„Von Gott umgeben“ – so steht es über diesem Erinnerungsgottesdienst. Für manche steht hinter diesem Motto ein Fragezeichen. Für andere ein Punkt oder sogar ein Ausrufezeichen!
Wir möchten heute hinter diesem Wort ein Ausrufezeichen setzen. Zugleich wissen wir aber um die Schwierigkeit dieser Aussage.
Unser Glaube will uns sagen: Von Gott sind wir in jedem Moment unseres Lebens umgeben, so wie das Meer die Fische umgibt.
Ob wir es wahrnehmen oder nicht: Gott ist immer da! Das ist auch seine biblische Selbstzusage: „Ich-bin-der-ich-bin-da!“
In den Höhen und Tiefen unseres Daseins, in den Zeiten der Freude und der Trauer, ist Gott an unserer Seite. Seine Liebe und Gnade umhüllen uns wie ein schützender Mantel.
Von dem Theologen Karl Rahner stammt das Wort:
„Glauben heißt nichts anderes, als die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang auszuhalten.“
(Karl Rahner SJ)
Dieses Wort sagt mir: sich Gottes Weisheit und seines Reichtums bewusst zu werden und gleichzeitig zu akzeptieren, dass unsere menschliche Erkenntnis begrenzt ist.
In Momenten der Unsicherheit und des Zweifels kann es herausfordernd sein, die Entscheidungen Gottes zu verstehen.
In den Zeiten, in denen wir vor den Geheimnissen des Lebens stehen, könnten wir uns daran erinnern, wie wunderbar Gott ist.
Seine Entscheidungen sind manchmal unbegreiflich für uns, und seine Pläne sind undurchdringlich. So haben wir gerade im Psalm und in der Lesung gehört.
Ja, aber auch sein Reichtum ist unendlich, seine Weisheit unermesslich, und seine Gedanken sind tiefer als wir es je begreifen können, sagen uns die Texte.
Wir können uns nur einen winzigen Ausschnitt von diesem Reichtum und von dieser Weisheit vorstellen. Doch auch das ist überwältigend: Die Schönheit der Natur, die Harmonie im Universum, die Liebe, die uns umgibt – all das sind Zeugnisse von Gottes Größe und Güte. Es erinnert uns daran, dass wir Teil eines größeren Plans sind, der über unseren menschlichen Verstand hinausgeht.
Und so stehen wir vor den unbegreiflichen Entscheidungen Gottes und den undurchdringlichen Plänen, die er für uns hat. Wir müssen anerkennen, dass wir nicht immer Gottes Absichten erkennen können. Unsere Vorstellungen von Richtig und Falsch, von Gut und Böse mögen manchmal in Konflikt stehen mit dem, was Gott vorhat.
Inmitten dieser Unbegreiflichkeit offenbart sich jedoch gerade die Größe Gottes.
Es erfordert deshalb Mut und gläubiges Vertrauen in Gott, unsere eigenen Pläne loszulassen und uns in die Hände desjenigen zu begeben, der die Zukunft kennt.
Unsere menschliche Begrenztheit wird immer eine Trennlinie zwischen uns und der vollkommenen Erkenntnis Gottes sein. Aber in diesem Spannungsfeld liegt auch ein Segen. Denn gerade in unserer Begrenztheit kann uns unser Glaube helfen, uns auf das Geheimnis Gottes einlassen und uns von seiner Liebe und Gnade umfangen zu wissen. Dann kann sich ein Trost in uns ausbreiten, auch wenn wir weder Gottes Willen noch den Sinn verstehen und auf das „Warum?“ noch keine Antwort finden.
Lasst uns die Gewissheit in unseren Herzen tragen, dass Gott uns niemals allein lässt. Mögen wir seine Gegenwart in jedem Augenblick spüren und uns von seiner Liebe tragen lassen, auch wenn wir nicht alles verstehen.
Am Donnerstag bekam ich eine Online-Umfrage, in der es auch darum ging, ob und wie ich in der Fastenzeit fasten würde? – Das mit dem Fasten ist ja so eine Sache. Für viele bedeutet es, auf etwas zu verzichten: Süßes, Alkohol, andere Konsum- oder Genussartikel, und, und, und… Andere wiederum nehmen sich vor, etwas in ihrem Leben oder an ihrem Lebensstil zu verändern. … und am Ende der Fastenzeit oder vielleicht später wird Resümee gezogen. Wie das wohl ausfallen wird?
Meist bedeutet das Fasten im allgemeinen Verständnis, etwas zu tun, etwas zu leisten. Und was ist dann das Ergebnis? Eine schlankere Figur, besseres körperliches oder seelisches Befinden, das Erfolgsgefühl, etwas erreicht zu haben?! – Denn Leistung muss sich doch lohnen, heißt es manchmal.
Für religiöse Menschen bedeutet das Fasten mitunter auch, eine gewisse Leistung gegenüber Gott erbringen zu wollen; Jetzt zeig ich es ihm mal, wie ernst ich es meine! – Jetzt zeig ich es ihm mal, wie stark ich glaube, denn ich bin ja ein guter Christ, eine gute Christin. Wie oft höre ich, auch z.B. von Angehörigen sterbender Menschen: „Mein Vater, meine Mutter, … waren gute Christ:innen!“
Wer will das wissen?! – Ich will es nicht wissen und mir ist es auch im Hinblick meiner seelsorglichen Arbeit völlig egal, wie gut oder nicht gut er oder sie ihren christlichen Glauben lebt oder gelebt hat.
Erwartet man von mir eine andere, bessere Qualität meiner Leistung wenn jemand vermeintlich guter Christ, gute Christin, guter Katholik, gute Katholikin ist?! Was für eine krude Vorstellung! Aber leider gibt es diesen Leistungs- und Gegenleistungsgedanken noch immer. Und leider gibt es diese Haltung dazu auch noch gegenüber Gott.
Gesetzt also den Fall, ich meine, ein guter Christ, eine gute Christin zu sein: Erwarte ich danach eine bessere Gegenleistung von Gott? Eine Art Anerkennung, einen Preis oder Bonuspunkte wie bei payback oder so?!
Wer etwas aus religiöser Motivation tut, weil er sich dadurch etwas von Gott erhofft, gehört eher zu den Menschen, die meinen, etwas leisten zu müssen, damit Gott ihnen gewogen ist oder sie vielleicht bei ihm noch mehr ‚herausholen können‘.
Heute hören wir jedoch in der Lesung: „Gerecht gemacht aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott ….“
Wie sieht dann unser Beitrag dazu aus? Was müssen wir dafür tun? Wir haben entschieden zu glauben! – Ist es also unsere Leistung, dass wir gerecht gemacht worden sind?!
Ich bin mir nicht sicher, ob es hilft, so an die Sache heran zu gehen. Denn einige Stellen vorher schreibt Paulus im Vers 24 und folgende: „…
Röm 3,24: „Ohne es verdient zu haben, werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus.“
Röm 3,26: „…er (Gott) erweist seine Gerechtigkeit in der gegenwärtigen Zeit, um zu zeigen, dass er gerecht ist und den gerecht macht, der an Jesus glaubt.“
Röm 3,28: „Denn wir sind der Überzeugung, dass der Mensch gerecht wird durch Glauben, unabhängig von Werken des Gesetzes.“
Natürlich zeigt sich unser christlicher Glaube auch in unseren Taten und unseren Werken.
Aber der heutige Lesungstext rückt ins rechte Verständnis, dass diese Taten und Werke nicht Mittel zum Zweck sind. Sie sind nicht die Leistung, die wir bringen müssen, um unser Heil durch Gott gleichsam verdienen zu können.
Vielmehr sind unsere Werke und Taten Ausdruck unseres Glaubens; eines Glaubens, der aus der Hoffnung lebt, dass Christus uns Erlösung gebracht hat. Es ist dieser Glaube, es ist diese Hoffnung, die uns motiviert zum tatkräftigen Zeugnis des Glaubens.
Heute, quasi fast am Scheitelpunkt der diesjährigen Fastenzeit, wird uns noch einmal in Erinnerung gerufen, was wir bereits sind und uns nicht verdienen müssen: Wir SIND gerecht gemacht aus unserem Glauben. Und wir haben durch Jesus Christus HABEN wir im Glauben Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir STEHEN!
Hier geht es also nicht um eine zukünftige Verheißung, sondern um die Beschreibung eines IST-Zustandes. Es ist eine Zusage, keine Vision!!
Wenn wir diesen Gedanken in dieser Zeit verinnerlichen, dann können wir diese Fastenzeit ganz entspannt und ohne den Anspruch, etwas leisten zu müssen, dafür nutzen, die Freude im Glauben zu vertiefen, da wir schon längst gerettet sind, durch Jesus Christus.
Denn, so heißt es auch vorher: Jetzt aber ist (…) die Gerechtigkeit Gottes offenbart worden, (…), die Gerechtigkeit Gottes aus dem Glauben an Jesus Christus, offenbart für alle, die glauben.
Wenn das mal kein Grund ist, zu feiern!
Wenn aus Hoffnung Glaube wird …
Ansprache am 32. Sonntag im Jahreskreis – C – 2022
Erinnern Sie sich daran, wann Sie das letzte Mal mit jemandem über unseren Glauben an die Auferstehung gesprochen haben, so richtig gesprochen im Alltag? Erinnern Sie sich, was der Grund dafür war?
Als Krankenhaus-Seelsorger ploppt dieses Thema bei mir immer wieder in der Begegnung mit Patient:innen auf, gerade auch dann, wenn es um die Frage nach dem Ende des eigenen Lebens und den eigenen Tod geht.
„Was kommt danach?“ oder „Glauben Sie persönlich an die Auferstehung?“
Natürlich fordern mich solche Fragen heraus. Es wäre billig, einfach nur zu behaupten, dass ich schon eine sehr klare und persönliche Antwort habe, weil ich ja christlicher Seelsorger und Priester bin.
Natürlich ist die Frage nach der Auferstehung und dem Leben nach dem Tod Dreh- und Angelpunkt meines christlichen Glaubens.
Dennoch antworte ich lieber: „Ich hoffe auf die Aufstehung!“ – Damit erkenne ich an, dass es auch immer noch offene Fragen gibt oder vielleicht sogar ein Fünkchen Zweifel.
Im Erinnerungsgottesdienst am Donnerstag für die Verstorbenen, der an jedem ersten Donnerstag in unserer Pfarrei stattfindet, war die Schriftlesung aus dem Römerbrief, die wir gerade auch als Lesung gehört haben: „…. Darauf können wir zunächst nur hoffen und warten, obwohl wir schon gerettet sind….“
Als berufsmäßiger Verkündiger der Frohen Botschaft fühle ich mich bei diesen Worten des heiligen Paulus gut aufgehoben. Wenn wir über unseren eigenen Glauben an die Auferstehung sprechen, kommen wir an der Frage des eigenen Sterbens und Todes nicht vorbei, denn Auferstehung gibt es nicht ohne Sterben und Tod.
Kein Wunder also, dass diese Frage schon zu Zeiten Jesu zu theologischen Streitgesprächen geführt hat.
Ich möchte mich heute nicht an diesem Streit aus dem Evangelium abarbeiten. Ich möchte vielmehr darauf hören, was Jesus den Sadduzäern und somit mir und uns sagt: Gott ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten.
Welche Antworten und welche Bilder für uns selber hilfreich sind, diese Zusage Jesu zu verinnerlichen, das liegt in unserer Verantwortung.
Ich möchte dazu ermutigen, sich auf die Suche solcher Antworten, Bilder und Gleichnisse zu machen, weil sie unsere Hoffnung nähren auf das, was wir noch nicht sehen, aber uns zuversichtlich darauf warten lassen, dass sich diese Hoffnung erfüllt, wie der Römerbrief sagt.
„spes“ (lat.) = „Hoffnung“ – Bild von falco auf Pixabay
Schauen wir einfach mal nach Bildern oder Gleichnissen, die uns spontan dazu einfallen:
Mir fallen dazu spontan die drei Folgenden ein:
Das Bild von der Raupe und dem Schmetterling. Die Raupe führt ein mühsames Dasein, frisst und schläft und weiß nichts von der zukünftigen Verwandlung. Aber wir ‚wissen‘, was nach dem Ende des Raupendaseins kommen wird.
Der Vergleich mit den Ungeborenen im Mutterleib. Damals, als wir noch im Bauch unserer Mutter waren, wussten und ahnten wir noch nicht, was da kommen würde. Dort, im Bauch, hatten wir alles, was wir zum leben brauchten: Nahrung, Geborgenheit, Fürsorge der Mutter, Schutz …! Dann der schmerzhafte Geburtsvorgang. Doch was danach kam, hätten wir uns in den kühnsten Träumen im Mutterleib nicht vorstellen können. Und heute? – Würden wir wieder zurück wollen in den Leib der Mutter, der damals für uns alles, unsere ganze Welt war?
Oder das Bild vom Haus mit den verschiedenen Zimmern. Die einen Zimmer stehen für das Diesseits. Und jene, die sterben, durchschreiten eine weitere Tür in ein anderes, unbekanntes Zimmer, aus dem noch niemand zurück ins alte Zimmer gekommen ist. Aber wir wissen, dass wir alle in dem einen gemeinsamen Haus bleiben, nur halt durch eine Tür getrennt. Und was sich hinter der Tür verborgen hält, wissen wir nicht, sondern können wir nur erahnen.
Ich möchte uns alle ermutigen, solche Bilder und Vergleich zu suchen, die uns helfen, die Hoffnung auf Auferstehung und das ewige Leben in uns wach zu halten und damit zuversichtlich Krisen zu überwinden.
Und dann, eines Tages, werden wir es selber erleben … so, dass aus einer Hoffnung eine Gewissheit werde!
Christentum – eigenartig
Gedanken zum Dreifaltigkeitsonntag 2022
Kirchenfenster Kathedrale von Lüttich – Bild von Thomas B. auf Pixabay
Am 12. Juni 2022 begehen wir den Dreifaltigkeits-Sonntag. Dahinter steckt eine Glaubensüberzeugung, die sich in den ersten Jahrhunderten nach Christus konkret ausgeformt hat.
Heute sehen wir, dass das Christentum unter den Religionen der Welt wirklich eigenartig ist.
In den Religionen gibt es manche, die an Gott resp. an Gött:innen glauben und jene, die in ihrer Religion keinen Gott kennen.
Zur letzteren Gruppe gehört der Buddhismus. Buddha gilt zwar als ‚Erleuchteter‘, aber er ist kein Gott. Ebenfalls der Taoismus gehört dazu.
Dann gibt es noch die Religionen, die an einen Gott resp. Gött:innen glauben. Am Einfachsten lässt sich dies an religiösen Handlungen fest machen. Während Taoismus und Budhhismus zwar eine göttlicher Macht kennen, werden sie sich in ihren Gebeten nicht an ein ‚Gegenüber‘ wenden; ihre ‚Gebete‘ sind mehr schweigend, meditierend.
Die Religionen, die Gott kennen, haben im Gebet ein Gegenüber: nämlich Gott oder die Gött:innen.
So besitzt z.B. der „Gott Abrahams“ (Juden, Christen, Moslems) Eigenschaften, die es ihm ermöglichen, mit den Menschen in Kontakt und Beziehung zu sein. Schon im Alten Testament können wir dieses sehr deutlich erkennen. Gott spricht zu den Menschen und die Menschen sprechen zu Gott, auch insbesondere in ihren Gebeten. Die alttestamentlichen Psalmen legen davon eindrückliches Zeugnis ab. Aber Gott spricht nicht nur mit den Menschen, sondern er ist auch ein handelnder Gott: als Schöpfer, als Lenker und Retter (Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei, Einsetzung von Königen und Propheten) und als Richter.
Darin kann man – vereinfacht ausgedrückt – einen Unterschied zwischen Religionen mit und ohne Gott/Gött:innen erkennen.
Unser Christentum glaubt also an einen Gott, der personal ist. Gott ist also wer, wenn wir es so ausdrücken wollen. Wir können zu ihm sagen: „Du, Gott!“ Jedoch mit dem gleichzeitigen Hinweis, dass Gott keinem Geschlecht zugeordnet werden kann. Die Person Gottes nach christlichem Verständnis ist geschlechtslos. (Was aber zu Verwirrungen führen kann, wenn wir erkennen, dass Jesus Gott „seinen Vater“ nennt.)
Der personale Gott ist also ein ‚Gott in Beziehung‘, wie wir z.B. auch sehr eindrücklich in den Worten Jesu im Johannes-Evangelium, da besonders die ‚Abschiedsreden‘ Jesu nach Johannes, Kapitel 14-17.
Ein Gott – drei Personen
Sicherlich wenig logisch erscheint uns auf dem ersten Blick der christliche Glaube an einen Gott in drei Personen.
Das ist reichlich ungewohnt. Entweder kennen wir, wie z.B. aus der vorchristlicher Zeit und der Antike oder auch aus altägyptischer Zeit, den Glauben an viele verschiedene Götter und Göttinnen. Heute finden wir diesen ‚Polytheismus‘, wie der Fachausdruck dafür ist, auch z.B. im hinduistischen Glauben. Unter ihnen gehört das Dreiergespann der Götter Brahma, Vishnu und Shiva vermutlich zu den bekanntesten Göttern.
Dem gegenüber stehen Religionen, die nur einen Gott allein kennen (Monotheismus). Dazu gehören die jüdische Religion, der Islam und das Christentum; die alle drei als die ‚abrahamitischen Religionen‘ bezeichnet werden, weil sie alle auf Abraham zurück gehen. Die zentrale Aussage dieser drei Religionen ist: Es gibt nur EINEN GOTT!
Aber einen Gott in drei Personen?! – Ist das nicht widersprüchlich?
Nun, zumindest ist es für andere Religionen nicht denkbar und wird auch nicht geglaubt: außer im Christentum!
Um solchen Glauben haben zu können, sind weitere Überzeugungen nötig:
2. Gott ist in der Geschichte allen Seins gegenwärtig und erfahrbar. (vgl. dazu auch Joh 1,1-17)
Ausgehend von diesen Grundüberzeugungen können wir von einen Gott ausgehen, der sich personal in der Weltgeschichte zeigt und zwar
1. Als Gott-Schöpfer der ’sich in seiner Schöpfung zeigt und in allem, was ist‘. Das bedeutet, dass wir anhand des Werkes den ‚Urheber des Werkes‘ erkennen können, durch den alles ist, der der Urgrund und Ursprung allen ist, was existiert. Im Alten Testament finden wir in den Schöpfungsberichten dafür zwei Sichtweisen auf diesen Schöpfergott, die auf dem kulturellen Hintergrund der damaligen Menschen entstanden sind: da ist zum einen Gott, der durch das ‚Wort schafft‘ (diesen Gedanken finden wir dann auch im Johannes-Evangelium im 1. Kapitel wieder) und da ist Gott, der ‚durch seiner Hände Arbeit schafft, in dem er den Menschen aus der Erde ‚formte‘ und ihm ‚Lebensodem einhauchte‘. Später zeigt er sich in der Geschichte ’seines Volkes Israel‘ in seinen konkreten historischen Erfahrungen, sei es die ägyptische Sklaverei oder die babylonische Gefangenschaft usw.! Auf diesen Gott der Juden wird sich später auch Jesus von Nazareth berufen und ihn mit „Vater“ anreden – besonderer Ausdruck seiner innigen Beziehung zu Gott, ’seinem Vater‘.
2. Gott als Gott des Bundes mit den Menschen und des Heils für die Menschen. Nachdem der Gott Israels, der alles ins Dasein gesetzt hat, immer wieder erfahren hat, dass sein Bundesangebot mit seinem auserwählten Volk nicht den ’notwendigen Erfolg‘ brachte und Israel immer wieder die Erfahrung von Not, Elend, Unterdrückung und Vertreibung erleben musste (worin das Volk Israel eine Kausalität erkannte, weil es Gott nicht die Treue gehalten hat), war es göttlicher Wille, dass er selber als Mensch in die Welt kommt, leibhaftig und historisch, um für seinen Bund mit den Menschen zu werben und diesen Bund unverbrüchlich zu besiegeln. – So zumindest glauben wir Christ:innen das Leben und Handeln und auch den Tod Jesus von Nazareth, der in seiner eigenen Verkündigung davon geredet hat, der in Liebe mit Gott so innig verbunden war, dass er von sich aus sagen konnte: „ich und der Vater sind eins“ (vgl. Joh 10,30) oder „wer mich sieht, sieht den Vater“ (vgl. Joh 14,9) Das Werben Jesu Christi für den Heilsbund Gottes mit uns Menschen ist der rote Faden im Neuen Testament.
Christus war so sehr eins mit dem Vater und nichts konnte ihn von Gott, seinem Vater trennen (‚absondern‘, vgl. die Bedeutung des Wortes ‚Sünde‘), so dass sie quasi eins waren und als der historische Jesus Gott selbst in die Erdenzeit, in die Dimension von Zeit und Raum leibhaftig eingetreten ist. Dies feiern wir Christ:innen am Weihnachtsfest. Ein schönes Glaubenszeugnis dieses Verständnisses finden wir im Philipperbrief, 2, 6-11.
3. Als Gott, der in der Welt bleibt, wenn gleich nicht leibhaftig als Mensch, sondern in seinem Heiligen Geist Jesus Christus, der Sohn Gottes, beendet seine Lebenszeit hier auf der Erde durch seinen Tod am Kreuz. Aber er ist durch seine Auferstehung in eine neue Seinsform hinübergegangen und – wie er sagte – zu seinem Vater gegangen.
Er wusste aber zugleich, dass die Menschen und die Schöpfung ohne die Gegenwart Gottes immer wieder in der Gefahr sind, von den Wegen des Heiles abzukommen, weil alle Schöpfung noch nicht vollkommen ist; weil Liebe zwar da, aber bruchstückhaft ist; weil das Reich Gottes angebrochen, aber noch nicht vollendet ist.
Ohne ihren ‚Meister‘ leben zu müssen, war auch für seine Jünger:innen unvorstellbar. Er, Jesus, erkannte diese Not und versicherte ihnen den bleibenden Beistand, bevor er zu seinem Vater heim ging. Und der Evangelist Johannes berichtet in einem der Abschiedsreden Jesu davon. Es lohnt sich wirklich, diese Texte zu lesen und zu meditieren. Es spricht so viel Liebe und Fürsorge aus ihnen, die Jesus für seine Jünger:innen empfindet.
Keltisches Symbol für die Dreifaltigkeit (Trinität), Bild von Collette Hughes auf Pixabay
Wenn wir also an diesem Sonntag Gott in seiner Dreifaltigkeit bekennen und feiern, dann bekennen wir damit den einen und denselben Gott, der Person ist und sein Wesen in dreifaltiger Weise uns zur Erkenntnis gebracht hat.
Ich wünsche uns, dass dieser Glaube uns stärkt in Hoffnung und Zuversicht, in Liebe und Barmherzigkeit; uns selber gegenüber aber auch allem um uns herum!
Gott,
der du Schöpfer und Schöpferin bist, wir glauben dich als Person, die alles ins Dasein gerufen hat und ohne die nichts ist.
Gott, der du Gottes Sohn bist, der in innigster Liebe mit dir, dem Vater verbunden ist, der du eins warst und bist als wahrer Mensch und wahrer Gott, Jesus Christus,
Gott, Heiliger Geist, du ewiger Beistand, von dem schon die Schöpfungsgeschichte kündet, dass du über allem schwebtest, bevor es ins Dasein gerufen wurde und der auch heute noch in der Welt gegenwärtig bist, auch wenn wir dich manchmal nicht erkennen,
Du, Dreifaltiger in Person, erfülle unsere Herzen und unseren Geist mit dem Glauben und der tiefsten Hoffnung, dass du der Einzige bist, der alles ist und in dem Alles ist und wir nie von dir getrennt werden. Du, Gott der Beziehung, vertiefe unseren Glauben, dass wir dich – wie auch immer – persönlich ansprechen und bekennen,
als sorgender Vater als liebende Mutter als die Heilige Geistkraft
als das, was du bist
der/die EINE und EINZIGE
gestern, heute und morgen, im Kleinsten und in der Fülle, hier und dort und überall.
„Und was, wenn es die Himmelfahrt und Auferstehung gar nicht gibt …?!“
Meine Gefühlslage ist dann sehr krass, als würde es mir die Beine wegziehen; mir wird flau im Magen und der Druck im Kopf steigt …
So geschehen heute Morgen, als ich die Laudes von „Christi Himmelfahrt“ betete.
Glaubst du an die Auferstehung? Und kennst du auch solche Momente?!
Mich irritieren sie zutiefst.
Der Glaube an die Auferstehung ist in mir so existentiell verankert, dass solche Gedanken verstörend für mich sind.
Aber die Gedanken kommen und sind auf einmal da! Auch als jemand, der an die Auferstehung glaubt, bin ich vor solchen Gedanken nicht gefeit. Wundert dich das? – Mich wunderte es, aber jetzt nicht mehr.
Doch: was mache ich mit solchen Erfahrungen? Was würdest du machen? Beiseite schieben und verdrängen und weiter machen …?
So möchte ich damit nicht umgehen! Auch wenn diese Gedanken mich irritieren: ich möchte mich ihnen stellen; ich muss mich ihnen stellen.
Es sind nämlich die plötzlichen Augenblicke in meinem Leben, die mich als Christ mit der existentiellen Frage meines Christseins konfrontieren. (BTW: vor mir liegt ein Buch von Sören Kirkegaard: „Wie werde ich ein Christ?“ – Zufall?)
Zurück: diesen irritierenden Gedankenblitz lasse ich zu und schau, wohin er mich führt…
Je länger ich ihn ‚im Raum stehen lassen‘, um so mehr drängt sich die Frage in mir auf, was mein Leben sinn-voll sein lässt?
Und diesen Gedanken immer weiter gedacht, sehe ich zwei Pole in meinem Leben. Da ist der eine Pol, der Glaube an die Auferstehung als eine Vision und Hoffnung, aber eine Hoffnung, die so schlecht zu greifen ist. Das formuliert schon Paulus in seinem Brief an die Römer, Kapitel 8, Verse 24-26:
Denn auf Hoffnung hin sind wir gerettet. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung. Denn wie kann man auf etwas hoffen, das man sieht? Hoffen wir aber auf das, was wir nicht sehen, dann harren wir aus in Geduld. So nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, was wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern.
Und der andere Pol ist die Konfrontation mit der Frage: Was ist aber, wenn es die Auferstehung nicht geben sollte? Diese Frage ist auch in meinem Kopf. Sollte ich dann nicht versuchen, darauf eine Antwort zu finden?
Und ich komme dabei auch immer auf eine Antwort, die für mich auch zutiefst ‚christlich‘ ist:
Mein Leben muss auch ohne den Glauben an die Auferstehung sinn-voll sein! Das heißt: alles, was ich tue und erlebe, wofür ich mich einsetze und was meine Überzeugungen sind, dürfen ihre Sinnhaftigkeit nicht verlieren, wenn es die Auferstehung nicht gäbe.
Und wenn ich daraufhin mein Leben gedanklich ‚abklopfe‘, dann komme ich zu einem Punkt, den ich die Bipolariät meiner christlichen Existenz nennen möchte:
Mein Leben, die Liebe, meine Beziehungen, die Freude, das Glück, aber auch die Herausforderungen und Nöte, mein Leiden und mein Unglück, … mein Leben und mein Tod wollen für sich genommen sinn-voll sein.
Dieses Leben als mein Leben anzunehmen, dass ist meine Aufgabe in dieser irdischen Zeit. Das ist der eine Pol meiner Existenz.
Durch den Glauben an die Auferstehung erfährt dieses Leben aber einen ‚Mehrwert‘, der dieses Irdische und Vergänglich mit dem Überirdischen und Unvergänglichen krönt. Der Glaube an die Auferstehung wird bestätigt somit auf Unvergänglichkeit hin, was meine irdische Existenz hier und jetzt schon sinnvoll macht.
Gerd A. Wittka, 26.05.2022, am Fest ‚Christi Himmelfahrt‘
Krasse Gedanken am Fest Christi Himmelfahrt, oder?!