“Es geht mir gut…”

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Heute Nacht hatte ich einen Traum.

Ich sah meinen Bruder Eric, der am 13.10.2013 gestorben war. Sein Gesicht war so klar und so vertraut, wie ich es zu seinen irdischen Lebzeiten kannte.



Und er sprach nur einen Satz zu mir: “Es geht mir gut!”

Danach erwachte ich. Als ich auf die Uhr schaute, war es genau 3.00 Uhr!

Ist das nicht eigenartig; ein solcher Traum am frühen Morgen des Allerheiligen-Tages?!




Gedanken-Experiment: Sinn

In manchen Situationen erlebe ich, dass Menschen die Frage stellen: “Warum?”
Das ist oft der Fall, wenn eine schwere Krankheit diagnostiziert wird oder wenn ein Mensch plötzlich oder sehr früh stirbt.

Hinter dieser Frage nach dem “Warum?” steht die Frage nach dem Sinn.

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Wir haben uns daran gewöhnt, die Frage nach dem Sinn, zum Beispiel nach dem Sinn des Lebens, nach dem Sinn meines Lebens wie selbstverständlich zu stellen. Und wie selbstverständlich suchen wir darauf eine Antwort.

Ich habe auch immer noch die Hoffnung, dass mein Leben einen tieferen Sinn hat.

Aber angesichts so mancher vermeintlicher ‘sinnlosen’ Erfahrungen, wage ich mich immer mehr zu fragen, ob die Frage nach dem Sinn des Lebens überhaupt sinn-voll ist?



Da sehe ich Menschen in anderen Ländern, die nur dahin vegetieren, die nicht leben und auch nicht sterben können, die unterdrückt werden oder Opfer von Gewalt werden. Ihr Leben erscheint mehr wie ein biologisches Dahinvegetieren. Ob diese Menschen überhaupt die Zeit haben, sich die Frage nach ihrem Lebenssinn zu stellen?
Oder können sich diese Frage erst Menschen stellen, die dafür den Kopf frei haben, die nicht um das nackte Überleben kämpfen müssen, die nicht gerade vom Leid zerfressen werden?

Daher wage ich es einfach mal, ein Gedanken-Experiment zu wagen:

Was würde mit mir passieren, wenn ich von der Prämisse ausginge, dass es überhaupt keinen – transzendenten – Sinn in meinem Leben gibt?

Natürlich kann ich einen Sinn im rein Funktionellen suchen und finden.
Dann wäre unser Leben aber kaum unterschieden von dem Leben anderer Kreaturen, die gleichsam lediglich eine biologische Nische ausfüllen, wo es um das Leben und Überleben und um die Erhaltung der Art geht. Zugleich wäre dieses Leben von “Fressen und Gefressenwerden” bestimmt.

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Was würde sich also in meinem Leben verändern, wenn ich davon ausgehe, dass mein Leben in diesem Sinne “keinen Sinn hat”; wenn es zum Beispiel bei religiösen Menschen nicht auch um die Frage nach dem Leben danach ginge?
Was wäre, wenn es überhaupt kein “danach” gäbe? – Wofür würde ich dann noch leben wollen?

Woher würden wir Visionen entwickeln für eine bessere Zukunft, wenn nicht nur die reiner Erhaltung der Art dahinter stünde (BTW: Bei dem derzeitigen Umgang mit der Klimakrise bekomme ich immer mehr den Eindruck, dass selbst diese primitive Form der Existenz einer Art, sich um die eigene Erhaltung der Art zu kümmern, bei uns noch nicht einmal – mehr – vorhanden ist; sonst würden wir mit viel mehr Entscheidenheit diese Herausforderung angehen!)?

Stellte ich also die Frage nach dem Sinn mit der Frage nach dem “danach” in Frage, müsste ich weiter suchen.
Dann würde ich irgendwann zu der Frage kommen, warum ich JETZT noch leben möchte?

Die Sinnfrage würde also dann mehr und mehr auf die Gegenwart, auf den Augenblick, auf das Jetzt gerichtet werden müssen.
Und an diesem Punkt entdecke ich auch als religiöser Mensch das Potential für eine Antwort. Dann werde ich nämlich irgendwann auch an den Punkt gelangen, wo ich lernen muss, das Leben so zu leben und anzunehmen, wie es ist.
Dann wird die Sinnfrage sich allein in diesem Augenblick entscheiden müssen.

“Es ist, was es ist…” – so Worte von Erich Fried.

Wer sich frei macht von der Frage, was ‘einmal mein Leben Sinn geben soll’, der wird mehr und mehr auf die Gegenwart geworfen sein.
Was ist jetzt? – “Es ist, was es ist…” – Das verweist uns auf den Augenblick.

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Auf den Augenblick verwiesen zu sein, wenn es mir ‘gut’ geht, wenn ich mein Leben gut meistern kann, wenn ich frei bin von Not, Leid oder Krankheit – das ist keine Kunst.
Dann kann ich sogar eine tiefere Zufriedenheit entwickeln, die aus der reinen Freude am Leben erwächst.

Deutlich problematischer wird es aber, wenn mein Leben in diesem Augenblick überhaupt nicht schön ist, sondern von Krankheit, Gewalt, Leid oder Not gekennzeichnet ist.

Da wird es sehr schwierig, aus dem Augenblick heraus zu leben und neue Kräfte zu entwickeln, um durch diese schwere Zeit zu kommen.

Da wird es wohl nötig sein, Visionen zu entwickeln, wofür ich (noch) leben möchte?

Jetzt wird es schwierig für mich, weiter zu denken: entweder ich nehme das Leben so an, wie es ist, oder aber – ohne eine Antwort nach einem Sinn – mein Leben wird sinn-los und es steigt die Möglichkeit, mein Leben vor der Zeit zu beenden.

Es geht auch noch anders: ich verknüpfe die Frage nach dem Sinn des Lebens doch mit einer ‘transzendenten’ Anwort nach dem Sinn des Lebens.
Was aber, wenn das nur ein raffinierter Kniff der eigenen menschlichen Psyche ist, um nicht vorzeitig aus dem Leben treten zu wollen.

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Die Frage nach dem Sinn des Lebens für ein ‘Leben danach’ kann nur eine Antwort aus einer Hoffnung heraus sein; eine Hoffnung, die wir zu den irdischen Lebzeiten niemals erfüllt sehen werden.

Eine liebe Freundin von mir (und Ordensfrau und Kollegin) sagte immer wieder vor ihrem Sterben: “Ich habe noch viele offene Fragen, die ER mir wird beantworten müssen.”
Diese Freudin war durchdrungen vom Glauben an das zukünftige Leben, aber ihr war auch klar, dass manche Antworten auf den Sinn werden warten müssen, jenseits der Zeit.

Können wir uns aber damit zufrieden geben, wenn wir die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen?
Ich fürchte: wir müssen es!

Es sei denn, wir lernen das Leben so zu leben, wie es ist, ohne nach dem Sinn zu fragen, ohne die Frage nach dem “Warum?” beantwortet haben zu müssen.

“Es ist, was es ist….!




Neue Lektion in Dankbarkeit

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Vielleicht bin ich in den letzten Jahren sensibler geworden; vielleicht habe ich auch durch meine Arbeit in der Krankenhaus-Seelsorge einen anderen Blick darauf bekommen, wie zerbrechlich das Leben und unsere Existenz ist.

Fakt ist: mehr als früher rühren mich die Bilder der Umweltkatastrophe im Herzen Europas in diesen Tagen an.

Ich wache auf mit meinen Gedanken an die Menschen dort und wenn ich mich zum Schlafen niederlege, widme ich den letzten Gedanken des Tages und mein letztes Stoßgebet an unseren Herrn und Bruder Jesus Christus diesen Menschen, die so bedrängt sind in ihrer Not.

Und ich spüre eine große Dankbarkeit; dafür, dass ich sicher wohnen und schlafen kann.
Ich spüre eine große Dankbarkeit für Vieles, was mir manchmal so selbstverständlich vorkommt, denn mir wird vor Augen geführt, dass eigentlich NICHTS EINE SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT ist.

Herr, ich werfe meine Freude, wie Vögel an den Himmel.
Die Nacht ist verflattert. Ein neuer Tag, von deiner Liebe, Herr. Ich danke dir.”
(frei zitiert nach einem Gebet aus Afrika)

Eine solche Sicht, dass nichts selbstverständlich ist und die daraus wachsende Dankbarkeit treibt mich auch um in der Frage, was ich tun kann, um Leiden zu mindern und zu helfen.




Sexualität und Spiritualität

” … und diese Liebe auch …”

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Am 29. Mai 2003 – also vor gut 18 Jahren – habe ich auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Homosexualität und Kirche (HuK) im Rahmen des 1. Ökumenischen Kirchentages in Berlin an einer Podiumsdiskussion der Podienreihe: Und diese Liebe auch! – Homsoexuelle und Kirche, mit dem Titel:
“„… mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft“ – Über den Zusammenhang zwischen Sexualität und Spiritualität tauschen sich Menschen unterschiedlicher Sexualität und Spiritualität aus” teilgenommen.

Heute, im Mai 2021, hängen Rainbow-Flags als Zeichen des Protestes gegen das vatikanische Verbot von Segnungen homosexueller Paare an unzähligen Kirchen der römisch-katholischen Kirche in Deutschland.

Da erinnere ich mich wieder sehr an meine damaligen Ausarbeitungen zum 1. Ökumenischen Kirchentag und an mein Statement bei der Podiumsdiskussion zum Thema:

Sexualität und Spiritualität.

Angesichts der aktuellen Debatte in unserer Kirche möchte ich meine damaligen Abhandlungen heute hier noch einmal dokumentieren.

Sie zeigen nämlich deutlich das Defizit auf, unter dem auch aktuelle Diskussionen über dieses Thema immer noch leiden, nämlich das fehlende Bewusstsein, dass unsere Spiritualität gar nicht ohne unsere je eigene Sexualität möglich ist.



Die Abgrenzung der Sexualität von der Spiritualität hat in der kirchlichen Vergangenheit viel Leid und Diskriminerungen hervorgebracht.

Mit der erneuten Dokumentation meiner damaligen Arbeit möchte ich einen kleinen Beitrag leisten, beide Themenbereiche wieder in den notwendigen und nötigen Zusammenhang zu sehen, zu verstehen und bei allen zukünftigen Überlegungen mit zu berücksichtigen.

Einige Gedanken und Formulierungen, die ich dort vor 18 Jahren getan habe, kann ich heute – nach dem aktuellen Stand der (Gender-)Forschung so nicht mehr aufrechterhalten. Aus historischen Dokumentationszwecken habe ich sie aber beibehalten, doch mit entsprechenden Vermerken versehen.

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Als erstes dokumentiere ich mein Statement am Beginn der Podiumsdiskussion.
Dann liefere ich die mit wissenschaftlichem Apparat versehener Ausarbeitung nach, die natürlich als Grundlage meines Statements anzusehen sind und welches von dieser geprägt wurde.

  1. Einführungsstatement zur Podiumsdiskussion:
    „… mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft“ – Über den Zusammenhang zwischen Sexualität und Spiritualität tauschen sich Menschen unterschiedlicher Sexualität und Spiritualität aus
    auf dem 1. Ökumenischen Kirchentag in Berlin am
    Donnerstag, dem 29.05.2003 in der Marienburg Oberschule, Kranzer Str. 3, 14199 Berlin

2. Spiritualität und Sexualität – Überlegungen zum Statement auf einer Podiumsdiskussion zum Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin


Für Rückmeldungen und Kommentare zu meinen Ausführungen bin ich sehr dankbar.
Alle Rechte dieser Dokumente liegen bei mir: Gerd Wittka 2003 – 2021




Wo bist du, du Zeit der Stille…?!

Was der Advent für mich meint…

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Wen würde es wundern, wenn ich von mir sagen würde: dieses Bild ist für mich ein wirklich adventliches Bild? – Sie vielleicht?

Dieses Bild drückt für mich die adventliche Sehnsucht am heutigen dritten Adventssonntag aus. Es steckt so viel darin, was wir eigentlich vom christlichen Ursprung her mit dem Advent verbinden.



Stille

Als Erstes ist es die Stille, die dieses Bild so eindrucksvoll zum Ausdruck bringt. Selbst wenn es ein Bild mit Ton wäre, würden wir ‘Stille’ spüren und ‘hören’.
Es scheint paradox, aber Stille ist nicht wirklich klang- und tonlos. Es gibt immer etwas, was auch in der Stille zu hören ist. Stille und Geräuschlosigkeit sind verschieden. Ich muss es Ihnen nicht in Worte fassen.
Sehen Sie sich selbst einmal dieses Bild an, versetzen Sie sich selbst in die Lage, Sie würden da an diesem Pier stehen oder sitzen; in warmer Kleidung oder eine kuschelige Decke eingehüllt …
Was hören Sie nun in der Stille…?

Weite

Als Zweites fällt mir die ‘Weite’ auf, die von diesem Bild ausgeht.
Auch das ist irgendwie paradox, denn wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt einer Realität. Wir sehen vielleicht in der Breite gut 10 Meter. Was direkt daneben ist, wissen wir nicht.
Aber gerade dieser Fokus auf diesen kleinen Ausschnitt ermöglicht uns vor unserem geistigen Auge, Weite und Tiefe zu ahnen.
So ist es auch, wenn wir uns in der Winterzeit z.B. in einen Raum zurück ziehen, der nur schwach erleuchtet ist, vielleicht nur mit einer kleinen Lampe und einer Kerze auf dem Tisch.
Der sonst im Hellen besehene größere Raum verkleinert sich optisch. Dadurch nehmen wir auch weniger wahr und werden auf weniges fokussiert.
Diese ‘Sichtfeldeinschränkung’ hat auch den angenehmen Nebeneffekt: sie schützt uns vor Reizüberflutung.
Der optisch kleinere Raum kann einer geistigen Weite förderlich sein.
Und eine solche ähnliche Wirkung hat es auch, wenn wir dieses Bild betrachten.

Advent = Weite und Stille durch Fokussierung

Das ist für mich eine wesentliche Seite des Advents; wenn wir durch eine äußere und geistliche Fokussierung uns auf eine spirituelle Erfahrungsreise begeben und Räume wahrnehmbar machen, die uns sonst in den Anstrengungen, der Betriebssamkeit und Hektik des Alltags verschlossen bleiben.

Ich brauche gar nicht mit einer Komsum- Kapitalismus- und Kommerzialisierungskritik zu kommen, um für mich zu erkennen, dass diese Dimension des Advents gerade in der Adventszeit viel zu kurz kommt.

Schauen Sie sich dazu als ein Beispiel nachfolgendes Bild an. (Geht das überhaupt ‘in Ruhe’?!)

Vergleichen Sie dir Wirkung dieses Bildes mit der Wirkung des ersten Bildes.
Welches Bild tut Ihnen geistig-spirituell mehr gut?

Bild von Gerhard Gellinger auf Pixabay

‘Adventliche’ Weihnachtszeit

Die Überschrift scheint ebenfalls paradox.
Aber ich selber erlebe die Zeit nach den Weihnachtsfeiertagen mehr als adventlich geprägte Zeit, wo Geist und Sinne zur Ruhe kommen können, als die eigentliche Adventszeit vor ‘Heilig Abend’.

Da läuft doch was gründlich schief, wenn ich zwischendurch den Gedanken in mir wahrnehme:

Ich bin froh, wenn die Adventszeit mit ihrer reizüberflutenden Geschäftigkeit bald vorbei ist.

Einer meiner Lieblingstexte in dieser Zeit ist ein Gedicht von Joseph von Eichendorff, dass auch als Lied vertont wurde: “Oh du stille Zeit”:

O du stille Zeit,
Kommst, eh wir´s gedacht
über die Berge weit,
über die Berge weit
Gute Nacht!

In der Einsamkeit
rauscht es nun sacht,
über die Berge weit,
über die Berge weit,
Gute Nacht!

Text: Joseph v. Eichendorff (1788-1857)

Ich wünsche Ihnen noch einige besinnliche und gesegnete Adventstage! Machen Sie das Beste draus!

Bild von Shahariar Lenin auf Pixabay



Hinter den Dingen I

Bild von Michael Gaida auf Pixabay

Wenn ich zur Ruhe komme, sehe ich einen Tisch und dahinter die Menschen, die den Tisch gemacht haben.

Wenn ich zur Ruhe komme, sehe ich Fenster und Türen und dahinter die Menschen die sie gemacht haben.

Wenn ich zur Ruhe komme, sehe ich Häuser und Städte und dahinter die Menschen, die sie gemacht haben.

Wenn ich zur Ruhe komme, sehe ich Blumen und Bäume und Tiere und Menschen und dahinter G’tt, der alles gemacht hat.