Wir leben in Zeiten, in denen sich beweisen wird, ob wir gemeinsam versuchen, die derzeitigen Krisen zu meistern.
Es ist eine Herausforderung und zugleich auch eine Chance, die Stärke unserer Gesellschaft und unsere gegenseitige Solidarität unter Beweis zu stellen!
Deshalb: komm am 22. Oktober 2022 zur Demo, auch in deiner Nähe!
Gefühlvoll und sehnsuchtsvoll geht es an diesem zweiten Adventssonntag in der Lesung aus dem Alten Testament zu. Doch bevor wir den Text lesen, lade ich Sie ein, die Arie „Comfort ye …“ aus dem Oratorium „Der Messias“ von Händel zu sehen und zu hören:
Ist Ihnen diese Arie bekannt? Sie gehört wohl zu den bekanntesten und einfühlsamsten Arien aus dem Oratorium „Der Messias“ von Händel.
Ich lade Sie ein, jetzt einmal den ganzen Text in der deutschen Übersetzung der Bibelübersetzung „Hoffnung für alle“ zu lesen: Jesaja, 40, 1-5
Behutsam, ja fast zärtlich erreichen uns diese Zeilen, die wir im Alten Testament beim Propheten Jesaja finden: „Comfort ye …“ – „Tröstet, tröstet mein Volk …“
„Kampf“ gegen die Angst
Jesaja kämpft in seinen Texten oft gegen die Angst der Menschen seiner Zeit an. Er erlebt diese Angst bisweilen als lähmend. Aber ist „Kampf“ dafür eigentlich das richtige Wort?
Ja, es ist ein Kampf, aber nicht Mitteln der Drohung und Gewalt. Es ist ein Kampf mit den Mitteln der Freundlichkeit und des Mitgefühls, der tröstenden und ermutigenden Worte.
„Tröstet!“ und „Fürchte dich nicht!“
Menschen, die belastet und beladen sind, von Sorgen und Nöten, von Ängsten, Krankheit und Leid brauchen „Ent-Lastung“. Damit sie sich erholen können, Kraft schöpfen und weiter gehen können, brauchen sie Ruhe, mitfühlende Annahme, Entlastung und Perspektiven. Sie brauchen: Trost!
Trost ist aber anspruchsvoller als eine „Ver-Tröstung“; Trost ist keine ‚Ramschware‘, die man mal so eben und beiläufig schnell schenken oder auch bekommen kann. Trost ist ’niederschwellig‘, einfühlsam, Liebe-voll, …
Ich möchte Ihnen dazu einen kleinen Text von mir auf den Weg geben:
TROST ist die Kunst, ein kleines, warmes Licht in dunklen Stunden zu entzünden; es blendet nicht – es LEUCHTET! (Gerd Wittka)
Und wie ich diese Zeilen schreibe, höre ich von der schrecklichen und tödlichen Bluttat von Trier, bei der ein Autofahrer fünf Menschen getötet und viele schwer verletzt hat.
Diese und ähnliche Nachrichten sind die Nagelprobe, ob und wie wir trösten können. Ist Trost überhaupt angesichts dieses Leids und der erfahrenen Ohnmacht möglich?
Für mich ist Trost gerade in erfahrener Ohnmacht möglich. Denn der Trost hebt erlittenes Leid und gefühlten Schmerz nicht auf. Trost hilft, das Leiden und den Schmerz er-träg-lich zu machen; Trost hilft, das Leid tragen zu können.
Und Leid kann für die Leidenden tragbar sein, wenn sie spüren, dass sie nicht allein sind, das andere mitfühlend sind und sie dabei unterstützen, das Leben gerade auch in dem ganz frischen Leid bewältigen zu können. Dazu gehört dazusein und zuzuhören, den Leidenden buchstäblich nahe zu sein ohne sich aufzudrängen und mitfühlend auch den leidenden Menschen Raum zu geben, um mit dem Leiden klar zu kommen. Das kann auch bedeuten, ihnen einen geschützten Rückzugsraum zu gewähren. Wir dürfen aber auch ganz konkrete Hilfe nicht vergessen, die geleistet werden muss. Dazu gehören organisatorische Dinge des Alltags genau so dazu.
Zu trösten ohne Leid ungeschehen machen zu können, zeigt sich darin, ob wir bei den Leidenden und denen, die Trost brauchen – einfach ausgedrückt – DA sind und die Not mit aushalten.
In der Lesung des 2. Adventssonntags finden sich die folgenden Worte des Propheten Jesaja:
„… Seht, da ist euer Gott. (…) Wie ein Hirt weidet er seine Herde, auf seinem Arm sammelt er die Lämmer, an seiner Brust trägt er sie, die Mutterschafe führt er behutsam…“
Trost zu geben, bedeutet für mich, der Bedrängnis, den Ängsten, dem Leid und der Trauer der Menschen nicht auszuweichen. Trost zu geben bedeutet für mich, an der Seite derer zu stehen, die Trost nötig haben. Trost zu geben bedeutet für mich, Unterstützung und Hilfe anzubieten, wo sie gebraucht wird.
Trost zu geben ist für mich: DA zu sein – menschliche, einfühlsam, mitfühlend, liebevoll.
Für uns als Christ*innen, für uns als Kirchen stellt sich mir dann wieder einmal mehr die Frage, ob wir in diesem Sinne in einer Welt gegenwärtig sein wollen, auch wenn immer weniger nach dem christlichen Glauben oder nach dem Angebot der Kirchen fragen?
„Das Miteinander, das Menschliche oder die Solidarität sind zuletzt viel zu kurz gekommen. Wir müssen wieder viel mehr die Sinne für die Menschen schärfen, denen es nicht so gut geht.“ (Jupp Heynckes, * 1945, ehemaliger Fußballtrainer, Quelle: TE DEUM, Dezember 2020, S. 23)