Weihnachten 2024

Gott sieht uns an und schenkt uns (S)ein Ansehen

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Aus meiner Weihnachtsansprache (Gottesdienstteilnehmenden erhalten einen Bildabzug):


Diese Krippendarstellung im Kirchenfenster ist farbenprächtig und naiv gestaltet.
Bunte Farben dominieren, ohne die dunkle, kalte Nacht, in der das Kind in Betlehem geboren wurde.

Die Szene wird von Blau und Grün bestimmt: Blau symbolisiert Himmlisches, Göttlichkeit, Harmonie und Hoffnung; Grün steht ebenfalls für Hoffnung sowie für Ruhe, Gelassenheit und Fruchtbarkeit.

Es gibt keinen Hinweis auf die Schwierigkeiten, die Maria und Josef bei der Suche nach einer Unterkunft für die Geburt hatten.
Stattdessen wirken ihre Gesichtszüge entspannt, fast meditativ.

Die Farben Blau und Grün verleihen dem Bild eine Atmosphäre von Ruhe und Gelassenheit.
Ebenso steht Blau für die Hoffnung; sie spiegelt sich in zweierlei Hinsicht wider: zum einen die weltliche Hoffnung auf eine gute Zukunft für das Kind, zum anderen die göttliche Hoffnung auf Erlösung, die in diesem Kind Fleisch geworden ist.

Gelb, das für Wärme und Licht steht, umgibt das Kind und rückt es ins Zentrum.
Rot, die Farbe von Leben und Liebe, ist dezent im Bild verteilt, jedoch allgegenwärtig und symbolisiert die allumfassende Liebe.

Der Fokus liegt auf dem neugeborenen Christus.

Die Darstellung ist bewusst unrealistisch: Kein Neugeborenes kommt mit offenen Augen zur Welt, kann gezielt seine Hände bewegen oder den Kopf heben.

Dies deutet die zukünftige Bestimmung des Kindes an.
Der Zeigefinger Christi verweist weder auf Maria noch auf Josef, sondern durch sie hindurch in den Himmel – auf Gott, von dem das Heil und die Rettung kommt.

Besonders hervorzuheben ist der Blick des Kindes, der den Betrachter direkt trifft. Während Kinder normalerweise ihr Umfeld mit den Augen erkunden, ist es hier der Blick Jesu, der die persönliche Beziehung zu jedem Betrachter betont. Christus sieht uns an.

(…)

An Weihnachten, mit der Geburt des Mensch gewordenen Gottessohnes, erfahren wir, dass wir in Gottes Augen wichtig sind.
In dem Weihnachtslied ‚Ich steh an deiner Krippe hier‘ heißt es an einer Stelle: „Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht sattsehen.“

Hier wird eine Szene gebildet, wo wir Christus anschauen und er uns.
In diesem Moment kommen wir ihm ganz nahe und dürfen ihn mit unseren Augen sehen.
In dieser Begegnung mit dem Kind dürfen wir einfach „sein“ – ohne uns verstellen zu müssen.
In den Augen dieses göttlichen Kindes schaut uns Gott mit seiner ganzen Liebe an und zeigt uns: Du bist in meinen Augen ganz wichtig!

Ich glaube, dass das genau das Weihnachtsgeheimnis ist: Gott schenkt uns Ansehen.
Auch wenn wir oft das Gefühl haben, im Alltag nicht wahrgenommen oder übersehen zu werden, an Weihnachten erfahren wir, dass Gott uns liebt und uns wertschätzt.
Weihnachten will für uns das Bewusstsein wecken, dass Gott die ganze Menschheit und jede und jeden Einzelnen von uns als geliebte Kinder annimmt, ohne dass wir etwas tun oder leisten müssen.

In dieser Nacht wird deutlich: wir sind nicht nur irgendeine Person, sondern jemand, den Gott liebt und wertschätzt.
Er schaut uns mit einem Blick der Güte und Liebe an.

Selbst wenn wir uns wieder in unseren Alltag stürzen, dürfen wir wissen, dass Gottes Blick uns begleitet und uns tief in unserem Innersten erreicht.

Papst Franziskus sagte einmal: „Wir alle wurden mit göttlichem Erbarmen angeschaut.“

An Weihnachten dürfen wir spüren, dass Gott uns mit seinem Blick in sein göttliches Erbarmen hüllt.
Dieser Blick ist ein Geschenk, das uns auch in den Tagen nach Weihnachten begleiten soll.
Denn vor Gott sind wir nicht nur ein Gesicht in der Menge – bei IHM sind wir einzig-artige geliebt und wertvoll.




Merry chrismas

Ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest wünsche ich allen …

und Frieden den Menschen überall auf der Erde.
Möge die Liebe über den Hass siegen und die Kräfte von Hass und Gewalt überwunden werden.
Mögen jene, die das Leid der Menschen für ihre menschenfeindliche Ideologie missbrauchen verstummen und ihre Hetze nicht auf fruchtbarem Boden fallen.


Bild: Krankenhaus-Kapelle des ev. Johanniter-Krankenhauses in Oberhausen. Finanziert und dekoriert von der evangelischen und katholischen Krankenhaus-Seelsorge, copyright: Gerd A. Wittka, 2024




4. Adventssonntag – C – 2024

Im heutigen Evangelium hören wir von Maria, die sich auf den Weg macht.
Sie ist jung, schwanger und hat viele Fragen, aber sie vertraut fest.

Ihr Ziel ist Elisabet, eine Frau, die wie sie selbst ihren Glauben, ihre Freude und auch ihre Unsicherheiten mit sich trägt.
Obwohl die beiden Frauen sehr unterschiedlich sind, treffen sie sich in einer tiefen und heiligen Verbindung, weil sie beide eine große Verheißung in sich tragen.

Maria zeigt uns, wie wichtig es ist, sich auf den Weg zu machen, auch wenn man Fragen oder Freude im Herzen hat.
Haben wir solche Menschen in unserem Leben?
Menschen, die uns verstehen, mit denen wir unsere Freude teilen oder unsere Sorgen teilen können?
Und sind wir vielleicht auch für andere ein solcher Mensch?

Als Maria Elisabet begrüßt, passiert etwas Besonderes: Ein einfacher Gruß wird zu einem Moment der Begegnung mit Gott.
Elisabet wird vom Heiligen Geist erfüllt, und das Kind in ihrem Bauch springt vor Freude.

Welche Kraft steckt in einem Gruß, einem Wort, einem Blick!
Sind wir uns bewusst, dass unsere Haltung und unsere Worte anderen Freude bringen können?
Ein Lächeln, ein gutes Wort oder einfach da zu sein – all das kann ein kleines Wunder bewirken.

In der letzten Fastenzeit haben meine evangelische Kollegin und ich eine Aktion im Johanniter-Krankenhaus gemacht. Wir gingen mit Smiley-Ansteckern zu den Mitarbeitenden und luden sie ein, die Fastenzeit zu nutzen, um einander mehr Aufmerksamkeit zu schenken – durch einen Gruß, ein Lächeln oder ein gutes Wort.
Die Aktion kam gut an, weil die Menschen spürten, wie wohltuend es ist, wenn wir füreinander da sind.

Zurück zum Evangelium:
Elisabet erkennt in Maria die Mutter des Herrn. Ihre Freude kommt aus ihrem Glauben.
Sie sieht nicht nur Maria, sondern auch Gottes Wirken in ihr.
Diese Freude steckt an und verbreitet sich wie ein Licht.

Die Frage, die uns das Evangelium heute stellt, lautet:
Bin ich offen für Gottes Handeln – in meinem Leben und im Leben anderer?
Lasse ich mich von der Freude des Glaubens berühren?

Maria ist für uns ein Vorbild. Sie vertraut auf Gottes Verheißungen, auch wenn ihr Weg unklar ist. Elisabet sagt: „Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr gesagt hat.“ Dieses Vertrauen ist der Schlüssel zur Freude, die Maria trägt und mit Elisabet teilt.

Auch wir stehen immer wieder vor Gottes Verheißungen in unserem Leben.
Erkennen wir sie?
Können wir uns freuen, auch wenn wir noch nicht alles verstehen?
Und haben wir Menschen, mit denen wir unsere Freude und unseren Glauben teilen können?

Lassen wir uns von Maria und Elisabet inspirieren: Machen wir uns auf den Weg, begegnen wir einander mit offenen Herzen und tragen wir die Freude Gottes in die Welt.
Denn die Freude, die aus dem Glauben kommt, ist nicht nur für uns gedacht.
Sie soll anstecken, leuchten und andere ermutigen.




Gaudete 2024

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„Freut euch!“ sagt Paulus.
Das klingt schön, aber was, wenn man sich gar nicht danach fühlt?
Wenn man trauert, gemobbt wird, krank ist oder Weihnachten vor der Tür steht, man aber keine Freude empfinden kann?
Freude kann man doch nicht einfach befehlen oder erzwingen!
Was meint Paulus also damit?

Paulus sitzt im Gefängnis, als er diese Worte schreibt.
Er rechnet mit Folter oder sogar dem Tod.
Trotzdem ermutigt er die Menschen in Philippi: „Freut euch dennoch!“
Er spricht von einer tiefen inneren Haltung, nicht von oberflächlicher Fröhlichkeit.
Paulus meint: Seht nicht nur das Negative, bleibt gelassen und lasst euch nicht unterkriegen – trotz aller Schwierigkeiten.

Paulus sagt: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!“
Diese Freude entsteht aus dem Vertrauen, dass wir zu Gott gehören und in ihm geborgen sind – wie ein Kind im Mutterleib.
Egal, was passiert, Gott ist bei uns.
Paulus erinnert uns: Ob wir leben oder sterben, wir gehören Gott.

Es gibt Menschen, die keine Freude mehr empfinden können.
Ihr Leben scheint nur aus Mühe und Sorgen zu bestehen.
Ihre Gesichter sind voller Falten, sie klagen und auch der Glaube wirkt wie eine Last.
Solchen Menschen zu sagen: „Freut euch!“ klingt sinnlos, aber genau sie brauchen diese Botschaft am meisten.

Andere Menschen strahlen Freude aus, auch wenn sie schwere Zeiten durchgemacht haben.
Diese Freude kommt von innen und zeigt sich in einer positiven Lebenseinstellung.
Genau diese Haltung meint Paulus.
Freude lässt sich nicht erzwingen, aber man kann sie lernen.

Freude ist wie ein Licht, das wir schützen müssen.
Viele Dinge können sie zerstören: Neid, Streit, Sorgen oder Unzufriedenheit.
Diese negativen Einflüsse sind wie ein Glas, das Licht erstickt, oder wie Steine, die auf die Flamme drücken.

Um Freude zu bewahren, können wir versuchen, folgende Impulse in unserem Leben umzusetzen:

  1. Lerne, dich selbst zu mögen und dir etwas zuzutrauen.
    Wir sollten genießen können – wer nicht genießen kann, wird ungenießbar. Gut zu denken, zu handeln und andere gelten zu lassen, schenkt innere Zufriedenheit.
  2. Sorgen gehören zum Leben, aber sie dürfen uns nicht beherrschen.
    Denken wir an den großartigen Satz Jesu: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch Ruhe verschaffen.“ (Mt 11,28).
    Wer seine Sorgen Gott hinhält, der lässt sie los und gibt damit der Freude Platz und Luft.

Wer Freude sich trägt, wird auch Frieden finden – mit sich selbst, mit anderen und mit Gott. Paulus verspricht: „Der Friede Christi, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und Gedanken bewahren.“

Ich wünsche uns allen Mut und Kraft, diese Freude im Alltag zu leben. Sie hat die Macht, alles Schwere zu verbannen und das Wertvolle hervorzubringen. Vielleicht können wir so auch Weihnachten mit neuen Augen betrachten.




10.12.2024

Erschöpfter Mann mit Long-Covid
Erschöpfter Mann – Long-Covid

In der Nacht von Sonntag auf Montag habe ich nur vier Stunden schlafen können.
Beruflicher Termin am Montag war um 10.30 Uhr, den ich aber nicht pünktlich wahrnehmen konnte.
Ich musste mich gegen 09.00 Uhr noch mal etwas hinlegen.

Für 14.00 Uhr war in Gelsenkirchen eine Unterrichtsstunde in Stimmbildung geplant; doch die musste ich vorsorglich absagen.
Als ich gegen 13.30 Uhr wieder zuhause war, ging gar nichts mehr.
Ich habe mich ins Bett gelegt und fast zwei Stunden geschlafen.
Dadurch werden meine Tage löchrig wie ein Schweizer Käse und vor allem auch ’sehr kurz‘.
Abends die Probe unseres Chores habe ich dann auch abgesagt.
Ja, bei den beiden kommenden Terminen kann ich sowieso nicht mitsingen, aber allein das Proben macht mir viel Freude.

Ich bin für meine Sozialkontakte schon eine Zumutung – und das macht es mir auch nicht leichter.
Ich denke da an meine evangelische Kollegin im Krankenhaus, aber auch an meine privaten Kontakte.
Bis jetzt machen sie das noch alle mit. Dafür bin ich dankbar.

In der vergangenen Nacht dann wieder nur fünf Stunden geschlafen. Komme heute nicht richtig in die Gänge, versuche aber immer zwischendurch kleinere Aufgaben zu erledigen. Dazu gehört auch die morgentliche Routine im Bad.

Danach wieder etwas verschnaufen.

Heute bekam ich ein Angebot, an einer Selbsthilfestudie für Long-Covid-Patient:innen teilzunehmen.
Ich habe erklärt, dass mich die Studie interessiert und bin gespannt und hoffe, dass ich daran teilnehmen kann und ich dadurch auch Impulse für meinen eigenen Umgang mit der Erkrankung bekomme.




Verdunstung

Immer wieder höre ich, dass der christliche Glaube in unserer Gesellschaft verdunste und an Bedeutung verliere.

Manchmal wird das sogar mit populistischen Haltungen verknüpft, die vor einer Entchristlichung unserer Gesellschaft zu Gunsten anderer Religionen oder Weltanschauungen warnen.

Nur:
Dann muss auch die Frage erlaubt sein, woran es auf der Seite derer liegen könnte, die sich selber Christ:innen nennen?

Die Bezeugung und Verkündigung des christlichen Glaubens ist nicht allein Aufgabe der Kirchen!

Ich möchte ein Beispiel aus meiner persönlichen Erfahrungswelt nehmen.

Wenn Einrichtungen, die selber nicht kirchlich sind, aber von Namen nach suggerieren, auf einer christlichen Basis zu arbeiten, keinen Deut bereit sind, minimalste Anstrengungen zu machen, um auch nach außen hin zu zeigen, dass sie für den christlichen Glauben stehen, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass das Christliche an Bedeutung verliert.

Gerade in den sogenannten ‚geprägten Zeiten‘ wir Advent und Weihnachten gibt es gute Möglichkeiten auf die Christlichkeit der eigenen Einrichtung hinzuweisen.
Und gerade in Zeiten, wo nichtchristliche Symboliken in solchen Zeiten Überhand nehmen, ist es um so wertvoller, wenn man auf die genuinen christlichen Symbole aufmerksam macht.

Dazu gehören für mich in diesen Zeiten solche Symbole wie Adventskränze, aber auch später Weihnachtsbäume und sogar Weihnachtskrippen.

Natürlich reichen solche Zeichen nicht aus, wenn sie nicht auch mit praktizierter christlicher Haltung in ihrer Glaubwürdigkeit bestärkt wird.
Aber mit solchen einfachen Zeichen wäre schon mal ein Anfang gemacht, der auch die Herzen der Menschen berührt.

Adventliche Gestaltung einer Krankenhaus-Kapelle

Hermann Gröhe