„Lehre mich, Herr, deinen Weg …

… dass ich ihn gehe in Treue zu dir, richte mein Herz auf das Eine: deinen Namen zu fürchten!“ (Psalm 86,11)

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An dieses Wort, das ich mir als Primizspruch zu meiner Priesterweihe am 20.05.1994 ausgesucht habe, geht mir in diesen Tagen viel durch den Kopf.



Ich bin nicht der Meinung, dass mit der Vollendung des 60. Lebensjahres eine neue, eigene Etappe in meinem Leben angefangen hat.
Doch ich spüre gleichzeitig auch: der Zenit ist überschritten.
Fragen nach der eigenen Gesundheit zum Beispiel bekommen auf einmal einen anderen Stellenwert. Bislang ging vieles einfach irgendwie glatt.
Als ich aber vor einigen Tagen bei meinem Hausarzt war und ein großes Blutbild anstand, bat ich ihn, auch bestimmte Parameter mit in den Blick zu nehmen, die auf altersbedingte Veränderungen hinweisen konnten.
Auch gibt es familiäre Veranlagungen, die ich in diesem Zusammenhang checken wollte, weil daraus im Alter meiner Familienangehörigen Erkrankungen entstanden, bei denen ich das Gefühl habe, dass auch ich nicht davor gefeit bin.

Und meine Gedanken wurden bestätigt und ich erhielt die klare Ansage, dass auch ich entsprechende Dispositionen habe und es Veränderungen gibt, die bei mir ähnliche Krankheitsverläufe im Alter möglich machen.

Kopf und Bauch

Der Kopf hat mir gesagt, dass es gut ist, diese Themen frühzeitig anzugehen und ich habe es ja auch selber initiiert, weil ich Vor- und Fürsorge für mich leisten möchte.
Aber wenn ich dann erfahre, dass ich halt auch in dieser Vererbungslinie stehe, dann lässt mich das auch nicht kalt.

Und so schwirren mir die Gedanken durch den Kopf und ich fühle im Bauch eine Unruhe und Nervosität, mit denen ich lernen muss, umzugehen.
Der Kopf sagt mir: „Schlage ein neues Kapitel in deinem Leben auf!“ – und der Bauch ist noch nicht so weit. Dennoch spürt auch er, dass es Zeit für Veränderung und Anpassung ist. Denn ich kann nicht den Kopf in den Sand stecken und so tun, als würde ich nicht älter und als könnte ich das Rad der Zeit still stehen lassen.

Ich habe noch Erwartungen und Wünsche an mein Leben. Und sie lassen sich nur verfolgen, wenn ich mich mobilisieren kann, neue Akzente zu setzen und neue Wege zu wagen.

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„Lehre mich, Herr, deinen Weg …“

Deshalb kam mir also in diesen Tagen wieder mein Primizspruch in den Sinn.
Und er ist so richtig in dieser Phase meines Lebens.

Denn wenn ich meine Lebenszeit als Aufgabe verstehe, die mir von Gott gegeben wurde, dann möchte ich auch, dass er mir dabei hilft, im Lichte seiner Weisheit mein Leben zu leben.




Verborgen und entdecken

Impuls zum 6. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A

Zitat aus der 2. Lesung ( 1.Korinther 2,6-10 | Einheitsübersetzung 2016 :: ERF Bibleserver ):

„Vielmehr verkünden wir das Geheimnis der verborgenen Weisheit Gottes, die Gott vor allen Zeiten vorausbestimmt hat ….“

Geheimnis

Gerade in der Lesung fiel dieser Satz.

Hier spricht Paulus von einem „Geheimnis“.

Wie ist es bei uns, wenn wir erfahren, dass es hier oder da ein „Geheimnis“ gibt?
Möchten wir das Geheimnis lüften, entdecken, enttarnen?

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Kinder leben auf eine ganz besondere Weise mit Geheimnissen. Sie haben oft eine natürliche Neugier, hinter alles zu kommen, was ihnen rätselhaft ist. Das ist natürlich, denn Kinder – so erzählte es mir mal eine Kinderpsychologin – wollen und müssen ihre Welt entdecken, damit sie sie begreifen können, manchmal buchstäblich und handfest und manchmal auch geistig-intellektuell. Nur so kann sich ein Kind entwickeln und seine eigene Persönlichkeit.

Entdeckungen und Erkenntnisse machen also uns Menschen aus.

Und jetzt hier, spricht Paulus von einem Geheimnis.

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Wollen wir dahinter kommen?
Wollen wir weiter wachsen und verstehen, wie das mit Gott und er in unserem Leben ist?

In der Begleitung von Menschen, besonders kranken Menschen, die selber von sich sagen, dass sie einen religiösen Hintergrund haben, stoßen wir im Gespräch manchmal darauf, dass Gott doch so oft nicht begreifbar ist. Wir verstehen nicht, warum unser Leben so ist, wie es verläuft.

Das gilt aber nicht nur in Zeiten der Krise. Es gibt ja auch erfreuliche Hochzeiten in unserem Leben. Da entdecken wir voller Freude und Verwunderung, was uns alles widerfährt, auch an Gutem, an Freude, an Liebe, an Erkenntnis und Erfahrungen, an Glück.

Und egal von welchem Ende wir uns dieser Frage nähern, was Gott mit uns im Schilde führt, wir werden meist nicht dahinterkommen.

Antworten, die wir darauf finden, sind sehr unterschiedlich und individuell … und manchmal auch nicht von langer Dauer, vorübergehend.

Eine Antwort eines Menschen auf frohe und glückliche Zeiten war, dass er sie aufnehme, sich davon beschenken ließe, damit er von ihnen in den Zeiten zehren kann, wo das Leben nicht so leicht mit ihm spielt.

Andere hangeln sich mit anderen Erklärungen und Deutungen durchs Leben.
Manchen erscheint ihr Leben im Licht des Glaubens an einen Gott jedoch als ein nicht entschlüsselbares, verborgenes Geheimnis Gottes.

Egal, wo wir uns – jede und jeder persönlich von uns – gerade in unserem Leben befinden, ob jung oder alt, ob gefestigt im Glauben, oder als Suchende oder gar Zweifelnde: Immer wieder stehen wir vor der Aufgabe, Gott neu zu lernen, ihn und seine vielfältigen Seiten zu ent-decken.

Antworten gebären neue Fragen

Das scheinbar Paradoxe ist aber dann, je mehr wir meinen, ihm auf die Schliche gekommen zu sein, um so mehr Fragen oder Hinterfragungen können aufkommen.

Ein großes Beispiel ist das Lebensbeispiel des großen theologischen Gelehrten Thomas von Aquin. Er hat in seinem Leben meterlange Bände theologischer Traktate verfasst und nannte es selber: Die Summe der Theologie!

Thomas dachte über Gott nach und schrieb, dachte nach und schrieb, schrieb, schrieb …

.. bis er auf einmal zu einer Erkenntnis kam: Die Erkenntnis der Unerkennbarkeit Gottes.

Die Erkenntnis der Unerkennbarkeit Gottes bezeichnet Thomas als die letzte Erkenntnis:

„Das ist das Letzte menschlicher Erkenntnis über Gott, dass man erkennt, dass man Gott nicht kennt“.

Thomas von Aquin

Diese wissende Unwissenheit komme erst „am Ende unserer Erkenntnis“ vor.

Als das bei Thomas von Aquin geschah, war er aber noch nicht am Ende seines Lebens – aber am Ende seines Schreibens angekommen.
Und er hörte auf zu schreiben und widmete sich noch mehr dem Gebet.

So wundert es mich nicht, dass aus seiner Feder auch eines der bekanntesten Anbetungslieder stammt: „Gottheit tief verborgen“.

Da hören wir aus seinem Munde solche Sätze wie: „Gottheit tief verborgen, betend nah ich dir…“ und „Augen, Mund und Hände täuschen sich in dir, doch des Wortes Botschaft offenbart dich mir“

Thomas spricht hier frank und frei, vom bedeutensten Wesen Gottes: der Verborgenheit Gottes.
Sie ist eine Verborgenheit, die dennoch zugleich größte Nähe sein kann.

Das ist für mich immer noch ein unbegreifliches, kaum in Worte zu fassendes Geheimnis unseres Glaubens. Es lässt sich nur durch das Leben tragen, wenn wir die innere Flammes des Glaubens in uns spüren, die die Sehnsucht vorantreibt, dieses verborgene Geheimnis mehr und mehr zu entdecken.

Dazu fand ich einen Text, ein Gedicht, ja ein Gebet, das von einem unbekannten Verfasser stammt und das ich gerne hier weitergeben möchte:

Gott neu lernen

Dich, Gott meines Lebens,
will ich neu lernen,
dich, Geheimnis von allem,
dich tiefster Grund,
dich, Quelle des Lebens.

Gott, öffne dich auf mich hin,
lass mich dich erahnen,
lass mich dich ertasten,
lass mich dich spüren,
du Gott meines Lebens.

Jenseits von Sprache und Denken,
jenseits von Bildern und Worten,
jenseits menschlicher Vorstellungen,
jenseits meiner Wünsche und Ängste
zeige du dich mir.

Gott, öffne mich auf dich hin,
öffne mein Denken und Fühlen,
öffne mein Herz und meine Sinne,
öffne mich ganz dir
und erfülle du mich ganz.

Bild von Anke Sundermeier auf Pixabay

Mach mich wie eine leere Schale
und erfülle mich ganz,
mach mich wie eine offene Hand
und schenke dich mir,
sei mir nahe, Unbegreiflicher.

Dich, Gott meines Lebens,
will ich neu lernen,
dich, Geheimnis von allem,
dich, tiefster Grund,
dich, Gott der Zukunft.

(Verfasser unbekannt)




Wünsch mir Frieden …!

1 Kor 1, 1-3: „Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“

Das hebräische Wort „Frieden“ – Bild von Clker-Free-Vector-Images auf Pixabay

„Guten Tag! – Tach! – Moin! – Hallo!“

Solche Grußformeln kennen wir landläufig.

In süddeutschen Gefilden oder auch in Österreich grüßt man sich oft mit den Worten „Grüß Gott!“

“ … Grüß Gott ist eine Verkürzung aus grüß[e] dich Gott. (…)
Die ursprüngliche Bedeutung des Grußes ist „möge dir Gott freundlich begegnen“ oder „Gott segne dich“. Menschen aus dem nördlicheren deutschen Sprachraum kennen meist nur die Form grüß Gott ohne dich und interpretieren den Gruß fälschlich als Aufforderung, Gott zu grüßen, weshalb sie manchmal mit sarkastischen Kommentaren antworten, z. B. Wenn ich ihn sehe; Hoffentlich nicht so bald …“

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Gr%C3%BC%C3%9F_Gott

Trotz der sarkastischen Reaktionen, erfahre ich zumindest, wenn ich diesen Gruß benutze, eine etwas höhere Aufmerksamkeit.
Und wenn ich mich ehrlich mache, dann sage ich diesen Gruß eher oberflächlicher als er tatsächlich gemeint ist.

Vielleicht sollte ich ihn mir wieder abgewöhnen. Oder etwa nicht?!



Dieser Gruß erinnert doch sehr stark an den Gruß, den wir gerade eben in der Lesung vernommen haben:

„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“ (1 Kor 1, 1-3)

„Salam aleikum“ = „Friede sei mit dir!“ (arabisch) – Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Assalaam%27alaykum.svg

Noch heute grüßt man sich in Israel mit den Worten: „Shalom Aleichem!“.
Im arabischsprachigen Raum heißt der Gruß dann: „Salam aleikum!“

Es ist eigentümlich, dass in manchen Kulturen der Gruß mit einem eindeutigen religiösen Bezug verbunden ist.

Bild von un-perfekt auf Pixabay

Ob religiös oder nicht: die meisten kultivierten Grußformeln beinhalten zumindest einen Wunsch, wie „ Guten Morgen, … Tag, … Abend!“

Wenn Menschen sich begegnen, dann teilen sie Wünsche aus.
Das hat durchaus eine wichtige psychologische Komponente, denn wer dem anderen etwas Gutes wünscht, der will diesem Menschen gut sein; wer mir etwas Gutes wünscht, der wird mir nicht feindlich gegenüber gesinnt sein.

Mit der Begrüßung in Verbindung mit guten Wünschen signalisieren wir also dem anderen: Ich will dir nichts Böses!

Das ist ein erster Schritt, um gegenseitiges Vertrauen zu schaffen, was eine fruchtbare Begegnung vorausgeht.

In der Liturgie kennen wir auch einen eigenartigen Gruß: „Der Herr sei mit euch!“ oder „Der Friede sei mit euch!“ – und die Antwort kommt dann meist wie aus der Pistole geschossen: „Und mit deinem Geiste!“.
Im Alltag würden wir es aber wohl kaum wagen, uns so auf der Straße zu grüßen.

Warum aber nicht?

Leben wir nicht in Zeiten, wo der Wunsch nach Frieden wieder besonders wertvoll ist?
Leben wir als religiöse Menschen, als Christ:innen nicht auch – wenigstens noch etwas – in dem Bewusstsein, dass wir Gott brauchen, um gut durchs Leben zu kommen oder um zumindest einen inneren Frieden mit den Umständen des Lebens zu finden, wenn wir schon viel zu selten Frieden zwischen den Menschen erleben können?

„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“

  • dieser Gruß des heiligen Paulus jedenfalls tut auch mir gut, wenn ich ihn heute und immer wieder gesagt bekomme.

Er spricht aus, in welcher Gesinnung der lebt, der mich so grüßt und er möchte mich einbeziehen in das, was ihm selber so wertvoll ist: der Glaube, dass Gott seine Gnade allen zuteil werden möchte und der Friede letztlich von Gott allein ausgeht und wir diesen „Frieden von Gott“ so sehr nötig haben.

Was würde passieren, wenn wir uns demnächst mit diesen oder ähnlichen Worten begrüßen würden:

„Der Friede Gottes sei mit dir!“ oder „Friede sei mit dir!“

Am Anfang wäre es sicherlich ungewohnt, vielleicht sogar recht komisch.
Aber mit der Zeit würde sich sicherlich etwas verändern: in uns und auch bei jenen, die wir mit diesem Gruß grüßen.

Ich jedenfalls fände es spannend, es mal auszuprobieren!




Sich stärken

Impuls zu den Lesungstexten des 3. Adventssonntages – Lesejahr A – 2022

Lesungstexte:

  1. Lesung: Jes 35,1-6b.10
  2. Lesung: Jak 5,7–10
Quelle: www.pixabay.de

Kennen Sie die Aktion „Kinder stark machen“? –
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) hat diese Aktion vor mehr als 25 Jahren gestartet und sie läuft immer noch. Ziel ist es, schon im frühen Alter Kinder für Suchtgefahren zu sensibilisieren, damit sie später sich vor Suchtgefahren schützen können. —-



Kennen Sie die Aktion „Macht Menschen stark!“? —
Sie läuft schon seit über 2500 Jahren. Eines der frühesten Zeugnisse diese Aktion haben wir heute in der ersten Lesung des Propheten Jesaja gehört: „Stärkt die schlaffen Hände und festigt die wankenden Knie! Sagt den Verzagten: Seid stark, fürchtet euch nicht! Seht, euer Gott! (…) Er selbst kommt und wird euch retten.“

„Stärkt die schlaffen Hände…!“ – Quelle: www.pixabay.com

In der zweiten Lesung greift Jakobus diese Aktion auf, in dem er schreibt: „… macht eure Herzen stark, denn die Ankunft des Herrn steht nahe bevor…“

Und im Psalm 118,14 betet der Psalmist: „Meine Stärke und mein Lied ist der Herr; er ist für mich zum Retter geworden.“

Den Menschen stark zu machen, damit er dem Bösen (in sich) widerstehen kann; den Menschen stark zu machen, damit er fähig wird, das Gute zu tun und mit ganzem Herzen zu lieben, das ist auch die Botschaft und die Absicht Jesu.

Er selber bezieht im Matthäus-Evangelium 12,20 das Wort des Propheten Jesaja auf sich (Jes. 42,3): „Das geknickte Rohr zerbricht er nicht / und den glimmenden Docht löscht er nicht aus; / ja, er bringt wirklich das Recht.“

Immer da, wo wir alle als Christ:innen leben und Zeugnis abgeben wollen, sind wir Teil der Aktion „Macht Menschen stark!“

Dabei zielt diese Aktion in zwei Richtungen.

Sie gilt einmal im Hinblick auf uns selber. Das Wort des Propheten Jesaja „Stärkt die schlaffen Hände und festigt die wankenden Knie…“ können und dürfen wir auf uns selber beziehen. Wir selber dürfen für uns sorgen, damit wir ‚wieder auf die Beine kommen‘, buchstäblich und auch im übertragenen Sinne. Wir selber dürfen und sollten in christlicher Selbstfürsorge darauf achten, stark zu werden.

„Festigt die wankenden Knie…!“ – Quelle: www.pixabay.com

Zugleich gilt das Wort des Propheten Jesaja aber auch für die Menschen, denen wir begegnen. Wenn wir es vermögen, sollen auch wir unseren Beitrag leisten, dass deren erschlafften Hände wieder stark und ihre wankenden Knie wieder gefestigt werden. Da, wo wir andere stärken können, sollen wir auch darauf achten.

Deshalb stand dieses Wort aus dem Propheten Jesaja auch als eines der wichtigsten Leitgedanken über meinen Dienst als Gefängnis-Seelsorger Anfang der 2000er Jahre.

Das ist übrigens auch ein wichtiges therapeutisches Prinzip, zumal in der Psychiatrie.
Die Patient:innen in unserem Johanniter-Krankenhaus sollen nicht allein ‚von außen therapiert werden‘, sondern sind selbst wesentliche Akteure ihrer eigenen Therapie. Sie sind als Patient:innen aktiv eingebunden in der Therapie, z. B. durch Ergotherapie und Sport, aber auch durch andere therapeutische Maßnahmen für Körper und Seele.

Je länger ich in der Psychiatrie als Seelsorger arbeite, um so mehr entdecke ich die therapeutische Dimension der Botschaft Christi.

Die Stärke, die heute in den Lesungen erwähnt wird, kann sicherlich einerseits durch uns selber geprägt und unterstützt werden. Diese Stärkung ist also ein aktives Geschehen.
Zugleich erfahren wir von außen Stärkung: durch Mitmenschen und durch Gott.

So sieht es der Psalmist, wenn er betet: Meine Stärke und mein Lied ist der Herr; ER ist für mich zum Retter geworden.

Heute, am Gaudete-Sonntag dürfen wir uns freuen, wenn wir uns einmal mehr bewusst werden, dass Gott kein Duckmäusertum möchte, sondern dass er – zu unserem eigenen Heil – uns stärken will und uns stark machen und haben möchte.

Heute dürfen wir uns freuen, weil wir als Christ:innen mit dabei sind bei der göttlichen Aktion: „Macht Menschen stark!“




Es fügt sich …

Eigentlich darf man öfter gelassener durchs Leben gehen – das zeigt oft der Rückblick.

So habe ich es auch heute erlebt.

Habe seit gestern einen grippalen Infekt und für übermorgen eine Ladung als Zeuge bei Gericht. Heute bekam ich die Nachricht, dass der Gerichtstermin abgesagt wurde und auch kein Nachfolgetermin angesetzt werden wird.

Manchmal fügt sich das Leben einfach wunderbar! Danke Gott!




Christentum – eigenartig

Gedanken zum Dreifaltigkeitsonntag 2022

Kirchenfenster Kathedrale von Lüttich – Bild von Thomas B. auf Pixabay

Am 12. Juni 2022 begehen wir den Dreifaltigkeits-Sonntag.
Dahinter steckt eine Glaubensüberzeugung, die sich in den ersten Jahrhunderten nach Christus konkret ausgeformt hat.


Heute sehen wir, dass das Christentum unter den Religionen der Welt wirklich eigenartig ist.



Gott ist Person

Bild von Aida KHubaeva auf Pixabay

In den Religionen gibt es manche, die an Gott resp. an Gött:innen glauben und jene, die in ihrer Religion keinen Gott kennen.

Zur letzteren Gruppe gehört der Buddhismus. Buddha gilt zwar als ‚Erleuchteter‘, aber er ist kein Gott. Ebenfalls der Taoismus gehört dazu.

Dann gibt es noch die Religionen, die an einen Gott resp. Gött:innen glauben.
Am Einfachsten lässt sich dies an religiösen Handlungen fest machen.
Während Taoismus und Budhhismus zwar eine göttlicher Macht kennen, werden sie sich in ihren Gebeten nicht an ein ‚Gegenüber‘ wenden; ihre ‚Gebete‘ sind mehr schweigend, meditierend.

Die Religionen, die Gott kennen, haben im Gebet ein Gegenüber: nämlich Gott oder die Gött:innen.

So besitzt z.B. der „Gott Abrahams“ (Juden, Christen, Moslems) Eigenschaften, die es ihm ermöglichen, mit den Menschen in Kontakt und Beziehung zu sein. Schon im Alten Testament können wir dieses sehr deutlich erkennen.
Gott spricht zu den Menschen und die Menschen sprechen zu Gott, auch insbesondere in ihren Gebeten. Die alttestamentlichen Psalmen legen davon eindrückliches Zeugnis ab.
Aber Gott spricht nicht nur mit den Menschen, sondern er ist auch ein handelnder Gott: als Schöpfer, als Lenker und Retter (Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei, Einsetzung von Königen und Propheten) und als Richter.

Darin kann man – vereinfacht ausgedrückt – einen Unterschied zwischen Religionen mit und ohne Gott/Gött:innen erkennen.

Unser Christentum glaubt also an einen Gott, der personal ist. Gott ist also wer, wenn wir es so ausdrücken wollen. Wir können zu ihm sagen: „Du, Gott!“
Jedoch mit dem gleichzeitigen Hinweis, dass Gott keinem Geschlecht zugeordnet werden kann. Die Person Gottes nach christlichem Verständnis ist geschlechtslos. (Was aber zu Verwirrungen führen kann, wenn wir erkennen, dass Jesus Gott „seinen Vater“ nennt.)

Der personale Gott ist also ein ‚Gott in Beziehung‘, wie wir z.B. auch sehr eindrücklich in den Worten Jesu im Johannes-Evangelium, da besonders die ‚Abschiedsreden‘ Jesu nach Johannes, Kapitel 14-17.

Ein Gott – drei Personen

Sicherlich wenig logisch erscheint uns auf dem ersten Blick der christliche Glaube an einen Gott in drei Personen.

Das ist reichlich ungewohnt.
Entweder kennen wir, wie z.B. aus der vorchristlicher Zeit und der Antike oder auch aus altägyptischer Zeit, den Glauben an viele verschiedene Götter und Göttinnen. Heute finden wir diesen ‚Polytheismus‘, wie der Fachausdruck dafür ist, auch z.B. im hinduistischen Glauben. Unter ihnen gehört das Dreiergespann der Götter Brahma, Vishnu und Shiva vermutlich zu den bekanntesten Göttern.

Dem gegenüber stehen Religionen, die nur einen Gott allein kennen (Monotheismus). Dazu gehören die jüdische Religion, der Islam und das Christentum; die alle drei als die ‚abrahamitischen Religionen‘ bezeichnet werden, weil sie alle auf Abraham zurück gehen. Die zentrale Aussage dieser drei Religionen ist: Es gibt nur EINEN GOTT!

Aber einen Gott in drei Personen?! – Ist das nicht widersprüchlich?

Nun, zumindest ist es für andere Religionen nicht denkbar und wird auch nicht geglaubt: außer im Christentum!

Um solchen Glauben haben zu können, sind weitere Überzeugungen nötig:

  • 1. „Bei Gott ist nichts unmöglich.“ (vgl. Lk 1,37 und Mt 19,23-26)
  • 2. Gott ist in der Geschichte allen Seins gegenwärtig und erfahrbar. (vgl. dazu auch Joh 1,1-17)

Ausgehend von diesen Grundüberzeugungen können wir von einen Gott ausgehen, der sich personal in der Weltgeschichte zeigt und zwar

  • 1. Als Gott-Schöpfer der ’sich in seiner Schöpfung zeigt und in allem, was ist‘.
    Das bedeutet, dass wir anhand des Werkes den ‚Urheber des Werkes‘ erkennen können, durch den alles ist, der der Urgrund und Ursprung allen ist, was existiert. Im Alten Testament finden wir in den Schöpfungsberichten dafür zwei Sichtweisen auf diesen Schöpfergott, die auf dem kulturellen Hintergrund der damaligen Menschen entstanden sind: da ist zum einen Gott, der durch das ‚Wort schafft‘ (diesen Gedanken finden wir dann auch im Johannes-Evangelium im 1. Kapitel wieder) und da ist Gott, der ‚durch seiner Hände Arbeit schafft, in dem er den Menschen aus der Erde ‚formte‘ und ihm ‚Lebensodem einhauchte‘. Später zeigt er sich in der Geschichte ’seines Volkes Israel‘ in seinen konkreten historischen Erfahrungen, sei es die ägyptische Sklaverei oder die babylonische Gefangenschaft usw.! Auf diesen Gott der Juden wird sich später auch Jesus von Nazareth berufen und ihn mit „Vater“ anreden – besonderer Ausdruck seiner innigen Beziehung zu Gott, ’seinem Vater‘.
  • 2. Gott als Gott des Bundes mit den Menschen und des Heils für die Menschen.
    Nachdem der Gott Israels, der alles ins Dasein gesetzt hat, immer wieder erfahren hat, dass sein Bundesangebot mit seinem auserwählten Volk nicht den ’notwendigen Erfolg‘ brachte und Israel immer wieder die Erfahrung von Not, Elend, Unterdrückung und Vertreibung erleben musste (worin das Volk Israel eine Kausalität erkannte, weil es Gott nicht die Treue gehalten hat), war es göttlicher Wille, dass er selber als Mensch in die Welt kommt, leibhaftig und historisch, um für seinen Bund mit den Menschen zu werben und diesen Bund unverbrüchlich zu besiegeln. – So zumindest glauben wir Christ:innen das Leben und Handeln und auch den Tod Jesus von Nazareth, der in seiner eigenen Verkündigung davon geredet hat, der in Liebe mit Gott so innig verbunden war, dass er von sich aus sagen konnte: „ich und der Vater sind eins“ (vgl. Joh 10,30) oder „wer mich sieht, sieht den Vater“ (vgl. Joh 14,9)
    Das Werben Jesu Christi für den Heilsbund Gottes mit uns Menschen ist der rote Faden im Neuen Testament.

    Christus war so sehr eins mit dem Vater und nichts konnte ihn von Gott, seinem Vater trennen (‚absondern‘, vgl. die Bedeutung des Wortes ‚Sünde‘), so dass sie quasi eins waren und als der historische Jesus Gott selbst in die Erdenzeit, in die Dimension von Zeit und Raum leibhaftig eingetreten ist. Dies feiern wir Christ:innen am Weihnachtsfest.
    Ein schönes Glaubenszeugnis dieses Verständnisses finden wir im Philipperbrief, 2, 6-11.

  • 3. Als Gott, der in der Welt bleibt, wenn gleich nicht leibhaftig als Mensch, sondern in seinem Heiligen Geist
    Jesus Christus, der Sohn Gottes, beendet seine Lebenszeit hier auf der Erde durch seinen Tod am Kreuz. Aber er ist durch seine Auferstehung in eine neue Seinsform hinübergegangen und – wie er sagte – zu seinem Vater gegangen.

    Er wusste aber zugleich, dass die Menschen und die Schöpfung ohne die Gegenwart Gottes immer wieder in der Gefahr sind, von den Wegen des Heiles abzukommen, weil alle Schöpfung noch nicht vollkommen ist; weil Liebe zwar da, aber bruchstückhaft ist; weil das Reich Gottes angebrochen, aber noch nicht vollendet ist.

    Ohne ihren ‚Meister‘ leben zu müssen, war auch für seine Jünger:innen unvorstellbar. Er, Jesus, erkannte diese Not und versicherte ihnen den bleibenden Beistand, bevor er zu seinem Vater heim ging. Und der Evangelist Johannes berichtet in einem der Abschiedsreden Jesu davon. Es lohnt sich wirklich, diese Texte zu lesen und zu meditieren. Es spricht so viel Liebe und Fürsorge aus ihnen, die Jesus für seine Jünger:innen empfindet.

Keltisches Symbol für die Dreifaltigkeit (Trinität), Bild von Collette Hughes auf Pixabay

Wenn wir also an diesem Sonntag Gott in seiner Dreifaltigkeit bekennen und feiern, dann bekennen wir damit den einen und denselben Gott, der Person ist und sein Wesen in dreifaltiger Weise uns zur Erkenntnis gebracht hat.

Ich wünsche uns, dass dieser Glaube uns stärkt in Hoffnung und Zuversicht, in Liebe und Barmherzigkeit; uns selber gegenüber aber auch allem um uns herum!


Gott,

der du Schöpfer und Schöpferin bist,
wir glauben dich als Person, die alles ins Dasein gerufen hat und ohne die nichts ist.

Gott,
der du Gottes Sohn bist, der in innigster Liebe mit dir, dem Vater verbunden ist, der du eins warst und bist als wahrer Mensch und wahrer Gott, Jesus Christus,

Gott,
Heiliger Geist, du ewiger Beistand, von dem schon die Schöpfungsgeschichte kündet, dass du über allem schwebtest, bevor es ins Dasein gerufen wurde und der auch heute noch in der Welt gegenwärtig bist, auch wenn wir dich manchmal nicht erkennen,

Du, Dreifaltiger in Person,
erfülle unsere Herzen und unseren Geist mit dem Glauben und der tiefsten Hoffnung, dass du der Einzige bist, der alles ist und in dem Alles ist und wir nie von dir getrennt werden.
Du, Gott der Beziehung, vertiefe unseren Glauben, dass wir dich – wie auch immer – persönlich ansprechen und bekennen,

als sorgender Vater
als liebende Mutter
als die Heilige Geistkraft

als das, was du bist

der/die EINE
und EINZIGE

gestern, heute und morgen,
im Kleinsten und in der Fülle,
hier und dort und überall.

Amen.

(Gerd Wittka, 11.06.2022)