Der erste Sonntag im Oktober ist traditionell der Erntedank-Sonntag. Dieser Sonntag soll uns an die Dankbarkeit erinnern, dafür, dass uns Vieles in unserem Leben geschenkt wird.
In erster Linie ist dieser Dank-Sonntag natürlich entstanden, nachdem die Erträge von Feld und Flur geerntet worden waren. Die Menschen zeigten mit diesem Fest, dass die Früchte der Erde keine Selbstverständlichkeit sind. Und wenn sich auch der Mensch selbst darum bemüht hat und mit seiner Hände Arbeit am Erfolg tatkräftig mitgewirkt hat, so wusste der Mensch , dass die Früchte der Ernte immer auch ein Geschenk sind. Für dieses Geschenk dankten die Menschen Gott an diesem Sonntag.
Tag der deutschen Einheit
Am 3. Oktober, also nahe dem Erntedank-Sonntag, feiert Deutschland auch den „Tag der deutschen Einheit“. Ursprünglich am 17. Juni gefeiert, wurde er nach der Wiedervereinigung Deutschlands zum ersten Mal am 03. Oktober 1991 gefeiert.
Ansporn und Dank
Ich finde es gut, dass das Erntedank-Fest und der Tag der deutschen Einheit so nahe bei einander liegen, denn beide Feste zeigen uns, dass wir zum Ertrag selber beitragen können, aber zugleich auch nicht alles allein oder selbst machen können, sondern auch auf andere angewiesen sind.
Bei der Ernte denken wir daran, dass wir Vieles auch Gott und seinem Schöpferwillen verdanken. Beim Tag der deutschen Einheit denken wir daran, dass wir die Einheit nicht allein wiederhergestellt haben, sondern viele Menschen und Gelegenheiten diese Einheit letztendlich – friedlich – herbeigeführt haben.
Beide Feste und Tage sind also auch Tage des Dankes.
Ich finde, wir sollten uns immer bewusst sein, dass einerseits weder die Früchte der Ernte noch die staatliche Einheit und unsere Demokratie ohne unser Zutun zustande kommen und das andererseits beide auch im Letzten Geschenke sind, für die wir dankbar sein können und sollten.
Der ‘Synodale Weg’ der römisch-katholischen Kirche in Deutschland
Letztendlich entscheidend sind die Ergebnisse der MHG-Studie zum Missbrauch im Raum der Kirche. Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich in ihrer Vollversammlung in Lingen vom 10. bis 12. März 2019 mit 62 Ja-Stimmen und vier Enthaltungen für einen gemeinsam mit dem ZdK durchzuführenden „Synodalen Weg“ zur Befassung mit drei Themenkomplexen in Konsequenz der strukturellen Veränderungen als Ergebnis der MHG-Studie zum Missbrauch im Raum der Kirche entschieden. (vgl. https://www.zdk.de/veroeffentlichungen/reden-und-beitraege/detail/Synodaler-Weg-Leitantrag-des-Praesidiums-424e/)
[Die MHG-Studie bezeichnet das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ („MHG-Studie“). Es handelt sich dabei um ein in “…Konsortium aus verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen. Dazu gehören das Zentralinstitut für seelische Gesundheit (Mannheim), das Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg, das Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg und die Professur für Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug an der Universität Gießen. Aus den drei Ortsnamen Mannheim – Heidelberg – Gießen ist die Abkürzung MHG zusammengesetzt.” (vgl. https://www.dbk.de/themen/sexueller-missbrauch/faq-mhg-studie/ )]
Vier Foren werden die Themenkomplexe dieses synodalen Weges bearbeiten. Das sind die Foren:
Macht und Gewaltenteilung in der Kirche
Sexualmoral
Priesterliche Lebensform
Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche
Das ZdK formuliert dabei ganz konkrete Forderungen, die beim synodalen Weg behandelt werden sollen:
Trennung von Exekutive (Gesetzgebung) und Judikative (Rechtsprechung) im Kirchenrecht. Wir fordern eine unabhängige kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit für den Bereich der Deutschen Bischofskonferenz.
Um eine umfassende Transparenz zu schaffen und der von Papst Franziskus beschriebenen Klerikalisierung entgegenzuwirken ist eine gleichberechtigte Teilhabe von Laien und Geweihten an Leitung von Kirche zu schaffen.
Frauen und Männer in Kirche gleich zu stellen und daher Frauen Zugang zu allen kirchlichen Ämtern zu gewähren.
Sich aktiv dafür einzusetzen, den Pflichtzölibat abzuschaffen.
In der kirchlichen Sexualmoral die vielfältigen Lebensformen und Lebenswirklichkeiten positiv anzuerkennen.
Entwicklung einheitlicher Standards bei der Ausbildung für den priesterlichen Dienst auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz.
die Verantwortung und Entscheidungskompetenz aller Getauften und Geweihten auf allen Ebenen für die Kirche zu verwirklichen.
Aus den Reihen der Deutschen Bischofskonferenz gibt es aber auch Kritiker zum synodalen Wegen. Unter ihnen der Regensburger Bischof Voderholzer, der sich nur mit Vorbehalt an diesem Weg beteiligen will. vgl. https://www.kirche-und-leben.de/artikel/voderholzer-wirft-synodalem-weg-pseudowissenschaftlichkeit-vor/ Auch der Erzbischof von Köln, Kardinal Woelki, wird sich nur distanziert am Dialog des synodalen Weges beteiligen. (s.o.)
Synodaler Weg ./. Einheit der Kirche ?
Inhaltlich wird nicht selten von KritikerInnen des synodalen Weges vorgehalten, dass dieser Weg gegen den Einheitsgedanken der römisch-katholischen Kirche stehe.
Dem entgegnet der in Münster lehrende Moraltheologe Daniel Bogner, das dem eine irreführende, unrealistische und weltfremde Vorstellung von Einheit zugrunde liege.
“… „Die Kirche steht mit dem Rücken zur Wand“, erklärte der Moraltheologe. Sie müsse daher auch auf die systemischen Gründe der Missbrauchskrise schauen. Ziel des Synodalen Weges sei nicht, „in erster Linie den Glauben zu neuer Blüte zu führen“. Vielmehr sei er eine Antwort auf die Faktoren, die den Missbrauchsskandal begünstigt hätten.
Bogner findet es nicht verwunderlich, dass es in der Deutschen Bischofskonferenz zum Synodalen Weg auch von der Mehrheit abweichende Voten gibt. „Nur in der Kirche wundert man sich immer, wenn man nicht 100 Prozent Einigkeit hat“, meinte der Theologe. „Es gehört zum Problem der Kirche, dass sie eine Vorstellung von Einheit hat, die irreführend, unrealistisch und weltfremd ist.“
Der Moraltheologe unterstrich, man sollte nicht jede teilkirchliche Bemühung um Aufbruch und Verändern mit dem Totschlag-Argument Weltkirche ausbremsen. Vielmehr könnten die Teilkirchen innovative Vorschläge machen – „anderswo sagt man best practice“ – und innerhalb der Weltkirche sagen: Wir möchten, dass darüber diskutiert wird….” Quelle: https://www.kirche-und-leben.de/artikel/theologe-bestimmte-einheitsvorstellungen-der-kirche-sind-irrefuehrend/
Warum ich persönlich den ‘synodalen Weg’ in Deutschland für unverzichtbar halte:
Den Opfern und Betroffenen von sexueller und spiritueller Gewalt durch kirchliche Mitarbeiter geschuldet.
Der sogenannte “Missbrauchs-Skandal” hat nur das ins öffentliche Bewusstsein und in die öffentliche Diskussion gezerrt, was seit Jahrzehnten, wenn nicht sogar seit Jahrhunderten an Verbrechen geschehen ist. Die Opfer sind im überwiegende Maße Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene. Doch der Kreis der davon Betroffenen geht noch darüber hinaus, denn auch Eltern, Familienangehörige und Freunde dürfen und müssen als Betroffene gelten, wenn sie schuldlos die Opfer nicht in Schutz nehmen konnten und später selbst auch unter großen Schuld- und Versagensgefühlen leiden.
Wie die MHG-Studie zeigen konnte, fällt auf die Kirche und kirchliche Amtsträger große Verantwortung und Schuld, wenn sie Täter geschützt, Opfern nicht geglaubt und eine Strafverfolgung vereitelt haben.
Dieses wurde nicht selten auch begünstigt durch strukturelle Gegebenheiten oder durch ein falsch verstandenes Kirchenbild, nach dem die Kirche nach außen hin gerne ohne Fehl und Makel verkauft wurde.
Die Machtstrukturen in der Kirche, die geprägt sind von Oberen und Untergebenen, von Treue und Gehorsam und deren missbräuchliche Interpretation begünstigten solche Verhaltensweisen, wodurch die Opfer immer wieder und mehrfach auch nach den eigentlichen Taten zu Opfern wurden.
Die fehlende Unterstützung und Hilfeleistung den Opfern gegenüber verschärfte dabei das Leid und die oft auch traumatischen Lebensumstände, unter denen die Opfer über Jahre und Jahrzehnte leben mussten.
Der ‘synodale Weg’ mit seinen Fragen zur Machtstruktur und zu Fragen der Macht- und Gewaltenteilung in der Kirche (auch im Hinblick auf die Gesetzgebung, die Rechtsprechung und die Exekutive) ist ein notwendiger Prozess, um bisherigen Opfern Recht und Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und zukünftig eine wirksame Prävention und eine gute Abwehr und wirksame Strafverfolgung zu garantieren.
Das zuvor beschriebene strukturelle Versagen der Kirche, dass auch begünstigt wird durch eine falsch verstandene hierarchisch-verfasste Kirche, ist nur möglich, weil es eine besonders privilegierte Gruppe in der Kirche gibt, die neben dem geistlichen Amt auch noch mit besonderer weltlicher Macht ausgestattet ist.
Wird diese Macht theologisch überhöht, entwickelt sich ein schädlicher Klerikalismus. Diese strukturelle Prägung der Kirche hat nachweislich auch historisch-machtpolitische Ursachen. (vgl. z.B. die Konstantinische Wende).
Dabei wissen wir auch, dass gerade in den Anfängen der Kirche es in breitem Maße Gemeindestrukturen gab, die presbyterial verfasst waren und nicht durch ein Weiheamt (Ordo) mit seinem Anspruch auf apostolische Sukkzession geprägt waren. Der Jakobus-Brief berichtet darüber und diese Schriftstelle hat gerade auch beim Sakrament der Krankensalbung eine herausragende Bedeutung.
Die Rückbesinnung darauf, dass Kirche anfangs nicht nur streng hierarchisch, sondern zugleich auch eine breitere presbyteriale Verfassung kannte, kann uns heute zur theologischen Begründung dienen, diese frühchristliche Kirchenstruktur für eine Kirche der Zukunft wieder zum Recht zu verhelfen.
Aus Respekt und Achtung den Nicht-Klerikern in der Kirche gegenüber als ein vom Heiligen Geist erfüllten Volk Gottes und in der einen, gemeinsamen Sendung.
Jesus Christus hat nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt seinen Jünger*innen einen Beistand zugesagt, der für immer bei ihnen bleiben wird, den Heiligen Geist.
In den Initationssakramenten (Taufe, Eucharistie und Firmung) bekennen wir uns in der Kirche dazu, dass wir alle – als Einzelne und als Kirche als Ganzes – Träger*innen des Heiligen Geistes sind.
Im Vatikanum II wurde daraus auch das Verständnis vom “allgemeinen Priestertum aller Gläubigen” abgeleitet.
So gibt es also in dieser Hinsicht zwischen ordinierten Personen und nicht-geweihten Personen in der Kirche keinen wesentlichen Unterschied, was , denn wir alle sind “Schwestern und Brüder in Christo” (vgl. Matthäus 12, 48-50).
Der wesentliche Unterschied zwischen Weiheamt und Nicht-Klerikern kann aber keine theologische Begründung dafür sein, die Verantwortung für einen ‘synodalen Weg’ allein bei den geweihten Mitgliedern der Kirche anzusiedeln.
Die Mitverantwortung der Laien muss deshalb auch faktisch sein und sich in einer praktischen Mitverantwortung und einem Mitentscheidungsrecht und einer Mitentscheidungspflicht der Laien widerspiegeln. ‘
Dabei ist die Einsicht selbstverständlich, dass gerade aus den Reihen der Laien viele hochqualifzierte und fachkundige Frauen und Männer zu finden sind, die die Kirche gerade auch für ihre geistliche Sendung nötig hat und auf die sie nicht verzichten darf.
Aus Respekt und Achtung vor der Gleichwertigkeit der Frau in Gesellschaft und Kirche.
In Folge der Aufklärung und der europäischen Frauenbewegung des 18. und 19. Jahrhunderts ist in der modernen Welt die Überzeugung entstanden, dass die Frau dem Mann gleichwertig und gleichberechtigt ist. Dies bezieht sich auf alle Bereiche sozialen und politischen Lebens.
Die geschlechtlichen Unterschiede können dabei nicht zu einer Auf- oder Abwertung des einen oder anderen Geschlechts herangeführt werden.
In viele Verfassungen und Gesetzen hat diese Erkenntnis auch rechtsstaatlich ihren Niederschlag gefunden.
Aber in der römisch-katholischen Kirche sind bestimmte Aufgaben nur einer Geschlechtsgruppe – nämlich den männlichen Mitgliedern der römisch-katholischen Kirche – vorbehalten.
Angesichts der Spannung, die Christ*innen in diesem offensichtlichen Widerspruch zwischen gesellschaftlicher und politischer Realität einerseits und kirchlicher Realität andererseits erleben, empfinden sie die Stellung und Rolle der Frau in der Kirche gegenüber ihren männlichen Geschlechtsgenossen zu Recht als diskriminierend.
Notwendigerweise fragen sie sich auch, ob dies irgendwie mit dem Lebenszeugnis und der Lehre Jesu Christi begründet werden kann?
Unter Berücksichtigung der damaligen gesellschaftlichen und politischen Stellung der Frau, die ja auch überwunden wurden, wird man heute mit Fug und Recht nicht mehr behaupten können, Jesus Christus würde auch heute – und den geänderten politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten – an einer nachgeordneten Stellung der Frau gegenüber dem Mann festhalten.
Deshalb sind die Anfragen z.B. der Kampagne “Maria 2.0” in heutiger Zeit zutiefst gerechtfertigt, und die Frauen in der Kirche habe ein Recht darauf, dass ihre derzeitige Rolle und Position in der Kirche hinterfragt und den Realitäten der heutigen Zeit angepasst wird.
Die diversen theologisch-dogmatisch-kritischen Anfragen aus den akademischen Kreisen zeigen, dass das ‘Basta’ in der Kirche sich nicht zweifelsfrei auf dogmatische Aussagen zurückziehen kann, da der Gang der Kirche durch die Geschichte ebenso zeigt, dass sich die Kirche gerade in Fragen des Amtes immer wieder verändert und ggfs. erneuert hat.
Ich verweise z.B. nur auf die Veränderung des Bischofsamtes (die Möglichkeit Fürstbischof sein zu können ohne Priesterweihe) oder auch die Veränderung des Klerikerstandes von den verschiedenen Weihestufen, die früher nicht nur diese drei (Diakon, Priester, Bischof) waren.
Aus Anerkennung der modernen empirischen Forschungen und deren allgemein anerkannten Ergebnisse in der Sexualforschung.
Betrachtet man die empirischen Erkenntnis verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen in der Sexual- und Genderforschung, entsteht zu Recht der Eindruck, dass diese modernen Erkenntnisse in der Sexuallehre der römisch-katholischen Kirche zum Teil völlig außer Acht gelassen werden. Dies gilt z.T. auch noch immer beispielsweise für die Haltung und den Umgang mit Homosexualität.
Die fehlende Akzeptanz der Ergebnisse verschiedener Disziplinen (beispielhaft seien hier nur Anthropologie, Medizin, Psychologie, Soziologie, Biologie, … genannt) offenbart einmal mehr die Diskrepanz zwischen modernen Forschungsergebnissen einerseits und der lehramtlichen Haltung der römisch-katholischen Kirche andererseits in diesem Themenkomplex.
Dies führt aber auch – und das macht es so schlimm – z.B. bei homosexuellen Menschen zu Diskriminierung. Die Folgen daraus können fatal sein.
Der ‘synodale Weg’ in Deutschland bringt hingegen die Chance mit sich, dass sich die Kirche diesen aktuellen und grundlegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen stellt und dies auch in ihrer Theologie und pastoralen Praxis mit berücksichtigt.
Als folgerichtige Fortschreibung der Theologie des Vat. II, der Würzburger Synode und den Verlautbarungen von Papst Franziskus zum zukunftsorientierten synodalen Weg der Gesamtkirche.
Bereits im Oktober 2015 hat der derzeitige Papst Franziskus unmissverständlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Kirche der Zukunft eine synodale Kirche sein wird. Diese Aufwertung der Ortskirchen hat auch ganz konkrete Anfragen und Folgen für einen solchen ‘synodalen Weg’, wie ihn die deutschen Bischöfe und das ZdK mit den Katholik*innen in Deutschland gehen wollen.
Den ‘synodalen Weg’, der nun also in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland beschritten wird, halte ich für unverzichtbar.
Ihn zu kritisieren oder gar abzulehnen, ohne die Ursachen und Umstände auch nur zu erwähnen oder auch zu berücksichtigen, die zu diesem ‘synodalen Weg’ geführt haben, ist eine Missachtung derer, die sich mit aller Ernsthaftigkeit und persönlicher Spiritualität in diesen Prozess einbringen wollen!
Zu allerletzt möchte ich noch daran erinnern, dass die Forderung nach Reformen in der Kirche zumeist dann auf kamen, wenn die Kirche große historische Fehler begangen hat, z.B. durch weltlichen und geistlichen Machtmissbrauch.
Auch heute erkennen wir, dass die römisch-katholische Kirche in Deutschland und weltweit viele und ungeheuerlich große Fehler gemacht und dadurch unsäglich viel Schuld auf sich geladen hat.
Die Menschen, ob in oder außerhalb der Kirche, fordern deshalb zu Recht, dass die Kirche sich dieser Schuld stellt und ihrer Verantwortung gerecht wird.
Sollte sich die Kirche – in Teilen oder auch im Ganzen – diesem Prozess versagen, wird das erheblich Konsequenzen haben.
Denn schon jetzt erkennen wir, dass die Menschen heute so nicht mehr mit sich umspringen lassen, sondern ‘mit den Füßen’ abstimmen.
Von daher werde ich alle Initiativen unterstützen, die bereit sind, sich mit und in der Kirche auf den Weg ins 21. Jahrhundert zu machen; einer Kirche, die sich ihrer Sendung von Christus her wieder bewusster wird.
Das Gefühl der Dankbarkeit erwächst auch aus der ganzheitlichen Erkenntnis, dass nichts in meinem Leben selbstverständlich ist.
Dabei umfasst das Erkennen Kopf, Herz und Bauch.
So kann ich voller Dank auf eine gute Nacht zurück blicken, wenn die Nacht davor unruhig und mit viel Schlaflosigkeit verbunden war.
Mit dem Alter erfasse ich immer mehr die Bedeutung mancher Worte aus Bibel und Gebet.
Nach einer guten Nacht spüre ich die Wichtigkeit der Bitte am Vorabend aus der Komplet: „Eine ruhige Nacht und ein gutes Ende gewähre uns der allmächtige G’tt“
Hinter den Dingen I
Wenn ich zur Ruhe komme, sehe ich einen Tisch und dahinter die Menschen, die den Tisch gemacht haben.
Wenn ich zur Ruhe komme, sehe ich Fenster und Türen und dahinter die Menschen die sie gemacht haben.
Wenn ich zur Ruhe komme, sehe ich Häuser und Städte und dahinter die Menschen, die sie gemacht haben.
Wenn ich zur Ruhe komme, sehe ich Blumen und Bäume und Tiere und Menschen und dahinter G’tt, der alles gemacht hat.
Kirche und Klimastreik
Notwendige Unterstützung
Evangelische und katholische Kirche beteiligen sich am kommenden Klima-Streik am 20. September 2019. Sie unterstützen öffentlichkeitswirksam dieses Anliegen und sind auch bei manchen Protest-Demos mit eigenen Wortbeiträgen vertreten.
Ich selber unterstütze ausdrücklich diesen Aktionstag und auch in meinem Zuständig- und Verantwortungsbereich werbe ich für die Teilnahme an dieser Klimastreik-Demo.
Kritische Anfragen
Dennoch kann ich nicht umhin, kritische Rückfragen zu stellen, gerade auch im Hinblick auf die Fragen, welche Beiträge Kirchen und Christ*innen bereits in der Vergangenheit beispielhaft geleistet haben, um ein praktisches Vorbild in der Frage des Klimaschutzes zu sein?
Mir geht es darum – auch in der Rückschau – das in den Blick zu nehmen, wo wir als Kirche und einzelne Christ*innen schon längst und ohne größere Anstrengungen hätten handeln können!
Ich frage mich zum Beispiel, wie es bei unseren Pfarreien mit dem Stromverbrauch aussieht?
Ist es mittlerweile Standard, dass unsere Pfarreien Ökostrom beziehen, für Kirche und Gemeindegebäude?
Oder wie ist es mit unseren Pfarrei-Entwicklungs-Prozessen (PEP)? Welche Rolle spielt die Ökologie bei den vorgenommenen oder anstehenden Entscheidungen?
Wurde z.B. die Energie- und Ökobilanz bei der Frage berücksichtigt, welche Kirchen oder andere Gebäude erhalten und welche geschlossen werden?
Nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben
Oder wie ist es mit ökologischen Innovationen? In meiner früheren Pfarrei gab es Anfang der 2000er Jahre einen Arbeitskreis „Ökologie“, in dem ich mitgewirkt habe. Bis zu meinem Ausscheiden sind keine signifikanten Vorschläge aus den Beratungen umgesetzt worden, wie z.B. Photovoltaik-Anlagen oder Umstieg von Ölheizung auf ökologischere Heizanlagen, obwohl Erneuerungen anstanden. Mittlerweile ist ein Gebäude sogar zu einem Pfarrzentrum ausgebaut worden, aber die Pläne, dort eine Photovoltaikanlage zu installieren, in einem benachbarten Garten eine Regenauffang-Anlage für die Toilettenspülungen zu bauen oder auch nur Solarthermie-Anlagen für Warmwasser … alles nicht umgesetzt; und das, obwohl Geld für Umbau in die Hand genommen wurde und es Förderprogramme gab oder auch noch gibt!
Und wie halten wir es mit der Abfallproblematik bei unseren Veranstaltungen? Was ist mit Einwegprodukten? Kaufen wir für die verschiedenen Grillabende in Gemeinde oder Verbände Ökofleisch von regionalen Anbietern, oder geht es uns ums ‚möglichst billig‘? Was ist mit dem Kaffee, der viel in unseren Gemeinden verbraucht wird: ökologisch und fair gehandelt?
Es ist das eine, wenn Spitzen der Stadtkirche sich am Freitag sogar mit Statements bei Klimastreik-Demonstationen beteiligen. Das andere ist aber auch die nötige und selbstkritische Rückfrage:
Was tun wir? Und auch: was haben wir bereits in der Vergangenheit versäumt, zu tun?
Ich selber beziehe schon seit Anfang der 2000er Jahre Ökostrom und bei meinem Stromanbieter werde ich dafür belohnt, wenn ich den Stromverbrauch weiter reduzieren. Bislang war es mir immer noch jedes Jahr möglich, den Stromverbrauch zu reduzieren, obwohl z.B. auch sämtliches Warmwasser in meinem Haushalt über Durchlauferhitzer bereit gestellt wird. Und ich habe nicht das Gefühl, dass mein Lebenskomfort dadurch spürbar gesunken ist.
Auch in anderen Bereichen frage ich mich zuerst: wie kann ich ohne großen Aufwand kleine ökologische Schritte gehen? – fairgehandelter Ökokaffee ist bei mir Standard – schrittweise Umstieg aufLED-Leuchten – mehr und mehr ökologisch und fair gehandelte Kleidung verschiedener Anbieter wie z.B. grundstoff.net – verpackungsfreies Obst und Gemüse (bevorzugt ‚bio‘) – als erste Option immer BIO-Lebensmittel – Umstieg von Duschgel auf Dusch-Seifen in Sisal-Säckchen – …
Ich weiß, dass ich da lästig bin, aber ich denke, bei Kirchens bleiben wir bislang deutlich unter unseren – leicht umzusetzenden – Möglichkeiten.
Über die Barmherzigkeit Gottes
Predigt zum 24. Sonntag – C – 2019
zu Lukas 15, 1- 32
Vor fast genau vor drei Jahren stand ein Artikel auf der Homepage von www.katholisch.de, der mit diesen Worten begann: „Barmherzigkeit schafft nach Aussage von Papst Franziskus die Sünde nicht ab. Einen Sünder zu verurteilen, sei nicht deshalb verkehrt, weil es keine Sünde gebe, sondern weil dies das brüderliche Band zerstöre und die Barmherzigkeit Gottes verachte, (…). Gott wolle auf keines seiner Kinder verzichten. (…) Innerkirchliche Kritiker des Papstes beanstanden immer wieder, dass er mit seiner Auffassung von Barmherzigkeit die Sünde abschaffe. Franziskus bezog sich bei seinen Äußerungen auf den Evangelien-Vers „Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist“. Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/10588-papst-barmherzigkeit-schafft-die-suende-nicht-ab
Die Fülle biblischer Gottesbilder
So oder anders gibt es immer wieder kritische Stimmen, auch aus dem innersten Kreis unserer Kirche selbst, die meinen, die Barmherzigkeit Gottes würde in unserer Zeit überbetont.
Nach biblischem Zeugnis sei Gott noch viel mehr als nur barmherzig. Er sei auch streng, zornig, rachsüchtig, eifersüchtig und würde in der Bibel auch als strafender Richter in Erscheinung treten, der bisweilen sogar nicht davor zurückschrecke, Unheil über die Menschen zu bringen (→ Sintflut, …).
Ja, dieser Einwand ist berechtigt und richtig.
Die Bibel schildert uns die vielfältigsten Seiten Gottes, die manchmal sogar widersprüchlich anmuten.
Die Frage ist also, wie wir damit umgehen können?
Ich glaube, es ist hilfreich und gut, wenn uns ein bestimmtes Gottesbild einen besonders guten Zugang zum personalen Gott unseres Glaubens ermöglicht.
Und Jesus selbst hat uns die verschiedenen Facetten des göttlichen Vaters vor Augen gestellt.
Und es ist nicht verwerflich, die persönliche Beziehung zu Gott mithilfe eines bestimmten – wenn auch nicht vollständigen – Gottesbildes zu erleichtern.
Von hilfreichen und ‚gefährlichen‘ Gottesbildern
Für Jesus war es das Verständnis vom ‚Vater‘. Auch das ist ja nicht immer hilfreich; ich denke z.B. an jene Menschen, die in ihrem konkreten Leben einen schlechten Vater erfahren haben. Ich denke da z.B. an Kinder, die von ihrem Vater Gewalt erfahren oder durch ihn misshandelt wurden. Ihnen wird es besonders schwer fallen, über das Bild des Vaters eine gute persönliche Gottesbeziehung aufbauen zu können.
Welcher Zugang ist ‚heilsam‘?
Heute bietet uns Jesus – und das sehr detailliert – das Bild des barmherzigen Vaters an. Und das hat seinen guten Grund. Ich bin davon überzeugt: Jesus hätte dieses Bild nicht in einem solchen ausführlichen Gleichnis entwickelt, wenn er nicht gespürt hätte, dass die Menschen seiner Zeit dieses Bildes besonders bedurften.
Und wir heute? Auch heute leben wir in einer Zeit, wo der „barmherzige Vater“ für uns ein heilsamer und segensreicher Zugang zu Gott sein kann. Diesen Zugang sollten wir nutzen.
Gott ist nichts gleich-gültig
In diesem Zusammenhang ist wichtig, zu betonen, dass das Bild vom „barmherzigen Vater“ ja nicht dem Verständnis unterliegt: wir können machen und tun, was wir wollen, Gott nimmt es nicht so genau und wird uns schon alles durchgehen lassen.
Eine solche Sichtweise ist nämlich mit dem heutigen Gleichnis auch nicht zu begründen.
Schauen wir deshalb noch mal genauer hin. Wann erfährt der eine Sohn, der ‚ausgewandert‘ ist und sein Erbe verschleudert hat, die barmherzige Liebe seines Vaters?
Doch
• erst, nachdem er – als er mitten im persönlichen Schlamassel steckte – erkennt, was er da getan hat;
• erst, nachdem er in sich gegangen ist und sein Verhalten selbstkritisch reflektiert hat;
• erst, nachdem er erkannt hat: ich muss den Weg der Umkehr – zurück – zu meinem Vater gehen.
Vor aller barmherzigen Liebe steht also mindestens auch ein genau so wichtiger und entscheidender Beitrag des vermeintlich ‚verlorenen Sohnes‘.
Er ist den Weg der inneren kritischen Auseinandersetzung mit sich selbst gegangen und die Erkenntnis, die er daraus gewonnen hat, zeigt ihm, dass ihn jetzt nur noch die Liebe des Vaters retten kann.
Auf die Liebe des Vaters vertrauend, verliert der Sohn nicht sein Gesicht, sondern erhält so das frühere Ansehen von seinem Vater in vollem Maße zurück.
Wenn das kein Grund ist, das Bild vom ‚barmherzigen Vater‘ als persönlichen Zugang zu meiner Gottesbeziehung zu nutzen?!