Wir befinden uns in chaotischen und verrückten Zeiten. Zeiten, in denen Menschen aus ideologischen oder religiösen Gründen Hass und Hetze verbreiten. Dabei wäre es möglich, anders zu leben.
Ein bedeutendes Werk der Aufklärung ist „Nathan der Weise“ von G.E. Lessing. Das Herzstück dieses Dramas ist die berühmte ‚Ring-Parabel‘. Viele von euch haben sie vielleicht schon in der Schule gelesen oder gehört.
Die Parabel zeigt, wie die drei großen abrahamitischen Weltreligionen: Judentum, Christentum und Islam, friedlich zusammenleben können. Dabei müssen sie ihre eigenen Überzeugungen nicht aufgeben, sondern können die des anderen akzeptieren und respektieren.
Heute habe ich einen sehr guten Blog-Beitrag gelesen, der sehr eindrucksvoll über dieses Thema schreibt.
Ich könnte es nicht besser ausdrücken. Deshalb verlinke ich diesen Beitrag hier und hoffe, dass ihn Viele lesen.
Yael Deckelbaum spricht selber über ihr Friedensprojekt:
Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe
Impuls zum 30. Sonntag – A – 2023 (Mt 22, 34-40)
Du sollst Gott lieben! Wie aber kann ich Gott lieben?
Wer lieben will, muss sich vorbehaltlos auf den anderen einlassen. Liebe unter dem Vorzeichen: „Ich liebe dich, wenn…“ oder „Ich liebe dich, aber …“ wird selten gut gehen!
Das ist so zwischen Menschen und das ist so auch in der Beziehung zu Gott.
Doch wir hören oft: „Ich kann nicht an Gott glauben, der das und das zulässt.“
Wir, die wir solche Worte schon einmal gehört oder sogar selber gesagt haben, wissen in der Rückschau, dass solche Worte fast immer aus Krisen heraus gesagt werden. Da gab es einen großen dramatischen Schicksalsschlag in der eigenen Umgebung. Mir oder mir nahestehenden Menschen ist was sehr tragisches widerfahren. Vielleicht sogar eine Erfahrung von Gewalt oder Tod. Oder wir nehmen Nachrichten aus aller Welt auf, die uns erschüttern und wir eigentlich nur unsere Augen mit unseren Händen bedecken wollen, um nichts sehen zu müssen. Wir werden Zeug:innen brutalster Taten.
Deshalb bin ich der Letzte, der für solche Worte kein Verständnis hat. Manches erscheint so widersinnig und unmöglich mit Gottes Willen oder Gottes Wirken in Einklang zu bringen!
Nur, sollten wir mal versuchen, bei diesem Wort nicht stehen zu bleiben, sondern weiter zu denken:
Wenn ich schon nicht an Gott glauben kann, weil er vermeintlich das und das zulässt, wie will ich ihn dann gar lieben?
Oder anders ausgedrückt: Wer fest davon überzeugt ist, dass er an Gott nicht glauben kann, weil er dies und das zulasse, der wird Gott kaum jemals lieben können.
[Nur als kleine Ergänzung: Ich habe ja schon in der Vergangenheit darüber gesprochen, dass Menschen Gott vorwerfen, er würde dies und das Schlimme zulassen. Ich habe in der Vergangenheit schon darüber gesprochen, dass es nicht Gott ist, der Schlimmes zulässt, sondern der Mensch. Deshalb möchte ich darauf heute nicht näher eingehen.]
Ich möchte vielmehr weiter der Frage nachgehen, wie es sich mit der Liebe zu Gott verhält und welche Hürden vielleicht zu nehmen sind, um da hin zu kommen.
Glaube – Hoffnung - Liebe
Glaube, Hoffnung, Liebe – diese drei, sagt Paulus im Korintherbrief. Doch das Größte sei die Liebe. (vgl. 1.Korinther 13,13)
Vielleicht lässt sich aus dieser Aufzählung auch eine logische Reihenfolge bilden: Glaube – Hoffnung – Liebe. Wenn das wirklich stimmt, dann kommt zuerst der Glaube an Gott und dann die Liebe zu Gott!
Denn die Liebe zu Gott kann sich nur entwickeln, wenn ich an Gott glaube: • wenn ich versuche ihm in meinem Leben auf die Spur zu kommen. • wenn ich versuche, eine echte und authentische Beziehung zu ihm zu suchen und zu pflegen. • wenn ich bereit bin, mich auf ihn und auf seine Botschaft einzulassen, wie Jesus Christus es uns lehrt.
Die Liebe zu Gott ist selten der Anfang unserer Beziehung zu Gott. Ihm liegt meist schon ein gereifter Beziehungsweg zwischen mir und Gott und umgekehrt zu Grunde. Gott lieben zu wollen und zu können, setzt also einen Weg, ein Beziehungsgeschehen voraus, dass schon getan wurde.
Und das ist schon schwer genug, vor allem, wenn wir in bestimmten Situationen Gott die Verantwortung und die Schuld für schlimme Erfahrungen und Ereignisse zuweisen.
Jetzt könnten wir hier meinen: Wenn ich lerne, Gott für all das Übel in der Welt nicht verantwortlich zu machen, dann ist meine Chance ja größer, an ihn zu glauben und ihn zu lieben.
Ja, das mag sein. Nur: Das Ziel: Gottesliebe und ….mehr!
Es wird ja noch doller: Jesus sagt: „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen,… „ (vgl. Mt 5,44)
Das ist doch krass, was Jesus da von uns fordert, oder?
Wenn ich schon nicht an Gott glauben kann, der vermeintlich dies und das zulässt, und wenn ich ihn dann auch nicht lieben lernen kann, wie will ich dann meinen Feind lieben können?!
Bei mir liegt es, ob ich das ganze Übel der Welt Gott zuschreibe oder in die Schuhe schiebe oder nicht. Aber es sieht doch ganz anders aus, wenn ich für einen Teil des Übels in der Welt konkrete Situationen oder gar Menschen aus machen kann. Und noch persönlicher wird es, wenn ich selber durch das Handeln mir bekannter Menschen Übel und Böses erfahre.
Kann Jesus mir dann zumuten, auch diese Menschen zu lieben?! Bin ich bereit, mich zumindest ernsthaft und diesen Anspruch zu stellen – auch wenn ich diesem Anspruch nicht immer gerecht werden kann, weil die persönlichen Verletzungen und Verwundungen mich daran hindern? Gibt es einen möglichen Ausweg aus dieser Überforderung?
Eine Möglichkeit wäre, mehr und mehr zu glauben, dass Gott nichts Böses für uns will. ER will nicht Leid und Not, nicht Schuld und das Unglück, nicht meins, nicht deins, nicht unsers!
Dazu kommt die gläubige Überzeugung, dass Gott, das Heil aller Menschen will, dass er jeden retten will.
Wenn ich diese Maximen annehme, weil Jesus Christus selber davon Zeugnis abgelegt hat, dann kann ich auch damit beginnen, eine liebende Einstellung zu jenen einzunehmen, die mir oder anderen nichts Gutes antun.
Ohne dieses Thema ausschöpfend behandelt zu haben, möchte ich an dieser Stelle enden mit einem Text von Beatrix Senft.
Gott des Mitleids
uns wurde verkündet du bist der Gott des Mitleids
deine Anteilnahme an uns unermesslich
genau wie deine Barmherzigkeit deine Liebe deine Milde für unser Versagen deine Vergebungsbereitschaft
uns wurde verkündet du verschonst uns vor dem ewigen Tod
du hast uns in Jesus ein Beispiel gegen wir sollen ihm folgen
und
meine Tür geht auf
was davon werde ich
da draußen wirklich leben
???
(c) Beatrix Senft 2023, in Predigten zum 29. Okt. 2023 – 30. Sonntag im Jahreskreis (A) | Predigtforum.com
Ich weiß, dass dieses Thema eine der größten Herausforderungen für den christlichen Glauben darstellt. Deswegen bin ich offen für Gedanken, Anregungen und Kommentare zu diesem Impuls!
Am Ende: Devotionalien
Ein altes, verrottendes Holzkreuz! Wo hat es gestanden? An einem Weg? Auf einem Friedhof? Nun liegt es da, zwischen den Büschen und verrottet vor sich hin. Dieses Bild ist ein Symbol für viele andere religiöse Gegenstände, wie Kreuze, Heiligenfiguren, Rosenkränze, …!
Wenn jemand einen Haushalt einer Person auflösen muss, die einen religiösen Hintergrund hat, dann wird man mit dieser Frage automatisch konfroniert:
Wie gehe ich mit alten oder kaputten Devotionalien um? Wie ‚entsorge‘ ich sie ‚richtig‘? Was mache ich mit Gegenständen, die gesegnet sind, aber die keiner mehr haben will?
Wer sich wegen dieser Frage auf die Suche im Internet macht, wird nicht wirklich befriedigende Antworten finden.
Offenbar tut man sich mit dieser Frage schwer, selbst Geistliche geben da mitunter keine zufriedenstellende Antwort.
Das ist schon verrückt, irgendwie! Sehr gerne kommen wir der Frage nach, religiöse Gegenstände, Figuren und Symbole zu segnen. Aber was anschließend mit ihnen geschieht, wenn sie ‚ihre Aufgabe erfüllt haben‘, da werden wir einsilbig.
Und das finde ich unfair! Denn wer Dinge und Gegenstände in Verkehr bringt oder benutzt, sollte auch wissen und sich sicher sein, wie man diese Dinge angemessen entsorgt.
Deshalb möchte ich mich dieser Frage hier heute widmen, auch deshalb, weil ich immer wieder die Bitte höre, doch den einen oder anderen religiösen Gegenstand resp. Devotionalien in Empfang zu nehmen, weil die Besitzer:innen dafür keine Verwendung mehr haben, aus welchen Gründen auch immer ….!
Gesegnet heißt nicht ‚geweiht‘
Um vorab mit einem falschen Verständnis aufzuräumen:
„Gesegnet heißt nicht geweiht!“
Gegenstände, die gesegnet werden, kennen wir alle: Kreuze, Anhänger, Heiligenfiguren, aber auch Autos, Wohnungen und Häuser, …
Sogenannte ‚Sachbenediktionen‘, also die Segnung von Gegenstände, kennen wir, wenn es um die Frage des Gebrauchs geht.
Segnen wir Kreuze, Rosenkränze, Heiligenfiguren oder -bilder, Weihwassergefäße, …, dann handelt es sich um Gegenstände, die uns in unserer Spiritualität, unserem geistlichen Leben dienen sollen. Die Betrachtung eines Kreuzes oder einer Ikone zum Beispiel soll mir beim Gebet helfen und mein Blick auf ein Kreuz soll mich in meinem Alltag daran erinnern, dass wir erlöst wurden. Heiligenbilder sollen uns daran erinnern, dass Glaube Bedeutung haben kann für das ganz persönliche und konkrete Leben oder dass christlicher Glaube gelingen kann – mit allen dazugehörenden Brüchen. Ein gesegneter Rosenkranz soll uns daran erinnern, dass die Zeit, die wir uns für das Gebet nehmen, eine gesegnete Zeit ist und der Rosenkranz mehr ist als bloßer Schmuck.
Ein gesegnetes Auto oder ein gesegnetes Haus/eine gesegnete Wohnung (vielleicht noch versehen mit einem Kreuz oder der bekannten Christophorus-Plakette im Auto) soll uns daran erinnern, dass wir bei der Nutzung dieser Sachen sorgsam, verantwortlich und aus dem christlichen Geist heraus, diese Dinge nutzen sollen. Im Straßenverkehr gelten für uns Christ:innen nicht nur die gesetzlichen Regeln sondern auch unser christliches Menschenbild und unser Verständnis von der Schöpfung als Gott gegebenes Geschenk. Wir werden daran erinnert, als Christ:innen diese Gegenstände in rechter Weise zu nutzen und einzusetzen: im Straßenverkehr vorsichtig und sich rücksichtsvoll verhalten, auch Aspekte der Ökologie und des Umweltschutzes beachten (-> Bewahrung der Schöpfung). In der Wohnung oder im Haus christliche Gemeinschaften zu pflegen.
Gesegnete Gegenstände werden also nicht dem profanen, dem alltäglichen Gebrauch entzogen, sondern sie sind gerade dafür bestimmt. Oder um es anders auszudrücken: Gesegnete Gegenstände werden mit einem ‚Vorzeichen‘ versehen, das uns auf den christlichen Gebrauch und christliche Werte bei der Verwendung hinweisen will.
Fällt also die Verwendung und der Gebrauch gesegneter Gegenstände weg, so dürfen, ja müssen sie vielleicht sogar, entsorgt werden.
Beispiel: gesegnetes Fahrzeug
Ein Auto wurde gesegnet, weil die nutzende Person dieses Auto nutzen möchte, ohne dass damit Schaden für sich selber oder für andere angerichtet wird. (Das das in Fragen der Ökologie nicht ganz unproblematisch ist, steht auf einem anderen Blatt und soll hier nicht vertieft werden.)
Nun kommt das Auto nicht mehr über den TÜV und muss verschrottet werden. Keiner würde auf die Idee kommen, dieses Auto nicht verschrotten zu lassen, weil es ja gesegnet worden war! Aber wir werden uns auch bei diesem letzten Schritt die Frage stellen müssen: wie entsorgen wir dieses Fahrzeug, damit es keinen Schaden anrichtet? – Eine wilde Müllkippe zu nutzen, würde sich aus ökologischen und auch aus religiösen Gründen verbieten. Wer also einen gesegneten Gegenstand entsorgen will, wird sich erst recht mit der Frage beschäftigen, wie dieser Gegenstand, auch unter christlichen Aspekten entsorgt wird.
Ich hoffe, das leuchtet ein!
Damit kommen wir aber zu einem Problem:
Gesegnete Gegenstände als Grab-Beigabe
Immer wieder hört und liest man, dass gesegnete Gegenstände, wie Kreuze oder Rosenkränze ja auch dem Grab einer verstorbenen Person beigegeben werden könnten, nach dem Motto: Gesegnete Gegenstände in ‚gesegneter‘ Erde!
Hört sich erst einmal gut an, ist aber nicht immer gut, wie ich finde!
Ökologisch handeln!
Denn, die Frage ist: was wir den Gräbern beigeben?
Ohne Zweifel – so sagte mir mal ein Friedhofsgärtner – sind Friedhöfe unsere gepflegtesten Sondermüll-Deponien (wenn man allein daran denkt, wieviel Medikamentenreste oder andere Gifte im menschlichen Körper durch die Bestattung mit ‚entsorgt‘ werden!)
Geben wir also ‚gesegnete‘ Gegenstände einem Grab bei, dann bitte auch darauf achten, aus welchem Material diese Gegenstände sind! So sind viele Rosenkränze recht billig, teilweise aus Kunststoffperlen oder synthetischen Kordeln gefertigt. Längst bestehen alle Rosenkränze nicht mehr aus Baumwollkordeln und Holzperlen!
Gesegnete Gegenstände, die also nicht als Grabbeigabe ökologisch verantwortlich verrotten können, gehören meines Erachtens nicht mit ins Grab! Sie gehören fachgerecht und umweltfreundlich entsorgt.
Wenn wir uns diese Haltung aneignen, dann finden wir auch den Schlüssel dazu, wie wir grundsätzlich mit gesegneten Gegenständen umgehen können, die an das Ende ihrer Verwendungszeit gekommen sind.
Gesegnete Gegenstände sind nach meinem christlichen Verständnis so zu entsorgen, dass sie auch jetzt noch keinen Schaden anrichten, auch in ökologischer Hinsicht.
So gehören gesegnete Autos in eine ökologisch-nachhaltige Autoverwertung und wo möglich in weiten Teilen recycelt. Das gleiche gilt auch für Häuser, deren Abriss und Entsorgung der verschiedensten Baumaterialien und Komponenten. Wenn ich mir diese Haltung zu eigen mache, dann ist es auch vertretbar, gesegnete Gegenstände, die ohne sachgerechte Entsorgung ökologischen Schaden anrichten können, einer nachhaltigen Entsorgung oder Verwertung zuzuführen, also z.B. in den Hausmüll zu werfen, damit später ein Recycling oder eine umweltverträgliche Verwertung möglich ist.
Unter diesen Aspekten ergibt sich aus der Segnung bestimmter Gegenstände auch nach ihrem bestimmungsmäßigen Gebrauch noch ein weiterer Aspekt bei der Entsorgung, der auch wesentlich etwas mit der Segnung dieses Gegenstandes zu tun hat:
Ein ökologisch nachhaltiger Umgang mit gesegneten Gegenständen nach dem Ende ihrer aktiven Verwendungszeit!
Ich persönlich finde, da darf und sollte man die ganze Bandbreite einer pietätvollen und ökologischen Entsorgung auch für ‚gesegnete‘ Gegenstände nutzen; verbunden mit dem tiefen Gefühl von Dankbarkeit, Achtung und Respekt davor, was diese Gegenstände für Menschen in ihrer Spiritualität bedeutet haben, die sie einmal dafür genutzt haben. Dies kann man zum Beispiel ja auch dadurch ausdrücken, dass man z.B. Holzkreuze, die nicht mit Schadstoffen behandelt wurden, verbrennt oder – wenn man sie dem Hausmüll zuführt – eigens liebevoll und ökologisch verpackt in die Tonne wirft und nicht – um es mal sehr deutlich auszudrücken – zusammen in einem Beutel mit benutzten Windeln entsorgt. (Um nur ein konkretes Beispiel zu nennen!).
www.pixabay.com
Für mich persönlich ist es deshalb auch möglich und sinnvoll, Bibeln dem Altpapier zuzuführen (wenn sie z.B. nicht schädigend verbrannt werden können), denn nicht das gedruckte Wort macht das Wort Gottes heilig, sondern das Wort Gottes in seinem Geistes ist heilig; Papier und Farbe sind hingegen nur irdische, innerweltliche Mittel (wie ein anderes das Hören des Wortes Gottes ist), mit denen dieses Wort Gottes uns ‚buchstäblich‘ geistlich und intellektuell zugänglich wird.
Ich habe für mich erkannt:
Wie wir bei der Entsorgung religiöser und gesegneter Gegenstände umgehen, zeigt auch, welchem Respekt und welcher Ehrfurcht wir ihrem früheren Gebrauch und Einsatz entgegenbringen. Und das ist für mich das Entscheidende bei dieser Thematik.