Versöhnung mit dem Kreuz

Impuls zum „Fest Kreuzerhöhung“ am 14.09.2025

Kreuz im Altarraum, Kapelle AMEOS-Klinikum St. Clemens, Oberhausen, Foto: Gerd A. Wittka, 13.09.2025

Wenn Sie von Ihrem Platz aus auf das Kreuz im Altarraum schauen, wirkt es freundlich: helles Holz, eine Bronzefigur, ästhetisch und eher neutral.
Es zeigt keinen Leib voller Schmerzen und Wunden, wie beim Isenheimer Altar von Matthias Grünewald.
Es zeigt auch keinen triumphalen Christus als König, wie wir ihn aus der Romanik kennen.

Aber was ist eigentlich das Kreuz, das uns so vertraut ist?
Es bleibt eine brutale Hinrichtungsform: die Kreuzigung.

Müsste uns das nicht eigentlich abstoßen oder Angst machen?
Für die meisten von uns ist das nicht so. Wir haben uns daran gewöhnt. Für uns ist das Kreuz vor allem ein christliches Zeichen – und dadurch ist es für uns „entschärft“.

Trotzdem hören wir in den Gebeten oft von „Kreuzigungsopfer“ oder „Opfertod Christi“.
Und es kommen Fragen auf:

• Warum musste Jesus von Nazareth so grausam sterben, um uns zu retten?
• Wenn Gott allmächtig ist, hätte er uns nicht auch anders erlösen können?
• Braucht Gott wirklich Opfer, um uns zu vergeben, obwohl er den Menschen doch liebt?

Das bleibt schwer zu verstehen.

Die Lesung von heute kann helfen, ein besseres Verständnis zu bekommen, was unser Glaube ist:

„Jesus Christus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.“ (Phil 2,6)

In einfacheren Worten:
Jesus war von Natur aus Gott gleich.

Dieses Bekenntnis ist wichtig!
Schon die frühe Kirche hat darum gerungen, ob Jesus wirklich „wesensgleich“ mit Gott ist.

Wenn wir das glauben, können wir verstehen, dass Gott selbst in Jesus Christus den Kreuzestod erlitten hat, um Versöhnung zu schenken.

Was steckt dahinter?

Die Beziehung zwischen Gott und den Menschen war von Seiten der Menschen so gestört und zerbrochen, dass Gott selber handeln musste.
Und er wollte den Menschen nicht mit irgendwelchen Maßnahmen zur Gemeinschaft mit ihm zwingen.
Unsere Freiheit und Würde sollten bleiben!
Aber gleichzeitig ist es Gott wichtig, dass der Mensch in einer lebendigen und liebenden Beziehung mit Gott bleibt.
Wie konnte das also geschehen, ohne uns zu zwingen?

Der ‚Trick‘:
Gott selber also musste Mensch werden, um diese Beziehung wiederherzustellen.
Und es musste ein Mensch sein, der diese Beziehung für alle Menschen retten konnte, für alle Zeit, für früher, für heute, für die Zukunft…

Das war nur möglich, indem GOTT ganz Mensch wurde – ein Mensch, der zugleich durch seine göttliche Natur ohne Sünde war.
Dieser Mensch war Jesus von Nazareth, unser Christus.

Jesus Christus, „eines Wesens mit dem Vater“ (wie es im Großen Glaubensbekenntnis heißt), ging konsequent und unverbrüchlich den Weg mit Gott, bis in den Tod.
Gott hat also nicht irgendeinen Menschen am Kreuz leiden lassen.
Er selbst ging in Jesus Christus in den Tod.

Damit wir uns mit diesem grausamen Tod versöhnen können, dürfen wir glauben: Gott ging es nicht in erster Linie um die Art und Weise dieses Todes, sondern um das, was er bewirkte.

Es musst jemand sein, der Gott so innig verbunden ist, dass nichts und niemand ihn davon abbringt, ihn von Gott zu trennen, nicht einmal die Sünde.

Er musste der sein, der im Johannes-Evangelium von sich sagt:
„Glaubst du (Anm. von mir: „Philippus“) nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch sage, habe ich nicht aus mir selbst. Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke. Glaubt mir doch, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist; wenn nicht, dann glaubt aufgrund eben dieser Werke!“ (Joh 14,10f.)

Und im Johannes-Evangelium, Kapitel 14, Vers 19 wird dieser Zusammenhang noch mal bekräftigt und betont, dass wir einst in diese göttliche Einheit einbezogen sein werden:
„Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch….“

Durch Jesus gab es also DEN Menschen, der selbst keine Erlösung brauchte, weil er ohne Schuld war, der aber für uns und ein für alle Mal die nie mehr endende Versöhnung mit Gott brachte.

Der, der für uns am Kreuz starb, ist wirklich Mensch, Jesus von Nazareth – und zugleich Gott selbst.
Gott selbst hat sich selbst und persönlich eingebracht, um die Beziehung Gottes mit uns Menschen unauflöslich zu sichern, damit die Beziehung zwischen ihm und uns nie mehr zerbricht.
Insofern können wir von einem ‚Opfer‘ sprechen.

Seitdem muss kein Mensch mehr ein solches ‚Opfer‘ für sich oder andere erbringen!

Was wir Menschen seit Christus brauchen, ist allein der Glaube daran, dass wir durch Jesus von Nazareth und in Jesus Christus, ein für alle Mal mit Gott versöhnt sind!
Das bestätigt auch Paulus in seinem Epheserbrief wenn er dort schreibt:
„…Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft – Gott hat es geschenkt -,nicht aus Werken, damit keiner sich rühmen kann….“ (Epheser 2,8f)

Wir brauchen seitdem nur noch den Mut, unsere Schuld einzugestehen. Wenn wir Gott um Vergebung bitten, schenkt er sie uns.
Kein Opfer der Welt ist dafür mehr nötig! Das ist doch so unfassbar großartig!

‚Corpus Christi‘ in der Kirche St. Johannes Bapt. in Hattingen-Blankenstein. Foto: © Gerd A. Wittka, 2025

Hilft uns dieser Gedanke, uns dem Kreuz anzunähern?
Hilft es uns zu glauben, dass Jesus nicht im Tod bleiben konnte, weil er Gott ist und dass auch wir als Mensch Anteil an seiner Auferstehung haben?
Denn Gott liebt uns so sehr, dass er uns auf immer und ewig bei sich haben will – in diesem und im ewigen Leben!


Kreuzerhöhung

Nicht: das Kreuz überhöhen.
Denn Kreuze, überhöht,
haben schon Menschen zerdrückt,
sie unter Lasten begraben,
sie zu Boden geworfen,
ohne Hoffnung, je wieder aufzustehen.

Unter solchen Kreuzen
versinkt der Leidende,
verstummt das Leid,
das uns doch täglich begegnet,
uns anrührt, uns nicht loslässt.

Kreuzerhöhung –
das Kreuz erheben,
damit es sichtbar wird:
das Kreuz Christi,
das Kreuz ungezählter Menschen,
auch heute, mitten unter uns.

Das Kreuz erhöhen heißt,
das Leid nicht zu verschweigen,
es nicht aus der Welt zu reden,
sondern ihm standzuhalten,
den Blick auf es zu wagen,
auf unser eigenes Leid,
getragen, erlitten,
noch kommend.

Vor dem erhöhten Kreuz
brauchen wir nicht zu kriechen.
Es lädt uns ein, uns zu erheben,
aufrecht zu stehen –
zu unserem Leid,
zu den Leiden dieser Zeit,
zu einer Welt, die befreit werden will,
die Erlösung ersehnt.

Das Kreuz, hoch erhoben,
weist uns den Weg:
durch das Leid hindurch,
hin zum Leben.

© Gerd A. Wittka, 07.09.2025




Kirche: anschlussfähig bleiben

Auf dem „Tag der pastoralen Dienste“ unseres Bistums am vergangenen Donnerstag, haben sich Seelsorgende der verschiedenen Berufsgruppen getroffen, um über die Herausforderungen der Seelsorge in dieser Zeit zu diskutieren und zu beraten.
Der Referent dieses Tages, Herr Andreas Feige, prägte den Satz:

„Wir müssen anschlussfähig bleiben für die verschiedenen Gottesbilder und für verschiedene Sozialformen der Kirche!“

Mag. Theol. Andreas Feige, Freiburg

Diese Aussage verbindet sich gut zu den Lesungen des 6. Sonntag der Osterzeit, zu dem der nachfolgende Impuls ist:

Der Heilige Geist – Wegweiser in Zeiten des Wandels

Wir leben in einer Zeit, in der sich vieles verändert – in der Politik, in der Gesellschaft und auch in der Kirche.
Manche Dinge, die uns früher Sicherheit gegeben haben, verschwinden.
Gewohnheiten, an denen unser Herz hängt, geraten ins Wanken.

Neue Lebensweisen, viele Kulturen und unterschiedliche Meinungen prägen unsere Welt.
Das spüren wir auch in unseren Kirchengemeinden, im Glaubensleben – und vielleicht sogar in unserem eigenen Herzen.

Aber: Solche Zeiten des Wandels gab es immer schon.

Wenn wir in die Bibel schauen, sehen wir: Auch die ersten Christinnen und Christen standen vor großen Veränderungen.
Nach Jesu Auferstehung und Himmelfahrt mussten sich die jungen Gemeinden neu orientieren.
Sie hatten viele Fragen:

• Wer gehört zur Gemeinde?
• Können Menschen, die keine Juden sind, auch Christen werden?
• Müssen sie sich beschneiden lassen oder sich an jüdische Speisevorschriften halten?
• Was tun mit Menschen, die anders leben oder glauben?

Es ging also nicht nur um Regeln, sondern um die Frage: Wer sind wir als Kirche?
Und es gab damals heftige Meinungsverschiedenheiten.

Kommt uns das bekannt vor?

Auch wir heute haben schwierige Fragen:

• Dürfen Menschen, die nach einer Scheidung wieder geheiratet haben, zur Kommunion gehen?
• Wie gehen wir mit homosexuellen Menschen in der Kirche um?
• Dürfen gleichgeschlechtliche Paare gesegnet oder sogar kirchlich getraut werden?
• Können wir gemeinsam mit Christinnen und Christen anderer Konfessionen das Abendmahl feiern?
• Und: Können Frauen zu Diakoninnen geweiht werden?

Diese Fragen sind nicht leicht.
Sie betreffen unseren Glauben ganz direkt.
Und oft sind Ängste damit verbunden – die Angst, dass wir unsere Identität verlieren.
Die Angst, dass der Glaube verwässert wird.
Oder dass wir mit unseren Traditionen brechen.

Und trotzdem:
Jede Zeit hat ihre Fragen.
Jede Gemeinde hat ihre Herausforderungen.
Immer wieder geht es darum, diese Fragen im Licht des Evangeliums zu betrachten – und im Vertrauen auf den Heiligen Geist.

In der Apostelgeschichte (Kapitel 15) lesen wir von einem wichtigen Moment: dem sogenannten Apostelkonzil.
Die Gemeinde in Jerusalem überlegte, wie sie mit den vielen Nichtjuden umgehen sollte, die Christen wurden.

Am Ende sagten sie:
„Der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch nur wenige Dinge aufzuerlegen: Ihr sollt kein Götzenfleisch essen, kein Blut, nichts Ersticktes und keine Unzucht treiben.“ (Apg 15,28)

Man könnte sagen: Die ersten Christinnen und Christen fanden einen Kompromiss.
Aber nicht aus Angst, sondern aus Vertrauen.
Sie vertrauten darauf, dass Gott durch seinen Geist wirkt – nicht durch äußere Regeln.
Sie schlossen niemanden aus. Sie öffneten die Tür.

Auch nach dieser ersten Einigung blieb es nicht friedlich: In Antiochia gerieten Paulus und Petrus in Streit, weil Petrus sich aus Angst vor streng gesetzestreuen Juden-Christen plötzlich von der Mahlgemeinschaft mit Heiden-Christen zurückzog. Paulus kritisierte dieses Verhalten im Galaterbrief als unehrlich, da für ihn alle Christen gleich waren – unabhängig von ihrer religiösen Herkunft.

Es ging wieder in erster Linie nicht nur ums Essen – sondern um die Frage:
Wie weit reicht unser Glaube?
Trauen wir Gott zu, dass er größer ist als unsere Grenzen?

Petrus musste erst mühsam lernen, was Gott ihm in einer Vision zeigte, die im 11. Kapitel der Apostelgeschichte berichtet wird:
„Was Gott für rein erklärt hat, das nenne du nicht unrein.“ (Apg 11,9)

All das zeigt uns:
Die Kirche ist kein festes, unbewegliches Gebäude.
Sie ist etwas Lebendiges.

Menschen diskutieren, machen Fehler, kehren um, lernen dazu.
Und mitten in allem ist der Heilige Geist – damals wie heute.

Jesus hat uns diesen Geist versprochen.
Er sagte:
„Der Heilige Geist wird euch lehren und euch erinnern an alles, was ich euch gesagt habe.“ (Joh 14,26)
Und:
„Meinen Frieden gebe ich euch – nicht wie die Welt ihn gibt.“ (Joh 14,27)

Dieser Friede ist kein Zustand, in dem alles ruhig ist.
Sondern ein Weg – ein Weg des Zuhörens, des Miteinanders, des Vertrauens.

Frieden wächst nicht durch Verbote oder Machtworte.
Frieden entsteht, wenn der Heilige Geist unsere Herzen bewegt – und unsere Gemeinden.

Darum:
Bleiben wir offen für diesen Geist.
Stellen wir unsere Fragen.
Hören wir einander zu.
Gehen wir miteinander.

Nicht alles müssen wir sofort lösen.
Aber wir können losgehen.
Im Vertrauen auf Gott.
Gemeinsam.




Widerstandskämpfer

schrieben offenen Brief an Donald Trump

Bild von Franz P. Sauerteig auf Pixabay

Lech Wałęsa und Gefährten wenden sich in einem offenen Brief an den Präsidenten der USA und fordern eine Kurskorrektur gegenüber der Ukraine.

Der offene Brief wurde in der deutschen Übersetzung bei facebook veröffentlicht.

Darin heißt es unter anderem :

Sehr geehrter Herr Präsident,
Mit Entsetzen und Missfallen haben wir Ihre Unterredung mit dem Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, verfolgt. Ihre Erwartungen hinsichtlich der Zurschaustellung von Respekt und Dankbarkeit für die materielle Unterstützung, die die Vereinigten Staaten der gegen Russland kämpfenden Ukraine gewähren, empfinden wir als beleidigend. Dank gebührt den heldenhaften ukrainischen Soldaten, die ihr Blut für die Werte der freien Welt vergießen. Seit über 11 Jahren sterben sie an der Front im Namen dieser Werte und für die Unabhängigkeit ihres von Putins Russland angegriffenen Vaterlandes.
Wir können nicht nachvollziehen, wie der Führer eines Landes, das als Symbol der freien Welt gilt, dies nicht erkennen kann.
Besorgt hat uns auch die Atmosphäre im Oval Office während dieses Gesprächs, die uns stark an jene erinnert hat, die wir von Verhören durch den Sicherheitsdienst und aus Gerichtssälen kommunistischer Regime nur allzu gut kennen. Staatsanwälte und Richter, die im Auftrag der allmächtigen politischen Geheimpolizei handelten, erklärten uns ebenfalls, dass sie alle Karten in der Hand hielten, während wir keine hätten. Sie forderten von uns, unsere Aktivitäten einzustellen, mit der Begründung, dass ihretwegen Tausende unschuldige Menschen leiden würden. Sie entzogen uns unsere Freiheit und unsere Bürgerrechte, weil wir uns weigerten, mit der Regierung zu kooperieren oder ihr Dankbarkeit zu zeigen. Wir sind schockiert darüber, dass Sie, Herr Präsident, Präsident Wolodymyr Selenskyj auf ähnliche Weise behandelt haben.
(…)
Unterzeichner:
Lech Wałęsa, ehem. politischer Gefangener, Führer der Solidarność, Präsident der Dritten Republik Polen
Marek Beylin, ehem. politischer Gefangener, Redakteur unabhängiger Verlage
Seweryn Blumsztajn, ehem. politischer Gefangener, Mitglied des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter
Teresa Bogucka, ehem. politische Gefangene, Aktivistin der demokratischen Opposition und der Solidarność
Grzegorz Boguta, ehem. politischer Gefangener, Aktivist der demokratischen Opposition, unabhängiger Verleger
Marek Borowik, ehem. politischer Gefangener, unabhängiger Verleger
Bogdan Borusewicz, ehem. politischer Gefangener, Führer der Untergrund-Solidarność in Danzig
Zbigniew Bujak, ehem. politischer Gefangener, Führer der Untergrund-Solidarność in Warschau
…“

und viele andere




Leben …

… im Bewusstsein des Kreuzes

Bild von Albrecht Fietz auf Pixabay

Impuls zur Lesung am 6. Sonntag im Jahreskreis – C – 2025: 1 Kor 15, 12.16-20

Ich erinnere mich, dass ich vor ein paar Monaten in einem kurzen Impuls gesagt habe, dass der Sinn unseres christlichen Glaubens nicht nur darin liegt, was nach dem Tod passiert, sondern auch, wie wir unsere Welt heute gestalten.

Für Christen darf die Frage nach dem Lebenssinn nicht nur darauf abzielen, was im Jenseits kommt.

Wir leben in dieser Welt und stehen täglich vor ihren Herausforderungen.
Nur so können Werte wie Nächstenliebe, Frieden, Gerechtigkeit, Solidarität und der Schutz der Schöpfung hier auf der Erde wirklich Bedeutung erlangen.
Heute weist Paulus in seiner Lesung genau auf einen anderen wichtigen Aspekt hin.

Er sagt:
„Glauben wir nicht an die Auferstehung und werden Tote nicht auferweckt, dann ist auch nicht Christus auferweckt worden. Ist Christus aber nicht auferweckt worden, dann ist (der christliche) Glaube nutzlos.“

Damit meint Paulus:
Wenn alles, was wir als Christen tun, nur für unser irdisches Leben wichtig wäre, bräuchten wir uns nicht als Christen zu bezeichnen.
Dann wäre unser Glaube nur eine Form von Humanismus, der sich nur um das Menschliche in unserer Zeit kümmert und dabei seine tiefere Bedeutung verliert.

Ich freue mich über diese klaren Worte von Paulus.
Sie zeigen mir, dass wer sein Leben nach christlichen Werten ausrichten will, dies in der Spannung des Kreuzes tun muss.

Das will ich kurz erklären:

Man kann das Leben in der Spannung des Kreuzes so verstehen:

• Die waagerechte Seite steht für die Zeit – also Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Das bedeutet, dass wir unser Leben bewusst im Lauf der Zeit gestalten und dies durch die Werte Nächstenliebe, Frieden, Gerechtigkeit, Solidarität und der Schutz der Schöpfung, …

• Die senkrechte Seite symbolisiert, dass unser Leben nicht nur auf das Irdische beschränkt ist, sondern auch den Blick in den Himmel und auf die Ewigkeit richtet.

Zusammen zeigen beide Seiten, dass christliches Leben heißt:
bewusst in unserer Zeit zu handeln
und gleichzeitig an das zu glauben,
was über unser irdisches Leben hinausgeht.




Warum wählen ….?

Im Gespräch …

… mit anderen bekomme ich immer wieder zu hören, dass sie ‚dieses Mal‘ doch ziemlich unsicher sind, welcher Partei sie ihre Stimme geben sollen.
Solche Sätze habe ich aber auch schon zu den anderen Wahlterminen immer wieder zu hören bekommen.
Aber vielleicht ist das ein gutes Zeichen, wenn Menschen ehrlich solche Worte sagen; zeigen sie mir doch, dass sie sich auch wirklich mit der Frage beschäftigen, welche Partei es Wert ist, ihre Stimme zu bekommen.

Was will ich und was nicht?

Wenn ich meine Stimme vielleicht nicht eindeutig einer Partei geben möchte, weil es immer auch noch Unsicherheiten gibt, ob (m)eine Stimme dort am besten ‚angelegt‘ ist, gibt es auch noch die Möglichkeit, sich zu fragen, was ich auf keinen Fall möchte!

Bei mir jedenfalls ist die Sache klar!
Ich wähle auch deshalb, weil ich nicht möchte, dass eine bestimmte politische Richtung die Oberhand in meinem Land bekommt.

Ich wähle, weil ich weiß, was ich NICHT WILL!

Es gibt keine Partei, die wirklich alle politischen Fragen so beantwortet, wie ich sie gerne beantwortet haben möchte.
Deshalb ist es mir wichtig, nach der Partei zu fragen, mit der ich möglichst die meisten inhaltlichen Übereinstimmungen habe.
Genau so wichtig ist, mir aber auch, zu wissen, mit welcher Partei ich die wenigsten politischen Übereinstimmungen habe oder die ich Grund weg ablehne, weil sie meinen Grundwerten und Idealen fundamental diametral entgegen stehen.

Ich gehe also deshalb wählen, um zu verhindern, dass solche politischen Kräfte stark werden, von denen ich niemals wünsche, dass sie jemals politische Regierungsmacht übertragen bekommen!

Nicht wählen gehen?

Nicht wählen zu gehen ist keine gute Option.
Ja, ich weiß, dass manche meinen, dass ihre einzelne Stimme doch nichts bewirken kann.
Doch das stimmt nicht!

In Deutschland haben wir ein Verhältniswahlrecht.
Das Verhältniswahlrecht ist ein Wahlsystem, bei dem die Sitze in einem Parlament entsprechend dem Stimmenanteil der Parteien verteilt werden.

Das bedeutet:

  • Wenn eine Partei 40 % der Stimmen bekommt, erhält sie ungefähr 40 % der Sitze im Parlament.
  • So haben auch kleinere Parteien eine Chance, ins Parlament zu kommen, wenn sie eine bestimmte Mindestgrenze (z. B. 5 %-Hürde in Deutschland) überschreiten.

Für jede einzelne nicht abgegebene Stimme bedeutet dies zugleich, dass die abgegebenen Stimmen mehr Gewicht haben.

Ein Beispiel:

Es gibt drei Parteien, die zur Wahl antreten; nennen wir sie „Partei A“, „Partei B“ und „Partei C“.

Von drei wahlberechtigten Personen geht nur eine Person wählen und sie wählt die „Partei A“.
Hier hat dann die Partei A 100% der abgegebenen Stimmen erhalten.

Gehen von den drei wahlberechtigten Personen zwei Personen wählen und wählt die eine Person die „Partei A“ und die andere Person die „Partei C“, dann sieht das Ergebnis wie folgt aus:
Partei A: 50%
Partei B: 0%
Partei C: 50%

Gehen von den drei wahlberechtigten Personen alle drei Personen wählen und wählt die erste Person die „Partei A“, die zweite Person die „Partei C“ und die dritte Person die „Partei B“, dann sieht das Ergebnis so aus:
Partei A: 33%
Partei B: 33%
Partei C: 33%

Wenn nun jene beiden die die Parteien B oder C gewählt haben, partout nicht wollen, dass die „Partei A“ an die Macht kommt, dann haben durch diese Wahl schon die Parteien B und C eine Mehrheit, um eine Koalition zu bilden und die Partei A nicht an die Macht kommen zu lassen.

Allein dieses kleine mathematische Beispiel zeigt, wie wichtig jede einzelne Stimme sein kann.

Wenn ich mir dessen bewusst bin, dann kann ich wählen gehen, auch wenn ich nicht mit allen Inhalten einer Partei übereinstimme, aber weil ich weiß, dass ich eine bestimmte Partei nicht an der Macht haben will.

Deshalb gehe ich auch am 23.2. wählen!

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