Angenommen: Glauben!

Diese Worte aus dem Brief des Apostels Paulus lese ich heute, am 3.5.2025 in der Schriftlesung.
Die Worte bringen mich zum Nachdenken:

Habe ich das Evangelium angenommen?
Diese Frage lässt sich wohl kaum in wenigen Worten beantworten.

Als Säugling wurde ich getauft – eine Entscheidung, die nicht aus eigenem Willen getroffen wurde.
Durch das Elternhaus und die Familie, durch den Kindergarten, den Religionsunterricht, kirchliche Gruppenstunden und die regelmäßige Teilnahme an Gottesdiensten wuchs ich nach und nach in die Kirche und ins kirchliche Leben hinein.
Mit der Zeit habe ich zweifellos die Frohe Botschaft angenommen, doch dieser Prozess war und ist ein dynamisches Geschehen, das bis heute fortdauert.
Nun, im Alter von zweiundsechzig Jahren, blicke ich auf eine Lebensgeschichte zurück, die untrennbar mit meiner Entscheidung für den christlichen Glauben verbunden ist.
Viele Menschen haben an dieser Geschichte teilgehabt und sie geprägt – und tun es noch immer.

Heute befinde ich mich an einem Punkt meiner religiösen Biographie, an dem ich mehr als früher bereit und mutig bin, mir die Frage zu stellen, ob ich mich heute eventuell anders entscheiden würde?

Würde ich eine andere Religion wählen wollen? –
Die Auswahl ist schließlich vielfältig.
Oder würde ich mich für keine Religion entscheiden?

Fundament – Bild von Hans Toom auf Pixabay

Was könnte oder würde dann die Grundlage sein, auf dem ich meine Ansichten, Werte und Hoffnungen gründe und mein Leben aufbaue?

Für Paulus ist klar, dass die Annahme des Evangeliums etwas buchstäblich ‚Fundamentales‘ ist.
„Es ist der Grund, auf dem ihr steht!“ – schreibt er.

Für ihn ist christlicher Glaube also nicht nur etwas theoretisches,
nicht eine reine Geistes-Wissen-schaft,
sondern eine Lebens-Gestaltung(s)-Kraft!

Und in diesem letzten Sinne habe ich im Laufe meines Lebens diesen Glauben zunehmend verstanden und angenommen.

Ja, das Nachdenken über die theoretischen Aspekte des Glaubens und die Fragen rund um die christliche Lehre finde ich oft unglaublich faszinierend und spannend.
Doch die tiefste innere und spirituelle Erfüllung erfahre ich, wenn mir klar wird, wie konkret der christliche Glaube mein alltägliches Leben beeinflusst: wenn er mir zum Beispiel dabei hilft, Antworten darauf zu finden, wie ich mich in den unterschiedlichsten Situationen verhalten möchte.
Auch wenn meine Gedanken, Worte und Taten manchmal von dem abweichen, was ich eigentlich aus meinem Glauben heraus hätte tun wollen, schenkt mir diese Auseinandersetzung Klarheit und Orientierung.

Mein christlicher Glaube ist wie eine Brille, durch die ich mein Leben betrachte – und plötzlich ergibt alles einen Sinn!
Aber keine Sorge, beim christlichen Glauben ist es nicht wie bei einer To-Do-Liste, wo ich einzelne Punkte nur abhaken muss, um mein Glaubens-Zertifikat zu erhalten.
Er ist eher wie ein Navi, der mich durch das Chaos des Lebens navigiert, ohne dabei ständig zu piepen, wenn ich mal falsch abbiege – und allmählich führt es mich weiter auf meinem Weg … zum Ziel!

Insofern kann ich Paulus nur zustimmen, wenn er das Bild vom Fundament bemüht, das der christliche Glaube uns bieten kann.

Aber mal ehrlich: heutzutage ist der christliche Glaube doch nur einer von vielen Attraktionen auf dem bunten Jahrmarkt der Sinnangebote!

Da steht er in einem knallharten Konkurrenzkampf mit anderen Religionen, Weltanschauungen und vielleicht sogar dem Yoga-Kurs um die Ecke.

Dazu kommen Ideologien, die sich in unserer Welt ausbreiten wie invasive Pflanzen – aber nicht die hübschen, die man gerne im Garten hat, sondern eher die Sorte, die einen kompletten Schrebergarten in ein Dschungchaos verwandelt!
Statt Frieden, Freiheit und Glück zu bringen, hinterlassen sie eine Schneise voller Hass, Zerstörung, Krieg, Unterdrückung und verbrannter Erde.
Und wofür das Ganze? – Um selbst Macht und Einfluss anzureichern zu ihrem alleinigen Vorteil!
Das erinnert stark an einen schlechten Filmplot, nur dass es hier kein Happy End gibt …!

Es wäre wirklich tragisch und dramatisch, wenn wir Menschen kein sinnstiftendes Fundament mehr hätten; wenn wir von Tag zu Tag leben und jedes Mal unser Denken, Entscheiden, Urteilen, Abwägen und Handeln neu erfinden müssten, ohne eine solide und integrierte Ethik, die uns trägt.
In solch einem Fall könnten wir unser Leben sprichwörtlich „auf Sand gebaut“ haben, und wenn die „Wassermassen heranrollen“, könnte alles, was wir uns mühsam aufgebaut haben, in sich zusammenfallen (vgl. Matthäus 7,24-27). Eine derartige Erfahrung möchte ich keinem Menschen wünschen.

Kommen wir aber auf meine Eingangsfrage zurück:

Würde ich mich heute anders entscheiden, wenn ich noch einmal vor die Wahl gestellt werden würde?
Oder würde ich meinen christlichen Glauben an den Nagel hängen und mich stattdessen einer anderen Religion, Philosophie oder Weltanschauung zuwenden?
Vielleicht wäre es ja spannend, sich den Jedi anzuschließen, stets mit der Macht zu hadern, oder als Stoiker stoisch auf ein Stück Schokolade zu verzichten. 😉

Erst einmal:
Im Grunde genommen könnte ich mir nicht vorstellen, ohne irgendeine Form von Religion, Weltanschauung oder Philosophie durchs Leben zu gehen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass all diese Ansätze – jede auf ihre ganz eigene Weise – den Menschen als Grundlage für die Gestaltung ihres Lebens dienen können, vorausgesetzt, sie orientieren sich am Wahren und Guten.

Konkret auf den christlichen Glauben bezogen:

Ich habe mich im Laufe meines Lebens immer wieder zum christlichen Glauben bekannt und auch heute hat diese Überzeugung nichts an Entschiedenheit eingebüßt.
Das heißt nicht, dass auch Anfragen und Zweifel meinen Glauben geprägt haben und sicherlich auch zukünftig immer wieder kommen werden.
Und es heißt auch nicht, dass es noch viele grundlegende Fragen für mich gibt, die noch keine hinreichende Antwort in meinem Leben gefunden haben.

Salvator Mundi in Rio de Janeiro, Bild von Armando Paiva Foto auf Pixabay

Wenn Jesus mir die Frage stellen würde, angesichts dessen, dass viele sich von ihm und seiner frohen Botschaft abwenden: „Willst auch du gehen?“, könnte ich immer noch wie Petrus antworten:

„Herr, zu wem sollte ich gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens!
Ich glaube und habe erkannt, dass du der Heilige bist, den Gott gesandt hat…“

(vgl. Joh 6, 68-69)

Dafür bin ich dankbar und hoffe, dass das auch in Zukunft so bleibt: Gott sei Dank!




Zu Christus führen …

Transformation, Umstrukturierung, Wandel …
alles Begriffe, die zur Zeit auch in den Kirchen große Aktualität genießen.
Doch bei all dem darf der Kern allen seelsorglichen Tuns nicht aus dem Blick geraten.



Manche Tagesordnung von Gremien in Pfarreien ähneln einer Vorstandssitzung von großen Unternehmen.
Da gibt es viele Punkte organisatorischer Art, die auf strukturelle Veränderungen in unserer Kirche und in unseren Pfarreien hinweisen.
Es wird viel diskutiert, vielleicht sogar gestritten. Manchmal ist die Stimmung echt mies. Frust setzt ein. Manche verlassen mitunter frustriert die Gremien oder werden lethargisch und gehen in die Passivität.
Und dann geht es oft auch ums Geld!

Meine Sorge ist, dass das Wesentliche, der Kern all unseres kirchlichen Lebens und auch die Frage, nach dem Wie und Warum unseres seelsorglichen Tuns dabei immer mehr in den Hintergrund rückt:

Seelsorge heißt, Menschen zu unterstützen, einen Weg zu Christus zu finden!

Im Neuen Testament gibt es unzählige Stellen, die uns einladen, auf die Worte Christi zu hören, uns von ihnen inspirieren zu lassen und sich ihm anzuschließen.

Bild: Gerd Wittka, 2024, mittels KI erstellt

„Kommt zu mir, die ihr mühselig und beladen seid“

durch solche und andere Worte lädt Christus uns immer wieder neu ein, seine Nähe zu suchen. Er möchte uns Freund sein. Er hat „Worte des ewigen Lebens“ für uns.

Wo findet sich diese Einladung Christi an uns Menschen in unserer Seelsorge wieder?!
Wo nehmen wir uns die Zeit, diese Frage ins Zentrum unserer seelsorglichen Überlegungen zu stellen?

Je älter ich werde und je bewusster ich die Veränderungen in unseren Gesellschaften wahrnehme, um so stärker habe ich den Eindruck, dass jene, die sich Christ:innen nennen, intensiver um ihre Christusfreundschaft bemühen müssen.

Als Seelsorgende, ob hautberuflich oder ehrenamtlich, kommt es uns zu, den Menschen Hilfen und Angebote zu machen, damit wir alle unsere Christusfreundschaft reaktivieren oder vertiefen können.




Ende

Impuls zu Matthäus 28, -16-20

Das ist das Ende ….

das ist das Ende des Matthäus-Evangeliums, was wir gerade gehört haben.



Einige Zeilen vorher wird berichtet, wie die Frauen, die zum Grab gehen, um den Leichnam Jesu zu salben, das Grab leer finden und davor ein Engel, der ihnen sagt, dass Jesus auferstanden sei.
Und dann gibt der Engel den Frauen eine Botschaft mit, die sie den Jüngern übermitteln sollen:
„…geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden und siehe, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen….“ (Mt 28,7)
Die Frauen machen sich auf den Heimweg, auf dem ihnen der auferstandene Christus erscheint, der ihnen noch einmal den Auftrag wiederholt, den der Engel ihnen zuvor mitgegeben hat: „… Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen….“ (Mt 28,10)

Eigentlich ist das schon alles, was Matthäus über die Auferstehung zu berichten weiß, und dass die Frauen tun, wie ihnen gesagt worden war.
Angekommen bei den Jüngern erzählen sie, was der Herr ihnen aufgetragen hat.
Und nun ziehen die Jünger los nach Galiläer.
Das haben wir heute im Evangelium gehört.
Mehr, als wir heute im Evangelium gehört haben, weiß Matthäus nicht über die Auferstehung Jesu und seiner Begegnung mit den Jüngern zu berichten.

Ist schon etwas komisch.

Aber vielleicht stimmt auch hier das Wort: „In der Kürze liegt die Würze!“

Mache nicht so viele Wort, sondern komme auf den Punkt.

Und diesen Dreh- und Angelpunkt arbeitet Matthäus sehr knapp heraus:

Die Erfahrung und die Begegnung mit dem Auferstandenen lässt nur eine Reaktion zu, nämlich diese Erfahrung weiter zu geben, davon zu erzählen und davon Zeugnis abzulegen.

Die elf Jünger, wie sie bei Matthäus genannt werden – Judas Iskariot war ja nicht mehr und ein Nachfolger für ihn noch nicht gewählt -, nehmen aus der Erfahrung nichts anders mit, als selber in die Welt hinauszuziehen und diese Frohe Botschaft weiter zu geben.

Hätten sie sich diesem Auftrag verweigert, wir würden wahrscheinlich heute nicht zum Gottesdienst versammelt sein.

Und wie steht es um uns heute?
Was machen wir, wenn wir gleich nach dem Gottesdienst wieder nach Hause gehen?
Was machen wir mit unserem Glauben, dass wir hier in diesem Gottesdienst ebenfalls dem Auferstandenen begegnet sind, in seiner Frohen Botschaft und in der Eucharistie?

Freuen wir uns auf einen entspannten Abend und auf einen schönen, ruhigen und freien Sonntag, an dem wir „den lieben Gott einen guten Mann sein lassen“ können?

Oder spüren wir, wenn auch nur minimal etwas Enthusiasmus, von dem, was wir glauben, auch anderen mitteilen zu wollen, ob in Worten oder durch Taten?!

Unser Gottesdienste sind einerseits immer Rückzugsorte, aber Orte, an denen etwas mit uns geschehen darf.
Unsere Gottesdienste dürfen so etwas sein, wie Akku-Ladestationen, in denen wir unsere entladenen Akkus des Enthusiasmus wieder aufladen dürfen und mit 100% Power in den Alltag zurück gehen können.

Und wie kann das konkret gehen?

Lasst uns überlegen und einfach mal spinnen, welche Situationen es geben könnte, die aber nicht missionarisch rüber kommen.

Zum Beispiel so:
Stellen wir uns mal vor, wir sind in einer ziemlich alltäglichen Situationen, wo wir mit uns bekannten Menschen zusammen sind: in einer Gruppe, bei einer Geburtstagsfeier oder einfach nur so beim Kaffeeklatsch.
Stellen wir uns weiter vor, wir würden – wie aus heiterem Himmel – einfach in dieser Situation den Satz heraushauen:
„Ich glaube, dass der Tod nicht das Ende ist!“

Mehr nicht…!
Was meinen Sie, welche Reaktionen kommen würden?

Oder: ich erinnere mich an eine Situation am Donnerstag Morgen, als ich mit anderen wartenden Patienten in meiner Hausarztpraxis saß.
Vor uns ein TV, stumm gestaltet, nur Bilder aus dem Gazastreifen.
Eine Patientin konnte ihre Bestürzung nicht zurück halten und sagte einfach nur: „Schrecklich, diese Bilder!“
Und plötzlich reagierte jemand anderes darauf und überlegte laut, wie viel Leid auf beiden Seiten erlebt wird. Eine andere Person fiel ein: „Und diejenigen, die am meisten darunter leiden, können zumeist nichts dafür, die palästinensischen Frauen, Kinder und Männer.“
Natürlich habe ich dann auch ‚meinen Senf dazu gegeben‘ und gefragt, was passieren müsse, damit Frieden auf beiden Seiten möglich wird.

Und schon waren wir in einem kurzen, angeregten und mitfühlenden Gespräch über die Situation im Gaza-Streifen, als sich eine Tür öffnete und mein Arzt mir zurief: „Herr Wittka, bitte!“

Merken Sie, worauf ich hinaus will?
Durch einen empathischen Gedanken, den die erste Frau laut ausgesprochen hatte, kamen Menschen miteinander ins Gespräch und haben sich zumindest Gedanken darüber gemacht, wie das Leid der Menschen dort ist und Frieden in Nahen Osten möglich werden könnte!

Wer glaubt noch, dass in diesem Augenblick nicht der Heilige Geist am Werk war?
Und ich bin sicher, dass hier auch ein Aspekt unseres christlichen Glaubens spontan und unverhofft mitten im Tag zur Sprache kam.


Dazu passt etwas dieser Beitrag!
Gott hat durchaus Platz in unserem Alltag – in unserem Leben!

Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.