An Tagen wie diesen …

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Es gibt sie, diese Tage, wo man das Gefühl hat ‘mit dem linken Bein zuerst aufgestanden zu sein’;



es gibt Tage, da scheint es einfach keinen Grund zu geben, warum man nicht bester Laune ist und Vieles nicht leicht von der Hand geht;
es gibt Tage, an denen wünschte man sich, dass er (noch) gar nicht begonnen hätte, mit der Chance, anders zu beginnen;
es gibt Tage, da fühlt man sich einfach ‘fehl am Platze’ …

Heute ist ein solcher Tag für mich.

Menschen nehmen solche Tage unterschiedlich wahr.
Manche schieben das negative Karma einfach zur Seite; andere hingegen können es nicht so einfach.
Nicht, dass sie nicht wollten; sie können es einfach nicht.

Ich tue mich an solchen Tagen eher schwer damit, komme ins Grübeln, warum es so sei und überlege angestrengt, wie ich wieder in eine gelassenere Haltung kommen kann.

Dabei weiß ich zugleich, dass es wieder andere Tage geben wird.
Also versuche ich, mit diesem ‘miesen Gefühl’ durch den Tag zu gehen und zu sagen:
“C’est la vie!” – So ist das Leben!

Also, versuche ich nach vorne zu schauen und erinnere mich daran, dass ich Erfahrungen mit solchen Tagen habe. Daraus kann eine Resilienz entstehen, die mir hilft, solche Tage zu überstehen, weil ich weiß:

Solche Tage hat es in der Vergangenheit gegeben und solche Tage wird es auch wieder in der Zukunft geben. Doch dazwischen gab es auch viele schöne und gute Tage.
An Tagen wie diesen geht es darum, dass man in sich hineinhorcht und sich daran erinnert, dass solche Tage auch wieder gehen – oft so plötzlich, wie sie gekommen sind.
Dieses Sich-Zurück-Erinnern an ähnliche Erfahrungen aus der Vergangenheit und wenn ich mir gewahr werde, dass ich solche Situationen in der Vergangenheit gut überstanden habe und auch jetzt die berechtigte Hoffnung haben werde, dass ich diese Situation wieder gut überstehe, ist eine Rückgriff auf meine Ressourcen.
Sie werden gebildet auch durch meine Erfahrungen in der Vergangenheit.
Meine Ressourcen sind auch, sich dann zu erinnern, wie man in der Vergangenheit solche Situationen gemeistert hat.
Welche Strategien und Verhaltensweisen waren hilfreich und welche haben mir nicht geholfen, mich vielleicht sogar noch mehr belastet?

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Solche Tage fordern mich, fordern uns heraus.
Gut ist es, wenn man dann nicht untätig bleibt, sondern sich aktiv dieser Situation stellt und damit umgeht.
Dann kann die Stimmung sich ändern, sie ist vielleicht nicht mehr ganz so bleiern schwer wie am Anfang.
Und ich spüre – hoffentlich – dann auch so einen inneren Impuls, der mich handeln lässt.

Und dann sieht die dunkle Welt um mich schon wieder ganz anders aus.

Übrigens: allein jetzt darüber geschrieben zu haben, hilft mir schon.
Ebenso kann es helfen, mit jemandem darüber zu reden, oder diese Gedanken in sein Tagebuch einzutragen.

Denn ich habe die Erfahrungen gemacht: Alles, was an Belastendes unser Kopf durch Worte oder Bilder (gesprochen, geschrieben oder gemalt) verlassen hat, kann man distanzierter betrachten.

Versuche es einfach mal selber aus!




1. Advent

„Macht Mut! Sagt den Verzagten: fürchtet euch nicht!“

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Wer mich kennt, weiß, dass ich eher zu den Seelsorgenden gehöre, die auch mal gerne den „Finger in die offene Wunde“ legen.

Ich denke zurück an eine Christmette in einer ehemaligen Pfarrei, in der ich in der Predigt nicht nur ‘Eiapopeia’ gesagt habe, sondern eher eine kritische und reflektierende Predigt gehalten habe.

Einige Leute fanden es auch ‚falsch‘, dass ich am Ende des Gottesdienstes nicht „Stille Nacht, heilige Nacht!“ singen ließ, sondern „Oh du fröhliche!“.

Nach dem Gottesdienst kam eine Person zu mir und gestand mir offen, dass meine Predigt und das ausgelassene Lied am Schluss ihr das Weihnachtsfest ruiniert hätten!

Es verdeutlicht, wie sehr die Advents- und Weihnachtszeit mitunter von irrationalen Gefühlen geprägt sind.

Ich würde mich daher heute an den Propheten Kohelet anlehnen und sagen: Für alles gibt es eine Zeit!

Ja, je älter ich werde, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass es auch eine angemessene Zeit für ‘Eiapopeia’ gibt – und das meine ich jetzt nicht abwertend, sondern anerkennend!

Denn es gibt auch eine Zeit, wo es mehr darum geht, auf die Gefühle zu achten, als auf verkopfte Sachlichkeit!

Ich möchte Ihnen heute anhand eines recht konkreten und zugleich fast banalen Beispiels etwas erklären. Es ist uns buchstäblich ins Auge gesprungen!
Vor ein paar Tagen habe ich mir die Mühe gemacht, dieses adventliche Gesteck zu gestalten.

Adventsgesteck in der Krankenhaus-Kapelle des AMEOS Klinikums St. Clemens Oberhausen, Foto: (c) Gerd Wittka

Einem Freund habe ich vorher über whatsapp die anfänglich doch sehr karge Holzschale mit den vier Kerzenhaltern gezeigt und dann das abschließende Werk. Sie kennen das: Vorher/Nachher-Bilder!

Und dann schrieb er mir zurück:

„Mein Favorit ist die Blanko-Version ohne Schmuck.“

Adventsgesteck vor der Dekoration, Foto: (c) Gerd Wittka

Natürlich hatte ich gehofft, dass er ‚mein Werk‘ auch schön findet, so wie seine Frau es schön fand.

Seine Meinung hat mich nachdenklich gemacht.
Ja, manchmal mag ich es auch lieber schlichter und puristischer, auf das Wesentliche beschränkt. Und das sind im Advent nun mal die Kerzen!

Es kommt mir vor, als wäre es nun an der Zeit, dieses Gesteck mit viel Grün, Rot und Gold zu schmücken, mit gemütlichen Orangenscheiben und Zimtstangen.

Deshalb schrieb ich ihm zurück:

„Ja, das glaube ich dir!
Aber wir müssen manchmal ‚das Herz‘ der Menschen bedienen, die in die Kapelle kommen, sei es die Herzen der Kranken oder deren Angehörigen oder auch der Mitarbeitenden, die hier mal zur Ruhe kommen wollen, verschnaufen wollen und auch die ganzen Eindrücke und Erfahrungen sacken oder sogar loslassen wollen.

Wir müssen auch etwas ‚das Herz‘ der Menschen bedienen, die mal adventliche Gefühle brauchen und vielleicht dadurch angeregt werden, sich an Zeiten zu erinnern, wo das Leben entspannter und heimeliger war. Kannst du das verstehen?“

Und er antwortet knapp und fast schon puristisch: „Blanko kommen bei mir mehr Gefühle.“

Ja, nach den Erfahrungen der Pandemie, den schlimmen Nachrichten aus aller Welt über Kriege, Terror, Naturkatastrophen, die Krisen in unseren Kirchen und die Verbrechen von sexuellem oder geistlichem Missbrauch glaube ich, dass es in diesem Jahr besonders wichtig ist, unseren adventlichen Gottesdiensten mehr Gefühl zu verleihen.

Es ist wieder an der Zeit, in unserem Herzen zu spüren, welch großes Wunder geschehen ist, als Gott vor mehr als 2.000 Jahren in Jesus Christus zu uns auf die Erde kam.
Er kam, um „allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes“, wie es im Benedictus des morgendlichen Stundengebets heißt!

Denn auch durch den emotionalen Zugang zu unserem Glauben gibt es eine heilsame und hoffnungsmächtige Wirkung.

Gerade wenn wir “…mit dem Herzen glauben…” (1 Kor 12,3) und „…mit dem Mund bekennen …“ (Röm 10,9), dann werden wir nach der Überzeugung des heiligen Paulus gerettet werden. (vgl. 1 Kor 12,3)

Das Herz, der Sitz nicht nur unserer Liebe, sondern auch Sitz unserer Gefühle, ist – so glaube ich – in dieser Zeit wieder mehr gefragt.

Eine Möglichkeit, mit dem Mund zu bekennen, ist zum Beispiel, traditionelle Adventslieder zu singen oder Geschichten und Geschichtchen vorzulesen oder zuzuhören, die uns berühren!

Ich glaube, dass es in Zukunft wieder Zeiten geben wird, in denen wir in der Advents- und Weihnachtszeit auch mehr den Glauben mit dem Verstand verbinden können.

Jetzt aber scheint für mich mehr die Zeit des Glaubens mit dem Herzen zu sein!

Ich wünsche uns allen, dass wir die Adventszeit voller Freude erleben und uns daraus neue Kraft und Hoffnung schöpfen, ohne die Realität aus den Augen zu verlieren!

Foto: Gerd Wittka, 02.12.2023

Und ganz zum Ende dieses Impulses etwas ‚fürs Herz‘:

Advent

Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt
und manche Tanne ahnt, wie balde
sie fromm und lichterheilig wird,
und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin – bereit,
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.

Rainer Maria Rilke, aus: Advent Es treibt der Wind im Winterwalde die Flockenherde wie einhttps://www.aphorismen.de/gedicht/12324




wort.neu.schöpfung

Quelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Vom Narrativ zur hohen Theologie: alles Weihnachten

Gestern habe ich eine Hausandacht zur Verfügung gestellt, in deren Mitte zwei sogenannte “Wort-Wolken” standen.
Das Evangelium des Tages war die Weihnachtsgeschichte nach Lukas, wie sie dort im 2. Kapitel zu finden ist.



In sehr anschaulichen Bildern ‘berichtet’ uns Lukas von der Geburt Jesu Christi; was in Wahrheit gar kein Bericht im sachlichen Sinne ist, denn niemand von den Autoren des Neuen Testamentes war dabei oder konnte sich auf historische Zeug:innen der Geburt Jesu von Nazareth berufen.
Die Geburtsgeschichte Jesu in dieser erzählenden Form geschieht einerseits auf dem Hintergrund der Erzählkultur des Nahen Ostens und des Orients und andererseits ermöglicht sie uns einen ‘herzlichen’ Zugang zur Geburt des Erlösers Jesu Christi.
‘Herzlich’ nenne ich den Zugang deshalb, weil die Weihnachtsgeschichte nach Lukas wirklich ‘zu Herzen geht’, auch mir. Sie gehört für mich zum unverzichtbaren Bestandteil des jährlichen Weihnachtsfestes.

‘Herzlich’ nenne ich sie deshalb auch, weil der theologische Zugang zum Weihnachtsfest nicht nur über die hohe Theologie führt, sondern auch über das Herz, über Emotionen/Gefühle.
Es ist dieser ‘herzliche Zugang zum Geheimnis der heiligen Nacht’ den A. de St. Exupery in seinem Werk ‘Der kleine Prinz’ in die Worte fasst:

“Man sieht nur mit dem Herzen gut; das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar.”

A. de St. Exupery, Der Kleine Prinz

Dieser Zugang zum ‘Geheimnis der heiligen Nacht’ ist sicherlich auch der Grund, warum so viele Menschen gerade zu Weihnachten unsere Gottesdienste mitfeiern (sei es als Präsenzveranstaltung oder auch über die verschiedensten Medien).

Vielleicht nennen viele Weihnachten auch deshalb das “Fest der Liebe”.

Wer die Weihnachtsgeschichte nach Lukas liest oder hört, der wird das, um was es bei Weihnachten geht, mit dem Herzen erfassen – meist auf direktem Weg vom ‘Ohr ins Herz’.
Dabei spielen natürlich auch unsere Gefühle als ein Element, unser Leben zu deuten und zu verstehen, eine ganz maßgebliche Rolle.

Ver-dichtung

Heute, am 1. Weihnachtstag, dem eigentlichen “Hochfest” steigt uns das Evangelium buchstäblich zu Kopfe. Heute hören wir die Weihnachtsbotschaft nach Johannes, die im strengen Sinne keine ‘Geschichte’ ist, deshalb nenne ich sie auch nicht ‘Weihnachtsgeschichte nach Johannes’.

Denn dieser Text spricht eine ganz andere Sprache: es ist die Sprache des Verstandes, der Philosophie, der Kunst der Dichtung und insofern eine pure ‘Verdichtung’ des Weihnachtsereignisses.

Wer heute ‘verstehen’ will, braucht schon etwas Zeit und Ruhe, um den Text auf sich wirken zu lassen.
Dann aber explodiert der Text mit seinen vielen Facetten und Aussagen (darauf möchte ich jetzt hier aber nicht näher eingehen).

Einen Schlüssel möchte ich aber dennoch ‘an die Hand geben’: vergleichen Sie den Anfang des Johannes-Evangeliums mal mit der Schöpfungsgeschichte nach Genesis (1 Mose), und achten auf die ‘Funktion’ des Wortes.
Ent-decken Sie etwas?

Quelle: Bild von Gordon Johnson auf Pixabay

Wortneuschöpfung resp. wort.neu.schöpfung

Erinnern Sie sich noch an die Überschrift über diesen Beitrag?

Da steckt das Wort “Wortneuschöpfung” drin.
Darunter verstehen wir eigentlich, wenn ein ganz neues Wort in unserer Sprache geschaffen wird: ein neues Wort ist da und kann in unseren Wortschatz und Sprachgebrauch aufgenommen werden. Besonders die Jugendsprache ist sehr kreativ in Wortneuschöpfungen.

Bei Weihnachten geht es aber um keine ‘Wortneuschöpfung’ sondern um wort.neu.schöpfung.

Die Welt, die am Anfang allen Seins durch Gottes Wort geschaffen wurde (vgl. Genesis/ 1 Mose), wird nun durch das menschgewordene Wort Gottes = Jesus Christus neu geschaffen.

Durch Weihnachten bricht eine ‘neue’ Schöpfung an, die alle menschliche Existenz und die ganze Schöpfung nicht der Hoffnungslosigkeit und der Unendlichkeit des Todes überlässt, sondern der ‘Anfang der Ewigkeit’ wird.

Gerd Wittka, 25.12.2021


Ich möchte Sie heute einfach mal einladen, sich einen Augenblick der Ruhe, Stille und Besinnung zu nehmen und Sie bitten, mal über Folgendes nachzudenken:

  • Wo sehne ich mich danach, dass etwas ‘neu’ in meinem Leben geboren werden soll?
  • “Das Wort, das dir hilft, kannst du dir nicht selber sagen!” – so ein Sprichwort. Welche Zusagen, Impulse oder Ermutigungen brauche ich dazu? Von wem kann ich solche Ermutigungen annehmen und auch ‘zu Herzen nehmen’?
  • Konkret: An welche Worte Jesu erinnere ich mich und welche Worte Jesu gehen mir ‘zu Herzen’, sprechen mich an und motivieren mich in meinem Glauben?

Ich wünsche Ihnen an diesem ersten Weihnachtstag, dass Ihr Leben von dieser wort.neu.schöpfung berührt wird, es in Ihnen neu geboren werden kann und Sie in Ihrem Leben begleitet und stärkt.

Es heißt: im Anfang war das Wort –

mir deucht: im Anfang war die Liebe.

Luise Baer (19./20. Jhdt.), deutsche Schriftstellerin –
Quelle: Baer, Jahresgedanken einer Frau, 1921