Wo draußen alles schon ziemlich weihnachtlich ist und der Kommerz keine adventliche Ruhe aufkommen lässt, haben wir heute am Vorabend des 1. Adventssonntag das neue Kirchenjahr besinnlich begonnen.
Den ersten Teil der Eucharistiefeier haben wir ganz bewusst besinnlich gehalten mit Musik und Texten, mit Ruhe und auch traditionellen Adventsliedern.
Den Altarraum haben wir bewusst in den Farben des Advents gehalten.
Für die Gemeinde und für mich war das eine neu gestaltete Form. Mit dieser Gemeinschaft darf ich aber solche neuen Wege gehen. Und das macht auch für mich diese Gottesdienste in der Krankenhauskapelle so wertvoll.
Exkurs: Krankenhaus-Seelsorger als Tausendsassa
Als Krankenhaus-Seelsorger ist man heute manchmal auch ein Tausendsassa.
Das habe ich in diesem Jahr in beiden Krankenhäusern, in denen ich Dienst tue, deutlich erleben können.
Im AMEOS-Klinikum St. Clemens kümmern sich mein Kollege und ich auch darum, dass die Kapelle adventlich gestaltet wird: Adventsgesteck mit LED-Kerzen besorgen, damit auch über Tag die 'Kerzen brennen' können - ohne Brandgefahr. Den Altar dekorieren. Und eineinhalb Stunden vor dem Gottesdienst habe ich die dekorative Beleuchtung für den Altarraum aufstellen müssen, die nach dem Gottesdienst natürlich auch wieder abgebaut werden musste (siehe Bild oben!).
Deshalb bin ich sehr dankbar, dass ein Gottesdienstteilnehmer auch schon 40 Minuten vor dem Gottesdienst da ist und den eigentlichen Küsterdienst übernimmt, in dem er alles für den Gottesdienstablauf herrichtete.
Im anderen Krankenhaus bekamen wir jedes Jahr für die Kapelle einen Adventskranz von der Klinik gestellt. Doch in diesem Jahr wurde nichts geliefert. Am Donnerstagabend wurde uns das klar. Und so mussten wir noch schnell eine Lösung finden. Also habe ich mich noch am selben Abend hingestellt und mit etwas handwerklichem Geschick eine 'Lösung' gezaubert aus einer Wurzelholzschale und vier Kerzentellern. Meine evangelische Kollegin wird dann noch etwas Dekoratives für die Schale besorgen. Die nachfolgender Bilder zeigen die noch nicht vollständige Version.
Einerseits macht es mir viel Freude. Andererseits bindet das aber auch Kräfte, die mir woanders fehlen. Und das ist eine große Herausforderung in unserem Dienst.
Dies zeigt mir, dass Krankenhaus-Seelsorge oft so ganz anders ist als Seelsorge in etablierten gemeindlichen Strukturen.
Demnächst werde ich Bilder zeigen und etwas dazu schreiben, wie wir in der Krankenhaus-Kapelle des EVKN, Standort Johanniter-Krankenhaus Oberhausen die Kapelle als Erfahrungs- und Besinnungsort während der Adventszeit gestalten. Da wir wegen Corona dort noch immer keine Präsenzgottesdienste feiern können, wollen wir wenigstens für Patient:innen und Mitarbeiter:innen einen geistlichen Ort schaffen, in dem man in der Hektik des Advents eine temporäre Insel der Ruhe, Stille und Besinnung finden kann ...
Ein Licht in dunkler Zeit
Ja, der November und der Anfang des Dezembers gehören zu den Zeiten im Jahr, in der die Tage kürzer und die Nächte länger werden. Die Dunkelheit nimmt zu und prägt unseren Alltag und unser Leben.
Das fängt schon ganz banal damit an, dass wir morgens, wenn wir vom Schlaf aufstehen, viel mehr oder häufiger Licht einschalten müssen, als zu anderen Jahreszeiten. Auch andere Phasen des Alltags werden geprägt und beeinflusst durch die Dunkelheit: der Weg zur Arbeit (sei es zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto …) – irgendwie ist es alles unsicherer.
Kein Wunder, dass jetzt die Zeit der Kerzen und anderer dekorativer Beleuchtungen Hochkonjunktur hat.
In der Kultur- und Religionsgeschichte der Menschheit wird diese Zeit auch von besonderen Traditionen und Bräuchen geprägt.
Heute, am 1. Adventssonntag können wir es sehen, wie in unseren Kirchen aber auch in vielen Haushalten Adventskränze oder -gestecke mit vier Kerzen zum ersten Mal entzündet werden.
Heute feiern aber auch unsere jüdischen Schwestern und Brüder ein Glaubensfest, welches mit einer hohen Lichtsymbolik einhergeht: Chanukka. Es ist das Tempelweihfest und erinnert an den erfolgreichen Aufstand der Makkabäer gegen die Herrschaft der Seleukiden und die im Jahr 165 v. Chr. erfolgte Wiederaufnahme des Tempeldienstes in Jerusalem. Nach der Überlieferung fand man in dem entweihten Tempel nur noch einen einzigen unversehrten Ölkrug dessen Inhalt, der eigentlich nur für einen Tag gereicht hätte, acht Tage lang für den siebenarmigen Tempelleuchter gereicht hat. Leuchtendes Symbol dieses – mehrere Tage dauernden – Festes ist der Chanukka-Leuchter.
Für uns ist es das zweite Jahr, wo wir diese Jahreszeit unter dem Einfluss der Corona-Pandemie verleben werden. Diese Zeit ist geprägt von Verunsicherungen, Sorgen, aber auch von Konflikten sowie Streit, ja sogar Hass, die allesamt um das Thema kreisen, wie wir diese Pandemie gut überstehen oder sogar überleben können.
Auch ich bemerke in meinem Leben die steigende Unsicherheit und wie die Pandemie meinen Alltag nachhaltig und negativ beeinflusst. Manchmal ist es wirklich stressig. Dazu dann noch die vielen Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit, Gesellschaft, Politik und Kirche nach dem richtigen, angemessenen Umgang. Die Frage, wo die Grenzen der persönlichen Freiheit sind und die Solidarität den Vorrang bekommen soll oder sogar muss?
Doch in dieser Zeit gehen viele andere Dinge einfach so weiter wie bisher – allesamt geprägt durch die Pandemie. Ich denke da natürlich auch aufgrund meines Berufes an die vielen kranken und alten Menschen, an jene, die von einer lebensbedrohenden Krankheit betroffen sind und deren Tage und Wochen so unendlich wertvoll werden lassen. Ich denke an diese Menschen und frage mich, wie sie ihren Tagen mehr Leben geben können unter solchen Umständen?
Ich denke an die Familien mit Kindern, die zum größten Teil noch nicht geimpft sind, weil sie einfach noch zu jung sind. Ich denke daran, dass nun auch Kinder ab fünf Jahren geimpft werden können. Welche Entscheidungen werden ihre Eltern für sie treffen? Werden sie später einmal diese Pandemie gut verarbeiten können?
Ich denke an die Wissenschaftler:innen und die Politiker:innen, die tagein tagaus versuchen, die besten Wege aus dieser Pandemie zu finden. Ich denke aber besonders an jene von ihnen, die so unsäglich viel angefeindet werden. In welch einer Gesellschaft leben wir, wo das redliche Mühen anderer Menschen für so viele nicht gewürdigt wird, ja wo diese Menschen sogar verunglimpft, beschimpft und manchmal sogar bedroht werden.
In diesem Zusammenhang denke ich natürlich auch an all die Menschen, die am meisten von der Pandemie betroffen sind, die Pfleger:innen in unseren Krankenhäuseren, hier besonders auf den Covid-19-Stationen oder auf den Intensivstationen. Welche unfassbar gewaltige Aufgabe leisten sie Tag für Tag, Stunde um Stunde? Und: warum schenken wir Ihnen so wenig Anerkennung, z.B. durch angemessene Bezahlung, durch zumutbare Arbeitszeiten und Schichtplanungen, durch wertschätzendes und dankbares Verhalten von uns allen?
Ich habe ganz besonders die ‚dunklen Seiten‘ der Pandemie angesprochen, obwohl ich auch weiß, dass es da viel Helligkeit gibt.
Ich habe die dunkle Seite der Pandemie angesprochen, weil diese beginnenden Adventszeit und dieses Chanukka-Fest uns einladen können, diese Zeit besonders und bewusster mit freundlichen Lichtritualen zu füllen, die Balsam für unsere Seele sind.
Es geht aber hier – meine ich – um das warme Leuchten eines Lichtes, dass sich beruhigend auf unsere Psyche auswirkt. Ich meine damit nicht die bisweilen schrillen Lichterattacken, die man zuweilen auch an und in Häusern in dieser Zeit beobachten kann.
Ja, es ist gut, dass wir als Christ:innen nun in den Advent eintreten und uns damit vorbereiten auf das Weihnachtsfest und auf die Ankunft dessen, der unser aller Erheller sein will, unser Licht, dass uns leuchtet in der Dunkelheit des Lebens, wo auch immer:
Eine dauerhafte Botschaft
Tief in uns muss Weihnachten sein. Nur im Herzen kann sie werden und von hier aus Licht der Erden dauerhafte Botschaft sein.
Nicht das Wort, das sich bekennt laut und prahlend vor der Menge sprengt des Herzens dumpfe Enge, daß es still sein Heil erkennt.
Laß die Weihnacht in dich ein, daß ihr Licht dich ganz erfülle! Und du darfst Gelaß und Hülle ihrem ew’gen Wunder sein. (unbekannt)
Segen
Licht um dich her
Segen sei mit dir, der Segen strahlenden Lichtes, Licht um dich her und innen in deinem Herzen.
Sonnenschein leuchte dir und erwärme dein Herz bis es zu glühen beginnt wie ein großes Torffeuer, und der Fremde tritt näher, um sich daran zu wärmen.
Aus deinen Augen strahle gesegnetes Licht wie zwei Kerzen in den Fenstern deines Hauses, die den Wanderer locken, Schutz zu suchen dort drinnen vor stürmischer Nacht.
Altirischer Segenswunsch
“ Tröstet, tröstet mein Volk…“
Geistlicher Impuls zum 2. Advents-Sonntag 2020
Gefühlvoll und sehnsuchtsvoll geht es an diesem zweiten Adventssonntag in der Lesung aus dem Alten Testament zu. Doch bevor wir den Text lesen, lade ich Sie ein, die Arie „Comfort ye …“ aus dem Oratorium „Der Messias“ von Händel zu sehen und zu hören:
Ist Ihnen diese Arie bekannt? Sie gehört wohl zu den bekanntesten und einfühlsamsten Arien aus dem Oratorium „Der Messias“ von Händel.
Ich lade Sie ein, jetzt einmal den ganzen Text in der deutschen Übersetzung der Bibelübersetzung „Hoffnung für alle“ zu lesen: Jesaja, 40, 1-5
Behutsam, ja fast zärtlich erreichen uns diese Zeilen, die wir im Alten Testament beim Propheten Jesaja finden: „Comfort ye …“ – „Tröstet, tröstet mein Volk …“
„Kampf“ gegen die Angst
Jesaja kämpft in seinen Texten oft gegen die Angst der Menschen seiner Zeit an. Er erlebt diese Angst bisweilen als lähmend. Aber ist „Kampf“ dafür eigentlich das richtige Wort?
Ja, es ist ein Kampf, aber nicht Mitteln der Drohung und Gewalt. Es ist ein Kampf mit den Mitteln der Freundlichkeit und des Mitgefühls, der tröstenden und ermutigenden Worte.
„Tröstet!“ und „Fürchte dich nicht!“
Menschen, die belastet und beladen sind, von Sorgen und Nöten, von Ängsten, Krankheit und Leid brauchen „Ent-Lastung“. Damit sie sich erholen können, Kraft schöpfen und weiter gehen können, brauchen sie Ruhe, mitfühlende Annahme, Entlastung und Perspektiven. Sie brauchen: Trost!
Trost ist aber anspruchsvoller als eine „Ver-Tröstung“; Trost ist keine ‚Ramschware‘, die man mal so eben und beiläufig schnell schenken oder auch bekommen kann. Trost ist ’niederschwellig‘, einfühlsam, Liebe-voll, …
Ich möchte Ihnen dazu einen kleinen Text von mir auf den Weg geben:
TROST ist die Kunst, ein kleines, warmes Licht in dunklen Stunden zu entzünden; es blendet nicht – es LEUCHTET! (Gerd Wittka)
Und wie ich diese Zeilen schreibe, höre ich von der schrecklichen und tödlichen Bluttat von Trier, bei der ein Autofahrer fünf Menschen getötet und viele schwer verletzt hat.
Diese und ähnliche Nachrichten sind die Nagelprobe, ob und wie wir trösten können. Ist Trost überhaupt angesichts dieses Leids und der erfahrenen Ohnmacht möglich?
Für mich ist Trost gerade in erfahrener Ohnmacht möglich. Denn der Trost hebt erlittenes Leid und gefühlten Schmerz nicht auf. Trost hilft, das Leiden und den Schmerz er-träg-lich zu machen; Trost hilft, das Leid tragen zu können.
Und Leid kann für die Leidenden tragbar sein, wenn sie spüren, dass sie nicht allein sind, das andere mitfühlend sind und sie dabei unterstützen, das Leben gerade auch in dem ganz frischen Leid bewältigen zu können. Dazu gehört dazusein und zuzuhören, den Leidenden buchstäblich nahe zu sein ohne sich aufzudrängen und mitfühlend auch den leidenden Menschen Raum zu geben, um mit dem Leiden klar zu kommen. Das kann auch bedeuten, ihnen einen geschützten Rückzugsraum zu gewähren. Wir dürfen aber auch ganz konkrete Hilfe nicht vergessen, die geleistet werden muss. Dazu gehören organisatorische Dinge des Alltags genau so dazu.
Zu trösten ohne Leid ungeschehen machen zu können, zeigt sich darin, ob wir bei den Leidenden und denen, die Trost brauchen – einfach ausgedrückt – DA sind und die Not mit aushalten.
In der Lesung des 2. Adventssonntags finden sich die folgenden Worte des Propheten Jesaja:
„… Seht, da ist euer Gott. (…) Wie ein Hirt weidet er seine Herde, auf seinem Arm sammelt er die Lämmer, an seiner Brust trägt er sie, die Mutterschafe führt er behutsam…“
Trost zu geben, bedeutet für mich, der Bedrängnis, den Ängsten, dem Leid und der Trauer der Menschen nicht auszuweichen. Trost zu geben bedeutet für mich, an der Seite derer zu stehen, die Trost nötig haben. Trost zu geben bedeutet für mich, Unterstützung und Hilfe anzubieten, wo sie gebraucht wird.
Trost zu geben ist für mich: DA zu sein – menschliche, einfühlsam, mitfühlend, liebevoll.
Für uns als Christ*innen, für uns als Kirchen stellt sich mir dann wieder einmal mehr die Frage, ob wir in diesem Sinne in einer Welt gegenwärtig sein wollen, auch wenn immer weniger nach dem christlichen Glauben oder nach dem Angebot der Kirchen fragen?
„Das Miteinander, das Menschliche oder die Solidarität sind zuletzt viel zu kurz gekommen. Wir müssen wieder viel mehr die Sinne für die Menschen schärfen, denen es nicht so gut geht.“ (Jupp Heynckes, * 1945, ehemaliger Fußballtrainer, Quelle: TE DEUM, Dezember 2020, S. 23)
Auf dem Weg nach Betlehem
Krankenhaus-Kapelle wird in Corona-Zeiten zu einem spirituellen Erfahrungsraum
Die beiden Krankenhaus-Seelsorger im Johanniter-Krankenhaus Oberhausen, Pfarrer Falk Nerenz (ev.) und Pastor Gerd Wittka (rk.) standen vor der Frage, welche geistlichen Akzente sie in der Zeit der Corona-Pandemie setzen können?
Seit Monaten dürfen keine öffentlichen Gemeinschaftsgottesdienste in der Krankenhaus-Kapelle stattfinden. Mit einem genehmigten Hygiene- und Abstandskonzept feiern beide Geistliche seit einigen Monaten jeweils mittwochs um 13.00 Uhr einen sogenannten „Stellvertretungs-Gottesdienst“ in der Krankenhaus-Kapelle. Zentrum dieses Gottesdienstes sind Gebetsanliegen, die von Patient*innen oder Mitarbeitenden des Krankenhauses benannt werden. Schriftlesung, Musik und Gebet vervollständigen diesen regelmäßigen Gottesdienst.
Aber was soll nun in der Advents- und Weihnachtszeit sein?
In den letzten Jahren gab es neben den wöchentlichen Gottesdiensten auch noch mit den „Adventslichtern – Musik und Texte zum Advent“ eine adventliche Besinnung. Doch beides darf nun nicht sein.
Also musste eine andere Idee her. Nach einiger gemeinsamer Überlegung entschieden sich die beiden Seelsorger, die Kapelle von der Adventszeit an zu einem spirituellen Erfahrungsraum umzugestalten.
Nach Absprache mit den Verantwortlichen des Krankenhauses in Hygiene-Fragen wurde ein Raumkonzept erarbeitet, das die nötigen Corona-Regeln mit einem geistlichen Angebot in Einklang bringt.
Schnell war auch das Motto gefunden: „Auf dem Weg nach Betlehem“.
Mittelpunkt dieser Initiative ist eine Weihnachtskrippe, die dem katholischen Seelsorger vor einigen Jahren übereignet wurde.
Der Kapellenraum wurde bis auf wenige Stühle frei geräumt. Drei Stoffbahnen in unterschiedlichen Farben symbolisieren drei verschiedene Wege, die alle zur Krippe führen.
Auf dem Schriftenstand und auf der Orgel erwarten die Besucher der Kapelle geistliche Impulse in Wort und Bild, als Hefte oder Postkarten. Diese dürfen von denen, die in die Kapelle kommen, buchstäblich ‚aufgegriffen‘ und mitgenommen werden.
Auch einige LED-Teelichter stehen zur Verfügung. So werden diejenigen, die die Kapelle besuchen, zu einem kleinen Gedankengang ermuntert, den die Seelsorger in folgende Worte gefasst haben:
„AUF DEM WEG NACH BETHLEHEM
Gerade in beschwerlichen Zeiten gilt die Einladung: „Mache Dich auf zur Krippe. Du wirst erwartet. Von Jesus selbst.“
Während der Adventszeit ist in der Kapelle solch ein Weg sinnbildlich nachgestellt.
Ein persönliches Licht verdeutlicht, wie nahe ich mich dem Heil der Welt fühle.
Noch etwas erwartet alle, die unterwegs sind: Weihnachtsgeschichten, Lieder und Bilder zum mitnehmen.„
Patient*innen und Mitarbeitende sind eingeladen, in der Krankenhaus-Kapelle ein wenig zur Ruhe zu kommen, die Lasten und Sorgen dort im Gebet vor Gott zu tragen und den Weg nach Weihnachten hin als einen persönlichen „Weg nach Betlehem“ zu verstehen:
Möchte ich mich überhaupt auf den Weg nach Betlehem machen?
Wo befinde ich mich gerade auf diesem Weg?
Ist Weihnachten, ist Betlehem noch sehr weit weg von mir und meinen aktuellen Erlebnissen?
Welche Hindernisse stellen sich mir dabei in den Weg?
Was hindert mich daran, auf dem Weg nach Betlehem zu bleiben?
Und welche Hoffnung oder welche Bedürfnisse und Wünsche treiben mich an, den Weg zu gehen? Aber auch:
Welche Begegnungen und Erfahrungen mache ich auf dem Weg?
Welche Beobachtungen mache ich und wie unterscheiden sie sich von Beobachtungen anderer Jahre?
Was wünsche ich zu finden, wenn ich ‚zu Weihnachten‘ dann endlich angekommen bin, zum Stall von Betlehem?
Wer seinen gegenwärtigen Ort auf dem Weg nach Betlehem erspüren konnte, ist dann eingeladen eines der Teelichte dort hinzustellen, wo man gerade ’steht‘.
So gestalten unterschiedliche Menschen, von denen zumeist die wenigsten von einander wissen, einen Raum mit einzelnen Lichtern, die vielleicht auch zum Zeichen eines persönlichen und zugleich gemeinsamen Gebetes geworden sind.
(c) für alle Fotos: Gerd Wittka, 26.11.2020
Reduktion
Was jetzt not-wendig ist
Vor einigen Tagen erreichte mich ein newsletter einer der Kliniken, in denen ich als Krankenhaus-Seelsorger tätig bin.
Darin wurde alle Mitarbeitenden geraten, die persönlichen Kontakte und Begegnungen auf das wirklich Notwendige zurück zu fahren. Auch in dienstlichem Kontext wurde deutlich gemacht, dass hier auch die persönlichen Kontakte zu KollegInnen auf das Minimum und Nötigste zurück gefahren werden soll.
Konkret heißt das: telefonische Absprachen oder Videokonferenzen, da wo es nötig ist und keine unnötigen kollegialen physischen Begegnungen innerhalb des Dienstes.
Meine persönliche derzeitige Situation
Als Heuschnupfen-Allergiker nehme ich seit Monaten an einer Hyposensibilisierung teil. Zwei Wochen vor und nach jeder Spritze kann ich mich nicht impfen lassen. Das hat dazu geführt, dass ich mich seit Anfang Oktober nicht gegen die saisonale Grippe impfen lassen konnte, weil entweder der Termin nicht wahrgenommen werden konnte oder dann gegen Ende Oktober der Grippe-Impfstoff nicht verfügbar war. Ich kann nur hoffen, dass sich ein günstiges Zeitfenster ergibt, wo ich mich gegen die Grippe impfen lassen kann.
Als Krankenhaus-Seelsorger ist es mir wichtig, dass ich mich durch eine Impfung nicht nur selber schütze, sondern auch im Falle einer Infektion einen Grippevirus nicht weiter verbreite. Dazu kommt, dass ich – sobald ich erste Erkältungssymptome entwickle – nicht mehr ins Krankenhaus gehen darf; ich stehe dann also für meinen Dienst nicht zur Verfügung.
Da Vertretungen – gerade auch in dieser Zeit – sehr schwierig sind (wegen des allgemeinen Besuchsverbots und der Zugangsberechtigung nur für Mitarbeitende im Krankenhaus selber), musste ich also für mich persönlich eine Strategie entwickeln, wie ich möglichst ohne Infektionen durch diese Zeit komme und dann für meinen Dienst zur Verfügung stehe, wenn es nötig wird.
Meine derzeitige Strategie:
Schon vor diesem Newsletter war mir klar, dass ich selber auch in der Frage meiner persönlichen Kontakte umdenken muss.
Also habe ich eine eigene Strategie entwickelt, die aus folgenden Komponenten besteht:
Nutzung der Homeoffice-Möglichkeit
Reduzierung auch privater Kontakte
Umorganisation meines Einkaufsverhaltens
Homeoffice
Als Krankenhaus-Seelsorger ist es mir möglich, einen Teil meiner Aufgaben im Homeoffice zu erledigen. So habe ich mich entschieden, an zwei Tagen in der Woche (montags und mittwochs) persönlich im Krankenhaus anwesend zu sein. An diesen Tagen schreibe ich entweder Patient*innen-Brief oder feiere mit meinem evangelischen Kollegen einen „Stellvertretungsgottesdienst“ (weil Gemeinschaftsgottesdienst nicht möglich sind). In der anderen Zeit bin ich über mein dienstliches Mobiltelefon und auch über andere Kanäle (Email, Messenger, Videokonferenzen) erreichbar. So kann ich auch nach Bedarf kurzfristig wieder persönlich im Krankenhaus anwesend sein.
Patient*innen, gerade auch aus der psychiatrischen Klinik, nutzen diese anderen Kontaktmöglichkeiten.
Reduzierung privater Kontakt
Auch in meinem privaten Leben habe ich mich entschieden, private direkte Kontakte zu reduzieren. Emotional ist das für mich wohl der einschneidenste Schritt. Denn das bedeutet für mich, sowohl zu meiner eigenen Familie als auch zu anderen engen Freund*innen den Kontakt nur noch über (Video-)Telefonie aufrecht zu erhalten. Dieses erlebe ich aber nicht als eine Art Isolation, denn ich nutze lebhaft die anderen Möglichkeiten, die mir zur Beziehungspflege bleiben.
Auch zu Weihnachten …
werde ich mich nur mit einer Person persönlich treffen, damit ich dieses Fest nicht ganz allein verbringe. Aber schon bereits in besseren Jahren war es für mich weniger ein Problem, Weihnachten nicht mit der ganzen Familie und mit Freunden zusammen zu sein. Irgendwann einmal habe ich für mich erkannte, dass ich an den meisten Tagen und Abenden des Jahres allein bin. Und ich habe für mich erkannt, dass der Heilige Abend bzw. die Weihnachtstage dann nur weitere Tage sind, wo ich so lebe, wie ich es in der meisten Zeit des Jahres gewohnt bin. Es ist für mich also nur eine reine Kopfsache, wie ich mit dem Heiligen Abend allein umgehen kann. Denn meine regulären Alltagserfahrungen sind nicht wesentlich anders als am Heiligen Abend.
Genügend menschliche Begegnungen
Vielleicht hört sich das sehr radikal an. Aber man muss auch wissen, dass ich ja nicht gänzlich ohne soziale physische Kontakte bin. Allein durch meinen Dienst geben sich immer wieder – notwendigerweise – physische Kontaktmöglichkeiten, so dass bei mir sicherlich nicht die Gefahr der Selbstisolation besteht.
Momentan komme ich emotional mit dieser Vorgehensweise gut klar.
Umorganisation meines Einkaufsverhaltens
Schon während meines Urlaubs im September konnte ich mich in ein verändertes Einkaufsverhalten einüben:
Durch sorgfältige Planung und Organisation konnte ich meine Einkäufe auf ein bis zwei Einkäufe pro Woche reduzieren. Das reduziert auch die Möglichkeit unerwünschter Kontakte, von denen Infektionen ausgehen könnte. Man muss sich nur vorher die Mühe eine sorgfältigen Haushaltsführung machen, dann ist auch das überhaupt kein Problem.
Unverständnis
Mit ist bewusst, dass meine Haltung sicherlich nicht auf breites Verständnis führt. Aber ich bin sicher, dass diese Zeit uns vor die Frage stellt, was uns wichtig ist und wie wir selber am besten durch diese Zeit kommen wollen.
Dafür ist es auch wichtig, dass man sich Prioritäten setzt und die sind für mich ganz klar:
Ich möchte weitgehenst verfügbar bleiben für meinen Dienst; gerade auch deshalb, weil Patient*innen diese Zeit besonders schwer erleben, erst recht, weil es in den Krankenhäusern ein Besuchsverbot gibt. Als Krankenhaus-Seelsorger habe ich aber das Glück, weitgehenst noch den persönlichen Kontakt zu den Patient*innen haben zu können.
Ich reduziere meine persönlichen Begegnungen auf das machbare Minimum, damit ich gerade im privaten Bereich auf persönliche Begegnung nicht gänzlich verzichten muss, um das Infektionsrisiko zu minimieren.
Chancen nutzen
Indem ich mein Verhalten in dieser Zeit ändere, spüre ich aber auch deutlich, dass sich andere, neue Möglichkeiten in meinem Leben ergeben: etwas, was ich immer schon mal wieder machen wollte, kann jetzt zum Zuge kommen. Ich kann mal wieder ganz in Ruhe ein Buch zu Hand nehmen. Ich kann nötige handwerkliche Aufgaben in meinem Haushalt erledigen, für die ich sonst keine Zeit oder Muße gefunden habe. Ich kann Spaziergänge machen, die sonst viel zu kurz gekommen sind,
…
Mich in meinen physischen Sozialkontakten zu reduzieren, gibt mir ganz neue Möglichkeiten, die ich buchstäblich ent-decken kann, weil sie in der Geschäftigtkeit und Hektik früher Zeiten verschüttet wurden.
Ich finde, das ist ein guter Einstieg für mich in die nun beginnende Adventszeit, die wir so oft als Zeit der Muße und Besinnung bezeichnen.
Wie gehen Sie mit dieser Zeit um? Welche Akzente setzen Sie in dieser Zeit? Schreiben Sie gerne Ihren Kommentar zu meinen Gedanken.
Wo bist du, du Zeit der Stille…?!
Was der Advent für mich meint…
Wen würde es wundern, wenn ich von mir sagen würde: dieses Bild ist für mich ein wirklich adventliches Bild? – Sie vielleicht?
Dieses Bild drückt für mich die adventliche Sehnsucht am heutigen dritten Adventssonntag aus. Es steckt so viel darin, was wir eigentlich vom christlichen Ursprung her mit dem Advent verbinden.
Stille
Als Erstes ist es die Stille, die dieses Bild so eindrucksvoll zum Ausdruck bringt. Selbst wenn es ein Bild mit Ton wäre, würden wir ‚Stille‘ spüren und ‚hören‘. Es scheint paradox, aber Stille ist nicht wirklich klang- und tonlos. Es gibt immer etwas, was auch in der Stille zu hören ist. Stille und Geräuschlosigkeit sind verschieden. Ich muss es Ihnen nicht in Worte fassen. Sehen Sie sich selbst einmal dieses Bild an, versetzen Sie sich selbst in die Lage, Sie würden da an diesem Pier stehen oder sitzen; in warmer Kleidung oder eine kuschelige Decke eingehüllt … Was hören Sie nun in der Stille…?
Weite
Als Zweites fällt mir die ‚Weite‘ auf, die von diesem Bild ausgeht. Auch das ist irgendwie paradox, denn wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt einer Realität. Wir sehen vielleicht in der Breite gut 10 Meter. Was direkt daneben ist, wissen wir nicht. Aber gerade dieser Fokus auf diesen kleinen Ausschnitt ermöglicht uns vor unserem geistigen Auge, Weite und Tiefe zu ahnen. So ist es auch, wenn wir uns in der Winterzeit z.B. in einen Raum zurück ziehen, der nur schwach erleuchtet ist, vielleicht nur mit einer kleinen Lampe und einer Kerze auf dem Tisch. Der sonst im Hellen besehene größere Raum verkleinert sich optisch. Dadurch nehmen wir auch weniger wahr und werden auf weniges fokussiert. Diese ‚Sichtfeldeinschränkung‘ hat auch den angenehmen Nebeneffekt: sie schützt uns vor Reizüberflutung. Der optisch kleinere Raum kann einer geistigen Weite förderlich sein. Und eine solche ähnliche Wirkung hat es auch, wenn wir dieses Bild betrachten.
Advent = Weite und Stille durch Fokussierung
Das ist für mich eine wesentliche Seite des Advents; wenn wir durch eine äußere und geistliche Fokussierung uns auf eine spirituelle Erfahrungsreise begeben und Räume wahrnehmbar machen, die uns sonst in den Anstrengungen, der Betriebssamkeit und Hektik des Alltags verschlossen bleiben.
Ich brauche gar nicht mit einer Komsum- Kapitalismus- und Kommerzialisierungskritik zu kommen, um für mich zu erkennen, dass diese Dimension des Advents gerade in der Adventszeit viel zu kurz kommt.
Schauen Sie sich dazu als ein Beispiel nachfolgendes Bild an. (Geht das überhaupt ‚in Ruhe‘?!)
Vergleichen Sie dir Wirkung dieses Bildes mit der Wirkung des ersten Bildes. Welches Bild tut Ihnen geistig-spirituell mehr gut?
‚Adventliche‘ Weihnachtszeit
Die Überschrift scheint ebenfalls paradox. Aber ich selber erlebe die Zeit nach den Weihnachtsfeiertagen mehr als adventlich geprägte Zeit, wo Geist und Sinne zur Ruhe kommen können, als die eigentliche Adventszeit vor ‚Heilig Abend‘.
Da läuft doch was gründlich schief, wenn ich zwischendurch den Gedanken in mir wahrnehme:
Ich bin froh, wenn die Adventszeit mit ihrer reizüberflutenden Geschäftigkeit baldvorbei ist.
Einer meiner Lieblingstexte in dieser Zeit ist ein Gedicht von Joseph von Eichendorff, dass auch als Lied vertont wurde: „Oh du stille Zeit“:
O du stille Zeit, Kommst, eh wir´s gedacht über die Berge weit, über die Berge weit Gute Nacht!
In der Einsamkeit rauscht es nun sacht, über die Berge weit, über die Berge weit, Gute Nacht!
Text: Joseph v. Eichendorff (1788-1857)
Ich wünsche Ihnen noch einige besinnliche und gesegnete Adventstage! Machen Sie das Beste draus!