In erschreckend vielen Fällen sexualisierter Gewalt – gerade auch durch kirchliche Mitarbeiter – schauen wir immer noch viel zu wenig auf die Opfer und auf das grenzenlose Leid, dass die Opfer/Betroffenen auch noch nach Jahren oder Jahrzehnten erleben!
Das ist oft denen nicht bewusst, die so nonchalance die Opfer/Betroffenen übergehen und ihnen kein Wort und keine Gedanken widmen. Warum? Unsensiblität oder Ignoranz?!
Das werde ich nie verstehen und auch niemals akzeptieren! Denn das ist ein Skandal!
Anmerkung: Ich verwende hier gleichzeitig die Begriffe „Opfer“ und „Betroffene“. Die Menschen, die sexuellen Missbrauch erfahren haben, verwenden – aus unterschiedlichen Gründen – entweder den einen oder anderen Begriff. Für die Verwendung dieser beiden Begriffe gibt es berechtigte Gründe. Indem ich beide Begriffe benutze, möchte ich deutlich machen, dass ich es den Betroffenen/Opfern überlasse möchte, welche Begriff sie für sich angemessen empfinden.
Wen würde es wundern, wenn ich von mir sagen würde: dieses Bild ist für mich ein wirklich adventliches Bild? – Sie vielleicht?
Dieses Bild drückt für mich die adventliche Sehnsucht am heutigen dritten Adventssonntag aus. Es steckt so viel darin, was wir eigentlich vom christlichen Ursprung her mit dem Advent verbinden.
Stille
Als Erstes ist es die Stille, die dieses Bild so eindrucksvoll zum Ausdruck bringt. Selbst wenn es ein Bild mit Ton wäre, würden wir ‚Stille‘ spüren und ‚hören‘. Es scheint paradox, aber Stille ist nicht wirklich klang- und tonlos. Es gibt immer etwas, was auch in der Stille zu hören ist. Stille und Geräuschlosigkeit sind verschieden. Ich muss es Ihnen nicht in Worte fassen. Sehen Sie sich selbst einmal dieses Bild an, versetzen Sie sich selbst in die Lage, Sie würden da an diesem Pier stehen oder sitzen; in warmer Kleidung oder eine kuschelige Decke eingehüllt … Was hören Sie nun in der Stille…?
Weite
Als Zweites fällt mir die ‚Weite‘ auf, die von diesem Bild ausgeht. Auch das ist irgendwie paradox, denn wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt einer Realität. Wir sehen vielleicht in der Breite gut 10 Meter. Was direkt daneben ist, wissen wir nicht. Aber gerade dieser Fokus auf diesen kleinen Ausschnitt ermöglicht uns vor unserem geistigen Auge, Weite und Tiefe zu ahnen. So ist es auch, wenn wir uns in der Winterzeit z.B. in einen Raum zurück ziehen, der nur schwach erleuchtet ist, vielleicht nur mit einer kleinen Lampe und einer Kerze auf dem Tisch. Der sonst im Hellen besehene größere Raum verkleinert sich optisch. Dadurch nehmen wir auch weniger wahr und werden auf weniges fokussiert. Diese ‚Sichtfeldeinschränkung‘ hat auch den angenehmen Nebeneffekt: sie schützt uns vor Reizüberflutung. Der optisch kleinere Raum kann einer geistigen Weite förderlich sein. Und eine solche ähnliche Wirkung hat es auch, wenn wir dieses Bild betrachten.
Advent = Weite und Stille durch Fokussierung
Das ist für mich eine wesentliche Seite des Advents; wenn wir durch eine äußere und geistliche Fokussierung uns auf eine spirituelle Erfahrungsreise begeben und Räume wahrnehmbar machen, die uns sonst in den Anstrengungen, der Betriebssamkeit und Hektik des Alltags verschlossen bleiben.
Ich brauche gar nicht mit einer Komsum- Kapitalismus- und Kommerzialisierungskritik zu kommen, um für mich zu erkennen, dass diese Dimension des Advents gerade in der Adventszeit viel zu kurz kommt.
Schauen Sie sich dazu als ein Beispiel nachfolgendes Bild an. (Geht das überhaupt ‚in Ruhe‘?!)
Vergleichen Sie dir Wirkung dieses Bildes mit der Wirkung des ersten Bildes. Welches Bild tut Ihnen geistig-spirituell mehr gut?
Die Überschrift scheint ebenfalls paradox. Aber ich selber erlebe die Zeit nach den Weihnachtsfeiertagen mehr als adventlich geprägte Zeit, wo Geist und Sinne zur Ruhe kommen können, als die eigentliche Adventszeit vor ‚Heilig Abend‘.
Da läuft doch was gründlich schief, wenn ich zwischendurch den Gedanken in mir wahrnehme:
Ich bin froh, wenn die Adventszeit mit ihrer reizüberflutenden Geschäftigkeit baldvorbei ist.
Einer meiner Lieblingstexte in dieser Zeit ist ein Gedicht von Joseph von Eichendorff, dass auch als Lied vertont wurde: „Oh du stille Zeit“:
O du stille Zeit, Kommst, eh wir´s gedacht über die Berge weit, über die Berge weit Gute Nacht!
In der Einsamkeit rauscht es nun sacht, über die Berge weit, über die Berge weit, Gute Nacht!
Text: Joseph v. Eichendorff (1788-1857)
Ich wünsche Ihnen noch einige besinnliche und gesegnete Adventstage! Machen Sie das Beste draus!
Heute Morgen, am 07. Dezember 2019 las ich in der Laudes das folgende Schriftwort aus dem Matthäus-Evangelium:
„Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ (Mt 9, 36)
In selten gekannter Weise hat mich heute dieses Schriftwort angerührt. [Es gibt offensichtlich Zeiten, da einem wohlvertraute Schrifstellen des Evangeliums in ganz neuer Weise ansprechen; dann haben sie mir offenbar Neues zu sagen oder vor Augen zu stellen.] Wenn so etwas bei mir passiert, dann frage ich mich meist, warum mich gerade jetzt/heute diese Schriftstelle in einer neuen Weise anspricht?
Unverständliche Worthülsen
Ein Auslöser war wohl auch ein Text eines Seelsorgers in einer Gemeindepublikation, den ich in diesen Tagen gelesen habe. Mir fiel an diesem Text auf, dass er nur so von theologischen Begriffen und Fachsimpeleien stotzte, obwohl es kein theologischer Fachaufsatz, sondern eher ein geistlicher Text für Gemeindemitglieder sein sollte.
Und ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass mich dieser Text ärgerte. Es ärgerte mich, weil mein Kollege so an den Menschen vorbei schrieb. Es ärgerte mich, dass er nicht die Chance nutze, die Menschen anzusprechen: in ihrem ganz konkreten Leben mit einer ganz konkreten und lebensbezogenen Sprache.
„… fott domet …!“ (kölsche Mundart)
Ich legte dann aber diesen Text beiseite und beachtete ihn nicht (mehr). [Ich gehe übrigens davon aus, dass viele Gemeindemitglieder ihn auch nicht beachten werden, weil er für sie nicht relevant ist. Dazu aber später mehr!]
… und wenn der Geist (nach-)wirkt …
Als ich also heute Morgen diesen Text aus dem Matthäus-Evangelium las, kam mir wieder der Text aus der Gemeindepublikation in den Sinn. Offenbar gibt es eine innere Verbindung zwischen meinem damaligen Ärger und dem heutigen Wort aus der Heiligen Schrift.
Deshalb ließ ich diesen Text aus dem Matthäus-Evangelium noch einmal auf mich wirken und mir vielen einige Formulierungen auf:
Collage: Gerd Wittka, 2019
Jesus sieht die Menschen
Hier und an anderen Stellen im Evangelium fällt mir immer wieder auf, dass davon berichtet wird, dass Jesus die Menschen ’sieht‘; er sieht sie an und schafft ihnen somit ein AN-SEHEN.
Das Ansehen ist aber nicht nur etwas, was dem Menschen geschenkt wird, der angesehen wird. Es ist auch ein zutiefst akiver Vorgang desjenigen, der ansieht. Das bedeutet, dass Jesus in der Beziehung zu den Menschen immer sehr aktiv ist. Seine Richtung ist -> ‚auf die Menschen zu‘.
dass er ihre Sehnsüchte und Suchbewegungen, auch geistlich wahrnimmt.
…
Ich stelle mir diesen biblischen Jesus als einen Menschen vor, dem ’nichts Menschliches fremd ist‘. Und da, wo er unbekanntes Terrain betritt, lässt er sich darauf ein; vielleicht lässt er sich auch überraschen von dem, was er selbst auch neu entdecken kann auf seiner ‚Reise zu den Menschen‘.
Jesus hat ‚Mitleid‘
Quelle: www.pixabay.com
Bei den Menschen zu sein, ihnen nahe zu sein und ihre Themen und Bedürfnisse zu kennen oder sie zumindest zu erfahren, das bewirkt Mitleid bei Jesus. Und dieses Mitleid, diese Empathie, setzt etwas in Bewegung, machmal sogar buchstäblich, wenn Lahme wieder gehen können. Es setzt – neben der körperlichen Befreiung von Gebrechen – aber immer auch eine umfassendere Befreiung in Gang: Befreiung von den Fesseln des alten Lebens, Befreiung von der Erfahrung nicht verstanden zu werden, Befreiung von erfahrenem Missbrauch und Heilung von Verletzungen. Und in den Auferweckungsgeschichten wird deutlich: Jesus schafft Möglichkeiten für ein neues Leben, dass sich lösen kann vom Alten und Hergebrachten.
Die Zielrichtung muss stimmen ….
Wenn wir das Beispiel Jesu vor Augen haben, dann kann das nicht ohne Konsequenzen für unsere Seelsorge in dieser Zeit und hier in Deutschland bedeuten. Seelsorge bedeutet heute, die Themen der Menschen an sich heran zu lassen, sich mit den Fragen der Menschen auseinandersetzen zu wollen und in ihr ganz konkretes Leben hinein, Begleitung anzubieten. Dieses Angebot muss aber auch von der Bereitschaft gestützt sein, die Wege der Menschen mitgehen zu wollen und nicht ihnen sagen zu wollen, wohin sie zu gehen haben. Seelsorge muss immer eine mitgehende Seelsorge sein.
Quelle: wwwlpixabay.com
Für die grundsätzliche Haltung eines/einer jeden SeelsorgerIn bleibt das nicht ohne grundlegende Erkenntnis. Eine meiner Erkenntnisse daraus (auch angesichts des bevorstehenden Weihnachtsfestes) ist:
Wir müssen eine Seelsorge von den Menschen aus entwickeln, nicht von Gott aus. Gott kann für sich selber sorgen. Der Mensch bedarf eines fürsorglichen Gottes. Nur deshalb war es sinnvoll, dass Gott selber in Jesus von Nazareth Mensch wurde.
In den heutigen Texten des TeDeums finde ich als ‚Ora et Labora‘-Text ein Zitat, das mich noch einmal bestärkt:
„Lehren, mein lieber, junger Mann, das ist kein Spaß. Gottes Wort, das ist glühendes Eisen. Und du willst es lehren, indem du es mit der Zange anfasst, um dir die Finger nicht zu verbrennen? Du willst nicht mit beiden Händen danach greifen? Dass ich nicht lache.„ (George Bernanos, 1888-1948, französischer Schriftsteller, zitiert nach „TeDeum, Dezember 2019, S. 69)
Ja, dieses Wort macht mir Mut, denn auch ich entdecke konkrete Themen, die mich in meinem seelsorglichen Alltag als Krankenhaus-Seelsorger berühren. Da sind die Themen, die sich durch die Übernahme eines katholischen Trägers zum 01.01.2020 an eine schweizerische Holding ergeben. Es sind Themen und Unsicherheiten der Mitarbeitenden und wie wir uns als Krankenhaus-Seelsorger da positionieren.
Mit wird deutlich, dass wir in diesen Fragen und in der Begleitung von Mitarbeitenden nicht unkonkret bleiben können. Wir werden uns sicherlich auch dabei mindestens die Hände, wenn nicht sogar ‚das Maul‘ verbrennen und verbrennen müssen.
Und wenn sich andere darüber ärgern, dann ist das für mich nur eine Bestätigung, dass wir in der Sendung und Nachfolge Jesu nicht auf den falschen Weg sind, denn der Weg der Nachfolge Jesu und der Seelsorge für die Menschen heute und ganz konkret, ist ein steiniger Weg, wenn er eine Seelsorge meint, die für die Menschen relevant ist.
Jesus und Zachäus
„Wer Herzen für sich einnehmen will, weiß, welche Kräfte wohlmeinende Beachtung entfesseln kann.“
Bezug: Lukas 19, 1- 10
Liebe Schwestern und Brüder,
ist es nicht toll, was Jesus so bei dem Menschen erreichen kann? – Es gelingt ihm, das Leben des Zachäus positiv zu verändern und zugleich den Menschen zu helfen, die von Zachäus übers Ohr gehauen wurden.
Ich beneide Jesus oft um diese Gabe. Und ich würde ihn gerne fragen: „Jesus, wie machst du das?“
Vielleicht würde er, der lateinischen Sprache mächtig, mit dem Zitat Julius Cäsars im Telegrammstil antworten: „Veni, vidi, vici!“ – „Ich kam, sah, und siegte!“
Sicherlich, Jesus ist hier in keine Schlacht gezogen. Doch wenn wir sein Leben als einen „Kampf für die Sache Gottes“ oder als einen „Kampf für das Gute“ verstehen, dann können wir sicherlich dieses Zitat stehen lassen.
• Im Evangelium heißt es: „Und nach Jericho gekommen, wollte er hindurch ziehen…“ (Übersetzung nach Fridolin Stier) Jesus war nach Jericho gekommen. Vielleicht nicht ganz unbeabsichtigt. Aber er wollte hindurch ziehen, so heißt es in der Übersetzung. Jesus hatte offensichtlich nicht die Absicht in Jericho zu bleiben. Jesus kam also nach Jericho, weil es offensichtlich auf der Strecke seiner Wanderung lag. Und auf diesem Weg kommt es zu einer Zufallsbegegnung mit Zachäus. Damit es überhaupt zu dieser heilsamen Begegnung zwischen Jesus und Zachäus kommen kann, muss Jesus sich auf den Weg machen. Auch wenn die Bibel an vielen Stellen berichtet, dass die Leute sich auch auf den Weg zu Jesus machten, zeigt das heutige Evangelium, dass Jesus sich auch auf den Weg zu den Menschen gemacht hat. Damit konnte er diejenigen erreichen, die nicht zu ihm kamen, aber trotzdem der Heilung bedurften.
Ist dies nicht auch ein wertvoller Gedanke, wie wir heute als Christen in der Welt leben sollen? Natürlich kommen noch einige Leute zu uns: in die Kirche, in unsere Veranstaltungen und auch zu unseren Seelsorgern. Doch dabei dürfen wir es nicht beruhen lassen. Das Beispiel Jesu ist eine schöne Einladung an uns heute in der Kirche: sich auf den Weg zu machen zu den Menschen, die wir sonst nicht erreichen würden, wenn wir uns nur darauf verlassen, dass die Menschen zu uns kommen.
Auf diesem Weg sieht er Zachäus. Der hatte offensichtlich davon gehört, dass Jesus in der Stadt war. Und er hatte vielleicht auch schon die vielen Berichte über Jesus gehört. Also war er neugierig; wollte Jesus sehen. Doch von kleiner Statur bleib ihm nichts anderes übrig, als einen Platz in den Bäumen zu suchen, um Jesus zu sehen.
Er sitzt also auf dem Baum und entdeckt Jesus. Doch das ist nicht alles. Auch Zachäus wird von Jesus entdeckt. Jesus geht offensichtlich mit offenen Augen und wachem Herzen seinen Weg. Die Menge um ihn herum hindert ihn nicht daran, auch die randständigen Personen wahrzunehmen.
Jesus erscheint uns hier als ein Mensch mit einem wachen und geschulten Bewusstsein für das, was um ihn herum geschieht. Und er nutzt seinen Blick, um die anfängliche Beziehung herzustellen: „Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf ….“
Das Schauen, der Blick, die Beachtung scheint also ein ganz wichtiges Kriterium für heilsame Begegnung zu sein.
Vor Jahren entdeckte ich im modernen Antiquariat ein Buch mit dem Titel: „Die magische Kraft der Beachtung – Sehen und gesehen werden!“
Und in diesem Buch lese ich mehr zufällig den Satz: „Wer Herzen für sich einnehmen will, weiß, welche Kräfte wohlmeinende Beachtung entfesseln kann.“
Genau aus diesem Bewusstsein handelt Jesus, in diesem Bewusstsein setzt er seine Wanderung fort: er gewinnt die Herzen der Menschen, in dem er ihnen wohlmeinende Beachtung schenkt.
Liebe Schwestern und Brüder, wir kennen, wie bedeutsam die Beachtung sein kann. Stellen Sie sich nur einmal die alltäglich Situation vor: Sie gehen durch die Straße und sehen einen Bekannten. Doch der sieht Sie nicht, würdigt Sie augenscheinlich keines Blickes. Und Sie spüren, wie der Gedanke in Ihnen hochkommt: „Was ist denn mit dem los? – Habe ich ihm was getan? Ist der sauer auf mich?“
Unbeachtet zu sein, setzt manchmal ein ungutes Gefühl in uns frei. Wer ständig nicht beachtet wird, wird auf Dauer daran leiden.
Und umgekehrt: wer wohlwollende Beachtung erfährt, fühlt sich aufgewertet. Er ist wer! Wer wohlwollend – nicht herablassend – beachtet wird, dessen Herz kann man für sich gewinnen.
Nichts anderes macht Jesus heute mit Zachäus.
Und wie ist es mit unserer Achtsamkeit? Haben wir es uns zur Tugend gemacht, den anderen Menschen wohlwollende Beachtung zu schenken?
Wenn wir darin noch nicht genügend eingeübt sind, dann sollten wir dem heutigen Beispiel Jesu folgen.
Diese Achtsamkeit Jesu führt noch zu einem anderen Verhalten: Jesus lädt sich bei Zachäus als Gast ein.
Ja, er sagt dem Zachäus: „Denn heute muss ich in deinem Haus zu Gast sein!“
Eigentlich wollte Jesus Jericho durchziehen. Doch die Begegnung mit Zachäus lässt ihn andere Prioritäten setzen. Er spürt: hier ist heute mein Ort. Heute bin ich hierhin von Gott gesandt, um seine Liebe deutlich werden zu lassen.
Prioritäten setzen – das ist heute oft ein Zauberwort, wenn es um die Frage geht: Was soll ich als Nächstes tun?
Prioritäten setzen heißt: sich für das Notwendigere zu entscheiden!
Darin liegt bestimmt eine Problematik: nicht immer verstehen andere Menschen, unsere Entscheidung, was momentan das Wichtigere ist. Ich bin sicher, auch Jesus wurde darin oft nicht verstanden.
Was, wenn Jesus auf dem Weg in einen anderen Ort war und man ihn schon dort erwartet – und er kommt nicht? Das wird lange Gesichter geben. Vor einiger Zeit konnte ich eine ähnliche Erfahrung machen: Jemand beschwerte sich bei mir über einen anderen Seelsorger, der eigentlich versprochen hatte, diesen Menschen zu besuchen, doch nicht kam.
Anschließend entschuldigte sich dieser Seelsorger für den verpassten Termin mit dem Hinweis, dass er zu einem anderen Menschen gehen musste, dem es schlechter ging. Ich sah die Enttäuschung im Gesicht desjenigen, der sich bei mir beschwerte: „Bin ich denn nicht wichtig?“
Prioritäten zu setzen, sich zu entscheiden was wichtiger ist, darf nicht immer darauf hoffen, von anderen auch verstanden zu werden.
Aber wenn ich etwas als notwendig erkenne, dann ist es im wahrsten Sinne des Wortes auch manchmal „heilsam“.
Jesus hat sich so gegenüber Zachäus verhalten und hatte Erfolg.
Dadurch, dass Jesus sich
• auf den Weg machte,
• sich eine Achtsamkeit für die Menschen am Rande des Weges behielt und
• sich auch nicht um die Entscheidung bringen ließ, sich für das Wichtigere zu entscheiden,
konnte er für Zachäus und auch für die Menschen, die schlechte Erfahrungen mit diesem Zöllner gemacht hatten, zum Segen werden.
So siegte Jesus auf der ganzen Linie.
Und ich glaube ferner, dass dieser Weg zum Erfolg im Sinne Jesu auch für uns nicht ganz unmöglich ist.
Vielleicht müssen wir nur diese drei Worte verinnerlichen: VENI – VIDI – VICI ! „Ich kam, sah … und siegte!“
Literaturhinweise: Irmtraut Tarr Krüger, Die magische Kraft der Beachtung – Sehen und gesehen werden, Herder-Verlag, Freiburg, 2.2001, 172f. Lk 19,1 zitiert nach: Das Neue Testament, übersetzt von Fridolin Stier, München, 1989