Gaudete 2024

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„Freut euch!“ sagt Paulus.
Das klingt schön, aber was, wenn man sich gar nicht danach fühlt?
Wenn man trauert, gemobbt wird, krank ist oder Weihnachten vor der Tür steht, man aber keine Freude empfinden kann?
Freude kann man doch nicht einfach befehlen oder erzwingen!
Was meint Paulus also damit?

Paulus sitzt im Gefängnis, als er diese Worte schreibt.
Er rechnet mit Folter oder sogar dem Tod.
Trotzdem ermutigt er die Menschen in Philippi: „Freut euch dennoch!“
Er spricht von einer tiefen inneren Haltung, nicht von oberflächlicher Fröhlichkeit.
Paulus meint: Seht nicht nur das Negative, bleibt gelassen und lasst euch nicht unterkriegen – trotz aller Schwierigkeiten.

Paulus sagt: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!“
Diese Freude entsteht aus dem Vertrauen, dass wir zu Gott gehören und in ihm geborgen sind – wie ein Kind im Mutterleib.
Egal, was passiert, Gott ist bei uns.
Paulus erinnert uns: Ob wir leben oder sterben, wir gehören Gott.

Es gibt Menschen, die keine Freude mehr empfinden können.
Ihr Leben scheint nur aus Mühe und Sorgen zu bestehen.
Ihre Gesichter sind voller Falten, sie klagen und auch der Glaube wirkt wie eine Last.
Solchen Menschen zu sagen: „Freut euch!“ klingt sinnlos, aber genau sie brauchen diese Botschaft am meisten.

Andere Menschen strahlen Freude aus, auch wenn sie schwere Zeiten durchgemacht haben.
Diese Freude kommt von innen und zeigt sich in einer positiven Lebenseinstellung.
Genau diese Haltung meint Paulus.
Freude lässt sich nicht erzwingen, aber man kann sie lernen.

Freude ist wie ein Licht, das wir schützen müssen.
Viele Dinge können sie zerstören: Neid, Streit, Sorgen oder Unzufriedenheit.
Diese negativen Einflüsse sind wie ein Glas, das Licht erstickt, oder wie Steine, die auf die Flamme drücken.

Um Freude zu bewahren, können wir versuchen, folgende Impulse in unserem Leben umzusetzen:

  1. Lerne, dich selbst zu mögen und dir etwas zuzutrauen.
    Wir sollten genießen können – wer nicht genießen kann, wird ungenießbar. Gut zu denken, zu handeln und andere gelten zu lassen, schenkt innere Zufriedenheit.
  2. Sorgen gehören zum Leben, aber sie dürfen uns nicht beherrschen.
    Denken wir an den großartigen Satz Jesu: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch Ruhe verschaffen.“ (Mt 11,28).
    Wer seine Sorgen Gott hinhält, der lässt sie los und gibt damit der Freude Platz und Luft.

Wer Freude sich trägt, wird auch Frieden finden – mit sich selbst, mit anderen und mit Gott. Paulus verspricht: „Der Friede Christi, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und Gedanken bewahren.“

Ich wünsche uns allen Mut und Kraft, diese Freude im Alltag zu leben. Sie hat die Macht, alles Schwere zu verbannen und das Wertvolle hervorzubringen. Vielleicht können wir so auch Weihnachten mit neuen Augen betrachten.




2. Adventssonntag – C – 2024

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Gedanken zu Baruch 5, 1-9

Geschlagen und gebeutelt bist du, Jerusalem.
Deine Kinder sind unter Verfolgung und Gewaltherrschaft, dass über dich gekommen ist, in alle Himmelsrichtungen verstreut worden.
Sie konnten nur fliehen, mit dem, was sie am Leibe trugen, bar ihres ganzen Hab und Guts.
Schmutzig und staubig wurden die Kleider deiner Kinder, blutig und strauchelnd ihre nackten Füße, die sie fort trugen aus der Gewalt ihrer Peiniger.
Fern von der Heimat und dem verheißenen Land fristen deine Kinder ihr Los.

Wo ist nun Gott, der Zukunft dir verheißt, Jerusalem; wo ist die Erfüllung der Verheißung, wo deine Rettung, wo dein Heil? —

Es ist das Klagelied Jerusalems damals, was Baruch als Grundlage seiner Worte aus der heutigen Lesung im Hinterkopf hat.
Es ist das Klagelied über die Not und die Verzweiflung der Geschundenen, der Männer, Frauen und Kinder, denen nur die Flucht blieb, um das zu retten, was ihnen noch blieb: ihr eigenes Leben – nicht mehr und nicht weniger.

Wem bei diesen Gedanken, die Menschen in den Sinn kommen, die heute auf der Flucht sind, der hat sich sein mitfühlendes Herz bewahrt.

Wer im Schicksal der damaligen Kinder Jerusalems auch heute noch das Schicksal der Flüchtenden sieht, die über das Mittelmeer kommen, um ihr Leben zu retten und die auf der Suche sind, nach ‚ihrem‘ gelobten Land, der kann vielleicht die Sehnsucht de Menschen erahnen, die Baruch heute im Blick hat.

Den Menschen mit ihrer Sehnsucht nach der Verheißung Gottes widmet Baruch seine Zeilen.
Es sind poetische Worte der Rettung und Befreiung.
Er verkündet den Menschen in der Zerstreuung – der Diaspora – die Rückkehr in ihre Heimat, ihr Zuhause, an den Ort, wo sie ihres Lebens sicher sein können.
Es ist zugleich der Ort, wo sie ihrem Gott wieder nahe sein und im Licht seiner Herrlichkeit leben können.

Es lohnt sich, diese Worte der Befreiung noch einmal zu verinnerlichen.
Ich versuche es mit eigenen Worten:

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Zieh das Gewand der Trauer aus, Jerusalem,
und kleide dich in das Licht der Gerechtigkeit.
Dieses Licht ist wie ein Mantel aus Gottes Herrlichkeit, der dich
umhüllt, der, wie Morgenröte die Nacht vertreibt.

Schau, die Wege werden geebnet,
Berge beugen sich in Ehrfurcht,
Täler heben sich wie Hände zum Himmel.
Kein Hindernis bleibt, kein Stein blockiert den Pfad,
auf dem deine Kinder heimkehren.

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Von Osten und Westen,
vom Rand der Erde sammeln sie sich,
geführt vom Wort, das Himmel und Erde erschuf.
Mit jedem Schritt weicht die Finsternis,
denn Gottes Licht leuchtet ewig.

Jerusalem, erstrahle,
denn der Herr hat dich erwählt.
Die Bäume rauschen seinen Lobgesang,
die Wälder beugen sich im Jubel.
Du bist nicht mehr die Stadt der Klage,
sondern die Braut, geschmückt mit Frieden und Freude.

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Gott selbst führt dich,
wie ein Hirte seine Herde,
wie ein Vater sein Kind.
Und alle, die sehen, werden wissen:
Der Herr hat sein Volk nicht vergessen.

• Wir dürfen diese Worte einen Augenblick so stehen lassen und mit ihnen nachspüren, welche Gefühle sie in uns wecken?

• Wo sehnen wir uns in unserem Leben nach Befreiung und Erlösung?

• Was lastet schwer auf unserem Leben?

• Und wo fühlen wir uns manchmal fern von Gott oder sogar von ihm verlassen?

In diesen Gefühlslagen will das Wort aus dem Buch Baruch auch uns erreichen und unser Vertrauen stärken, dass Gott uns nicht aus den Augen verliert.
Gott ist um unser Heil besorgt und er tut, was nötig ist, selbst wenn er seinen eigenen Sohn in diese unheilvolle Welt schicken muss, um inmitten dieser erlösungsbedürftigen Welt Heilung zu bringen.

Wer weiß, wie beschwerlich eine Wanderung zu Fuß über Berg und durch Tal sein kann, der bekommt ein Gefühl für die Erleichterung und Leichtigkeit, die Gott uns zu Teil werden lassen möchte, jetzt, hier und in unseren sehr konkreten Lebenslagen.

Es wir sein, wie ein erholsames Fußbad nach anstrengender Wanderung.
Hier wird es uns gut gehen.

Dann können wir wieder bewusst den Duft der Bäume riechen und genießen und die Wohltat spüren, die ihr Schatten uns unter sengender Hitze verschafft.

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Sein Heil ist dann wie ein nach Hause kommen, an einen sicheren Ort, an dem wir in innerer und hoffentlich äußerer Sicherheit und ohne Angst leben können.
Da, wo unsere Vergangenheit lag, da wird auch unsere helle Zukunft sein.
Dieses Heil ist dann wie ein Ort, an dem unsere geschundene Seele sich erholen und gesunden darf.
Denn: ER wird uns Gutes tun!

Übersetzung: „Wo gehen wir denn hin?
Immer nach Hause.“ (Novalis)
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01.12.2024

Um 4.15 Uhr war ich heute wieder wach – und ich weiß nicht, warum.

Habe eigentlich gut bis dahin geschlafen und interessante Träume gehabt.
Ist schon manchmal witzig, was sich die Seele in den Träumen für Bilder und Gegebenheiten zusammen bastelt!

Heute Morgen haben wir vom ‚Junger Chor Beckhausen‘ wieder Einsatz in einem Gottesdienst. Und ich würde so gerne dahin.
Doch zwanghaft in den Schlaf zu kommen – so weiß die Erfahrung – bringt nichts. Das puscht noch mehr auf.
Also stehe ich auf und bete erst mal die ‚Laudes‘.

Der Herr mag sich wundern, wer schon so früh ein „Morgenlob“ anstimmen mag.

Und ja, auch wenn es ungünstig ist, dass ich so früh wach bin.
Ich bin nicht negativ gestimmt. Außer dem Schlaf fehlt mir nichts. Es gibt nichts, was mich körperlich oder psychisch bewusst plagt.
Also kann ich doch dankbar sein.
Und wer will verneinen, dass es ein ‚Zeichen des Himmels‘ ist, dass ich so früh – noch vor dem ersten Hahnenschrei – meine geistige Stimme erheben kann – zum Lobe Gottes?!

Ich jedenfalls versuche es so anzunehmen und hoffe, dass Gott mir auch den erholsamen Schlaf schenkt, wenn ich ihn brauche.


Was für Friedensworte, die mir heute am 1. Adventssonntag 2024 geschenkt werden!
Wie passend für die derzeitige Situation in der Welt!

Beten wir für diesen Frieden, ob für die Menschen in Israel, Palästina und dem Nahen Osten oder für die Menschen in der Ukraine, die dem brutalen Angriffskrieg Putins standhalten wollen.
Beten wir aber auch für den Frieden, in unserer kleinen, so unbedeutend erscheinenden Welt.
Denn wenn der Friede im Kleinen aufbrechen kann, trägt er den Samen auch für den großen Frieden in der Welt in sich.

Es ist nämlich der ein- und derselbe Geist, der den Frieden bei mir, in meinem nächsten Umfeld oder in der großen weiten Welt möglich macht.




Verstehen

Mit dem 1. Adventssonntag beginnt ein neues Jahr, ein neues ‚Kirchenjahr‘.
Im Unterschied zum weltlichen Jahr, das vom 01.01. bis zum 31.12. andauert, beginnt das ‚Kirchenjahr‘ mit dem 1. Adventssonntag und endet am Samstag nach dem Christ-König-Sonntag (katholisch) resp. dem Ewigkeitssonntag (Totensonntag – evangelisch).

Im kirchlichen Verständnis gibt es also offenbar eine andere ‚Logik‘, als der, die sich nach Jahreszeiten oder Sonnenständen richtet.

Wie ist aber die Logik des Kirchenjahres?
Ich möchte es so formulieren:

Ich will es an zwei Punkten verdeutlichen:

  1. Christkönig-Sonntag
    Die Texte des Christkönigs-Sonntags sind von der Wiederkunft Christi am Ende aller Zeiten bestimmt.
    Dieses Ende bedeutet nach christlichem Verständnis nicht das Ende, sondern die Vollendung der ganzen Schöpfung und die Vollendung des Heils, das Gott den Menschen und seiner ganzen Schöpfung verheißen hat.
    Das Ende des Kirchenjahres lässt unseren Blick also nach vorne richten, wenn man „den Menschensohn in Wolken kommen sehen“ (Mk 13, 24ff.) wird, „mit großer Kraft und Herrlichkeit“ und ER die Engel aussenden wird „und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen“ wird. (vgl. ebd.)
  2. Beginn der Adventszeit
    Ebenso sind die Lesungstexte am Beginn der Adventszeit von der Endzeiterwartung her geprägt.
    Eigentlich verstehen wir die Adventszeit als eine reine Vorbereitungszeit auf Weihnachten hin. Aber das stimmt so eigentlich nicht. Denn die ersten Tage und Wochen der Adventszeit richten mit ihren Lesungen unseren Blick ebenso auf die Endzeit, in der alles vollendet werden wird.
    So lautet der Evangelientext des 1. Adventssonntag im Lesejahr C, das am 1. Adventssonntag 2024 beginnt, wie folgt:
    „Dann wird man den Menschensohn in einer Wolke kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe.“ (Lk 21, 27f.)

An beiden Sonntagen wird deutlich, dass die Logik des Kirchenjahres nicht der Logik des weltlichen Jahres folgt.
Denn die Logik des christlichen Glaubens lässt sich nur vom Ende her verstehen.
Und dieses Ende ist eigentlich – so paradox es scheinen mag – kein Schlusspunkt, sondern ein nie endender Höhepunkt des ganzen Schöpfungswerkes Gottes, nämlich die Vollendung der ganzen Schöpfung durch Jesus Christus.

Jetzt wird es aber noch etwas komplizierter, da nach christlichem Verständnis die Vollendung der Schöpfung nicht ein ungewisser Zeitpunkt irgendwann in naher oder ferner Zukunft ist, sondern diese Vollendung der Schöpfung reicht von der Zukunft her schon zurück in unsere jetzige Gegenwart, wenn Christus davon spricht, dass das Reich Gottes schon angebrochen ist.
So heißt es im Lukas-Evangelium Kapitel 17 Vers 21:
„Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es! oder: Dort ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch. …“

Deswegen spreche ich auch lieber von der Vollendung der Schöpfung am Ende aller Zeiten.


Wer dieses Thema vertiefen möchte, dem empfehle ich folgende Seite:
Leben von der Vollendung her. Eschatologische Hoffnung für diese Welt.


Wenn wir also jetzt die Zeit des Advents beginnen, dann geht es nicht nur um die heimelige Vorbereitung auf das Weihnachtsfest, sondern dann geht es darum, unseren Blick zu weiten auf unsere letzte christliche Hoffnung hin, nämlich dass die ganze Schöpfung – die noch unvollendet ist und Zeichen dieser Unvollkommenheit zeigt im Kreislauf der Natur, im Werden und Vergehen, in Geburt und Tod, aber auch in den Widrigkeiten irdischer Existenz wie Krankheiten, Not, Gewalt, Krieg, … – peu à peu – eine Neuschöpfung erfährt.

Diese Neuschöpfung trägt in sich schon den Samen der Vollendung und deren zarte Pflanze der Vollendung ist bereits angefangen zu wachsen, aber dieses Wachstum ist noch nicht beendet.

Ich möchte dir heute dieses Bild zum besseren Verständnis anbieten:

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Dieses Bild zeigt das Ensō (japanisch 円相 Kreis), ein Symbol aus der japanischen Kalligraphie, welches in enger Verbindung mit dem Zen-Buddhismus steht.

Man kann auf diesem Bild sehr gut den Schaffensweg erkennen: ein Kreis wird gezogen bis zur Vollendung.
Unser christliches Verständnis von Vollendung der Schöpfung ist quasi wie das Malen dieses Kreise.
Es beginnt mit einem bestimmten Zeitpunkt und entsteht unter der Führung des Pinsels, nimmt immer mehr Kontur und Form an, ist aber noch nicht vollendet.
Wenn es dann zu Ende gebracht ist, geht das Ende des letzten Pinselstriches über in den Anfang und es entsteht ein Kreis, ein Symbol, das weder Anfang noch Ende kennt.

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Vielleicht ist deshalb der Adventskranz mit seiner Kreisform das etwas bessere Symbol für den Advent.
Der kreisrunde Adventskranz zeigt damit die Hoffnung auf diese Vollendung an, die schon begonnen hat und in deren Vollendungsprozess wir mitten drin stecken … mit dem Blick in eine Zukunft, wo diese Vollendung abgeschlossen sein wird.

Um so den Advent zu begehen, braucht es schon Mut und die Bereitschaft, den christlichen Glauben zu vertiefen.
Dazu lädt uns diese Adventszeit wieder ein.

Ich wünsche dir und euch – so verstanden – eine gesegnete Adventszeit!




2. Advent – Tröstet!

„Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott!“

Dieser Text aus dem Buch Jesaja fordert uns heute ebenfalls heraus, wenn ich ihn richtig deute!

Vom Trost ist im Advent viel die Rede: „Wo bleibst du Trost der ganzen Welt…?“ heißt es in einem Adventslied.

Das Wort ‚Trost‘ weckt in uns ein Gefühl, das wir alle kennen.
Viele Texte und Aphorismen beschäftigen sich mit diesem Thema.
Trost scheint ein wertvolles Wort zu sein.
Aber als Wort allein ist es bedeutungslos.

Was bedeutet Trost, was spendet Trost?

Ich grüble schon den ganzen Tag über diese Frage nach, aber ich finde nur Begriffe, Gedankensplitter, Bilder, Vermutungen … aber nichts davon kann ich richtig erfassen, verstehen und ausdrücken, zumindest nicht vollständig.

Über den Trost nachzudenken bleibt wohl nur bruchstückhaft.
Aber vielleicht liegt darin das Geheimnis vom Trost.
Eine universelle Definition von Trost gibt es nicht. Ebenso wenig gibt es eine verbindliche Regel, wie man richtig tröstet.

Trost hängt von der Situation und der Beziehung ab, in der er gesucht und gegeben wird. Er ist nicht allgemein oder abstrakt, sondern konkret und individuell. Er richtet sich nach dem, was jemand erlebt hat und mit wem er verbunden ist.

Und Trost ist gefährlich, für jene, die Trost spenden wollen allemal.
Denn nur wer wirklich trösten will, braucht den Mut, bei den Menschen zu bleiben und mit ihnen zu sein; sich von ihrem Schicksal bewegen und berühren zu lassen. Trost geben zu wollen, heißt auch, bereit zu sein, in gewisser Weise mitzuleiden.

So drückte es der Publizist Peter E. Schumacher aus:

Trost

…und bisweilen
kommen da Worte,
die dich gleichsam
starker Hände
nehmen,
dich halten und
behutsam führen,
deren sanfter Druck
dir Trost schenkt
und die nicht
scheuen
die Nässe

deiner Tränen…

© peter e. schumacher (1941 – 2013), Aphorismensammler und Publizist, zitiert – mit freundlicher Genehmigung – nach: https://www.aphorismen.de/gedicht/36237

Die Herausforderung und die Pflicht ist es, in dieser Nähe respektvoll zu bleiben und keine Grenzen zu überschreiten.
(Wohin das führen kann, erfahren wir seit Jahren sehr leidvoll in den vielen Aufdeckungen spirituellen Missbrauchs oder sexualisierter Gewalt.)

Dieser Mut zur Nähe ist ein Mut zur emotionalen Nähe, ohne dabei selbst in den Sog von Unglück und Leid herunter gezogen zu werden.


Trost braucht Empathie, ich übersetze es gerne mit Einfühlsamkeit!

Diese Einfühlsamkeit ist es übrigens, die Gott uns zeigt und diese göttliche Einfühlsamkeit ist der Ursprung, warum Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist.

Gott ist an unserer Seite, Gott steht hinter uns, Gott steht uns bei.
Das ist der „Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt“, wie es im Adventslied heißt.

Wenn es ein Unternehmen gäbe, das „Trost“ anbietet – es wäre heute sehr gefragt!
Denn: Viele Menschen sehnen sich nach Trost! … Echter Trost ist mehr als nur eine Vertröstung. Echter Trost schenkt Mut und Kraft für den nächsten Schritt. Denn ich fühle: Ich bin nicht allein gelassen.


Manchmal kommt der Trost unerwartet und leise, nicht durch Worte, sondern durch Gesten und Zeichen von Güte und Wertschätzung: eine Nachricht – egal in welcher Form in diesen modernen Zeiten -, ein freundliches Gesicht, eine ehrliche Nachfrage, ein aufmerksames Zuhören oder ein stilles Beisein bei Menschen, die jetzt nicht allein sein wollen, …. Das kann Mut machen und Trost spenden.

Man erkennt oft den Trost nicht an den Handlungen des Tröstenden, sondern an der Wirkung, die der Trost auf den anderen Menschen hat.

Der österreichische Priester Martin Gutl hat das in seinem Buch: „Der tanzende Hiob“ – Styria Verlag 1975, mal so beschrieben:

„Nach einer Begegnung:
ein anderer Mensch.
Seine Schultern sind aufgerichtet,
einige Falten sind verschwunden….“

zitiert nach: https://www.ekkw.de/blick-in-die-kirche/download/blick_mag_Dez08.pdf, S. 15.

Karl May schreibt über den Trost:
Siehst du ein Menschenkind in Tränen,
verhalt’nes Schluchzen in der Brust,
so wolle ja nicht, ja nicht wähnen,
dass du mit Worten trösten musst.

Vermeide es, ihn zu beraten;
geh weiter, aber sende dann
die Liebe, die in stillen Taten
ihm heimlich, heimlich helfen kann.

Berührt ein kalter Schall die Wunde,
so schmerzt er nur und heilt sie nicht;
der Trost wohnt nicht im leeren Munde,
er ist des Herzens tiefste Pflicht.

Vor einem Wort am rechten Orte
kehrt wohl der Harm beruhigt um,
doch wahrer Schmerz hat keine Worte,
und auch der wahre Trost ist stumm.

Karl May (1842 – 1912), zitiert nach: https://www.aphorismen.de/gedicht/98868

Ich formuliere meine Erkenntnis mit meinen eigenen Worten.

Trost
ist die Kunst,
ein kleines, warmes Licht
in dunklen Stunden
zu entzünden;
es blendet nicht –
es leuchtet.

© Gerd A. Wittka, *1963, katholischer Priester, Krankenhaus-Seelsorger


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1. Advent

„Macht Mut! Sagt den Verzagten: fürchtet euch nicht!“

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Wer mich kennt, weiß, dass ich eher zu den Seelsorgenden gehöre, die auch mal gerne den „Finger in die offene Wunde“ legen.

Ich denke zurück an eine Christmette in einer ehemaligen Pfarrei, in der ich in der Predigt nicht nur ‚Eiapopeia‘ gesagt habe, sondern eher eine kritische und reflektierende Predigt gehalten habe.

Einige Leute fanden es auch ‚falsch‘, dass ich am Ende des Gottesdienstes nicht „Stille Nacht, heilige Nacht!“ singen ließ, sondern „Oh du fröhliche!“.

Nach dem Gottesdienst kam eine Person zu mir und gestand mir offen, dass meine Predigt und das ausgelassene Lied am Schluss ihr das Weihnachtsfest ruiniert hätten!

Es verdeutlicht, wie sehr die Advents- und Weihnachtszeit mitunter von irrationalen Gefühlen geprägt sind.

Ich würde mich daher heute an den Propheten Kohelet anlehnen und sagen: Für alles gibt es eine Zeit!

Ja, je älter ich werde, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass es auch eine angemessene Zeit für ‚Eiapopeia‘ gibt – und das meine ich jetzt nicht abwertend, sondern anerkennend!

Denn es gibt auch eine Zeit, wo es mehr darum geht, auf die Gefühle zu achten, als auf verkopfte Sachlichkeit!

Ich möchte Ihnen heute anhand eines recht konkreten und zugleich fast banalen Beispiels etwas erklären. Es ist uns buchstäblich ins Auge gesprungen!
Vor ein paar Tagen habe ich mir die Mühe gemacht, dieses adventliche Gesteck zu gestalten.

Adventsgesteck in der Krankenhaus-Kapelle des AMEOS Klinikums St. Clemens Oberhausen, Foto: (c) Gerd Wittka

Einem Freund habe ich vorher über whatsapp die anfänglich doch sehr karge Holzschale mit den vier Kerzenhaltern gezeigt und dann das abschließende Werk. Sie kennen das: Vorher/Nachher-Bilder!

Und dann schrieb er mir zurück:

„Mein Favorit ist die Blanko-Version ohne Schmuck.“

Adventsgesteck vor der Dekoration, Foto: (c) Gerd Wittka

Natürlich hatte ich gehofft, dass er ‚mein Werk‘ auch schön findet, so wie seine Frau es schön fand.

Seine Meinung hat mich nachdenklich gemacht.
Ja, manchmal mag ich es auch lieber schlichter und puristischer, auf das Wesentliche beschränkt. Und das sind im Advent nun mal die Kerzen!

Es kommt mir vor, als wäre es nun an der Zeit, dieses Gesteck mit viel Grün, Rot und Gold zu schmücken, mit gemütlichen Orangenscheiben und Zimtstangen.

Deshalb schrieb ich ihm zurück:

„Ja, das glaube ich dir!
Aber wir müssen manchmal ‚das Herz‘ der Menschen bedienen, die in die Kapelle kommen, sei es die Herzen der Kranken oder deren Angehörigen oder auch der Mitarbeitenden, die hier mal zur Ruhe kommen wollen, verschnaufen wollen und auch die ganzen Eindrücke und Erfahrungen sacken oder sogar loslassen wollen.

Wir müssen auch etwas ‚das Herz‘ der Menschen bedienen, die mal adventliche Gefühle brauchen und vielleicht dadurch angeregt werden, sich an Zeiten zu erinnern, wo das Leben entspannter und heimeliger war. Kannst du das verstehen?“

Und er antwortet knapp und fast schon puristisch: „Blanko kommen bei mir mehr Gefühle.“

Ja, nach den Erfahrungen der Pandemie, den schlimmen Nachrichten aus aller Welt über Kriege, Terror, Naturkatastrophen, die Krisen in unseren Kirchen und die Verbrechen von sexuellem oder geistlichem Missbrauch glaube ich, dass es in diesem Jahr besonders wichtig ist, unseren adventlichen Gottesdiensten mehr Gefühl zu verleihen.

Es ist wieder an der Zeit, in unserem Herzen zu spüren, welch großes Wunder geschehen ist, als Gott vor mehr als 2.000 Jahren in Jesus Christus zu uns auf die Erde kam.
Er kam, um „allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes“, wie es im Benedictus des morgendlichen Stundengebets heißt!

Denn auch durch den emotionalen Zugang zu unserem Glauben gibt es eine heilsame und hoffnungsmächtige Wirkung.

Gerade wenn wir „…mit dem Herzen glauben…“ (1 Kor 12,3) und „…mit dem Mund bekennen …“ (Röm 10,9), dann werden wir nach der Überzeugung des heiligen Paulus gerettet werden. (vgl. 1 Kor 12,3)

Das Herz, der Sitz nicht nur unserer Liebe, sondern auch Sitz unserer Gefühle, ist – so glaube ich – in dieser Zeit wieder mehr gefragt.

Eine Möglichkeit, mit dem Mund zu bekennen, ist zum Beispiel, traditionelle Adventslieder zu singen oder Geschichten und Geschichtchen vorzulesen oder zuzuhören, die uns berühren!

Ich glaube, dass es in Zukunft wieder Zeiten geben wird, in denen wir in der Advents- und Weihnachtszeit auch mehr den Glauben mit dem Verstand verbinden können.

Jetzt aber scheint für mich mehr die Zeit des Glaubens mit dem Herzen zu sein!

Ich wünsche uns allen, dass wir die Adventszeit voller Freude erleben und uns daraus neue Kraft und Hoffnung schöpfen, ohne die Realität aus den Augen zu verlieren!

Foto: Gerd Wittka, 02.12.2023

Und ganz zum Ende dieses Impulses etwas ‚fürs Herz‘:

Advent

Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt
und manche Tanne ahnt, wie balde
sie fromm und lichterheilig wird,
und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin – bereit,
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.

Rainer Maria Rilke, aus: Advent Es treibt der Wind im Winterwalde die Flockenherde wie einhttps://www.aphorismen.de/gedicht/12324




Gesegnete Adventszeit

Foto: Gerd Wittka, 2022

Wo draußen alles schon ziemlich weihnachtlich ist und der Kommerz keine adventliche Ruhe aufkommen lässt, haben wir heute am Vorabend des 1. Adventssonntag das neue Kirchenjahr besinnlich begonnen.



Den ersten Teil der Eucharistiefeier haben wir ganz bewusst besinnlich gehalten mit Musik und Texten, mit Ruhe und auch traditionellen Adventsliedern.

Den Altarraum haben wir bewusst in den Farben des Advents gehalten.

Für die Gemeinde und für mich war das eine neu gestaltete Form. Mit dieser Gemeinschaft darf ich aber solche neuen Wege gehen. Und das macht auch für mich diese Gottesdienste in der Krankenhauskapelle so wertvoll.


Exkurs: Krankenhaus-Seelsorger als Tausendsassa

Als Krankenhaus-Seelsorger ist man heute manchmal auch ein Tausendsassa.
Das habe ich in diesem Jahr in beiden Krankenhäusern, in denen ich Dienst tue, deutlich erleben können.
Im AMEOS-Klinikum St. Clemens kümmern sich mein Kollege und ich auch darum, dass die Kapelle adventlich gestaltet wird: Adventsgesteck mit LED-Kerzen besorgen, damit auch über Tag die 'Kerzen brennen' können - ohne Brandgefahr. Den Altar dekorieren. Und eineinhalb Stunden vor dem Gottesdienst habe ich die dekorative Beleuchtung für den Altarraum aufstellen müssen, die nach dem Gottesdienst natürlich auch wieder abgebaut werden musste (siehe Bild oben!).
Deshalb bin ich sehr dankbar, dass ein Gottesdienstteilnehmer auch schon 40 Minuten vor dem Gottesdienst da ist und den eigentlichen Küsterdienst übernimmt, in dem er alles für den Gottesdienstablauf herrichtete.
Im anderen Krankenhaus bekamen wir jedes Jahr für die Kapelle einen Adventskranz von der Klinik gestellt. Doch in diesem Jahr wurde nichts geliefert. Am Donnerstagabend wurde uns das klar. Und so mussten wir noch schnell eine Lösung finden. Also habe ich mich noch am selben Abend hingestellt und mit etwas handwerklichem Geschick eine 'Lösung' gezaubert aus einer Wurzelholzschale und vier Kerzentellern. Meine evangelische Kollegin wird dann noch etwas Dekoratives für die Schale besorgen. Die nachfolgender Bilder zeigen die noch nicht vollständige Version.
Fotos: (c) Gerd Wittka, 2022
Einerseits macht es mir viel Freude. Andererseits bindet das aber auch Kräfte, die mir woanders fehlen. Und das ist eine große Herausforderung in unserem Dienst.
Dies zeigt mir, dass Krankenhaus-Seelsorge oft so ganz anders ist als Seelsorge in etablierten gemeindlichen Strukturen.
Demnächst werde ich Bilder zeigen und etwas dazu schreiben, wie wir in der Krankenhaus-Kapelle des EVKN, Standort Johanniter-Krankenhaus Oberhausen die Kapelle als Erfahrungs- und Besinnungsort während der Adventszeit gestalten. Da wir wegen Corona dort noch immer keine Präsenzgottesdienste feiern können, wollen wir wenigstens für Patient:innen und Mitarbeiter:innen einen geistlichen Ort schaffen, in dem man in der Hektik des Advents eine temporäre Insel der Ruhe, Stille und Besinnung finden kann ...



Ein Licht in dunkler Zeit

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Ja, der November und der Anfang des Dezembers gehören zu den Zeiten im Jahr, in der die Tage kürzer und die Nächte länger werden.
Die Dunkelheit nimmt zu und prägt unseren Alltag und unser Leben.

Das fängt schon ganz banal damit an, dass wir morgens, wenn wir vom Schlaf aufstehen, viel mehr oder häufiger Licht einschalten müssen, als zu anderen Jahreszeiten.
Auch andere Phasen des Alltags werden geprägt und beeinflusst durch die Dunkelheit: der Weg zur Arbeit (sei es zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto …) – irgendwie ist es alles unsicherer.

Kein Wunder, dass jetzt die Zeit der Kerzen und anderer dekorativer Beleuchtungen Hochkonjunktur hat.

In der Kultur- und Religionsgeschichte der Menschheit wird diese Zeit auch von besonderen Traditionen und Bräuchen geprägt.

Heute, am 1. Adventssonntag können wir es sehen, wie in unseren Kirchen aber auch in vielen Haushalten Adventskränze oder -gestecke mit vier Kerzen zum ersten Mal entzündet werden.

Heute feiern aber auch unsere jüdischen Schwestern und Brüder ein Glaubensfest, welches mit einer hohen Lichtsymbolik einhergeht: Chanukka.
Es ist das Tempelweihfest und erinnert an den erfolgreichen Aufstand der Makkabäer gegen die Herrschaft der Seleukiden und die im Jahr 165 v. Chr. erfolgte Wiederaufnahme des Tempeldienstes in Jerusalem. Nach der Überlieferung fand man in dem entweihten Tempel nur noch einen einzigen unversehrten Ölkrug dessen Inhalt, der eigentlich nur für einen Tag gereicht hätte, acht Tage lang für den siebenarmigen Tempelleuchter gereicht hat. Leuchtendes Symbol dieses – mehrere Tage dauernden – Festes ist der Chanukka-Leuchter.



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Für uns ist es das zweite Jahr, wo wir diese Jahreszeit unter dem Einfluss der Corona-Pandemie verleben werden.
Diese Zeit ist geprägt von Verunsicherungen, Sorgen, aber auch von Konflikten sowie Streit, ja sogar Hass, die allesamt um das Thema kreisen, wie wir diese Pandemie gut überstehen oder sogar überleben können.

Auch ich bemerke in meinem Leben die steigende Unsicherheit und wie die Pandemie meinen Alltag nachhaltig und negativ beeinflusst. Manchmal ist es wirklich stressig.
Dazu dann noch die vielen Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit, Gesellschaft, Politik und Kirche nach dem richtigen, angemessenen Umgang. Die Frage, wo die Grenzen der persönlichen Freiheit sind und die Solidarität den Vorrang bekommen soll oder sogar muss?

Doch in dieser Zeit gehen viele andere Dinge einfach so weiter wie bisher – allesamt geprägt durch die Pandemie.
Ich denke da natürlich auch aufgrund meines Berufes an die vielen kranken und alten Menschen, an jene, die von einer lebensbedrohenden Krankheit betroffen sind und deren Tage und Wochen so unendlich wertvoll werden lassen. Ich denke an diese Menschen und frage mich, wie sie ihren Tagen mehr Leben geben können unter solchen Umständen?

Ich denke an die Familien mit Kindern, die zum größten Teil noch nicht geimpft sind, weil sie einfach noch zu jung sind. Ich denke daran, dass nun auch Kinder ab fünf Jahren geimpft werden können. Welche Entscheidungen werden ihre Eltern für sie treffen? Werden sie später einmal diese Pandemie gut verarbeiten können?

Ich denke an die Wissenschaftler:innen und die Politiker:innen, die tagein tagaus versuchen, die besten Wege aus dieser Pandemie zu finden. Ich denke aber besonders an jene von ihnen, die so unsäglich viel angefeindet werden. In welch einer Gesellschaft leben wir, wo das redliche Mühen anderer Menschen für so viele nicht gewürdigt wird, ja wo diese Menschen sogar verunglimpft, beschimpft und manchmal sogar bedroht werden.

In diesem Zusammenhang denke ich natürlich auch an all die Menschen, die am meisten von der Pandemie betroffen sind, die Pfleger:innen in unseren Krankenhäuseren, hier besonders auf den Covid-19-Stationen oder auf den Intensivstationen. Welche unfassbar gewaltige Aufgabe leisten sie Tag für Tag, Stunde um Stunde? Und: warum schenken wir Ihnen so wenig Anerkennung, z.B. durch angemessene Bezahlung, durch zumutbare Arbeitszeiten und Schichtplanungen, durch wertschätzendes und dankbares Verhalten von uns allen?

Ich habe ganz besonders die ‚dunklen Seiten‘ der Pandemie angesprochen, obwohl ich auch weiß, dass es da viel Helligkeit gibt.

Ich habe die dunkle Seite der Pandemie angesprochen, weil diese beginnenden Adventszeit und dieses Chanukka-Fest uns einladen können, diese Zeit besonders und bewusster mit freundlichen Lichtritualen zu füllen, die Balsam für unsere Seele sind.

Es geht aber hier – meine ich – um das warme Leuchten eines Lichtes, dass sich beruhigend auf unsere Psyche auswirkt. Ich meine damit nicht die bisweilen schrillen Lichterattacken, die man zuweilen auch an und in Häusern in dieser Zeit beobachten kann.

Ja, es ist gut, dass wir als Christ:innen nun in den Advent eintreten und uns damit vorbereiten auf das Weihnachtsfest und auf die Ankunft dessen, der unser aller Erheller sein will, unser Licht, dass uns leuchtet in der Dunkelheit des Lebens, wo auch immer:


Eine dauerhafte Botschaft

Tief in uns muss Weihnachten sein.
Nur im Herzen kann sie werden
und von hier aus Licht der Erden
dauerhafte Botschaft sein.

Nicht das Wort, das sich bekennt
laut und prahlend vor der Menge
sprengt des Herzens dumpfe Enge,
daß es still sein Heil erkennt.

Laß die Weihnacht in dich ein,
daß ihr Licht dich ganz erfülle!
Und du darfst Gelaß und Hülle
ihrem ew’gen Wunder sein.
(unbekannt)


Segen

Licht um dich her

Segen sei mit dir,
der Segen strahlenden Lichtes,
Licht um dich her
und innen in deinem Herzen.

Sonnenschein leuchte dir
und erwärme dein Herz
bis es zu glühen beginnt
wie ein großes Torffeuer,
und der Fremde tritt näher,
um sich daran zu wärmen.

Aus deinen Augen strahle
gesegnetes Licht
wie zwei Kerzen
in den Fenstern deines Hauses,
die den Wanderer locken,
Schutz zu suchen dort drinnen
vor stürmischer Nacht.

Altirischer Segenswunsch




“ Tröstet, tröstet mein Volk…“

„Trost“ – Bild von Peter H auf Pixabay

Geistlicher Impuls zum 2. Advents-Sonntag 2020

Gefühlvoll und sehnsuchtsvoll geht es an diesem zweiten Adventssonntag in der Lesung aus dem Alten Testament zu.
Doch bevor wir den Text lesen, lade ich Sie ein, die Arie „Comfort ye …“ aus dem Oratorium „Der Messias“ von Händel zu sehen und zu hören:

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Quelle: https://youtu.be/2Pz9BCMFoP8

Ist Ihnen diese Arie bekannt? Sie gehört wohl zu den bekanntesten und einfühlsamsten Arien aus dem Oratorium „Der Messias“ von Händel.

Ich lade Sie ein, jetzt einmal den ganzen Text in der deutschen Übersetzung der Bibelübersetzung „Hoffnung für alle“ zu lesen:
Jesaja, 40, 1-5



Behutsam, ja fast zärtlich erreichen uns diese Zeilen, die wir im Alten Testament beim Propheten Jesaja finden: „Comfort ye …“„Tröstet, tröstet mein Volk …“

„Kampf“ gegen die Angst

Jesaja kämpft in seinen Texten oft gegen die Angst der Menschen seiner Zeit an. Er erlebt diese Angst bisweilen als lähmend.
Aber ist „Kampf“ dafür eigentlich das richtige Wort?

Ja, es ist ein Kampf, aber nicht Mitteln der Drohung und Gewalt. Es ist ein Kampf mit den Mitteln der Freundlichkeit und des Mitgefühls, der tröstenden und ermutigenden Worte.

„Tröstet!“ und „Fürchte dich nicht!“

Menschen, die belastet und beladen sind, von Sorgen und Nöten, von Ängsten, Krankheit und Leid brauchen „Ent-Lastung“. Damit sie sich erholen können, Kraft schöpfen und weiter gehen können, brauchen sie Ruhe, mitfühlende Annahme, Entlastung und Perspektiven.
Sie brauchen: Trost!

Trost ist aber anspruchsvoller als eine „Ver-Tröstung“; Trost ist keine ‚Ramschware‘, die man mal so eben und beiläufig schnell schenken oder auch bekommen kann.
Trost ist ’niederschwellig‘, einfühlsam, Liebe-voll, …

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Quelle: Video von MixailMixail / Pixabay

Ich möchte Ihnen dazu einen kleinen Text von mir auf den Weg geben:

TROST
ist die Kunst,
ein kleines, warmes Licht
in dunklen Stunden
zu entzünden;
es blendet nicht –
es LEUCHTET!

(Gerd Wittka)

Und wie ich diese Zeilen schreibe, höre ich von der schrecklichen und tödlichen Bluttat von Trier, bei der ein Autofahrer fünf Menschen getötet und viele schwer verletzt hat.

Diese und ähnliche Nachrichten sind die Nagelprobe, ob und wie wir trösten können.
Ist Trost überhaupt angesichts dieses Leids und der erfahrenen Ohnmacht möglich?

Für mich ist Trost gerade in erfahrener Ohnmacht möglich. Denn der Trost hebt erlittenes Leid und gefühlten Schmerz nicht auf.
Trost hilft, das Leiden und den Schmerz er-träg-lich zu machen; Trost hilft, das Leid tragen zu können.

Und Leid kann für die Leidenden tragbar sein, wenn sie spüren, dass sie nicht allein sind, das andere mitfühlend sind und sie dabei unterstützen, das Leben gerade auch in dem ganz frischen Leid bewältigen zu können.
Dazu gehört dazusein und zuzuhören, den Leidenden buchstäblich nahe zu sein ohne sich aufzudrängen und mitfühlend auch den leidenden Menschen Raum zu geben, um mit dem Leiden klar zu kommen. Das kann auch bedeuten, ihnen einen geschützten Rückzugsraum zu gewähren.
Wir dürfen aber auch ganz konkrete Hilfe nicht vergessen, die geleistet werden muss. Dazu gehören organisatorische Dinge des Alltags genau so dazu.

Zu trösten ohne Leid ungeschehen machen zu können, zeigt sich darin, ob wir bei den Leidenden und denen, die Trost brauchen – einfach ausgedrückt – DA sind und die Not mit aushalten.

In der Lesung des 2. Adventssonntags finden sich die folgenden Worte des Propheten Jesaja:

„… Seht, da ist euer Gott. (…) Wie ein Hirt weidet er seine Herde, auf seinem Arm sammelt er die Lämmer, an seiner Brust trägt er sie, die Mutterschafe führt er behutsam…“

Trost zu geben, bedeutet für mich, der Bedrängnis, den Ängsten, dem Leid und der Trauer der Menschen nicht auszuweichen.
Trost zu geben bedeutet für mich, an der Seite derer zu stehen, die Trost nötig haben.
Trost zu geben bedeutet für mich, Unterstützung und Hilfe anzubieten, wo sie gebraucht wird.

Trost zu geben ist für mich: DA zu sein – menschliche, einfühlsam, mitfühlend, liebevoll.

Für uns als Christ*innen, für uns als Kirchen stellt sich mir dann wieder einmal mehr die Frage, ob wir in diesem Sinne in einer Welt gegenwärtig sein wollen, auch wenn immer weniger nach dem christlichen Glauben oder nach dem Angebot der Kirchen fragen?


„Das Miteinander, das Menschliche oder die Solidarität sind zuletzt viel zu kurz gekommen.
Wir müssen wieder viel mehr die Sinne für die Menschen schärfen, denen es nicht so gut geht.“
(Jupp Heynckes, * 1945, ehemaliger Fußballtrainer, Quelle: TE DEUM, Dezember 2020, S. 23)




Auf dem Weg nach Betlehem

Krankenhaus-Kapelle wird in Corona-Zeiten zu einem spirituellen Erfahrungsraum

Die beiden Krankenhaus-Seelsorger im Johanniter-Krankenhaus Oberhausen, Pfarrer Falk Nerenz (ev.) und Pastor Gerd Wittka (rk.) standen vor der Frage, welche geistlichen Akzente sie in der Zeit der Corona-Pandemie setzen können?

Seit Monaten dürfen keine öffentlichen Gemeinschaftsgottesdienste in der Krankenhaus-Kapelle stattfinden.
Mit einem genehmigten Hygiene- und Abstandskonzept feiern beide Geistliche seit einigen Monaten jeweils mittwochs um 13.00 Uhr einen sogenannten „Stellvertretungs-Gottesdienst“ in der Krankenhaus-Kapelle.
Zentrum dieses Gottesdienstes sind Gebetsanliegen, die von Patient*innen oder Mitarbeitenden des Krankenhauses benannt werden. Schriftlesung, Musik und Gebet vervollständigen diesen regelmäßigen Gottesdienst.

Aber was soll nun in der Advents- und Weihnachtszeit sein?



In den letzten Jahren gab es neben den wöchentlichen Gottesdiensten auch noch mit den „Adventslichtern – Musik und Texte zum Advent“ eine adventliche Besinnung. Doch beides darf nun nicht sein.

Also musste eine andere Idee her. Nach einiger gemeinsamer Überlegung entschieden sich die beiden Seelsorger, die Kapelle von der Adventszeit an zu einem spirituellen Erfahrungsraum umzugestalten.

„Auf dem Weg nach Betlehelm“ – Krankenhaus-Kapelle als spiritueller Erlebnisraum

Nach Absprache mit den Verantwortlichen des Krankenhauses in Hygiene-Fragen wurde ein Raumkonzept erarbeitet, das die nötigen Corona-Regeln mit einem geistlichen Angebot in Einklang bringt.

Schnell war auch das Motto gefunden:
„Auf dem Weg nach Betlehem“.

Mittelpunkt dieser Initiative ist eine Weihnachtskrippe, die dem katholischen Seelsorger vor einigen Jahren übereignet wurde.

Die Weihnachtskrippe und links das Weihnachtsevangelium nach Lukas in der Kapelle.

Der Kapellenraum wurde bis auf wenige Stühle frei geräumt.
Drei Stoffbahnen in unterschiedlichen Farben symbolisieren drei verschiedene Wege, die alle zur Krippe führen.

Drei Wege zur Krippe

Auf dem Schriftenstand und auf der Orgel erwarten die Besucher der Kapelle geistliche Impulse in Wort und Bild, als Hefte oder Postkarten. Diese dürfen von denen, die in die Kapelle kommen, buchstäblich ‚aufgegriffen‘ und mitgenommen werden.

Geistliche Impuls zur Adventszeit in Wort und Bild.

Auch einige LED-Teelichter stehen zur Verfügung. So werden diejenigen, die die Kapelle besuchen, zu einem kleinen Gedankengang ermuntert, den die Seelsorger in folgende Worte gefasst haben:

„AUF DEM WEG NACH BETHLEHEM

Gerade in beschwerlichen Zeiten gilt die Einladung: „Mache Dich auf zur Krippe.
Du wirst erwartet. Von Jesus selbst.“

Während der Adventszeit ist in der Kapelle solch ein Weg sinnbildlich nachgestellt.

Ein persönliches Licht verdeutlicht, wie nahe ich mich dem Heil der Welt fühle.

Noch etwas erwartet alle, die unterwegs sind: Weihnachtsgeschichten, Lieder und Bilder zum mitnehmen.

Patient*innen und Mitarbeitende sind eingeladen, in der Krankenhaus-Kapelle ein wenig zur Ruhe zu kommen, die Lasten und Sorgen dort im Gebet vor Gott zu tragen und den Weg nach Weihnachten hin als einen persönlichen „Weg nach Betlehem“ zu verstehen:

  • Möchte ich mich überhaupt auf den Weg nach Betlehem machen?
  • Wo befinde ich mich gerade auf diesem Weg?
  • Ist Weihnachten, ist Betlehem noch sehr weit weg von mir und meinen aktuellen Erlebnissen?
  • Welche Hindernisse stellen sich mir dabei in den Weg?
  • Was hindert mich daran, auf dem Weg nach Betlehem zu bleiben?
  • Und welche Hoffnung oder welche Bedürfnisse und Wünsche treiben mich an, den Weg zu gehen?
    Aber auch:
  • Welche Begegnungen und Erfahrungen mache ich auf dem Weg?
  • Welche Beobachtungen mache ich und wie unterscheiden sie sich von Beobachtungen anderer Jahre?
  • Was wünsche ich zu finden, wenn ich ‚zu Weihnachten‘ dann endlich angekommen bin, zum Stall von Betlehem?

Wer seinen gegenwärtigen Ort auf dem Weg nach Betlehem erspüren konnte, ist dann eingeladen eines der Teelichte dort hinzustellen, wo man gerade ’steht‘.

So gestalten unterschiedliche Menschen, von denen zumeist die wenigsten von einander wissen, einen Raum mit einzelnen Lichtern, die vielleicht auch zum Zeichen eines persönlichen und zugleich gemeinsamen Gebetes geworden sind.

(M)ein Licht, das für MICH steht.

(c) für alle Fotos: Gerd Wittka, 26.11.2020



Reduktion

Was jetzt not-wendig ist

Vor einigen Tagen erreichte mich ein newsletter einer der Kliniken, in denen ich als Krankenhaus-Seelsorger tätig bin.

Darin wurde alle Mitarbeitenden geraten, die persönlichen Kontakte und Begegnungen auf das wirklich Notwendige zurück zu fahren.
Auch in dienstlichem Kontext wurde deutlich gemacht, dass hier auch die persönlichen Kontakte zu KollegInnen auf das Minimum und Nötigste zurück gefahren werden soll.

Konkret heißt das: telefonische Absprachen oder Videokonferenzen, da wo es nötig ist und keine unnötigen kollegialen physischen Begegnungen innerhalb des Dienstes.



Meine persönliche derzeitige Situation

Als Heuschnupfen-Allergiker nehme ich seit Monaten an einer Hyposensibilisierung teil. Zwei Wochen vor und nach jeder Spritze kann ich mich nicht impfen lassen. Das hat dazu geführt, dass ich mich seit Anfang Oktober nicht gegen die saisonale Grippe impfen lassen konnte, weil entweder der Termin nicht wahrgenommen werden konnte oder dann gegen Ende Oktober der Grippe-Impfstoff nicht verfügbar war.
Ich kann nur hoffen, dass sich ein günstiges Zeitfenster ergibt, wo ich mich gegen die Grippe impfen lassen kann.

Als Krankenhaus-Seelsorger ist es mir wichtig, dass ich mich durch eine Impfung nicht nur selber schütze, sondern auch im Falle einer Infektion einen Grippevirus nicht weiter verbreite.
Dazu kommt, dass ich – sobald ich erste Erkältungssymptome entwickle – nicht mehr ins Krankenhaus gehen darf; ich stehe dann also für meinen Dienst nicht zur Verfügung.

Da Vertretungen – gerade auch in dieser Zeit – sehr schwierig sind (wegen des allgemeinen Besuchsverbots und der Zugangsberechtigung nur für Mitarbeitende im Krankenhaus selber), musste ich also für mich persönlich eine Strategie entwickeln, wie ich möglichst ohne Infektionen durch diese Zeit komme und dann für meinen Dienst zur Verfügung stehe, wenn es nötig wird.

Meine derzeitige Strategie:

Schon vor diesem Newsletter war mir klar, dass ich selber auch in der Frage meiner persönlichen Kontakte umdenken muss.

Also habe ich eine eigene Strategie entwickelt, die aus folgenden Komponenten besteht:

  1. Nutzung der Homeoffice-Möglichkeit
  2. Reduzierung auch privater Kontakte
  3. Umorganisation meines Einkaufsverhaltens

Homeoffice

Als Krankenhaus-Seelsorger ist es mir möglich, einen Teil meiner Aufgaben im Homeoffice zu erledigen.
So habe ich mich entschieden, an zwei Tagen in der Woche (montags und mittwochs) persönlich im Krankenhaus anwesend zu sein. An diesen Tagen schreibe ich entweder Patient*innen-Brief oder feiere mit meinem evangelischen Kollegen einen „Stellvertretungsgottesdienst“ (weil Gemeinschaftsgottesdienst nicht möglich sind).
In der anderen Zeit bin ich über mein dienstliches Mobiltelefon und auch über andere Kanäle (Email, Messenger, Videokonferenzen) erreichbar. So kann ich auch nach Bedarf kurzfristig wieder persönlich im Krankenhaus anwesend sein.

Patient*innen, gerade auch aus der psychiatrischen Klinik, nutzen diese anderen Kontaktmöglichkeiten.

Reduzierung privater Kontakt

Auch in meinem privaten Leben habe ich mich entschieden, private direkte Kontakte zu reduzieren.
Emotional ist das für mich wohl der einschneidenste Schritt. Denn das bedeutet für mich, sowohl zu meiner eigenen Familie als auch zu anderen engen Freund*innen den Kontakt nur noch über (Video-)Telefonie aufrecht zu erhalten.
Dieses erlebe ich aber nicht als eine Art Isolation, denn ich nutze lebhaft die anderen Möglichkeiten, die mir zur Beziehungspflege bleiben.

Auch zu Weihnachten …

werde ich mich nur mit einer Person persönlich treffen, damit ich dieses Fest nicht ganz allein verbringe. Aber schon bereits in besseren Jahren war es für mich weniger ein Problem, Weihnachten nicht mit der ganzen Familie und mit Freunden zusammen zu sein. Irgendwann einmal habe ich für mich erkannte, dass ich an den meisten Tagen und Abenden des Jahres allein bin. Und ich habe für mich erkannt, dass der Heilige Abend bzw. die Weihnachtstage dann nur weitere Tage sind, wo ich so lebe, wie ich es in der meisten Zeit des Jahres gewohnt bin.
Es ist für mich also nur eine reine Kopfsache, wie ich mit dem Heiligen Abend allein umgehen kann. Denn meine regulären Alltagserfahrungen sind nicht wesentlich anders als am Heiligen Abend.

Genügend menschliche Begegnungen

Vielleicht hört sich das sehr radikal an.
Aber man muss auch wissen, dass ich ja nicht gänzlich ohne soziale physische Kontakte bin. Allein durch meinen Dienst geben sich immer wieder – notwendigerweise – physische Kontaktmöglichkeiten, so dass bei mir sicherlich nicht die Gefahr der Selbstisolation besteht.

Momentan komme ich emotional mit dieser Vorgehensweise gut klar.

Umorganisation meines Einkaufsverhaltens

Schon während meines Urlaubs im September konnte ich mich in ein verändertes Einkaufsverhalten einüben:

Durch sorgfältige Planung und Organisation konnte ich meine Einkäufe auf ein bis zwei Einkäufe pro Woche reduzieren. Das reduziert auch die Möglichkeit unerwünschter Kontakte, von denen Infektionen ausgehen könnte.
Man muss sich nur vorher die Mühe eine sorgfältigen Haushaltsführung machen, dann ist auch das überhaupt kein Problem.

Unverständnis

Mit ist bewusst, dass meine Haltung sicherlich nicht auf breites Verständnis führt.
Aber ich bin sicher, dass diese Zeit uns vor die Frage stellt, was uns wichtig ist und wie wir selber am besten durch diese Zeit kommen wollen.

Dafür ist es auch wichtig, dass man sich Prioritäten setzt und die sind für mich ganz klar:

  1. Ich möchte weitgehenst verfügbar bleiben für meinen Dienst; gerade auch deshalb, weil Patient*innen diese Zeit besonders schwer erleben, erst recht, weil es in den Krankenhäusern ein Besuchsverbot gibt. Als Krankenhaus-Seelsorger habe ich aber das Glück, weitgehenst noch den persönlichen Kontakt zu den Patient*innen haben zu können.
  2. Ich reduziere meine persönlichen Begegnungen auf das machbare Minimum, damit ich gerade im privaten Bereich auf persönliche Begegnung nicht gänzlich verzichten muss, um das Infektionsrisiko zu minimieren.

Chancen nutzen

Indem ich mein Verhalten in dieser Zeit ändere, spüre ich aber auch deutlich, dass sich andere, neue Möglichkeiten in meinem Leben ergeben: etwas, was ich immer schon mal wieder machen wollte, kann jetzt zum Zuge kommen.
Ich kann mal wieder ganz in Ruhe ein Buch zu Hand nehmen. Ich kann nötige handwerkliche Aufgaben in meinem Haushalt erledigen, für die ich sonst keine Zeit oder Muße gefunden habe. Ich kann Spaziergänge machen, die sonst viel zu kurz gekommen sind,

Mich in meinen physischen Sozialkontakten zu reduzieren, gibt mir ganz neue Möglichkeiten, die ich buchstäblich ent-decken kann, weil sie in der Geschäftigtkeit und Hektik früher Zeiten verschüttet wurden.

Ich finde, das ist ein guter Einstieg für mich in die nun beginnende Adventszeit, die wir so oft als Zeit der Muße und Besinnung bezeichnen.

Wie gehen Sie mit dieser Zeit um? Welche Akzente setzen Sie in dieser Zeit?
Schreiben Sie gerne Ihren Kommentar zu meinen Gedanken.




Wo bist du, du Zeit der Stille…?!

Was der Advent für mich meint…

Bild von SplitShire auf Pixabay

Wen würde es wundern, wenn ich von mir sagen würde: dieses Bild ist für mich ein wirklich adventliches Bild? – Sie vielleicht?

Dieses Bild drückt für mich die adventliche Sehnsucht am heutigen dritten Adventssonntag aus. Es steckt so viel darin, was wir eigentlich vom christlichen Ursprung her mit dem Advent verbinden.



Stille

Als Erstes ist es die Stille, die dieses Bild so eindrucksvoll zum Ausdruck bringt. Selbst wenn es ein Bild mit Ton wäre, würden wir ‚Stille‘ spüren und ‚hören‘.
Es scheint paradox, aber Stille ist nicht wirklich klang- und tonlos. Es gibt immer etwas, was auch in der Stille zu hören ist. Stille und Geräuschlosigkeit sind verschieden. Ich muss es Ihnen nicht in Worte fassen.
Sehen Sie sich selbst einmal dieses Bild an, versetzen Sie sich selbst in die Lage, Sie würden da an diesem Pier stehen oder sitzen; in warmer Kleidung oder eine kuschelige Decke eingehüllt …
Was hören Sie nun in der Stille…?

Weite

Als Zweites fällt mir die ‚Weite‘ auf, die von diesem Bild ausgeht.
Auch das ist irgendwie paradox, denn wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt einer Realität. Wir sehen vielleicht in der Breite gut 10 Meter. Was direkt daneben ist, wissen wir nicht.
Aber gerade dieser Fokus auf diesen kleinen Ausschnitt ermöglicht uns vor unserem geistigen Auge, Weite und Tiefe zu ahnen.
So ist es auch, wenn wir uns in der Winterzeit z.B. in einen Raum zurück ziehen, der nur schwach erleuchtet ist, vielleicht nur mit einer kleinen Lampe und einer Kerze auf dem Tisch.
Der sonst im Hellen besehene größere Raum verkleinert sich optisch. Dadurch nehmen wir auch weniger wahr und werden auf weniges fokussiert.
Diese ‚Sichtfeldeinschränkung‘ hat auch den angenehmen Nebeneffekt: sie schützt uns vor Reizüberflutung.
Der optisch kleinere Raum kann einer geistigen Weite förderlich sein.
Und eine solche ähnliche Wirkung hat es auch, wenn wir dieses Bild betrachten.

Advent = Weite und Stille durch Fokussierung

Das ist für mich eine wesentliche Seite des Advents; wenn wir durch eine äußere und geistliche Fokussierung uns auf eine spirituelle Erfahrungsreise begeben und Räume wahrnehmbar machen, die uns sonst in den Anstrengungen, der Betriebssamkeit und Hektik des Alltags verschlossen bleiben.

Ich brauche gar nicht mit einer Komsum- Kapitalismus- und Kommerzialisierungskritik zu kommen, um für mich zu erkennen, dass diese Dimension des Advents gerade in der Adventszeit viel zu kurz kommt.

Schauen Sie sich dazu als ein Beispiel nachfolgendes Bild an. (Geht das überhaupt ‚in Ruhe‘?!)

Vergleichen Sie dir Wirkung dieses Bildes mit der Wirkung des ersten Bildes.
Welches Bild tut Ihnen geistig-spirituell mehr gut?

Bild von Gerhard Gellinger auf Pixabay

‚Adventliche‘ Weihnachtszeit

Die Überschrift scheint ebenfalls paradox.
Aber ich selber erlebe die Zeit nach den Weihnachtsfeiertagen mehr als adventlich geprägte Zeit, wo Geist und Sinne zur Ruhe kommen können, als die eigentliche Adventszeit vor ‚Heilig Abend‘.

Da läuft doch was gründlich schief, wenn ich zwischendurch den Gedanken in mir wahrnehme:

Ich bin froh, wenn die Adventszeit mit ihrer reizüberflutenden Geschäftigkeit bald vorbei ist.

Einer meiner Lieblingstexte in dieser Zeit ist ein Gedicht von Joseph von Eichendorff, dass auch als Lied vertont wurde: „Oh du stille Zeit“:

O du stille Zeit,
Kommst, eh wir´s gedacht
über die Berge weit,
über die Berge weit
Gute Nacht!

In der Einsamkeit
rauscht es nun sacht,
über die Berge weit,
über die Berge weit,
Gute Nacht!

Text: Joseph v. Eichendorff (1788-1857)

Ich wünsche Ihnen noch einige besinnliche und gesegnete Adventstage! Machen Sie das Beste draus!

Bild von Shahariar Lenin auf Pixabay