Barmherzigkeitssonntag – Weißer Sonntag

Ein expressionistisches Gemälde voller Leben:
Wir sehen eine moderne Großstadt im Frühling.
Es geht geschäftig und bunt zu.
Autos in leuchtenden Farben rollen durch die Straßen, Radfahrer flitzen dazwischen hindurch, und Menschen eilen zu Fuß – einige mit dem Blick fest auf ihr Handy geheftet.
Die Farben der Stadt sind intensiv, grell, fast überwältigend – als wolle das Bild uns sagen:
Hier passiert etwas.

Es ist Frühling.
Die Bäume entlang der Straßen blühen, einige in strahlenden Farben, andere tragen frisches, sattes Grün.
Es ist die Zeit des Neuanfangs, des Aufatmens, der Hoffnung.
Alles wirkt wie ein leiser Hinweis:
Hier beginnt neues Leben.
Doch erkennen wir es?
Oder ist es für uns schon zu alljährlich geworden, um es als etwas Besonderes zu empfinden?

Und da – mitten in diesem Trubel, ganz am Rand, steht jemand, der nicht ins Bild zu passen scheint: Jesus Christus, der Auferstandene.

Nicht wie aus einem alten Gemälde, sondern ganz heutig.
Er trägt eine kurze, moderne Jeanshose, seine Narben von der Kreuzigung sind deutlich zu sehen – an Händen, Füßen, an der Seite.
Ein stilles Zeichen für all das Leid, das er durchlebt hat.
Und doch: Er steht dort ganz ruhig.
Kein Schmerz in seinem Gesicht, sondern Frieden.
Er wirkt gelöst, als hätte er das Schwere hinter sich gelassen: er-löst!

Aber niemand bemerkt ihn.
Die Menschen gehen an ihm vorbei:
zu sehr mit sich selbst beschäftigt, mit Gedanken, Terminen, Sorgen.
Es scheint, als hätte niemand Zeit für das Wunderbare, mitten unter ihnen.

Und wir?! -Würden wir es glauben, wenn wir IHN sehen würden, dass ER – der Auferstandene – es wirklich ist, wenn Jesus plötzlich vor uns stünde – lebendig, gegenwärtig, echt?!

Das Bild verbindet die schnelle Welt unserer Zeit mit tiefer geistlicher Bedeutung.
Es erinnert an die Geschichte der Jünger auf dem Weg nach Emmaus: Auch sie sahen Jesus doch erkannten ihn nicht.
Erst als er mit ihnen sprach, ihre Fragen ernst nahm und das Brot mit ihnen brach, ging ihnen ein Licht auf.

Vielleicht ist es heute ähnlich.
Vielleicht braucht es Menschen, die wie Jesus zuhören, fragen, Gespräche möglich machen;
Menschen, die anderen helfen, ihre Sorgen und Zweifel auszusprechen; Menschen, die nicht gleich eine Antwort parat haben, sondern Raum schaffen für echte Begegnung.

Denn dann kann etwas in Bewegung kommen.
Dann kann Auferstehung ganz real erfahrbar werden – nicht nur als alte Geschichte, sondern als neues Leben, als neue Lebensmöglichkeiten und als neue Sichtweisen: hier und jetzt.

Wir Christinnen und Christen haben heute die Möglichkeit, anderen Jesus erfahrbar zu machen:
Indem wir Anteil nehmen.
Indem wir einladen, zuhören, mittragen.

Wenn wir das tun, können Menschen wieder aufatmen, neue Kraft finden, neuen Sinn entdecken.
Dann verwandelt sich vielleicht Ratlosigkeit in Hoffnung, Traurigkeit in Lebensfreude, Stillstand in Bewegung.

Das wäre heute Auferstehung mitten in unserem Alltag.


Bild: copyright by Gerd Wittka, 2025, erstellt mit KI




Frohe Botschaft spüren

Bild von Robert Simukonda auf Pixabay

Lesungstext: Lukas 15, 11-32


Wahrnehmungsübung:

Ich möchte Sie für einen kleinen Augenblick einladen, einmal kurz inne zu halten und in sich hinein zu spüren; Sie dürfen – wenn Sie mögen – auch einen Augenblick die Augen dabei schließen um ganz bei sich selber sein zu können.
Am Ende der kleinen Übung werde ich Sie anleiten, wie Sie gut diese kleine Übung beenden können.

Setzen Sie sich – wenn möglich – aufrecht auf Ihren Stuhl. Lehnen Sie sich mit dem Rücken gut an, damit Sie im Rücken guten Halt finden.
Mit beiden Füßen sollten Sie gut den Boden berühren. Die Hände können Sie auf den Oberschenkeln ablegen.
Spüren Sie, wie Sie vom Stuhl gut getragen werden.
Wenn Sie mögen, schließen Sie jetzt Ihre Augen und lassen sich etwas von mir durch diese Übung führen.

Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das Evangelium, das wir gerade gehört haben.
Erinnern Sie sich an Szenen, die Sie besonders angesprochen haben.
Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die handelnden Personen.
• Da ist der Vater, der sein Erbe auszahlt.
• Da ist der jüngere Sohn, der seinen Erbteil nimmt und sich von zu Hause löst.
• Da ist der ältere Sohn, der ortstreu bleibt und sich an die Familientradition gebunden fühlt.

Spüren Sie einen Augenblick mal bitte in sich hinein und fragen Sie sich, welche Person Sie in diesem Evangelium besonders angesprochen hat?
Und welche Person behagt Ihnen gar nicht?
In welcher Person haben Sie sich persönlich am ehesten entdeckt?
Welche Person würden Sie gerne sein?

Bewerten Sie diese Feststellung nicht.
Nehmen Sie nur war, mit welcher Person Sie sich leichter einfühlen können?

Und jetzt versuchen Sie, mit Ihren Gefühlen in Kontakt zu kommen.
Zu den Gefühlen rechnen wir Angst, Ärger, Wut, Zorn, aber auch Freude, Dankbarkeit, Liebe, sich-geliebt-fühlen, …

Bewerten Sie die Gefühl nicht. Sie sind da und haben ihre Berechtigung.
Welche Gefühle nehmen Sie bei sich wahr, wenn Sie das heutige Gleichnis hören?

Oder spüren Sie sogar körperliche Empfinden, Befindlichkeiten oder Missempfindungen, wie innere Unruhe, Wärme und Entspannung im Bauchraum, aber vielleicht auch Anspannung oder Verspannung.
Wo nehmen Sie diese Empfindungen wahr? Im Kopfbereich, in der Brust oder in der Bauchgegend?
Auch diese Empfindungen bitte nicht bewerten, nur wohlwollend wahrnehmen.

Vielleicht können Sie auch im Moment gar nichts wahrnehmen.
Dann ist es auch nicht schlimm. Versuchen Sie, auch das nicht zu bewerten.

Bleiben Sie einen kurzen Augenblick bei dem, was gerade bei Ihnen ist.
Gönnen wir uns einen Augenblick der Stille ….

….

Nun möchte ich Sie anleiten, mit Ihrer Aufmerksamkeit wieder in diesen Raum zurück zu kehren. Lassen Sie noch die Augen geschlossen, wenn Sie sie geschlossen hatten.

Ballen Sie nun Ihre Hände zu Fäusten zusammen, auch gerne etwas kräftiger, damit Ihr Kreislauf wieder in Schwung kommt.
Ziehen nun langsam und kräftig ihre Fäuste und Unterarme an die Oberarme heran und Sie dürfen sich jetzt auch räkeln, wie wenn Sie morgens erwachen.
Dann öffnen Sie langsam wieder Ihre Augen und finden sich hier in der Kapelle wieder…


Vielleicht fragen Sie sich:
Was soll das alles?!

Ich möchte Sie ermutigen, das Evangelium nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit dem Herzen zu erleben.
Oft nähern wir uns solchen Texten nur sachlich und theologisch.
Aber Jesus erzählte Gleichnisse, um direkt unsere Gefühle anzusprechen – er wollte, dass wir mit unserem Herzen, also mit unseren Emotionen, berührt werden.
Obwohl er Rabbi genannt wurde, sah er sich nicht als einen rein akademischen Lehrer. Es tut uns also gut, wenn wir uns heute den Evangelien so nähern wie Jesus es tat.

Haben Sie beim Hören des Evangeliums gute, positive Gefühle empfunden?
Dann: Glückwunsch! Das Evangelium – die Frohe Botschaft – hat bei Ihnen bereits seine Wirkung entfaltet.

Falls Sie aber eher unangenehme Gefühle hatten, etwa weil Sie den älteren Sohn und seine Empfindung von Ungerechtigkeit verstehen, machen Sie sich keine Sorgen.
Genau solche Menschen wollte Jesus mit seinem Gleichnis ansprechen.

Viele von uns, mich eingeschlossen, können sich in der Reaktion des älteren Sohnes wiedererkennen.
Er hielt sich immer an die Tradition, doch für ihn blieb das Fest der Freude aus. Das ist für ihn unverständlich! Wo bleibt da der Lohn der Treue und des Gehorsams?!

Nur: so geht es zu, auf dem Erlösungsweg Gottes!

Auch wenn wir den älteren Sohn verstehen, dürfen wir versuchen, uns zu freuen, denn Jesus hat dieses Gleichnis für uns gedacht.
Er möchte uns lehren, uns für die grenzenlose und bedingungslose Liebe und Fürsorge des Vaters zu öffnen.

Ich könnte noch viel mehr über das Evangelium sagen, aber eines möchte ich besonders betonen:

Erinnern Sie sich an die Worte des Vaters:
„… dieser, dein Bruder, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden…!“
Das ist der zentrale Satz dieses Evangeliums.

Heute feiern wir den Laetare-Sonntag – das bedeutet „Freue dich!“.
Der letzte Satz des heutigen Evangeliums gibt uns einen Hinweis auf Ostern, auf die Auferstehung.
In diesem Gleichnis hören wir von einer Auferstehungsgeschichte, die in den kommenden Wochen in anderen Formen immer wieder auftaucht.

Der Laetare-Sonntag ist der Übergang von dem Teil der Fastenzeit, in der wir über unsere Umkehr nachgedacht haben, zu den nächsten Wochen, in denen wir das Leiden Christi verstärkt betrachten.

Dieses Evangelium und dieser Sonntag erinnern uns daran:
Wenn in den nächsten Wochen viel über Leid gesprochen wird, ist das nur der Auftakt.
Christus blieb nicht am Kreuz – sein Leiden führte direkt zur Auferstehung.
In diesem Geist lade ich Sie ein, die kommenden Wochen in diesem Bewusstsein zu begehen, bis wir in großer Freude das Osterfest feiern können.






Leben …

… im Bewusstsein des Kreuzes

Bild von Albrecht Fietz auf Pixabay

Impuls zur Lesung am 6. Sonntag im Jahreskreis – C – 2025: 1 Kor 15, 12.16-20

Ich erinnere mich, dass ich vor ein paar Monaten in einem kurzen Impuls gesagt habe, dass der Sinn unseres christlichen Glaubens nicht nur darin liegt, was nach dem Tod passiert, sondern auch, wie wir unsere Welt heute gestalten.

Für Christen darf die Frage nach dem Lebenssinn nicht nur darauf abzielen, was im Jenseits kommt.

Wir leben in dieser Welt und stehen täglich vor ihren Herausforderungen.
Nur so können Werte wie Nächstenliebe, Frieden, Gerechtigkeit, Solidarität und der Schutz der Schöpfung hier auf der Erde wirklich Bedeutung erlangen.
Heute weist Paulus in seiner Lesung genau auf einen anderen wichtigen Aspekt hin.

Er sagt:
„Glauben wir nicht an die Auferstehung und werden Tote nicht auferweckt, dann ist auch nicht Christus auferweckt worden. Ist Christus aber nicht auferweckt worden, dann ist (der christliche) Glaube nutzlos.“

Damit meint Paulus:
Wenn alles, was wir als Christen tun, nur für unser irdisches Leben wichtig wäre, bräuchten wir uns nicht als Christen zu bezeichnen.
Dann wäre unser Glaube nur eine Form von Humanismus, der sich nur um das Menschliche in unserer Zeit kümmert und dabei seine tiefere Bedeutung verliert.

Ich freue mich über diese klaren Worte von Paulus.
Sie zeigen mir, dass wer sein Leben nach christlichen Werten ausrichten will, dies in der Spannung des Kreuzes tun muss.

Das will ich kurz erklären:

Man kann das Leben in der Spannung des Kreuzes so verstehen:

• Die waagerechte Seite steht für die Zeit – also Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Das bedeutet, dass wir unser Leben bewusst im Lauf der Zeit gestalten und dies durch die Werte Nächstenliebe, Frieden, Gerechtigkeit, Solidarität und der Schutz der Schöpfung, …

• Die senkrechte Seite symbolisiert, dass unser Leben nicht nur auf das Irdische beschränkt ist, sondern auch den Blick in den Himmel und auf die Ewigkeit richtet.

Zusammen zeigen beide Seiten, dass christliches Leben heißt:
bewusst in unserer Zeit zu handeln
und gleichzeitig an das zu glauben,
was über unser irdisches Leben hinausgeht.




Alle Seelen Gedenken

Bild von Goran Horvat auf Pixabay

In unserer Pfarrei bieten wir seit fast drei Jahren Trauergruppen an.

Mittlerweile ist die Nachfrage so groß geworden, dass wir zwei Gruppen parallel durchführen.

In einer Gruppe, die ich mit einer Gemeindereferentin leite, fragte in einer Gruppenstunde eine jüngere Teilnehmerin, ob wir uns nicht auch mal über unsere persönliche Hoffnung und Vorstellung austauschen könnten, über die Frage, was nach unserem irdischen Leben kommt und uns erwartet?

Wir haben uns auf diesen Austausch eingelassen, denn uns war bewusst, dass wir das Thema nicht so einfach abtun könnten, in dem wir darauf hinweisen, dass Christ:innen ja an eine Auferstehung von den Toten glauben.

Die Frage, was nach dem irdischen Leben kommt, ist einerseits für uns Christ:innen klar, aber andererseits ist der Glaube an die Auferstehung ja mehr eine Hoffnung auf Auferstehung.

In diesem Zusammenhang kam mir eine Passage aus dem Römerbrief des heiligen Paulus in den Sinn:

Römer 8, 18-25

Hier macht Paulus deutlich, dass unsere gläubige Hoffnung auf die Auferstehung auch immer etwas Ungewissheit beinhaltet.
Das liegt aber im Wesen der Hoffnung und unseres Glaubens und zeigt keinen mangelhaften christlichen Glauben an, wann immer wieder die Frage in uns auftaucht, ob es auch wirklich so kommt?

Foto: Gerd A. Wittka, 31.10.2024

Wenn ich – wie am vergangenen Donnerstag – am Grab meiner Mutter war, dann ertappe ich mich oft mit den Gedanken: „Ich wünsche dir, Mama, dass sich deine gläubige Hoffnung erfüllt hat!“

Dieser Satz macht mir deutlich, in welcher Spannung sich unser Glaube befindet, wenn wir bekennen, dass wir an die Auferstehung nach unserem irdischen Leben glauben, dies aber nur in der Hoffnung auf Auferstehung tun können.





Risen Christ

Bildbetrachtung

Ein nicht alltägliches ‚Bild‘ vom Auferstandenen.
Ein Bild das zumutet, mit Alt-Bekanntem in Kontrast gesetzt zu werden.

Lass uns dieses Bild betrachten.



Wir erkunden das Bild

Ein Mann, unbekleidet, nackt, mit einer sportlichen Statur.
Wahrscheinlich unteres mittleres Alter, Mitte 30.
Der Bewegung des Körper wirkt lebendig, dynamisch.

Der Blick ist somit ‚zielstrebig‘ nach rechts oben gerichtet.
Das Ziel scheint nicht vor ihm, sondern über ihm zu sein.
Der Körper nimmt diese Zielstrebigkeit auf.
Die Beine stehen nicht fest, sondern in Bewegung.
Die Körperhaltung und -bewegung erinnert an die eines Sprinters in der letzten Phase des Wettkampfes, geradewegs auf das Ziel zu.
Ein flatterhaft wirkendes weißes Tuch ‚umhüllt‘ Teile des Körpers, berühren ihn aber kaum, so als würde das Tuch vom Körper wegstreben.
Hinter dem Kopf eine gold-leuchtende ‚Scheibe‘, die an eine Sonne erinnern mag.

Die Farbfelder im oberen Teil scheinen geradezu vom Körper weg zu explodieren.
Sie unterstreichen diesen dynamisch bewegten Körper.

In der oberen Bildhälfte dominieren die Farben gelb/gold und rot, die in die Vertikale drängen.
In der unteren Hälfte sind mehr grüne und blaue Felder, eher horizontal, zu erkennen, als im oberen Teil.
Die Farbfelder wirken unspezifisch, lassen keine bekannten Motive erkennen, so als wäre der Körper in einer anderen Sphäre, einer anderen ‚Dimension‘, die mit nichts ‚auf Erden‘ zu vergleichen ist.

Der expressionistische Stil des Bildes unterstreicht die Kraft, die diesem Bild innewohnt.

Ein Deutungsversuch: Ein Bild von Auferstehung

Dieses KI-gefertige Bild entspricht nicht den üblichen Darstellungen des Auferstandenen.
Dennoch ist es für mich ein Bild des Auferstandenen.
Das möchte ich an einzelnen Details erläutern.

Die Nacktheit

Wann ist der Mensch zum ersten Mal ’nackt‘ auf Erden? – Bei seiner Geburt.

Wir alle werden ’nackt‘ geboren.
Die Nacktheit eines neugeborenen Menschen wird oft als Ausdruck seiner Schutzlosigkeit und Hilfsbedürftigkeit verstanden.
So heißt es z.B. in dem Weihnachtslied „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich…“ (Gotteslob Nr. 247):
„Er kommt aus seines Vaters Schoß und wird ein Kindlein klein, er liegt dort elend, nackt und bloß in einem Krippelein…“
Bei den Weihnachtsliedern ist uns das Motiv der Nacktheit Christi vertraut.
Die Nacktheit bei der Geburt ist aber nicht nur Ausdruck von Schutzlosigkeit und Hilfsbedürftigkeit.
Die Nacktheit ist damit das Bild für den Eintritt in das Erdenleben.
So heißt es zum Beispiel im Alten Testament im Buch Hiob 1,21:
„Nackt bin ich zur Welt gekommen, und nackt verlasse ich sie wieder.“ (Übersetzung: Hoffnung für alle)

Mit Nichts kommen wir also zur Welt.

Dieses „Nichts“, diese Nacktheit steht damit auch für eine Art Ungebundenheit.
Zur Zeit der Geburt ist der Körper des Kindes noch nicht ‚gewickelt‘.

Das Wickeln des Säuglings war früher ein geläufiges Ritual, wie es u.a. der Wikipedia-Artikel zeigt: https://de.wikipedia.org/wiki/Wickeln_(Kind)
Manche Krippendarstellungen zeigen den neugeborenen Christus als ein ‚gewickeltes‘ Kind in der Krippe.
In dieser Wickel wirkt ein Säugling wie in einer Presswurst.
Es kann sich nicht bewegen, ist gebunden – ja bis zur Bewegungslosigkeit gefesselt.
Damit ist ein gewickelter Säugling genau das Gegenteil von dem, wie uns ein gerade geborenes Kind erscheint.

Dieses Bild der Wicklung kommt später wieder zum Zuge, nämlich nach dem Tod eines Menschen.
Die Bibel berichtet davon, dass Menschen nach ihrem Tod in Leinentücher gewickelt wurden.
So berichtet z.B. das Johannes-Evangelium im Kapitel 19 Vers 40: „Mit diesen wohlriechenden Salbölen wickelten sie den Leichnam von Jesus in Leinentücher ein. So war es beim Begräbnis von Juden üblich.“

Und in Johannes 20,5-7 wird berichtet, dass Jesus nach seiner Auferstehung nicht mehr in diesen Leinentüchern gewickelt gewesen war, weil diese nämlich noch im Grab gefunden wurden.
Wenn wir diesen Gedanken weiter spinnen, dann kommen wir zum Motiv des „nackten Auferstandenen“.

Die Wickeln, die ein Neugeborenes gebunden hatten und die Leinenbinden, mit denen der Verstorbene verbunden wurde, sie gab es nicht bei der Geburt und sie gibt es auch nicht mehr bei dem Auferstandenen.
Beim Eintritt ins Erdenleben ist der Mensch nackt.
Und auch der Auferstandene ist mit seiner Auferstehung wieder ’nackt‘, weil er in ein neues Leben eingetreten ist, quasi in ein neues Leben hineingeboren wurde.

Das ist ein Leben, dass alle irdischen Bindungen, Wicklungen und Fesseln abgelegt hat.

Daran erinnert uns auch Jesus Christus selber, wenn er den Schwestern seines Freundes Lazarus, Martha und Maria, nach der Auferweckung des Lazarus zuruft: „Löst ihm die Binden und lasst ihn weggehen!“ (Joh, 11,44)
Und in Johannes 20,17 sagt der Auferstandene zu Maria aus Magdala:
„… Halte mich nicht fest;…“

Frei werden wir in dieses Erdenleben hineingeboren und frei werden wir nach unserem irdischen Tod ins ewige Leben hineingeboren.
Auferstehung bedeutet: befreit werden zu einem neuen Leben.

Das Symbol der Nacktheit des Auferstandenen möchte diese Dimension und diese Wirklichkeit der Auferstehung buchstäblich ins Bild setzen.
Die flatternden weißen Binden auf dem Bild zeigen diese Befreiung in der Auferstehung.

Als weiteres Merkmal der Auferstehung ist die Dynamik der Bewegung des Christus.
Wir erkennen eine von links unten nach rechts oben aufstrebende Linienführung, die in der Bewegung des Körpers und der Haltung des Kopfes aufgenommen wird.
In der Ikonographie der Orthodoxie ist diese Diagonale von links unten nach rechts oben ebenfalls eine ikonische Darstellung von Auferstehung.
Das kann man sehr schön zeigen bei den Grablegungsszenen.
Darauf nimmt Jesus bei der Grablegung oft eine horizontale Lage ein. Es ist die Lage der Erdverbundenheit, der Gebundenheit an das irdische Leben. Dieses irdisch gebundene Leben ist durch den Tod zu Ende gegangen.
Doch die Auferstehungsikonen zeigen manchmal noch das Grab im Hintergrund.
Sehr schön anschaulich wird es bei dieser Ikone:
https://obitel-minsk.org/assets/img/content/2022/deutsch/inside/klostermaus/Ikone-der-Salben-Myron-tragenden-Frauen.jpg

Hier sieht man die buchstäblich verlassenen Leichenbinden, sie liegen da wir ein leerer Kokon eines neu erwachten Schmetterlings (weshalb auch der Schmetterling ein Symbol für Auferstehung ist!).
Bei seiner Auferstehung wird Christus oft geradezu vertikal, aufstrebend in den Himmel gezeigt.
Und die Grabplatte, wie hier bei diesem Bild unterstreicht diese Aufwärtsbewegung durch ihre von links unten nach rechts oben aufstrebende Richtung ‚gen Himmel‘.

In diesem Bild hier bei uns nimmt Jesus selber diese aufstrebende Richtung mit dem eigenen Körper ein.
Während orthodoxe oder klassische Auferstehungsbilder immer wieder noch das leere Grab zeigen – damit wir wirklich glauben können, was wir da sehen – hat dieses Bild das Grab ganz hinter sich gelassen.

Manche mögen es noch ganz vage angedeutet sehen im Bild unten rechts die beiden aufstrebenden Farbbalken von rot und dunkelgrünblau, so als würde Christus auch noch sein rechtes Bein aus dem Grab erheben.
Doch die Bilder des Todes sind hier allenfalls nur angedeutet, wenn nicht sogar nicht mehr buchstäblich ‚im Bild‘.
Das Grab und somit der irdische Tod ist bedeutungslos geworden.

Die Macht des Lebens besiegt die Macht des Todes!

Dieses Bild ’strahlt‘ buchstäblich viel Kraft aus.
Die Bewegung des Körpers, die verlängerten Strahlen, die aus dem Nimbus (Heiligenschein) Christi sich weiter fortsetzen und nach außen drängen, wie die Strahlen eines Blitzes.
Sie symbolisieren die unbändige Macht der Auferstehung, der keine Macht auf Erden widerstehen kann, selbst die Macht des irdischen Todes wird durch die Auferstehung überwunden.
Im Exsulet, dem Osterlob in der Osternacht hören wir: „… dies ist die Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach …“

Um Ketten zu zerbrechen, braucht es eine unbändige Kraft und Stärke. Diese Kraft und Stärke über den Tod soll ebenfalls in diesem Bild ausgedrückt werden.

Ostern – Himmelfahrt – Pfingsten

Wir feiern zwar insgesamt 50 Tage bis zum Pfingstfest das österliche Geheimnis.
Nach meinem Verständnis fallen aber Ostern, Himmelfahr und Pfingsten in eins.
Dies soll ebenfalls dieses Auferstehungsbild andeuten, in dem es auch die Geschehnisse der Himmelfahrt und das Pfingstfest andeutet.

Die aufstrebende Bewegung Christi ‚gen Himmel‘ unterstreicht den Himmelfahrtsbezug.
Mit einiger Phantasie kann man sogar schon etwas von der „Geistsendung“ erkennen, in dem roten Blockstreifen der hinter dem rechten Arm Christi gen Erde gerichtet ist.
Das Rot ist die Farbe der Liebe und die Farbe von Pfingsten.
Denn schon bei seinen Abschiedsreden in Joh 14 versichert Jesus seinen Jüngern: „Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen,“, sondern er wird uns die Heilige Geistkraft „vom Vater aus senden“. (vgl. Joh 14,16)


Bei diesen Gedanken zu diesem Bild will ich es belassen.
Ich wünsche dir ein frohes und befreiendes Osterfest!

Vielleicht inspiriert dich dieses Bild für eigene ‚Oster‘-Gedanken.
Dann würde ich mich freuen, wenn du deine Ostergedanken mir als Kommentar schickst.
Gerne veröffentliche ich ihn dann auch hier.




OSTERN.GEGEN.MACHT

Bild: KI

Wie werden Sie dieses Jahr Ostern feiern?
Ist es für Sie eine Art Frühlingsfest, auch wenn es in diesem Jahr noch kalt sein könnte?
Feiern Sie Ostern mit seinem christlichen Hintergrund als das Fest der Auferstehung?
Denken Sie, dass Auferstehung nur etwas mit dem Leben nach dem Tod zu tun hat?



Ich habe für mich in den letzten Jahren gefunden, dass Ostern eine wichtige Botschaft für dieses irdische Leben bereit hält, nicht erst jenseits unserer irdischen Lebens.
Denn wie wollte ich an eine christliche Botschaft der Auferstehung glauben, wenn diese nicht schon hier stattfinden kann und wird?!

Auferstehung von den Toten hat für mich viel mit meinem Glauben an Erlösung zu tun:
Erlösung von all dem, wodurch mein Leben gefährdet ist, was meine Lebendigkeit behindert oder sie sogar bedroht ist bis hin zum Gefühl, dass ‚das Leben an mir vorbei geht‘.

Ostern ist für mich der Aufbruch ins Leben, manchmal auch in ein ganz anderes, neues Leben – jenseits meiner bisherigen Vorstellungskraft; jenseits dessen, was ich mir bisher an Lebensmöglichkeiten zu denken und zu leben versagt habe.
Ostern ist für mich die Ermutigung in ein Leben, dass uns wirklich lebendig sein lässt.

Somit ist die Botschaft von Ostern auch eine Botschaft gegen die eigene vermeintliche Ohnmacht.
Es ist eine Botschaft, die mir neue Möglichkeiten eröffnen will.

Und da darf jede/r von uns schauen, nach welchen neuen Möglichkeiten unser eigenes Leben drängt.
Doch damit das neue Leben beginnen kann, muss das ‚alte‘ = bisherige Leben vielleicht erst ‚sterben‘ und sterben können und dürfen.

Dieser Glaube ist aber nicht in jedermanns Sinne.
Denn: Ostern ist zugleich ‚gefährlich‘!
Ostern kann nämlich den Mächtigen Angst machen, weil an Ostern Christus „die Ketten des Todes zerbrach“, wie es im ‚Exsultet‘ der Osternacht gesungen wird.
Da, wo andere unsere Lebendigkeit wie in einem Grab zumauern wollen, bricht Ostern dieses Grab auf, so dass wir wieder ins Leben treten können.

Auferstehung und Himmelfahrt*, Bild: Gerd Wittka mittels KI , März 2024

Ostern hält für uns die Botschaft der Freiheit bereit in allen Fällen, wo wir eingeschränkt, begrenzt oder unfrei sind oder gemacht werden sollen.
Die Wirkung von Ostern kann sein, dass wir aus Mitläufer:innen zu Selbstläufer:innen werden, weil wir unsere Freiheit und Selbständigkeit erkennen und annehmen.

Ostern geschieht nicht nur im Jenseits, sondern bereits Jetzt, wenn wir es nur glauben und es zulassen, unser neues Leben, unseren Aufbruch in eine neue Lebendigkeit!

Stellen Sie sich einmal vor, das hätte Jesus Christus mit seiner Auferstehung für uns auch erreicht?! – Was wäre das ein mächtiges Fest!

Der Auferstandene hält Mahl mit seinen Jüngern, Bild: KI

In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein gesegnetes und wirkmächtiges Ostern 2024!
*Bildbetrachtung zu diesem österlichen Bild: in Arbeit




Nicht sehen und doch glauben?!

Impuls zum 2. Ostersonntag – A – 2023

Bibeltext: Johannes 19, 20-31

Bild von falco auf Pixabay

Das heutige Evangelium ist uns, die wir regelmäßig die Gottesdienste besuchen vertraut. Da sind die Jünger hinter verschlossenen Türen, plötzlich kommt der Auferstandene in ihre Mitte, sagt ihnen zwei mal den Frieden zu und dazwischen empfangen sie auch noch den Heiligen Geist.

Thomas, der nicht dabei war, bekommt von seinen Kollegen erzählt, dass sie dem Auferstandenen begegnet seien; dass ER bei ihnen war.
Doch Thomas scheinen sie so leicht nicht überzeugen zu können.
Er, der der ‚Zweifler‘ genannt wird, fordert Beweise! „Beweise, Watson, Beweise!“ – wie der Meisterdetektiv Sherlock Holmes immer zu sagen pflegte.



Eigentlich ist er doch sehr vernünftig, dieser Thomas!
Wie oft schon haben wir gehört, dass Menschen Opfer von Fake-News geworden sind, weil sie ‚leichtgläubig‘ anderen auf dem Leim gegangen sind und Lügen als vermeintliche Wahrheiten verkauft wurden.

Ich persönliche halte es da doch lieber mit dem Thomas und begegne solchen Aussagen auch kritisch.

Später, als Thomas dabei ist und der Auferstandene sich ihnen wieder offenbart bekommt Thomas die ‚Beweise‘ und er erkennt den Auferstandenen.
Was für ein Glück! – Das haben wir nicht heute!
Und dann das mittlerweile „geflügelte Wort“ Jesu: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“

Auch dieses Wort Jesu dürfen wir etwas kritischer unter die Lupe nehmen, nämlich dann, wenn wir auf die Gotteserfahrungen heutiger Menschen schauen.
Nein, ich will jetzt hier nicht die pauschale Klage über den vermeintlichen Unglauben heutiger Zeit erheben oder darin mit einstimmen.
Und nein, ich will jene nicht tadeln, die sich – vielleicht nur augenscheinlich – nicht um ihren Glauben kümmern.

Wenn man nicht sieht und gerne glauben würde …

Ich möchte jene Menschen unter uns in den Blick nehmen, denen solche Sätze aus dem Mund Jesu heute noch wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen können!
Dabei denke ich an die Menschen, die von schweren Schicksalsschlägen getroffen wurden, die viel persönliche Not erfahren haben und bis dahin sich immer als Menschen verstanden haben, die – wenn auch irgendwie – an Gott glauben, für die Gott keine Randgestalt ihres Lebens ist – oder muss ich besser sagen: ‚war‘!

Denn Schicksalsschläge fechten nicht selten auch den Glauben an. Selbst Jesus schreit am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“?!
Die Erfahrung von Gottesferne teilen seit Jesus unzählige Menschen nach ihm.
Er, an den sie bislang geglaubt und an dem sie bislang festgehalten haben, hält sie scheinbar nicht mehr fest.
Ihr Vertrauen in dem, dem sie sich bisher anvertraut haben, scheint ihnen nun so fern.
Massenhaft machen Menschen heute noch diese Erfahrungen!
„Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ steht der Erfahrung derer gegenüber, die sagen: „Ich sehe Gott nicht, will an ihn glauben, gerade jetzt in dieser Zeit, aber ich kann es einfach nicht!“

Was ist mit denen? Gilt denen die Seligpreisung Jesu aus dem heutigen Evangelium nicht!
Sind sie auch hier ‚Loser‘, die Verlierer?!

Die Qual, Gottes Hilfe zu brauchen, sie aber nicht zu spüren, nicht zu erfahren, ist das Schlimmste, was sonst gläubige Menschen erfahren können. Denn das, was ihnen Fundament sein und Halt geben sollte, worauf sie viele Jahre gehofft haben, dass gerade in Zeiten der Krise sie auf Gott vertrauen können, wird nicht in ihrem Leben erfahrbar.

Wenn wir solchen Menschen begegnen, sollten wir tunlichst solche wohlfeilen Worte, wie dieses aus dem heutigen Evangelium unterlassen.

Das heißt nicht, dass dieses Wort Jesu theologisch falsch ist – im Gegenteil.
Aber Theologie deckt sich oft nicht mit den subjektiven Wahrnehmen der Menschen.
Wenn wir solche Situationen bei anderen oder sogar vielleicht selber bei uns erleben, dann tut eines als Erstes Not: Diese Wahrnehmung ernst zu nehmen und nicht floskelhaft beschwichtigen zu wollen.
Denn der nahe Gott, der immer zugleich auch als der ferne Gott erfahren wird, ist schon seit der Bibel bekannt.
Welche Perspektiven haben dann jene, die ihn zur Zeit nicht erkennen, die den Auferstanden nicht erkennen, der auch sie zu einem neuen Leben führen will?!

Es mag abgedroschen klingen, aber ich finde, solche Menschen werden für uns zur Aufgabe.

Wenn wir immer noch das feste Vertrauen haben, dass der Auferstandene auch uns zum neuen Leben ruft und SEIN Frieden uns mit einschließt, dann können wir diesen Auferstanden nur selber durch unser eigene Nähe zu diesen Menschen zum Ausdruck bringen.
Die Geistessendung, von der wir heute im Evangelium gehört haben, kommt nämlich nicht von ungefähr.
Geist-Sendung macht uns selber zu Geist-Sender:innen!

Durch seine Jünger, beziehungsweise durch uns selber, will der Auferstandene erfahrbar werden, auch für jene, die nicht sehen, damit sie glauben und auch (weiterhin) glauben können.


„Selig sind,
die nicht sehen
und doch glauben!“

Ich kann das so nicht allein stehen lassen!

Ich ergänze:

Selig sind , die nicht sehen
und nicht glauben können,
obwohl sie es gerne möchten
und dennoch an Gott
nicht irre werden,
sondern auch in Zeiten
der Wüste
an IHM festhalten können!
Denn ihr
Vertrauen
ist ein
‚blindes Vertrauen‘
in Gott!

(Gerd Wittka, 15.4.2023)




Ostern – Auferstehung 2023

Auferstehung – unspektakulär

Textstelle: Matthäus 28,1-10 | Einheitsübersetzung 2016 :: ERF Bibleserver

Jesus Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaft auferstanden!

Fresko: Auferstehung Jesu – Quelle: www.pixabay.com

Das ist die Botschaft der heutigen Nacht – unzählige Male von uns gehört und gefeiert.

Wenn ich nun reihum fragen würde, was wir in Erinnerung haben von den Auferstehungsberichten, dann würden wir eine Fülle verschiedener Variationen hören – und die meisten davon wären wahrscheinlich auch biblisch begründet.

Und doch fällt bei näherer Betrachtung auf, dass die Evangelisten sehr unterschiedlich von der Auferstehung berichten.



[Anmerk.: Wieder ein Anlass, der uns darauf aufmerksam macht, dass wir die Bibel nicht wortwörtlich nehmen dürfen, denn sonst würden sich Widersprüche ergeben; Widersprüche, die – nähmen wir die Bibel wortwörtlich – ihre Glaubwürdigkeit in Zweifel ziehen würde.]

Vielleicht erinnern Sie sich an die Auferstehungserzählung bei Johannes. Da kommen die Frauen zum Grab und fragen sich, wie sie wohl den Stein vor dem Grab wegbekommen, damit sie Jesus salben können. Doch als sie ankommen, ist der Stein schon weggewälzt und sie haben die Begegnung mit dem Engel, den sie aber zuerst als solchen nicht erkennen.

Heute möchte ich das Zeugnis der Auferstehung, wie es bei Matthäus steht, etwas genauer in den Blick nehmen.

Hier bei Matthäus ist es anders.

Maria aus Magdala und die andere Maria kamen zum Grab.
Das Grab war immer noch das Grab, verschlossen …! Die Wächter stehen immer noch davor.

Erst dann kommt es zu einem „gewaltigen Erdbeben“, weil ein Engel des Herrn vom Himmel herabkam.
Dieser Engel tritt an das Grab und wälzt dann erst den Stein weg. Die Wächter „waren (auf einmal) wie tot“.

Der Engel verkündet die Auferstehung und offenbar sehen es die Frauen auch, dass Jesus nicht mehr ‚im Grab‘ ist.
Dann eilen sie zu den Jüngern zurück, um zu berichten und auf dem Weg dorthin begegnen sie zum ersten Mal dem Auferstandenen.

Mir fallen einige Aspekte auf, die ich gerne erwähnen will:

  1. Das Grab Jesu ist so, wie es verschlossen wurde, als Jesus dort beigesetzt wurde. Die Wächter machen ihren Dienst und offenbar ist nichts Bemerkenswertes passiert, bevor die Frauen kamen.
    Und doch wissen wir in der Rückschau der Erzählung, dass Jesus bereits von den Toten auferstanden sein musste, als sie zum verschlossenen Grab kamen.
    Hier verlässt also Jesus nicht das Grab, indem er den Stein wegwälzt.
    Das erinnert mich an das Osterlied, in dem es heißt: „ihm kann kein Siegel, Grab noch Stein, kein Felsen widersteh’n …“. Auch der Stein vor dem Grab ist für seine Auferstehung kein Hindernis. Seine Auferstehung ignoriert die Sperren, die für uns Menschen als unüberbrückbares Hindernis gelten.

Jesu Auferstehung geschieht geradezu unspektakulär und unauffällig.

Jesu Auferstehung geschieht nach Matthäus unscheinbar, unauffällig, unspektakulär.
Er beschreibt die Auferstehung Jesu, indem er sie nicht beschreibt.
Er spricht von der Auferstehung als von einem Ereignis, dass nicht wahrgenommen wird.
Und deshalb wird es auch heute noch von Vielen für nicht wahr angenommen. Denn für viele gilt das heute noch als wahr, was wahrgenommen wird.

Für die Frauen indes kommt es ganz anders.

  1. Die Frauen kommen zum verschlossenen Grab. Die Wächter sind davor.
    Doch auf einmal geschieht etwas, das sie wie ein „gewaltiges Erdbeben“ wahrnehmen.
    Jesus ist bereits auferstanden, aber die Erkenntnis darüber trifft die Frauen mit voller Wucht, wie ein Erdbeben.
    In den letzten Wochen haben wir erfahren, wie gewaltig die Wucht von Erdbeben sein kann. Erdbeben können verheerend wirken, kein Stein bleibt mehr auf dem anderen, die alte Welt wird zerstört und dem Erdboden gleich gemacht. Erdbeben besitzen eine zerstörerische, auch leidstiftende Macht, wie wir immer wieder auch erfahren müssen. Erdbeben können alles ins Wanken bringen oder einstürzen lassen, nicht nur Gebäude aus Stein, sondern auch ganze Lebensentwürfe und Zukunftsperspektiven. Von einem Augenblick auf den anderen ist nichts mehr, wie es war.

Die gläubige Erkenntnis, dass Jesus nicht im Tod geblieben, sondern auferstanden ist, wirkt auf die Frauen wir ein gewaltiges Erdbeben. Ihr bisheriges Leben wird in den Grundfesten erschüttert oder sogar zum Einsturz gebracht.
Ihre Trauer um den Tod des geliebten Herrn und Meisters ist wie verflogen, denn „voll großer Freude“ verließen sie das Grab und eilten zu den Jüngern.

Wer vom Glauben an die Auferstehung ergriffen ist, für den stellt sich das eigene Leben ganz neu dar. Altes und Bisheriges wird umgekrempelt, verliert buchstäblich seine Daseinsberechtigung, liegt in Schutt und Asche.
Und der Blick wird auch buchstäblich frei auf das Neue, auf die Zukunft, auf die Möglichkeiten, die das neue Leben bereit hält.

Nicht Trauer, Traurigkeit und Mutlosigkeit haben das letzte Wort, sondern die Verheißung, sich die Auferstehung immer wieder zu vergegenwärtigen, in dem wir Jesus mitten in unserem Leben als den Auferstandenen erkennen und glauben.

Es macht mich immer noch kleinlaut und in gewisser Weise sprachlos, wenn ich über die Auferstehung nachdenke.

Das heutige Evangelium macht mich darauf aufmerksam, dass Auferstehung durchaus auch ganz unauffällig und unscheinbar mitten in unserem Alltag geschieht und dann bereits angebrochen ist, selbst wenn wir nur das Grab, das Symbol für Tod, Leid und Trauer vor Augen haben.

Doch wenn die Botschaft Gottes über die Auferstehung uns erreicht – sei es durch ‚Engel‘ oder das Wirken des Heiligen Geistes -, dann kann diese Botschaft unser ganzes Leben aus den Angeln heben und zu einer fundamentalen Veränderung in unserem Leben führen.

dann wird
aus Furcht: Hoffnung
aus Leid: Mitleid
aus Trauer: Freude
aus Lethargie: Handeln
aus Schweigen: Anklage
aus Egoismus: Solidarität
aus Krieg: Frieden!

Wir sehr wünsche ich uns und der ganzen Welt, dass uns eine solche Erkenntnis der Auferstehung trifft, die die Kraft hat, die Welt zu verwandeln: unsere kleine Welt aber auch die ganz große!




Wenn aus Hoffnung Glaube wird …

Ansprache am 32. Sonntag im Jahreskreis – C – 2022

Bild von ShonEjai auf Pixabay

Erinnern Sie sich daran, wann Sie das letzte Mal mit jemandem über unseren Glauben an die Auferstehung gesprochen haben, so richtig gesprochen im Alltag?
Erinnern Sie sich, was der Grund dafür war?

Als Krankenhaus-Seelsorger ploppt dieses Thema bei mir immer wieder in der Begegnung mit Patient:innen auf, gerade auch dann, wenn es um die Frage nach dem Ende des eigenen Lebens und den eigenen Tod geht.

„Was kommt danach?“ oder „Glauben Sie persönlich an die Auferstehung?“

Natürlich fordern mich solche Fragen heraus. Es wäre billig, einfach nur zu behaupten, dass ich schon eine sehr klare und persönliche Antwort habe, weil ich ja christlicher Seelsorger und Priester bin.

Natürlich ist die Frage nach der Auferstehung und dem Leben nach dem Tod Dreh- und Angelpunkt meines christlichen Glaubens.

Dennoch antworte ich lieber: „Ich hoffe auf die Aufstehung!“ – Damit erkenne ich an, dass es auch immer noch offene Fragen gibt oder vielleicht sogar ein Fünkchen Zweifel.

Im Erinnerungsgottesdienst am Donnerstag für die Verstorbenen, der an jedem ersten Donnerstag in unserer Pfarrei stattfindet, war die Schriftlesung aus dem Römerbrief, die wir gerade auch als Lesung gehört haben: „…. Darauf können wir zunächst nur hoffen und warten, obwohl wir schon gerettet sind….“

Als berufsmäßiger Verkündiger der Frohen Botschaft fühle ich mich bei diesen Worten des heiligen Paulus gut aufgehoben.
Wenn wir über unseren eigenen Glauben an die Auferstehung sprechen, kommen wir an der Frage des eigenen Sterbens und Todes nicht vorbei, denn Auferstehung gibt es nicht ohne Sterben und Tod.

Kein Wunder also, dass diese Frage schon zu Zeiten Jesu zu theologischen Streitgesprächen geführt hat.

Ich möchte mich heute nicht an diesem Streit aus dem Evangelium abarbeiten.
Ich möchte vielmehr darauf hören, was Jesus den Sadduzäern und somit mir und uns sagt:
Gott ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten.

Welche Antworten und welche Bilder für uns selber hilfreich sind, diese Zusage Jesu zu verinnerlichen, das liegt in unserer Verantwortung.

Ich möchte dazu ermutigen, sich auf die Suche solcher Antworten, Bilder und Gleichnisse zu machen, weil sie unsere Hoffnung nähren auf das, was wir noch nicht sehen, aber uns zuversichtlich darauf warten lassen, dass sich diese Hoffnung erfüllt, wie der Römerbrief sagt.

„spes“ (lat.) = „Hoffnung“ – Bild von falco auf Pixabay

Schauen wir einfach mal nach Bildern oder Gleichnissen, die uns spontan dazu einfallen:

Mir fallen dazu spontan die drei Folgenden ein:

  1. Das Bild von der Raupe und dem Schmetterling. Die Raupe führt ein mühsames Dasein, frisst und schläft und weiß nichts von der zukünftigen Verwandlung. Aber wir ‚wissen‘, was nach dem Ende des Raupendaseins kommen wird.

  1. Der Vergleich mit den Ungeborenen im Mutterleib. Damals, als wir noch im Bauch unserer Mutter waren, wussten und ahnten wir noch nicht, was da kommen würde. Dort, im Bauch, hatten wir alles, was wir zum leben brauchten: Nahrung, Geborgenheit, Fürsorge der Mutter, Schutz …! Dann der schmerzhafte Geburtsvorgang. Doch was danach kam, hätten wir uns in den kühnsten Träumen im Mutterleib nicht vorstellen können. Und heute? – Würden wir wieder zurück wollen in den Leib der Mutter, der damals für uns alles, unsere ganze Welt war?

  1. Oder das Bild vom Haus mit den verschiedenen Zimmern.
    Die einen Zimmer stehen für das Diesseits. Und jene, die sterben, durchschreiten eine weitere Tür in ein anderes, unbekanntes Zimmer, aus dem noch niemand zurück ins alte Zimmer gekommen ist. Aber wir wissen, dass wir alle in dem einen gemeinsamen Haus bleiben, nur halt durch eine Tür getrennt. Und was sich hinter der Tür verborgen hält, wissen wir nicht, sondern können wir nur erahnen.

Ich möchte uns alle ermutigen, solche Bilder und Vergleich zu suchen, die uns helfen, die Hoffnung auf Auferstehung und das ewige Leben in uns wach zu halten und damit zuversichtlich Krisen zu überwinden.

Und dann, eines Tages, werden wir es selber erleben … so, dass aus einer Hoffnung eine Gewissheit werde!




Himmelfahrt

Bild von Joachim Schnürle auf Pixabay

Manchmal geschieht es – ganz unverhofft …

da durchfährt mich dieser Gedanke, wie ein Blitz:

„Und was, wenn es die Himmelfahrt und Auferstehung gar nicht gibt …?!“



Meine Gefühlslage ist dann sehr krass, als würde es mir die Beine wegziehen; mir wird flau im Magen und der Druck im Kopf steigt …

So geschehen heute Morgen, als ich die Laudes von „Christi Himmelfahrt“ betete.

Glaubst du an die Auferstehung? Und kennst du auch solche Momente?!

Mich irritieren sie zutiefst.

Der Glaube an die Auferstehung ist in mir so existentiell verankert, dass solche Gedanken verstörend für mich sind.

Aber die Gedanken kommen und sind auf einmal da!
Auch als jemand, der an die Auferstehung glaubt, bin ich vor solchen Gedanken nicht gefeit.
Wundert dich das? – Mich wunderte es, aber jetzt nicht mehr.

Doch: was mache ich mit solchen Erfahrungen?
Was würdest du machen?
Beiseite schieben und verdrängen und weiter machen …?

So möchte ich damit nicht umgehen!
Auch wenn diese Gedanken mich irritieren: ich möchte mich ihnen stellen; ich muss mich ihnen stellen.

Es sind nämlich die plötzlichen Augenblicke in meinem Leben, die mich als Christ mit der existentiellen Frage meines Christseins konfrontieren. (BTW: vor mir liegt ein Buch von Sören Kirkegaard: „Wie werde ich ein Christ?“ – Zufall?)

Zurück: diesen irritierenden Gedankenblitz lasse ich zu und schau, wohin er mich führt…

Je länger ich ihn ‚im Raum stehen lassen‘, um so mehr drängt sich die Frage in mir auf, was mein Leben sinn-voll sein lässt?

Und diesen Gedanken immer weiter gedacht, sehe ich zwei Pole in meinem Leben.
Da ist der eine Pol, der Glaube an die Auferstehung als eine Vision und Hoffnung, aber eine Hoffnung, die so schlecht zu greifen ist. Das formuliert schon Paulus in seinem Brief an die Römer, Kapitel 8, Verse 24-26:

Denn auf Hoffnung hin sind wir gerettet. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung. Denn wie kann man auf etwas hoffen, das man sieht?
Hoffen wir aber auf das, was wir nicht sehen, dann harren wir aus in Geduld.
So nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an.
Denn wir wissen nicht, was wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern.

https://www.bibleserver.com/EU/R%C3%B6mer8%2C24-26

Und der andere Pol ist die Konfrontation mit der Frage: Was ist aber, wenn es die Auferstehung nicht geben sollte?
Diese Frage ist auch in meinem Kopf. Sollte ich dann nicht versuchen, darauf eine Antwort zu finden?

Ich meine: Ja!

Bild von Andreas Zimmermann auf Pixabay

Und ich komme dabei auch immer auf eine Antwort, die für mich auch zutiefst ‚christlich‘ ist:

Mein Leben muss auch ohne den Glauben an die Auferstehung sinn-voll sein!
Das heißt: alles, was ich tue und erlebe, wofür ich mich einsetze und was meine Überzeugungen sind, dürfen ihre Sinnhaftigkeit nicht verlieren, wenn es die Auferstehung nicht gäbe.

Und wenn ich daraufhin mein Leben gedanklich ‚abklopfe‘, dann komme ich zu einem Punkt, den ich die Bipolariät meiner christlichen Existenz nennen möchte:

Mein Leben, die Liebe, meine Beziehungen, die Freude, das Glück, aber auch die Herausforderungen und Nöte, mein Leiden und mein Unglück, … mein Leben und mein Tod wollen für sich genommen sinn-voll sein.

Dieses Leben als mein Leben anzunehmen, dass ist meine Aufgabe in dieser irdischen Zeit. Das ist der eine Pol meiner Existenz.


Durch den Glauben an die Auferstehung erfährt dieses Leben aber einen ‚Mehrwert‘, der dieses Irdische und Vergänglich mit dem Überirdischen und Unvergänglichen krönt.
Der Glaube an die Auferstehung wird bestätigt somit auf Unvergänglichkeit hin, was meine irdische Existenz hier und jetzt schon sinnvoll macht.

Gerd A. Wittka, 26.05.2022, am Fest ‚Christi Himmelfahrt‘

Krasse Gedanken am Fest Christi Himmelfahrt, oder?!




Friede – Geist – Leben

Das Evangelium des ‚Weißen Sonntags‘ 2022

Bild von Ronny Overhate auf Pixabay

An diesem Sonntag hören wir eine – wie ich finde – ganz bedeutsame Stelle aus dem Johannes-Evangelium:
Johannes-Evangelium, Kapitel 20, VV. 19-31

Natürlich fällt uns auf, dass der Mittelpunkt der Erzählung die Begegnung zwischen dem Auferstandenen Jesus Christus und dem ‚ungläubigen‘ Thomas ist.
Doch das möchte ich diesmal nicht in den Blick nehmen.

Dieses Mal möchte ich zentrale Formulierungen anschauen, die – wenn wir sie als Gesamtheit meditieren – eine wichtige Botschaft beinhalten, die der sogenannte ‚1. Schluss des Johannes-Evangeliums‘ hervorhebt.



Dazu möchte ich einfach mal die drei zentralen Begriff aufgreifen, die auch schon in der Überschrift genannt sind.

Friede

Bild von Mylene2401 auf Pixabay

Als Christus, der Auferstandene, den Jünger:innen begegnet, sagt er ihnen das Wort: „Friede sei mit euch!“.
Aber nicht nur einmal. Auch ein zweites Mal wiederholt er diesen Satz.
Damit stellt er ihn in die Mitte und macht diese Zusage zu einer zentralen nachösterlichen Aussage.
Ostern und Friede sind untrennbar miteinander verbunden.

Und wenn wir jetzt noch im Hinterkopf behalten, dass die frühen Christen zuerst Ostern und dann viel später auch Weihnachten gefeiert haben, dann wird deutlich, dass der Friede der Heiligen Nacht sich vom Osterfrieden her ableitet.

Doch als wäre es nicht genug mit der Friedenszusage, erneuert Jesus, als er nun auch den vorher abwesenden Thomas begegnet, diese Friedenszusage noch einmal.
Dreimal sagt Jesus in diesem Kapitel seinen Jünger:innen seinen Frieden zu.

Alle, die in diesen Tagen Ostern feiern, ob in der Westkirche vor einer Woche oder an diesem Sonntag in der Ostkirche, müssen sich angesichts des Krieges in der Ukraine aber auch der vielen gewaltsamen Kämpfe auf der ganzen Welt diese Friedensdimension des Osterfestes vor Augen führen.

Wer einen Angriffskrieg führt (auch wenn er ihn mit anderen Begrifflichkeiten umgibt), kann nicht zugleich Ostern feiern!
Wer den Angriffskrieg befürwortet und zugleich Ostern feiern will, lügt und heuchelt und kann nicht glaubwürdig Christ:in sein!

Österliche Menschen hingegen lassen sich von der Friedensbotschaft des Auferstandenen anrühren. Diese Botschaft geht ihnen zu Herzen und lässt eine Haltung zurück, die ‚den Frieden sucht und ihm nachjagt‘ (vgl. Psalm 34,15).

Geist

Bild von Thomas B. auf Pixabay

Die Zusage seines Friedens verbindet Jesus zugleich mit der Sendung des Heiligen Geistes.

Diese Textstelle macht viele von uns stutzig: feiern wir nicht erst 50 Tage nach Ostern das Pfingstfest, das Fest des Heiligen Geistes?
Ja, das ist richtig. Aber das hat nur eine liturgische und theologische Funktion.

Die verschiedenen Textstellen aus dem Neuen Testament lassen die Sichtweise zu, dass die Auferstehung, die Himmelfahrt Christi und die Ausgießung des Heiligen Geistes in eins gefallen sind.
Dass wir 40 Tage nach Ostern Christi-Himmelfahrt und 50 Tage nach Ostern Pfingsten feiern ist keine Frage der Chronologie; damit will lediglich die hohe Bedeutung dieses Festkreises zum Ausdruck gebracht werden.

Als die Jünger:innen erkannten, dass Jesus Christus von den Toten erstanden ist und er sein Leben an der Seite seines Vaters weiterführt (Himmelfahrt), war diese Erkenntnis, dieser Glaube das Wirken des Heiligen Geistes, der die Jünger:innen in diese Wahrheit der Auferstehung eingeführt hat.

Für mich wird dadurch deutlich: wer Ostern feiert und um den österlichen Frieden bemüht ist, der wird seine Gebete auch immer an den Heiligen Geist richten, der uns zur Erkenntnis des österlichen Friedens und uns auch ganz konkret auf die Wege des Friedens führen kann und wird.

Leben

Bild von ejaugsburg auf Pixabay

Wir feiern an Ostern die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Wir feiern, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern, wie es in einem Kirchenlied heißt: „der Tod ist tot, das Leben lebt…“

In diesem Jahr, dem Jahr des grauenvollen Angriffskrieges gegen die Ukraine, meditiere ich viel über die Seite des Todes ./. die Seite des Lebens.
Wenn wir das Herz unseres Glaubens verstehen wollen, dann benötigen wir Bilder, die uns bildlich und klar deutlich machen, was der Kern unseres Glaubens ist.

Mir hilft in diesem Jahr die Gegensätze

Seite des Todes ./. Seite des Lebens

in den Blick zu nehmen.

Die zentrale Botschaft von Ostern ist:
„… Jesus hat den Tod bezwungen und uns allen Sieg errungen…“
(vgl. das Kirchenlied: „Halleluja, lasst uns singen, denn die Freudenzeit ist da …“)

Für mich bedeutet das, dass der wirkliche und echte Sieg der ist, der nicht auf der Seite des Todes steht, sondern wo alles Leben leben darf und kann.
Natürlich weiß ich auch, dass auf Erden letztlich alles dem irdischen Tod anheim fällt.
Aber österliche Menschen werden diesem Tod nicht noch Vorschub leisten durch Angriffskriege, durch Gewalt, Totschlag und Mord.
Österliche Menschen wenden sich in gleicher Weise gegen den physischen wie den psychischen Tod, der oft einhergeht mit sexualisierter Gewalt, seelischen oder geistlichem Missbrauch.

Österliche Menschen dienen dem Leben und leben für das Leben, von dem Jesus uns sagt, dass er gekommen ist, damit wir „das Leben haben und es in Fülle haben“. (Johannes-Evangelium Kapitel 10 Vers 10)

Quintessenz:

In diesen Wochen, gerade auch angesichts des Krieges gegen die Ukraine, wird mir im Hinblick auf Ostern immer deutlicher

Österliche Menschen suchen den Frieden und jagen ihm nach.
Österliche Menschen lassen es zu, dass sie den Heiligen Geist empfangen und sind offen für sein Wirken und Wehen und bitten um SEINE Gaben.
Österliche Menschen sind immer auf der Seite des Lebens, für das Leben und gegen den Tod in seiner Mannigfaltigkeit .

Gerd A. Wittka, 24.04.2022, Weißer Sonntag – Sonntag der Barmherzigkeit

Bild von Dennis Gries auf Pixabay



Oster – Frieden

Plädoyer für Frieden und gegen Krieg und Kriegstreiber

Bild von falco auf Pixabay

Nach seiner Auferstehung erschien Jesus Christus auch seinen Jüngern und sprach zu ihnen: „Friede sei mit euch!“

In der österlichen Liturgie greifen wir diesen Satz vor dem Friedensgruß auf.

Heute, im Jahr 2022, wo wieder ein brutaler und grauenvoller Krieg durch die russische Armee und auf Befehl des russ. Präsidenten Putin gegen die Ukraine tobt, frage ich mich, wie weit es her ist mit diesem Oster-Frieden?!

Da ist der russische Präsident, der sich sehr offensichtlich Rückendeckung bei der russisch-orthodoxen Kirche holt. Da ist die russische-orthodoxe Kirche, die nach der Zeit ihrer gesellschaftlichen Bedeutungslosigkeit in der Sowjetunion nun wieder Morgenduft wittert und versucht, wieder mehr weltliche und gesellschaftliche Macht zu bekommen.

Und diese unheilvolle Verknüpfung von Staatsgewalt und Kirche findet ihren Höhepunkt in dem unseligen Missbrauch des christlichen Glaubens für die Kriegspropaganda.

Am achten Jahrestag der Krim-Annexion durch Russland hat Putin im Stadion eine Rede gehalten, in der er massiv den christlichen Glauben und die biblische Botschaft für seinen menschenverachtenden Angriffskrieg missbraucht.

Wir haben uns daran gewöhnt, dass es andere Terroristen gibt, die ihren vermeintlichen Glauben für ihren Terror missbrauchen und Leid und Tod dadurch verursachen.
Bei Putin zeigt sich dieselbe Haltung, die versucht, einem Staatsterrorismus einen sakrosankten Unterbau zu verpassen. Diese soll Menschen manipulieren und zu willfährigen Akteuren eines Krieges machen, die die wenigsten von Ihnen wahrscheinlich so nicht gewollt haben.

Auf die Spitze getrieben wird das noch durch den Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche in Moskau Kyrill, der diesen terroristischen Angriffskrieg Putins und seiner Getreuen gleichsam zu einem „Heiligen Krieg“ hochstilisieren möchte. Kyrill war übrigens in den 1970er Jahren KGB-Agent wie Wladimir Putin.

Bild von Peter Schmidt auf Pixabay: „Tod des Friedens“

Hier können wir mit Fug und Recht sagen:

Christen bzw. vermeintliche Christen, selbst wenn sie sich als Patriarchen sehen, spielen dem Tod in die Hände!

Es ist – mal wieder – die Pervertierung des Christentums.
Und wäre Christus nicht von den Toten erstanden – er würde sich wohl im Grabe umdrehen!

Die Frage an uns als Christen ist: wie können wir damit leben?! Wie können wir damit leben, dass die Botschaft, das Leiden, der Tod und die Auferstehung Christi so missbraucht werden?!

Mich jedenfalls erschüttert das zutiefst.

Können wir da als Christen heute überzeugend Ostern feiern?
Ich finde zumindest, dass wir es versuchen müssen.

Aber wir sollten es nicht versuchen, wegen des schönen Gefühls und Erinnerungen aus Kindertagen.
Wir sollten es versuchen um Jesu Christi willen.

Als Menschen, die an Jesus Christus glauben und seiner Botschaft noch einen Funken Daseinsberechtigung in dieser Welt geben wollen, müssen wir einen Gegenpart zu einer solchen antichristlichen Haltung und Vernichtungspolitik einnehmen!

Gerade jetzt kommt es darauf an, dass wir uns solidarisieren mit den Menschen, deren Lebensmöglichkeiten und -chancen durch Krieg, Terror und Gewalt bedroht werden.
Jetzt kommt es darauf an, dass wir für das Leben eintreten und auch jenen neue Lebensperspektiven bieten, die ihnen durch den Krieg und anderen Terror genommen werden sollte.

Wenn wir für die Würde und Bewahrung des menschlichen Lebens sind, dann zeigt sich das nicht nur in unserer Haltung zu Abtreibung oder Sterbehilfe, sondern auch bei Situationen, die den Menschen auch zwischen Geburt und Lebensende das Recht auf Leben in Freiheit und Frieden berauben wollen.

Bild von Stefan Keller auf Pixabay

An all die Putins und Kyrills unserer Zeit gerichtet:

Die Osterbotschaft ist keine Botschaft, die ihr zur Rechtfertigung menschenmordender Terrorakte missbrauchen dürft; die Osterbotschaft ist eine Botschaft vom Leben ohne Leid, Krieg und Tod.

Mit eurer Kriegstreiberei steht ihr auf der Seite des Todes!

Kommt endlich auf die Seite des Lebens und des Friedens.




„Es geht mir gut…“

Foto: www.pixabay.com

Heute Nacht hatte ich einen Traum.

Ich sah meinen Bruder Eric, der am 13.10.2013 gestorben war. Sein Gesicht war so klar und so vertraut, wie ich es zu seinen irdischen Lebzeiten kannte.



Und er sprach nur einen Satz zu mir: „Es geht mir gut!“

Danach erwachte ich. Als ich auf die Uhr schaute, war es genau 3.00 Uhr!

Ist das nicht eigenartig; ein solcher Traum am frühen Morgen des Allerheiligen-Tages?!




macht.kritik II

Konventionen hinterfragen

Quelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Im zweiten Teil geht es um einige Gedanken zum Evangelium Mk 16, 9-15.

Um es mal so provokant auszudrücken: selbst nach seinem Tod und nach seiner Auferstehung macht Jesus damit weiter, Konventionen zu hinterfragen und zu durchbrechen.

Gleich der Vers 9 bringt das, was wir heute so gerne überlesen:

„Als Jesus am frühen Morgen des ersten Wochentages auferstanden war, erschien er zuerst Maria aus Magdala, aus der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte.“

Women first!



Nicht nur, dass Jesus vor seinem Tod Maria aus Magdala neues Leben ermöglicht hat (wie immer auch das alte ausgesehen haben mag), auch jetzt wird sie – die FRAU – als erstes Zeug:in des neuen Lebens, indem sie als erste Zeugin SEINER Auferstehung wird.

Es wäre sicherlich zumindest naiv, darüber so hinweg zu lesen oder als ‚Zufall‘ abzutun.

Zum zweiten Mal ist es eine Frau, die Zeugin des göttlichen Lebens und Heilswillen wird, zum zweiten Mal ist es eine Frau, die das ‚Unglaubliche‘ erlebt; zum zweiten Mal ist es eine ‚Maria‘, mit der Gott das Geheimnis der Erlösung in die Welt ‚trägt‘.

Die Schriften der Bibel sind keine Zufallsschriften; sie sind nicht so aus dem Lameng geschrieben (wie oft hier meine Gedanken – wofür man mich auch gerne kritisieren mag).
Sie sind große Dichtung und aus einer tiefen theologischen Reflexion entstanden und niedergeschrieben worden.
Die augenfälligsten Beispiele dieses literarischen und theologischen Schaffungsprozesse lesen wir im ersten Buch der Bibel (Genesis – priesterlicher Schöpfungsbericht: „Im Anfang erschuf Gott … und sprach“) und das neutestamentliche ‚Gegenstück‘ dazu, im letzten Evangelium, dem Johannes-Evangelium: „Im Anfang war das Wort…“.

Nicht also zufällig sondern ganz bewusst und extra wird eine FRAU die erste Zeugin der Auferstehung Jesu Christi.
Es ist eine Frau, die mit den Zweifeln und dem Unglauben der engen Gefolgschaft Christi, den Jüngern konfroniert wird.
Anstatt zu glauben, weinen und klagen sie. Doch damit nicht genug: sie wollen ihr – einer Frau – keinen Glauben schenken.

Darin sind sie Kinder (Jungs) ihrer Zeit, denn auch sie haben die konkreten gesellschaftlichen Vorstellungen von der Frau in der Gesellschaft gleichsam mit ihrer Muttermilch aufgenommen.
Mag ja sein, dass schon im Schöpfungsbericht Frau und Mann gemeinsam als Ebenbild Gottes Erwähnung finden.
Aber in der Gesellschaft hat diese Gleichwertigkeit der Geschlechter keinen Niederschlag gefunden, wie man hier in leicht verständlicher Form nachlesen kann: Frauen im Alten Testament.

Schlimmer als Unglaube: Verstocktheit

Das sie dann auch noch anderen Zeugen der Auferstehung (Emmaus-Jünger) keinen Glauben schenken, als sie Jesus in anderer Gestalt erlebt haben, relativiert es nicht, dass sie Maria keinen Glauben schenken.
Es offenbart vielmehr ihre „Verstocktheit“ und ihren „Unglauben“.

Erst als Jesus „den Elf“ später erschien, glauben Sie. Doch ER unterlässt es nicht, ihren Unglauben und ihre Verstocktheit zu tadeln.

Mir fällt auf, dass hier ein deutlicher Unterschied zu der Textstelle besteht, wo Jesus dem Thomas (dem „Ungläubigen) begegnet. Thomas ‚tadelt‘ er wegen seines Unglaubens. Aber die Elfe tadelt Jesus auch noch wegen ihrer Verstocktheit.

Das Kritikwürdige liegt also nicht im Unglauben, sondern der Auferstandene entdeckt dahinter noch ein anderes Problem: die Verstocktheit.

Und Verstocktheit hat oft ihren Grund in der Erziehung, aber auch in einer eigenen Weltanschauung und -auffassung; hat etwas zu tun mit einer Weltsicht und einem Menschenbild; hat etwas zu tun, dass man seine eigenen Ansicht nicht hinterfragen oder gar aufgeben will.

Verstocktheit ist also nicht genetisch vererbt und ist kein unabänderlicher Charakterzug!
Verstocktheit kann überwunden werden, wenn man offen und lernfähig bleibt, oder – um es mit einem geistlichen Ausdruck zu bezeichnen -, wenn man ‚offen bleibt für das Wehen des Heiligen Geistes‘.

Wo diese Bereitschaft aber gemindert ist oder gar fehlt, da wir man mehr Energie darauf verwenden, die eigene Ansicht beizubehalten und diese als allein gültig anzusehen und zu propagieren.

Eine solche Verstocktheit kann dann zwar auch die Frauen im Kreis der Jünger:innen zulassen, sie bleiben auch bis zum Pfingstereignis erwähnt, aber bekommen dann später keine besondere Aufmerksamkeit, erfahren keine gleichberechtigte Wertschätzung, die sich dann auch in Aufgaben, Rollen und Funktionen in der Gemeindeverfassung widerspiegelt.

Dieses ist leider bis in der heutigen Zeit in der römisch-katholischen Kirche erfahrbar.

Verstocktheit als Ursache für Machtwillen

Zwar gibt es immer wieder kleine Ansätze einer Korrektur. Und manchmal spricht man auch von der „Aufwertung der Frau in der Kirche“.

Aber es geht nicht um eine wie immer auch geartete Aufwertung der Frau!

Quelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Es geht um viel mehr und nichts Geringeres als die Gleichberechtigung der Frau in der Verkündigung und in der Übernahme von Dienstämtern in der Kirche.

Darin liegt die ganze Brisanz und das Explosive der frohen Botschaft der Auferstehung.
Sie ist nicht weniger als die Überwindung überkommener Vorstellungen und Strukturen, wie auch der Vergegenwärtigung der Frau in unserer Kirche, der die gleiche Berechtigung und Würde zukommt wie dem Mann.

Quelle: Bild von Markus Winkler auf Pixabay

Absolut diskreditierend ist es, wenn Gegner:innen der Gleichberechtigung der Frau in unserer Kirche ‚den Frauen‘ vorwerfen, es ‚ginge ihnen doch nur um Macht‘.

Wenn das dann erst recht aus dem Munde von Männern kommt, noch von Männern, die Machtpositionen innehaben (dazu gehört auch die Macht von einfachen Klerikern), dann schäme ich mich als Mann und Priester in unserer Kirche für eine solche sexistische Entgleisung.
Vielmehr vermute ich, dass jene, die das ‚Macht-Argument‘ benutzen, ihre eigene ‚Macht‘ sichern wollen. Und das ist schäbig.

Als erste Zeuginnen seiner Auferstehung hat Jesus Christus die Frau und ihre ganz eigene Würde in den Blick genommen und gegenüber bestehenden Konventionen aufgewertet.

Mit SEINER Auferstehung ernst zu machen, heißt für mich dann zwangsläufig, auch mit seiner Sicht auf die Frauen ernst zu machen!

Quelle: Bild von 帅 郭 auf Pixabay



macht.kritik I

Radikal anders

Schade, die Lesungstexte des gestrigen Ostersamstag (10.04.2021) haben es wahrlich in sich. Sie bergen radikales Potential, das auch in der gegenwärtigen Zeit nicht wirkungslos sein würde, wenn wir diese Textstellen ernst nehmen würden.

Der erste Text steht in der Apostelgeschichte 4, 13-21 und der zweite Text (Evangelium) findet sich bei Markus 16, 9-15.

Ich möchte sie, auch einen Tag danach, nicht unbeachtet sein lassen.



Freiheit und Gewissen steht über der Obrigkeit (zur Apostelgeschichte)

Nach der Heilung eines Gelähmten stehen Johannes und Petrus vor dem Hohen Rat, dem es ein „Dorn im Auge ist“, dass sie im Namen Jesu von Nazareth Wunder bewirken. Sie befürchten, dass diese kleine Gruppe mehr Einfluß bekommt und die jüdische Gemeinde spalten könnte.

Ihre Einflußmöglichkeiten speisen sich aus Hierarchie und Macht. Dieses versuchen sie, nun einzusetzen, um die Predigten und Heilungswunder der Jünger:innen Jesu zu unterbinden.

Quelle: Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

Die Jünger:innen Jesu gehören nicht der Riege der Schriftgelehrten, Pharisäer und Hohenpriestern an und sind somit nicht eingebunden in deren Machtsystem.

Ihr Auftreten rüttelt an den Fundamenten der hierarchischen Strukturen und hinterfragt damit auch deren Berechtigung.

Auf der einen Seite jene, die das System vertreten und aufrechterhalten wollen, auf der anderen Seite jene be-geisterten Zeug:innen der Auferstehung Jesu, deren Erfahrungen sie nicht rat- und tatenlos bleiben lässt.

Die Jünger:innen sind überzeugt davon, nicht schweigen zu können, was sie gehört und und gesehen haben.

Auf der einen Seite jene, die ihre Legitimation aus Tradition, Strukturen und Macht ableiten, auf der anderen Seite jene, die ihre Sendung aus der ganz neuen Erfahrung ableiten, die be-geist-ert sind und ihre Begeisterung sich nicht in (den) Grenzen hält von Organisation, Konventionen und Abhängigkeit.

Die einen fordern Unterwürfigkeit der Tradition und den Strukturen gegenüber, die anderen fördern die Unterwerfung unter den Willen Gottes, den sie für sich erkannt haben.

Auch wenn die Strukturen der Macht in diesem Fall klein beigeben müssen; sie werden sich nicht geschlagen geben, sondern zu gegebener Zeit auf ihre bewährten Machtoptionen zurückgreifen, um die Abweichler zur Raison zu rufen.

Früher und heute

Was den Jünger:innen damals widerfahren ist, dass widerfährt auch heute vielen Menschen in unserer Welt:
die Macht versucht mit macht ihre Macht durchzusetzen!

Demgegenüber stehen die scheinbar Machtlosen, die aber die Macht der Überzeugung und der Erkenntnis auf ihrer Seite haben.

Gerade in der römisch-katholischen Kirche treten in diesen Monaten und Jahren diese Konflikte offen zu Tage:
da gibt es die eine Seite, die stur auf die vermeintliche Tradition verweist und sich durch ein durch die jahrtausende entwickeltes „Lehramt“ im Glauben wähnt, die ‚Wahrheit‘ des Glaubens schützen zu müssen, ohne darauf zu schauen, wo sich zeitgeschichtlich gerade die Wahrheit ihren Weg sucht, um sich Geltung zu verschaffen.

Da kommen tradierte Überzeugungen und Menschenbilder der Kirche auf den Prüfstand zeitgenössischer empirischer Erkenntnisse und nötigt das Lehramt gerade zu dazu, „das Alte neu zu sagen“ (Karl Rahner), aber das Lehramt nutzt diese Chance, ihre Aufgabe wahrnzunehmen, nicht, sondern verschanzt sich hinter plattitüdenhaften in einer Endlosschleife abspielenden Allgemeinplätzen, die die aufgeworfenen Fragen nicht mit dem nötigen Respekt und der notwendigen Ernsthaftigkeit aufgreifen, um sich intellektuell redlich damit auseinander zu setzen.

Stattdessen meint man – aus einem falsch verstandenen Autoritätsverständnis heraus – einfach ein „Basta!“ rufen zu können, und schon wäre wieder alles geritzt.

Quelle: Bild von BioSteak auf Pixabay

Doch jene, die auf anderen Wegen zum Glauben und zur Erkenntnis gekommen sind, dass Jesus wahrhaftig lebt, dass seine Botschaft auch eine wirkliche Relevanz für die Menschheit und die Welt der gegenwärtigen Zeit hat: jene lassen sich nicht (mehr) den Mund verbieten, sie nutzen ihre Möglichkeiten, um von ihrer Überzeugung Zeugnis abzulegen.

Sie vertrauen auf die Kraft des Lebens, des neuen Lebens in Ihnen, dass ihr Glaube in ihnen neu geweckt hat. Sie glauben an das Leben, dass erstarrte Strukturen aufbrechen und damit Grundlagen schaffen kann, wo das Leben wieder blühen kann.

Ich entdecke darin die österliche und vor-pflingstliche Dynamik, von der uns die nachösterlichen Texte der neutestamentlichen Texten Evangelien der Bibel berichten.

An die Vertreter der Macht und der Traditionen und der gegenwärtigen Strukturen bleibt nur die Aufforderung, sich offen und frei von den nachösterlichen Texten der Bibel anrühren und sich davon wieder neu beseelen zu lassen.

Sonst laufen jene Gefahr, die eine Spaltung eigentlich verhindern wollen, durch ihre Arroganz und Ignoranz der Wahrheit genau diese Spaltung voranzutreiben.

(Teil 2 hier: https://denkarten.wordpress.com/2021/04/11/macht-kritik-ii/)




Ostern be-WEG-t

Ein Fest voller lebendiger Dynamik

Teil 1: Maria Magdalena

Ostersonntag – Joh 20, 1-18

Gerade in Zeiten wo vieles in unserem Leben still zu stehen scheint, ist mir das Evangelium vom Ostersonntag besonders unter dem Aspekt der Bewegung aufgefallen.

Ich möchte heute einige Passagen dieses Evangeliums etwas genauer anschauen …



Die Verse Johannes 20, 1-3.11-16 berichten von dem Ostergeschehen, wie es Maria Magdala er-fahren hat.
Fassen wir kurz zusammen:
Maria Magdala macht sich auf dem Weg zum Grab. Dort sieht sie das offene Grab; der Stein ist fort. Sie schaut nicht ins Grab sondern eilt sofort zurück zu Petrus und Johannes (!) und berichtet ihnen, was sie gesehen hat. (Dann laufen Petrus und Johannes zu Grab; was sie erleben: dazu später.)

Auch Maria Magdala geht in ihrer Trauer zum Grab zurück. Petrus und Johannes waren nicht mehr dort. Jetzt schaut auch Maria weinend ins Grab, findet den Leichnam nicht. Stattdessen sieht sie einen Engel, der sie nach dem Grund ihrer Trauer fragt. Sie erklärt, dass sie den Leichnam Jesu vermisst und ihn sucht, dann schaut sie sich um und sieht Jesus, erkennt ihn aber nicht.

Auch von ihm gefragt, was sie suche, bekennt sie auch ihm ihre SEHN-SUCHT. Sie öffnet in ihrer Trauer ihr Herz – vermeintlich gegenüber einem Fremden – und gesteht ihm ihre Sehnsucht.
Und der UNERKANNTE antwortet ihr, indem ER sie nur bei ihrem Namen nennt.
Sie wird von ihm mit ihrem Namen angesprochen, was ihre ‚Identität‘ ist, SIE ist gemeint.

Quelle: Von Giotto di Bondone – Web Gallery of Art: Abbild Info about artwork, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=15883958

In dieser vertrauten Ansprache erkennt sie nun Jesus, ihren Herrn und Meister.
Als sie IHM ihr Innerstes offenbart, ihren Schmerz, ihre Trauer, ihr Erschrecken, da offenbart ER SICH ihr.

Welche Aspekte scheinen mir auf?

Nach dem Tod Jesu verfällt Maria nicht in Lethargie, sie verkriecht sich nicht. Sie weiß, was zu tun ist. Uns so geht sie zum Grab. Dort ist auch für sie der Ort, wo sie mit ihrer Trauer sein kann, in der Nähe ihres geliebten Herrn. Doch sie findet ihn nicht mehr. Konsterniert berichtet sie den Jüngern Petrus und Johannes.
Aber das reicht ihr nicht; sie gibt sich mit dem offenen Grab nicht zufrieden. Es kann nicht sein, dass von ihrem Herrn gar nichts mehr geblieben ist. Wohin nun mit ihrer Trauer. Sie muss selber Einblick haben in diese unfassbaren Geschehnisse. Sie will sich damit nicht abfinden, dass ER nun weg sein sollte, ganz und gar.

Quelle: Bild von Free-Photos auf Pixabay

Und sie folgt ihrer Sehn-sucht; sie sucht IHN zu sehen.

Doch die Trauer und die Sehnsucht zeigen ihr nur ein verschwommenes Bild, sie sieht nicht klar. Aber sie nimmt dennoch was wahr: sie ist nicht allein mit ihrer Trauer. Ein Engel zeigt sich ihr, ein himmlischer Bote, dem sie ihre Botschaft der Trauer und Sehnsucht sagt. Gesagt – getan: Nachdem sie ihre Trauer ausgedrückt hat, kann sie von sich absehen, sich umdrehen, ihre Blickrichtung wieder ändern.

Und da geschieht nun das unglaubliche und unbegreifliche: sie begegnet Jesus, den sich aber noch nicht erkennt.
Es ist noch einer weiterer Schritt nötig, heraus aus ihrem Schneckenhaus der Trauer und der Sorge.
Ihr Coming-out gegenüber dem vermeintlich ‚Fremden‘ stellen die Basis für eine Begegnung dar, die so tief ist, dass sie vom vermeintlichen Gärtner erkannt und in ihrer Sehnsucht wahrgenommen wird.

So wird sie von IHM mit der vertrauten Anrede „Maria“ angesprochen.
So kann sie nur jemand ansprechen, der sie durch und durch erkennt. So kann sie nur jemand ansprechen, der ihr doch so vertraut geworden ist; so vertraut, dass der Schmerz der Trauer über seinen Tod so unerträglich ist.

Da erkennt Maria ihren Meister und Herrn und sie begreift, was da geschehen ist, der Tote ist nicht mehr tot, der Tod ist tot, das Leben lebt, ihr Herr und Meister ist auferstanden.

Marias Verhalten ist so ermutigend: sie überlässt sich ihrer Trauer und ihrem Schmerz, aber sie vergräbt sich nicht; sie versucht, ihr Leben weiterzuleben, irgendwie, mit ihrer Trauer.

Und sie steht zu ihrer Trauer, zu ihren Gefühlen, die der Tod des geliebten Jesus bei ihr hinterlässt. Sie schließt sie nicht ein in ihrem Trauerprozess und scheut sich nicht davor.

Hier, wo das intimste der Trauer offenbar wird, hier wo die Sehnsucht keine oberflächliche ist, da ist die Begegnung mit dem Auferstandenen erfahrbar.

Mir macht dieses Evangelium Mut; es macht mir Mut, in diesem Jahr, wo wir zum zweiten Mal so ungewöhnlich Ostern feiern, das auch scheinbar unsere Sehnsucht nicht stillen kann, den Schmerz und die Trauer offen zu zeigen, sie nicht zu verstecken, nicht zu ignorieren, weil sie eine wesentliche Quelle unseres eigenen Lebens offenbart: die Liebe.

Ich wünsche uns allen, dass gerade in Zeiten der Trauer unsere Sehnsucht nach Christus nicht erlischt; dass wir weiterhin suchen. Und dass ER auch uns dann begegnet, uns ganz persönlich anspricht und uns damit zutiefst berührt und uns zur Erkenntnis führt:

ER lebt, und auch wir sollen leben!




Um uns…




Gesegnete Ostern 2021

„frohe Ostern“ – kommt mir nicht so recht über die Lippen

Um es gleich vorweg zu nehmen: nein so richtig froh bin ich an diesem Osterfest nicht. Die „Freude“ steht mir nicht ins Gesicht geschrieben.

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Jetzt könnte ich gleich den zweiten Schritt vor dem ersten machen und von meinem Glauben an die Auferstehung, von meinem Glauben an das ewige Leben schreiben, dass bei allen Umständen dennoch mein Glaubesgrund ist.

Aber ich möchte es wagen, doch erst einmal dabei etwas zu verweilen, warum mir der Gruß „Frohe Ostern!“ in diesem Jahr doch so gar nicht durch den Kopf geht und über die Lippen kommt.
Ich finde, es ist gut, nicht darüber einfach hinweg zu gehen, macht mich doch meine heutige Stimmung auf etwas aufmerksam, was mir fehlt, wonach ich mich sehne.

Und dann kommt die Frage, welche Bedeutung es für mich hat und wie ich dennoch auch in diesem Jahr Ostern ‚feiern‘ kann?



„Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaft auferstanden!“ – dieser Zuruf gilt auch heute, Ostersonntag 2021. Die Wahrheit bleibt. Doch was sich ändert, ist, wie diese Wahrheit bei mir ankommt, mich erfüllt.

Bilder des Alten Bundes

Immer wieder kommen mir Bilder des Alten Bundes in den Sinn. Da lese ich von der Zerstörung Jerusalems und des Tempels durch die Babylonier.

Stadt und Tempel waren mehr als nur Gebäude für das Volk Israel. Ihnen wurde ihre geographisches, ihr sozial-politisches und kulturell-religiöses Glaubenszentrum genommen. Es liegt in Schutt und Asche. Große Teile des Volkes sind nach Babylon verschleppt und geraten dort in Gefangenschaft (-> Babylonisches Exil)

Der Ort des Tempels war der Raum, wo das Allerheiligste stand, wo „Gott seine Wohnstatt unter den Menschen“ hatte.

Warum, so frage ich mich, kommen mir diese alten Erzählungen in den Sinn?
Weil ich spüre, dass mir durch die Corona-Pandemie auch solche „Orte“ des Glaubens genommen worden sind. Sie sind zwar nicht endgültig verschwunden, aber sie machen das vertraute Glaubensleben schwer wenn nicht gar unmöglich.

Ich bin so kirchlich sozialisiert, dass Gottesdienste für mich wesentliche Quellen der geistlichen Zurüstung sind. Sicherlich gibt es dafür auch andere ‚Orte‘. Aber gewiss ist die Liturgie der Kar- und Ostertage in ihrer Einmaligkeit für mich ganz wichtig, das spirituelle Zentrum von Ostern zu erspüren.

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Einwand: Es gibt doch Gottesdienstangebote

Sicherlich kann man einwenden: damals war der Tempel nicht mehr. Doch heute ist das bei uns ganz anders. Wir machen unseren Glauben doch nicht an Orten fest! – Das ist richtig.

Und dennoch bringen wir unseren Glauben ritualisiert in unserer Kirche zum Ausdruck: in den verschiedensten Feiern und Formen von Gottesdiensten.

Ja, es ist richtig, dass in der Corona-Pandemie eine Vielzahl an Gottesdiensten angeboten wird: Gottesdienste ‚aus der Konserve‘, die man sich gleichsam wie aus einer Mediathek zu jeder beliebigen Zeit vorspielen lassen kann; sogenannten „livestreaming“-Gottesdienste, wo in einer Kirche ein Gottesdienst gefeiert wird und wir in Echtzeit über eine Videoschalte an diesem Gottesdienst ‚teilnehmen‘ können.

Für mich ist Letzteres aber keine wirklich Teilnahme. Meine Gottesdienstteilnahme lebt von Interaktion; ist echte personale Begegnung, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit und ‚aus der Bank‘ heraus; ist Gemeinschafterfahrung indem ich andere Menschen mit mir in Raum und Zeit wahrnehme.

Alles das können Gottesdienste ‚aus der Konserve‘ oder sogar Livestreaming-Gottesdienste für mich nicht leisten.

Jetzt könnten noch einige einwenden: Du bist doch Priester. Kannst du nicht ausnahmsweise eine Privatmesse „missa sine populo“ feiern?
Meine Antwort ist ganz klar: NEIN!
Auch für mich ist die Teilnahme und Mitfeier der Gemeinde wesentlicher Bestandteil eines Gottesdienstes und besonders der Eucharistie. (Natürlich gibt es Gottesdienste, die ich „allein“ feiere: ich denke da nur an die Tagzeitenliturgie, …)

Aber eine Eucharistie ohne interagierende Gemeinde ist für mich nicht denkbar.

Eine Form des Gottesdienstes, die auch gerade in unserer modernen Zeit möglich ist, ist ein ‚interaktiver Online-Gottesdienste‘ z.B. mittels ZOOM-Meeting-Platform.
Am Gründonnerstag hat mein Kollege in der Krankenhaus-Seelsorge und ich einen solchen Gottesdienst vorbereitet und durchgeführt.
Bei dieser Form kam etwas wie ein Wir-Gefühl auf; wir konnten vorher miteinander reden und auch sehen (Video); während des Gottesdienstes gab es ein Predigtgespräch und auch frei formulierte Fürbitten. Und anschließend ’saßen‘ wir noch bei einer Agapefeier beisammen.
Bei entsprechender Gestaltung des Umfelds in der Nähe des PC/Laptop etc. kommt dann auch Gemeinschaftgottesdienstcharakter zustande.

Am Karfreitag und auch in der Osternacht war diese Form nicht möglich, weil uns einfach die Zeit zur sorgfältigen Vorbereitung fehlte.

Abgesehen von der Tagzeitenliturgie und einer Kreuzweg-Betrachtung am Karfreitag war es das mit Gottesdiensten für mich in den Kar- und Ostertagen.

Dies ist schade und traurig; dadurch stellt sich bei mir – auch in diesem Jahr wie im letzten – kein richtiges Osterfeeling ein, was mir sonst mit der Mitfeier der Liturgie widerfahren ist.

Daher drängt für mich die Frage:

Wie und wo kann ich mich an diesem Osterfest geistlich festmachen?

Diese Frage kann ich gar nicht jetzt schon abschließend beantworten. Ich habe nur eine Ahnung und Impulse, die mir durch den Kopf jagen:

  • dieses Ostern 2021 ist ein stilles Osterfest
  • losgelöst von vielen vertrauten Ritualen zwingt es mich, auf es einen neuen Blick zu tun
  • es ist noch mehr ein Ostern der Innerlichkeit, was sich befreien muss von äußerlichen Faktoren, Gewohnheiten und Ritualen
  • ein Ostern, das Auferstehung in gewisser Weise ganz neu erfahrbar werden will

Bei diesem Osterfest kommt es mehr noch auf die gläubige Sehnsucht an, als auf das rituelle Erleben.

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Österliches Gebet und österlicher Lobpreis wird vereinzelt und verinnerlichter vollzogen sein.

Denn: wenn sich auch äußere Umstände, die vertrauten, so radikal verändert haben: die Botschaft von Ostern ist und bleibt unveränderlich:

„Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaft auferstanden!“

Ich möchte diese Botschaft wieder einmal in meinem Leben verinnerlichen, mir ein-ver-leib-en.
Ich wünsche und hoffe, dass diese Botschaft in mir den Mut und Impuls verstärkt, mich auf das Leben einzulassen und es als „neues“ Leben zu wagen.

Wir gut, dass die Osterzeit insgesamt fünfzig Tage dauert: da bleibt mir noch etwas Zeit, mich geistlich neu einzufinden in dieses Fest!




Ostergedanken 2021

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Im zweiten Jahr werden wir in diesem Jahr Ostern unter Coronabedingungen feiern.
Eigentlich müssten wir schon Übung daran haben, aber dennoch erscheint es uns weiterhin unwirklich und fremd.
Vieles vermissen wir schmerzlich.
Darunter auch viele gute Gewohnheiten und Begegnungen.
Dazu kommen neue Herausforderungen und Belastungen, die unserem Alltag eine andere Prägung geben, als wir es bisher gewohnt sind.

Als Seelsorger bekomme ich das selber zu spüren.
Ressourcen, die ich vorher gewohnt für bestimmte Dinge und Aufgaben zur Verfügung hatte, muss ich nun neuen Herausforderungen widmen.

Das hinterlässt bisweilen auch Unzufriedenheit oder gar Enttäuschungen, weil Erwartetes nicht erfüllt wird und erfüllt werden kann.

Diese Erfahrung ist für mich genau der Punkt, wohin ich in diesem Jahr meinen österlichen Sinn ausrichten möchte:
in Mitten von all dem, was niedergeht, jenes in den Blick zu nehmen, was zugleich an Neuem geschieht.

Denn wir fallen durch die Veränderungen ja nicht in ein Vakuum, auch wenn sich das manchmal so anfühlt.

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Es ist keine Leere, sondern eher das Gefühl, dass Vertrautes nicht mehr da ist;
einfach verschwunden, oder überdeckt.
So entsteht für mich keine Leere, sondern ein Freiraum, der neu gefüllt werden darf.

Dieses neue Leben möchte ich an diesem Osterfest besonders in den Blick nehmen und feiern.

Quelle: www.pixabay.com

Den geschenkten Freiraum für was Neues, damit Altes ruhen kann – vielleicht sogar losgelassen werden kann, weil am Ende nicht nichts steht, sondern mich anderes, verwandeltes Leben erwartet.

Ich wünsche uns allen in diesem Sinne ein gesegnetes und gnadenreiches Osterfest und die Freude über den Auferstandenen.


Neue Impfstoffe

wagen es mit uns

gegen Vir Corone

in diesem Jahr nicht leicht

und nicht ganz ohne

— mutig Richtung Ostern gehn

und — so erinnern heute

weise Leute — können wir

auf diesem Weg — ganz neu

— statt schimpfend untergehn

Vir Corone — aktuell

auch im Karfreitag´21 sehn

und mit Ostern auferstanden

— krisenfester weitergehn

GEBETdabei dankend acht

was wir schon mit-und füreinander

durchgemacht — so können wir bei

weiterem Corona-Reinemachen

impfgestärkt auch

— weiter lachen

Klaus Jäkel, In: Pfarrbriefservice.de




Christ-König-Sonntag

Liebe Schwestern und Brüder,
kennen Sie noch Pfarrer Heinrich Albertz?
Pfarrer Albertz war evangelischer Pfarrer in Berlin, er lebte von 1915 bis 1993 und war in den Jahren 1966-67 regierender Bürgermeister von Berlin.

Pfr. Heinrich Albertz (links) mit Heinrich Lübke (1966), Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/00/Bundesarchiv_B_145_Bild-F023743-0013%2C_Bonn%2C_L%C3%BCbke_mit_Berliner_B%C3%BCrgermeister_Albertz.jpg

Ich kenne ihn noch.
Jetzt fragen Sie sich sicher, woher?

So richtig kenne ich ihn zwar nicht, aber er ist mir in sehr guter Erinnerung.
Es muss irgendwann in den 1970er Jahren gewesen sein und Pfarrer Albertz hielt eine Fernsehansprache zum „Totensonntag“.
Bereits dort – und daran erinnere ich mich ganz gut – legte Pfarrer Albertz dar, dass der Totensonntag schon damals in der evangelischen Kirche „Ewigkeitssonntag“ heißt.
Pfarrer Albertz war es wohl sehr wichtig, einen wichtigen theologischen Akzent dieses letzten Sonntags im Jahreskreis zu erörtern.

Seit seiner TV-Ansprache beschäftige ich mich immer wieder mit der Frage, nach dem Grund dieses Festes. Und im Laufe der Jahre wurde mir immer klarer, dass der „Ewigkeitssonntag“ in der evangelischen Kirche und der „Christ-Königs-Sonntag“ in unserer katholischen Kirche sich eigentlich im Wesentlichen sehr nahe sind.



Es sind zwei Bezeichnungen für einen Sonntag, der genau das selbe in den Blick nimmt, nämlich unserer gläubige Zukunft.

Ich möchte das an einem augenfälligen Beispiel erläutern:
schauen Sie hier in diese Kirche.
Wenn ich hier am Altar stehe, sehe ich Sie, die Gemeinde vor mir (wenn auch in riesiger Entfernung) und ich sehe hier auf dem Altar ein Kreuz.
Das Kreuz erinnert mich selber in der Heiligen Messe, woher die Eucharistiefeier ihren Anfang genommen hat: in der Passion des Herrn, angefangen im Abendmahlssaal.

Sie aber, sie sehen nicht nur das Kreuz auf diesem Altar. Sie sehen buchstäblich weiter.
Sie sehen nämlich das, was sich bei meiner Zelebration in meinem Rücken befindet: dieses große Bild hier im Altarraum hinter mir.

Altarbild in St. Clemens, Oberhausen-Sterkrade, © Gerd Wittka, 21.11.2020

Es zeigt Jesus Christus, den Auferstandenen. Zu seinen Füßen das noch leicht geöffnete und überwundene Grab.
Jesus schwebt gleichsam darüber, so als wäre er schon auf dem Weg in den Himmel.
Und tatsächlich verbindet dieses Altarbild das Ostergeschehen mit der Christi-Himmelfahrt.

Da ist aber noch mehr: schauen Sie sich den Gesichtsausdruck an. Der ist friedlich, fast schon ein verschmitztes Lächeln zeigt sich auf seinen Lippen. Er blickt Sie freundlich an.
Und die Arme sind – sehr schwungvoll – erhoben.
So zeichnet sich in der Form seiner Gestalt die Form des Kreuzes nach, die sich auch hinter der Christusfigur noch mal abbildet.
Aber das ist nicht alles: Die Arme sind geöffnet – in Ihre Richtung hin geöffnet.
Dieser Auferstandene öffnet in friedlich-freundlicher Art Ihnen SEINE Arme!

Diese Darstellung des Auferstandenen erinnert mich sehr stark an dem Typus des Christus auf romanischen Kreuzen; diese Kreuze – auch Triumphkreuze genannt – zeigen den Gekreuzigten als den Auferstandenen am Kreuz.
Und nicht selten trägt dieser Auferstandene an romanischen Kreuzen eine Krone auf seinem Haupt – das Zeichen eines Königs.

REX TRIUMPHANS, Stiftskirche Innichen, Südtirol – User: A,Ocram, Public domain, via Wikimedia Commons

Sie sehen, liebe Schwestern und Brüder, wie sich hier das Ostergeschehen mit dem Namen des heutigen Sonntags verbinden.

Der Christ-König, der Auferstandene verweist uns katholische Christen wie auch die evangelischen ChristInnen am Ewigkeitssonntag auf unsere eigenen Zukunft hin:
Hinter allen Kreuzen des Lebens, hinter allen Durchkreuzungen unseres Lebens und hinter dem Tod erwartet uns nicht ein Nichts!
Sondern es erwartet uns in seiner Ewigkeit unserer auferstandene Herr Jesus Christus.

Die Ansprache von Pfarrer Albertz in den 1970er Jahren im Fernsehen hat mir den Blick geöffnet, mein Leben mehr im Licht der Ewigkeit zu sehen.
Ich bin davon überzeugt, dass (nicht nur) durch seinen damaligen Impuls auch mein Leben und mein Glaube eine religiöse Umorientierung ermöglicht hat, die mir in meinem konkreten Alltag zur Hilfe kommt.

So beschließen wir dieses Kirchenjahr 2019/2020, das uns bisher so viel zugemutet hat, mit dem Blick nicht auf den Tod, sondern mit dem Blick auf das Leben. Der Christ-Königs-Sonntag und Ewigkeits-Sonntag ist also ein Sonntag der noch einmal in ganz besonderer Weise ein wahrlich „österlicher Sonntag“ ist.

Ich wünsche uns allen, dass wir mit diesem Gedanken gut das jetzige Kirchenjahr beenden und mit dem nächsten 1. Adventssonntag hoffnungsvoll in das neue Kirchenjahr starten können.


Christkönig-Sonntag

König –
damit habe ich nicht viel am Hut
damit kann ich nichts anfangen

Könige heute
yellowpress-Prominenz

Du, Christus,
in der Gestalt des Königs
berührst mich nicht –
ich bin Demokrat und
bin in einer Republik
aufgewachsen.

Doch auch mit Funktionen
oder Posten
einer Republik
möchte ich dich nicht vergleichen

Solche Bilder sind
immer schief und
viel zu menschlich

Ich muss lernen,
dich nicht in solche Begrifflichkeiten
zu denken und
zu glauben.

Zeitlos und bedeutsam
bist du für mich
mit dem, wofür du gegangen bist
und wofür du stehst:

Der Sohn Gottes,
der gekommen ist,
nicht um den glimmenden Docht zu löschen,
nicht um das geknickte Rohr zu brechen.

Du bist gekommen,
zu befreien,
zu erlösen.

Du bist für mich,
was du gelebt und
verkündet hast:

Liebe
Demut
Güte
Barmherzigkeit
Gnade,
Freiheit,
Versöhnung,
Friede,
Leben,
Erlösung.

Ich halte dich nicht
für einen
König;
ich halte dich für den,
der mir Perspektiven
und
Zukunft
und
Leben
eröffnet.

© Gerd Wittka, 20.11.2020


Meine Predigt im Audio-Format finden Sie hier: