Kann man die Dreifaltigkeit Gottes den Menschen leicht verständlich machen? Nein!
Kann man die Gegenwart Christi in der hl. Kommunion leicht verstehen? Nein!
Kann man Gott verstehen, der den Menschen unbedingt liebt, trotz seiner Schuld, trotz seines Versagens, trotz seiner mangelnden Liebe? Nein!
Kann man verstehen, dass Jesus Christus den Tod am Kreuz auf sich genommen hat, um uns zu retten? Nein!
Kann man jemals in religiöser Bildung, in Katechese, Glaubensgesprächen und Predigten dies alles verständlich machen? Nein!
Kann man deshalb nicht lieber den christlichen Glauben ganz aufgeben, weil er nicht zu fassen ist? Nein!
Warum?
Weil ich hinter all diesem Un-glaublichen eine große Liebe und Sehnsucht Gottes nach den Menschen erahne, die mich gerade deshalb an das Un-glaubliche glauben lässt.
Denn dieses Un-glaubliche zu glauben, bedeutet für mich, dass das Un-glaubliche wahr sein kann!
Angenommen: Glauben!
„Ich erinnere euch (…) an das Evangelium, das ich euch verkündet habe: Ihr habt es angenommen; es ist der Grund, auf dem ihr steht.“
1 Kor 13,1
Diese Worte aus dem Brief des Apostels Paulus lese ich heute, am 3.5.2025 in der Schriftlesung. Die Worte bringen mich zum Nachdenken:
Habe ich das Evangelium angenommen? Diese Frage lässt sich wohl kaum in wenigen Worten beantworten.
Als Säugling wurde ich getauft – eine Entscheidung, die nicht aus eigenem Willen getroffen wurde. Durch das Elternhaus und die Familie, durch den Kindergarten, den Religionsunterricht, kirchliche Gruppenstunden und die regelmäßige Teilnahme an Gottesdiensten wuchs ich nach und nach in die Kirche und ins kirchliche Leben hinein. Mit der Zeit habe ich zweifellos die Frohe Botschaft angenommen, doch dieser Prozess war und ist ein dynamisches Geschehen, das bis heute fortdauert. Nun, im Alter von zweiundsechzig Jahren, blicke ich auf eine Lebensgeschichte zurück, die untrennbar mit meiner Entscheidung für den christlichen Glauben verbunden ist. Viele Menschen haben an dieser Geschichte teilgehabt und sie geprägt – und tun es noch immer.
Heute befinde ich mich an einem Punkt meiner religiösen Biographie, an dem ich mehr als früher bereit und mutig bin, mir die Frage zu stellen, ob ich mich heute eventuell anders entscheiden würde?
Würde ich eine andere Religion wählen wollen? – Die Auswahl ist schließlich vielfältig. Oder würde ich mich für keine Religion entscheiden?
Was könnte oder würde dann die Grundlage sein, auf dem ich meine Ansichten, Werte und Hoffnungen gründe und mein Leben aufbaue?
Für Paulus ist klar, dass die Annahme des Evangeliums etwas buchstäblich ‚Fundamentales‘ ist. „Es ist der Grund, auf dem ihr steht!“ – schreibt er.
Für ihn ist christlicher Glaube also nicht nur etwas theoretisches, nicht eine reine Geistes-Wissen-schaft, sondern eine Lebens-Gestaltung(s)-Kraft!
Und in diesem letzten Sinne habe ich im Laufe meines Lebens diesen Glauben zunehmend verstanden und angenommen.
Ja, das Nachdenken über die theoretischen Aspekte des Glaubens und die Fragen rund um die christliche Lehre finde ich oft unglaublich faszinierend und spannend. Doch die tiefste innere und spirituelle Erfüllung erfahre ich, wenn mir klar wird, wie konkret der christliche Glaube mein alltägliches Leben beeinflusst: wenn er mir zum Beispiel dabei hilft, Antworten darauf zu finden, wie ich mich in den unterschiedlichsten Situationen verhalten möchte. Auch wenn meine Gedanken, Worte und Taten manchmal von dem abweichen, was ich eigentlich aus meinem Glauben heraus hätte tun wollen, schenkt mir diese Auseinandersetzung Klarheit und Orientierung.
Mein christlicher Glaube ist wie eine Brille, durch die ich mein Leben betrachte – und plötzlich ergibt alles einen Sinn! Aber keine Sorge, beim christlichen Glauben ist es nicht wie bei einer To-Do-Liste, wo ich einzelne Punkte nur abhaken muss, um mein Glaubens-Zertifikat zu erhalten. Er ist eher wie ein Navi, der mich durch das Chaos des Lebens navigiert, ohne dabei ständig zu piepen, wenn ich mal falsch abbiege – und allmählich führt es mich weiter auf meinem Weg … zum Ziel!
Insofern kann ich Paulus nur zustimmen, wenn er das Bild vom Fundament bemüht, das der christliche Glaube uns bieten kann.
Aber mal ehrlich: heutzutage ist der christliche Glaube doch nur einer von vielen Attraktionen auf dem bunten Jahrmarkt der Sinnangebote!
Da steht er in einem knallharten Konkurrenzkampf mit anderen Religionen, Weltanschauungen und vielleicht sogar dem Yoga-Kurs um die Ecke.
Dazu kommen Ideologien, die sich in unserer Welt ausbreiten wie invasive Pflanzen – aber nicht die hübschen, die man gerne im Garten hat, sondern eher die Sorte, die einen kompletten Schrebergarten in ein Dschungchaos verwandelt! Statt Frieden, Freiheit und Glück zu bringen, hinterlassen sie eine Schneise voller Hass, Zerstörung, Krieg, Unterdrückung und verbrannter Erde. Und wofür das Ganze? – Um selbst Macht und Einfluss anzureichern zu ihrem alleinigen Vorteil! Das erinnert stark an einen schlechten Filmplot, nur dass es hier kein Happy End gibt …!
Deshalb wird die Frage, welches ethische Fundament man wählt, heute relevanter denn je. Menschen, die kein solches Fundament haben, gleichen verlorenen Schafen ohne Hirten (vgl. Mt 9,36).
Es wäre wirklich tragisch und dramatisch, wenn wir Menschen kein sinnstiftendes Fundament mehr hätten; wenn wir von Tag zu Tag leben und jedes Mal unser Denken, Entscheiden, Urteilen, Abwägen und Handeln neu erfinden müssten, ohne eine solide und integrierte Ethik, die uns trägt. In solch einem Fall könnten wir unser Leben sprichwörtlich „auf Sand gebaut“ haben, und wenn die „Wassermassen heranrollen“, könnte alles, was wir uns mühsam aufgebaut haben, in sich zusammenfallen (vgl. Matthäus 7,24-27). Eine derartige Erfahrung möchte ich keinem Menschen wünschen.
Kommen wir aber auf meine Eingangsfrage zurück:
Würde ich mich heute anders entscheiden, wenn ich noch einmal vor die Wahl gestellt werden würde? Oder würde ich meinen christlichen Glauben an den Nagel hängen und mich stattdessen einer anderen Religion, Philosophie oder Weltanschauung zuwenden? Vielleicht wäre es ja spannend, sich den Jedi anzuschließen, stets mit der Macht zu hadern, oder als Stoiker stoisch auf ein Stück Schokolade zu verzichten. 😉
Erst einmal: Im Grunde genommen könnte ich mir nicht vorstellen, ohne irgendeine Form von Religion, Weltanschauung oder Philosophie durchs Leben zu gehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass all diese Ansätze – jede auf ihre ganz eigene Weise – den Menschen als Grundlage für die Gestaltung ihres Lebens dienen können, vorausgesetzt, sie orientieren sich am Wahren und Guten.
Konkret auf den christlichen Glauben bezogen:
Ich habe mich im Laufe meines Lebens immer wieder zum christlichen Glauben bekannt und auch heute hat diese Überzeugung nichts an Entschiedenheit eingebüßt. Das heißt nicht, dass auch Anfragen und Zweifel meinen Glauben geprägt haben und sicherlich auch zukünftig immer wieder kommen werden. Und es heißt auch nicht, dass es noch viele grundlegende Fragen für mich gibt, die noch keine hinreichende Antwort in meinem Leben gefunden haben.
Wenn Jesus mir die Frage stellen würde, angesichts dessen, dass viele sich von ihm und seiner frohen Botschaft abwenden: „Willst auch du gehen?“, könnte ich immer noch wie Petrus antworten:
„Herr, zu wem sollte ich gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens! Ich glaube und habe erkannt, dass du der Heilige bist, den Gott gesandt hat…“ (vgl. Joh 6, 68-69)
Dafür bin ich dankbar und hoffe, dass das auch in Zukunft so bleibt: Gott sei Dank!
Heute stehen wir am See von Tiberias. Hier treffen menschliches Bemühen und Gottes Kraft auf besondere Weise zusammen.
Die Jünger sind nach einer langen, anstrengenden Nacht aufs Wasser hinausgefahren. Sie haben gefischt – und nichts gefangen. Ihre Netze bleiben leer. Ihre Hände sind müde, ihre Hoffnungen enttäuscht.
Am Ufer aber steht Jesus. Er sagt nur: „Werft das Netz auf der rechten Seite aus!“ (Joh 21,6) Dieses eine Wort ändert alles. Die Jünger folgen, und plötzlich ziehen sie so viele Fische ins Boot, dass das Netz fast reißt. Aus Leere wird Fülle, aus Mühe Überfluss.
Ähnlich geht es uns oft: Wir arbeiten hart und sehen keinen Erfolg. Dann kann ein einziger Hinweis von außen uns eine neue Perspektive geben. Wir merken, dass wir nicht allein kämpfen. Das Netz, das wir auswerfen, ist ein Bild dafür, wie wir mit Jesus zusammenarbeiten – auch wenn es uns seltsam vorkommt.
Nach diesem reichen Fang wendet sich Jesus an Simon Petrus. Er fragt ihn dreimal: „Liebst du mich?“ (Joh 21,15–17) Dreimal erklingt die Frage – fast wie ein Echo auf Petrus’ dreimaliges Verleugnen.
Doch hier geht es nicht um Schuld, sondern um Heilung und Nähe.
So auch in dem Film „Die zwei Päpste“ aus dem Jahr 2019 mit Anthony Hopkins als Papst Benedikt und Jonathan Pryce als Kardinal Bergoglio, dem späteren Papst Franziskus. Dort begegnen sich Papst Benedikt XVI. und Kardinal Bergoglio. In einem eindrücklichen Gespräch sprechen sie über Schuld, Sünde und Vergebung – vor dem Hintergrund des Versagens der Kirche auch im Umgang mit sexuellem Missbrauch. Besonders bewegend ist Bergoglios Einsicht, dass Sünde mehr ist als ein Fleck, der sich einfach abwischen lässt. Er sagt:
„Sünden sind keine Flecken, die man einfach entfernt, sondern Wunden; sie müssen geheilt werden.“
Diese Worte führen uns mitten in das Herz unseres Glaubens: Wahre Heilung beginnt dort, wo wir Schuld nicht verdrängen, sondern sie ansehen, anerkennen – und heilen lassen.
Dies geschieht heute im Evangelium mit Petrus.
Diese Szene im heutigen Evangelium zeigt uns noch ein anderes:
Nachfolge ist keine einmalige Entscheidung.
Jedes „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe“ lässt Petrus sein Herz neu entdecken. In jeder Wiederholung spürt er, wie seine Liebe zu Jesus wächst. Und immer wieder hört er den Auftrag: „Weide meine Schafe.“
Unser Weg führt immer wieder ans Ufer – zu unseren leeren Netzen: wir sehen keinen Erfolg, in unserem Bemühen der Nachfolge. Aber jedes Mal, wenn wir auf Jesus hören und unser Netz ein zweites, drittes Mal auswerfen, kann unser Leben neuen Sinn und neue Fülle bekommen.
Auch wir haben Phasen, in denen unsere Netze leer bleiben: in Freundschaften, in Projekten, in unserem Glauben. Vielleicht erinnert uns dann eine kleine Stimme daran, wie Gott uns schon einmal geholfen hat. Vielleicht war es ein Wort, das uns neuen Mut gab, oder ein Moment, in dem wir Trost spürten.
Wenn wir ohne großen Plan aber mit offenem Herzen unser Netz erneut auswerfen, merken wir oft: Gehorsam im Glauben ist manchmal schwer, kann aber auch befreiend sein.
Die gute Nachricht durchdringt unser Leben. Sie füllt unsere leeren Räume und schenkt Überfluss.
So lädt uns die Geschichte am See und das Gespräch zwischen Jesus und Petrus ein, nicht an unserem Scheitern festzuhalten. Vielmehr dürfen wir offen sein für Jesu behutsames Fragen und seine sanfte Führung. In dieser Offenheit liegt Lebendigkeit. Sie verbindet uns mit Christus – und untereinander. Gemeinsam werfen wir unser Netz aus – um den Reichtum Gottes immer wieder neu zu entdecken.
Sicherlich werden einige innerlich zusammenzucken, wenn sie den Titel dieses Beitrags lesen. Okay, zusammenzucken darf man, aber dann bitte sich auch die Gelegenheit nicht nehmen lassen, darüber in Ruhe mal nachzudenken.
Ich jedenfalls habe es getan, als ich heute Morgen folgendes Zitat fand:
„Ohne Gebet und Mystik wird Politik schnell unerbittlich und barbarisch …“ Edward Schillebeeckx (1914-2009), belgischer Dominikaner und römisch-katholischer Theologe, zitiert nach „TE DEUM“, Ausgabe Januar 2025, S. 113
Politik und Gebet
Betende Politiker:innen – sind sie uns bekannt? Nein, ich meine jetzt nicht jene heuchlerischen Politiker:innen, die sich gerne in Kirchen, Moscheen oder Synagogen ablichten lassen, womöglich noch bei einer Teilnahme an Gottesdiensten, aber zugleich menschenmordende Kriege beginnen und anderen Menschen, Völkern und Nationen ihr Existenzrecht absprechen. Ich meine jene Politiker:innen, die als solche aktiv und mitgestaltend tätig sind, aber zugleich in ihrem Leben, mitunter auch recht persönlich, das persönliche und/oder öffentliche Gebet pflegen.
Ich meine jene, die nicht immer nur das sprichwörtliche „Herr, Herr, ….“ in den Mund nehmen, wie es schon Christus in Mt 7, 21 kritisiert:
„Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“
Matthäus-Evangelium, Kapitel 7 Vers 21
Sondern ich meine jene Politiker:innen, die wirklich versuchen, aus ihrem Glauben her Politik zu gestalten, die ihr Leben und Handeln, sowohl das persönliche wie das politische Handeln, bereit sind, auf dem Hintergrund ihres Glaubens kritisch zu hinterfragen, zu gestalten und zu leben.
Kennst du solche Politiker:innen? Wenn du sie nicht kennst, ist das auch kein Indiz dafür, dass es sie nicht gibt. Denn diese Sorte von Politiker:innen machen häufig kein großes Aufheben um ihren Glauben. Man muss sie vielleicht schon persönlicher kennen, um zu wissen, welche Rolle ihr Glaube in ihrem Leben und ihrem politischen Wirken spielt.
Es ist die persönliche Offenheit, in ihrem Leben und persönlichen wie beruflichen Alltag die religiöse Frage mit einfließen zu lassen, ohne aber andere damit indoktrinieren zu wollen. Der Glaube wird für sie zu einem Entscheidungs- und Gestaltungsfaktors ihres Lebens, welches einher geht mit einer persönlichen Gottesbeziehung, die ihren Ausdruck im persönlichen wie öffentlichen Gebet findet.
Ich denke, an solche Menschen dachte Edward Schillebeeckx.
Die Ansichten solcher Menschen führen nicht zwangsläufig dazu, dass ihre Ansichten von allen oder zumindest vielen geteilt wird. Darum geht es auch nicht zu aller erst. Sondern es geht darum, dass diese Menschen sich und ihr ganzes Leben ins Verhältnis setzen können zu einer ‚höheren Macht‘, denen sie sich verbunden und verantwortlich fühlen und sie zugleich erkennen lässt, dass weltliche Macht begrenzt ist und auch begrenzt sein muss, damit sie wahrhaft human sein kann. Unbegrenzte Machtansprüche führen zum Beispiel zu Unerbitterlichkeit und Barbarei, wie es Schillebeeckx sicherlich gemeint hat. Und solche Politiker:innen kennen wir – Gott sei’s geklagt – leider auch in unserer Zeit zuhauf.
Wir dürfen uns – wie ich finde – glücklich schätzen, wenn wir jedoch auch Politiker:innen finden, vielleicht sogar kennen, für die Glaube, Spiritualität und persönliches wie öffentliches Gebet zu ihrem Leben dazu gehören und die aus diesem Bewusstsein zu leben und zu wirken versuchen.
Ich denke, einer von ihnen ist in diesen Tagen im hohen Alter verstorben: Jimmy Carter, ehemaliger Präsident der USA. Es gibt sie auch nicht so weit von uns entfernt, hier bei uns in Europa, in Deutschland, in NRW, im Ruhrgebiet, … in der Nachbarschaft und in den eigenen Familien- und Freundeskreisen.
Und dafür bin ich dankbar und es hilft mir, ihnen leichter meine politische Macht und Verantwortung als Staatsbürger dieses Landes durch Wahlen an sie zu übertragen.
Gaudete 2024
www.pixabay.com
„Freut euch!“ sagt Paulus. Das klingt schön, aber was, wenn man sich gar nicht danach fühlt? Wenn man trauert, gemobbt wird, krank ist oder Weihnachten vor der Tür steht, man aber keine Freude empfinden kann? Freude kann man doch nicht einfach befehlen oder erzwingen! Was meint Paulus also damit?
Paulus sitzt im Gefängnis, als er diese Worte schreibt. Er rechnet mit Folter oder sogar dem Tod. Trotzdem ermutigt er die Menschen in Philippi: „Freut euch dennoch!“ Er spricht von einer tiefen inneren Haltung, nicht von oberflächlicher Fröhlichkeit. Paulus meint: Seht nicht nur das Negative, bleibt gelassen und lasst euch nicht unterkriegen – trotz aller Schwierigkeiten.
Paulus sagt: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!“ Diese Freude entsteht aus dem Vertrauen, dass wir zu Gott gehören und in ihm geborgen sind – wie ein Kind im Mutterleib. Egal, was passiert, Gott ist bei uns. Paulus erinnert uns: Ob wir leben oder sterben, wir gehören Gott.
Es gibt Menschen, die keine Freude mehr empfinden können. Ihr Leben scheint nur aus Mühe und Sorgen zu bestehen. Ihre Gesichter sind voller Falten, sie klagen und auch der Glaube wirkt wie eine Last. Solchen Menschen zu sagen: „Freut euch!“ klingt sinnlos, aber genau sie brauchen diese Botschaft am meisten.
Andere Menschen strahlen Freude aus, auch wenn sie schwere Zeiten durchgemacht haben. Diese Freude kommt von innen und zeigt sich in einer positiven Lebenseinstellung. Genau diese Haltung meint Paulus. Freude lässt sich nicht erzwingen, aber man kann sie lernen.
Freude ist wie ein Licht, das wir schützen müssen. Viele Dinge können sie zerstören: Neid, Streit, Sorgen oder Unzufriedenheit. Diese negativen Einflüsse sind wie ein Glas, das Licht erstickt, oder wie Steine, die auf die Flamme drücken.
Um Freude zu bewahren, können wir versuchen, folgende Impulse in unserem Leben umzusetzen:
Lerne, dich selbst zu mögen und dir etwas zuzutrauen. Wir sollten genießen können – wer nicht genießen kann, wird ungenießbar. Gut zu denken, zu handeln und andere gelten zu lassen, schenkt innere Zufriedenheit.
Sorgen gehören zum Leben, aber sie dürfen uns nicht beherrschen. Denken wir an den großartigen Satz Jesu: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch Ruhe verschaffen.“ (Mt 11,28). Wer seine Sorgen Gott hinhält, der lässt sie los und gibt damit der Freude Platz und Luft.
Wer Freude sich trägt, wird auch Frieden finden – mit sich selbst, mit anderen und mit Gott. Paulus verspricht: „Der Friede Christi, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und Gedanken bewahren.“
Ich wünsche uns allen Mut und Kraft, diese Freude im Alltag zu leben. Sie hat die Macht, alles Schwere zu verbannen und das Wertvolle hervorzubringen. Vielleicht können wir so auch Weihnachten mit neuen Augen betrachten.
In unserer Pfarrei bieten wir seit fast drei Jahren Trauergruppen an.
Mittlerweile ist die Nachfrage so groß geworden, dass wir zwei Gruppen parallel durchführen.
In einer Gruppe, die ich mit einer Gemeindereferentin leite, fragte in einer Gruppenstunde eine jüngere Teilnehmerin, ob wir uns nicht auch mal über unsere persönliche Hoffnung und Vorstellung austauschen könnten, über die Frage, was nach unserem irdischen Leben kommt und uns erwartet?
Wir haben uns auf diesen Austausch eingelassen, denn uns war bewusst, dass wir das Thema nicht so einfach abtun könnten, in dem wir darauf hinweisen, dass Christ:innen ja an eine Auferstehung von den Toten glauben.
Die Frage, was nach dem irdischen Leben kommt, ist einerseits für uns Christ:innen klar, aber andererseits ist der Glaube an die Auferstehung ja mehr eine Hoffnung auf Auferstehung.
In diesem Zusammenhang kam mir eine Passage aus dem Römerbrief des heiligen Paulus in den Sinn:
Hier macht Paulus deutlich, dass unsere gläubige Hoffnung auf die Auferstehung auch immer etwas Ungewissheit beinhaltet. Das liegt aber im Wesen der Hoffnung und unseres Glaubens und zeigt keinen mangelhaften christlichen Glauben an, wann immer wieder die Frage in uns auftaucht, ob es auch wirklich so kommt?
Foto: Gerd A. Wittka, 31.10.2024
Wenn ich – wie am vergangenen Donnerstag – am Grab meiner Mutter war, dann ertappe ich mich oft mit den Gedanken: „Ich wünsche dir, Mama, dass sich deine gläubige Hoffnung erfüllt hat!“
Dieser Satz macht mir deutlich, in welcher Spannung sich unser Glaube befindet, wenn wir bekennen, dass wir an die Auferstehung nach unserem irdischen Leben glauben, dies aber nur in der Hoffnung auf Auferstehung tun können.
EINE Hoffnung …
„Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung …“
Epheser 4,4
Heute Morgen lese ich dieses Wort aus dem Epheser-Brief. Ich bleibe bei den Worten stecken: „einer Hoffnung“. Da steht nicht nur allgemein ‚Hoffnung‘ sondern eine Hoffnung. Und ich frage mich: welche eine Hoffnung?
(c) Gerd A. Wittka, 2024, erstellt mittels KI
Offenbar denkt Paulus an die eine und entscheidende Hoffnung, die den christlichen Glauben prägt.
Würde ich gefragt, worauf ich durch meinen christlichen Glauben hoffe, mir fielen mehrere Punkte ein, die ich nennen könnte:
Vergebung
Friede
Versöhnung
innere Stärke
Liebe
Ewiges Leben
Auferstehung
Barmherzigkeit
…
Wenn ich nach dem einen Begriff suche, der die zentrale Hoffnung zum Ausdruck bringt, die meinen christlichen Glauben ausmacht, welcher würde es sein?
Darüber muss ich noch mal meditieren …
Und hättest du schon eine Antwort für dich? Dann schreib es gerne in die Kommentare.
Zu Christus …
Christus, Bruder, ich habe gelernt: wer sich zu dir bekennt bildet Gemeinschaft mit jenen, die sich ebenfalls zu dir bekennen. Diese Gemeinschaft – deine Jünger:innen – sind Kirche, die ‚ekklesia‘.
Schau auf diese Gemeinschaft in dieser Zeit, da so viel Fehlerhaftes und so viel Schuld zu Tage tritt.
Ich frage mich, wie ich noch dazu gehören kann? Und dann merke ich: ich gehöre zu DIR!
Es geht in allen Fragen der Kirche auch um die Frage:
Welchen Platz hast du in ihrem Leben? Welchen Platz hast du in meinem Leben, damit ich weiterhin zu DIR und damit zur Kirche gehören kann?!
Deshalb komme ich heute zu DIR mit meinen Fragen, mit meinen Zweifeln, mit dem Gefühl, es nicht mehr (er)tragen zu können.
Wenn es stimmt, dass DU nur durch UNS in dieser Welt wirken willst, dann kann ich doch gar nicht anders, als BEI DIR und in der Kirche zu bleiben, denn DU bist doch ihr Dreh- und Angelpunkt!
Also komme ich heute zu DIR und bitte DICH um deinen Rat und Beistand, um deinen Geist: hilf uns, uns immer an DIR fest zu machen aus deinem Geist zu glauben und zu leben.
Hilf uns in dieser Zeit immer wieder und inniger zu beten.
Das Gebet ist die Verbindung, die die Reben am Rebstock halten.
Binde du mich immer enger an DICH!
Zeige mir, zeige uns, was gut und richtig, was nötig ist in dieser Zeit.
OHNE DICH sind wir – deine Kirche – nur ein Haufen von Menschen die sich irgendwie organisieren und reden von Gott und von dir und dem Heiligen Geist.
Wirke du! WIR brauchen DICH!
(c) Gerd Wittka, 24.09.2023
Kassenloses Einkaufen …
… und die Zukunft der Kirche
Heute sah ich einen TV-Bericht, wie in einem deutschen Bahnhof ein Pilotprojekt läuft. Es geht um ein kleines Geschäft, in dem die Kund:innen kassenlos einkaufen können. Wer sich zuvor über eine Smartphone-App registriert hat, bekommt den Zugang zum Laden und kann sich seine Ware einfach so in die eigene mitgebrachte Tasche stecken. Wenn dann alles ‚gekauft‘ wurde, verlässt die Kundin/der Kunde einfach den Laden, ohne sichtbar zu bezahlen. Die Erfassung der gekauften Ware erfolgt über Kameras und die Bezahlung online und bargeldlos.
Dieser Bericht endete dann jedoch mit einem gegenteiligen Beispiel:
In einer Kleinstadt gibt es einen Supermarkt, in dem es eine ‚Plauder-Kasse‘ gibt. Hier können sich Kund:innen nach alter Tante-Emma-Laden-Sitte einen Plausch mit der Kassiererin gönnen, ohne dass gleich andere Kund:innen dahinter stehen und nervös werden. Denn: wer sich an diese Kasse stellt, darf (und muss) sich zwangsläufig etwas mehr Zeit lassen (wollen). Hier wird der persönliche Kund:innen-Kontakt groß geschrieben.
Vorbild für heutige Kirche?
Und was haben diese Shopping-Beispiele nun mit der Kirche zu tun? – Soll die Kirche der Zukunft etwa so eine Art ‚Selbstbedienungsladen‘ sein? (Manche haben schon seit vielen Jahren die ‚Sorge‘, dass das passieren könnte. Ob die Sorge aber berechtigt ist, ist noch nicht beantwortet.)
Ich erkenne an diesen Shopping-Beispielen etwas, was durchaus auf die Kirche übertragen werden kann.
Denn: die Menschen in der Kirche sind keine homogene Gruppe. Die Menschen kommen mit unterschiedlichen Biographien und Glaubenserfahrungen in unser kirchliches Leben (wenn sie denn noch kommen!). Und sie haben auch unterschiedliche Ansprüche und Bedürfnisse, gerade was die spirituelle Dimension ihres Lebens angeht.
Manche sind wie die Kund:innen in diesem kassenlosen Laden. Sie sind registrierte Mitglieder und in bestimmten Phasen ihres Lebensweges kommen sie an diesem kassenlosen Geschäft vorbei und denken sich: „Ach, da kann ich ja noch etwas Proviant für meine Reise mitnehmen. Aber ich will das buchstäblich im Vorbeigehen und auch ohne großen Aufhebens erledigen!“ Für solche Menschen ist dieses kassenlose Geschäft sicherlich situativ die richtige Lösung, um ihre Anliegen und Bedürfnisse zu ihrem Recht kommen zu lassen. Ähnliche Ansprüche und Bedürfnisse finden wir auch bei vielen Menschen, die die Angebote unserer Kirche nutzen wollen.
Und dann gibt es jene, die verbinden mit dem Shopping (um im obigen Beispiel zu bleiben) viel persönliche Begegnung und auch den Austausch mit anderen. Sie wollen nicht anonymisiert durch den Laden ‚cruisen‘. Sie möchten wahrgenommen werden; vielleicht schon von Anfang an am Eingang persönlich begrüßt werden. Und sie möchten Ansprechpartner:innen haben, wenn sie ein bestimmtes Produkt suchen, es aber nicht finden. Am Ende möchten sie auch nicht so stickum den Laden verlassen. Sie möchten sich bis zum Ende begleitet wissen durch menschlichen Kontakt, der sich nicht auf das rein Formale beschränkt, sondern zu einem Ort der persönlichen Begegnung und Beziehung wird.
Es ist ein Leichtes, dieses letzte Beispiel auf die Bedürfnisse vieler Menschen zu übertragen, die die Dienste der Kirche nicht nur gelegentlich in Anspruch nehmen wollen. Wir persönlich kennen viele von denen, die ihr Glaubensleben in und mit der Kirche als ein ganzheitliches Geschehen verstehen, dass auch sehr persönlich ist. Sie verbinden das kirchliche Leben mit einer sehr persönlichen Beziehungserfahrung, wo ihnen buchstäblich „An-sehen verschafft“ wird durch Menschen und nicht durch seelenlose Scan- und Überwachungskameras!
Kirche als Dienstleisterin
Bei diesem Schlagwort werden sicherlich einige Katholik:innen zusammen zucken! Kirche ist doch keine Dienstleisterin, sagen sie. Kirche sie eine Gemeinschaft von Menschen, die an Jesus Christus glauben! Theoretisch und theologisch haben sie Recht!
Doch was nützt eine solche formale Gemeinschaft, wenn Menschen sie nicht als Gemeinschaft erleben und erfahren, sondern eigentlich nur als eine Institution oder Organisation, noch dazu, die Aussagen macht, die ihr persönliches Leben ziemlich direkt betrifft?!
Ich habe zunehmend die Sorge, dass unsere Kirche mehr und mehr gefährdet ist, menschlich apathisch zu sein!
Dabei brauchen wir gar nicht auf die Spitze der Kirche in Rom oder auch auf Bistumsleitungen zu zeigen. Bereits bei uns in den Pfarreien liegt das Problem. Ich könnte hier sehr konkrete Beispiele aus der Nähe nennen. Ein wichtiges Thema ist z.B. das Thema ‚Wertschätzung ehrenamtlicher Arbeit in der Pfarrei‘, weitere Themenkomplexe wären die Behandlung von Themen, die eine Alltagsrelevanz für die Menschen betreffen, wie:
‚Sexualität und Glaube‘,
medizin-ethische Fragen bei existentiellen Behinderungen, Erkrankungen oder am Lebensende,
geistliche Begleitung von Einzelpersonen,
Förderung geistlicher oder gemeinschaftsstiftender Initiativen,
moralische Verantwortungsübernahme zur Gestaltung von Gesellschaft und Staat
Integrationsförderung von Menschen unterschiedlicher Ethnien, Religionszugehörigkeiten oder Weltanschauungen in das lokale Lebensumfeld,
sozial-caritatives Engagement im Stadtteil …
Stattdessen:
Wir machen und tun, organisieren und veranstalten: doch all das wirkt ritualisiert und vielleicht sogar hohl, wenn etwas nicht mehr im Zentrum unseres kirchlichen Lebens steht:
Der Mensch als Individuum mit seinen eigenen und sehr persönlichen Ansprüchen, Erwartungen und auch existentiellen geistlichen Sehnsüchten, die einher gehen mit ganz elementaren menschlichen Bedürfnissen.
Erinnern wir uns noch an die Worte Jesu, wenn Menschen zu ihm kamen und ihn um Hilfe und Heilung baten?
„Was willst DU, das ich DIR tue?“ (vgl. Lk 18,41)
Diese Frage muss auch zur Leitfrage all unseres kirchlichen Lebens und Handelns werden. Sonst kann kirchliches Leben in einer zunehmenden säkularen Gesellschaft weder Sauerteig noch Salz der Erde sein.
Bilder – wenn nicht näher angegeben: www.pixabay.com
Nachtrag:
Aus gegebenem Anlass und angesichts der erschreckenden Meldung über die noch nie dagewesene Austrittswelle in unserer katholischen Kirche möchte ich hier meine Einleitung zum sonntäglichen Gottesdienst widergeben.
Warum sind wir heute eigentlich hier? Die Nachrichten der letzten Tage über die nie da gewesene Austrittswelle aus der katholischen Kirche lässt diese Frage berechtigt erscheinen!
Warum bin ich heute hier? Was suche ich, im Gottesdienst und in der Gemeinschaft hier?
Benedikt beschreibt als wichtigste Voraussetzung zur Aufnahme in den Orden, dass der Bewerber „Gottsuchender“ sein muss, nicht mehr aber auch nicht weniger.
Gott zu suchen, sich von ihm für unseren Alltag inspirieren zu lassen, kann eine Grund sein, warum wir trotzdem hier und nicht „eigentlich noch hier“ sind.
Gerd Wittka, Einleitung zur Eucharistiefeier am 13. Sonntag im Jahreskreis – A – 2023
Von Gott umgeben
Impuls zum Erinnerungsgottesdienst am 01. Juni 2023
„Von Gott umgeben“ – so steht es über diesem Erinnerungsgottesdienst. Für manche steht hinter diesem Motto ein Fragezeichen. Für andere ein Punkt oder sogar ein Ausrufezeichen!
Wir möchten heute hinter diesem Wort ein Ausrufezeichen setzen. Zugleich wissen wir aber um die Schwierigkeit dieser Aussage.
Unser Glaube will uns sagen: Von Gott sind wir in jedem Moment unseres Lebens umgeben, so wie das Meer die Fische umgibt.
Ob wir es wahrnehmen oder nicht: Gott ist immer da! Das ist auch seine biblische Selbstzusage: „Ich-bin-der-ich-bin-da!“
In den Höhen und Tiefen unseres Daseins, in den Zeiten der Freude und der Trauer, ist Gott an unserer Seite. Seine Liebe und Gnade umhüllen uns wie ein schützender Mantel.
Von dem Theologen Karl Rahner stammt das Wort:
„Glauben heißt nichts anderes, als die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang auszuhalten.“
(Karl Rahner SJ)
Dieses Wort sagt mir: sich Gottes Weisheit und seines Reichtums bewusst zu werden und gleichzeitig zu akzeptieren, dass unsere menschliche Erkenntnis begrenzt ist.
In Momenten der Unsicherheit und des Zweifels kann es herausfordernd sein, die Entscheidungen Gottes zu verstehen.
In den Zeiten, in denen wir vor den Geheimnissen des Lebens stehen, könnten wir uns daran erinnern, wie wunderbar Gott ist.
Seine Entscheidungen sind manchmal unbegreiflich für uns, und seine Pläne sind undurchdringlich. So haben wir gerade im Psalm und in der Lesung gehört.
Ja, aber auch sein Reichtum ist unendlich, seine Weisheit unermesslich, und seine Gedanken sind tiefer als wir es je begreifen können, sagen uns die Texte.
Wir können uns nur einen winzigen Ausschnitt von diesem Reichtum und von dieser Weisheit vorstellen. Doch auch das ist überwältigend: Die Schönheit der Natur, die Harmonie im Universum, die Liebe, die uns umgibt – all das sind Zeugnisse von Gottes Größe und Güte. Es erinnert uns daran, dass wir Teil eines größeren Plans sind, der über unseren menschlichen Verstand hinausgeht.
Und so stehen wir vor den unbegreiflichen Entscheidungen Gottes und den undurchdringlichen Plänen, die er für uns hat. Wir müssen anerkennen, dass wir nicht immer Gottes Absichten erkennen können. Unsere Vorstellungen von Richtig und Falsch, von Gut und Böse mögen manchmal in Konflikt stehen mit dem, was Gott vorhat.
Inmitten dieser Unbegreiflichkeit offenbart sich jedoch gerade die Größe Gottes.
Es erfordert deshalb Mut und gläubiges Vertrauen in Gott, unsere eigenen Pläne loszulassen und uns in die Hände desjenigen zu begeben, der die Zukunft kennt.
Unsere menschliche Begrenztheit wird immer eine Trennlinie zwischen uns und der vollkommenen Erkenntnis Gottes sein. Aber in diesem Spannungsfeld liegt auch ein Segen. Denn gerade in unserer Begrenztheit kann uns unser Glaube helfen, uns auf das Geheimnis Gottes einlassen und uns von seiner Liebe und Gnade umfangen zu wissen. Dann kann sich ein Trost in uns ausbreiten, auch wenn wir weder Gottes Willen noch den Sinn verstehen und auf das „Warum?“ noch keine Antwort finden.
Lasst uns die Gewissheit in unseren Herzen tragen, dass Gott uns niemals allein lässt. Mögen wir seine Gegenwart in jedem Augenblick spüren und uns von seiner Liebe tragen lassen, auch wenn wir nicht alles verstehen.
Am Donnerstag bekam ich eine Online-Umfrage, in der es auch darum ging, ob und wie ich in der Fastenzeit fasten würde? – Das mit dem Fasten ist ja so eine Sache. Für viele bedeutet es, auf etwas zu verzichten: Süßes, Alkohol, andere Konsum- oder Genussartikel, und, und, und… Andere wiederum nehmen sich vor, etwas in ihrem Leben oder an ihrem Lebensstil zu verändern. … und am Ende der Fastenzeit oder vielleicht später wird Resümee gezogen. Wie das wohl ausfallen wird?
Meist bedeutet das Fasten im allgemeinen Verständnis, etwas zu tun, etwas zu leisten. Und was ist dann das Ergebnis? Eine schlankere Figur, besseres körperliches oder seelisches Befinden, das Erfolgsgefühl, etwas erreicht zu haben?! – Denn Leistung muss sich doch lohnen, heißt es manchmal.
Für religiöse Menschen bedeutet das Fasten mitunter auch, eine gewisse Leistung gegenüber Gott erbringen zu wollen; Jetzt zeig ich es ihm mal, wie ernst ich es meine! – Jetzt zeig ich es ihm mal, wie stark ich glaube, denn ich bin ja ein guter Christ, eine gute Christin. Wie oft höre ich, auch z.B. von Angehörigen sterbender Menschen: „Mein Vater, meine Mutter, … waren gute Christ:innen!“
Wer will das wissen?! – Ich will es nicht wissen und mir ist es auch im Hinblick meiner seelsorglichen Arbeit völlig egal, wie gut oder nicht gut er oder sie ihren christlichen Glauben lebt oder gelebt hat.
Erwartet man von mir eine andere, bessere Qualität meiner Leistung wenn jemand vermeintlich guter Christ, gute Christin, guter Katholik, gute Katholikin ist?! Was für eine krude Vorstellung! Aber leider gibt es diesen Leistungs- und Gegenleistungsgedanken noch immer. Und leider gibt es diese Haltung dazu auch noch gegenüber Gott.
Gesetzt also den Fall, ich meine, ein guter Christ, eine gute Christin zu sein: Erwarte ich danach eine bessere Gegenleistung von Gott? Eine Art Anerkennung, einen Preis oder Bonuspunkte wie bei payback oder so?!
Wer etwas aus religiöser Motivation tut, weil er sich dadurch etwas von Gott erhofft, gehört eher zu den Menschen, die meinen, etwas leisten zu müssen, damit Gott ihnen gewogen ist oder sie vielleicht bei ihm noch mehr ‚herausholen können‘.
Heute hören wir jedoch in der Lesung: „Gerecht gemacht aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott ….“
Wie sieht dann unser Beitrag dazu aus? Was müssen wir dafür tun? Wir haben entschieden zu glauben! – Ist es also unsere Leistung, dass wir gerecht gemacht worden sind?!
Ich bin mir nicht sicher, ob es hilft, so an die Sache heran zu gehen. Denn einige Stellen vorher schreibt Paulus im Vers 24 und folgende: „…
Röm 3,24: „Ohne es verdient zu haben, werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus.“
Röm 3,26: „…er (Gott) erweist seine Gerechtigkeit in der gegenwärtigen Zeit, um zu zeigen, dass er gerecht ist und den gerecht macht, der an Jesus glaubt.“
Röm 3,28: „Denn wir sind der Überzeugung, dass der Mensch gerecht wird durch Glauben, unabhängig von Werken des Gesetzes.“
Natürlich zeigt sich unser christlicher Glaube auch in unseren Taten und unseren Werken.
Aber der heutige Lesungstext rückt ins rechte Verständnis, dass diese Taten und Werke nicht Mittel zum Zweck sind. Sie sind nicht die Leistung, die wir bringen müssen, um unser Heil durch Gott gleichsam verdienen zu können.
Vielmehr sind unsere Werke und Taten Ausdruck unseres Glaubens; eines Glaubens, der aus der Hoffnung lebt, dass Christus uns Erlösung gebracht hat. Es ist dieser Glaube, es ist diese Hoffnung, die uns motiviert zum tatkräftigen Zeugnis des Glaubens.
Heute, quasi fast am Scheitelpunkt der diesjährigen Fastenzeit, wird uns noch einmal in Erinnerung gerufen, was wir bereits sind und uns nicht verdienen müssen: Wir SIND gerecht gemacht aus unserem Glauben. Und wir haben durch Jesus Christus HABEN wir im Glauben Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir STEHEN!
Hier geht es also nicht um eine zukünftige Verheißung, sondern um die Beschreibung eines IST-Zustandes. Es ist eine Zusage, keine Vision!!
Wenn wir diesen Gedanken in dieser Zeit verinnerlichen, dann können wir diese Fastenzeit ganz entspannt und ohne den Anspruch, etwas leisten zu müssen, dafür nutzen, die Freude im Glauben zu vertiefen, da wir schon längst gerettet sind, durch Jesus Christus.
Denn, so heißt es auch vorher: Jetzt aber ist (…) die Gerechtigkeit Gottes offenbart worden, (…), die Gerechtigkeit Gottes aus dem Glauben an Jesus Christus, offenbart für alle, die glauben.
Wenn das mal kein Grund ist, zu feiern!
Wenn aus Hoffnung Glaube wird …
Ansprache am 32. Sonntag im Jahreskreis – C – 2022
Erinnern Sie sich daran, wann Sie das letzte Mal mit jemandem über unseren Glauben an die Auferstehung gesprochen haben, so richtig gesprochen im Alltag? Erinnern Sie sich, was der Grund dafür war?
Als Krankenhaus-Seelsorger ploppt dieses Thema bei mir immer wieder in der Begegnung mit Patient:innen auf, gerade auch dann, wenn es um die Frage nach dem Ende des eigenen Lebens und den eigenen Tod geht.
„Was kommt danach?“ oder „Glauben Sie persönlich an die Auferstehung?“
Natürlich fordern mich solche Fragen heraus. Es wäre billig, einfach nur zu behaupten, dass ich schon eine sehr klare und persönliche Antwort habe, weil ich ja christlicher Seelsorger und Priester bin.
Natürlich ist die Frage nach der Auferstehung und dem Leben nach dem Tod Dreh- und Angelpunkt meines christlichen Glaubens.
Dennoch antworte ich lieber: „Ich hoffe auf die Aufstehung!“ – Damit erkenne ich an, dass es auch immer noch offene Fragen gibt oder vielleicht sogar ein Fünkchen Zweifel.
Im Erinnerungsgottesdienst am Donnerstag für die Verstorbenen, der an jedem ersten Donnerstag in unserer Pfarrei stattfindet, war die Schriftlesung aus dem Römerbrief, die wir gerade auch als Lesung gehört haben: „…. Darauf können wir zunächst nur hoffen und warten, obwohl wir schon gerettet sind….“
Als berufsmäßiger Verkündiger der Frohen Botschaft fühle ich mich bei diesen Worten des heiligen Paulus gut aufgehoben. Wenn wir über unseren eigenen Glauben an die Auferstehung sprechen, kommen wir an der Frage des eigenen Sterbens und Todes nicht vorbei, denn Auferstehung gibt es nicht ohne Sterben und Tod.
Kein Wunder also, dass diese Frage schon zu Zeiten Jesu zu theologischen Streitgesprächen geführt hat.
Ich möchte mich heute nicht an diesem Streit aus dem Evangelium abarbeiten. Ich möchte vielmehr darauf hören, was Jesus den Sadduzäern und somit mir und uns sagt: Gott ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten.
Welche Antworten und welche Bilder für uns selber hilfreich sind, diese Zusage Jesu zu verinnerlichen, das liegt in unserer Verantwortung.
Ich möchte dazu ermutigen, sich auf die Suche solcher Antworten, Bilder und Gleichnisse zu machen, weil sie unsere Hoffnung nähren auf das, was wir noch nicht sehen, aber uns zuversichtlich darauf warten lassen, dass sich diese Hoffnung erfüllt, wie der Römerbrief sagt.
„spes“ (lat.) = „Hoffnung“ – Bild von falco auf Pixabay
Schauen wir einfach mal nach Bildern oder Gleichnissen, die uns spontan dazu einfallen:
Mir fallen dazu spontan die drei Folgenden ein:
Das Bild von der Raupe und dem Schmetterling. Die Raupe führt ein mühsames Dasein, frisst und schläft und weiß nichts von der zukünftigen Verwandlung. Aber wir ‚wissen‘, was nach dem Ende des Raupendaseins kommen wird.
Der Vergleich mit den Ungeborenen im Mutterleib. Damals, als wir noch im Bauch unserer Mutter waren, wussten und ahnten wir noch nicht, was da kommen würde. Dort, im Bauch, hatten wir alles, was wir zum leben brauchten: Nahrung, Geborgenheit, Fürsorge der Mutter, Schutz …! Dann der schmerzhafte Geburtsvorgang. Doch was danach kam, hätten wir uns in den kühnsten Träumen im Mutterleib nicht vorstellen können. Und heute? – Würden wir wieder zurück wollen in den Leib der Mutter, der damals für uns alles, unsere ganze Welt war?
Oder das Bild vom Haus mit den verschiedenen Zimmern. Die einen Zimmer stehen für das Diesseits. Und jene, die sterben, durchschreiten eine weitere Tür in ein anderes, unbekanntes Zimmer, aus dem noch niemand zurück ins alte Zimmer gekommen ist. Aber wir wissen, dass wir alle in dem einen gemeinsamen Haus bleiben, nur halt durch eine Tür getrennt. Und was sich hinter der Tür verborgen hält, wissen wir nicht, sondern können wir nur erahnen.
Ich möchte uns alle ermutigen, solche Bilder und Vergleich zu suchen, die uns helfen, die Hoffnung auf Auferstehung und das ewige Leben in uns wach zu halten und damit zuversichtlich Krisen zu überwinden.
Und dann, eines Tages, werden wir es selber erleben … so, dass aus einer Hoffnung eine Gewissheit werde!
Christentum – eigenartig
Gedanken zum Dreifaltigkeitsonntag 2022
Kirchenfenster Kathedrale von Lüttich – Bild von Thomas B. auf Pixabay
Am 12. Juni 2022 begehen wir den Dreifaltigkeits-Sonntag. Dahinter steckt eine Glaubensüberzeugung, die sich in den ersten Jahrhunderten nach Christus konkret ausgeformt hat.
Heute sehen wir, dass das Christentum unter den Religionen der Welt wirklich eigenartig ist.
In den Religionen gibt es manche, die an Gott resp. an Gött:innen glauben und jene, die in ihrer Religion keinen Gott kennen.
Zur letzteren Gruppe gehört der Buddhismus. Buddha gilt zwar als ‚Erleuchteter‘, aber er ist kein Gott. Ebenfalls der Taoismus gehört dazu.
Dann gibt es noch die Religionen, die an einen Gott resp. Gött:innen glauben. Am Einfachsten lässt sich dies an religiösen Handlungen fest machen. Während Taoismus und Budhhismus zwar eine göttlicher Macht kennen, werden sie sich in ihren Gebeten nicht an ein ‚Gegenüber‘ wenden; ihre ‚Gebete‘ sind mehr schweigend, meditierend.
Die Religionen, die Gott kennen, haben im Gebet ein Gegenüber: nämlich Gott oder die Gött:innen.
So besitzt z.B. der „Gott Abrahams“ (Juden, Christen, Moslems) Eigenschaften, die es ihm ermöglichen, mit den Menschen in Kontakt und Beziehung zu sein. Schon im Alten Testament können wir dieses sehr deutlich erkennen. Gott spricht zu den Menschen und die Menschen sprechen zu Gott, auch insbesondere in ihren Gebeten. Die alttestamentlichen Psalmen legen davon eindrückliches Zeugnis ab. Aber Gott spricht nicht nur mit den Menschen, sondern er ist auch ein handelnder Gott: als Schöpfer, als Lenker und Retter (Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei, Einsetzung von Königen und Propheten) und als Richter.
Darin kann man – vereinfacht ausgedrückt – einen Unterschied zwischen Religionen mit und ohne Gott/Gött:innen erkennen.
Unser Christentum glaubt also an einen Gott, der personal ist. Gott ist also wer, wenn wir es so ausdrücken wollen. Wir können zu ihm sagen: „Du, Gott!“ Jedoch mit dem gleichzeitigen Hinweis, dass Gott keinem Geschlecht zugeordnet werden kann. Die Person Gottes nach christlichem Verständnis ist geschlechtslos. (Was aber zu Verwirrungen führen kann, wenn wir erkennen, dass Jesus Gott „seinen Vater“ nennt.)
Der personale Gott ist also ein ‚Gott in Beziehung‘, wie wir z.B. auch sehr eindrücklich in den Worten Jesu im Johannes-Evangelium, da besonders die ‚Abschiedsreden‘ Jesu nach Johannes, Kapitel 14-17.
Ein Gott – drei Personen
Sicherlich wenig logisch erscheint uns auf dem ersten Blick der christliche Glaube an einen Gott in drei Personen.
Das ist reichlich ungewohnt. Entweder kennen wir, wie z.B. aus der vorchristlicher Zeit und der Antike oder auch aus altägyptischer Zeit, den Glauben an viele verschiedene Götter und Göttinnen. Heute finden wir diesen ‚Polytheismus‘, wie der Fachausdruck dafür ist, auch z.B. im hinduistischen Glauben. Unter ihnen gehört das Dreiergespann der Götter Brahma, Vishnu und Shiva vermutlich zu den bekanntesten Göttern.
Dem gegenüber stehen Religionen, die nur einen Gott allein kennen (Monotheismus). Dazu gehören die jüdische Religion, der Islam und das Christentum; die alle drei als die ‚abrahamitischen Religionen‘ bezeichnet werden, weil sie alle auf Abraham zurück gehen. Die zentrale Aussage dieser drei Religionen ist: Es gibt nur EINEN GOTT!
Aber einen Gott in drei Personen?! – Ist das nicht widersprüchlich?
Nun, zumindest ist es für andere Religionen nicht denkbar und wird auch nicht geglaubt: außer im Christentum!
Um solchen Glauben haben zu können, sind weitere Überzeugungen nötig:
2. Gott ist in der Geschichte allen Seins gegenwärtig und erfahrbar. (vgl. dazu auch Joh 1,1-17)
Ausgehend von diesen Grundüberzeugungen können wir von einen Gott ausgehen, der sich personal in der Weltgeschichte zeigt und zwar
1. Als Gott-Schöpfer der ’sich in seiner Schöpfung zeigt und in allem, was ist‘. Das bedeutet, dass wir anhand des Werkes den ‚Urheber des Werkes‘ erkennen können, durch den alles ist, der der Urgrund und Ursprung allen ist, was existiert. Im Alten Testament finden wir in den Schöpfungsberichten dafür zwei Sichtweisen auf diesen Schöpfergott, die auf dem kulturellen Hintergrund der damaligen Menschen entstanden sind: da ist zum einen Gott, der durch das ‚Wort schafft‘ (diesen Gedanken finden wir dann auch im Johannes-Evangelium im 1. Kapitel wieder) und da ist Gott, der ‚durch seiner Hände Arbeit schafft, in dem er den Menschen aus der Erde ‚formte‘ und ihm ‚Lebensodem einhauchte‘. Später zeigt er sich in der Geschichte ’seines Volkes Israel‘ in seinen konkreten historischen Erfahrungen, sei es die ägyptische Sklaverei oder die babylonische Gefangenschaft usw.! Auf diesen Gott der Juden wird sich später auch Jesus von Nazareth berufen und ihn mit „Vater“ anreden – besonderer Ausdruck seiner innigen Beziehung zu Gott, ’seinem Vater‘.
2. Gott als Gott des Bundes mit den Menschen und des Heils für die Menschen. Nachdem der Gott Israels, der alles ins Dasein gesetzt hat, immer wieder erfahren hat, dass sein Bundesangebot mit seinem auserwählten Volk nicht den ’notwendigen Erfolg‘ brachte und Israel immer wieder die Erfahrung von Not, Elend, Unterdrückung und Vertreibung erleben musste (worin das Volk Israel eine Kausalität erkannte, weil es Gott nicht die Treue gehalten hat), war es göttlicher Wille, dass er selber als Mensch in die Welt kommt, leibhaftig und historisch, um für seinen Bund mit den Menschen zu werben und diesen Bund unverbrüchlich zu besiegeln. – So zumindest glauben wir Christ:innen das Leben und Handeln und auch den Tod Jesus von Nazareth, der in seiner eigenen Verkündigung davon geredet hat, der in Liebe mit Gott so innig verbunden war, dass er von sich aus sagen konnte: „ich und der Vater sind eins“ (vgl. Joh 10,30) oder „wer mich sieht, sieht den Vater“ (vgl. Joh 14,9) Das Werben Jesu Christi für den Heilsbund Gottes mit uns Menschen ist der rote Faden im Neuen Testament.
Christus war so sehr eins mit dem Vater und nichts konnte ihn von Gott, seinem Vater trennen (‚absondern‘, vgl. die Bedeutung des Wortes ‚Sünde‘), so dass sie quasi eins waren und als der historische Jesus Gott selbst in die Erdenzeit, in die Dimension von Zeit und Raum leibhaftig eingetreten ist. Dies feiern wir Christ:innen am Weihnachtsfest. Ein schönes Glaubenszeugnis dieses Verständnisses finden wir im Philipperbrief, 2, 6-11.
3. Als Gott, der in der Welt bleibt, wenn gleich nicht leibhaftig als Mensch, sondern in seinem Heiligen Geist Jesus Christus, der Sohn Gottes, beendet seine Lebenszeit hier auf der Erde durch seinen Tod am Kreuz. Aber er ist durch seine Auferstehung in eine neue Seinsform hinübergegangen und – wie er sagte – zu seinem Vater gegangen.
Er wusste aber zugleich, dass die Menschen und die Schöpfung ohne die Gegenwart Gottes immer wieder in der Gefahr sind, von den Wegen des Heiles abzukommen, weil alle Schöpfung noch nicht vollkommen ist; weil Liebe zwar da, aber bruchstückhaft ist; weil das Reich Gottes angebrochen, aber noch nicht vollendet ist.
Ohne ihren ‚Meister‘ leben zu müssen, war auch für seine Jünger:innen unvorstellbar. Er, Jesus, erkannte diese Not und versicherte ihnen den bleibenden Beistand, bevor er zu seinem Vater heim ging. Und der Evangelist Johannes berichtet in einem der Abschiedsreden Jesu davon. Es lohnt sich wirklich, diese Texte zu lesen und zu meditieren. Es spricht so viel Liebe und Fürsorge aus ihnen, die Jesus für seine Jünger:innen empfindet.
Keltisches Symbol für die Dreifaltigkeit (Trinität), Bild von Collette Hughes auf Pixabay
Wenn wir also an diesem Sonntag Gott in seiner Dreifaltigkeit bekennen und feiern, dann bekennen wir damit den einen und denselben Gott, der Person ist und sein Wesen in dreifaltiger Weise uns zur Erkenntnis gebracht hat.
Ich wünsche uns, dass dieser Glaube uns stärkt in Hoffnung und Zuversicht, in Liebe und Barmherzigkeit; uns selber gegenüber aber auch allem um uns herum!
Gott,
der du Schöpfer und Schöpferin bist, wir glauben dich als Person, die alles ins Dasein gerufen hat und ohne die nichts ist.
Gott, der du Gottes Sohn bist, der in innigster Liebe mit dir, dem Vater verbunden ist, der du eins warst und bist als wahrer Mensch und wahrer Gott, Jesus Christus,
Gott, Heiliger Geist, du ewiger Beistand, von dem schon die Schöpfungsgeschichte kündet, dass du über allem schwebtest, bevor es ins Dasein gerufen wurde und der auch heute noch in der Welt gegenwärtig bist, auch wenn wir dich manchmal nicht erkennen,
Du, Dreifaltiger in Person, erfülle unsere Herzen und unseren Geist mit dem Glauben und der tiefsten Hoffnung, dass du der Einzige bist, der alles ist und in dem Alles ist und wir nie von dir getrennt werden. Du, Gott der Beziehung, vertiefe unseren Glauben, dass wir dich – wie auch immer – persönlich ansprechen und bekennen,
als sorgender Vater als liebende Mutter als die Heilige Geistkraft
als das, was du bist
der/die EINE und EINZIGE
gestern, heute und morgen, im Kleinsten und in der Fülle, hier und dort und überall.
„Und was, wenn es die Himmelfahrt und Auferstehung gar nicht gibt …?!“
Meine Gefühlslage ist dann sehr krass, als würde es mir die Beine wegziehen; mir wird flau im Magen und der Druck im Kopf steigt …
So geschehen heute Morgen, als ich die Laudes von „Christi Himmelfahrt“ betete.
Glaubst du an die Auferstehung? Und kennst du auch solche Momente?!
Mich irritieren sie zutiefst.
Der Glaube an die Auferstehung ist in mir so existentiell verankert, dass solche Gedanken verstörend für mich sind.
Aber die Gedanken kommen und sind auf einmal da! Auch als jemand, der an die Auferstehung glaubt, bin ich vor solchen Gedanken nicht gefeit. Wundert dich das? – Mich wunderte es, aber jetzt nicht mehr.
Doch: was mache ich mit solchen Erfahrungen? Was würdest du machen? Beiseite schieben und verdrängen und weiter machen …?
So möchte ich damit nicht umgehen! Auch wenn diese Gedanken mich irritieren: ich möchte mich ihnen stellen; ich muss mich ihnen stellen.
Es sind nämlich die plötzlichen Augenblicke in meinem Leben, die mich als Christ mit der existentiellen Frage meines Christseins konfrontieren. (BTW: vor mir liegt ein Buch von Sören Kirkegaard: „Wie werde ich ein Christ?“ – Zufall?)
Zurück: diesen irritierenden Gedankenblitz lasse ich zu und schau, wohin er mich führt…
Je länger ich ihn ‚im Raum stehen lassen‘, um so mehr drängt sich die Frage in mir auf, was mein Leben sinn-voll sein lässt?
Und diesen Gedanken immer weiter gedacht, sehe ich zwei Pole in meinem Leben. Da ist der eine Pol, der Glaube an die Auferstehung als eine Vision und Hoffnung, aber eine Hoffnung, die so schlecht zu greifen ist. Das formuliert schon Paulus in seinem Brief an die Römer, Kapitel 8, Verse 24-26:
Denn auf Hoffnung hin sind wir gerettet. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung. Denn wie kann man auf etwas hoffen, das man sieht? Hoffen wir aber auf das, was wir nicht sehen, dann harren wir aus in Geduld. So nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, was wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern.
Und der andere Pol ist die Konfrontation mit der Frage: Was ist aber, wenn es die Auferstehung nicht geben sollte? Diese Frage ist auch in meinem Kopf. Sollte ich dann nicht versuchen, darauf eine Antwort zu finden?
Und ich komme dabei auch immer auf eine Antwort, die für mich auch zutiefst ‚christlich‘ ist:
Mein Leben muss auch ohne den Glauben an die Auferstehung sinn-voll sein! Das heißt: alles, was ich tue und erlebe, wofür ich mich einsetze und was meine Überzeugungen sind, dürfen ihre Sinnhaftigkeit nicht verlieren, wenn es die Auferstehung nicht gäbe.
Und wenn ich daraufhin mein Leben gedanklich ‚abklopfe‘, dann komme ich zu einem Punkt, den ich die Bipolariät meiner christlichen Existenz nennen möchte:
Mein Leben, die Liebe, meine Beziehungen, die Freude, das Glück, aber auch die Herausforderungen und Nöte, mein Leiden und mein Unglück, … mein Leben und mein Tod wollen für sich genommen sinn-voll sein.
Dieses Leben als mein Leben anzunehmen, dass ist meine Aufgabe in dieser irdischen Zeit. Das ist der eine Pol meiner Existenz.
Durch den Glauben an die Auferstehung erfährt dieses Leben aber einen ‚Mehrwert‘, der dieses Irdische und Vergänglich mit dem Überirdischen und Unvergänglichen krönt. Der Glaube an die Auferstehung wird bestätigt somit auf Unvergänglichkeit hin, was meine irdische Existenz hier und jetzt schon sinnvoll macht.
Gerd A. Wittka, 26.05.2022, am Fest ‚Christi Himmelfahrt‘
Krasse Gedanken am Fest Christi Himmelfahrt, oder?!
Eher suchen anstatt finden
Glaube
ist für mich mehr
zu suchen,
als
etwas gefunden zu haben.
(Gerd Wittka, 05.04.2021)
Empfang bestätigt!
In neun Monaten feiern wir Weihnachten
Neun Monate vor Weihnachten (dem symbolischen Geburtsfest Jesu Christi) begehen wir das Fest „Verkündigung des Herrn“
Die Szene wird den meisten von uns bekannt sein: der Erzengel Gabriel tritt zu Maria hinzu und verkündigt ihr, dass sie vom Heiligen Geist erfüllt das ‚ewige Wort vom Vater‘, SEINEN Sohn Jesus Christus empfangen habe.
Quelle: www.pixabay.com
Traditionelle Bilder dieses ‚Geschehens‘ sind sehr plastisch, wie auch die biblische ‚Schilderung‘. Schließlich geht es ja um die Geburt eines Menschen und wir ‚wissen‘, dass in der Regel zwischen Geburt und Empfängnis neun Monate liegen. Aber so plastisch diese biblische Erzählung ist, so realistisch ist sie auch. Maria ist nicht voller geistlicher Entzückung, sondern eine sehr bodenständige junge Frau, die um die biologischen Vorgänge durchaus weiß: „Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“
Und auch heute gibt es Menschen, die dieses Ereignis zu sehr biologistisch sehen wollen. Aber lassen diese auch die kritische Frage Mariens zu?!
Verbunden: Glaube und Verstand
Maria ist taff – sie lässt sich trotz ihres Glaubens diese Begegnung mit dem Erzengel nicht gedankenlos über sich ergehen. In dem Wunderbaren verliert sie nicht ihren Verstand, sondern nutzt ihn. Glaube ist auch eine Sache des Verstandes.
Und der Engel antwortet. Aber er begründet dieses Empfängnis nicht biologisch, sondern ‚entführt‘ Maria mit seiner Argumentation quasi in überirdische Sphären, wenn er antwortet: „Heiliger Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten.“ (vgl.
Der Engel versucht erst gar keine biologische Antwort. Er macht sofort deutlich, dass es hier um ein Geschehen aus dem Blickwinkel des Glaubens geht.
Ja, Glaube muss verständlich sein, aber lässt sich mit unseren irdischen Erfahrungen und Sinnen nicht immer begreifen.
Ich denke, darin liegt die spirituelle Spannung dieses Festes.
Es ist müßig, ja geradezu töricht, dieses ‚Ereignis‘ biologisch begreifen zu wollen.
Gabriel und Maria laden uns ein, dieses Geschehen mit dem Augen des Glaubens zu ‚verstehen‘.
Dann verliert dieses Erzählung alle realistische und plastische Klarheit und zeigt das Wahre dieses Festes vielleicht so, wie es ein Glaskünstler mit diesem Kirchenfenster versucht hat, in den Blick zu nehmen:
Hier ist konturen- und schemenhaft mit plastischen Mitteln dargestellt, was mit den Augen des Glaubens sehr konkret wird:
Ein Mensch (hier Maria) ist offen für die Ansprache Gottes in ihrem Leben. In dieser Offenheit für Gott blendet sie aber ihren Verstand nicht aus, sondern nutzt ihn, um zu ergründen und selber zu erkennen. Und sie erkennt und wird erkannt (‚erkannt werden‘ ist die biblische Umschreibung für den biologischen Geschlechtsakt), aber sie wird erkannt nicht mit der Potenz eines Mannes sondern ‚im Heiligen Geist durch die Kraft des Höchsten‘.
Als aufgeklärter und vernunftnutzender Theologe und Christ wird mir mit zunehmendem Alter klarer: Unser Glaube darf und kann sich nicht biologisch und durch Überlieferungen erklären, die wir allein historisch sehen und verstehen wollen.
Um wirklich Glaube sein zu können, muss unserer irdischer Verstand die Bereitschaft haben, die ‚Augen des Glaubens‘ zu nutzen, die uns dann jenen Durchblick verschaffen können, wo unsere leiblichen Augen vielleicht klar sehen, aber letztendlich allenfalls schemenhaft erkennen können.
Nicht die Empfängnis ist das wunderbare, das ich an diesem Tag in den Blick nehme, sondern dass Maria das, was mit ihr geschehen ist, mit den Sinnen des Glaubens erkennen und deshalb dazu ihr „Ad sum“ sagen konnte.
So wurde das biologisch scheinbar Unmögliche in ihr buchstäblich Wirklichkeit.
Verkündigung
Klar und schemenhaft glaubhaft und unglaublich himmlisch und irdisch zweifelhaft glaub-würdig
Vor etwas über eineinhalb Jahren haben sich die Seelsorgerinnen und Seelsorger unserer Pfarrei St. Clemens in Oberhausen darauf verständigt, stärker als bisher sogenannte Zielgruppen-Seelsorge in den Blick zu nehmen.
Eine Zielgruppe ist jene, die trauern und die einen lieben Menschen verloren haben.
Deshalb haben wir einen „Arbeitskreis Trauerpastoral“ gegründet. Ja, ich weiß: bei dem Stichwort „Arbeitskreis“ wird manchen von Ihnen wieder das geflügelte Wort in den Sinn kommen: „Und wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis!“
Aber dem ist nicht so. Ich wage das zu behaupten, nicht nur weil ich selber diesem Kreis angehöre. Wir sind insgesamt zur Zeit sechs Mitglieder. Vier davon sind hauptamtliche SeelsorgerInnen in unserer Pfarrei und aus verschiedenen Bereichen der Seelsorge. Dazu gehören dem Kreis noch zwei Frauen an, die ehrenamtlich tätig sind. Alle Mitglieder haben eine hohe fachliche Qualifizierung in verschiedenen Bereichen wenn es um Sterbende, Tod und Trauer geht. (Und das ist ein Pfund, mit dem wir in unseren Kirchen wuchern können: fachlich hochqualifizierte Personen engagieren sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich!)
Einmal im Monat – an jedem ersten Donnerstag – laden wir zu einem Erinnerungsgottesdienst ein, der keine heilige Messe ist. Eingeladen sind alle Menschen, die spüren, dass sie in Trauer sind. Dabei ist es völlig egal, wie frisch der Verlust ist oder wie lange die Trauerphase schon anhält. Wir wollen einen Raum schaffen, wo diese Trauer sein darf, weil die Trauer wesentlich zur menschlichen Existenz dazugehört und sie eine wirkmächtige Phase im Leben eines Menschen sein kann.
Wenn mir die Frage gestellt würde, warum ich in diesem Kreis mitarbeite, dann würde ich unterschiedliche Aspekte benennen können. Einer ist sicherlich auf die heutige Lesung zurück zu führen:
„Schwestern und Brüder, wir wollen euch über die Entschlafenen nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung mehr haben. (…) Tröstet also einander …“ (1. Thess 4, 13 ff.)
Ich möchte Menschen in Trauer unterstützen, die Trauer als eine wichtige Phase in ihrem Leben wahr- und anzunehmen. Ich möchte sie einladen, die Trauer als ein Weg der Heilung zu erfahren, der ihrem Leben einen Reichtum gibt, der leider nicht ohne Schmerz und Wunden vonstatten geht.
Liebe Schwestern und Brüder, diejenigen von Ihnen, die mich bereits länger kennen, wissen, dass ich in meinen Predigten auch gerne Zeugnis ablege von meinem ganz persönlichen Glauben. So auch bei diesem Thema: Ich bin der festen Überzeugung, dass meine Trauer im christlichen Glauben eine Trauer ist, zu der die Hoffnung wesentlich dazu gehört.
Sie alle, die selbst solche Trauer erlebt haben, können nachvollziehen, wie der Tod eines geliebten Menschen gleichsam den Boden unter den Füßen wegziehen kann. Die Welt um einen herum scheint still zu stehen und vieles scheint so banal, so unwichtig. Schmerz, Zweifel und Unsicherheiten sind die eine Seite der Trauer. Doch ich habe immer wieder – mal stärker, mal schwächer – auch die andere Seite der Trauer erfahren dürfen: die Seite der Hoffnung, der Zuversicht und des Glaubens.
Paulus erlebt schon zu seiner Zeit, wie die Trauer einen Menschen zutiefst erschüttern kann. Auch die frühen Christen war nicht frei von Zweifeln und Anfechtung, wenn sie vom Tod anderer oder auch mit ihrem eigenen Tod konfrontiert wurden.
Hier ein Angebot der Hoffnung zu machen, war damals schon dem heiligen Paulus wichtig, denn in solchen Zeiten ist es nötig, durch Hoffnung zu trösten. Viele jedoch, die trösten wollen, fragen sich: wie?
Können das nur Fachleute, die als TrauerbegleiterInnen ausgebildet sind?
Nein, liebe Schwestern und Brüder, jede und jeder von uns kann in Trauer Trost und Hoffnung geben. Jeder Mensch, der selbst durch die Trauer und Hoffnunglosigkeit gegangen ist und diese nicht verdrängt hat, bringt eine ganz wesentliche Voraussetzung mit, um selber Trost und Hoffnung zu geben.
Was das ist?
Die Fähigkeit, der Trauer und der Hoffnungslosigkeit nicht auszuweichen, sondern sie auszuhalten.
Während einer Abwesenheit konnte ich nicht ins Krankenhaus gerufen werden. Das Kind einer jungen Mutter war gestorben. Ein junger Priesterkollege – der nicht aus der Krankenhaus-Seelsorge kam – war bereit, sich nachts auf den Weg ins Krankenhaus zu machen, um diese junge Mutter zu begleiten. Einige Tage später rief ich meinen Kollegen an und fragte ihn, wie er mit dieser Situation klar gekommen sei, denn schließlich wurde er damit quasi ins kalte Wasser gestoßen. Da sagte er mir, auch etwas enttäuscht: „Mich hatte das Schicksal dieser jungen Mutter sehr berührt, ich konnte nicht viel machen. Ich hatte keine Worte. Ich konnte nur da sein und da bleiben!“
Liebe Schwestern und Brüder, ich habe große Hochachtung vor meinem Kollegen. Und ja, er hat alles richtig gemacht. Zwar glaubte er „nicht viel machen zu können“, dabei hat er alles gegeben, was er geben konnte: seine Anwesenheit, seine Nähe. Er hat nicht die Flucht vor diesem Leid der jungen Mutter ergriffen, sondern hatte den Mut, da zu bleiben, vermeintlich ohnmächtig.
Und ich bin mir sicher, dass er dieser Frau unendlich viel in diesem Augenblick gegeben hat: er war bereit mir ihr in dieser Zeit in ihre Not hinabzusteigen, sie nicht allein zu lassen. Und in seiner Sprachlosigkeit hat er der Sprachlosigkeit der Mutter einen Raum geben und somit auch eine Berechtigung.
Anderen Menschen Trost geben zu können, ist also nicht allein eine Frage der fachlichen Qualifikation, sondern des Mutes, sich selber dieser ( dunklen ) Seite im Leben zu stellen und nicht zu fliehen.
Gebet:
Die Hoffnung ist die Schwester des Glaubens. Von ihr sagt der heilige Paulus im Römer-Brief: (Römer 8, 24ff)
„… Denn auf Hoffnung hin sind wir gerettet. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung. Denn wie kann man auf etwas hoffen, das man sieht? Hoffen wir aber auf das, was wir nicht sehen, dann harren wir aus in Geduld. So nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, was wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern….“
So lasset uns beten:
Heiliger Geist, du unser Beistand, du Atem Gottes, der alles lebendig macht.
Du zerreißt die finstre Nacht der Trauer, du spendest Trost in Leid und Tod.
Wirke du und bete du in uns, wo die Quellen unserer Worte angesichts der Trauer versiegt sind. Halte du in uns den Lebensodem aufrecht, damit wir in der Trauer die Hoffnung spüren, die unsere Wunden, die uns der Tod geschlagen hat, heilen lässt.
Darum bitten wir dich durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herren, der auch für uns von den Toten auferstanden ist und mit dir und dem Vater liebt und lebt in Ewigkeit. Amen.
Das Wirken Jesu bleibt anderen Menschen seiner Zeit nicht verborgen. Sie werden aufmerksam auf ihn und seiner Verkündigung.
Vielleicht ziehen ja auch die wundersamen Erzählungen von Heilungen und Totenerweckungen die Menschen an. Das allein wäre doch schon verständlich genug. Warum sollte jemand, der in Not ist, nicht jede Chance nutzen, nicht nach jedem Strohhalm greifen, den er/sie kriegen kann?
Quelle: www.pixabay.com
Die Frau, deren Tochter „von einem Dämon besessen“, also krank ist, will sich lautstark Gehör verschaffen. Das stört seine Jünger und sie erwarten von ihrem Herrn ein Machtwort. Doch die erste Reaktion Jesu kann verwundern: Er sieht sich nicht ‚zuständig‘ dafür, sich um die hartnäckige Frau zu kümmern, sondern entgegnet dem Ansinnen der Jünger mit den Worten:„…Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt….“.
Das ist schon sehr schroff, manche würden es als herablassend empfinden.
Aber dabei bleibt es nicht, die Frau lässt nicht locker, geht auf ihn zu und fällt vor ihn nieder, wie man vor einem Potentaten, einen Herrscher, einen Machthaber niederfällt, um dessen Gunst zu werben. Die Frau ist in gewisser Weise penetrant und sie sagt unverhohlen, was sie möchte: „Herr, hilf mir!“
Quelle: www.pixabay.com
Doch anstatt sich von ihrer Hartnäckigkeit erweichen zu lassen, setzt Jesus scheinbar eine weitere Schroffheit nach und brüskiert die Frau mit den Worten: „…Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen. …“
Wie viele von uns hätten nach solchen zwei Abweisungen aufgegeben, sich gleichsam geschlagen gegeben und sich ihrem Schicksal gebeugt, alle Pläne, ja den persönlichen Kampf aufgegeben und die Hände in den Schoß gelegt?
Doch diese Frau gibt nicht auf, sie wird von einer inneren Kraft getrieben, die auch diese Abweisung mutig und mit einem gewissen Selbstbewusstsein wegsteckt. Sie behält dadurch ihre Freiheit, sich für ihre Sache einzusetzen. Vielleicht auch im Hinblick auf die eigene Tochter erduldet sie diese vermeintliche Schmach.
Aber nein, dass ist es nicht, wie sich später herausstellt. Sie antwortet ziemlich gewitzt auf Jesus. Ja, sie ist gerade zu geist-reich und kontert Jesus unumwunden.
Irgendwie scheint das die Aufmerksamkeit Jesu zu wecken und er ‚gibt sich dann doch mit ihr ab‘. Ging es ihm mit seiner schroffen Art vielleicht darum, herauszukitzeln, was der Frau wirklich wichtig ist und was sie im Innersten antreibt zu solcher Hartnäckigkeit?
Wir dürfen es annehmen, denn Jesus antwortet ja gerade nicht der Frau: „Okay, ich gebe auf angesichts deiner Hartnäckigkeit!“ sondern er antwortet:
„Frau, dein GLAUBE IST GROSS. Es soll dir geschehen, wie du willst!“
Jesus verändert eine Haltung, die bislang ein zentrales Merkmal der jüdischen Religion war: Der Gott JHWH (gesprochen „Jach-weh“) ist ein Gott der Juden. Die Juden sind SEIN auserwähltes Volk.
Jesus weitet diese Sichtweise, indem er mit dieser Heilungsgeschichte sagen will: nicht die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volk, nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion, nicht die Exklusivität bestimmt den Heilswillen Gottes.
Das ist ein radikaler Paradigmenwechsel, den Jesus da vollzieht. Und dies führt zu noch mehr Konflikten zwischen ihm und den damaligen Juden.
Jesus sagt mit diesem Beispiel: Gott möchte das Heil nicht für eine bestimmte Gruppe von Menschen, sondern Gott möchte das Heil ALLER MENSCHEN!
Und wie immer und wie Sie es auch von mir gewohnt sind, stellt sich wieder die Frage: Was hat das mit mir und mit meinem Leben zu tun?
Um zu verstehen, was der Dreh- und Angelpunkt dieser Heilungsgeschichte ist, ist es wichtig, nicht nur den ersten Blick, sondern auch einen zweiten und vielleicht sogar noch einen dritten Blick zu wagen.
Denn: auf dem ersten Blick könnte man meinen, dass das Thema die „Hartnäckigkeit“ der Frau ist. Dann würde man geneigt sein zu sagen: wir müssen mit unseren Erwartungen an Gott nur hartnäckig genug sein, dann werden wir Gott schon dazu kriegen, dass er uns gibt, was wir brauchen.
Ergo: wenn wir nur hartnäckig genug sind, dann bekommen wir Gott schon rum und auf unsere Seite.
Beim zweiten Blick gibt uns diese Erzählung aber einen anderen Schlüssel an die Hand. Da geht es nämlich um den Glauben der Frau. Hier können wir dann schlussfolgern: es kommt nicht auf unsere Beharrlichkeit an, sondern allein auf unseren Glauben. Wenn wir glauben, dann schenkt Gott uns sein Heil.
Bei diesen beiden Blickweisen fällt eine „wenn-dann“-Logik auf.
Aber führt das weiter?
Ich halte eine solche Sichtweise für problematisch. Diese Problematik wird dann besonders deutlich, wenn wir diese Logik umkehren. Dann hieße es:
weil du nicht beharrlich genug warst, deshalb hat Gott dir nicht geholfen, oder
weil du zu wenig oder gar nicht geglaubt hast, deshalb hat Gott dir nicht geholfen.
Sind wir wirklich davon überzeugt, dass Gott so aufrechnet?!
Ich will einer solchen Sichtweise nicht folgen. Sie wird dann nämlich zynisch, wenn Menschen inständig Gott um Hilfe bitten oder fest an ihn glauben, aber sie das Gefühl haben, dass Gott ihnen nicht hilft.
Wie schnell führt so ein Denken die Menschen zu einer Art Selbstanklage oder Selbstverurteilung?! „Ich habe wohl zu wenig Glauben, deshalb straft Gott mich mit der Krankheit / mit diesem Schicksalsschlag!“
Ein solches Gottesbild habe ich nicht.
Ich bin vielmehr davon überzeugt, dass auch Jesus ein solches Gottesbild in diesem Evangelium nicht vermitteln will. Nicht die Frau ist die erste Adressatin dieses Heilungswunders ist, sondern die anderen, die Jesus begleiten: seine JüngerInnen, die ihn begleiten und die Juden, die ihn aufsuchen auf dem Weg durch die Gemeinden; ihnen – die meinen – dass es ‚ihr‘ Gott ist, auf den sie allein Anspruch haben; ihnen sagt Jesus mit dieser Heilung:
Der Gott JHWH, den ihr als Gott des Volkes Israels verehrt, ist ein Gott aller Menschen! Und folglich dürft nicht nur ihr das Heil von ihm erwarten und erhoffen, sondern alle Menschen, auf der ganzen Welt und zu allen Zeiten!
„Hoffe immer! – Quelle: www.pixabay.com
Als überzeugte und ‚praktizierende‘ ChristInnen dürfen wir uns fragen, ob wir uns nicht auch manchmal auf der Seite der JüngerInnen wiederfinden, die Jesus bitten, die Frau fortzuschicken. Sind wir bereit, von dem heutigen Evangelium zu lernen, dass allen Menschen das Heil Gottes verheißen und zugesagt ist, auch jenen, die nicht ‚mit uns‘ glauben?!
Vielleicht gehen Sie mit dieser Frage in die kommende Woche? Welche Konsequenzen hat das für unser Menschenbild und wie kann das unsere Haltung und unser Verhalten ihnen gegenüber verändern?
Gebet:
Gott, du bist der Gott der ALLES geschaffen hat. Du bist der Gott ALLER MENSCHEN, überall und durch alle Zeiten. Niemandem liebst du mehr oder weniger als andere; niemand darf von dir mehr erwarten, weil er zu einer bestimmten Gruppe oder einer bestimmten Religion oder Konfession angehört. Dieses zu erkennen, bedeutet, anders auf die Menschen zu schauen, die nicht unseren Glauben teilen, aber trotzdem unser aller Schwester und Brüder sind, weil wir alle deine geliebten Kinder sind. Hilf uns, aus diesem Bewusstsein immer wieder neue den Menschen zu begegnen und sie als DEINE geliebten Geschöpfe anzusehen. Darum bitten wir dich durch Jesus Christus, unseren Bruder und Erlöser. Amen.
“ … Es ist mir doch egal, ob ich ewig lebe. Wenn es so kommt, ist es wunderbar – und ich glaube es ja auch. Aber das ist keine Bedingung für meinen Glauben. Näher sind mir in diesem Moment jene Psalmen, die vor dem Auferstehungsglauben angesiedelt sind. Wenn es heißt: „Ich will singen und spielen, mein Leben lang. Möge IHM mein Lied gefallen“ oder „Auch wenn ich sterbe, Gott bleibt mein Herzfels …“ (Arnold Stadler, * 1954, Schriftsteller, gefunden in: TE DEUM, Mai 2020, S. 268)
Als ich diese Worte las, war ich etwas irritiert; von diesem Schriftsteller, der in so wunderbarer Sprache Psalmübertragungen veröffentlicht hat: „Die Menschen lügen. Alle.“
Spontan hatte ich den Gedanken, er wolle unseren christlichen Auferstehungsglauben relativieren. Aber eigentlich macht er genau das Gegenteil: er setzt noch was drauf auf unseren Auferstehungsglauben.
Arnold Stadler macht mir mit seinen Gedanken deutlich, dass christlicher Glaube eben nicht nur reine ‚Jenseitsvertröstung‘ ist. Diese Haltung hat es – Gott sei es geklagt – viel zu lange in der kirchlichen Verkündigung gegeben. Diese ‚Jenseitsvertröstung‘ hat Ungerechtigkeiten und Unterdrückung Tür und Tor geöffnet. Und damit hat sie gezeigt, dass reine ‚Jenseitsvertröstung‘ unchristlich ist.
Das ist nicht meine persönliche Meinung, sondern ich beziehe mich dabei auf Jesus Christus und sein überliefertes Wirken. ER hat die Menschen, die in Not waren, nicht allein auf das Jenseits verwiesen. Bei IHM finde ich solche Worte an Hilfesuchende wie: „Was willst du, das ich dir tue?“
Die zentrale Botschaft Jesu ist das Reich Gottes, das noch nicht vollendet, aber schon mitten unter uns angebrochen ist.
Daraus ziehe ich, dass mein christlicher Glaube schon im Hier und Jetzt sinnvoll und sinngebend sein muss.
Habe ich anfangs irritiert über die Worte von Arnold Stadler reagiert, zeigt er mir nach einem Augenblick des Nachdenkens, dass er gerade mit seinen Worten auf den ‚Mehr-Wert‘ des christlichen Glaubens hinweist, der uns schon jetzt in diesem Leben Sinn geben will.
Diesen Sinn fasst die Mystikerin Edith Stein in eines ihrer Gebete:
„Ohne Vorbehalt und ohne Sorgen, leg‘ ich meinen Tag ich DEINE Hand. Sei mein Heute, sei mein gläubig Morgen, sei mein Gestern – das ich überwand. Frag‘ mich nicht nach meinen Sehnsuchtswegen; bin in DEINEM Mosaik ein Stein. DU wirst mich an die rechte Stelle legen; DEINEM Willen bette ich mich ein.“ (hl. Edith Stein alias Sr. Benedicta a Cruce, Karmelitin)