OSTERN.GEGEN.MACHT

Bild: KI

Wie werden Sie dieses Jahr Ostern feiern?
Ist es für Sie eine Art Frühlingsfest, auch wenn es in diesem Jahr noch kalt sein könnte?
Feiern Sie Ostern mit seinem christlichen Hintergrund als das Fest der Auferstehung?
Denken Sie, dass Auferstehung nur etwas mit dem Leben nach dem Tod zu tun hat?



Ich habe für mich in den letzten Jahren gefunden, dass Ostern eine wichtige Botschaft für dieses irdische Leben bereit hält, nicht erst jenseits unserer irdischen Lebens.
Denn wie wollte ich an eine christliche Botschaft der Auferstehung glauben, wenn diese nicht schon hier stattfinden kann und wird?!

Auferstehung von den Toten hat für mich viel mit meinem Glauben an Erlösung zu tun:
Erlösung von all dem, wodurch mein Leben gefährdet ist, was meine Lebendigkeit behindert oder sie sogar bedroht ist bis hin zum Gefühl, dass ‚das Leben an mir vorbei geht‘.

Ostern ist für mich der Aufbruch ins Leben, manchmal auch in ein ganz anderes, neues Leben – jenseits meiner bisherigen Vorstellungskraft; jenseits dessen, was ich mir bisher an Lebensmöglichkeiten zu denken und zu leben versagt habe.
Ostern ist für mich die Ermutigung in ein Leben, dass uns wirklich lebendig sein lässt.

Somit ist die Botschaft von Ostern auch eine Botschaft gegen die eigene vermeintliche Ohnmacht.
Es ist eine Botschaft, die mir neue Möglichkeiten eröffnen will.

Und da darf jede/r von uns schauen, nach welchen neuen Möglichkeiten unser eigenes Leben drängt.
Doch damit das neue Leben beginnen kann, muss das ‚alte‘ = bisherige Leben vielleicht erst ‚sterben‘ und sterben können und dürfen.

Dieser Glaube ist aber nicht in jedermanns Sinne.
Denn: Ostern ist zugleich ‚gefährlich‘!
Ostern kann nämlich den Mächtigen Angst machen, weil an Ostern Christus „die Ketten des Todes zerbrach“, wie es im ‚Exsultet‘ der Osternacht gesungen wird.
Da, wo andere unsere Lebendigkeit wie in einem Grab zumauern wollen, bricht Ostern dieses Grab auf, so dass wir wieder ins Leben treten können.

Auferstehung und Himmelfahrt*, Bild: Gerd Wittka mittels KI , März 2024

Ostern hält für uns die Botschaft der Freiheit bereit in allen Fällen, wo wir eingeschränkt, begrenzt oder unfrei sind oder gemacht werden sollen.
Die Wirkung von Ostern kann sein, dass wir aus Mitläufer:innen zu Selbstläufer:innen werden, weil wir unsere Freiheit und Selbständigkeit erkennen und annehmen.

Ostern geschieht nicht nur im Jenseits, sondern bereits Jetzt, wenn wir es nur glauben und es zulassen, unser neues Leben, unseren Aufbruch in eine neue Lebendigkeit!

Stellen Sie sich einmal vor, das hätte Jesus Christus mit seiner Auferstehung für uns auch erreicht?! – Was wäre das ein mächtiges Fest!

Der Auferstandene hält Mahl mit seinen Jüngern, Bild: KI

In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein gesegnetes und wirkmächtiges Ostern 2024!
*Bildbetrachtung zu diesem österlichen Bild: in Arbeit




Stärker als jeder absolutistischer Herrscher: Christus König

Impuls zum Christ-König-Sonntag 2022

Erinnern Sie sich an die Staatstrauer und an die Beisetzung von Queen
Elizabeth II. vor einigen Wochen?
Ich war da gerade in Urlaub und ich wollte eigentlich nicht viel davon sehen.
Aber irgendwie kommt man dann doch nicht ganz daran vorbei.
In den Medien sah man Bilder der Queen, von ihren jungen Jahren, von
ihrer Krönung, in anderen festlichen Roben, geschmückt mit Diademen,
Kronen und Juwelen.
Und auch während der Staatstrauer: ihre Krone, der Reichsapfel und das
Zepter auf ihrem Sarg.
Am Ende der Trauerfeier, bevor der Sarg von ihr herabgelassen wurde,
entfernte man feierlich diese Insignien ihrer Königinnenschaft.

Das waren Bilder vom Tod einer Königin in heutiger Zeit.



Wie man sich zu mancher Zeit "Christ-König" vorgestellt hat. Aber welches Bild gibt ER von sich selber?
Wie man sich zu mancher Zeit „Christ-König“ vorgestellt hat. Aber welches Bild gibt ER von sich selber? Quelle: Bild von AJ jaanko auf Pixabay

Ganz anders das Bild des Mannes, den wir heute als Christ-König feiern: Jesus Christus.
Geschunden, gemartert, verhöhnt, entehrt, bestialisch hingerichtet ziert sein Haupt keine Krone aus Edelmetall und Edelsteinen, sondern eine Dornenkrone, deren langen Dornen sich in die Kopfhaut eingebohrt haben.

Bild einer Dornenkrone
Bild von Jeff Jacobs auf Pixabay

Die Bilder aus London waren schön, voller Pracht – für viele eine Augenweide.
Die Bilder aus Jerusalem, das Bild des getöteten Christus: wer mag das ansehen wollen?

Gegenbild: Gekreuzigter Christus des Isenheimer Altars

Solidarität I

Mathis Gothart Grünewald 022.jpg

Bildquelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4f/Mathis_Gothart_Gr%C3%BCnewald_022.jpg

Der Maler Matthias Grünewald hat mit dem Isenheimer-Altar die Kreuzigungszene für den Bettensaal eines mittelalterlichen Krankenhospiz gemalt, die wir heute noch verstörend empfinden können.
Matthias Grünewald hat versucht, den leidenden Menschen seiner Zeit einen durch und durch ebenbürtigen mitleidenden Christus buchstäblich gegenüberzustellen.

Aber dies tat er nicht, um die Kranken noch mehr zu belasten, sondern aus einem anderen Grund:

Wie oft höre ich von ziemlich kranken Menschen Worte wie: „Aber ich kann ja nicht klagen. Anderen Menschen geht es noch schlechter!“

Solche Sätze sagen mir: im eigenen Leid blicken manche Menschen auf das Leid anderer und setzen ihr eigenes Leid im Verhältnis zum Leid der anderen.
Das ist kein Tipp, den ich als Außenstehender geben würde und kann.
Aber für jene Kranke, die das tun, kann sich die Sicht auf das eigene Leid verändern.

Bitte: Niemals als Ratschlag!

Auf das Leid der anderen zu blicken im eigenen Leid, kann das eigene Leid erträglicher machen.

Ich sage das nicht, als Ratschlag oder als Tipp. Ich sage das nur als Wahrnehmung.

Denn als Außenstehende müssen wir uns davor hüten, kranken und leidenden Menschen zu sagen: „Schau mal, anderen geht es doch viel schlechter als dir!“
Relativierung des Leids steht jenen, die leidende Menschen begleiten, nicht an und es ist nicht hilfreich, sondern oft genau das Gegenteil.
Der leidende Mensch kann das so verstehen, dass ein eigenes Leid nicht ernst genommen wird.
Nur der Leidende selbst kann für sich den Vergleich mit anderen leidenden Personen anstellen und das in aller Freiheit.

Dann aber kann es passieren, dass das eigene Leid als nicht mehr so arg wahrgenommen wird.

Das ist eine Art Solidarisierung der Leidenden unter einander, auch wenn sie gegenseitig davon nichts wissen.

Solidarität II

Der Isenheimer Altar thematisiert aber noch eine andere Solidarisierung: die göttliche Solidarisierung!

Den kranken Menschen wird mit dem Altarbild ein Bild von leidenden Jesus Christus, dem Sohn Gottes, der ganz und gar in der Geburt in Betlehem Mensch wurde, gezeigt.

Damit will dieses Bild den kranken und leidenden Menschen sagen:
Dein Gott, an dem du auch in deinem Leid glaubst und dem du vertrauen willst, hat sich als Mensch selber dem menschlichen Leiden ausgeliefert.
Auch wenn sein Leid und dein Leid immer getrennt voneinander sein werden, so möchte dies ein Zeichen sein:

Gott liebt dich so sehr und möchte so sehr um die liebende Beziehung mit dir werben, dass er sich selber nicht verschont hat, sondern wie es bei Paulus heißt:
Jesus Christus

„… war Gott gleich, / hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich / und wurde wie ein Sklave / und den Menschen gleich. / Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich / und war gehorsam bis zum Tod, / bis zum Tod am Kreuz….“

(Phil 2,5-8)

Der Schächer, der neben Jesus Christus am Kreuz hing, hat das erkannt und sich in einem letzten Augenblick seines eigenen Lebens dazu bekannt.
So wurde für ihn das Bekenntnis zum leidenden Gott, zum mit-leidenden Gott die Quelle der eigenen Erlösung.

‚Jesus Christus und der Schächer‘. Bild: Privatbesitz Gerd Wittka, © Gerd Wittka, 2022

Für mich ist das ein Bild, ein Vor-Bild, damit ich lernen kann, dass er auch mich im Leiden und im Tod nicht fallen lässt.

Die Monarchie in Großbritannien und viele andere Monarchien sind Monarchien mit viel Glanz und Pomp, aber ohne wirkliche Macht.

Die Monarchie des Christus unseres Königs ist genau das Gegenteil davon: eine Monarchie ohne Glanz und Pomp, aber mit viel Macht, wenn auch nicht irdischer Macht; aber mit der Macht uns von dem zu befreien, was für Viele oft das Ende des eigenen Lebens zu sein scheint: der Macht, uns vom Tode zu befreien.




wort.neu.schöpfung

Quelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Vom Narrativ zur hohen Theologie: alles Weihnachten

Gestern habe ich eine Hausandacht zur Verfügung gestellt, in deren Mitte zwei sogenannte „Wort-Wolken“ standen.
Das Evangelium des Tages war die Weihnachtsgeschichte nach Lukas, wie sie dort im 2. Kapitel zu finden ist.



In sehr anschaulichen Bildern ‚berichtet‘ uns Lukas von der Geburt Jesu Christi; was in Wahrheit gar kein Bericht im sachlichen Sinne ist, denn niemand von den Autoren des Neuen Testamentes war dabei oder konnte sich auf historische Zeug:innen der Geburt Jesu von Nazareth berufen.
Die Geburtsgeschichte Jesu in dieser erzählenden Form geschieht einerseits auf dem Hintergrund der Erzählkultur des Nahen Ostens und des Orients und andererseits ermöglicht sie uns einen ‚herzlichen‘ Zugang zur Geburt des Erlösers Jesu Christi.
‚Herzlich‘ nenne ich den Zugang deshalb, weil die Weihnachtsgeschichte nach Lukas wirklich ‚zu Herzen geht‘, auch mir. Sie gehört für mich zum unverzichtbaren Bestandteil des jährlichen Weihnachtsfestes.

‚Herzlich‘ nenne ich sie deshalb auch, weil der theologische Zugang zum Weihnachtsfest nicht nur über die hohe Theologie führt, sondern auch über das Herz, über Emotionen/Gefühle.
Es ist dieser ‚herzliche Zugang zum Geheimnis der heiligen Nacht‘ den A. de St. Exupery in seinem Werk ‚Der kleine Prinz‘ in die Worte fasst:

„Man sieht nur mit dem Herzen gut; das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar.“

A. de St. Exupery, Der Kleine Prinz

Dieser Zugang zum ‚Geheimnis der heiligen Nacht‘ ist sicherlich auch der Grund, warum so viele Menschen gerade zu Weihnachten unsere Gottesdienste mitfeiern (sei es als Präsenzveranstaltung oder auch über die verschiedensten Medien).

Vielleicht nennen viele Weihnachten auch deshalb das „Fest der Liebe“.

Wer die Weihnachtsgeschichte nach Lukas liest oder hört, der wird das, um was es bei Weihnachten geht, mit dem Herzen erfassen – meist auf direktem Weg vom ‚Ohr ins Herz‘.
Dabei spielen natürlich auch unsere Gefühle als ein Element, unser Leben zu deuten und zu verstehen, eine ganz maßgebliche Rolle.

Ver-dichtung

Heute, am 1. Weihnachtstag, dem eigentlichen „Hochfest“ steigt uns das Evangelium buchstäblich zu Kopfe. Heute hören wir die Weihnachtsbotschaft nach Johannes, die im strengen Sinne keine ‚Geschichte‘ ist, deshalb nenne ich sie auch nicht ‚Weihnachtsgeschichte nach Johannes‘.

Denn dieser Text spricht eine ganz andere Sprache: es ist die Sprache des Verstandes, der Philosophie, der Kunst der Dichtung und insofern eine pure ‚Verdichtung‘ des Weihnachtsereignisses.

Wer heute ‚verstehen‘ will, braucht schon etwas Zeit und Ruhe, um den Text auf sich wirken zu lassen.
Dann aber explodiert der Text mit seinen vielen Facetten und Aussagen (darauf möchte ich jetzt hier aber nicht näher eingehen).

Einen Schlüssel möchte ich aber dennoch ‚an die Hand geben‘: vergleichen Sie den Anfang des Johannes-Evangeliums mal mit der Schöpfungsgeschichte nach Genesis (1 Mose), und achten auf die ‚Funktion‘ des Wortes.
Ent-decken Sie etwas?

Quelle: Bild von Gordon Johnson auf Pixabay

Wortneuschöpfung resp. wort.neu.schöpfung

Erinnern Sie sich noch an die Überschrift über diesen Beitrag?

Da steckt das Wort „Wortneuschöpfung“ drin.
Darunter verstehen wir eigentlich, wenn ein ganz neues Wort in unserer Sprache geschaffen wird: ein neues Wort ist da und kann in unseren Wortschatz und Sprachgebrauch aufgenommen werden. Besonders die Jugendsprache ist sehr kreativ in Wortneuschöpfungen.

Bei Weihnachten geht es aber um keine ‚Wortneuschöpfung‘ sondern um wort.neu.schöpfung.

Die Welt, die am Anfang allen Seins durch Gottes Wort geschaffen wurde (vgl. Genesis/ 1 Mose), wird nun durch das menschgewordene Wort Gottes = Jesus Christus neu geschaffen.

Durch Weihnachten bricht eine ’neue‘ Schöpfung an, die alle menschliche Existenz und die ganze Schöpfung nicht der Hoffnungslosigkeit und der Unendlichkeit des Todes überlässt, sondern der ‚Anfang der Ewigkeit‘ wird.

Gerd Wittka, 25.12.2021


Ich möchte Sie heute einfach mal einladen, sich einen Augenblick der Ruhe, Stille und Besinnung zu nehmen und Sie bitten, mal über Folgendes nachzudenken:

  • Wo sehne ich mich danach, dass etwas ’neu‘ in meinem Leben geboren werden soll?
  • „Das Wort, das dir hilft, kannst du dir nicht selber sagen!“ – so ein Sprichwort. Welche Zusagen, Impulse oder Ermutigungen brauche ich dazu? Von wem kann ich solche Ermutigungen annehmen und auch ‚zu Herzen nehmen‘?
  • Konkret: An welche Worte Jesu erinnere ich mich und welche Worte Jesu gehen mir ‚zu Herzen‘, sprechen mich an und motivieren mich in meinem Glauben?

Ich wünsche Ihnen an diesem ersten Weihnachtstag, dass Ihr Leben von dieser wort.neu.schöpfung berührt wird, es in Ihnen neu geboren werden kann und Sie in Ihrem Leben begleitet und stärkt.

Es heißt: im Anfang war das Wort –

mir deucht: im Anfang war die Liebe.

Luise Baer (19./20. Jhdt.), deutsche Schriftstellerin –
Quelle: Baer, Jahresgedanken einer Frau, 1921




Ein für alle mal! – Botschaft für die Zweifler und Skeptiker

Schriftstelle: https://www.bibleserver.com/EU/Hebr%C3%A4er10%2C11-14.18

Vor einigen Wochen habe ich von den religiösen und geistlichen Skrupulanten gesprochen.

Heute wendet sich der Hebräerbrief an eine andere Personengruppe unter den Christinnen und Christen, die eigentlich auch nicht so richtig glücklich mit ihrem Glauben werden.

Ich meine die Skeptiker und Zweifler.
Hier besonders jene, die an der grenzenlosen Vergebung Gottes zweifeln.

Die Geschichte des Christentums ist voll von der Frage macher Menschen, ob und wie sie die Vergebung der Sünden erlangen können? Sie fragen sich allenthalben:

Was muss ich dafür tun?
Welchen Preis muss ich dafür zahlen, dass mir Vergebung Gottes zuteil wird?
Wie kann Gott mir vergeben?

Fragen, liebe Schwestern und Brüder, die der Vergangenheit angehören?
Mitnichten!



Gegen die geistliche Angst

Foto: www.pixabay.com

„Meine Schuld ist zu groß, als dass Gott mir dafür Vergebung schenken wird!“ – solche oder ähnliche Sätze bekomme ich immer wieder in seelsorglichen Gesprächen zu hören.
Solche Sätze zerreißen mir das Herz, sehe ich doch dahinter Menschen, die so sehr nach Erlösung schreien und meinen, sie nicht zu bekommen.

Welch eine seelische und geistliche Not sich hinter solchen Aussagen verbirgt?!

Die Überzeugung, dass man selber nicht in den Genuss der Sündenvergebung durch Gott kommt, kann Menschen auch buchstäblich krank werden lassen.

Manche von ihnen finden sich auch in psychiatrischen Kliniken. Doch viele versuchen irgendwie mit dieser geistlichen Not klar zu kommen.
Wie wäre ihnen wenigstens zu wünschen, dass sie an gute und erfahrene geistliche Begleiter:innen geraten, die ihnen helfen können, sich von dieser Bürde der geistlichen Angst zu befreien!

Mir scheint, dass Paulus heute im Hebräerbrief auch solche Menschen vor Augen hat.
Denn wenn man davon ausgeht, dass er in der heutigen Lesung eine Antwort gibt, dann können wir auch in Gedanken überlegen, welche Frage dem wohl voraus gegangen ist?

Ich bin davon überzeugt, dass es solche Fragen sind, die ich gerade eben skizziert habe.

Menschen, die solche Fragen haben, müssen ernst genommen werden. Wir sollten sie deshalb nicht schelten. Wir sollten auch nicht über ihren vermeintlich mangelnden Glauben urteilen.

Vergebung wirklich für alle und alles möglich?!

Quelle: www.pixabay.com

Denn ihre Fragen, ihre Zweifel und ihre Skepsis hat sicherlich auch mit dem unfassbar großen Werk der Erlösung zu tun, das Jesus für uns und an uns getan hat.

Es ist eine der größten Fragen des Christentums, ob und wer die Vergebung der Sünden erfahren wird? Und – wenn wir ehrlich sind – mutet uns es doch geradezu unmöglich an, dass selbst den Menschen mit den größten Verbrechen die Vergebung ihrer Sünden möglich ist.
In verschiedenen Diskussionsrunden bringen es Menschen auf den Punkt: Können selbst Menschen wir Adolf Hitler Vergebung finden? Ist Jesus auch für ihre Sünden gestorben? —
Unglaublich, oder?

JA!

Die große und großartige Antwort des heiligen Paulus auf so viele Fragen der Menschen nach Vergebung von Schuld und Sünde ist:

Ein für alle Mal ist das einzigartige Versöhnungsopfer Christi erfolgt, das die Menschen mit Gott versöhnt hat.

Herausforderung: Opfer-Theologie

Paulus macht diese Aussage natürlich auf dem Hintergrund der damaligen Opfermentalität des Judentums aber auch anderer damaliger Religionen.
Der Grundgedanke dahinter: Opfer sollen Gott beziehungsweise die Götter milde stimmen und sie wohlgefällig gegenüber den Menschen machen.
Je mehr Opfer, um so höher die Chance, dass es was wird mit den wohlgefälligen Göttern oder dem wohlgefälligen Gott.

Doch schon im Alten Testament zeichnet sich eine Veränderung dieses Glaubens ab; denn was können die Menschen Gott schon opfern, was ihm nicht schon längst gehört, weil es von ihm kommt?!

Wer also könnte Gott so ebenbürtig sein, ihm ein Opfer zu bringen?
Nur ER selber – in seinem menschgewordenen Sohn Jesus Christus.

Liebe Schwestern und Brüder,
ich weiß, die ganze Opfertheologie ist für uns heute mit vielen schwierigen Fragen verbunden, die ich hier jetzt nicht alle ansprechen kann.

Für uns und heute ist nur wichtig, dass Paulus diese Opfertheologie aufgreift, die damals noch viel mehr das Glaubensleben der Menschen prägte, als sie es heute ist.

Deshalb versucht er seinen Zeitgenossen eine befriedigende Antwort gegen ihre geistliche Angst zu geben; eine Antwort, die auch uns heute helfen kann.

Heute: Selbsterlösungs-Phantasien

Heute wollen wir uns weniger Gott durch Opfer gefällig machen.
Heute ist es vielmehr der Selbsterlösungsglaube, der den Menschen zu schaffen macht:

  • Du musst es nur wollen.
  • Jeder ist seines Glückes Schmied.
  • Selbstoptimierung durch Coaching
  • Nur wer etwas leistet, kann auch etwas für sich beanspruchen.

Das kann zu einem Leistungsgedanken auch in religiösen Dingen führen: nur wenn ich etwas leiste, wenn ich mehr und richtig glaube und liebe, dann kann ich auch erlöst werden.

Eine solche Haltung wird den Menschen auf Dauer körperlich, seelisch und geistlich überfordern und ihn im Letzten ruinieren.

Die Lesung aus dem Hebräerbrief hat für uns heute nur dann einen Sinn, wenn wir für uns akzeptieren, dass wir uns niemals so sehr selbst optimieren können, um letztlich ohne Fehl und Makel da zu stehen.

Der barmherzige Vater, Quelle: www.pixabay.com

Wer das anerkennt, der bejaht auch die eigene Erlösungsbedürftigkeit.
Und wenn wir das erkannt haben, dann bekommt auch das Wort aus der heutigen Lesung für uns eine tröstliche, erbaulich und motivierende Dimension, die uns nach vorne schauen und uns nicht voller Skepsis zurück lässt:

„Denn durch ein einziges Opfer hat er die, die geheiligt werden, für immer zur Vollendung geführt. Wo also die Sünden vergeben sind, da gibt es kein Opfer für die Sünden mehr.“ (Hebr. 10,18)

Ich wünsche uns, dass uns dieses Vertrauen in Christus immer wieder ergreift, dass ER ein für alle Mal für uns und für unsere Sünden gestorben und auferstanden ist.