Nach meinen Blogbeiträgen über den Trans-Mann Malte C. und auch über den queerfeindlichen Angriff in Bremen gegenüber einer Trans-Frau erreichen mich hier Kommentare, die es an Empathie für die Opfer und deren Hinterbliebenen fehlen lassen. Stattdessen nutzen sie die Kommentarfunktion, um ihre eigene Queerfeindlichkeit verbreiten zu wollen.
Sämtliche Kommentare müssen von mir gesichtet werden. Danach entscheide ich, ob ich diese Kommentare freischalte.
Natürlich werde ich solche queerfeindlichen Kommentare nicht freischalten!
Ich werde es nicht dulden, dass Hass und Häme, wie sie mittlerweile auf vielen sozialen Medien gang und gäbe sind, auch hier in meinem privaten Blog Verbreitung finden.
Wer hier Kommentare verbreiten will, die weder von Achtung noch von Respekt gegenüber Anderen geprägt sind, ist hier fehl am Platze!
Vor einigen Tagen kam ich mit einem Menschen ins Gespräch, der in einer Pflegeeinrichtung arbeitet. Seine Aufgabe ist es, verschiedene ‚Springerdienste‘ zu übernehmen: Essen austeilen, Botengänge machen oder Besucher:innen in Corona-Zeiten am Eingang in Empfang nehmen und dort die Einlassvoraussetzungen (Corona-Schnelltest, Maske, etc.) zu prüfen.
Diese Person erzählte mir, dass sie schon seit 7.00 Uhr morgens Dienst getan hat und der Arbeitstag 10 Stunden dauere. Ich sagte – recht unbedarft -: „Dann haben Sie aber doch einiges an Überstundenausgleich!“ – Sie aber lächelte mich sympathisch an und sagte: „Nein! Ich arbeite sieben Tage in der Woche. Im Juli werde ich 27 Arbeitstage haben.“
Ich wurde recht kleinlaut. Natürlich habe ich auch keinen sieben oder acht-Stunden-Tag, aber ich schaffe es immer wieder, mir auch Freiräume für meine Erholung zu nehmen.
Dieser Mensch aber tat sieben Tage in der Woche und im Juli nur mit vier Tagen frei seinen Dienst.
Doch das erstaunlichste für mich war: er beschwerte sich gar nicht. Freundlich und sympathisch erklärte er mir, dass es zwar manchmal anstrengend sei, wenn beim Einlass die Menschen nicht verstünden, warum es die Einlasskontrollen und -kriterien gibt. Aber ansonsten habe er einen guten Job, der auch körperlich nicht sehr anstrengend sei, und er sei zufrieden.
BTW: Natürlich habe ich weiterhin Bedenken, dass Menschen ohne großen Freizeitausgleich ihre Arbeit machen und das auch noch bei dünner Personaldecke (Die Person erklärte mir, dass diese Situation durch den hohen Krankenstand bei anderen Kolleg:innen entstanden sei.). Und natürlich weiß ich auch, dass die Arbeitnehmerschutzbestimmungen in Gesetzen und/oder Tarifverträgen was anderes vorsehen. Ich halte die Situation – trotz aller sympathischen Reaktion dieser Person – für äußerst bedenklich und ich erwarte, dass Politik und Unternehmen zügig etwas gegen solche Zustände tun. Solche Zustände dürfen weder ein Dauerzustand sein noch zur Normalität werden!
Aber dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – sind solche Menschen für mich Held:innen des Alltags.
Sie zeigen, was Menschen zu leisten bereit sind. An den Verantwortlichen liegt es: dieses auch wirklich und glaubhaft zu würdigen.
Und mir nötigen solche Menschen für ihre Dienstleistungsbereitschaft den höchsten Respekt ab.
Er erinnert daran, dass Ablehnung, Hass, Diskriminierung und Gewalt gegen Menschen, die sich nicht in das Heterosexuelle Geschlechtsschema einordnen lassen wollen und können, immer noch an der Tagesordnung ist.
Dies zeigt sich sowohl in staatliche Repression gegenüber nicht-heterosexuellen Menschen, die sogar vor Inhaftierung oder gar Ermordung nicht Halt macht und geht bis in Ablehnung oder Mobbing in ganz banalen alltäglichen Situationen.
Dabei ist es so einfach:
Eine geschlechtliche Orientierung oder sexuelle Präferenz, die keinen Schaden anrichtet oder Missbrauch fördert und andere nicht in ihrer Selbstwerdung einschränkt ist kein Verbrechen, sondern ein Grundrecht der Selbstinszenierung und Selbstbestimmung.
Gerd A. Wittka, 2022
Reden und Schweigen
Manche verstehen es nicht, wie es sich mit öffentlichen Statements verhält.
Wer öffentliche Statements abgibt, aber keinen öffentlichen Diskurs will, sollte doch lieber schweigen.
Öffentliche Kommunikation ist keine Einbahnstraße!
„… Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme …“ (Mk 9, 36)
Wieviele Frauen und Männer, Jugendliche und Kinder werden – wenn sie an diesem Sonntag diese Schriftstelle hören – innerlich zusammen zucken?! Wieviele Menschen wird in den Sinn kommen, was an zigtausenden Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen durch kriminielle Verbrechen sexualisierter Gewalt in der Vergangenheit durch kirchliche Amtsträger an Leid geschehen ist?!
Auch wenn ich als Theologe weiß, dass es bei diesem Beispiel Jesu um was ganz anderes geht, kamen mir an dieser Textstelle die unzähligen Nachrichten von sexualisierter Gewalt und deren Vertuschung in den Sinn.
Symbolbild, Quelle: www.pixabay.com
Dabei war es früher einmal ganz anders. Als Kind und Jugendlicher – als ich noch nichts wusste von diesen abscheulichen Verbrechen – war diese Textstelle der Inbegriff einer herzlichen und liebevollen Begegnung zwischen dem Kind und Jesus. Hier ging es um Ansehen, Respekt und Würde auch eines noch so kleinen Wesens, das aus gesellschaftlicher Sicht kaum Beachtung fand.
Auch ohne dem Hintergrund von sexualisierter Gewalt würden wir heute wahrscheinlich etwas skeptischer auf ein solches Verhalten Jesu blicken. Denn heute wissen wir, dass Übergriffigkeit schon sehr schnell geschehen kann. Sie kann schon geschehen, wenn man ein Kind – ohne dass es damit einverstanden ist – „in ihre Mitte“ stellt und es so ungefragt „in seine Arme“ nimmt.
Ja, ich höre sie schon, jene, die mir unterstellen, man dürfe es auch nicht übertreiben!
Ich finde, die Ereignisse und Nachrichten der letzten Jahre – gerade auch aus dem Umfeld der Kirche, aber auch darüber hinaus – können uns gar nicht sensibel genug werden lassen für das Thema „Übergriffigkeit“.
Quelle: www.pixabay.com
Von Erwachsenen selber gar nicht so empfunden, können sie für Kinder verstörend sein.
Apropos „Ansehen, Respekt und Würde“: Ich finde mehr und mehr, dass man schon bei Begegnungen mit Kleinkindern und Kindern dem heute eher gerecht wird, wenn ich sensibel darauf achte, welche Signale von Kindern ausgehen, wenn sie anderen Menschen begegnen? Sind sie erfreut und offen, gehen sie vielleicht selber auf Erwachsene zu, oder machen sie hingegen einen verunsicherten oder gar ängstlichen Eindruck? Schauen sie mich musternd und skeptisch an mit versteinerter Miene oder sind sie unbefangen oder gar fröhlich.
Ich jedenfalls würde heute Kinder – so ohne Weiteres – nicht in die Arme nehmen, wie wir es heute von Jesus hören.
Ein Beispiel: Wenn Eltern mit ihren Kindern zur Kommunionempfang kommen aber offensichtlich ist, dass das Kind noch nicht zur Kommunion gegangen ist, dann ist es mittlerweile gute Angewohnheit, diese Kinder an der Hand ihrer Eltern nicht unbeobachtet zu lassen, sondern sie zu segnen. Manche, die die Kommunion austeilen, tun dies selbstverständlich und ohne großes Fragen, machen dem Kind ein Kreuzzeichen auf die Stirn und … fertig!
Ob das Kind es gewollt hat?! Sicher ist man sich da nur, wenn man eindeutige Signale von es bekommen hat, dass es das auch möchte.
Seit Jahren habe ich es deshalb bei mir zur Regel gemacht, selber in diesem Augenblick in die Knie und auf Augenhöhe mit dem Kind zu gehen (sofern das noch mein rechtes Kniegelenk einigermaßen geschickt zulässt) und das Kind zu fragen, ob ich es segnen darf. Zumeist verbinde ich damit auch dann die Frage, ob es mir seinen Namen sagen würde? Nennt es mir dann seinen Namen, lege ich dem Kind eine Hand auf und spreche – unter Namensnennung – einen Segen.
Symbolbild, Quelle: www.pixabay.com
Ich habe für mich gefunden, dass das ein respektvoller Umgang mit dem Kind ist. Was denken Sie darüber?
Kommen wir aber zur Schriftstelle dieses Sonntags zurück:
Jesus will ein Beispiel setzen, dass er sich mit den Kleinen und Geringgeachteten solidarisiert. Er will deutlich machen, wer Menschen aufnimmt, die wenig geschätzt und geachtet werden, der nimmt IHN gleichsam selber auf.
Eine Heiligenlegende eines Volksheiligen, des hl. Martin von Tours, der seinen Mantel mit einem Bettler teilt, weil dieser sonst zu erfrierend droht, ist ein gutes Beispiel für die Übersetzung des heutigen Evangeliums in unseren Alltag.
Doch leider können wir – unter dem Zeichen der Verbrechen sexualisierter Gewalt in den Kirchen – und auch anderswo – so unbefangen auch diese Textstelle nicht mehr lesen, ohne uns darüber Rechenschaft ablegen zu müssen, wie wir die Würde jener zum Recht verhelfen, die klein, hilfsbedürftig, entrechtet werden, um an und mit ihnen ein Beispiel zu geben, wie wir ihnen das Ansehen verschaffen, dass ihnen von Gott gegeben ist und sie in SEINEN Augen groß sein lässt.
Ich finde, wenn uns diese Textstelle des heutigen Sonntags hilft, sensibler mit den Themen „Übergriffigkeit“, „Respekt“, „Missbrauch“ und „sexualisierter Gewalt“ umzugehen, dann kann ich gut damit leben, wenn es auch nicht das zentrale Thema dieser Textstelle ist.
Aber angesichts der Schwere dieser Verbrechen gegen Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlenen darf uns kein Text aus dem Evangelium dafür zu schade sein, diesen Text auch unter diesem Vorzeichen zu lesen, zu interpretieren und zu verstehen!