Richtig reden
Ansprache zum 23. Sonntag im Jahreskreis – 4./5.09.2021
Schriftstellen: Jes 35, 4-7a und Mk 7, 31 – 37
In einem Gespräch mit einer Angehörigen von einem Patienten sagt sie mir vor einigen Tagen, dass sie sich nur noch um den Patienten sorge. Sie nehme all die anderen – meist schlechten – Nachrichten gar nicht mehr richtig wahr.
Ich antwortete, dass das doch nur allzu verständlich sei.
Wir Menschen können einfach nicht grenzenlos schlechte Nachrichten verkraften.
Unsere Psyche, wenn sie noch halbwegs intakt ist, kennt dafür Mechanismen, die uns helfen, dass ein Zuviel ausgeblendet wird.
Manche bezeichnen das als Tunnelblick, andere beschreiben diesen Zustand, als seien sie wie in einer Kapsel, die vieles von außen nicht mehr an sie heranlasse.
Eine solche Reaktion der Psyche will unsere Psychohygiene fördern, damit wir nicht seelisch überlastet werden.
Nicht seelisch überlastet zu werden, heißt auch: einen Ausgleich zu finden, einen Kontrapunkt zu den schlechten Nachrichten zu setzen.
Da fiel mir vor einiger Zeit – ich meine – im Morgenmagazin vom zdf die Rubrik auf, die es sich zu eigen gemacht hat, auch mal ganz gezielt nur gute Nachrichten zu senden.
Immer wieder auch gute Nachrichten zu verbreiten, ist also nicht nur eine vernünftige Entscheidung, sondern auch eine notwendige und richtige Maßnahme.
Es gibt bei der Verbreitung von Nachrichten auch die Frage, wie sie gut verbreitet werden, damit sie Hoffnung machen.
Bei den heutigen Texten geht es genau um dieses „richtige Reden“.
Jesaja redet fast ohne Unterlass von der heilsamen Botschaft Gottes. Gerade weil es dem Volk Israel schwer fiel, sich immer dieser Zuwendung Gottes sicher zu sein, bleibt Jesaja unermüdlich.
Und auch Jesus setzt diese Tradition des „guten Redens“ fort; er verkündet die befreiende, die heilsame Botschaft nicht nur mit Worten sondern auch durch Taten.
Und er eröffnet in uns auch die Quelle, des richtigen Redens.
Die Wundererzählung des Taubstummen ist so eine Befreiungstat.
Jesus fordert ihn zur Offenheit auf, er ermutigt ihn: „Öffne dich!“ –
Und er öffnet sich und der so Befreite konnte wieder „richtig reden“.
Das Wunder Jesu lässt auch jene nicht stumm bleiben, die es erlebt haben. Auch sie müssen diese gute Botschaft weiter sagen, selbst wenn Jesus es ihnen ‚verbot.
Sie konnten nicht schweigen über das, was sie gehört und gesehen haben.
Sie mussten einfach diese froh machende Botschaft unter die Leute bringen, denn diese Botschaft geht über alle katastrophalen Nachrichten hinaus.
Und diese Botschaft ist die selbe, die uns heute noch dazu befähigt, in Zeiten, wo die schlechten Nachrichten uns fertig machen könnten, die richtige Rede zu üben, damit die Menschen von heute nicht die Hoffnung verlieren.
Ich wünsche uns allen, dass wir die Hoffnung nicht verlieren, damit auch unsere Seele im Lot bleibt und wir die Freude nicht vergessen.
Ich wünsche uns allen, dass wir immer wieder Gelegenheit haben, diese Frohe Botschaft mit unserem Leben zu bezeugen.
Richtig Reden
Du willst dich im
Reden verbessern, willst ‚richtig‘ reden?
Vielleicht besuchst du Rhetorik-Seminare,
vielleicht nimmst du an Kommunikations-Kursen teil
vielleicht studierst und trainierst du,
was andere dir empfehlen,
vielleicht glaubst du immer noch:
‚richtiges‘ Reden
will gelernt sein.
Doch das richtige Reden,
kann nicht erlernt werden.
Es ist in dir
und muss manchmal
nur aus dem Gefängnis
der Sprachlosigkeit
befreit werden.
Jesus sah,
was im Taubstummen
verborgen war.
Mit SEINER Ermutigung
„effata“ – „Öffne dich!“
konnte der Mann sich öffnen
und
das richtige Reden quoll wie eine
Quelle
aus ihm hervor.
( © Gerd Wittka, 3.9.2021)