In diesem Jahr ist alles anders, was die Feier der österlichen Tage angeht.
Und wir stellen uns die Frage, wie können wir so ‚richtig‘ Ostern feiern, ohne die gewohnten Gottesdienste, ohne die vertraute Dramaturgie der liturgischen Feiern, angefangen von Palmsonntag, über Gründonnerstag, Karfreitag und dann dem Höhepunkt der Osternachtsfeier?
Ich hätte vor einigen Tagen auch noch angenommen: nein, dieses Jahr werde ich nicht ‚richtig‘ Ostern feiern können.
Aber dann habe ich mir ab Gründonnerstag eine Art ‚Kurzexerzitien‘ gegönnt. Ich hatte am Mittwoch der Karwoche alles erledigt, was ich für die Kar- und Osterfeiertage erledigen musste; auch so persönliche Dinge wie Einkaufen, Wäsche waschen, Wohnung in Ordnung bringen.
Die Tage ab Gründonnerstag wollte ich ganz in Stille und Betrachtung verbringen.
Da hat mich wieder die Frage eingeholt: Wie kann ich dieses Jahr ‚richtig‘ Ostern feiern, ohne die vertrauten Liturgien?
Und heute Morgen, am Karsamstag hat es dann nach der Laudes ‚Klick‘ gemacht und ich habe für mich erkannt:
Wie immer ich auch Ostern feiere, ob in meinem priesterlichen Dienst, oder als mitfeierndes Gemeindemitglied, ob als Mitfeiernder mittels livestreaming-Angebote oder auch in dem ich ’nur‘ die Stundenliturgie und die biblischen Lesungen dieser Tage meditiere und sie münden lasse in Für- und Segensbitte …
das alles ist gleich, wenn ich die Frage für mich beantworten will, wie ich ‚richtig‘ Ostern feiere.
Ich habe erkannt: Ich feiere richtig Ostern, wenn ich mir das Geheimnis dieses Festes – gleich auf welcher Weise – vergegenwärtige und ich erfüllt bin vom Glauben, an die Auferstehung!
Ich feiere ‚richtig‘ Ostern, wenn ich an diesem Abend und in diesen Tagen voll Freude mit in den Ruf einstimmen kann:
„Der Herr ist auferstanden! – ER ist wahrhaft auferstanden!“
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen erfüllenden Glauben an die Auferstehung Jesu Christi und daran, dass sich auch an uns diese Auferstehung erfüllen wird, schon in diesem Leben und erst Recht im kommenden.
Segnung der Osterkerze
Ich möchte hier einen Vorschlag für die (häusliche) Segnung einer Osterkerze machen.
durch deine Auferstehung willst du uns Anteil geben an dem neuen ewigen Leben. Dieses neue Leben wird nicht gekrümmt sein unter der Last unseres Versagens und unserer Schuld. Dieses neue Leben wird ein Leben voller Hoffnungen und Chancen sein. Dieses neue Leben wird ohne Leid und Tod sein.
So kommen wir in dieser österlichen Stunde, um diese Kerze zu entzünden. Sie ist ein Symbol für dich, der du uns gesagt hast, dass du „das Licht der Welt“ bist, das alle Finsternis erhellt.
Wir bitten dich: dieser österliche Tag schenke uns mit seiner Botschaft Licht in den Dunkelheiten unseres Lebens.
Segne (+) diese Kerze, die uns in den nächsten Wochen und Monaten (durch unsere Gottesdienste) begleitet und uns hinweist auf das Licht, das einzige Licht unserer Hoffnung in unserem Leben, dir, unserem Bruder und Erlöser. Amen.
(Danach wird die Osterkerze entzündet.)
Trost
Trost ist die Kunst, ein kleines Licht in dunklen Stunden zu entzünden.
„Herr, dein Volk nährtest du mit der Speise der Engel und unermüdlich gabst du ihm fertiges Brot vom Himmel. (…) Deine Gabe (…) erfüllte das Verlangen eines jeden, der sie genoss und verwandelte sich in alles, was einer wollte. Deine geliebten Söhne, Herr, sollten daraus lernen: Nicht die verschiedenartigen Früchte ernähren den Menschen, sondern dein Wort erhält alle, die dir vertrauen…“ (Weisheit 16,20ff. 17.1)
Zwei Gedanken sind mir bei diesem Text aufgefallen:
„… Deine Gabe erfüllt das Verlangen der Menschen…“ und
„… dein Wort erhält alle, die dir vertrauen…“
Ich denke mir, dass diese beiden Sätze die Klammer bilden, den Schlüssel, den Zugang zum Verständnis dieser Worte.
Deine Gabe erfüllt das Verlangen der Menschen
„Verlangen“ ist hier offenbar nicht ein kurzlebiges Bedürfnis, hat nichts mit „geistlichem fast-food“ zu tun, sondern bezeichnet offenbar eine viel tiefer gehende, also ‚fundamentale‘ Sehnsucht, also eine Art „Grundbedürfnis“, oder sollte ich besser formulieren, eine „Grundbedürftigkeit“?!
Ich möchte hier jetzt keine vorgefertigten Antworten geben, denn die können wir uns alle (ich und Sie) uns selber geben:
Was schenkt mir Erfüllung, wenn alles, was Äußeres und Oberflächliches (das Furnier, das Schein-bare) ist, wegfällt oder ‚abgekratzt‘ ist?
Was brauche ich ‚im Grunde‘, um wirklich leben, überleben zu können; was ist mir also *Grundnahrung*?
(Sie können sich einen Augenblick Ruhe und Stille gönnen, und aufschreiben oder aufmalen, was Ihnen dazu einfällt.)
„… dein Wort erhält alle, die dir vertrauen…“
Der Verfasser dieser Zeilen hat die gläubige Überzeugung, dass alles, was für mein Leben wichtig ist, was mir Grund-Lage bildet, von Gott her kommt.
Wenn wir also in Krisenzeiten leben, ob nun persönliche oder auch als Gesellschaft (und die Corona-Krise kann beides zugleich sein), und wir nach geistlicher Nahrung Ausschau halten, dann kommen wir wohl auch nicht an der Frage vorbei, welche Rolle Gott dabei in meinem Leben spielt?
Traue ich IHM etwas zu?
Ver-traue ich darauf, dass ER letztlich meine Grund-Bedürfnisse stillen kann?
Nur wenn ich beiden Fragen – wenn auch nur teilweise – zustimmen kann (und wenn dahinter auch nur eine Sehnsucht, ein Wunsch danach besteht, dass Gott mir hilft), dann habe ich eine Grundlage, wo Gottes Wirken in meinem Leben mich sättigen kann.
Ich vergleiche – auch in Gottesdiensten – diese persönliche, geistliche Haltung mit einer leeren Schale (wie auf diesem Bild). Sie halte ich Gott hin, in der Erwartung, in der Sehnsucht, das ER sie füllt!
An diesem Gründonnerstag, mit dem die drei österlichen Tage beginnen, wünsche ich Ihnen Gottes Segen. Wenn Sie mir Ihre Gedanken schreiben wollen, freue ich mich darüber.
Geliebt mit Haut und Haaren
Heute, am Montag der Karwoche 2020 lese ich im Tagesevangelium die folgenden Verse aus Johannes, 12, 1-3: „Sechs Tage vor dem Paschafest kam Jesus nach Bethanien (…). Dort bereiteten sie ihm ein Mahl; Maria bediente (…). Da nahm Maria ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt.“
Gerd Eichmann / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0) Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Steinbach-St_Jakobus-60-Maria_Magdalena_salbt_Jesus_die_Fuesse-gje.jpg
Am Beginn der Karwoche also dieses Evangelium. Es richtet im weiteren Verlauf zwar auch den Blick auf das zukünftige Begräbnis Jesu, wenn es in Vers 7 heißt: „…Jesus jedoch sagte: Lass sie, damit sie es für den Tag meines Begräbnisses aufbewahrt!…“, aber dieser Satz scheint im Zusammenhang mit der Schilderung vorher etwas widersinnig, denn Maria bewahrt ja eigentlich nichts auf, sondern ‚verschwendet‘ es gleichsam in den Augen anderer. Deshalb: diesem Evangelium steckt noch viel mehr drin, was bedeutsam für diese Heilige Woche ist.
Der Stoff, aus dem Romanzen sind …
Ich möchte Sie mal zu einem sehr unkonventionellen Gedankenexperiment einladen. Lesen Sie mal den Auszug aus dem heutigen Evangelium, aber ohne die Namen „Jesus“ und „Maria“ und setzen Sie stattdessen andere – beliebige – Namen ein. Jetzt stellen Sie sich weiter vor, Sie sind Regisseur und sollen einen Film drehen, in dem auch diese Szene vorkommt… Wie würden Sie dieses Szene gestalten? Was würden Sie in der Szene zum Ausdruck bringen? (Sie können sich gerne dazu auch noch mal das Bild oben anschauen!)
… voller Zärtlichkeit, Nähe, Intimität und Eros
Erinnern wir uns, was wir in Johannes 11, 1f und 5 gelesen haben:
„…1 Ein Mann war krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf der Maria und ihrer Schwester Marta. 2 Maria war jene, die den Herrn mit Öl gesalbt und seine Füße mit ihren Haaren abgetrocknet hatte; deren Bruder Lazarus war krank. (…) 5 Jesus liebte aber Marta, ihre Schwester und Lazarus….“
Die Bibel nimmt kein Blatt vor den Mund: die Beziehung zwischen Jesus einerseits und Martha, Maria und Lazarus andererseits war eine Liebesbeziehung.
Ehrlich gesagt: müsste ich diese Szene ins Bild setzen, es wäre eine Szene voller liebevoller Nähe, Zärtlichkeit, Intimität und – ja ich wage es hier zu schreiben – auch etwas Erotik. Denn was spielt sich hier ab: eine Frau und ein Mann, von denen bekannt ist, dass sie sich sehr nahestehen, sich ‚lieben‘, wie Johannes in einem Kapitel vorher schreibt, kommen sich sehr nah, auch körperlich.
Wenn zwei Menschen sich so nahe kommen, der eine sich vor dem anderen niederhockt, die Füße berührt und sie mit kostbarem Öl salbt und dann auch noch das eigene Haar verwendet, um dieses Öl abzutrocknen, dann braucht es nicht viel Fantasie, dass man spürt, wie es auch zwischen diesen beiden Menschen knistert. Ich denke, dass man dieser Szene eine gewisse Erotik nicht absprechen kann.
Diese Erotik ist zugleich auch Ausdruck der tiefen Liebe zwischen diesen beiden Menschen. Und diese Liebe wird bedeutsam sein, wenn wir in den nächsten Tagen uns der Passion Jesu neu stellen.
Je mehr Liebe um so mehr Schmerz
Es ist kein Paradox, sondern die Kehrseite jeder Medaille, die da „Liebe“ heißt. Je mehr wir einen Menschen lieben, um so mehr schmerzt es uns, wenn diese Liebe bedroht wird. Je mehr wir einen Menschen lieben, um so mehr leiden wir mit, wenn der geliebte Mensch leidet. Um also den ganzen Schmerz verstehen zu können, den Marta und Maria mit der Hinrichtung und des Todes Jesu erfüllt hat, müssen wir uns vergegenwärtigen, wie groß ihre Liebe zu ihm war.
Wolfgang Sauber / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/91/Gotland-L%C3%A4rbro_kyrka_Bemaltes_Wandmalerei_03.jpg
Schauen Sie sich einmal dazu dieses Bild an. Es ist ein Fresko aus gotischer Zeit. Das Bild zeigt die „Mater dolorosa“, die Schmerzhafte Mutter. Auffällig ist, dass ihr ein Schwert durchs Herz geht. Mit diesem Bild wird der große, unerträgliche Schmerz Mariens ausgedrückt, den sie bei der Passion und dem Tod ihres geliebten Sohnes erleidet. Ähnlich wird es auch Martha und Maria aus Bethanien ergangen sein.
Wer viel liebt, wird nicht umhin kommen, auch viel zu leiden. Und die Salbung der Füße Jesu durch Maria von Bethanien bringt die große Liebe zu Jesus zum Ausdruck, die von so viel Hingabe, Zärtlichkeit und Eros geprägt ist.
In Liebe vereint bis … INS LEBEN!
Und wie ist es mit unserer Liebe zu Christus?
Ja, ich finde, wer mutig ist, darf sich einmal selber fragen: Wie groß ist meine Liebe zu Jesus Christus? Kann ich mir vorstellen, IHM, wie Maria, die Füße zu salben und ihm ganz nahe zu sein, weil ich mich in seiner Nähe einfach selber geliebt fühle? Oder graut es mir jetzt schon ein wenig, wenn ich an die Tage der Erinnerung seiner Passion denke und ich mich in Schriftlesung und Meditation auf SEINE Leidensgeschichte einlasse? Würde ich etwa – wie einige seiner Jünger – auch am Liebsten Reißaus nehmen und direkt vom Palmsonntag nach Ostersonntag fliehen, ohne das Abendmahl, ohne den Verrat, ohne seine Hinrichtung und sein Sterben?
Je mehr ich darüber nachdenke, ahne ich:
Wer Jesus Christus wirklich liebt, mit ganzem Herzen und mit seiner ganzen menschlichen Existenz, der wird die Passion fürchten, aber er wird auch umso mehr mit den Frauen am Ostermorgen zum Grab gehen können und voller Freude erfüllt sein, dass der geliebte HERR, MEISTER, BRUDER und FREUND nicht im Tod geblieben, sondern auferstanden ist und uns nahe bleibt, wie ER uns versprochen hat.
Und weil ich auf das lebensvolle Ende sehe, kann ich mich auf die Liebe und den Schmerz einlassen, der aus meiner Beziehung zu Jesus Christus erwächst. Denn es ist eine Liebe, die uns vereint … bis ins LEBEN!