Franziskus: Hat er, oder hat er nicht?!

Ja, er hat nicht …!

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Kommentar zum päpstlichen Lehrschreiben von Papst Franziskus I. zur Amazonas-Synode

Hat Papst Franziskus in seinem Lehrschreiben etwas zur Priesterweihe von verheirateten Männern oder etwas zur Frauenordination gesagt.
Ich meine: Ja, er hat nicht!

Was sich etwas widersprüchlich anhört, möchte ich hier kommentieren:

Ja, Papst Franziskus hat sich in seinem Lehrschreiben anlässlich der Amazonas-Synode nicht abschließend zu der Frage der Frauenordination oder zur Weihe von verheirateten Männern zum Priester geäußert. Er macht lediglich deutlich, dass den Frauen in der Kirche und ihre größere Beteiligung nicht allein damit sichergestellt werden könne, wenn sie zu den heiligen Weihen zugelassen würden. (vgl. https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2020-02/exhortation-querida-amazonia-papst-franziskus-synode-wortlaut.html , 100)

Was ist davon zu halten?



Für manche ist das enttäuschend.
Andere wiederum sind sehr zufrieden, dass der Papst sich nicht dazu geäußert hat.

Was bedeutet das jetzt aber?

Erst einmal heißt das, dass der Papst nach diesem Schreiben die Frage nach dem Diakonat der Frau und der Weihe von verheirateten Männern zu Priestern offen gelassen hat.

Päpstlicher Maukorb nicht bestätigt

Es bedeutet aber auch, das Papst Franziskus das sogenannte ‚Basta‘ von Papst Johannes Paul II. nicht wiederholt und somit ausdrücklich nicht bekräftigt hat.

Damit hat Franziskus sich weise verhalten; er respektiert, dass man freien Menschen in einer freien Welt nicht das Denken und das Diskutieren verbieten kann.
Das damalige ‚Basta‘ von Johannes Paul II., der die Diskussion für beendet ansah, war eine – in meinen Augen – realitätsferne Äußerung.

Franziskus hat in dieser Hinsicht einen realistischeren Blick auf die Gegebenheiten in der heutigen Zeit.
Insofern ist das Verhalten Franziskus in meinen Augen nur klug!

In einem Interview mit Vatikan-News nach der Vorstellung dieses päpstlichen Schreibens erklärt Kardinal Michael Czerny:

„…Franziskus ist dem treugeblieben, was er vor der Synode gesagt hatte. Die Möglichkeit, verheiratete Männer zu ordinieren, kann von der Kirche durchaus diskutiert werden – und es gibt sie auch längst, zum Beispiel in den katholischen Ostkirchen. Diese Diskussion wird seit vielen Jahrhunderten geführt, und die Synode hat sich freimütig dazu geäußert: nicht isoliert, sondern im gesamten Kontext von Eucharistie und Amt in der Kirche….“
Quelle: https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2020-02/exhortation-amazonas-synode-papst-kardinal-czerny-franziskus.html

Die Diskussionen müssen und dürfen weitergehen…

Ich finde, dass dies ein ganz wichtiger Aspekt in den aktuellen Diskussionen ist.
Denn viele Bischöfe in Amazonien aber auch weltweit haben eigene Diskussionsbeiträge zu diesen Themen geleistet.
In vielen dieser Beiträge wird die Frage behandelt, ob der sogenannte Pflichtzölibat noch zeitgemäß sei?
Es sind zugleich weltweit viele Bischöfe, die der Frage nach der Gleichberechtigung in der Kirche einen hohen Stellenwert einräumen.

Die offene Haltung Papst Franziskus in diesen Fragen zeig mir, dass er ganz bewusst diese Diskussionen in der römisch-katholischen Kirche weitergeführt wissen will.

Und das ist mir eigentlich auch das Wichtigste, was ich für unsere derzeitige Diskussion innerhalb der römisch-katholischen Kirche in Deutschland und ihrem „Synodalen Weg“ mitnehme:

Die Diskussionen um eine Veränderung des priesterlichen Dienstes, die Zuordnung von Weiheämtern zu anderen Ämtern und Diensten in der Kirche, die Überdenkung des Zusammenhangs von Weihe und Macht in der Kirche sowie die Frage nach der Gerechtigkeit, die auch immer eine Frage nach der Geschlechtergerechtigkeit in der römischen-katholischen Kirche ist, ist noch lange nicht zu Ende – auch wenn das manche gerne hätten!
Sie hat vielmehr durch das Schreiben von Papst Franziskus einen weiteren Impuls bekommen.

Und das ist auch gut so!

Weiter Informationsquellen zu diesem Thema:

Kardina Reinhard Marx bei der Vorstellung des Lehrschreibens: https://dbk.de/nc/presse/aktuelles/meldung/vorstellung-des-nachsynodalen-apostolischen-schreibens-querida-amazonia-von-papst-franziskus-durch-d/detail/

Die offizielle deutsche Übersetzung des Lehrschreibens auf der Seite von Vatikan-News: https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2020-02/exhortation-querida-amazonia-papst-franziskus-synode-wortlaut.html




Maria 1.0 – Der Kampf gegen den synodalen Weg deutscher Bischöfe

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Was sich eigentlich liest wie eine Intiative für die Muttergottes Maria, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine Aktion gegen die deutschen Bischöfe und gegen das Zentralkommitee der deutschen Katholiken, die einen synodalen Weg gehen wollen.

In diversen Verlautbarungen dieser Initiative wird dies deutlich.



In der Pressenotiz mit dem Titel: „DIE RICHTIGEN SCHLUSSFOLGERUNGEN ZIEHEN!“ schreibt die Kampagne:

„…Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat zwar die Zeichen der Zeit erkannt, zieht jedoch aus Sicht von Maria 1.0 die falschen Schlussfolgerungen….“

„…Wer die Kirche verlässt, weil sie nicht dem Zeitgeist entspricht, zeigt damit nur, dass er keinen Glauben mehr hat….“

„… Ebenso fragt sich Maria 1.0, wieso der synodale Weg (…) noch unter diesem falschen Blickwinkel beschritten werden soll. (…) Das ist Grund genug, den synodalen Weg so nicht zu beschreiten. …“

Quelle: https://mariaeinspunktnull.de/docs/pressemitteilung01.pdf

Im vermeintlichen Besitz der Wahrheit

Religiöser Populismus

Die Kampagne ist also der Überzeugung, dass sie beurteilen könne, was die richtigen Schlußfolgerungen seien.
Damit reiht diese Aktion sich ein in die Reihe der Zeitgenossen, die die Wahrheit auf ihrer Seite wähnen.

Doch eine solche Haltung ist problematisch.
So hat der Freiburger Theologe Magnus Striet davor gewarnt, die Rede vom „wahren Glauben“ als Unterscheidungsmerkmal zwischen Gläubigen zu missbrauchen.
Er sieht in den Begrifflichkeiten wie „wahrer Glaube“ und „Neuevangelisierung“ großes populistisches Potential dieser religiösen Begriffe.
Quelle: https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/theologe-striet-rede-vom-wahren-glauben-nicht-missbrauchen

Maria 1.0 lässt dabei völlig außer Acht, dass synodale Prozesse regulärer Bestandteil der Suche nach Antworten innerhalb der katholischen Kirche sind.
Ob Bischofssynoden, Diözesansynoden oder die Konzilien (die auch ihrem Wesen nach Synoden sind) – sie waren schon immer Wege, aktuelle Fragen zu erörtern und Antworten zu finden.

Die römisch-katholische Kirche hat dabei immer die Hoffnung und den Glauben verbunden, dass in solchen Synoden auch der Heilige Geist wirke.
Deshalb kommt dem Gebet um die Gaben des Heiligen Geistes hier ein so großer Stellenwert zu.

Und in einer weiteren Pressenotiz von Maria 1.0 vom 14. August 2019 heißt es:

„…Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gehen anscheinend unverändert den Synodalen Weg an (…).In wenigen Wochen steht die Herbst-Vollversammlung der DBK an. Dort wird es auch einen Zwischenbericht zum Synodalen Weg geben, der die Kirche aus der bestehenden Krise führen soll. Dieser wird ein entscheidender Wegweiser für die katholische Kirche in Deutschland sein. Die bisherigen Verlautbarungen der DBK und des ZdK geben allerdings Anlass zur Sorge…“

Und dann zitiert die Kampagne einen Auszug aus dem Schreiben Papst Franziskus‘:
„Ich erinnere daran, […] dass nämlich eine der ersten und größten Versuchungen im kirchlichen Bereich darin bestehe zu glauben, dass die Lösungen der derzeitigen und zukünftigen Probleme ausschließlich auf dem Wege der Reform von Strukturen, Organisationen und Verwaltung zu erreichen sei, dass diese aber schlussendlich in keiner Weise die vitalen Punkte berühren, die eigentlich der Aufmerksamkeit bedürfe…“

Quelle: https://mariaeinspunktnull.de/docs/pressemitteilung02.pdf

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Doch es wird ein nachfolgender und ganz wesentlicher Passus eben nicht von ihnen erwähnt, in dem es heißt:
„(3) Um dieser Situation zu begegnen, haben Eure Bischöfe einen synodalen Weg vorgeschlagen. Was dieser konkret bedeutet und wie er sich entwickelt, wird sicherlich noch tiefer in Betracht gezogen werden müssen. Meinerseits habe ich meine Betrachtungen zum Thema Synodalität anlässlich der Feier des 50-jährigen Bestehens der Bischofssynode dargelegt. Es handelt sich im Kern um einen ’synodos‘, einen gemeinsamen Weg unter der Führung des Heiligen Geistes. Das aber bedeutet, sich gemeinsam auf den Weg zu begeben mit der ganzen Kirche unter dem Licht des Heiligen Geistes, unter seiner Führung und seinem Aufrütteln, um das Hinhören zu lernen und den immer neuen Horizont zu erkennen, den er uns schenken möchte. Denn die Synodalität setzt die Einwirkung des Heiligen Geistes voraus und bedarf ihrer. …

(5)… Ohne diese Dimension der göttlichen Tugenden laufen wir Gefahr, in den verschiedenen Erneuerungsbestrebungen das zu wiederholen, was heute die kirchliche Gemeinschaft daran hindert, die barmherzige Liebe Gottes zu verkündigen. Die Art und Weise der Annahme der derzeitigen Situation wird bestimmend sein für die Früchte, die sich daraus entwickeln werden. Darum appelliere ich, dass dies im Ton der göttlichen Tugenden geschehen soll. Das Evangelium der Gnade mit der Heimsuchung des Heiligen Geistes sei das Licht und der Führer, damit Ihr Euch diesen Herausforderungen stellen könnt. Sooft eine kirchliche Gemeinschaft versucht hat, alleine aus ihren Problemen herauszukommen, und lediglich auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und die eigene Intelligenz vertraute, endete das darin, die Übel, die man überwinden wollte, noch zu vermehren und aufrechtzuerhalten….“
Quelle: https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2019/2019-108a-Brief-Papst-Franziskus-an-das-pilgernde-Volk-Gottes-in-Deutschland-29.06.2019.pdf

Hier erinnert der Papst daran, was allen synodalen Prozessen wesentlich ist: sich dabei immer des Wirkens des Heiligen Geistes rückzuversichern und nicht zu meinen, aus eigener Kraft Antworten und Lösungen finden zu wollen oder zu können.

Es geht dem Papst nicht darum, den synodalen Weg in der katholischen Kirche in Deutschland in irgendeiner Weise zu unterbinden oder einzuschränken. Genau das Gegenteil ist der Fall!
Nur: der Papst erinnert – zu Recht – an die geistliche Haltung, die diesem synodalen Weg wesentlich sein muss.

Ich habe überhaupt nicht den Eindruck, dass sowohl die deutschen Bischöfe, die diesen synodalen Weg gehen wollen als auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken diesen Gedanken des Papst widersprechen. Ich habe sogar den Eindruck, dass sie ihnen ausdrücklich zustimmen.

So erklärte zum Beispiel der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Kard. Marx am 29.6.2019:
„… Der Brief von Papst Franziskus an das ‚pilgernde Volk Gottes in Deutschland‘ ist ein Zeichen der Wertschätzung des kirchlichen Lebens in unserem Land und aller katholischen Gläubigen. Wir danken dem Heiligen Vater für seine orientierenden und ermutigenden Worte und sehen uns als Bischöfe und Laienvertreter eingeladen, den angestoßenen Prozess in diesem Sinn weiter zu gehen.

Papst Franziskus möchte die Kirche in Deutschland in ihrer Suche nach Antworten auf die uns alle bewegenden Fragen für eine zukunftsfähige Gestalt der Kirche unterstützen. Wir werden diesen Brief zur Orientierung unseres gemeinsamen Handelns aufgreifen und ihn auf dem Synodalen Weg intensiv bedenken….“

Quelle: https://dbk.de/presse/aktuelles/meldung/papst-franziskus-schreibt-brief-an-das-pilgernde-volk-gottes-in-deutschland/detail/

Wenn ich so recht bedenke, was die Kampagne Maria 1.0 zu dem synodalen Weg in der deutschen katholischen Kirche verlauten lässt, komme ich immer mehr zu der Überzeugung, dass diese Initiative grundsätzlich gegen diesen synodalen Weg deutscher Bischöfe ist und versucht, diesen mit Statements, die verwirren sollen, zu unterminieren!