Im heutigen Evangelium hören wir von Maria, die sich auf den Weg macht. Sie ist jung, schwanger und hat viele Fragen, aber sie vertraut fest.
Ihr Ziel ist Elisabet, eine Frau, die wie sie selbst ihren Glauben, ihre Freude und auch ihre Unsicherheiten mit sich trägt. Obwohl die beiden Frauen sehr unterschiedlich sind, treffen sie sich in einer tiefen und heiligen Verbindung, weil sie beide eine große Verheißung in sich tragen.
Maria zeigt uns, wie wichtig es ist, sich auf den Weg zu machen, auch wenn man Fragen oder Freude im Herzen hat. Haben wir solche Menschen in unserem Leben? Menschen, die uns verstehen, mit denen wir unsere Freude teilen oder unsere Sorgen teilen können? Und sind wir vielleicht auch für andere ein solcher Mensch?
Als Maria Elisabet begrüßt, passiert etwas Besonderes: Ein einfacher Gruß wird zu einem Moment der Begegnung mit Gott. Elisabet wird vom Heiligen Geist erfüllt, und das Kind in ihrem Bauch springt vor Freude.
Welche Kraft steckt in einem Gruß, einem Wort, einem Blick! Sind wir uns bewusst, dass unsere Haltung und unsere Worte anderen Freude bringen können? Ein Lächeln, ein gutes Wort oder einfach da zu sein – all das kann ein kleines Wunder bewirken.
In der letzten Fastenzeit haben meine evangelische Kollegin und ich eine Aktion im Johanniter-Krankenhaus gemacht. Wir gingen mit Smiley-Ansteckern zu den Mitarbeitenden und luden sie ein, die Fastenzeit zu nutzen, um einander mehr Aufmerksamkeit zu schenken – durch einen Gruß, ein Lächeln oder ein gutes Wort. Die Aktion kam gut an, weil die Menschen spürten, wie wohltuend es ist, wenn wir füreinander da sind.
Zurück zum Evangelium: Elisabet erkennt in Maria die Mutter des Herrn. Ihre Freude kommt aus ihrem Glauben. Sie sieht nicht nur Maria, sondern auch Gottes Wirken in ihr. Diese Freude steckt an und verbreitet sich wie ein Licht.
Die Frage, die uns das Evangelium heute stellt, lautet: Bin ich offen für Gottes Handeln – in meinem Leben und im Leben anderer? Lasse ich mich von der Freude des Glaubens berühren?
Maria ist für uns ein Vorbild. Sie vertraut auf Gottes Verheißungen, auch wenn ihr Weg unklar ist. Elisabet sagt: „Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr gesagt hat.“ Dieses Vertrauen ist der Schlüssel zur Freude, die Maria trägt und mit Elisabet teilt.
Auch wir stehen immer wieder vor Gottes Verheißungen in unserem Leben. Erkennen wir sie? Können wir uns freuen, auch wenn wir noch nicht alles verstehen? Und haben wir Menschen, mit denen wir unsere Freude und unseren Glauben teilen können?
Lassen wir uns von Maria und Elisabet inspirieren: Machen wir uns auf den Weg, begegnen wir einander mit offenen Herzen und tragen wir die Freude Gottes in die Welt. Denn die Freude, die aus dem Glauben kommt, ist nicht nur für uns gedacht. Sie soll anstecken, leuchten und andere ermutigen.
Wünsch mir Frieden …!
1 Kor 1, 1-3: „Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“
In süddeutschen Gefilden oder auch in Österreich grüßt man sich oft mit den Worten „Grüß Gott!“
“ … Grüß Gott ist eine Verkürzung aus grüß[e] dich Gott. (…) Die ursprüngliche Bedeutung des Grußes ist „möge dir Gott freundlich begegnen“ oder „Gott segne dich“. Menschen aus dem nördlicheren deutschen Sprachraum kennen meist nur die Form grüß Gott ohne dich und interpretieren den Gruß fälschlich als Aufforderung, Gott zu grüßen, weshalb sie manchmal mit sarkastischen Kommentaren antworten, z. B. Wenn ich ihn sehe; Hoffentlich nicht so bald …“
Trotz der sarkastischen Reaktionen, erfahre ich zumindest, wenn ich diesen Gruß benutze, eine etwas höhere Aufmerksamkeit. Und wenn ich mich ehrlich mache, dann sage ich diesen Gruß eher oberflächlicher als er tatsächlich gemeint ist.
Vielleicht sollte ich ihn mir wieder abgewöhnen. Oder etwa nicht?!
Dieser Gruß erinnert doch sehr stark an den Gruß, den wir gerade eben in der Lesung vernommen haben:
„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“ (1 Kor 1, 1-3)
„Salam aleikum“ = „Friede sei mit dir!“ (arabisch) – Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Assalaam%27alaykum.svg
Noch heute grüßt man sich in Israel mit den Worten: „Shalom Aleichem!“. Im arabischsprachigen Raum heißt der Gruß dann: „Salam aleikum!“
Es ist eigentümlich, dass in manchen Kulturen der Gruß mit einem eindeutigen religiösen Bezug verbunden ist.
Ob religiös oder nicht: die meisten kultivierten Grußformeln beinhalten zumindest einen Wunsch, wie „ Guten Morgen, … Tag, … Abend!“
Wenn Menschen sich begegnen, dann teilen sie Wünsche aus. Das hat durchaus eine wichtige psychologische Komponente, denn wer dem anderen etwas Gutes wünscht, der will diesem Menschen gut sein; wer mir etwas Gutes wünscht, der wird mir nicht feindlich gegenüber gesinnt sein.
Mit der Begrüßung in Verbindung mit guten Wünschen signalisieren wir also dem anderen: Ich will dir nichts Böses!
Das ist ein erster Schritt, um gegenseitiges Vertrauen zu schaffen, was eine fruchtbare Begegnung vorausgeht.
In der Liturgie kennen wir auch einen eigenartigen Gruß: „Der Herr sei mit euch!“ oder „Der Friede sei mit euch!“ – und die Antwort kommt dann meist wie aus der Pistole geschossen: „Und mit deinem Geiste!“. Im Alltag würden wir es aber wohl kaum wagen, uns so auf der Straße zu grüßen.
Warum aber nicht?
Leben wir nicht in Zeiten, wo der Wunsch nach Frieden wieder besonders wertvoll ist? Leben wir als religiöse Menschen, als Christ:innen nicht auch – wenigstens noch etwas – in dem Bewusstsein, dass wir Gott brauchen, um gut durchs Leben zu kommen oder um zumindest einen inneren Frieden mit den Umständen des Lebens zu finden, wenn wir schon viel zu selten Frieden zwischen den Menschen erleben können?
„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“
dieser Gruß des heiligen Paulus jedenfalls tut auch mir gut, wenn ich ihn heute und immer wieder gesagt bekomme.
Er spricht aus, in welcher Gesinnung der lebt, der mich so grüßt und er möchte mich einbeziehen in das, was ihm selber so wertvoll ist: der Glaube, dass Gott seine Gnade allen zuteil werden möchte und der Friede letztlich von Gott allein ausgeht und wir diesen „Frieden von Gott“ so sehr nötig haben.
Was würde passieren, wenn wir uns demnächst mit diesen oder ähnlichen Worten begrüßen würden:
„Der Friede Gottes sei mit dir!“ oder „Friede sei mit dir!“
Am Anfang wäre es sicherlich ungewohnt, vielleicht sogar recht komisch. Aber mit der Zeit würde sich sicherlich etwas verändern: in uns und auch bei jenen, die wir mit diesem Gruß grüßen.
Ich jedenfalls fände es spannend, es mal auszuprobieren!
IDAHOBIT
17. Mai: INTERNATIONALER TAG GEGEN HOMO,-BI-, INTER- UND TRANSPHOBIE
Er erinnert daran, dass Ablehnung, Hass, Diskriminierung und Gewalt gegen Menschen, die sich nicht in das Heterosexuelle Geschlechtsschema einordnen lassen wollen und können, immer noch an der Tagesordnung ist.
Dies zeigt sich sowohl in staatliche Repression gegenüber nicht-heterosexuellen Menschen, die sogar vor Inhaftierung oder gar Ermordung nicht Halt macht und geht bis in Ablehnung oder Mobbing in ganz banalen alltäglichen Situationen.
Dabei ist es so einfach:
Eine geschlechtliche Orientierung oder sexuelle Präferenz, die keinen Schaden anrichtet oder Missbrauch fördert und andere nicht in ihrer Selbstwerdung einschränkt ist kein Verbrechen, sondern ein Grundrecht der Selbstinszenierung und Selbstbestimmung.
Ich habe meine eigene, persönliche Geschichte mit dem heutigen Evangelium. Es ist das Evangelium, das wir uns zu unserer Diakonenweihe 1993 ausgesucht haben. Später, an meiner ersten Kaplanstelle habe ich vertretungsweise Religionsunterricht in der 3. und 4. Klasse gegeben. Da stand dann im dritten Schuljahr auch dieses Evangelium auf dem# Lehrplan und wir arbeiteten damals mit den wirklich sehr prägnanten Bildern aus der Neukirchener Kinderbibel von Kees de Kort.
Irgendwie hat mich dieses Evangelium immer wieder berührt und begleitet. Und erst sehr viel später wurde mir klar, was mich daran so begeistert.
Begegnung – Foto: www.pixabay.com
Es ist diese kurze Geschichte einer Begegnung zwischen Jesus und einem Mann, die das Leben dieses Mannes von Grund auf veränderte. Urplötzlich werden die Ereignisse geschildert, aber sie haben trotz ihrer Radikalität nichts Beunruhigendes. Diese Begegnung verändert zumindest das Leben des Bartimäus von einer Sekunde auf die andere, doch: Die Radikalität der Ereignisse führt nicht zu einer Krise, sondern zu einer großen heilsamen Wendung im Leben des Mannes.
Ich denke, wir können für uns viel aus diesem Heilungswunder mitnehmen, und zwar, wenn wir uns an die Stelle des blinden Mannes setzen, aber auch, wenn wir an die Stelle Jesu treten.
Es lohnt sich, einige Teile gleichsam wie unter einem Spotlicht zu betrachten.
Wir erfahren von Jesus, dass er mit seinen Jüngern in Jericho war und nun die Stadt verlassen. Wir können davon ausgehen, dass sie auf dem Weg nach Jerusalem waren, denn in Kapitel 11 erfahren wir, dass sie in Jerusalem angekommen sind. Die Strecke Jericho – Jerusalem sind über 40 km und führt durch sehr trockene, fast wüstenhafte Gegend; südlich von Jericho beginnt das Tote Meer.
Israel – Wüste – Foto: www.pixabay.com
Wer also Jericho zu Fuß verließ, musste wissen wohin er geht und sich für die Strecke gut vorbereiten. Will man die Strecke an einem Tag schaffen, muss man schon recht zügig und ohne große Pausen laufen. Auf dieser Strecke kommt es am Weg zur Begegnung mit dem blinden Bartimäus.
Bartimäus erfährt nur vom Hörensagen, dass da Jesus bei ihm vorbei kommt. Doch was er von Jesus sonst noch gehört hat, lässt in ihm unmittelbar die Hoffnung aufsteigen, hier jetzt die Chance seines Lebens nutzen zu können. „Jetzt oder nie“, wird er sich vielleicht gedacht haben. Und mit ganzer Kraft ruft er Jesus.
Die Begleiter Jesus wissen, dass man zügig auf dem Weg bleiben sollte, damit das Ziel Jerusalem gut zu erreichen ist. Wollen sie deshalb den Bartimäus abschütteln?
Doch Jesus lässt sich ansprechen, lässt sich unterbrechen und ruft Bartimäus her.
Das erinnert mich manchmal an Situationen im eigenen Leben: da ist was geplant, vorbereitet und auf einmal kommt etwas Unerwartetes, so unerwartet, dass man es vielleicht als Störung empfinden. Unsere Pläne würden über den Haufen geworfen, wenn wir uns dem Unerwarteten zuwenden würden. Wie sind wir dann eher drauf? Die Störung vermeiden, das Unerwartete buchstäblich links liegen lassen?
Jesus hat die Freiheit, sich ‚stören‘ zu lassen und so kommt es zu dieser folgenreichen Begegnung.
Vielleicht kennen wir auch so etwas: wir haben geplant, doch etwas Unerwartetes, vielleicht auch eine nicht angekündigte Begegnung, bringt uns von unserem Plan ab. Wir lassen uns ein und erkennen, dass diese Begegnung sehr gut und wichtig war.
Manchmal erlebe ich im Krankenhaus solche Begegnungen, wenn ich unterwegs durchs Haus bin. Da spricht mich eine Mitarbeiterin oder ein Patient an, oder buchstäblich beiläufig kommt es zu einer Begegnung, zu einem kurzen Gespräch, von dem ich den Eindruck habe, es war gut, auch für meinen Gesprächspartner. Wir nennen das in Seelsorge-Kreisen auch manchmal „Seelsorge zwischen Tür und Angel“.
Bei Jesus hören wir oft von solchen ‚beiläufigen‘ Begegnungen „zwischen Tür und Angel“, die nicht lang, aber oft nachhaltig und folgenreich sind.
Als die Umherstehenden der Intervention Jesu nachgeben, rufen sie dem Bartimäus zu: „Hab Mut! Steh auf! Er ruft dich.“
Das ist schon das erste Wunder in dieser Erzählung. Jene, die auf Planerfüllung drängten werden von Jesus ermutigt, auch mal Fünfe gerade sein zu lassen.
Ich nehme ihnen ihr „Hab Mut!“ ab. Ich nehme ihnen ab, dass Jesu Verhalten auch sie schon verändert hat und sie offener gemacht hat für diesen Augenblick.
„Hab Mut“ – ich glaube, das ist auch ein wichtiges Wort in dieser Erzählung. Da gibt es Situationen, die wollen wir beherzt angehen und starten auch den ersten Schritt. Dann kann es geschehen, dass wir auf einmal Angst vor der eigenen Courage bekommen. Wie gut, wenn dann da Umstehende sind und sagen: „Mensch, jetzt geh aber auch den Weg weiter für den du dich entschieden hast“. „Jetzt nicht den Schwanz einziehen und den Rückzug antreten!“ Ich danke für solche Menschen, die mir dann sagen: „Hab Mut!“
Und dann kommt es noch zu einer ganz wichtigen Passage in dieser Begegnung. Jesus fragt den Bartimäus: „Was willst du, das ich dir tue?“ Hätte Jesus sich das nicht denken können? Die Menschen haben doch von den Heilungswundern Jesu gehört. Da ist es doch naheliegend, dass der BLINDE Bartimäus wieder sehen will, oder?
Foto: www.pixabay.com
Ja, es ist naheliegend. Und vielleicht ahnte und wusste Jesus schon, was Bartimäus von ihm wollte. So hätte er sich diese Frage eigentlich auch sparen können.
Aber nein! Es geht nicht nur darum, dass Jesus erfährt, was Bartimäus will, sondern es geht vielmehr um Bartimäus selber. Denn durch die Frage: „Was willst du, das ich dir tue!“ sichert Jesus diesem Mann seine Souveränität und Autonomie zu.
Wie oft wird Bartimäus erfahren haben, dass andere sich um ihn gekümmert und gesorgt haben. Sie haben es vielleicht oft gut mit ihm gemeint und für ihn gehandelt, in dem Bewusstsein, zu wissen, was ihm guttut oder was er braucht.
Doch dahinter steckt auch eine Gefahr, nämlich die Gefahr der Bevormundung oder gar Entmündigung.
Jesus macht es nicht so. Er sagt Bartimäus nicht, was er braucht, sondern er fragt Bartimäus, was er bräuchte.
Was für einen gewaltigen Unterschied es machen kann, anstelle etwas zu sagen, etwas zu fragen!
Auch hier erfahren wir wieder einmal mehr, wie es Jesus um den Menschen geht: er stellt den Menschen in die Mitte seiner Sorge, er stellt Menschen auf die eigenen Beine, er lässt die Menschen für sich selber spüren und klären, was sie brauchen. Das alles hat etwas mit Ansehen, Respekt und Würde zu tun.
Und so kann das Wunder geschehen: Menschen werden heil, weil sie erkennen und benennen können, was unheil in ihrem Leben ist.
Menschen stehen für sich ein, weil sie für sich aufzustehen lernen und darin auch noch ermutigt werden.
Was für ein Evangelium und was für eine Botschaft für uns, auch für uns als Kirche!
Nicht Ansagen und Vorschriften oder Regeln sind das Wichtigste, was wir den Menschen unserer Zeit mitgeben können, sondern echte personale Begegnung, die den Menschen in den Blick nimmt, die seine Würde bewahrt, ihnen Achtung und Respekt entgegen bringt und sie sich selber klar werden lässt, was sie brauchen und was ihnen zum Heil und zur Heilung dient.