Im Zeichen der Katastrophe

16. Sonntag im Jahreskreis (18.7.2021)

Ich möchte heute die Einleitung und meine Predigt zum kommenden Sonntag hier veröffentlichen.

Der Evangelienstext, der der Predigt zugrunde liegt, findet sich im Markus-Evangelium Kap. 6, Verse 30-34.

Symbolbild: www.pixabay.com



Einleitung:

Schreckschockerstarrt nehmen wir, – teilweise – fassungslos, die Meldungen der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz, in Nordrhein-Westfalen, aber auch in den Niederlanden, in Belgien und Luxemburg in diesen Tagen wahr.
Was seit fast zwanzig Jahren prognostiziert wurde, ist eingetreten: die unberechenbaren Folgen der Klimakrise haben auch uns erreicht.
Was sonst so weit weg war, berührt uns nun in der nächsten Nachbarschaft, sogar in unserem eigenen Bistum.

Zugleich bekommen wir heute im Evangelium die Einladung Jesu zu hören, zur Ruhe zu kommen, mal Pause zu machen.
Wie sehr würden sich tausende Menschen in den betroffenen Gebieten danach sehnen; doch für Wochen und Monate wird ihr Leben auf dem Kopf stehen, geprägt durch Verluste lieber Menschen, durch den Verlust von Haus und Hof und der ganzen Existenz.

Sind wir also an Beginn dieses Gottesdienstes zuallererst in Gedanken und im stillen Gebet bei den Opfern dieser Katastrophe: bei jenen, die ihr Leben lassen mussten, bei jenen, die immer noch vermisst werden, bei jenen, die ihre ganze Existenz verloren haben. Seien wir aber auch bei den unermütlichen und mutigen Helfer:innen, die mit aller Kraft versuchen, Hilfe zu leisten, wo sie scheinbar unmöglich zu sein scheint.
Seien wir aber auch bei uns und fragen uns, wo und wie wir konkrete Hilfe und Solidarität leisten können.

Kyrie:
Herr Jesus Christus, auch in den dunkelsten Stunden unserer Existenz bist du bei uns. Herr, erbarme dich unser.
Du willst uns stärken und Halt geben, wo wir haltlos zu sein scheinen. Christus, erbarme dich unser.
In deiner unendlichen Liebe erbarme dich aller, die Leid erfahren. Herr, erbarme dich unser.

Ansprache:

Liebe Schwestern und Brüder,

in diesen Tagen sind wir ZeitzeugInnen einer Umweltkatastrophe unbekannten Ausmaßes geworden. Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wurden von sintflutartigen Regengüssen getroffen, die ganze Ortschaften unter meterhohen Wassermassen begraben haben.
Bis Freitag Abend wurden mehr als 100 Todesopfer gezählt.

Nach der langen und immer noch anhaltenden Corona-Pandemie nun eine weitere Ausnahmesituation für die Menschen in den betroffenen Gebieten.

Da fällt es mir schwer, zur Tagesordnung überzugehen und ohne diese Bilder im Hinterkopf zu haben, auf die Lesungen des heutigen Sonntags einzugehen.

Wenn ich mich so in die dortige Situation hineinversetze, dann sehe ich Menschen, die am Rande ihrer Belastungsfähigkeit, am Ende ihrer Kräfte gekommen sind.

Körperlich und seelisch extrem gefordert, müssen wir uns auch sorgenvoll fragen, was die Menschen jetzt und in nächster Zeit brauchen?

Gefragt ist eine unbedingte Solidarität von uns als Gesellschaft und Staat.
Nötig ist, dass diese Menschen finanzielle Hilfen für den Wiederaufbau erhalten und auch bewohnbare Wohnungen.

Sie brauchen auch Ruhe und Erholung. Sind wir realistisch, wird das noch länger auf sich warten lassen. Es werden vielleicht Wochen oder Monate vergehen, bis diese Menschen halbwegs zurück können in ihren Alltag.
Um so wichtiger ist es aber, dass sie in dieser langen Zeit Inseln der Ruhe und Erholung finden.

Vielleicht steckt da doch eine brauchbare Botschaft im heutigen Evangelium, dass gerade Jesus denen, die an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommen, sagt: „Kommt zur Ruhe!“ – „Ruht ein wenig aus!“

Foto: www.pixabay.com

Dieses Kräftetanken ist nicht nur geboten, wenn wir in Urlaub fahren. Dieses Kräftetanken ist gerade im Alltag geboten und da besonders in Zeiten hoher Belastungen.

Die Belastungsfähigkeit und die Kraft, mit Krisen umzugehen, bezeichnen wir als Resilienz.
Eine solche Resilienz wird einerseits geprägt von den eigenen Erfahrungen, wie wir persönlich in der Vergangenheit mit Krisen umgegangen sind und sie gemeistert haben.
Resilienz wird zudem geprägt von den Erfahrungen von Solidarität durch andere, die wir in Krisen erfahren haben; sie wird geprägt von dem Vertrauen, dass wir nicht allein sind.
Sie wird darüberhinaus geprägt von den Möglichkeiten, bei aller Belastung und Anstrengung immer wieder – zumindest – ‚Inseln‘ der Ruhe und Entlastung zu finden.

Jesus lädt uns heute dazu ein: zu bestimmten Zeiten der Ruhe, in der wir zum Beispiel ins persönliche Gebet gehen oder uns vom Wort Gottes durch das Lesen von Bibelabschnitten inspirieren lassen.

Martin Luther soll einmal den Satz getan haben: „Ich habe viel zu tun, deshalb habe ich viel zu beten!“

Damit lehnt er sich an das „ora et labora“ des heiligen Benedikt in seiner Ordensregel: bete und arbeite!

In dieses Gleichgewicht zu kommen, damit wir auftanken und zur Ruhe kommen können, das ist Herausforderung und Aufgabe in unserem Leben, sei es im gewohnten Alltag und in besonders belastenden Krisenzeiten.

Quelle: www.pixabay.com

Ein Symbol, mal zur Ruhe zu kommen, die eigene Seele „parken“ zu lassen, möchte ich Ihnen heute nach diesem Gottesdienst mit geben.
Es ist keine gewöhnliche Parkscheibe.
Auf der Rückseite findet sich ein Angebot für eine kurzweilige Beschäftigung mit der Bibel.
Lassen Sie sich überraschen und im Alltag von dieser Parkscheibe zu einer kleinen Auszeit verführen.




CSD: Ökumen. Gottesdienst in Essen

Wieder Präsenzgottesdienst

In diesem Jahr können wir wieder zum ruhrpride in Essen einen ökumenischen Präsenzgottesdienst feiern.

In einem illustren Kreis von Vertreter:innen der alt-katholischen, der evangelischen und der römisch-katholischen Kirche, von ehrenamtlich Engagierten und Vertreter:innen verschiedener Organisationen haben wir wieder einen Gottesdienst vorbereitet, den wir am

Freitag, den 06.08.2021 um 18.00 Uhr in der evangelischen Marktkirche, Mark 2, Essen-Innenstadt

feiern werden.

Der Gottesdienst steht unter dem hochaktuellen Thema

„Liebe – segenswert!“.

Wir freuen uns sehr auf diesen Gottesdienst und viele Menschen, die sich – unter Coronabedingungen – in diesem Jahr zu diesem Gottesdienst wegen eines festen Platzkontingentes anmelden müssen.

Anmeldung nimmt die Aidshilfe Essen e.V. entgegen unter folgender Mailadresse: csd@aidshilfe-essen.de




Impfen – Ein Gebot der Nächstenliebe

Was vor einem Jahr noch undenkbar war, nun ist es Realität: Deutschland verfügt über genügend Impfstoffe, damit alle, die geimpft werden können auch eine Impfung erhalten können.
Doch die Impfbereitschaft stagniert.
Erstgeimpfte nehmen ihre zweite Impfung nicht wahr. Manche sagen den Termin noch nicht einmal ab, so dass Gefahr besteht, den bereitstehenden Impfstoff vernichten zu müssen, weil er so kurzfristig nicht verimpft werden kann.

Quelle: www.pixabay.com

Das ist ein großer Skandal und zeugt von einer Verantwortungslosigkeit, die nicht entschuldbar ist, wenn es keine gravierenden Gründe gibt, die zweite Impfung nicht wahrzunehmen und den Termin nicht abzusagen.

Jene, die sich impfen lassen können, aber noch nicht geimpft sind, erinnere ich gerne daran, dass das Gebot der Nächstenliebe kein theoretisches Gebot ist, sondern sich in aktivem, verantwortlichen Tun zeigt.

Ich habe deshalb eine ganz klare Meinung dazu: wer sich impfen lässt, lebt das Gebot der Nächstenliebe ganz aktiv.

Und es gibt kaum eine leichtere Möglichkeit, dieses Gebot zu leben und zugleich selber davon zu profitieren.




Solidaritätszeichen gegen Homofeindlichkeit

Röm.-kath. Krankenhausseelsorger setzt deutliches Statement

Foto: © Gerd Andreas Wittka, 2021

Aus Anlass der Begegnung zwischen den beiden Nationalmannschaften von Ungarn und Deutschland und angesichts der homofeindlichen Politik der Regierung Orbans, hat der katholische Krankenhausseelsorger am Johanniter-Krankenhaus Oberhausen Pastor Gerd Andreas Wittka ein Statement gesetzt.



Seit heute morgen und mindestens bis zum Ende des ‚pride month‘ hängen am katholischen Seelsorgebüro die deutsche Nationalflagge und die rainbowflag friedlich nebeneinander.

Damit will Pastor Wittka ein Zeichen setzen, dass auch innerhalb der römisch-katholischen Kirche in Deutschland der Widerstand gegen Diskriminierung, Homofeindlichkeit, Ausgrenzung und Rassismus weiterhin in Fahrt bleibt!

Pastor Wittka fordert Vertreter:innen der eigenen Kirche in Oberhausen und bistumsweit auf – seien sie haupt- oder ehrenamtlich tätig – zusammen mit unserer Bistumsleitung von Bischof Overbeck und Generalvikar Pfeffer, ein solches Zeichen gegen Menschenfeindlichkeit zu setzen.

Gerade in den Pfarreien und in der Stadt Oberhausen sieht er da noch mächtigen Nachholbedarf!




Regenbogenflagge an Kirche zerstört

Symbolfoto: www.pixabay.com

Unbekannte haben offenbar aus Homohass eine Regenbogenfahne an der St. Josef-Kirche in Oberhausen-Schmachtendorf zerstört.

Auf der Homepage der Pfarrei St. Clemens in Oberhausen-Sterkrade habe ich heute den Bericht gefunden, dass eine Rainbow-Flag vor der St. Josef-Kirche in Schmachtendort mutwillig zerstört wurde. Dabei wurde auch der Flaggenmast beschädigt.

https://www.pfarrei-stclemens.de/39.0.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=3403&cHash=0a99d15d7b0162e92fd2b05ce432e2ae

Ich finde, das ist an Niedertracht kaum zu überbieten!
Er ist zudem ein Zeichen einer Feigheit, den öffentlichen Diskurs zu suchen; einen Diskurs, dem sich heute die römisch-katholische Kirche nicht länger verweigern kann.



Ich verurteile diesen zerstörerischen Akt aufs Entschiedenste!

Jetzt erst Recht: Farbe bekennen und Flagge zeigen!

Foto: Gerd Wittka, 2021

Anschlag bestätigt meine Haltung

Interessant ist aber auch, dass diese Sachbeschädigung mich in einer persönlichen Haltung bestätigt, die ich gerne hier ausführlich erläutern möchte:

Unser Bischof Franz-Josef Overbeck hat mich darum gebeten, als Vertreter der römisch-katholischen Kirche des Bistums Essen am ökumenischen Gottesdienst zum CSD/ruhrpride in Essen mitzuwirken. Seit 2019 übernehme ich diese Aufgabe nun auch gerne ganz offiziell (vorher habe ich schon inoffiziell daran mitgewirkt).

Dieser Gottesdienst hat sonst immer in der evangelischen Marktkirche in Essen stattgefunden.
Bedingt durch die Corona-Pandemie mussten wir in 2020 kurzfristig einen größeren Kirchenraum finden.
Uns wurde daher von der Pfarrei St. Gertrud in Essen deren Kirche angeboten. Dankbar haben wir das Angebot angenommen.
Zugleich wussten wir aber auch, dass einige aus der Community die Schwelle einer römisch-katholischen Kirche nicht übertreten würden, weil sie immer wieder zu spüren bekommen, dass ihr „So-Sein“ in meiner Kirche keine vorbehaltlose Anerkennung und den nötigen Respekt erfährt.
Sie erfahren – auch durch aktuelle höchstkirchliche Verlautbarungen – immer wieder Ablehnung und werden dadurch persönlich verletzt.
Dass diese Menschen (vorerst) keine römisch-katholische Kirche betreten, kann ich sehr gut verstehen.

Heute bekam ich die Anfrage, ob wir – wegen der Coronaumstände – wieder in die Kirche St. Gertrud gehen könnten und ich mich darum kümmern würde.
Aber dieses Ansinnen lehne ich ab!

Jetzt kann man vordergründig fragen: Warum?
Ist es nicht ein schönes Zeichen, wenn ein solcher Gottesdienst in einer römisch-katholischen Kirche stattfindet?

Ja, es wäre unter normalen Umständen ein sehr gutes und wichtiges Zeichen, wenn meine Kirche hier glaubwürdig wäre.
Sie ist es aber nicht!

Auch wenn unser Bischof und unser Generalvikar eine respektvolle, wertschätzende Haltung zu diesem Thema einnehmen (die unmissverständlichen Äußerungen unseres Bischofs und unseres Generalvikars zu dem Verbot homosexueller Partnerschaften aus Rom legen davon ein beredtes Zeugnis ab), ist unsere römisch-katholische Kirche bei diesem Thema noch lange nicht glaubwürdig genug.

Solange Kirchen- und Gremienvertreter:innen innerhalb unseres Bistums und auch in unseren Pfarreien vor Ort die Haltung von Bischof und Generalvikar nicht unterstützen und der Zurücksetzung und Diskriminierung homosexueller Partnerschaften nicht mit allen gebotenen Mitteln entgegentreten – sie womöglich noch fördern -, so lange kann ich mich nicht dafür einsetzen, dass ökumenische Gottesdienst zum CSD/ruhrpride in einer römisch-katholischen Kirche stattfinden.

Das wäre eine reine Zumutung für Betroffene, die immer wieder von der römisch-katholischen Kirche verletzt und zurückgewiesen werden.

Spätestens jetzt wäre es an der Zeit, dass Kirchenvertreter:innen auch aus unserer Stadt nun endlich Flagge zeigen und Farbe bekennen!
Spätestens jetzt ist es an der Zeit, dass wir alle Zivilcourage zeigen und für eine menschlichere Kirche und Gesellschaft eintreten!

Quelle: www.pixabay.com

Ich persönlich biete der St. Josef-Kirche in Schmachtendorf an, eine neue Regenbogen-Flagge zu stiften, damit sie auch weiterhin und in Zukunft ein sichtbares Zeichen für Solidarität und gegen Diskriminierung und Ausgrenzung ist!