Impfen – Ein Gebot der Nächstenliebe

Was vor einem Jahr noch undenkbar war, nun ist es Realität: Deutschland verfügt über genügend Impfstoffe, damit alle, die geimpft werden können auch eine Impfung erhalten können.
Doch die Impfbereitschaft stagniert.
Erstgeimpfte nehmen ihre zweite Impfung nicht wahr. Manche sagen den Termin noch nicht einmal ab, so dass Gefahr besteht, den bereitstehenden Impfstoff vernichten zu müssen, weil er so kurzfristig nicht verimpft werden kann.

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Das ist ein großer Skandal und zeugt von einer Verantwortungslosigkeit, die nicht entschuldbar ist, wenn es keine gravierenden Gründe gibt, die zweite Impfung nicht wahrzunehmen und den Termin nicht abzusagen.

Jene, die sich impfen lassen können, aber noch nicht geimpft sind, erinnere ich gerne daran, dass das Gebot der Nächstenliebe kein theoretisches Gebot ist, sondern sich in aktivem, verantwortlichen Tun zeigt.

Ich habe deshalb eine ganz klare Meinung dazu: wer sich impfen lässt, lebt das Gebot der Nächstenliebe ganz aktiv.

Und es gibt kaum eine leichtere Möglichkeit, dieses Gebot zu leben und zugleich selber davon zu profitieren.




Viel zu tun – viel zu beten

Reformatorische Spiritualität

Martin Luther (Reformator) – Bild von Otto Wenninger auf Pixabay

„Heute habe ich viel zu tun, deswegen muss ich viel beten.“ (Martin Luther)

Seit vielen Jahren begleitet mich dieses Wort von Martin Luther.
Mit seinen Worten und auf sein eigenes konkretes Leben bezogen, drückt er aus, was in der „Regula Benedicti“, der Ordensregel des heiligen Benedikt ebenfalls zum Vorschein kommt: „Ora et labora“ = Betet und arbeitet.

Ich bezeichne es für mich als „Harmonie des geistlichen Lebens“ was in der Regel des heiligen Benedikt steht und was auch Martin Luther zu seiner Aussage bewogen hat.

Für mein eigenes geistliches Leben bedeutet dies: die Erfahrung, dass viel zu tun ist, zieht meinen Wunsch, viel zu beten, nach sich.



Dabei spreche ich ausdrücklich von einem „Wunsch“ oder von einem „geistlichen Bedürfnis“.

Der sehr subjektive Satz von Martin Luther sagt mir: es geht hier nicht um eine geistliche Forderung an andere. Es geht hier vielmehr um eine ganz persönliche Äußerung eines Menschen, der mit ganz viel Herzblut und aufgrund einer tiefen Spiritualität um eine Reform der Kirche gerungen hat.

Ich nehme aus diesem Wort Martin Luthers für mich: Die Überzeugung, sich für eine Reform in der Kirche stark zu machen, ist aus einer spirituellen Haltung heraus entstanden.
Und sich um diese Reformen zu bemühen, dafür die geistliche, psychische und physische Kraft zu finden, geht für Luther nur, wenn er auch aus der geistlichen Quelle des Gebetes schöpft.

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Die Botschaft von Banneux: Betet viel!

Bevor mein Vater Eduard Wittka 1981 im Alter von 45 Jahren an einen Hirntumor starb, war er viele Jahre vorher schon sehr krank: gezeichnet von vier Operationen am Kopf suchte er – zusammen mit meiner Mutter – Zuflucht und Halt im Glauben.

Er hat damals wiederholt den Marienwallfahrtsort Banneux in Belgien aufgesucht. Natürlich hat er von dort auch Wallfahrtsheftchen mitgebracht.
Noch heute erinnere ich mich sehr gut daran, wie die zentrale Botschaft der „schönen Dame“ immer wieder hieß: „Betet viel!“
Um mehr – aber auch um nicht weniger – geht es bei dieser Botschaft: im Gebet nicht nachzulassen, oder wie es in 1. Thessalonicher-Brief in Kapitel 5,17 heißt: „Betet ohne Unterlass!“

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Die Marienerscheinungen von Banneux gehen auf das Jahr 1933 zurück. Damals war Europa und die ganze Welt in einer großen Krise. Und die ganz schlichte und eindringliche Botschaft von Banneux lautet: „Betet viel!“ Und die „schöne Dame“ führt die Seherin Mariette zu einer Quelle.

Ob man an Marienerscheinungen glaubt oder nicht: die Botschaft von Banneux lautet: Wenn euch schwere Zeiten oder Krisen in Beschlag nehmen, wenn euer Leben von Sorgen erfüllt ist und ihr um euer Leben sorgt, dann vergesst nicht das Gebet.
Das Gebet führt uns zu einer – nie versiegenden – Quelle des Heils, weil wir im Gebet unsere Angewiesenheit auf Gottes Hilfe und Beistand anerkennen, die bei allem segensreichen Wirken und Einsatz in Krisenzeiten not-wendig ist.

Ob in der Krise der Corona-Pandemie, in der Glaubwürdigkeitskrise in der römisch-katholischen Kirche (welche nach Reformen drängt) oder auch in ganz persönlichen Phasen der Herausforderungen und Krisen:

Immer, wenn wir viel zu tun haben und durch die Sorgen und Herausforderungen des Lebens in Beschlag genommen sind, sollte die Quelle des Gebetes nicht versiegen. Denn sie gibt uns Kraft und ermöglicht neues Leben in allen Krisen und Bedrängnissen.




Von Taucher:innen lernen?

Impuls zum österlichen Lockdown

Fast bin ich mir sicher, dass es Vielen so geht wie mir: Frust, Enttäuschung, Trauer, vielleicht auch Resignation.

Wir haben die Corona-Pandemie noch immer nicht im Griff, obwohl sicherlich die meisten Menschen in den vergangenen zwölf Monaten versucht haben, mit sehr viel Verantwortungsbewusstsein ihren Umgang mit der Pandemie zu gestalten.

Und jetzt, seit gestern: ein verschärfter Lockdown während des Osterfestes, mit dem viele so nicht gerechnet haben.

Wir können klagen, protestieren, uns darüber aufregen. Und alle, die eine gute Lösung haben, mögen damit herauskommen: jetzt und öffentlichkeitswirksam.

Aber wir alle müssen für uns die Frage beantworten, wie schaffen wir auch diesen Lockdown noch gut?

Dazu ist mir heute Morgen ein Bild gekommen, welches ich hier entfalten möchte …



(Ich werde dazu ein ‚Bild‘ aufgreifen, von dem ich eigentlich gar keine Ahnung habe, sondern lediglich eine Vorstellung.

Jene, die sich besser damit auskennen, mögen mir es also nachsehen, wenn manche Gedanken nicht hundertprozentig der Realität entsprechen.)

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Diese Taucherin ist eine Schnorcheltaucherin. Wir kennen auch Taucher:innen ohne Schnorchel. Die Königsdisziplin von denen wird sicherlich von den Apnoe-Taucher:innen bestritten.

Ich habe mich gefragt, was man tun muss, damit man so tauchen kann und dabei sich auch noch gut fühlt.

Also habe ich mir darüber Gedanken gemacht:
Schnorcheltaucher:innen haben keinen Luftvorrat in Luftflaschen, wo sie kontinuierlich unter Wasser ‚weiter atmen‘ können. Sie müssen den Tauchgang so vorbereiten, dass sie unter Wasser ohne zusätzliche Luft auskommen können und es dabei ihnen trotzdem gut geht und sie den Tauchgang genießen können.

Also heißt es: sich gut vorzubereiten.

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Ich denke sicherlich, dass man dafür auch ein gewisses Maß an Entspannung braucht. Denn nur entspannt, werden die Lungen weit und offen sein und viel Luftvolumen aufnehmen können.

Bevor also der Tauchvorgang beginnt, muss man tief Luft holen. Mit dieser Luft in den Lungen kann man dann tauchen.
Dieser Luftvorrat ist begrenzt. Deshalb hängt die Dauer des Tauchvorgangs auch davon ab, wie sparsam man mit diesem Luftvorrat umgeht, ohne sich dabei zu verkrampfen oder gar Atemnot zu bekommen.

Oster-Lockdown und Tauchgang

Ich habe mich heute Morgen gefragt, ob wir im Umgang mit dem anstehenden Oster-Lockdown etwas von einem Tauchgang lernen können?

Wir wissen bereits jetzt, dass es gut ist, wenn wir uns auf diesen „Tauchgang“ gut vorbereiten. Denn mit Stress und Ärger werden wir uns verkrampfen und zu wenig Luft haben, diese Zeit gut zu überstehen und vielleicht sogar zu genießen.

Also kann es hilfreich sein, sich darauf einzustellen und gut zu planen. Und ich halte es so für mich, dass ich mir schon vorher vor dem geistigen Auge ausmale, wie dieses Osterfest unter veränderten Bedingungen zum zweiten Mal hinter einander aussehen wird?

Kann ich etwas daraus lernen, wie ich Ostern im letzten Jahr verbracht und erlebt habe? Welche Chancen und Möglichkeiten habe ich der ganz persönlichen Gestaltung? Was kann mir sonst noch Freude machen, wenn ich mich mit Familienangehörige oder Freunde nicht treffen kann?
Welche spirituellen Impulse oder Angebot möchte ich nutzen? Kann ich da auf etwas vom Vorjahr zurück greifen? Oder kenne ich Seelsorger:innen, die ich ansprechen kann und bitten kann, mir etwas buchstäblich ‚an die Hand zu geben‘?
Kann ich – vielleicht sogar anders als im letzten Jahr – neue Medien oder Kommunikationsangebote nutzen, deren Umgang ich in dem vergangenen Jahr gelernt habe und die mir mittlerweile vertraut geworden sind? Kann ich mich vielleicht auch mit anderen zusammen tun und eine virtuellen Präsenzgottesdienst online feiern?

Je mehr ich darüber nachdenke, um so sicherer bin ich, dass auch dieses Jahr das Osterfest ein gutes Osterfest werden kann, auch wenn es wieder so ganz anders ist, als es uns vertraut ist.

Mir hilft das Bild von den Taucher:innen und die Überlegungen, wie sie sich auf eine Phase vorbereiten, wo die sonst so verfügbare Luft zum Ein- und Ausatmen nicht vorhanden ist und sie trotzdem faszinierende Eindrücke unter Wasser erleben und genießen können.

Noch ist dieses Osterkörbchen leer. – Aber wir können vieles überlegen und planen, dass es auch an diesem Osterfest für uns alle gefüllt wird und wir ein er-füllendes Osterfest feiern.
Bildquelle: www.pixabay.com

Ja, ich muss auch bekennen, dass ich mit einer gewissen Unsicherheit in diese österlichen Tage gehen werde.
Wem geht es nicht so?

Mögen Sie mitteilen, wie Sie sich auf dieses Osterfest vorbereiten?
Dann hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.




Welttag der Kranken

Quelle: Bild von Renata Markota auf Pixabay

in Corona-Zeiten

Seit 1992 begeht die katholische Kirche am 11. Februar eines jeden Jahres den „Welttag der Kranken“. Nach über einem Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie wirft dieser Tag ein ganz besonderes Licht auf globale Fragen von kranken Menschen und der Bekämpfung der Corona-Pandemie.



Der „Welttag der Kranken“ ist nicht nur ein Tag des Gedenkens und des Gebetes für die Kranken, deren Zugehörige und für all jene, die sich im Gesundheitswesen um kranke und pflegebedürftige Menschen kümmern.

Es ist – aus meiner Sicht – auch ein Tag der Kirche(n) und der Gesellschaft. Es ist ein Tag, an dem es auch gilt, selbstkritisch inne zu halten und zu fragen: „Wie hältst du es mit den Kranken?!

Auch wenn wir es vielleicht gerne herunter spielen: Krankheit ist eine wesentliche und permanente Lebenserfahrung, die wir machen (müssen).
Krankheit ist also nicht der Sonderfall im Leben eines Menschen, sondern gehört genau so zur menschlichen Existenz, wie die Notwendigkeit, zu essen und zu trinken.

In einer Welt, die dem Ideal eines immer gesunden Menschen hinterher rennt, mag diese Lebenserfahrung nicht gerne akzeptiert werden.

Und diese Haltung fördert auch eine Entmenschlichung, weil sie Krankheit und Alter (und auch den Tod) eher als Sonderfall denn als Regelfall unserer menschlichen Existenz ansieht.

Quelle: Bild von Jeyaratnam Caniceus auf Pixabay

Globales Bewusstsein schaffen

Der „Welttag der Kranken“ ist für uns auch die Möglichkeit, mal darüber nachzudenken, wie wir auch global mit Krankheiten und deren Bekämpfung umgehen?
Verstehen wir uns als die eine Menschheitsfamilie, wo wir gegenseitig aufeinander angewiesen sind?
Erkennen wir in den wohlhabenden Ländern, dass wir auch verantwortlich sind für Fragen der Gesundheit und Krankheitsbekämpfung in den Ländern, denen es wirtschaftlich und finanziell nicht so gut geht wie uns?
Gerade auch in der Corona-Pandemie muss sich unser Blick jetzt auch auf die Frage richten, wie die Impfstoffe gerecht verteilt werden können?

Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit und einer globalen Solidarität!
Wenn wir das nur so verstehen, dann schneiden wir uns damit – womöglich – ins eigene Fleisch.

Denn: die Corona-Pandemie macht nicht Halt vor Landesgrenzen. Die Corona-Pandemie macht nicht halt vor sozialen oder wirtschaftlichen Unterschieden.

In dem Maße, wie wir endlich verstehen, dass die globale Bekämpfung des Corona-Virus letztendlich auch uns selber zugute kommt, in dem Maße wird es für uns noch selbstverständlicher sein, alle unsere Ressourcen und unser Vermögen dafür einzusetzen, die Pandemie auch in den Ländern zu bekämpfen, die wirtschaftlich allein dazu nicht in der Lage sind.


Fürbitten am Welttag der Kranken

Wenn Du an diesem Tag auch besonders in den Anliegen dieses Gedenktages beten möchtest, empfehle ich dir die Fürbitten bei „Liturgie konkret“: Fürbitten um Welttag der Kranken.




Freiheit – trotz Reduktion

Copyright: Gerd Wittka, 31.01.2021

In der Krise die Freiheit erkennen

Ja, es ist mal wieder so: diese Gedanken erwachsen aus der gegenwärtigen Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Krise.

Manche können das Thema schon nicht mehr hören, und auch ich wäre froh, wenn wir schon alles überstanden hätten. Aber zur Wahrheit gehört auch dazu, dass wir noch mitten drin sind.

Wen wundert es dann also, dass die Krise – zumindest mich – gedanklich immer wieder beschäftigt. Oft ist in den vergangenen Wochen davon die Rede, dass diese Krise „wie ein Brennglas“ wirkt auf viele Themen und Herausforderungen, die sonst gar nicht so in den Blick geraten wären.

Mein großes Thema: die Freiheit! …



Wenn ich über diese Krise nachdenke, dann komme ich immer wieder auch auf das Thema „Freiheit“ zurück.
Und ich finde, das ist auch gar nicht verwunderlich.

Denn: wesentlich für diese Corona-Pandemie ist, dass folgende Wörter zwangsläufig mit ihr in Verbindung gebracht werden:

  • Reduktion
  • Lockdown
  • Abstand
  • Schließungen
  • Herunterfahren

All diese Wörter werden mit Begrenzungen, Eingrenzungen, Beschneidungen in Verbindung gebracht. Viele sagen auch: die Corona-Pandemie schränkt unsere Freiheiten ein! – Und das stimmt! Wer könnte dem widersprechen?!
Die Logik dieser Pandemie ist, dass durch Einschränkungen von (äußeren) Freiheiten wir ein wesentliches Werkzeug an der Hand haben, um der Pandemie etwas entgegen zu setzen.

Die zwei Seiten einer Medaille

Wer mich kennt, der weiß, dass ich gerne das Bild von den „zwei Seiten einer Medaille“ verwende.
Auch in diesem Zusammenhang halte ich es für hilfreich, dieses Bild einzusetzen, denn:

Einerseits erleben wir diese Zeit als begrenzte und eingeschränkte Zeit; Freiheiten, die für uns so selbstverständlich sind (und auch wieder werden müssen), haben wir im Moment nicht.

Um in der Balance bleiben zu können, um Kraft und Ressourcen finden zu können, diese einschneidenden Maßnahmen körperlich und psychisch gut überstehen zu können, braucht es einen Gegenpol, die andere Seite der Medaille, die wir anschauen sollten.

Ermöglichung

Ich möchte für die andere Seite den Begriff „Ermöglichung“ nennen!

Mein früherer Kollege, Mark Bothe, stellte sich, als er seine Stelle in unserer Pfarrei antrat, mit dem Hinweis vor, er wolle „Ermöglicher“ sein.
Mit dieser Formulierung hatte er meine ganze Aufmerksamkeit. (Vielen Dank für diesen Gedanken, Mark, den du bei mir eingepflanzt hast!)

Denn wenn wir unsere Lebenssituation bedenken, wenn wir Wege aus einer Krise finden wollen, wenn wir neue Wege gehen müssen, weil die alten Wege in eine Sackgasse oder in den Abgrund führen, dann kommen wir an einer zentralen Frage nicht vorbei:

Welche Möglichkeiten haben wir (sonst noch)?

Gerade in Zeiten, wo wir unser Leben eingeschränkt erfahren (das gilt auch in persönlichen Lebensphasen, die von Krankheit oder anderen Einschränkungen wie Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Not, etc.), kann es hilfreich und notwendig sein, nach einem Ausgleich zu suchen: der anderen Seite der Medaille.

Manche mögen es auch mit dem Bild von Ying&Yang vergleichen wollen:
zur inneren Harmonie kann man nur finden, wenn man buchstäblich „ausgeglichen“ ist und mein Leben wieder eine Balance gefunden hat.
Und diesen inneren und äußeren Ausgleich finden wir nur, wenn wir versuchen, die Möglichkeiten zu finden, die in einer Krise liegen.

[Damit möchte ich keineswegs irgendeine Relativierung vornehmen. Ich bin mir sehr bewusst, dass Krisen oft auch mit persönlichem Leiden und persönlichen oder sozialen Notlagen einher gehen. Mir geht es nicht darum, diese Not und diese Leiden abzutun oder zu verharmlosen. Ich suche nur einen Weg, wie man mit dieser Not, mit diesem Leid, mit dieser Eingrenzung besser leben kann. Wenn ich das alles schon nicht verhindern kann, dann gibt es für mich persönlich nur die eine Hoffnung: damit zu leben ohne daran zu zerbrechen.]

In Krisenzeiten Möglichkeiten und Freiheiten zu entdecken, die trotz allem (noch) vorhanden sind, erscheint mir eine wichtige Strategie zu sein, um gut und wohlbehalten solche Phasen des Lebens zu überwinden.

Hier kommt wieder der Gedanke meines Kollegen ins Spiel, der seine Rolle auch darin sieht „Ermöglicher“ zu sein.

Wer dann darüber nachdenkt, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wird zwangsläufig auch an den Punkt kommen, wo sie/er über die persönliche Freiheit nachdenken wird. Denn: was mir möglich ist, was ich noch tun kann, beantwortet sich wesentlich auch im Zusammenhang mit der Frage: welche Freiheiten habe ich?

Glaube der befreiend sein muss: Christ*in-Sein

Im Galaterbrief finde ich folgende Verse:
„…Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Steht daher fest und lasst euch nicht wieder ein Joch der Knechtschaft auflegen!…“ (Gal 5,1)

Was Paulus hier an die Galater schreibt, ist nicht auf seinem eigenen Mist gewachsen. Er hat diesen Glauben übernommen, weil er die Botschaft Christi ernst genommen hat und er musste erkennen, dass Christsein ohne Freiheit nicht möglich ist.

Die Botschaft Jesu Christi ist wesentlich eine Botschaft der Befreiung und damit eine Botschaft der Freiheit.

Perspektive in der Krise

Foto: Gerd Wittka, www.pixabay.com

Die Fähigkeit, seine Möglichkeiten gerade auch in der Krise zu entdecken, kann ein wesentlicher Schlüssel dafür sein, wie gut wir durch die Krise kommen. Die Erkenntnis, trotz aller Einschränkungen die eigene konkrete Freiheit zu entdecken, eröffnet in der Krise die Chance, auf dem Weg zu bleiben, handlungsfähig zu sein und somit aktiv die Krise gestalten zu können.

Wer also Wege aus der Krise entwickeln möchte, braucht einen tiefen Glauben und die feste Zuversicht, dass wir die Freiheit haben, immer wieder nach Möglichkeiten Ausschau zu halten, die uns die „Leiden der gegenwärtigen Zeit“ erträglicher machen.
Denn: wir sollen zu jeder Zeit „…von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes….“, wie es Paulus in seinem Römerbrief zum Ausdruck bringt. (vgl. Röm 8,21).

Die eigenen Möglichkeiten zu entdecken geht nur, wenn wir verstanden haben und ernst nehmen, dass wir als Menschen zur Freiheit berufen sind.
Christ*innen und die Kirchen könnten dazu einen wichtigen Beitrag leisten!

[Selbstkritisch ließe sich zu der Rolle der Christ*innen und Kirchen in dieser Krisenzeit noch einiges sagen. Aber das wäre eines eigenen Artikels wert.]

Doch wenn jede*r Einzelne*r von uns, seine Möglichkeiten entdeckt, auch die Freiheit, sich für etwas einzusetzen, „Ermöglicher*in“ zu sein, dann bin persönlich zuversichtlich, dass wir gemeinsam gut durch diese Krise und durch andere Krisen kommen werden.


Und? Wie denkst du darüber? – Hinterlasse gerne einen Kommentar zu meinen Gedanken!




Die stillen Held*innen

Stille Held*innen, Quelle: www.pixabay.com

Die Personen, über die ich heute hier schreiben möchte, ‚verstecken‘ sich hinter einem fachlichen Wortungetüm: randomisierte doppelblind-Studie (RCT englisch: randomized controlled trial).

Heute möchte ich die Personen in den Blick nehmen, die unter dem Begriff „Impfproband*innen“ geführt werden.

Das sind die Menschen, die sich bei der Entwicklung eines Impfstoffes bei der Erforschung eines möglichen Impfstoffes freiwillig als Testpersonen zur Verfügung stellen. (Ich möchte hier ausdrücklich außen vor lassen, ob sie dafür ein Entgelt bekommen oder nicht, denn das spielt hier für meine Gedanken eigentlich keine Rolle, ist irrelevant.)

Ich finde, dass solche Menschen, gerade auch in dieser aktuellen Corona-Pandemie zu den ’stillen Held*innen‘ unserer Zeit gehören.
(Ja, ich bin mir auch im Klaren darüber, dass der Begriff „Held*innen“ recht pathetisch klingt. Aber Sie können mir ja nach dem Lesen dieser Zeilen gerne einen geeigneteren Begriff vorschlagen.)



Zuvor aber eine kurze Erklärung zu ‚randomisierter Doppelblind-Studie‘:

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‚Randomisiert‘ bedeutet, dass die Impfprobanden zufällig für eine solche umfassende Impfstudie ausgesucht werden.

Doppelblind‘ bedeutet, dass sowohl die Forscher*innen wie die Proband*innen nicht wissen, ob sie den potentiellen arzneilichen Wirkstoff oder ein Placebo verabreicht bekommen. Das heißt, dass beide Seiten nicht wissen, welcher Stoff gereicht oder – wie bei der Corona-Impfstoffentwicklung – gespritzt wird.

Wesentliche Elemente der humanen Testphase sind folgende:

  1. Testung auf Veträglichkeit eines möglichen Impfstoffes
  2. Testung auf Nebenwirkungen
  3. Wirksamkeit eines möglichen Impfstoffes

Bei den Testungen auf Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten stellen sich Menschen als Testpersonen zur Verfügung, mit deren Einsatz ermittelt werden soll, ob der Impfstoff (der bereits vorher mitunter auch an Tieren erprobt) wurde, für Menschen gesundheitlich unbedenklich ist (Toxitizät = Giftigkeit der/des Wirkstoffe*s).
Menschen, die sich in dieser Testphase zur Verfügung stellen, gehen das Risiko ein, dass der erprobte Wirkstoff nicht verträglich ist oder gesundheitliche Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten aufweist. Dabei ist das Risiko zwar zuvor durch tierische Tests kalkulierbarer, aber es sind urchaus auch gefähliche Reaktionen, wie allergischer Art etc. möglich.
In der Phase, wo die Nebenwirkungen getestet werden, wird auch gleich mitgeteste, ob der Wirkstoff überhaupt wirksam ist.

In der dritten Phase wird dann die Wirksamkeit des möglichen Impfstoffes an einer großen Personengruppe geprüft und die prozentuale Wirksamkeitsrate ermittelt.

Die ersten beiden Phasen bergen für die Proband*innen das größere gesundheitliche Risiko.

Da in solchen Doppelblind-Studien auch ein gleicher Teil von Placebos verabreicht werden, haben die Proband*innen nicht unbedingt einen gesundheitlichen Vorteil davon, dass sie sich als Testperson zur Verfügung gestellt haben.

Held*innen – warum?

Wie vorab geschrieben: lassen Sie uns nicht über den Begriff „Held*innen“ streiten. Darum geht es mir nicht.

Mir geht es darum, dass wir mit mehr Dankbarkeit auf diese Menschen schauen.

Für mich sind sie ‚Held*innen‘, weil sie uneigennützig sich und ihre Gesundheit zur Verfügung stellen, um vielen Menschen zu helfen, sie womöglich vor schwersten Langzeitschäden oder sogar vor dem Tod zu bewahren!

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Ich habe großen Respekt und Hochachtung vor diesen Menschen, die sich zudem weltweit für solche Studien zur Verfügung stellen.
Das bedeutet, dass wir Menschen in den reicheren Nationen von Menschen in ärmeren Nationen profitieren, die trotz ihrer wirtschaftlichen und medizinisch schlechteren Lage bereit sind, ihr Leben und ihre Gesundheit für uns einzusetzen.

Wenn wir dieses mehr bedenken, dann hat das auch für mich ethisch-moralische Folgen:


  1. Wir müssen weltweit dafür sorgen, dass wirksame Mittel, Medikamente und Impfstoffe allen Menschen zu bezahlbaren Konditionen zur Verfügung gestellt werden.
  2. In der Diskussion, ob eine Impfung sinnvoll ist oder nicht, sollten wir auch den Einsatz der Proband*innen im Hinterkopf haben, die in einer Impfung ein mögliches Mittel sehen, das helfen kann. Und weil sie diese Hoffnung in solche Mittel haben, sind sie bereit, sich als Testpersonen zur Verfügung zu stellen. Wer also als Impfgegner*in die Impfung infrage stellt, stellt auch den Einsatz solcher Proband*innen infrage.
  3. Ich finde, angesichts solcher Hilfsbereitschaft sollten und dürften wir in der gesellschaftlichen Diskussion etwas demütiger und deutlich dankbarer sein.

Gebet:

Herr und Gott,
in unseren Zeiten gibt es immer wieder Menschen,
die selbstlos sich für das Wohl anderer Menschen einsetzen.
Dazu gehören auch jene Menschen, die sich als Proband*innen bei der Entwicklung von Corona-Impfstoffen zur Verfügung stellen.
Sie sind bereit ihre eigene Gesundheit und ihr Leben zu riskieren.

Guter Gott,
dankbar denke ich in diesen Zeiten an diese Menschen und bitte dich:
Segne ihr Leben, segne ihre menschenfreundliche Gesinnung und vergelte ihnen das Gute, dass sie der Menschheit tun.

Lass uns ihren Einsatz nicht als Selbstverständlichkeit hinnehmen und lass uns von ihnen lernen, wenn es darum geht, ob und wie wir bereit sind, uns für andere Menschen und deren Heil einzusetzen.
Amen.
(Gerd Wittka, 03.01.2021)