dir damit geht. Ich jedenfalls gewöhne mich immer noch nicht an diese ’neue Konvention‘. Vielleicht auch deshalb, weil ich mich nicht daran gewöhnen will? Vielleicht deshalb, weil ich gerne Menschen eine „gute Gesundheit“ wünschen möchte?
Am Beginn der Corona-Pandemie konnte man es noch häufiger erleben, dass Kund*innen an der Kasse der/dem Kassierer*in vor dem Weggehen zusagten: „Bleiben Sie gesund!“ oder umgekehrt. Auch jetzt passiert es noch hin und wieder, dass Menschen sich ausdrücklich sagen: „Bleiben Sie gesund!“ oder „Passen Sie auf sich auf!“
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Gerade in dieser Pandemie merken wir, wie unsere Gesundheit urplötzlich bedroht sein kann; eigentlich ist das immer so, aber die Pandemie holt es uns so brutal deutlich tagtäglich in Erinnerung.
Sollten wir – wie in diesen Zeiten – nicht wieder mehr darauf achten, uns gegenseitig etwas Gutes zu wünschen? Mich berührt es jedenfalls sehr angenehm, wenn Menschen mir in diesen Tagen sagen oder schreiben: „Bleiben Sie gesund!“ Ein lieber Kollege von mir schrieb in einer Mail am Anfang der Pandemie als seinen Gruß: „Bleiben Sie positiv gestimmt und negativ getestet!“
Er fasst es mit diesem konkreten Gruß zusammen, was vielen in dieser Zeit so wichtig ist.
Ich werde – mehr noch in diesen Corona-Zeiten – nicht die ’neue Konvention‘ anwenden. Wenn jemand in meiner Gegenwart niest oder ich sonst meine, es würde ihm gut tun dann sage ich auch weiterhin:
„Gesundheit!“ oder „Gute Besserung!“
Und bei Menschen, die einem besonders wichtig sind oder nahestehen, kann man es auch „durch die Blume sagen“
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Auf-brechen
Kommt, lasst uns auf-brechen und jene hinter uns lassen, die uns die Wege versperren wollen, die wir gehen müssen.
Kommt, lasst uns auf-brechen, die verkrusteten Strukturen, den Wahn der Rechthaberei, die Angst vor Veränderung, die Furcht vor Herzlichkeit und Menschenliebe.
Kommt, lasst in uns auf-brechen das Herz, das der Liebe Raum gibt; den Verstand, der weiß was nötig ist und die verschlossene Hand, die sich öffnet zum Tun
und für den Menschen, der am nächsten ist; der deine Zuneigung und Hoffnung und Unterstützung und Ermutigung braucht.
Kommt, lasst uns auf-brechen, um auf-zu-brechen.
(copyright: Gerd Wittka, 31.01.2021)
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Regeln oder Hl. Geist
Manchen scheinen die Regeln (in) der Kirche wichtiger zu sein, als das Wirken des Heiligen Geistes!
Freiheit – trotz Reduktion
Copyright: Gerd Wittka, 31.01.2021
In der Krise die Freiheit erkennen
Ja, es ist mal wieder so: diese Gedanken erwachsen aus der gegenwärtigen Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Krise.
Manche können das Thema schon nicht mehr hören, und auch ich wäre froh, wenn wir schon alles überstanden hätten. Aber zur Wahrheit gehört auch dazu, dass wir noch mitten drin sind.
Wen wundert es dann also, dass die Krise – zumindest mich – gedanklich immer wieder beschäftigt. Oft ist in den vergangenen Wochen davon die Rede, dass diese Krise „wie ein Brennglas“ wirkt auf viele Themen und Herausforderungen, die sonst gar nicht so in den Blick geraten wären.
Mein großes Thema: die Freiheit! …
Wenn ich über diese Krise nachdenke, dann komme ich immer wieder auch auf das Thema „Freiheit“ zurück. Und ich finde, das ist auch gar nicht verwunderlich.
Denn: wesentlich für diese Corona-Pandemie ist, dass folgende Wörter zwangsläufig mit ihr in Verbindung gebracht werden:
Reduktion
Lockdown
Abstand
Schließungen
Herunterfahren
…
All diese Wörter werden mit Begrenzungen, Eingrenzungen, Beschneidungen in Verbindung gebracht. Viele sagen auch: die Corona-Pandemie schränkt unsere Freiheiten ein! – Und das stimmt! Wer könnte dem widersprechen?! Die Logik dieser Pandemie ist, dass durch Einschränkungen von (äußeren) Freiheiten wir ein wesentliches Werkzeug an der Hand haben, um der Pandemie etwas entgegen zu setzen.
Die zwei Seiten einer Medaille
Wer mich kennt, der weiß, dass ich gerne das Bild von den „zwei Seiten einer Medaille“ verwende. Auch in diesem Zusammenhang halte ich es für hilfreich, dieses Bild einzusetzen, denn:
Einerseits erleben wir diese Zeit als begrenzte und eingeschränkte Zeit; Freiheiten, die für uns so selbstverständlich sind (und auch wieder werden müssen), haben wir im Moment nicht.
Um in der Balance bleiben zu können, um Kraft und Ressourcen finden zu können, diese einschneidenden Maßnahmen körperlich und psychisch gut überstehen zu können, braucht es einen Gegenpol, die andere Seite der Medaille, die wir anschauen sollten.
Ermöglichung
Ich möchte für die andere Seite den Begriff „Ermöglichung“ nennen!
Mein früherer Kollege, Mark Bothe, stellte sich, als er seine Stelle in unserer Pfarrei antrat, mit dem Hinweis vor, er wolle „Ermöglicher“ sein. Mit dieser Formulierung hatte er meine ganze Aufmerksamkeit. (Vielen Dank für diesen Gedanken, Mark, den du bei mir eingepflanzt hast!)
Denn wenn wir unsere Lebenssituation bedenken, wenn wir Wege aus einer Krise finden wollen, wenn wir neue Wege gehen müssen, weil die alten Wege in eine Sackgasse oder in den Abgrund führen, dann kommen wir an einer zentralen Frage nicht vorbei:
Welche Möglichkeiten haben wir (sonst noch)?
Gerade in Zeiten, wo wir unser Leben eingeschränkt erfahren (das gilt auch in persönlichen Lebensphasen, die von Krankheit oder anderen Einschränkungen wie Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Not, etc.), kann es hilfreich und notwendig sein, nach einem Ausgleich zu suchen: der anderen Seite der Medaille.
Manche mögen es auch mit dem Bild von Ying&Yang vergleichen wollen: zur inneren Harmonie kann man nur finden, wenn man buchstäblich „ausgeglichen“ ist und mein Leben wieder eine Balance gefunden hat. Und diesen inneren und äußeren Ausgleich finden wir nur, wenn wir versuchen, die Möglichkeiten zu finden, die in einer Krise liegen.
[Damit möchte ich keineswegs irgendeine Relativierung vornehmen. Ich bin mir sehr bewusst, dass Krisen oft auch mit persönlichem Leiden und persönlichen oder sozialen Notlagen einher gehen. Mir geht es nicht darum, diese Not und diese Leiden abzutun oder zu verharmlosen. Ich suche nur einen Weg, wie man mit dieser Not, mit diesem Leid, mit dieser Eingrenzung besser leben kann. Wenn ich das alles schon nicht verhindern kann, dann gibt es für mich persönlich nur die eine Hoffnung: damit zu leben ohne daran zu zerbrechen.]
In Krisenzeiten Möglichkeiten und Freiheiten zu entdecken, die trotz allem (noch) vorhanden sind, erscheint mir eine wichtige Strategie zu sein, um gut und wohlbehalten solche Phasen des Lebens zu überwinden.
Hier kommt wieder der Gedanke meines Kollegen ins Spiel, der seine Rolle auch darin sieht „Ermöglicher“ zu sein.
Wer dann darüber nachdenkt, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wird zwangsläufig auch an den Punkt kommen, wo sie/er über die persönliche Freiheit nachdenken wird. Denn: was mir möglich ist, was ich noch tun kann, beantwortet sich wesentlich auch im Zusammenhang mit der Frage: welche Freiheiten habe ich?
Glaube der befreiend sein muss: Christ*in-Sein
Im Galaterbrief finde ich folgende Verse: „…Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Steht daher fest und lasst euch nicht wieder ein Joch der Knechtschaft auflegen!…“ (Gal 5,1)
Was Paulus hier an die Galater schreibt, ist nicht auf seinem eigenen Mist gewachsen. Er hat diesen Glauben übernommen, weil er die Botschaft Christi ernst genommen hat und er musste erkennen, dass Christsein ohne Freiheit nicht möglich ist.
Die Botschaft Jesu Christi ist wesentlich eine Botschaft der Befreiung und damit eine Botschaft der Freiheit.
Perspektive in der Krise
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Die Fähigkeit, seine Möglichkeiten gerade auch in der Krise zu entdecken, kann ein wesentlicher Schlüssel dafür sein, wie gut wir durch die Krise kommen. Die Erkenntnis, trotz aller Einschränkungen die eigene konkrete Freiheit zu entdecken, eröffnet in der Krise die Chance, auf dem Weg zu bleiben, handlungsfähig zu sein und somit aktiv die Krise gestalten zu können.
Wer also Wege aus der Krise entwickeln möchte, braucht einen tiefen Glauben und die feste Zuversicht, dass wir die Freiheit haben, immer wieder nach Möglichkeiten Ausschau zu halten, die uns die „Leiden der gegenwärtigen Zeit“ erträglicher machen. Denn: wir sollen zu jeder Zeit „…von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes….“, wie es Paulus in seinem Römerbrief zum Ausdruck bringt. (vgl. Röm 8,21).
Die eigenen Möglichkeiten zu entdecken geht nur, wenn wir verstanden haben und ernst nehmen, dass wir als Menschen zur Freiheit berufen sind. Christ*innen und die Kirchen könnten dazu einen wichtigen Beitrag leisten!
[Selbstkritisch ließe sich zu der Rolle der Christ*innen und Kirchen in dieser Krisenzeit noch einiges sagen. Aber das wäre eines eigenen Artikels wert.]
Doch wenn jede*r Einzelne*r von uns, seine Möglichkeiten entdeckt, auch die Freiheit, sich für etwas einzusetzen, „Ermöglicher*in“ zu sein, dann bin persönlich zuversichtlich, dass wir gemeinsam gut durch diese Krise und durch andere Krisen kommen werden.
Und? Wie denkst du darüber? – Hinterlasse gerne einen Kommentar zu meinen Gedanken!
Reduktion
Was jetzt not-wendig ist
Vor einigen Tagen erreichte mich ein newsletter einer der Kliniken, in denen ich als Krankenhaus-Seelsorger tätig bin.
Darin wurde alle Mitarbeitenden geraten, die persönlichen Kontakte und Begegnungen auf das wirklich Notwendige zurück zu fahren. Auch in dienstlichem Kontext wurde deutlich gemacht, dass hier auch die persönlichen Kontakte zu KollegInnen auf das Minimum und Nötigste zurück gefahren werden soll.
Konkret heißt das: telefonische Absprachen oder Videokonferenzen, da wo es nötig ist und keine unnötigen kollegialen physischen Begegnungen innerhalb des Dienstes.
Meine persönliche derzeitige Situation
Als Heuschnupfen-Allergiker nehme ich seit Monaten an einer Hyposensibilisierung teil. Zwei Wochen vor und nach jeder Spritze kann ich mich nicht impfen lassen. Das hat dazu geführt, dass ich mich seit Anfang Oktober nicht gegen die saisonale Grippe impfen lassen konnte, weil entweder der Termin nicht wahrgenommen werden konnte oder dann gegen Ende Oktober der Grippe-Impfstoff nicht verfügbar war. Ich kann nur hoffen, dass sich ein günstiges Zeitfenster ergibt, wo ich mich gegen die Grippe impfen lassen kann.
Als Krankenhaus-Seelsorger ist es mir wichtig, dass ich mich durch eine Impfung nicht nur selber schütze, sondern auch im Falle einer Infektion einen Grippevirus nicht weiter verbreite. Dazu kommt, dass ich – sobald ich erste Erkältungssymptome entwickle – nicht mehr ins Krankenhaus gehen darf; ich stehe dann also für meinen Dienst nicht zur Verfügung.
Da Vertretungen – gerade auch in dieser Zeit – sehr schwierig sind (wegen des allgemeinen Besuchsverbots und der Zugangsberechtigung nur für Mitarbeitende im Krankenhaus selber), musste ich also für mich persönlich eine Strategie entwickeln, wie ich möglichst ohne Infektionen durch diese Zeit komme und dann für meinen Dienst zur Verfügung stehe, wenn es nötig wird.
Meine derzeitige Strategie:
Schon vor diesem Newsletter war mir klar, dass ich selber auch in der Frage meiner persönlichen Kontakte umdenken muss.
Also habe ich eine eigene Strategie entwickelt, die aus folgenden Komponenten besteht:
Nutzung der Homeoffice-Möglichkeit
Reduzierung auch privater Kontakte
Umorganisation meines Einkaufsverhaltens
Homeoffice
Als Krankenhaus-Seelsorger ist es mir möglich, einen Teil meiner Aufgaben im Homeoffice zu erledigen. So habe ich mich entschieden, an zwei Tagen in der Woche (montags und mittwochs) persönlich im Krankenhaus anwesend zu sein. An diesen Tagen schreibe ich entweder Patient*innen-Brief oder feiere mit meinem evangelischen Kollegen einen „Stellvertretungsgottesdienst“ (weil Gemeinschaftsgottesdienst nicht möglich sind). In der anderen Zeit bin ich über mein dienstliches Mobiltelefon und auch über andere Kanäle (Email, Messenger, Videokonferenzen) erreichbar. So kann ich auch nach Bedarf kurzfristig wieder persönlich im Krankenhaus anwesend sein.
Patient*innen, gerade auch aus der psychiatrischen Klinik, nutzen diese anderen Kontaktmöglichkeiten.
Reduzierung privater Kontakt
Auch in meinem privaten Leben habe ich mich entschieden, private direkte Kontakte zu reduzieren. Emotional ist das für mich wohl der einschneidenste Schritt. Denn das bedeutet für mich, sowohl zu meiner eigenen Familie als auch zu anderen engen Freund*innen den Kontakt nur noch über (Video-)Telefonie aufrecht zu erhalten. Dieses erlebe ich aber nicht als eine Art Isolation, denn ich nutze lebhaft die anderen Möglichkeiten, die mir zur Beziehungspflege bleiben.
Auch zu Weihnachten …
werde ich mich nur mit einer Person persönlich treffen, damit ich dieses Fest nicht ganz allein verbringe. Aber schon bereits in besseren Jahren war es für mich weniger ein Problem, Weihnachten nicht mit der ganzen Familie und mit Freunden zusammen zu sein. Irgendwann einmal habe ich für mich erkannte, dass ich an den meisten Tagen und Abenden des Jahres allein bin. Und ich habe für mich erkannt, dass der Heilige Abend bzw. die Weihnachtstage dann nur weitere Tage sind, wo ich so lebe, wie ich es in der meisten Zeit des Jahres gewohnt bin. Es ist für mich also nur eine reine Kopfsache, wie ich mit dem Heiligen Abend allein umgehen kann. Denn meine regulären Alltagserfahrungen sind nicht wesentlich anders als am Heiligen Abend.
Genügend menschliche Begegnungen
Vielleicht hört sich das sehr radikal an. Aber man muss auch wissen, dass ich ja nicht gänzlich ohne soziale physische Kontakte bin. Allein durch meinen Dienst geben sich immer wieder – notwendigerweise – physische Kontaktmöglichkeiten, so dass bei mir sicherlich nicht die Gefahr der Selbstisolation besteht.
Momentan komme ich emotional mit dieser Vorgehensweise gut klar.
Umorganisation meines Einkaufsverhaltens
Schon während meines Urlaubs im September konnte ich mich in ein verändertes Einkaufsverhalten einüben:
Durch sorgfältige Planung und Organisation konnte ich meine Einkäufe auf ein bis zwei Einkäufe pro Woche reduzieren. Das reduziert auch die Möglichkeit unerwünschter Kontakte, von denen Infektionen ausgehen könnte. Man muss sich nur vorher die Mühe eine sorgfältigen Haushaltsführung machen, dann ist auch das überhaupt kein Problem.
Unverständnis
Mit ist bewusst, dass meine Haltung sicherlich nicht auf breites Verständnis führt. Aber ich bin sicher, dass diese Zeit uns vor die Frage stellt, was uns wichtig ist und wie wir selber am besten durch diese Zeit kommen wollen.
Dafür ist es auch wichtig, dass man sich Prioritäten setzt und die sind für mich ganz klar:
Ich möchte weitgehenst verfügbar bleiben für meinen Dienst; gerade auch deshalb, weil Patient*innen diese Zeit besonders schwer erleben, erst recht, weil es in den Krankenhäusern ein Besuchsverbot gibt. Als Krankenhaus-Seelsorger habe ich aber das Glück, weitgehenst noch den persönlichen Kontakt zu den Patient*innen haben zu können.
Ich reduziere meine persönlichen Begegnungen auf das machbare Minimum, damit ich gerade im privaten Bereich auf persönliche Begegnung nicht gänzlich verzichten muss, um das Infektionsrisiko zu minimieren.
Chancen nutzen
Indem ich mein Verhalten in dieser Zeit ändere, spüre ich aber auch deutlich, dass sich andere, neue Möglichkeiten in meinem Leben ergeben: etwas, was ich immer schon mal wieder machen wollte, kann jetzt zum Zuge kommen. Ich kann mal wieder ganz in Ruhe ein Buch zu Hand nehmen. Ich kann nötige handwerkliche Aufgaben in meinem Haushalt erledigen, für die ich sonst keine Zeit oder Muße gefunden habe. Ich kann Spaziergänge machen, die sonst viel zu kurz gekommen sind,
…
Mich in meinen physischen Sozialkontakten zu reduzieren, gibt mir ganz neue Möglichkeiten, die ich buchstäblich ent-decken kann, weil sie in der Geschäftigtkeit und Hektik früher Zeiten verschüttet wurden.
Ich finde, das ist ein guter Einstieg für mich in die nun beginnende Adventszeit, die wir so oft als Zeit der Muße und Besinnung bezeichnen.
Wie gehen Sie mit dieser Zeit um? Welche Akzente setzen Sie in dieser Zeit? Schreiben Sie gerne Ihren Kommentar zu meinen Gedanken.
Reformationstag 2020
… vor leeren Bänken
Es ist schon eigenartig, was ich heute Morgen bei der Übertragung des evangelischen Gottesdienstes aus der Stadtkirche Bad Hersfeld gesehen habe …
Ein wunderbarer Gottesdienst wird dort übertragen, der auch mich als Katholiken anspricht. Mit viel Mühe und Aufwand wird dieser Gottesdienst von verschiedenen Personen gestaltet und getragen. Die musikalischen Beiträge sind sehr hochwertig und von professionellen SängerInnen und MusikerInnen ausgeführt.
Die Aussenaufnahmen während des Gottesdienstes zeigen Bad Hersfeld von oben: volle Parkplätze und in der Einkaufsstraße laufen Menschen umher. – Ach ja, es ist ja Samstag, die Geschäfte sind geöffnet, Menschen gehen einkaufen und genießen vielleicht auch gerade in dieser Corona-Zeit den freundlichen Tag heute in Bad Hersfeld.
Dann ein Schwenk in die schöne evangelische Stadtkirche von Bad Hersfeld.
Der Blick geht vom Chorraum in die Kirche, in die leere Kirche! Kein einziger Mensch sitzt in den Bänken, in denen sonst die Gemeindemitglieder Platz nehmen und am Gottesdienst teilnehmen.
Es wirkt etwas surreal: da vorne gestalten über ein dutzend Menschen einen durch und durch guten und durchdachten Gottesdienst, doch es gibt keine übliche Gemeinde, ’nur‘ die Fernseh-Gemeinde.
Eigenartig!
Ich frage mich, wie sich wohl die Akteure fühlen, die es sonst gewohnt sind, wenn auch nicht mehr vor vollem Haus so doch, vor einer gefüllten Kirche die Gottesdienste zu feiern?
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Leere Kirchen drinnen – belebte und ‚geschäftige‘ Straßen draußen?
Ein Bild der Gegenwart! – Ein Bild der Zukunft?!
Ich merke, wie Unbehagen in mir hochkommt: Da gibt es welche, die verkündigen eine Botschaft; heute konkret eine Botschaft der Hoffnung; eine Botschaft die Halt gibt. Sie sprechen von ‚Haltung‘ und wie notwendig sie sein kann, wenn das Leben uns herausfordert.
Doch augenscheinlich sind da keine, die die Botschaft hören. Jene, die sie hören könnten, sind ‚da draußen‘, weil sie nicht hinein durften (wegen der Pandemie) oder weil sie nicht hinein wollten (da sie vom ‚kirchlichen‘ Glaubensbetrieb nicht mehr angesprochen werden).
Da ist es fast egal, warum.
Ich spüre bei diesem Gottesdienst: wir müssen Wege und Formen finden, um als Kirche und mit der Botschaft unseres Glaubens nach draußen zu gehen, da, wo die Menschen sind, die nicht kommen können oder wollen.
Ich spüre den Drang, heraus zu gehen zu den Menschen, unter ihnen zu sein, mit ihnen zu sein, um dann – wenn die Zeit da ist – Rede und Antwort zu geben, zu verkündigen und zu bezeugen.
Ich wünsche meinen evangelischen Schwestern und Brüdern im Glauben, aber auch uns allen, einen gesegneten Reformationstag!
1 Petrus 3, 14 – 16a
„…Aber auch wenn ihr um der Gerechtigkeit willen leidet, seid ihr seligzupreisen. Fürchtet euch nicht vor ihnen und lasst euch nicht erschrecken, heiligt vielmehr in eurem Herzen Christus, den Herrn! Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt; antwortet aber bescheiden und ehrfürchtig …“
Diese Zahl berührt mich, auch wenn unter ihnen niemand ist, die/den ich persönlich kenne.
Diese Zahl berührt mich und macht mich so traurig und auch zornig, wenn ich daran denke, wie oberflächlich, leichtfertig und sogar ignorant manche Menschen mit dieser Pandemie umgehen! Es macht mich zornig, wenn ich daran denke, dass Menschen diese Pandemie und dieses Leid für ihre inhumane Ideologie missbrauchen!
Fragen wir uns eigentlich noch, wie schnell wir verantwortlich oder sogar mitschuldig werden am Schicksal, am Leid und Not und Tod anderer? Wie leichtfertig risikieren wir ihre Gesundheit und ihr Leben?
Gebet:
Gott und Herr des Lebens, die Corona-Pandemie lehrt uns, wie schnell unser Handeln und Tun aber auch unser Nichtstun und Leichtfertigkeit massiven und teils gefährlichen Einfluß auf das leibliche und seelische Wohl anderer haben kann. Stärke unsere Sensibilität und Verantwortlichkeit, damit wir diese Verantwortung tragen können. Lass uns nicht zögern, kreativ und liebevoll mit den Herausforderungen unserer Zeit umzugehen. Bewahre uns vor Angst und Lethargie in Zeiten, wo mutiges Handeln zum Segen werden kann. Darum bitten wir dich durch Christus und im Heiligen Geist. Amen.
„Stille ist Stillstand!“ – Dieser Satz fiel spontan in einem Gespräch.
Ich schwieg erst einmal und ließ diesen Satz so stehen. Später musste ich in Gedanken aber wieder zu diesem Satz zurückkehren.
War dieser Satz wahr? Traf er zu?
Ich denke in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Personengruppen würde dieser Satz Zustimmung finden.
Da denke ich zum Beispiel an Produzenten. Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen in die Kurzarbeit getrieben. Manche Firmen mussten ganz ihre Produktion einstellen. Wenn dann der Produktionsleiter durch die Produktionshallen gehen würden, in der die Maschinen still stehen, würde er sicherlich diesen Satz bejahen können: „Stille ist Stillstand!
Es sind aber auch Situationen denkbar, da bewirkt Stille genau das Gegenteil …
Die Dynamik der Stille
Wer hingegen schon mal in die Stille gegangen ist – gewollt oder ungewollt -, konnte vielleicht auch die machtvolle Seite der Stille erleben.
Das Ungewöhnliche an der Stille ist, dass man sich manchmal danach sehnt; wenn man dann drin ist, kann man eine Überraschung erleben:
Der Weg der Stille führt nämlich von ‚außen‘ nach ‚innen‘. Anfangs fokussiert man seine Aufmerksamkeit auf das, was außerhalb eines selbst ist.
Vielleicht versucht man noch Geräuschen zu lauschen, je nach Ort: draußen in der Natur das Zwitschern der Vögel, das Säuseln des Windes oder das Plätschern des Regens.
Oder man hört die Geräusche des Hauses oder der Wohnung: Wasserspülungen , das Rauschen der Heizung, das Geräusch des Kühlschrankes, das Ticken einer Uhr, die knautschenden Geräusche, wenn man sich im eigenen Sessel bewegt.
Von außen nach innen
Irgendwann geht die eigenen Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper. Man lauscht dem eigenen Atemrhythmus. Manch eine/r hört sogar den eigenen Herzschlag oder spürt am Hals den eigenen Puls, der das Blut durch die Ader schleust.
Dann – allmählich – kommen die Gedanken in einem hoch. Bleibt man in der Stille und bei sich und gibt nicht der Versuchung nach, sich zu zertreuen oder abzulenken, dann beginnen die Gedanken eine Eigendynamik zu entwickelt.
Unterschiedliche Themen ploppen auf oder Gefühle kommen hoch.
Abenteuerreise ins unbekannte Land
Jetzt beginnt die Phase, wo der Mensch dann auf sich selbst zurückgeworfen wird. Jetzt beginnt die spannende und die machtvolle Phase der Stille.
Das Spannende ist nun, dass – wenn wir nicht dagegen lenken – die Stille eine Eigendynamik entwickelt, die zu einer Herausforderung werden kann.
Beiseitegeschobene Themen oder unterdrückte Gefühle können langsam aus den Tiefen des eigenen Ichs ihren Weg nach *oben* ins eigene Bewusstsein finden und wecken Erinnerungen; Erinnerungen die mit schönen aber auch mit schweren, belastenden oder sogar schmerzhaften Gefühlen verbunden sind, ebnen sich ihre Bahn ins Hier und Jetzt.
Je nachdem, welche Erfahrungen und Erinnerungen es sind, kommt es jetzt darauf an, zu entscheiden, welchen Weg man weitergehten will?
Sollten es traumatische Erinnerungen sein, ist ein weiterer Weg durch die Stille sicherlich nur unter fachkundiger Begleitung zu empfehlen. Die Schäden, die sonst entstehen könnten, wären fatal!
Ansonsten ist es jetzt hier nötig, eine Entscheidung zu treffen: Bin ich bereit mich den verdrängten Erinnerungen und Gefühlen zu stellen und zu entdecken, wohin sie mich führen, oder ängstigen sie mich so sehr, dass ich lieber davon wieder Abstand nehmen möchte?
Im Rahmen einer geistlichen Begleitung würde ich meist dazu ermutigen, zu versuchen, sich dieser Erfahrung zu stellen, die aus der Stille erwächst.
Denn diese solche Phasen bergen – bei aller Eigendynamik – auch die Chance einer persönlichen Entwicklung und Reifung, indem ich nämlich ‚Unerledigtes‘ anschaue und vielleicht sogar versuche, damit umzugehen; indem ich eine neue Haltung dazu finde oder sogar neue Entscheidungen für mein eigenes Leben daraus resultieren, die mich weiterbringen.
Wer eine solche Stille erlebt (hat), wird sicherlich dabei erkennen können:
Stille bedeutet eben nicht Stillstand, sondern ein Weg, dessen Verlauf und Ziel mir vielleicht unbekannt sind, der mich auf ungewohnte Pfade setzt und der mich herausfordert, weil ich nicht weiß, ob ich diesen Weg gehen kann und ob ich die Kräfte dazu habe. Stille birgt in dieser Hinsicht die Chance einer Eigendynamik, die mich herausfordert und auch manchmal herausführt aus einer Gleichgültigkeit, einer Gleichförmigkeit und Lethargie des ‚Alltags‘.
Gebet
Jesus Christus, mein Bruder und Gefährte.
Du bist vierzig Tage lang den Weg in die Stille der Wüste gegangen. Auch dich forderte diese Stille heraus und hat dich versucht. Am Ende dieser Zeit lag dein Weg klarer vor deinen Augen. Ich bitte dich, gib mir den Mut, immer wieder in die Stille zu gehen. Lass mich die bestärkende und die klärende Kraft der Stille spüren und schenke mit die Gnade, meinen Weg klarer zu erkennen, der mich ein Stück mehr zu meinem ‚Ich‘ und zu meiner Bestimmung führt.
Ihre Gedanken
Wenn Sie selber die Stille erlebt haben und sich mitteilen wollen, wie es Ihnen damit ergangen ist, lade ich Sie gerne ein, mir zu schreiben.
Angesprochen
Ich fand heute einen Gedanken, der mich sehr angesprochen hat und in dem ich mich gut wiederfinden kann:
Quelle: www.pixabay.com
Ich danke allen, die meine Träume belächelt haben. Sie haben meine Fantasie beflügelt.
Ich danke allen, die mich in ihr Schema pressen wollten. Sie haben mich den Wert der Freiheit gelehrt.
Ich danke allen, die mich belogen haben. Sie haben mir die Kraft der Wahrheit gezeigt.
Ich danke allen, die nicht an mich geglaubt haben. Sie haben mir zugemutet, Berge zu versetzen.
Ich danke allen, die mich abgeschrieben haben. Sie haben meinen Trotz geschürt.
Ich danke allen, die mich verlassen haben. Sie haben mir Raum gegeben für Neues.
Ich danke allen, die mich verraten und missbraucht haben. Sie haben mich erwachsen werden lassen.
Ich danke allen, die mich verletzt haben. Sie haben mich gelehrt, im Schmerz zu wachsen.
Ich danke allen, die meinen Frieden gestört haben. Sie haben mich stark gemacht, dafür einzutreten.
Ich danke allen, die mich verwirrt haben. Sie haben mir meinen Standpunkt klar gemacht.
Vor allem aber danke ich all denen, die mich lieben, so wie ich bin. Sie geben mir die Kraft zum Leben! Danke.
oder: die eigene kritische Haltung bei wohlmeinender Literatur nicht an der Garderobe abgeben!
Auch ich brauche (geistliche) Impulse
Als Seelsorger, geistlicher Begleiter und Priester bin ich auch immer wieder auf geistliche Impulse und geistliche Begleitung angewiesen.
Dies schreibe ich deshalb gleich zu Beginn, weil ich der tiefsten Überzeugung bin, dass niemand zu Lebzeiten geistlich vollendet sein wird. Denn ich meine, das der eigene geistliche Weg engstens mit der eigenen Lebensgeschichte verwoben ist, also auch mit all ihren Höhen und Tiefen, mit ihren starken und schwachen Phasen.
Und so fand ich vor einigen Wochen ein Buch, dessen Titel mich sehr ansprach, weil es offensichtlich auch „meine“ Themen in den Blick nahm.
Es ist das Buch von Ronald Rolheiser, Beten – Offen werden für Gott, erschienen im Herder-Verlag 2013
Doch leider verließ mich schon auf den ersten Seiten die Motivation, dieses Buch weiterzulesen; es verließ mich auch auf diesen ersten Seiten schon die Hoffnung, dass dieses Buch mir auf der Suche MEINES geistlichen Lebensweges wertvoller Impulsgeber sein könnte.
Warum? Das will ich hier darlegen …
Was erwarten Sie?
Oder: ich warte noch etwas, bevor ich meine Gedanken darlege und frage Sie unumwunden: Was würden Sie von einem solchen Buch erwarten? Welche Voraussetzungen müsste es mitbringen, dass Sie sich angesprochen und gemeint fühlen?
…
Ich würde annehmen, dass Sie sich und Ihre eigene Lebenssituation irgendwie wiederfinden wollen. Dieses Buch sollte Ihnen in Ihrer ganz konkreten Lebensituation Impuls geben, die Sie aufgreifen und weiterdenken können, um Ihren eigenen geistlichen Weg finden und gehen zu können.
Schubladen-Denken
Das wiederum bedeutet: – Das Buch muss sich zurückhalten bei Einredungen – Es darf nicht nur so von ‚Setzungen‘ wimmeln. Damit meine ich unbewiesene oder auch unbegründete Behauptungen in den Raum zu stellen, die dann als Basis für weitere Gedankengänge genutzt werden. – Das Buch muss Offenheit und Weite ausstrahlen. Gerade diesen Aspekt nimmt der deutsche Titel des Buches auf: „OFFEN werden für Gott“. Im englischen Originaltitel heißt es: „Prayer – our deepest longing“! (übersetzt: „Gebet – unsere tiefstes Sehnsucht“). Offenheit und Respekt davor, dass jedeR seinen/ihren eigenen spirituellen Weg finden muss, ist Grundlage einer geistlichen Begleitung, die das menschliche Individuum als Ebenbild Gottes ernst nimmt.
Doch genau da beginnt schon das „Problem“ dieses Buches.
Bereits die ersten Seiten wimmeln nur so vor Formulierungen, die in mir das Gefühl zurück lassen, dass der Autor (s)eine Definition von Welt und Wirklichkeit setzen will, auf die er dann seine weiteren Gedanken aufbaut.
Dabei stellt er diese Definition(en) so allgemeinverbindlich dar, dass man meinen muss, dass sie auch allgemeingültig sind. Sind sie aber nicht! Sie sind allenfalls die Meinung, die Auffassung, das Dafürhalten einer Welt, wie sie sich dem Autor subjetiv darstellt.
Ich möchte das an einigen Textbeispielen verdeutlichen:
„Wir leben in einer Welt, die die Realität auf das Stoffliche reduziert hat: auf das, was man empirisch messen, sehen, anfassen, schmecken oder riechen kann. Wir leben in einer Welt des spirituellen Analphabetismus…“ (S. 9)
Stimmt das aber? Oder ist das lediglich verbales Kauderwelsch oder gar eine schlechte Übersetzung aus dem Englischen? Was können wir denn „empirisch riechen“? Verstehen Sie, was der Autor damit meint? Und ist unsere Realität tatsächlich auf das Stoffliche reduziert?
Was ist dann mit der Psychologie, mit den Geisteswissenschaften? Was ist mit solchen Erfahrungen und Wahrnehmungen von Liebe und Hass, von Zuversicht und Hoffnung auf der einen oder Resignation und Perspektivlosigkeit auf der anderen Seite?
Hat der Autor recht, dass wir nur die „stoffliche Realität“ in unserem Leben zulassen?
Ich bin sicher: Nein!
Jeder Mensch, der Zuneigung zu anderen Menschen spürt, auch das, was wir Liebe nennen, lebt zumindest hier schon einmal aus einer nichtstofflichen Realität, die zudem eine nicht zu unterschätzende Rolle in unserem Leben spielt, wenn es um das eigene Glück geht.
„Wir leben in einer Welt des spirituellen Analphabetismus. (…) Wenn nur die Oberfläche zählt, dann ist es schwer, sich verzaubern zu lassen, von Poesie, vom Glauben, von der Liebe.“ (ebd. S. 9)
Was für ein Geschwurbel?! Erst sagt er, dass wir in einer Welt leben, wo das rein Stoffliche gilt. Dann aber erwähnt er ganz selbstverständlich, dass es die Poesie, den Glauben und die Liebe gibt. Wenn es sie gibt, sind sie dann keine Realität?
„Wir haben unsere Sehnsucht trivialisiert, domestiziert. Statt uns nach dem Transzendenten zu sehnen, betäuben wir uns und lenken uns ab, indem wir unsere Sehnsüchte auf das „gute Leben“ ausrichten. auf Sex, Geld, Erfolg und all die anderen Dinge, die vermeintlich „jeder hat“.“ (S.10)
Liebe LeserInnen, erkennen Sie sich da wieder? Herr Rolheiser ‚analysiert‘ Sie gerade, Sie und Sie und mich und dich … jedeN LeserIn!
Sie trachten also in Ihrem Leben nach Sex und Geld, Erfolg?! Jetzt würde ich gerne Ihr Gesicht sehen und Ihre Gedanken lesen können! 😉
Entweder, Sie schmunzeln oder lachen lauthals oder Sie ärgern sich jetzt! Beides ist berechtigt.
Ich ärgere mich über einen solchen „Mitbruder“, der mal wieder die Moralkeule schwingt und mal so eben nonchalance uns alle in ein- und dieselbe Schublade steckt!
Vielfalt statt Einfalt!
„Ist es nicht auch jener Theo in uns allen…?“ (Otto Waalkes)
Der Autor präsentiert fröhlich und frei die erste große Schwäche seines Buches gleich zu Beginn, im Vorwort: Mit Pauschalierungen versucht er seine Leserschaft einzunorden; er sagt, was Sache ist … und dabei kennt er doch die wenigsten seiner Leserschaft persönlich.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ja, der Autor darf auch mit Subjektivierungen arbeiten. Ja, er darf von seinen eigenen Erfahrungen ausgehen oder er darf auch Beispiele nennen aus seiner seelsorglichen Praxis. Solche Beispiele können hilfreich sein, insbesondere dann, wenn wir zwischen uns und den Beispielen Übereinstimmungen erkennen, wo wir dann sehr persönlich einsteigen können; aber auch in dem Bewusstsein, dass der/die andere niemals ich sein kann und ich niemals der/die andere bin!
Solche subjektiven Beispiele können Einstiegshilfen sein, an denen sich eine Beobachtung erklären lässt. Sie dürfen aber niemals zur Verallgemeinerung führen, die meistens mit solchen Worten entlarvt werden: „Ihr“, „wir“, „wir alle“ …
Das erinnert mich sehr stark an den Beitrag von Otto Waalkes und seiner „Predigt“ über das Lied „Theo, wir fahr’n nach Lodz“
Wenn Sie jetzt schmunzeln können, aber gleichzeitig etwas von dieser von Otto überzogenen Haltung in manchen Äußerungen von Predigern unserer heutigen Zeit wieder finden, dann nicht zu unrecht. Der Autor Rolheiser verfällt in diesen pseudopastoralen Habitus, der sich eigentlich verbietet. Denn es geht ihm hier ja nicht darum, dass er sich mit seiner Leserschaft solidarisiert, sondern er normiert sie.
Eine solche Normierung verbietet sich auch in der geistlichen Impulsgebung.
Das Beispiel Jesu
Wenn Sie Zeugnisse und Beispiele aus der Bibel brauchen, dann schlagen Sie einfach nur die Stellen auf, wo es zu Begegnungen zwischen Jesus und den Menschen kommt, die nicht selten buchstäblich heilsam sind. Sie sind deshalb heilsam, weil Jesus sich auf die je eigene Geschichte und auf das je eigene Bedürfnis der Menschen einlässt, denen er begegnet.
Wir sind so verschieden …!
In den Texten des 06. Juli 2020 der Reihe „Te Deum“ fand ich als Ora-et-labora-Gedanken für den Tag folgenden Text:
Die Heilung wurde nicht durch Jesus „an und für sich“ möglich, sondern durch Jesus in Beziehung. Heilen und die Intimität, die es begründet, ist ein gegenseitiger Prozess, in dem der Heilende vom Geheilten ergriffen wird.“ ( Carter Heyward, * 1945, us-amerikanische feministische Theologin und Pfarrerin)
Wenn wir nach geistlichen Impulsen in unserem Leben suchen, oder wenn wir selbst geistliche Impulse geben wollen, dann ist es hilfreich, sich daran zu erinnern, dass der geistliche Weg ein individueller Weg ist und das geistliche Begleitung diese Individualität immer wieder berücksichtigt und respektiert.
Ich für meinen Teil werde noch weiter in diesen Buch – kritisch – lesen, aber ich habe keine große Hoffnung mehr, dass ich dort von einer Quelle trinken werde, die mir wirkliche geistliche Nahrung wird.
Aber: wer weiß! Denn: Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade!
Chill-Zone
copyright: Gerd Wittka, 2020
Ich trete aus der Balkontür heraus lausche – höre eine Ruhe wie ich sie nur selten in der Innenstadt vernehmen kann
Wie wohltuend dieser ruhige entschleunigte Moment
Davon gibt es mehr in diesen Tagen
eine Chill-Zone die da ist und die wir annehmen können vielleicht auch als Geschenk
Und ich frage mich, wie die Natur um uns herum, diese ungewohnte Atmosphäre aufnimmt?