Geistlich werden und leben

Jesus und sein Jünger Johannes

Christusfreundschaft und Heilige Geistkraft

In einer Begegnung mit Seminaristen hat Papst Leo XIV. auf zwei wichtige Aspekte hingewiesen, die mir im Laufe meines priesterlichen Lebens immer wichtiger geworden sind:
Christusfreundschaft vertiefen und die Beziehung zur Heiligen Geistkraft pflegen.

Theologische Bildung ist ein wesentliches Element der Priesterausbildung.
Angesichts der täglichen Herausforderungen im konkreten Dienst und auch beim Blick auf die Veränderungen in Kirche und Gesellschaft gibt es mindestens noch zwei ebenso wichtige Säulen, die in der priesterlichen Existenz nötig sind: Die Vertiefung der Christusfreundschaft und die intensive Beziehungspflege zur Heiligen Geistkraft.

Deshalb bin ich froh und dankbar, dass Papst Leo XIV. genau auch diese beiden Aspekte bei der Begegnung mit Seminaristen in diesen Tagen beton hat.

Ich empfehle sehr die Lektüre von Vatikan News:
https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2025-06/seminaristen-priester-papst-leo-xiv-heiliges-jahr-jesus-herz.html




Un-glaublich

Bild von Marc Pascual auf Pixabay

Un-glaublich

Kann man die Dreifaltigkeit Gottes
den Menschen leicht verständlich machen?
Nein!

Kann man die Gegenwart Christi in der
hl. Kommunion leicht verstehen?
Nein!

Kann man Gott verstehen,
der den Menschen unbedingt liebt,
trotz seiner Schuld, trotz seines Versagens,
trotz seiner mangelnden Liebe?
Nein!

Kann man verstehen, dass Jesus Christus
den Tod am Kreuz auf sich genommen hat,
um uns zu retten?
Nein!

Kann man jemals in religiöser Bildung,
in Katechese, Glaubensgesprächen und
Predigten dies alles verständlich machen?
Nein!

Kann man deshalb nicht lieber den
christlichen Glauben ganz aufgeben,
weil er nicht zu fassen ist?
Nein!

Warum?

Weil ich hinter all diesem Un-glaublichen
eine große Liebe und Sehnsucht
Gottes nach den Menschen erahne,
die mich gerade deshalb an das
Un-glaubliche glauben lässt.

Denn dieses Un-glaubliche zu glauben,
bedeutet für mich, dass das Un-glaubliche wahr sein kann!




Kirche: anschlussfähig bleiben

Auf dem „Tag der pastoralen Dienste“ unseres Bistums am vergangenen Donnerstag, haben sich Seelsorgende der verschiedenen Berufsgruppen getroffen, um über die Herausforderungen der Seelsorge in dieser Zeit zu diskutieren und zu beraten.
Der Referent dieses Tages, Herr Andreas Feige, prägte den Satz:

„Wir müssen anschlussfähig bleiben für die verschiedenen Gottesbilder und für verschiedene Sozialformen der Kirche!“

Mag. Theol. Andreas Feige, Freiburg

Diese Aussage verbindet sich gut zu den Lesungen des 6. Sonntag der Osterzeit, zu dem der nachfolgende Impuls ist:

Der Heilige Geist – Wegweiser in Zeiten des Wandels

Wir leben in einer Zeit, in der sich vieles verändert – in der Politik, in der Gesellschaft und auch in der Kirche.
Manche Dinge, die uns früher Sicherheit gegeben haben, verschwinden.
Gewohnheiten, an denen unser Herz hängt, geraten ins Wanken.

Neue Lebensweisen, viele Kulturen und unterschiedliche Meinungen prägen unsere Welt.
Das spüren wir auch in unseren Kirchengemeinden, im Glaubensleben – und vielleicht sogar in unserem eigenen Herzen.

Aber: Solche Zeiten des Wandels gab es immer schon.

Wenn wir in die Bibel schauen, sehen wir: Auch die ersten Christinnen und Christen standen vor großen Veränderungen.
Nach Jesu Auferstehung und Himmelfahrt mussten sich die jungen Gemeinden neu orientieren.
Sie hatten viele Fragen:

• Wer gehört zur Gemeinde?
• Können Menschen, die keine Juden sind, auch Christen werden?
• Müssen sie sich beschneiden lassen oder sich an jüdische Speisevorschriften halten?
• Was tun mit Menschen, die anders leben oder glauben?

Es ging also nicht nur um Regeln, sondern um die Frage: Wer sind wir als Kirche?
Und es gab damals heftige Meinungsverschiedenheiten.

Kommt uns das bekannt vor?

Auch wir heute haben schwierige Fragen:

• Dürfen Menschen, die nach einer Scheidung wieder geheiratet haben, zur Kommunion gehen?
• Wie gehen wir mit homosexuellen Menschen in der Kirche um?
• Dürfen gleichgeschlechtliche Paare gesegnet oder sogar kirchlich getraut werden?
• Können wir gemeinsam mit Christinnen und Christen anderer Konfessionen das Abendmahl feiern?
• Und: Können Frauen zu Diakoninnen geweiht werden?

Diese Fragen sind nicht leicht.
Sie betreffen unseren Glauben ganz direkt.
Und oft sind Ängste damit verbunden – die Angst, dass wir unsere Identität verlieren.
Die Angst, dass der Glaube verwässert wird.
Oder dass wir mit unseren Traditionen brechen.

Und trotzdem:
Jede Zeit hat ihre Fragen.
Jede Gemeinde hat ihre Herausforderungen.
Immer wieder geht es darum, diese Fragen im Licht des Evangeliums zu betrachten – und im Vertrauen auf den Heiligen Geist.

In der Apostelgeschichte (Kapitel 15) lesen wir von einem wichtigen Moment: dem sogenannten Apostelkonzil.
Die Gemeinde in Jerusalem überlegte, wie sie mit den vielen Nichtjuden umgehen sollte, die Christen wurden.

Am Ende sagten sie:
„Der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch nur wenige Dinge aufzuerlegen: Ihr sollt kein Götzenfleisch essen, kein Blut, nichts Ersticktes und keine Unzucht treiben.“ (Apg 15,28)

Man könnte sagen: Die ersten Christinnen und Christen fanden einen Kompromiss.
Aber nicht aus Angst, sondern aus Vertrauen.
Sie vertrauten darauf, dass Gott durch seinen Geist wirkt – nicht durch äußere Regeln.
Sie schlossen niemanden aus. Sie öffneten die Tür.

Auch nach dieser ersten Einigung blieb es nicht friedlich: In Antiochia gerieten Paulus und Petrus in Streit, weil Petrus sich aus Angst vor streng gesetzestreuen Juden-Christen plötzlich von der Mahlgemeinschaft mit Heiden-Christen zurückzog. Paulus kritisierte dieses Verhalten im Galaterbrief als unehrlich, da für ihn alle Christen gleich waren – unabhängig von ihrer religiösen Herkunft.

Es ging wieder in erster Linie nicht nur ums Essen – sondern um die Frage:
Wie weit reicht unser Glaube?
Trauen wir Gott zu, dass er größer ist als unsere Grenzen?

Petrus musste erst mühsam lernen, was Gott ihm in einer Vision zeigte, die im 11. Kapitel der Apostelgeschichte berichtet wird:
„Was Gott für rein erklärt hat, das nenne du nicht unrein.“ (Apg 11,9)

All das zeigt uns:
Die Kirche ist kein festes, unbewegliches Gebäude.
Sie ist etwas Lebendiges.

Menschen diskutieren, machen Fehler, kehren um, lernen dazu.
Und mitten in allem ist der Heilige Geist – damals wie heute.

Jesus hat uns diesen Geist versprochen.
Er sagte:
„Der Heilige Geist wird euch lehren und euch erinnern an alles, was ich euch gesagt habe.“ (Joh 14,26)
Und:
„Meinen Frieden gebe ich euch – nicht wie die Welt ihn gibt.“ (Joh 14,27)

Dieser Friede ist kein Zustand, in dem alles ruhig ist.
Sondern ein Weg – ein Weg des Zuhörens, des Miteinanders, des Vertrauens.

Frieden wächst nicht durch Verbote oder Machtworte.
Frieden entsteht, wenn der Heilige Geist unsere Herzen bewegt – und unsere Gemeinden.

Darum:
Bleiben wir offen für diesen Geist.
Stellen wir unsere Fragen.
Hören wir einander zu.
Gehen wir miteinander.

Nicht alles müssen wir sofort lösen.
Aber wir können losgehen.
Im Vertrauen auf Gott.
Gemeinsam.




Heilige Woche

Palmsonntag –

Ein Tag in einer Stadt voll Hitze.
Menschen strömen durch die Straßen Jerusalems,
und Jesus, der auf einem Esel sitzt,
wird von Jubel und Anerkennung getragen.
Kleider und Zweige liegen auf dem Pflaster –
eine einfache Einladung,
ein stiller Applaus für den, der anders ist.

Gründonnerstag –

Am Tisch, der mehr als nur Essen teilt,
versammelt sich eine Gruppe, die noch nicht weiß,
dass dies ein einmaliger Moment ist.
Brot, Wein und leise Worte werden zum Abschied,
das letzte gemeinsame Mahl mit den Vertrauten,
ohne zu ahnen, wie sehr sich alles verändern wird.

Karfreitag –

Dann kommt der Augenblick,
der alles in Bewegung setzt.
Ein Verrat, der in den Gesichtern
ein falsches Lächeln trägt,
und Jesus geht einen Weg,
den er längst vorhergesehen hat –
einen Weg voller Schmerzen
und Momenten voller Hohn
Leugnung und Tränen.

Unter den kritischen Blicken,
inmitten von Spott und Ablehnung,
sind da auch leise Akte der Menschlichkeit:
Frauen, die am Straßenrand weinen,
und Veronica,
die ihm ein Schweißtuch reicht,
als stumme Geste, als Versuch,
den Schmerz erträglicher zu machen.

Zum Schluss stehen nur die ganz Treuen:
Maria, die mütterlich schweigend aushält,
Maria von Magdala,
die mehr sieht als nur den Moment,
und Johannes,
dessen stille Nähe mehr sagt als Worte.
Und während das Leben an IHM zu zerbrechen scheint,
hallt leise ein Satz durch die Menge –
ein Soldat, der erkennt:
„Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn!“

Doch hier endet die Geschichte nicht.

Karsamstag –

der Tag der Grabesruhe,
ist kein leiser, endgültiger Abschied,
sondern das Versprechen eines neuen Anfangs.
Denn am Ende hat das Leben
das letzte Wort –
eine Auferstehung, die alle Schatten vertreibt,
ein Beweis,
dass das Licht
immer
über den Dunkelheit triumphiert.

© Gerd A. Wittka, 12.04.2025




beten 2

beten

nicht nur für die Vielen,
die unbekannten,
die unter Naturkatastrophen leiden
die unter Stürmen zittern,
in Trümmern schweigen,
die durch Gewalt und Krieg
zu Staub geworden sind

beten
auch für die Vielen,
dir mir bekannt sind,
die meine Wege kreuzten
früher und heute
die zu tragen haben
an ihrem Schicksal,
ihrem Leid,
ihrer Krankheit
ihrer Trauer
die still vorübergingen
und doch geblieben sind.

beten

so ruft die Zeit
so ruft mein Herz

Denn Beten
fordert
Zeit
Geduld
Liebe
Kraft

und am Anfang
und Ende Anfang


GOTT


(c) Gerd A. Wittka, 04.04.2025, am Todestag von Martin Luther King