„Freut euch!“ sagt Paulus. Das klingt schön, aber was, wenn man sich gar nicht danach fühlt? Wenn man trauert, gemobbt wird, krank ist oder Weihnachten vor der Tür steht, man aber keine Freude empfinden kann? Freude kann man doch nicht einfach befehlen oder erzwingen! Was meint Paulus also damit?
Paulus sitzt im Gefängnis, als er diese Worte schreibt. Er rechnet mit Folter oder sogar dem Tod. Trotzdem ermutigt er die Menschen in Philippi: „Freut euch dennoch!“ Er spricht von einer tiefen inneren Haltung, nicht von oberflächlicher Fröhlichkeit. Paulus meint: Seht nicht nur das Negative, bleibt gelassen und lasst euch nicht unterkriegen – trotz aller Schwierigkeiten.
Paulus sagt: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!“ Diese Freude entsteht aus dem Vertrauen, dass wir zu Gott gehören und in ihm geborgen sind – wie ein Kind im Mutterleib. Egal, was passiert, Gott ist bei uns. Paulus erinnert uns: Ob wir leben oder sterben, wir gehören Gott.
Es gibt Menschen, die keine Freude mehr empfinden können. Ihr Leben scheint nur aus Mühe und Sorgen zu bestehen. Ihre Gesichter sind voller Falten, sie klagen und auch der Glaube wirkt wie eine Last. Solchen Menschen zu sagen: „Freut euch!“ klingt sinnlos, aber genau sie brauchen diese Botschaft am meisten.
Andere Menschen strahlen Freude aus, auch wenn sie schwere Zeiten durchgemacht haben. Diese Freude kommt von innen und zeigt sich in einer positiven Lebenseinstellung. Genau diese Haltung meint Paulus. Freude lässt sich nicht erzwingen, aber man kann sie lernen.
Freude ist wie ein Licht, das wir schützen müssen. Viele Dinge können sie zerstören: Neid, Streit, Sorgen oder Unzufriedenheit. Diese negativen Einflüsse sind wie ein Glas, das Licht erstickt, oder wie Steine, die auf die Flamme drücken.
Um Freude zu bewahren, können wir versuchen, folgende Impulse in unserem Leben umzusetzen:
Lerne, dich selbst zu mögen und dir etwas zuzutrauen. Wir sollten genießen können – wer nicht genießen kann, wird ungenießbar. Gut zu denken, zu handeln und andere gelten zu lassen, schenkt innere Zufriedenheit.
Sorgen gehören zum Leben, aber sie dürfen uns nicht beherrschen. Denken wir an den großartigen Satz Jesu: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch Ruhe verschaffen.“ (Mt 11,28). Wer seine Sorgen Gott hinhält, der lässt sie los und gibt damit der Freude Platz und Luft.
Wer Freude sich trägt, wird auch Frieden finden – mit sich selbst, mit anderen und mit Gott. Paulus verspricht: „Der Friede Christi, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und Gedanken bewahren.“
Ich wünsche uns allen Mut und Kraft, diese Freude im Alltag zu leben. Sie hat die Macht, alles Schwere zu verbannen und das Wertvolle hervorzubringen. Vielleicht können wir so auch Weihnachten mit neuen Augen betrachten.
In unserer Pfarrei bieten wir seit fast drei Jahren Trauergruppen an.
Mittlerweile ist die Nachfrage so groß geworden, dass wir zwei Gruppen parallel durchführen.
In einer Gruppe, die ich mit einer Gemeindereferentin leite, fragte in einer Gruppenstunde eine jüngere Teilnehmerin, ob wir uns nicht auch mal über unsere persönliche Hoffnung und Vorstellung austauschen könnten, über die Frage, was nach unserem irdischen Leben kommt und uns erwartet?
Wir haben uns auf diesen Austausch eingelassen, denn uns war bewusst, dass wir das Thema nicht so einfach abtun könnten, in dem wir darauf hinweisen, dass Christ:innen ja an eine Auferstehung von den Toten glauben.
Die Frage, was nach dem irdischen Leben kommt, ist einerseits für uns Christ:innen klar, aber andererseits ist der Glaube an die Auferstehung ja mehr eine Hoffnung auf Auferstehung.
In diesem Zusammenhang kam mir eine Passage aus dem Römerbrief des heiligen Paulus in den Sinn:
Hier macht Paulus deutlich, dass unsere gläubige Hoffnung auf die Auferstehung auch immer etwas Ungewissheit beinhaltet. Das liegt aber im Wesen der Hoffnung und unseres Glaubens und zeigt keinen mangelhaften christlichen Glauben an, wann immer wieder die Frage in uns auftaucht, ob es auch wirklich so kommt?
Foto: Gerd A. Wittka, 31.10.2024
Wenn ich – wie am vergangenen Donnerstag – am Grab meiner Mutter war, dann ertappe ich mich oft mit den Gedanken: „Ich wünsche dir, Mama, dass sich deine gläubige Hoffnung erfüllt hat!“
Dieser Satz macht mir deutlich, in welcher Spannung sich unser Glaube befindet, wenn wir bekennen, dass wir an die Auferstehung nach unserem irdischen Leben glauben, dies aber nur in der Hoffnung auf Auferstehung tun können.
EINE Hoffnung …
„Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung …“
Epheser 4,4
Heute Morgen lese ich dieses Wort aus dem Epheser-Brief. Ich bleibe bei den Worten stecken: „einer Hoffnung“. Da steht nicht nur allgemein ‚Hoffnung‘ sondern eine Hoffnung. Und ich frage mich: welche eine Hoffnung?
(c) Gerd A. Wittka, 2024, erstellt mittels KI
Offenbar denkt Paulus an die eine und entscheidende Hoffnung, die den christlichen Glauben prägt.
Würde ich gefragt, worauf ich durch meinen christlichen Glauben hoffe, mir fielen mehrere Punkte ein, die ich nennen könnte:
Vergebung
Friede
Versöhnung
innere Stärke
Liebe
Ewiges Leben
Auferstehung
Barmherzigkeit
…
Wenn ich nach dem einen Begriff suche, der die zentrale Hoffnung zum Ausdruck bringt, die meinen christlichen Glauben ausmacht, welcher würde es sein?
Darüber muss ich noch mal meditieren …
Und hättest du schon eine Antwort für dich? Dann schreib es gerne in die Kommentare.
Zu Christus …
Christus, Bruder, ich habe gelernt: wer sich zu dir bekennt bildet Gemeinschaft mit jenen, die sich ebenfalls zu dir bekennen. Diese Gemeinschaft – deine Jünger:innen – sind Kirche, die ‚ekklesia‘.
Schau auf diese Gemeinschaft in dieser Zeit, da so viel Fehlerhaftes und so viel Schuld zu Tage tritt.
Ich frage mich, wie ich noch dazu gehören kann? Und dann merke ich: ich gehöre zu DIR!
Es geht in allen Fragen der Kirche auch um die Frage:
Welchen Platz hast du in ihrem Leben? Welchen Platz hast du in meinem Leben, damit ich weiterhin zu DIR und damit zur Kirche gehören kann?!
Deshalb komme ich heute zu DIR mit meinen Fragen, mit meinen Zweifeln, mit dem Gefühl, es nicht mehr (er)tragen zu können.
Wenn es stimmt, dass DU nur durch UNS in dieser Welt wirken willst, dann kann ich doch gar nicht anders, als BEI DIR und in der Kirche zu bleiben, denn DU bist doch ihr Dreh- und Angelpunkt!
Also komme ich heute zu DIR und bitte DICH um deinen Rat und Beistand, um deinen Geist: hilf uns, uns immer an DIR fest zu machen aus deinem Geist zu glauben und zu leben.
Hilf uns in dieser Zeit immer wieder und inniger zu beten.
Das Gebet ist die Verbindung, die die Reben am Rebstock halten.
Binde du mich immer enger an DICH!
Zeige mir, zeige uns, was gut und richtig, was nötig ist in dieser Zeit.
OHNE DICH sind wir – deine Kirche – nur ein Haufen von Menschen die sich irgendwie organisieren und reden von Gott und von dir und dem Heiligen Geist.
Wirke du! WIR brauchen DICH!
(c) Gerd Wittka, 24.09.2023
Kassenloses Einkaufen …
… und die Zukunft der Kirche
Heute sah ich einen TV-Bericht, wie in einem deutschen Bahnhof ein Pilotprojekt läuft. Es geht um ein kleines Geschäft, in dem die Kund:innen kassenlos einkaufen können. Wer sich zuvor über eine Smartphone-App registriert hat, bekommt den Zugang zum Laden und kann sich seine Ware einfach so in die eigene mitgebrachte Tasche stecken. Wenn dann alles ‚gekauft‘ wurde, verlässt die Kundin/der Kunde einfach den Laden, ohne sichtbar zu bezahlen. Die Erfassung der gekauften Ware erfolgt über Kameras und die Bezahlung online und bargeldlos.
Dieser Bericht endete dann jedoch mit einem gegenteiligen Beispiel:
In einer Kleinstadt gibt es einen Supermarkt, in dem es eine ‚Plauder-Kasse‘ gibt. Hier können sich Kund:innen nach alter Tante-Emma-Laden-Sitte einen Plausch mit der Kassiererin gönnen, ohne dass gleich andere Kund:innen dahinter stehen und nervös werden. Denn: wer sich an diese Kasse stellt, darf (und muss) sich zwangsläufig etwas mehr Zeit lassen (wollen). Hier wird der persönliche Kund:innen-Kontakt groß geschrieben.
Vorbild für heutige Kirche?
Und was haben diese Shopping-Beispiele nun mit der Kirche zu tun? – Soll die Kirche der Zukunft etwa so eine Art ‚Selbstbedienungsladen‘ sein? (Manche haben schon seit vielen Jahren die ‚Sorge‘, dass das passieren könnte. Ob die Sorge aber berechtigt ist, ist noch nicht beantwortet.)
Ich erkenne an diesen Shopping-Beispielen etwas, was durchaus auf die Kirche übertragen werden kann.
Denn: die Menschen in der Kirche sind keine homogene Gruppe. Die Menschen kommen mit unterschiedlichen Biographien und Glaubenserfahrungen in unser kirchliches Leben (wenn sie denn noch kommen!). Und sie haben auch unterschiedliche Ansprüche und Bedürfnisse, gerade was die spirituelle Dimension ihres Lebens angeht.
Manche sind wie die Kund:innen in diesem kassenlosen Laden. Sie sind registrierte Mitglieder und in bestimmten Phasen ihres Lebensweges kommen sie an diesem kassenlosen Geschäft vorbei und denken sich: „Ach, da kann ich ja noch etwas Proviant für meine Reise mitnehmen. Aber ich will das buchstäblich im Vorbeigehen und auch ohne großen Aufhebens erledigen!“ Für solche Menschen ist dieses kassenlose Geschäft sicherlich situativ die richtige Lösung, um ihre Anliegen und Bedürfnisse zu ihrem Recht kommen zu lassen. Ähnliche Ansprüche und Bedürfnisse finden wir auch bei vielen Menschen, die die Angebote unserer Kirche nutzen wollen.
Und dann gibt es jene, die verbinden mit dem Shopping (um im obigen Beispiel zu bleiben) viel persönliche Begegnung und auch den Austausch mit anderen. Sie wollen nicht anonymisiert durch den Laden ‚cruisen‘. Sie möchten wahrgenommen werden; vielleicht schon von Anfang an am Eingang persönlich begrüßt werden. Und sie möchten Ansprechpartner:innen haben, wenn sie ein bestimmtes Produkt suchen, es aber nicht finden. Am Ende möchten sie auch nicht so stickum den Laden verlassen. Sie möchten sich bis zum Ende begleitet wissen durch menschlichen Kontakt, der sich nicht auf das rein Formale beschränkt, sondern zu einem Ort der persönlichen Begegnung und Beziehung wird.
Es ist ein Leichtes, dieses letzte Beispiel auf die Bedürfnisse vieler Menschen zu übertragen, die die Dienste der Kirche nicht nur gelegentlich in Anspruch nehmen wollen. Wir persönlich kennen viele von denen, die ihr Glaubensleben in und mit der Kirche als ein ganzheitliches Geschehen verstehen, dass auch sehr persönlich ist. Sie verbinden das kirchliche Leben mit einer sehr persönlichen Beziehungserfahrung, wo ihnen buchstäblich „An-sehen verschafft“ wird durch Menschen und nicht durch seelenlose Scan- und Überwachungskameras!
Kirche als Dienstleisterin
Bei diesem Schlagwort werden sicherlich einige Katholik:innen zusammen zucken! Kirche ist doch keine Dienstleisterin, sagen sie. Kirche sie eine Gemeinschaft von Menschen, die an Jesus Christus glauben! Theoretisch und theologisch haben sie Recht!
Doch was nützt eine solche formale Gemeinschaft, wenn Menschen sie nicht als Gemeinschaft erleben und erfahren, sondern eigentlich nur als eine Institution oder Organisation, noch dazu, die Aussagen macht, die ihr persönliches Leben ziemlich direkt betrifft?!
Ich habe zunehmend die Sorge, dass unsere Kirche mehr und mehr gefährdet ist, menschlich apathisch zu sein!
Dabei brauchen wir gar nicht auf die Spitze der Kirche in Rom oder auch auf Bistumsleitungen zu zeigen. Bereits bei uns in den Pfarreien liegt das Problem. Ich könnte hier sehr konkrete Beispiele aus der Nähe nennen. Ein wichtiges Thema ist z.B. das Thema ‚Wertschätzung ehrenamtlicher Arbeit in der Pfarrei‘, weitere Themenkomplexe wären die Behandlung von Themen, die eine Alltagsrelevanz für die Menschen betreffen, wie:
‚Sexualität und Glaube‘,
medizin-ethische Fragen bei existentiellen Behinderungen, Erkrankungen oder am Lebensende,
geistliche Begleitung von Einzelpersonen,
Förderung geistlicher oder gemeinschaftsstiftender Initiativen,
moralische Verantwortungsübernahme zur Gestaltung von Gesellschaft und Staat
Integrationsförderung von Menschen unterschiedlicher Ethnien, Religionszugehörigkeiten oder Weltanschauungen in das lokale Lebensumfeld,
sozial-caritatives Engagement im Stadtteil …
Stattdessen:
Wir machen und tun, organisieren und veranstalten: doch all das wirkt ritualisiert und vielleicht sogar hohl, wenn etwas nicht mehr im Zentrum unseres kirchlichen Lebens steht:
Der Mensch als Individuum mit seinen eigenen und sehr persönlichen Ansprüchen, Erwartungen und auch existentiellen geistlichen Sehnsüchten, die einher gehen mit ganz elementaren menschlichen Bedürfnissen.
Erinnern wir uns noch an die Worte Jesu, wenn Menschen zu ihm kamen und ihn um Hilfe und Heilung baten?
„Was willst DU, das ich DIR tue?“ (vgl. Lk 18,41)
Diese Frage muss auch zur Leitfrage all unseres kirchlichen Lebens und Handelns werden. Sonst kann kirchliches Leben in einer zunehmenden säkularen Gesellschaft weder Sauerteig noch Salz der Erde sein.
Bilder – wenn nicht näher angegeben: www.pixabay.com
Nachtrag:
Aus gegebenem Anlass und angesichts der erschreckenden Meldung über die noch nie dagewesene Austrittswelle in unserer katholischen Kirche möchte ich hier meine Einleitung zum sonntäglichen Gottesdienst widergeben.
Warum sind wir heute eigentlich hier? Die Nachrichten der letzten Tage über die nie da gewesene Austrittswelle aus der katholischen Kirche lässt diese Frage berechtigt erscheinen!
Warum bin ich heute hier? Was suche ich, im Gottesdienst und in der Gemeinschaft hier?
Benedikt beschreibt als wichtigste Voraussetzung zur Aufnahme in den Orden, dass der Bewerber „Gottsuchender“ sein muss, nicht mehr aber auch nicht weniger.
Gott zu suchen, sich von ihm für unseren Alltag inspirieren zu lassen, kann eine Grund sein, warum wir trotzdem hier und nicht „eigentlich noch hier“ sind.
Gerd Wittka, Einleitung zur Eucharistiefeier am 13. Sonntag im Jahreskreis – A – 2023