„Es geht mir gut…“

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Heute Nacht hatte ich einen Traum.

Ich sah meinen Bruder Eric, der am 13.10.2013 gestorben war. Sein Gesicht war so klar und so vertraut, wie ich es zu seinen irdischen Lebzeiten kannte.



Und er sprach nur einen Satz zu mir: „Es geht mir gut!“

Danach erwachte ich. Als ich auf die Uhr schaute, war es genau 3.00 Uhr!

Ist das nicht eigenartig; ein solcher Traum am frühen Morgen des Allerheiligen-Tages?!




‚Dänische Art‘

… so haben wir in unserem Urlaub eine Zubereitungsart ‚getauft‘, die uns eine schmackhafte Mahlzeit bescherte und kaum Arbeit macht.



Die Zutaten bestehen aus beliebigem Gemüse, das man mag. Bei uns gehören dazu: Süßkartoffeln, Möhren, Zucchini, Paprika, Tomaten, Broccoli, Blumenkohl, Fenchel, Gemüsezwiebeln Auberginen, Rosenkohl,…

Wer mag, kann auch Fleisch dazu nehmen.

Das Gemüse wird in Würfeln geschnitten oder bei Blumenkohl und Broccoli kleine Röschen. Rosenkohl lassen wir ganz.

Zum Garen verwende ich eine Auflaufform aus Glas mit Glasdeckel.

Das Gemüse, was besonders fest ist oder intensiver gegart werden muss, kommt nach ganz unten (Süßkartoffeln, Möhren, Fenchel,…). Das andere Gemüse in Schichten darüber.

Dann etwas Kräuterbutter in Flöckchen drauf verteilen und zum Schluss 1/2 bis 1 Ltr. Gemüsebrühe darüber gießen. Je mehr Wasser das Gemüse hat, um so weniger Brühe braucht man.

Glasdeckel drauf und ab in den noch nicht vorgeheizten Backofen auf mittlerer Schiene.

Bei ca. 160 Grad Umluft ca. 45 Minuten garen lassen, evtl. etwas länger.

Auf Tellern anrichten und ggfs. mit geriebenem Käse bestreuen.

Ein bekömmliches und gesundes Essen. Guten Appetit!


Alle Fotos: © Gerd Andreas Wittka, 2021




So einfach wie möglich …

Predigt zum 31. Sonntag – 2021

Schriftstelle: Mk 12, 28-34

Mezuzah mit dem Schema Jisrael (hebräisch שְׁמַע יִשְׂרָאֵל šma‘ yiśra’el; deutsch ‚Höre, Israel!‘) – www.pixabay.com

Liebe Schwestern und Brüder,

unser Leben und unsere Welt ist ganz schön kompliziert geworden – so jedenfalls erfahren es viele Menschen in unserer Zeit.

So viel Neues wirkt auf uns ein: unterschiedliche Themen, die in Staat, Kirche und Gesellschaft diskutiert werden, wie Klimawandel, Corona-Pandemie, soziale Gerechtigkeit, Digitalisierung, …

Manchen ist das einfach zu viel und sie drängen auf einfache Anworten.



Jeder würde zustimmen, dass es sinnvoll ist, es den Menschen so einfach wie eben möglich zu machen.

Doch die Sehnsucht, es immer besonders einfach und mundgerecht zu bekommen, birgt auch eine Gefahr in sich.
Wir können das insbesondere im politischen Alltag sehen.

Vereinfachung kann zu einer mangelnden Unterscheidung führen.
Vereinfachungen machen aus einer bunten, vielfältigen Welt eine eintönige Schwarz-Weiß-Landschaft.

Eine solche Haltung birgt die Gefahr einer Ideologisierung und messerscharfen Abgrenzung; es gibt starre Grenzen und keine fließenden Übergänge mehr.

Von Albert Einstein soll der kluge Satz stammen:

„Mache die Dinge so einfach wie möglich, aber nicht einfacher“.

Gilt dieses Anliegen auch in religiösen Dingen?

Ich denke, in gewisser Weise schon.

Im Laufe der beiden letzten Jahrtausende haben sich im Christentum, und hier insbesondere in der römisch-katholischen Kirche eine Fülle von Regelungen und Vorschriften eingeschlichen.
Ursprünglich entstanden aus sehr konkreten Alltagsfragen, wurden Antworten niedergeschrieben, Konzilien abgehalten, Dekrete erlassen und nicht zuletzt auch verschiedene Katechismen bis hin zum sogenannten Lasterkatalog.

Die Menschen – so meinte man – bräuchten eher klare Ansagen, als irgendwelche grundlegenden Aussagen, die sie dann mit ihrem Verstand und dem Wirken des Heiligen Geistes in ihr konkretes Leben übersetzen können.

Nicht selten wurden und werden immer noch deshalb manche Katholik:innen zu Skrupulant:innen, in der Sorge, sich nicht ausreichend genug nach den vielen verschiedenen Regeln gehalten zu haben.

Es scheint einen Zusammenhang zu geben, zwischen der Komplexität unserer Umwelt, die wir tagtäglich erfahren und dem Wunsch nach klaren Regeln, damit man sich nicht länger als nötig mit bestimmten Fragen des Christseins auseinander setzen muss.

„Mache die Dinge so einfach wie möglich, aber nicht einfacher“, so könnte man das vielleicht umschreiben, wir Jesus sich im heutigen Evangelium verhält.

Als Jesus heute von einem Schriftgelehrten nach dem ersten Gebot gefragt wurde, antwortet Jesus – ganz aus jüdischer Tradition heraus – mit dem „schema Israel“: „Höre, Israels, der Herr, unser Gott ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele…“.
Und dann fügt er hinzu:
„Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.“

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Wenn wir diese Aussage Jesu vergleichen mit den Traktaten von Vorschriften und Verordnungen aus der Kirche, dann erkennen wir einen gravierenden Unterschied.

Nicht die bis ins kleinste Detail erörterten Fragen und deren Antworten sind es, worauf es beim Christsein ankommt.
Das wäre so einfach: aufschlagen, lesen, verinnerlichen und danach handeln.

Mit seiner Antwort liegt Jesus eigentlich ganz im Gedankengang von Albert Einstein.
Seine Antwort ist so einfach; aber zugleich ist es sie auch nicht.

Denn seine Antwort muss von den Menschen mit gläubigen Herzen aufgenommen und verstanden werden.
Nur dann kann eine solche allgemeine Aussage auf unseren Lebensalltag herunter gebrochen werden. Nur dann müssen wir uns selber immer wieder mit konkreten und neuen Sachverhalten auseinander setzen und dort auch eine christliche Position einnehmen.

Dies geht aber nur, wenn wir uns immer wieder neugierig und staunend mit den Fragen beschäftigen: wie konkret wird Gottesliebe und Nächstenliebe in meinem Leben umgesetzt?
Genau so wichtig ist auch die Beantwortung der Frage: In wieweit liebe ich mich selber so, dass ich andere Menschen lieben kann?

„Mache die Dinge so einfach wie möglich, aber nicht einfacher“.

Ich denke, das ist ein Gedanke, den wir aus dem heutigen Evangelium mitnehmen können:

Wenn das Leben um uns herum zu kompliziert und vielschichtig wird, können wir uns auf das Wesentliche besinnen, um dann davon unser Christsein und Handeln abzuleiten.




Aufstehen, um für sich einzustehen

Textgrundlage: Eine heilsame Begegnung zwischen Jesus und dem blinden Bartimäus

Ich habe meine eigene, persönliche Geschichte mit dem heutigen Evangelium.
Es ist das Evangelium, das wir uns zu unserer Diakonenweihe 1993 ausgesucht haben.
Später, an meiner ersten Kaplanstelle habe ich vertretungsweise Religionsunterricht in der 3. und 4. Klasse gegeben. Da stand dann im dritten Schuljahr auch dieses Evangelium auf dem# Lehrplan und wir arbeiteten damals mit den wirklich sehr prägnanten Bildern aus der Neukirchener Kinderbibel von Kees de Kort.

Irgendwie hat mich dieses Evangelium immer wieder berührt und begleitet. Und erst sehr viel später wurde mir klar, was mich daran so begeistert.

Begegnung – Foto: www.pixabay.com

Es ist diese kurze Geschichte einer Begegnung zwischen Jesus und einem Mann, die das Leben dieses Mannes von Grund auf veränderte. Urplötzlich werden die Ereignisse geschildert, aber sie haben trotz ihrer Radikalität nichts Beunruhigendes. Diese Begegnung verändert zumindest das Leben des Bartimäus von einer Sekunde auf die andere, doch:
Die Radikalität der Ereignisse führt nicht zu einer Krise, sondern zu einer großen heilsamen Wendung im Leben des Mannes.



Ich denke, wir können für uns viel aus diesem Heilungswunder mitnehmen, und zwar, wenn wir uns an die Stelle des blinden Mannes setzen, aber auch, wenn wir an die Stelle Jesu treten.

Es lohnt sich, einige Teile gleichsam wie unter einem Spotlicht zu betrachten.

Wir erfahren von Jesus, dass er mit seinen Jüngern in Jericho war und nun die Stadt verlassen.
Wir können davon ausgehen, dass sie auf dem Weg nach Jerusalem waren, denn in Kapitel 11 erfahren wir, dass sie in Jerusalem angekommen sind.
Die Strecke Jericho – Jerusalem sind über 40 km und führt durch sehr trockene, fast wüstenhafte Gegend; südlich von Jericho beginnt das Tote Meer.

Israel – Wüste – Foto: www.pixabay.com

Wer also Jericho zu Fuß verließ, musste wissen wohin er geht und sich für die Strecke gut vorbereiten.
Will man die Strecke an einem Tag schaffen, muss man schon recht zügig und ohne große Pausen laufen.
Auf dieser Strecke kommt es am Weg zur Begegnung mit dem blinden Bartimäus.

Bartimäus erfährt nur vom Hörensagen, dass da Jesus bei ihm vorbei kommt. Doch was er von Jesus sonst noch gehört hat, lässt in ihm unmittelbar die Hoffnung aufsteigen, hier jetzt die Chance seines Lebens nutzen zu können.
„Jetzt oder nie“, wird er sich vielleicht gedacht haben. Und mit ganzer Kraft ruft er Jesus.

Die Begleiter Jesus wissen, dass man zügig auf dem Weg bleiben sollte, damit das Ziel Jerusalem gut zu erreichen ist. Wollen sie deshalb den Bartimäus abschütteln?

Doch Jesus lässt sich ansprechen, lässt sich unterbrechen und ruft Bartimäus her.

Das erinnert mich manchmal an Situationen im eigenen Leben: da ist was geplant, vorbereitet und auf einmal kommt etwas Unerwartetes, so unerwartet, dass man es vielleicht als Störung empfinden.
Unsere Pläne würden über den Haufen geworfen, wenn wir uns dem Unerwarteten zuwenden würden.
Wie sind wir dann eher drauf? Die Störung vermeiden, das Unerwartete buchstäblich links liegen lassen?

Jesus hat die Freiheit, sich ‚stören‘ zu lassen und so kommt es zu dieser folgenreichen Begegnung.

Vielleicht kennen wir auch so etwas: wir haben geplant, doch etwas Unerwartetes, vielleicht auch eine nicht angekündigte Begegnung, bringt uns von unserem Plan ab. Wir lassen uns ein und erkennen, dass diese Begegnung sehr gut und wichtig war.

Manchmal erlebe ich im Krankenhaus solche Begegnungen, wenn ich unterwegs durchs Haus bin. Da spricht mich eine Mitarbeiterin oder ein Patient an, oder buchstäblich beiläufig kommt es zu einer Begegnung, zu einem kurzen Gespräch, von dem ich den Eindruck habe, es war gut, auch für meinen Gesprächspartner.
Wir nennen das in Seelsorge-Kreisen auch manchmal „Seelsorge zwischen Tür und Angel“.

Bei Jesus hören wir oft von solchen ‚beiläufigen‘ Begegnungen „zwischen Tür und Angel“, die nicht lang, aber oft nachhaltig und folgenreich sind.

Als die Umherstehenden der Intervention Jesu nachgeben, rufen sie dem Bartimäus zu: „Hab Mut! Steh auf! Er ruft dich.“

Das ist schon das erste Wunder in dieser Erzählung. Jene, die auf Planerfüllung drängten werden von Jesus ermutigt, auch mal Fünfe gerade sein zu lassen.

Ich nehme ihnen ihr „Hab Mut!“ ab. Ich nehme ihnen ab, dass Jesu Verhalten auch sie schon verändert hat und sie offener gemacht hat für diesen Augenblick.

„Hab Mut“ – ich glaube, das ist auch ein wichtiges Wort in dieser Erzählung.
Da gibt es Situationen, die wollen wir beherzt angehen und starten auch den ersten Schritt. Dann kann es geschehen, dass wir auf einmal Angst vor der eigenen Courage bekommen. Wie gut, wenn dann da Umstehende sind und sagen: „Mensch, jetzt geh aber auch den Weg weiter für den du dich entschieden hast“. „Jetzt nicht den Schwanz einziehen und den Rückzug antreten!“
Ich danke für solche Menschen, die mir dann sagen: „Hab Mut!“

Und dann kommt es noch zu einer ganz wichtigen Passage in dieser Begegnung.
Jesus fragt den Bartimäus: „Was willst du, das ich dir tue?“
Hätte Jesus sich das nicht denken können? Die Menschen haben doch von den Heilungswundern Jesu gehört. Da ist es doch naheliegend, dass der BLINDE Bartimäus wieder sehen will, oder?

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Ja, es ist naheliegend.
Und vielleicht ahnte und wusste Jesus schon, was Bartimäus von ihm wollte. So hätte er sich diese Frage eigentlich auch sparen können.

Aber nein! Es geht nicht nur darum, dass Jesus erfährt, was Bartimäus will, sondern es geht vielmehr um Bartimäus selber.
Denn durch die Frage: „Was willst du, das ich dir tue!“ sichert Jesus diesem Mann seine Souveränität und Autonomie zu.

Wie oft wird Bartimäus erfahren haben, dass andere sich um ihn gekümmert und gesorgt haben. Sie haben es vielleicht oft gut mit ihm gemeint und für ihn gehandelt, in dem Bewusstsein, zu wissen, was ihm guttut oder was er braucht.

Doch dahinter steckt auch eine Gefahr, nämlich die Gefahr der Bevormundung oder gar Entmündigung.

Jesus macht es nicht so. Er sagt Bartimäus nicht, was er braucht, sondern er fragt Bartimäus, was er bräuchte.

Was für einen gewaltigen Unterschied es machen kann, anstelle etwas zu sagen, etwas zu fragen!

Auch hier erfahren wir wieder einmal mehr, wie es Jesus um den Menschen geht: er stellt den Menschen in die Mitte seiner Sorge, er stellt Menschen auf die eigenen Beine, er lässt die Menschen für sich selber spüren und klären, was sie brauchen.
Das alles hat etwas mit Ansehen, Respekt und Würde zu tun.

Und so kann das Wunder geschehen: Menschen werden heil, weil sie erkennen und benennen können, was unheil in ihrem Leben ist.

Menschen stehen für sich ein, weil sie für sich aufzustehen lernen und darin auch noch ermutigt werden.

Was für ein Evangelium und was für eine Botschaft für uns, auch für uns als Kirche!

Nicht Ansagen und Vorschriften oder Regeln sind das Wichtigste, was wir den Menschen unserer Zeit mitgeben können, sondern echte personale Begegnung, die den Menschen in den Blick nimmt, die seine Würde bewahrt, ihnen Achtung und Respekt entgegen bringt und sie sich selber klar werden lässt, was sie brauchen und was ihnen zum Heil und zur Heilung dient.




„Bei euch aber soll es nicht so sein…“

Predigt zum 29. Sonntag im Jahreskreis – 16./17.10.2021

Lesungstext: Markus-Evangelium, Kapitel 10, VV. 42-45

Wissen Sie, wie man unter Seelsorgerinnen und Seelsorgern eine lebhafte Diskussion anfachen kann?
Man muss als Kollege einfach nur mal den Satz fallen lassen: „Wir sind doch alle Dienstleister!“

Dienstleister



Schon werden sich spontan welche finden, die so in etwa sagen: „Nein! So kann man das nicht sagen! Wir können uns nicht sehen wir andere Dienstleistungsunternehmen, deren Leistung man so einkaufen kann.“
Andere wiederum sagen: „Doch, wir sind auch Dienstleister:innen, aber wir sind nicht – wie kommerzielle Dienstleister – wirtschaftlich Handelnde. Unser Dienst wird nicht vom „Kunden“ bezahlt (abgesehen von Gebühren, die für bestimmte kirchliche Handlungen vorgenommen werden).“

Ohne hier diese Diskussion weiter präsentieren zu wollen, glaube ich, dass diese Diskussion sehr gut unter dem Licht des heutigen Evangeliums betrachtet werden kann.

Ich selber bin davon überzeugt, dass wir als Seelsorgende durchaus Dienstleister:innen sind, aber sicherlich nicht im kommerziellen Sinne.

Jesus selbst formuliert die Nachfolge als einen Dienst, wenn er im Johannesevangelium in Kapitel 12,26 sagt:
„Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein.“
Nachfolge Christi ist für ihn also ganz klar ein Dienst an dem Herrn.

Der frühere französische Bischof von Évreux, Jaques Gaillot, schrieb mal ein Buch mit dem Titel:
„Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts!“

Allein dieses Zitat ist geeignet, sich in einer geistlichen Übung mit dem Verständnis des Dienstes der Kirche und der in ihr tätigen Seelsorgenden zu beschäftigen.
Ich vertrete ganz klar die Auffassung, dass unsere Aufgabe ein Dienst ist und das unsere seelsorgliche Leistung eine Dienst-Leistung ist und zwar in dem oben genannten Verständnis von Nachfolge Christi.

Heute hören wir zugleich von Jesus einen zweiten Aspekt seiner Sendung: „Denn der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“

Der Herr Jesus Christus versteht sich also zugleich als Diener!
Jesus Christus versteht sich also in einer Art Doppelrolle, als HERR, dem jene dienen, die ihm nachfolgen wollen und zugleich als Diener, um sich selber FÜR andere aufzuopfern.

Problematisch wird es nur, wenn jene, die ein Amt in der Kirche ausüben, dieses Doppelverständnis Jesu auch auf sich selber übertragen, nämlich Diener und Herren zugleich sein zu wollen!

In unserer Zeit erfahren wir mit aller Wucht, welche Bedrohungen von so einem Selbstverständnis in der Vergangenheit ausgegangen ist und heute auch noch immer möglich ist.
Ich möchte nur einige Stichworte nennen, die es – bis in unserem heutigen Sprachgebrauch – benennen:
„Hochwürdiger Herr“ „Hochwürden“„Pfarrer“ = Pfarrherr, „Monsignore“ = mein Herr, „Prälat“ = der Vorgezogene, „Eminenz“ = der Herausragende, ….

Dies alles sind – noch – gebräuchliche Anreden und Titel in unserer Kirche, die von ihrem Wesen her automatisch mit Macht verbunden werden und die den Unterschied zu anderen in Kirche und Gemeinde buchstäblich zementieren.
Solche Titel und Bezeichnungen bergen auch die Gefahr, das Bewusstsein derer zu verändern, auf denen solche Titel angewandt werden oder die sogar solche Titel im alltäglichen Sprachgebrauch für sich einfordern.

Allein an diesem sprachlichen Beispiel können wir erkennen, dass wir uns in unserer Kirche dringend mit dem Thema „Macht“ beschäftigen müssen, gerade auch mit der vermeintlichen Macht der Seelsorgenden und zwar in erster Linie die der Kleriker.

Damit verbunden sind notwendige Auseinandersetzungen mit den Erfahrungen von missbrauchter Macht, die nicht nur zwischenmenschlich sondern sogar auch geistlich zu Tage tritt.

„Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und (…) ihre Macht gegen sie missbrauchen…“ – so hörten wir gerade im Evangelium.

Im Zusammenhang mit der Enttarnung sexualisierter Gewalt durch Kleriker in unserer Kirche ist das Thema „geistlicher Missbrauch“ sehr deutlich geworden.

So geht es heute nicht mehr!

Beide Themen haben zwangsläufig nichts miteinander zu tun! Sexualisierte Gewalt ist auch ohne geistlichen Missbrauch möglich und geistlicher Missbrauch geht auch ohne sexualisierte Gewalt.
Aber wenn sexualisierte Gewalt durch Kleriker ausgeübt wird, dann geht das eigentlich immer mit geistlichem Missbrauch einher.

Geistlicher Missbrauch kann dabei schon viel früher beginnen; nämlich da, wo man in der Ausübung des seelsorglichen Dienstes die ratsuchende Person manipuliert, wo man ein Verhalten oder ein Geschehen bewertet, beurteilt oder gar Personen verurteilt und dies mit einer geistlichen oder religiösen Begründung versieht.

Ich thematisierte dieses so deutlich – wenn auch nicht ausführlich, weil es den Rahmen einer Predigt immer sprengen würde -, um diese Themen im öffentlichen Raum aus der Tabu-Zone zu holen.

Denn immer noch wird darüber in unserer Kirche viel zu viel geschwiegen.

Die Medien sind voll von diesem Thema, aber es ist eine Schande, dass wir vor Ort uns kaum offensiv mit diesem Thema des Missbrauchs – ob sexuell oder geistlich – beschäftigen.

Noch immer gibt es, auch hier bei uns in Oberhausen, die Scheuklappen vor dieser Thematik.

Da reicht es nicht aus, dass wir im Seelsorgeteam Präventionsbeauftragte haben, die dieses Thema bis in die Basis bringen wollen. Die Widerstände auch in unserer Pfarrei, sich dem Thema Vorbeugung zu stellen, sind noch allzu sichtbar.

Sie merken, liebe Schwestern und Brüder,
das heutige Evangelium hat – wenn wir es ernst nehmen und in unseren Alltag in der Kirche herunterbrechen – eine explosive Brisanz.

Denn es geht nicht nur um die Frage, welchen Platz wir einst im Himmel einnehmen werden. Es geht vielmehr darum, ob wir ehrlich und glaubwürdig hier auf Erden und zum Wohle der uns anvertrauten Menschen uns breit mit diesen Themen beschäftigen, bei denen es letztendlich um das seelische und geistliche Überleben von Menschen oder deren seelischen und geistlichen Tod geht.


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