Seelsorge in future

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Heute Morgen, am 07. Dezember 2019 las ich in der Laudes das folgende Schriftwort aus dem Matthäus-Evangelium:

Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen,
denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe,
die keinen Hirten haben.“ (Mt 9, 36)

In selten gekannter Weise hat mich heute dieses Schriftwort angerührt. [Es gibt offensichtlich Zeiten, da einem wohlvertraute Schrifstellen des Evangeliums in ganz neuer Weise ansprechen; dann haben sie mir offenbar Neues zu sagen oder vor Augen zu stellen.]
Wenn so etwas bei mir passiert, dann frage ich mich meist, warum mich gerade jetzt/heute diese Schriftstelle in einer neuen Weise anspricht?



Unverständliche Worthülsen

Ein Auslöser war wohl auch ein Text eines Seelsorgers in einer Gemeindepublikation, den ich in diesen Tagen gelesen habe.
Mir fiel an diesem Text auf, dass er nur so von theologischen Begriffen und Fachsimpeleien stotzte, obwohl es kein theologischer Fachaufsatz, sondern eher ein geistlicher Text für Gemeindemitglieder sein sollte.

'Synodaler Weg' in Deutschland - Wie kann eine glaubwürdige Seelsorge für Morgen aussehen, die bei den Menschen ist und ihre Lebenswirklichkeit aufnimmt?
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Und ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass mich dieser Text ärgerte.
Es ärgerte mich, weil mein Kollege so an den Menschen vorbei schrieb.
Es ärgerte mich, dass er nicht die Chance nutze, die Menschen anzusprechen: in ihrem ganz konkreten Leben mit einer ganz konkreten und lebensbezogenen Sprache.

… fott domet …!“ (kölsche Mundart)

Ich legte dann aber diesen Text beiseite und beachtete ihn nicht (mehr). [Ich gehe übrigens davon aus, dass viele Gemeindemitglieder ihn auch nicht beachten werden, weil er für sie nicht relevant ist. Dazu aber später mehr!]

… und wenn der Geist (nach-)wirkt …

Als ich also heute Morgen diesen Text aus dem Matthäus-Evangelium las, kam mir wieder der Text aus der Gemeindepublikation in den Sinn. Offenbar gibt es eine innere Verbindung zwischen meinem damaligen Ärger und dem heutigen Wort aus der Heiligen Schrift.

Deshalb ließ ich diesen Text aus dem Matthäus-Evangelium noch einmal auf mich wirken und mir vielen einige Formulierungen auf:

Collage: Gerd Wittka, 2019

Jesus sieht die Menschen

Hier und an anderen Stellen im Evangelium fällt mir immer wieder auf, dass davon berichtet wird, dass Jesus die Menschen ’sieht‘; er sieht sie an und schafft ihnen somit ein AN-SEHEN.

Das Ansehen ist aber nicht nur etwas, was dem Menschen geschenkt wird, der angesehen wird. Es ist auch ein zutiefst akiver Vorgang desjenigen, der ansieht.
Das bedeutet, dass Jesus in der Beziehung zu den Menschen immer sehr aktiv ist. Seine Richtung ist -> ‚auf die Menschen zu‘.

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Und damit erreicht Jesus,

  • dass er nah bei den Menschen ist
  • dass er vertraut ist mit dem Leben der Menschen
  • dass er ihre Lebens-Themen kennt
  • dass er ihre Sehnsüchte und Suchbewegungen, auch geistlich wahrnimmt.

Ich stelle mir diesen biblischen Jesus als einen Menschen vor, dem ’nichts Menschliches fremd ist‘. Und da, wo er unbekanntes Terrain betritt, lässt er sich darauf ein; vielleicht lässt er sich auch überraschen von dem, was er selbst auch neu entdecken kann auf seiner ‚Reise zu den Menschen‘.

Jesus hat ‚Mitleid‘

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Bei den Menschen zu sein, ihnen nahe zu sein und ihre Themen und Bedürfnisse zu kennen oder sie zumindest zu erfahren, das bewirkt Mitleid bei Jesus.
Und dieses Mitleid, diese Empathie, setzt etwas in Bewegung, machmal sogar buchstäblich, wenn Lahme wieder gehen können.
Es setzt – neben der körperlichen Befreiung von Gebrechen – aber immer auch eine umfassendere Befreiung in Gang: Befreiung von den Fesseln des alten Lebens, Befreiung von der Erfahrung nicht verstanden zu werden, Befreiung von erfahrenem Missbrauch und Heilung von Verletzungen.
Und in den Auferweckungsgeschichten wird deutlich: Jesus schafft Möglichkeiten für ein neues Leben, dass sich lösen kann vom Alten und Hergebrachten.

Die Zielrichtung muss stimmen ….

Wenn wir das Beispiel Jesu vor Augen haben, dann kann das nicht ohne Konsequenzen für unsere Seelsorge in dieser Zeit und hier in Deutschland bedeuten.
Seelsorge bedeutet heute, die Themen der Menschen an sich heran zu lassen, sich mit den Fragen der Menschen auseinandersetzen zu wollen und in ihr ganz konkretes Leben hinein, Begleitung anzubieten. Dieses Angebot muss aber auch von der Bereitschaft gestützt sein, die Wege der Menschen mitgehen zu wollen und nicht ihnen sagen zu wollen, wohin sie zu gehen haben.
Seelsorge muss immer eine mitgehende Seelsorge sein.

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Für die grundsätzliche Haltung eines/einer jeden SeelsorgerIn bleibt das nicht ohne grundlegende Erkenntnis. Eine meiner Erkenntnisse daraus (auch angesichts des bevorstehenden Weihnachtsfestes) ist:

Wir müssen eine Seelsorge von den Menschen aus entwickeln, nicht von Gott aus.
Gott kann für sich selber sorgen.
Der Mensch bedarf eines fürsorglichen Gottes.
Nur deshalb war es sinnvoll, dass Gott selber in Jesus von Nazareth Mensch wurde.

In den heutigen Texten des TeDeums finde ich als ‚Ora et Labora‘-Text ein Zitat, das mich noch einmal bestärkt:


„Lehren, mein lieber, junger Mann, das ist kein Spaß. Gottes Wort, das ist glühendes Eisen. Und du willst es lehren, indem du es mit der Zange anfasst, um dir die Finger nicht zu verbrennen?
Du willst nicht mit beiden Händen danach greifen? Dass ich nicht lache.
(George Bernanos, 1888-1948, französischer Schriftsteller, zitiert nach „TeDeum, Dezember 2019, S. 69)


Ja, dieses Wort macht mir Mut, denn auch ich entdecke konkrete Themen, die mich in meinem seelsorglichen Alltag als Krankenhaus-Seelsorger berühren.
Da sind die Themen, die sich durch die Übernahme eines katholischen Trägers zum 01.01.2020 an eine schweizerische Holding ergeben. Es sind Themen und Unsicherheiten der Mitarbeitenden und wie wir uns als Krankenhaus-Seelsorger da positionieren.

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Mit wird deutlich, dass wir in diesen Fragen und in der Begleitung von Mitarbeitenden nicht unkonkret bleiben können. Wir werden uns sicherlich auch dabei mindestens die Hände, wenn nicht sogar ‚das Maul‘ verbrennen und verbrennen müssen.

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Und wenn sich andere darüber ärgern, dann ist das für mich nur eine Bestätigung, dass wir in der Sendung und Nachfolge Jesu nicht auf den falschen Weg sind, denn der Weg der Nachfolge Jesu und der Seelsorge für die Menschen heute und ganz konkret, ist ein steiniger Weg, wenn er eine Seelsorge meint, die für die Menschen relevant ist.




ver.di informiert Mitarbeiter von KKO und KKOS

Andrang und Solidarität

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Vor dem „Haus Union“ in Oberhausen begrüßen uns am 20. November 2019 MitarbeiterInnen anderer Kliniken aus Essen und Düsseldorf. Mit einem großen Transparent signalisieren sie ihre Solidarität mit den MitarbeiterInnen von KKO und KKOS.
Auch das Oberhausener Gesundheitsbündnis für eine menschenwürdige Gesundheitsversorgung ist mit VertreterInnen erschienen, die ebenfalls ihr Solidarität zum Ausdruck bringen.
Der Saal in Haus Union füllt sich bis auf den letzten Sitzplatz, Stühle werden zugestellt und dennoch müssen sich viele mit einem Stehplatz begnügen. Die Gewerkschaft ver.di hat zu einer öffentlichen Mitgliederversammlung eingeladen.

Es sind die Sorgen und offenen Fragen, die die MitarbeiterInnen aus allen Betriebsteilen und aus den verschiedenen Berufsgruppen und Diensten hier zusammen geführt haben.

Mir wird warm, nicht nur weil die Menschenmenge den Saal erwärmt, sondern weil ich auch eine innere Solidarität spüre.

Auch wir Krankenhaus-SeelsorgerInnen wurden persönlich von der Gewerkschaft eingeladen.



Für uns war es eine Selbstverständlichkeit, dieser Einladung zu folgen, denn Krankenhaus-Seelsorge ist von ihrem Auftrag her nicht nur für die PatientInnen und ihre Angehörigen da, sondern auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

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Betriebsübergang und Recht

Die Kolleginnen und Kollegen der Gewerkschaft ver.di geben ein Gefühl, in dieser Situation nicht allein zu sein. Ausführlich und kompetent berichten sie über anstehende Fragen und Themen, die ein Betriebsübergang mit sich bringt.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von KKO und KKOS stellen viele Fragen. Ich habe das Gefühl: sie begreifen, dass mit der Übernahme des KKO durch AMEOS auch ein Systemwechsel stattfinden wird.

Neue Rechtsgrundlagen – neue Chancen

Durch den Verkauf des KKO an AMEOS ändern sich die gesetzlichen Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer.
Als kirchliche Einrichtung unterlag KKO bislang dem sogenannten „dritten Weg“, fiel damit also auch unter die kirchlichen Arbeitsrechtsbestimmungen.
Mit dem Betriebsübergang in eine Aktiengesellschaft verändert sich dieser Rechtsrahmen:

  • Was bleibt?
  • Wo übernimmt der neue Träger die bisherigen Verpflichtungen gegenüber den ArbeitnehmerInnen?
  • Welche Änderungen können auf die MitarbeiterInnen zukommen, gerade auch im Bereich der betrieblichen Mitbestimmung?

Am Ende dieses Teils sind viele Fragen besprochen und ich habe das Gefühl, dass die Mitarbeitenden von KKO und KKOS gut informiert sind.

… und dann darf auch ich etwas sagen …
„Organisiert Euch!“

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In einem Vorkontakt mit der Gewerkschaftssekretärin K. Schwabedissen erzähle ich, dass ich in meinem ersten Beruf Angestellter einer Arbeitgebervertretung gewesen bin und ausgerechnet in dieser Zeit die große Bedeutung der Gewerkschaften für einen fairen und gerechten Machtausgleich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern schätzen gelernt habe.

Die Gewerkschaften nehmen das gesetzlich geschützte Vereinigungsrecht der ArbeitnehmerInnen wahr und übernehmen so eine wichtige Funktion für den sozialen Frieden in Deutschland. Deshalb ist es für mich unverständlich, wenn jemand grundsätzlich gegen Gewerkschaften und deren Mitwirkungsrechte spricht. Für mich sind solche Haltungen ein Angriff auf den sozialen Frieden in unserem Land.

Mir ist es wichtig, dass die Mitarbeitenden von KKO und KKOS und der Reha-Einrichtungen auch in Zukunft unter fairen und gerechten Bedingungen arbeiten können.

‚Hand in Hand‘ – www.pixabay.com

Mit der Gewerkschaft, hier insbesondere ver.di wird es in Zukunft einen verlässlichen Partner geben, der darauf achtet, das die Gesetze und Regelungen des Arbeitsrechtes eingehalten und die Interessen der ArbeitnehmerInnen vertreten werden.

Deshalb kann ich mich auch nur dafür aussprechen, dass die MitarbeiterInnen von KKO, KKOS und Reha-Einrichtungen sich miteinander und füreinander solidarisieren. Dies gelingt am Besten mit gewerkschaftlicher Unterstützung.

Ich hoffe, dass die Mitarbeitenden sich von niemanden auseinander dividieren lassen und erkennen, wie existentiell wichtig jetzt die gemeinsame Solidarität ist.

Auch die Kirche kommt nicht gut weg …

Zugleich hat uns Seelsorgende aber auch viel Kritik über die Haltung der Kirche zu diesem Verkauf erreicht. KollegInnen fühlen sich von der Kirche allein gelassen oder gar verraten. Ich mache in meinem Statement deutlich, dass wir darum wissen und dass ich deshalb die Skepsis und mögliche Vorbehalte uns gegenüber verstehen kann.
Und als ich das sage, kommt mir ein Einwurf aus dem Plenum entgegen: „Dann ist es ja doch bei denen angekommen!“ und ich antworte: „Ja, bei uns als Krankenhausseelsorgern ist Ihre Kritik an unserer Kirche angekommen!“
(In diesem Moment hoffe ich inständig, dass wir nicht die Einzigen aus dem Bereich unserer katholischen Kirche sind, die diese Kritik wahrnehmen und aufnehmen!)

Ich ende mein Statement aber zugleich mit der Zusage, dass wir als Krankenhaus-SeelsorgerInnen auch zukünftig ein offenes Ohr für die Sorgen und Probleme der MitarbeiterInnen haben.

Solidarität macht stark – www.pixabay.com

Und als ich nach über zwei Stunden diese Veranstaltung verlasse, nehme ich viel an Sorgen und Fragen, aber auch viele Antworten und Impulse mit.
Doch nicht nur das!

In meinen Händen halte ich einen Aufnahmeantrag für ver.di!




Jesus und Zachäus

„Wer Herzen für sich einnehmen will, weiß, welche Kräfte wohlmeinende Beachtung entfesseln kann.“

Bezug: Lukas 19, 1- 10

Liebe Schwestern und Brüder,

ist es nicht toll, was Jesus so bei dem Menschen erreichen kann? – Es gelingt ihm, das Leben des Zachäus positiv zu verändern und zugleich den Menschen zu helfen, die von Zachäus übers Ohr gehauen wurden.

Ich beneide Jesus oft um diese Gabe. Und ich würde ihn gerne fragen: „Jesus, wie machst du das?“

Vielleicht würde er, der lateinischen Sprache mächtig, mit dem Zitat Julius Cäsars im Telegrammstil antworten: „Veni, vidi, vici!“ – „Ich kam, sah, und siegte!“



Sicherlich, Jesus ist hier in keine Schlacht gezogen.
Doch wenn wir sein Leben als einen „Kampf für die Sache Gottes“ oder als einen „Kampf für das Gute“ verstehen, dann können wir sicherlich dieses Zitat stehen lassen.

„Veni“ – Ich kam…

• Im Evangelium heißt es: „Und nach Jericho gekommen, wollte er hindurch ziehen…“ (Übersetzung nach Fridolin Stier)
Jesus war nach Jericho gekommen. Vielleicht nicht ganz unbeabsichtigt. Aber er wollte hindurch ziehen, so heißt es in der Übersetzung. Jesus hatte offensichtlich nicht die Absicht in Jericho zu bleiben.
Jesus kam also nach Jericho, weil es offensichtlich auf der Strecke seiner Wanderung lag.
Und auf diesem Weg kommt es zu einer Zufallsbegegnung mit Zachäus.
Damit es überhaupt zu dieser heilsamen Begegnung zwischen Jesus und Zachäus kommen kann, muss Jesus sich auf den Weg machen.
Auch wenn die Bibel an vielen Stellen berichtet, dass die Leute sich auch auf den Weg zu Jesus machten, zeigt das heutige Evangelium, dass Jesus sich auch auf den Weg zu den Menschen gemacht hat. Damit konnte er diejenigen erreichen, die nicht zu ihm kamen, aber trotzdem der Heilung bedurften.

Ist dies nicht auch ein wertvoller Gedanke, wie wir heute als Christen in der Welt leben sollen?
Natürlich kommen noch einige Leute zu uns: in die Kirche, in unsere Veranstaltungen und auch zu unseren Seelsorgern.
Doch dabei dürfen wir es nicht beruhen lassen.
Das Beispiel Jesu ist eine schöne Einladung an uns heute in der Kirche: sich auf den Weg zu machen zu den Menschen, die wir sonst nicht erreichen würden, wenn wir uns nur darauf verlassen, dass die Menschen zu uns kommen.

Vidi – Ich sah ….

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Auf diesem Weg sieht er Zachäus. Der hatte offensichtlich davon gehört, dass Jesus in der Stadt war. Und er hatte vielleicht auch schon die vielen Berichte über Jesus gehört. Also war er neugierig; wollte Jesus sehen. Doch von kleiner Statur bleib ihm nichts anderes übrig, als einen Platz in den Bäumen zu suchen, um Jesus zu sehen.

Er sitzt also auf dem Baum und entdeckt Jesus.
Doch das ist nicht alles. Auch Zachäus wird von Jesus entdeckt.
Jesus geht offensichtlich mit offenen Augen und wachem Herzen seinen Weg.
Die Menge um ihn herum hindert ihn nicht daran, auch die randständigen Personen wahrzunehmen.

Jesus erscheint uns hier als ein Mensch mit einem wachen und geschulten Bewusstsein für das, was um ihn herum geschieht.
Und er nutzt seinen Blick, um die anfängliche Beziehung herzustellen: „Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf ….“

Das Schauen, der Blick, die Beachtung scheint also ein ganz wichtiges Kriterium für heilsame Begegnung zu sein.

Vor Jahren entdeckte ich im modernen Antiquariat ein Buch mit dem Titel: „Die magische Kraft der Beachtung – Sehen und gesehen werden!“

Und in diesem Buch lese ich mehr zufällig den Satz: „Wer Herzen für sich einnehmen will, weiß, welche Kräfte wohlmeinende Beachtung entfesseln kann.“

Genau aus diesem Bewusstsein handelt Jesus, in diesem Bewusstsein setzt er seine Wanderung fort: er gewinnt die Herzen der Menschen, in dem er ihnen wohlmeinende Beachtung schenkt.

Liebe Schwestern und Brüder,
wir kennen, wie bedeutsam die Beachtung sein kann.
Stellen Sie sich nur einmal die alltäglich Situation vor: Sie gehen durch die Straße und sehen einen Bekannten. Doch der sieht Sie nicht, würdigt Sie augenscheinlich keines Blickes.
Und Sie spüren, wie der Gedanke in Ihnen hochkommt: „Was ist denn mit dem los? – Habe ich ihm was getan? Ist der sauer auf mich?“

Unbeachtet zu sein, setzt manchmal ein ungutes Gefühl in uns frei. Wer ständig nicht beachtet wird, wird auf Dauer daran leiden.

Und umgekehrt: wer wohlwollende Beachtung erfährt, fühlt sich aufgewertet. Er ist wer! Wer wohlwollend – nicht herablassend – beachtet wird, dessen Herz kann man für sich gewinnen.

Nichts anderes macht Jesus heute mit Zachäus.

Und wie ist es mit unserer Achtsamkeit? Haben wir es uns zur Tugend gemacht, den anderen Menschen wohlwollende Beachtung zu schenken?

Wenn wir darin noch nicht genügend eingeübt sind, dann sollten wir dem heutigen Beispiel Jesu folgen.

Diese Achtsamkeit Jesu führt noch zu einem anderen Verhalten: Jesus lädt sich bei Zachäus als Gast ein.
Ja, er sagt dem Zachäus: „Denn heute muss ich in deinem Haus zu Gast sein!“

Eigentlich wollte Jesus Jericho durchziehen. Doch die Begegnung mit Zachäus lässt ihn andere Prioritäten setzen.
Er spürt: hier ist heute mein Ort. Heute bin ich hierhin von Gott gesandt, um seine Liebe deutlich werden zu lassen.

Prioritäten setzen – das ist heute oft ein Zauberwort, wenn es um die Frage geht: Was soll ich als Nächstes tun?

Prioritäten setzen heißt: sich für das Notwendigere zu entscheiden!

Darin liegt bestimmt eine Problematik: nicht immer verstehen andere Menschen, unsere Entscheidung, was momentan das Wichtigere ist.
Ich bin sicher, auch Jesus wurde darin oft nicht verstanden.

Was, wenn Jesus auf dem Weg in einen anderen Ort war und man ihn schon dort erwartet – und er kommt nicht?
Das wird lange Gesichter geben.
Vor einiger Zeit konnte ich eine ähnliche Erfahrung machen: Jemand beschwerte sich bei mir über einen anderen Seelsorger, der eigentlich versprochen hatte, diesen Menschen zu besuchen, doch nicht kam.

Anschließend entschuldigte sich dieser Seelsorger für den verpassten Termin mit dem Hinweis, dass er zu einem anderen Menschen gehen musste, dem es schlechter ging.
Ich sah die Enttäuschung im Gesicht desjenigen, der sich bei mir beschwerte: „Bin ich denn nicht wichtig?“

Prioritäten zu setzen, sich zu entscheiden was wichtiger ist, darf nicht immer darauf hoffen, von anderen auch verstanden zu werden.

Aber wenn ich etwas als notwendig erkenne, dann ist es im wahrsten Sinne des Wortes auch manchmal „heilsam“.

Jesus hat sich so gegenüber Zachäus verhalten und hatte Erfolg.

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Vici – Ich siegte

Dadurch, dass Jesus sich
• auf den Weg machte,
• sich eine Achtsamkeit für die Menschen am Rande des Weges behielt und
• sich auch nicht um die Entscheidung bringen ließ, sich für das Wichtigere zu entscheiden,

konnte er für Zachäus und auch für die Menschen, die schlechte Erfahrungen mit diesem Zöllner gemacht hatten, zum Segen werden.

So siegte Jesus auf der ganzen Linie.

Und ich glaube ferner, dass dieser Weg zum Erfolg im Sinne Jesu auch für uns nicht ganz unmöglich ist.

Vielleicht müssen wir nur diese drei Worte verinnerlichen:
VENI – VIDI – VICI !
„Ich kam, sah … und siegte!“


Literaturhinweise:
Irmtraut Tarr Krüger, Die magische Kraft der Beachtung – Sehen und gesehen werden, Herder-Verlag, Freiburg, 2.2001, 172f.
Lk 19,1 zitiert nach: Das Neue Testament, übersetzt von Fridolin Stier, München, 1989




Der „Oooh“-Effekt

Die Weihnachtsbeleuchtung in unseren Innenstädten hat eine faszinierende Wirkung, besonders dann, wenn – wie hier auf dem Bild – Dunkelheit und Lichterglanz den Straßen eine heimelige Atmosphäre geben.

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Doch was passiert, wenn es das nicht mehr gibt…?



Am vergangenen Samstag wurde ich von einer Person nach einem Gottesdienst darauf angesprochen, dass in diesem Jahr die Weihnachtsbeleuchtung in Oberhausen-Sterkrade gar nicht mehr stattfinden würde (Ob die Aussage stimmt, konnte ich noch nicht bestätigen.)

Ich fand die damit verbundene emotionale Reaktion interessant, die sich mit einem bedauerlichen fast schon traurigen „Oooh!“ ausdrücken lässt.

Das war für mich natürlich die Gelegenheit, diesen Faden aufzugreifen. Und ich fragte zurück, ob sie sich vielleicht erklären könnte, warum das so sei?
Darauf wusste sie jedoch keine Antwort.

Ich erinnerte sie daran, dass die Installation und der Abbau der Beleuchtung, aber auch die Wartung und auch die Verwendung einiges kostet und diese Kosten von der Stig (Sterkrader Interessengemeinschaft) getragen werden müssten.

Aber in Zeiten, da immer weniger Leute die Geschäfte in den Innenstädten aufsuchen, um dort einzukaufen und stattdessen die Malls oder das Internet zum Einkaufen nutzen, würde natürlich auch der örtliche Einzelhandel darunter leiden und nicht mehr so viel Umsatz und Gewinn machen. Und das Geld müsse ja irgendwo her kommen.

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Auf einmal erkannte ich ein gewisses Erstaunen in ihren Gesichtszügen.

Ob dieser Person wohl in diesem Augenblick einmal mehr klar wurde: Von nichts kommt nichts!?

Auch die immer so selbstverständlich hingenommenen Verschönerungen in unseren Innenstädten müssen erwirtschaftet werden. Und die Verbraucher haben es mit ihrem Verhalten selbst in der Hand.




Bis zu mir

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Der Herr schaut mich an.
So schenkt er
mir
Ansehen!



Der Herr macht sich klein – für mich.
So schenkt er
mir
Größe!

Der Herr schenkt mir Gerechtigkeit.
So befreit er
mich
vor Selbstgerechtigkeit.

Für IHN gibt es
keine billigen Plätze – da hinten.
Sein Heil reicht bis in die letzten, dunkelsten Ecken –
bis zu mir!

© Gerd A. Wittka, Oberhausen, 2019




Selbstgerechtigkeit

„Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort.“ (Lk 18, 6f)

Predigt zum 30. Sonntag – C – 2019 (27.10.2019)

Textbezug: Lukas 18, 9 – 14
siehe auch: https://www.bibleserver.com/EU/Lukas18,9-14

Liebe Gottesdienstgemeinde,

morgen geht die dreiwöchige sogenannte Amazonas-Synode in Rom zu Ende.

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Haben Sie davon gehört?
Hier wurde beraten, wie die Kirche in Amazonien neue Wege in die Zukunft gehen kann.
Das Motto lautet: „Amazonien – neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“.
Ein Thema war auch, wie die Seelsorge in einem riesigen und schwer zugänglichen Gebiet gesichert werden kann.
Zu diesem Themenkomplex gehört auch die Frage der Priesterweihe von verheirateten Männern, aber auch die Zulassung von Frauen zur Diakonen-Weihe.

Dabei sind sich viele darüber einige, dass die Fragen der Kirche in Amazonien in vielen Teilen deckungsgleich sind mit den Fragen der Kirche im Rest der Welt.
So wären also Antworten hinsichtlich verheirateter Männer zum Priesteramt oder das Diakonat der Frau auch für die gesamte Weltkirche von Bedeutung.



Derweil zieht in Deutschland die Aktion „Maria 2.0“ immer größere Kreise. Was als Fraueninitiative begonnen hat, erreicht mehr Zustimmung auch bei Männern in der Kirche. Selbst Bischöfe äußern sich mehrheitlich verständnisvoll und unterstützen teilweise die Anliegen von Maria 2.0.
Plakativ ausgedrückt geht es dieser Aktion um die Frage nach der Rolle und nach den Rechten der Frau innerhalb der katholischen Kirche. Hier geht es nicht nur – zwar auch – um die Zulassung der Frauen zu den Weiheämtern, sondern um eine Gleichberechtigung der Frauen gegenüber den Männern in der Kirche.
Ein Kirchenstreik im Frühjahr hatte dabei große Aufmerksamkeit gefunden, als Frauen eine Woche lang keine Kirche betraten und auch eine Woche lang ihr ehrenamtliches Engagement in der Kirche niederlegten.

Diese beiden aktuellen kirchenpolitischen Ereignisse und die Frage des Umgangs der Kirche im Missbrauchsskandal führt zu vielfältigen Diskussionen in den unterschiedlichsten Kreisen.
In den verschiedenen Medien bis in die sogenannten sozialen Medien gibt es viele Diskussionen um diese Themen.

Und hier bei uns in der Pfarrei?

Nu: in Teilen unserer Pfarrei werden Antworten gesucht, wenn es z.B. darum geht, wie das Votum des Pfarreientwicklungsprozesses (kurz „PEP“ genannt) konkret umgesetzt werden muss?
Dabei geht es mitunter auch sehr kontrovers zu.

Aber ansonsten habe ich persönlich den Eindruck, dass die gerade skizzierten Fragen z.B. über die Rolle der Frau in der Kirche bei uns in der Pfarrei wenig bis gar nicht vorkommen.

Nur heute Morgen fand – auf Stadtebene – ein ‚gesellschaftspolitisches Frauengespräch‘ statt. Aber auch dort ging es ganz allgemein um die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft. Doch welche Rolle die Frau in der Kirche spielt und auch zukünftig spielen kann, scheint bei uns hier kein Thema zu sein.

Und noch etwas anderes kann man beobachten.

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Da, wo die Themen: Zölibat, Zulassung von Verheirateten zum Priesteramt, Diakonen- oder Priesteramt der Frau diskutiert werden, melden sich auch gleich jene zu Wort, die strikt und massiv dagegen sind.
Sie begründen ihre Haltung damit, dass die Zulassung der Frauen zu den Weiheämtern nicht mit dem Willen Jesu übereinstimme;
dass das gegen die Lehre der Kirche stünde;
dass das die Kirche spalten würde.

Manche, die gegen jegliche Veränderung in dieser Hinsicht in der Kirche kämpfen, scheuen sich sogar nicht davor, den anderen vorzuhalten, sie stünden nicht mehr in der Gemeinschaft der katholischen Kirche als Weltkirche; sie seien „nicht mehr katholisch“, sie wollten die Kirche ruinieren.
Diese ganzen Diskussionen hätten nur den Zweck, sich dem Zeitgeist anzupassen, und Frauen, die die Zulassung zu den Weiheämtern fordern „ginge es ja nur um die Macht“.

Ihre eigene Haltung sehen sie hingegen als die einzige Möglichkeit an, wie die Zukunft der katholischen Kirche dauerhaft retten könne.

In dieser Diskussion kann man also sehr leicht eine Einteilung entdecken: „Wir hier!“ und „Die da!“

Die am Bisherigen festhalten wollen, verstehen sich oftmals als jene, denen es wirklich um die katholische Kirche ginge, während es den anderen nur darum ginge, zu spalten.

Kontoverse und Dialog

Liebe Schwestern und Brüder,
es ist gar nicht schlimm, dass es auch in unserer Kirche unterschiedliche Positionen gibt.
Es ist nicht schlimm, dass es jene gibt, die meinen, die bestehenden Verhältnisse in der Kirche wären zukunftsfähig, während es auch jene gibt, die die entgegengesetzte Meinung vertreten.

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Schlimm wird es nur, wenn eine Seite beginnt, der anderen ihre Rechtgläubigkeit, ihre Katholizität absprechen zu wollen.
Schlimm wird es, wenn man jene, die ebenfalls aus christlicher Überzeugung und aus Liebe zur Kirche nach neuen Wegen suchen.

Schlimm wird es erst recht, wenn die einen meinen, ihre Ansicht sei rechtgläubiger und entspräche mehr der Katholizität, als die Haltung der anderen.
Dann fehlt es nicht viel und wir sprechen wieder lautstark von „Ketzern“, „Häretikern“ und „Abtrünnigen“, und dies nur, um jene, die eine andere Ansicht habe, zu diskreditieren.

Wenn ich dann das heutige Evangelium lese, habe ich den Eindruck, dass das, was Jesus da kritisiert, gar nicht so weit entfernt ist von dem, wie wir heute manchmal in der katholischen Kirche miteinander umgehen.

• Anstatt andere zu diskreditieren, sollten wir lieber offen und tabulos diskutieren.

• Anstatt andere mundtot machen zu wollen, sollten wir lieber miteinander ins Gespräch kommen.

• Anstatt andere zu verteufeln, sollten wir lieber unsere Ebenbildlichkeit Gottes im anderen suchen und erkennen.

• Anstatt zu meinen, dass wir die Kirche verteidigen und retten müssten, sollten wir uns lieber daran erinnern, dass es immer noch die Kirche Jesu Christi ist, zu der er selbst uns berufen hat, und der er zugesagt hat, sie durch den Heiligen Geist zu leiten, bis zu seiner Wiederkunft.

• Anstatt unsere vermeintliche Rechtgläubigkeit vor uns herzutragen, sollten wir in aller Bescheidenheit dankbar sein, dass wir zu Christus gehören, der uns gesandt hat, SEINE frohe und befreiende Botschaft in die Welt zu tragen und den Menschen von heute verständlich zu machen.

Denn nicht aus eigenem Vermögen oder weil wir so toll sind, sondern aus Gnade und göttlicher Berufung sind wir Teil seines mystischen Leibes, der Kirche.