Pfingsten 2025

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Heute feiern wir Pfingsten – den Tag, an dem Gottes Heiliger Geist uns neu erfüllt.
Wir erinnern uns an die Jünger im oberen Raum von Jerusalem: Da war plötzlich ein Brausen wie vom Wind, und Flammenzungen leuchteten über ihren Köpfen. Aus Unsicherheit und Zweifel wurden sie mutige Erzähler, die in unterschiedlichen Sprachen von Gottes großen Taten berichten (Apg 2,1–4).
Doch was kann das heute für uns bedeuten?
Wie trägt dieser Geist bei uns persönlich, unseren Gemeinden und in unserem Alltag dazu bei, dass wir lebendiger und freudiger werden?
Muss der Heilige Geist in vertrauten Ritualen bleiben – oder möchte er uns gerade herauslocken und uns ermutigen, kleine Abenteuer im Glauben zu wagen?

Die Gänse auf dem Hof (nach Kierkegaard)

Sören Kierkegaard erzählt in einem Gleichnis von Gänsen, die sonntags gespannt den Worten eines erfahrenen Gänserichs lauschen, der von früheren Flügen berichtet.
Doch die Gänse bleiben lieber auf dem sicheren Hof, weil dort das Futter reichlich und das Leben bequem ist.
Dieses Gleichnis lädt uns liebevoll ein, darüber nachzudenken, ob wir uns manchmal in wohlbekannten Abläufen einrichten, ohne wirklich aufzubrechen:
• Wir treffen uns zum Gottesdienst, hören inspirierende Worte, danken Gott – und gehen danach in den Alltag zurück, ohne größere Veränderungen vorzunehmen.
• Wir bewundern Menschen wie Paulus oder Stephanus für ihren Mut, finden aber häufig nicht den Impuls, selbst den nächsten Schritt zu wagen.

An Pfingsten dürfen wir das mit einem Augenzwinkern eingestehen: Der Heilige Geist ist kein Ausstellungsstück, das wir nur bestaunen können.
Er ist eher wie ein frischer Wind, der uns behutsam ermutigen will, den sicheren Hafen zu verlassen und uns auf Neues einzulassen.

Denn:

„Gottes Heiliger Geist gehört in Abenteurerhand!“

Dieses Motto klingt prägnant und herausfordernd zugleich.
Es erinnert uns daran, dass wir nicht zum Stillstand bestimmt sind, sondern zum Fliegen – zum Entdecken neuer Horizonte in unserem Glaubensleben.
Pfingsten schenkt uns den Heiligen Geist, damit wir mutig leben und Gottes Liebe weitergeben können:
Wie die Jünger damals dürfen auch wir peu à peu unsere Komfortzone verlassen.
Natürlich können wir weiterhin über Glaubensfragen nachdenken und diskutieren. Doch wenn unser Denken und Wissen nicht in Taten mündet, verschenken wir die Chance, den Heiligen Geist wirklich wirken zu lassen.


Diese Zeilen weisen mit klaren Worten darauf hin:
Pfingsten möchte uns behutsam aus dem Dornröschenschlaf holen, damit wir den Mut finden, unsere Sehnsucht auszudrücken und Neues zu wagen.
Es ist keine Aufforderung zum Perfektionieren, sondern eine Einladung, in unserer eigenen Kraft zu stehen und uns gegenseitig zu ermutigen.


„Gottes Heiliger Geist gehört in Abenteurerhand!“
Dieses Bild ist eine Einladung, den Glauben aktiv und mit offenem Herzen zu leben. Vielleicht ergibt sich daraus:

1. Spontane Gespräche zulassen
Wenn wir im Alltag aufeinander zugehen – sei es im Café, in der Bahn oder am Arbeitsplatz – dürfen wir ganz selbstverständlich von unserer Hoffnung erzählen. Dabei genügt ein offenherziges Gespräch, ohne Druck oder Erwartung.

2. Gemeinsam Nachhaltigkeit gestalten
Junge Menschen organisieren eine Kleidertausch-Aktion und zeigen, wie bereichernd nachhaltiger Konsum sein kann. So entsteht Gemeinschaft und Bewusstsein für Gottes Schöpfung.

3. Eigene Gaben entdecken und teilen
Jede Begabung ist wertvoll – sei es Musik, Handwerk, Sprache, Organisation oder Zuwendung. Wenn wir unsere Talente bewusst einsetzen, wird unsere Gemeinschaft bunter und reicher.

4. Fehlerfreundlich unterwegs sein
Neues auszuprobieren bedeutet manchmal, dass nicht alles glatt läuft. Aber gerade dann können wir aus unseren Erfahrungen lernen und miteinander wachsen. Glaube ist kein perfektes Programm, sondern eine Reise, die wir gemeinsam gestalten.

5. Klare Kante zeigen
Der Heilige Geist befähigt uns heute, klare Positionen einzunehmen. Das heißt, wir können ganz einfach unsere Meinung äußern, wenn wir einem Standpunkt nicht zustimmen, zum Beispiel indem wir sagen: „Ich teile deine Meinung nicht!“.
Ebenso sollten wir Missstände ansprechen, wenn etwas aus unserer Sicht falsch läuft.
Persönlich habe ich erfahren, dass mein Eintreten andere ermutigt.
Andererseits kann mich das Engagement von Mitmenschen gegen Ungerechtigkeit anspornen, diese aktiv zu unterstützen – in Wort und Tat. So holt uns der Heilige Geist aus unserer Komfortzone und motiviert uns, für Wahrheit und Gerechtigkeit einzustehen.
Ein Beispiel, wie es gehen kann, zeigt das Video unten.

6. Dem Geist vertrauen
Wir sind nicht allein: Der Heilige Geist, der damals auf die Jünger herabkam, begleitet uns heute genauso.
Er schenkt uns Mut und Mitgefühl – auch wenn wir uns innerlich unsicher fühlen.

Bild: Gerd A. Wittka, 2025

Wenn wir diese Einladungen annehmen, bleibt Pfingsten nicht nur ein einmaliger Tag im Kalender, sondern wird zum täglichen Licht in unserem Leben.
Dann dürfen wir, getragen vom Geist Gottes, kleine und große Abenteuer wagen und miteinander erleben, wie wir wirklich fliegen können – statt am Boden zu verharren.

Ich würde gerne mit Ihnen und mit vielen anderen in unserer Kirche wieder fliegen!


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Kirche: anschlussfähig bleiben

Auf dem „Tag der pastoralen Dienste“ unseres Bistums am vergangenen Donnerstag, haben sich Seelsorgende der verschiedenen Berufsgruppen getroffen, um über die Herausforderungen der Seelsorge in dieser Zeit zu diskutieren und zu beraten.
Der Referent dieses Tages, Herr Andreas Feige, prägte den Satz:

„Wir müssen anschlussfähig bleiben für die verschiedenen Gottesbilder und für verschiedene Sozialformen der Kirche!“

Mag. Theol. Andreas Feige, Freiburg

Diese Aussage verbindet sich gut zu den Lesungen des 6. Sonntag der Osterzeit, zu dem der nachfolgende Impuls ist:

Der Heilige Geist – Wegweiser in Zeiten des Wandels

Wir leben in einer Zeit, in der sich vieles verändert – in der Politik, in der Gesellschaft und auch in der Kirche.
Manche Dinge, die uns früher Sicherheit gegeben haben, verschwinden.
Gewohnheiten, an denen unser Herz hängt, geraten ins Wanken.

Neue Lebensweisen, viele Kulturen und unterschiedliche Meinungen prägen unsere Welt.
Das spüren wir auch in unseren Kirchengemeinden, im Glaubensleben – und vielleicht sogar in unserem eigenen Herzen.

Aber: Solche Zeiten des Wandels gab es immer schon.

Wenn wir in die Bibel schauen, sehen wir: Auch die ersten Christinnen und Christen standen vor großen Veränderungen.
Nach Jesu Auferstehung und Himmelfahrt mussten sich die jungen Gemeinden neu orientieren.
Sie hatten viele Fragen:

• Wer gehört zur Gemeinde?
• Können Menschen, die keine Juden sind, auch Christen werden?
• Müssen sie sich beschneiden lassen oder sich an jüdische Speisevorschriften halten?
• Was tun mit Menschen, die anders leben oder glauben?

Es ging also nicht nur um Regeln, sondern um die Frage: Wer sind wir als Kirche?
Und es gab damals heftige Meinungsverschiedenheiten.

Kommt uns das bekannt vor?

Auch wir heute haben schwierige Fragen:

• Dürfen Menschen, die nach einer Scheidung wieder geheiratet haben, zur Kommunion gehen?
• Wie gehen wir mit homosexuellen Menschen in der Kirche um?
• Dürfen gleichgeschlechtliche Paare gesegnet oder sogar kirchlich getraut werden?
• Können wir gemeinsam mit Christinnen und Christen anderer Konfessionen das Abendmahl feiern?
• Und: Können Frauen zu Diakoninnen geweiht werden?

Diese Fragen sind nicht leicht.
Sie betreffen unseren Glauben ganz direkt.
Und oft sind Ängste damit verbunden – die Angst, dass wir unsere Identität verlieren.
Die Angst, dass der Glaube verwässert wird.
Oder dass wir mit unseren Traditionen brechen.

Und trotzdem:
Jede Zeit hat ihre Fragen.
Jede Gemeinde hat ihre Herausforderungen.
Immer wieder geht es darum, diese Fragen im Licht des Evangeliums zu betrachten – und im Vertrauen auf den Heiligen Geist.

In der Apostelgeschichte (Kapitel 15) lesen wir von einem wichtigen Moment: dem sogenannten Apostelkonzil.
Die Gemeinde in Jerusalem überlegte, wie sie mit den vielen Nichtjuden umgehen sollte, die Christen wurden.

Am Ende sagten sie:
„Der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch nur wenige Dinge aufzuerlegen: Ihr sollt kein Götzenfleisch essen, kein Blut, nichts Ersticktes und keine Unzucht treiben.“ (Apg 15,28)

Man könnte sagen: Die ersten Christinnen und Christen fanden einen Kompromiss.
Aber nicht aus Angst, sondern aus Vertrauen.
Sie vertrauten darauf, dass Gott durch seinen Geist wirkt – nicht durch äußere Regeln.
Sie schlossen niemanden aus. Sie öffneten die Tür.

Auch nach dieser ersten Einigung blieb es nicht friedlich: In Antiochia gerieten Paulus und Petrus in Streit, weil Petrus sich aus Angst vor streng gesetzestreuen Juden-Christen plötzlich von der Mahlgemeinschaft mit Heiden-Christen zurückzog. Paulus kritisierte dieses Verhalten im Galaterbrief als unehrlich, da für ihn alle Christen gleich waren – unabhängig von ihrer religiösen Herkunft.

Es ging wieder in erster Linie nicht nur ums Essen – sondern um die Frage:
Wie weit reicht unser Glaube?
Trauen wir Gott zu, dass er größer ist als unsere Grenzen?

Petrus musste erst mühsam lernen, was Gott ihm in einer Vision zeigte, die im 11. Kapitel der Apostelgeschichte berichtet wird:
„Was Gott für rein erklärt hat, das nenne du nicht unrein.“ (Apg 11,9)

All das zeigt uns:
Die Kirche ist kein festes, unbewegliches Gebäude.
Sie ist etwas Lebendiges.

Menschen diskutieren, machen Fehler, kehren um, lernen dazu.
Und mitten in allem ist der Heilige Geist – damals wie heute.

Jesus hat uns diesen Geist versprochen.
Er sagte:
„Der Heilige Geist wird euch lehren und euch erinnern an alles, was ich euch gesagt habe.“ (Joh 14,26)
Und:
„Meinen Frieden gebe ich euch – nicht wie die Welt ihn gibt.“ (Joh 14,27)

Dieser Friede ist kein Zustand, in dem alles ruhig ist.
Sondern ein Weg – ein Weg des Zuhörens, des Miteinanders, des Vertrauens.

Frieden wächst nicht durch Verbote oder Machtworte.
Frieden entsteht, wenn der Heilige Geist unsere Herzen bewegt – und unsere Gemeinden.

Darum:
Bleiben wir offen für diesen Geist.
Stellen wir unsere Fragen.
Hören wir einander zu.
Gehen wir miteinander.

Nicht alles müssen wir sofort lösen.
Aber wir können losgehen.
Im Vertrauen auf Gott.
Gemeinsam.




Ende

Impuls zu Matthäus 28, -16-20

Das ist das Ende ….

das ist das Ende des Matthäus-Evangeliums, was wir gerade gehört haben.



Einige Zeilen vorher wird berichtet, wie die Frauen, die zum Grab gehen, um den Leichnam Jesu zu salben, das Grab leer finden und davor ein Engel, der ihnen sagt, dass Jesus auferstanden sei.
Und dann gibt der Engel den Frauen eine Botschaft mit, die sie den Jüngern übermitteln sollen:
„…geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden und siehe, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen….“ (Mt 28,7)
Die Frauen machen sich auf den Heimweg, auf dem ihnen der auferstandene Christus erscheint, der ihnen noch einmal den Auftrag wiederholt, den der Engel ihnen zuvor mitgegeben hat: „… Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen….“ (Mt 28,10)

Eigentlich ist das schon alles, was Matthäus über die Auferstehung zu berichten weiß, und dass die Frauen tun, wie ihnen gesagt worden war.
Angekommen bei den Jüngern erzählen sie, was der Herr ihnen aufgetragen hat.
Und nun ziehen die Jünger los nach Galiläer.
Das haben wir heute im Evangelium gehört.
Mehr, als wir heute im Evangelium gehört haben, weiß Matthäus nicht über die Auferstehung Jesu und seiner Begegnung mit den Jüngern zu berichten.

Ist schon etwas komisch.

Aber vielleicht stimmt auch hier das Wort: „In der Kürze liegt die Würze!“

Mache nicht so viele Wort, sondern komme auf den Punkt.

Und diesen Dreh- und Angelpunkt arbeitet Matthäus sehr knapp heraus:

Die Erfahrung und die Begegnung mit dem Auferstandenen lässt nur eine Reaktion zu, nämlich diese Erfahrung weiter zu geben, davon zu erzählen und davon Zeugnis abzulegen.

Die elf Jünger, wie sie bei Matthäus genannt werden – Judas Iskariot war ja nicht mehr und ein Nachfolger für ihn noch nicht gewählt -, nehmen aus der Erfahrung nichts anders mit, als selber in die Welt hinauszuziehen und diese Frohe Botschaft weiter zu geben.

Hätten sie sich diesem Auftrag verweigert, wir würden wahrscheinlich heute nicht zum Gottesdienst versammelt sein.

Und wie steht es um uns heute?
Was machen wir, wenn wir gleich nach dem Gottesdienst wieder nach Hause gehen?
Was machen wir mit unserem Glauben, dass wir hier in diesem Gottesdienst ebenfalls dem Auferstandenen begegnet sind, in seiner Frohen Botschaft und in der Eucharistie?

Freuen wir uns auf einen entspannten Abend und auf einen schönen, ruhigen und freien Sonntag, an dem wir „den lieben Gott einen guten Mann sein lassen“ können?

Oder spüren wir, wenn auch nur minimal etwas Enthusiasmus, von dem, was wir glauben, auch anderen mitteilen zu wollen, ob in Worten oder durch Taten?!

Unser Gottesdienste sind einerseits immer Rückzugsorte, aber Orte, an denen etwas mit uns geschehen darf.
Unsere Gottesdienste dürfen so etwas sein, wie Akku-Ladestationen, in denen wir unsere entladenen Akkus des Enthusiasmus wieder aufladen dürfen und mit 100% Power in den Alltag zurück gehen können.

Und wie kann das konkret gehen?

Lasst uns überlegen und einfach mal spinnen, welche Situationen es geben könnte, die aber nicht missionarisch rüber kommen.

Zum Beispiel so:
Stellen wir uns mal vor, wir sind in einer ziemlich alltäglichen Situationen, wo wir mit uns bekannten Menschen zusammen sind: in einer Gruppe, bei einer Geburtstagsfeier oder einfach nur so beim Kaffeeklatsch.
Stellen wir uns weiter vor, wir würden – wie aus heiterem Himmel – einfach in dieser Situation den Satz heraushauen:
„Ich glaube, dass der Tod nicht das Ende ist!“

Mehr nicht…!
Was meinen Sie, welche Reaktionen kommen würden?

Oder: ich erinnere mich an eine Situation am Donnerstag Morgen, als ich mit anderen wartenden Patienten in meiner Hausarztpraxis saß.
Vor uns ein TV, stumm gestaltet, nur Bilder aus dem Gazastreifen.
Eine Patientin konnte ihre Bestürzung nicht zurück halten und sagte einfach nur: „Schrecklich, diese Bilder!“
Und plötzlich reagierte jemand anderes darauf und überlegte laut, wie viel Leid auf beiden Seiten erlebt wird. Eine andere Person fiel ein: „Und diejenigen, die am meisten darunter leiden, können zumeist nichts dafür, die palästinensischen Frauen, Kinder und Männer.“
Natürlich habe ich dann auch ‚meinen Senf dazu gegeben‘ und gefragt, was passieren müsse, damit Frieden auf beiden Seiten möglich wird.

Und schon waren wir in einem kurzen, angeregten und mitfühlenden Gespräch über die Situation im Gaza-Streifen, als sich eine Tür öffnete und mein Arzt mir zurief: „Herr Wittka, bitte!“

Merken Sie, worauf ich hinaus will?
Durch einen empathischen Gedanken, den die erste Frau laut ausgesprochen hatte, kamen Menschen miteinander ins Gespräch und haben sich zumindest Gedanken darüber gemacht, wie das Leid der Menschen dort ist und Frieden in Nahen Osten möglich werden könnte!

Wer glaubt noch, dass in diesem Augenblick nicht der Heilige Geist am Werk war?
Und ich bin sicher, dass hier auch ein Aspekt unseres christlichen Glaubens spontan und unverhofft mitten im Tag zur Sprache kam.


Dazu passt etwas dieser Beitrag!
Gott hat durchaus Platz in unserem Alltag – in unserem Leben!

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Liebe – ist die Botschaft

Impuls zum 6. Sonntag der Osterzeit – B – 2024

Bibeltext: Apostelgeschichte, 10, Kapitel, Verse 25-48

Bild: Gerd Wittka mit Hilfe von KI

Ehrfürchtig fielen sie auf die Knie, beugten ihr Haupt und küssten den Ring, der seine rechte Hand zierte.
Sie, die edlen Herren und Damen, die das Privileg bekamen, eine Audienz bei „SEINER Heiligkeit“ zu bekommen. …



Ich erinnere mich an Bilder aus Filmen, die uns das Papsttum des Hochmittelalters vor Augen stellen.

Protz, Prunk und Pomp, diese drei „P“ skizzieren sicherlich das äußere Erscheinungsbild eines feudalistischen hochmittelalterlichen Papsttums.

Was für ein diametraler Gegensatz dann die Szene aus der heutigen ersten Lesung, in der sich der Hauptmann Kornelius aus Cäsarea vor Petrus ehrfürchtig zu Füßen wirft, Petrus ihn aber aufrichtet und die schlichten und wahrhaftigen Worte spricht: „Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch.“!

Ob Petrus sich mit „Heiliger Vater“ oder „Eure Heiligkeit“ hätte anreden lassen?

Nach den Schilderungen der heutigen Lesung hätte ich meine berechtigten Zweifel daran.

Von den Anfängen der Kirche, über ihre machtvolle Phase des Hochmittelalters bis zu unserer heutigen Moderne, hat es viele Veränderungen in unserer Kirche geben, oft zu ihrem und der Menschen Nachteil.
Machtansprüche entstellten das menschenfreundliche Angesicht der Kirche der Anfänge.

Wer jetzt dabei ist, heute fast schon entschuldigend zu meinen, dass das heute ja nicht mehr so ist, sollte genauer hinschauen.

Stimmt es wirklich, dass wir alle untereinander in erster Linie den Menschen sehen?

Oder ist uns der hierarchische Gedanke unserer Kirche nicht so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass wir zwar meinen, es habe sich Grundlegendes verändert, doch beim genaueren Hinsehen machen wir immer noch Unterschiede?

Hand aufs Herz! –

Wem von uns ist es heute immer noch wichtiger, was ein Priester oder gar der Bischof sagt, als was der Nachbar oder die Nachbarin hier neben uns sagt?!

Und wie oft wie die Frage nach Regeln, Bestimmungen und Gesetzen – auch in der Kirche – vordringlicher, als die Frage nach dem eigentlichen Kern eines Anliegens?

Petrus ist da in der heutigen Lesung erfrischend anders.
Kornelius ist kein Jude und Juden pflegen keinen Umgang mit Nichtjuden.

Doch Petrus setzt sich über dieses Regelung hinweg und betritt das Haus des Kornelius, weil er – wie er selber bekennt – durch Gott erkannt hat, dass er keinen Menschen grundsätzlich als unrein bezeichnen darf. (vgl. Apg 10,28-29)

Bild: Gerd Wittka mit Hilfe von KI

Danach erzählt Kornelius ihm, dass er eine Vision hatte, in der ihm aufgetragen wurde, nach Petrus zu fragen, damit sie von ihm die Botschaft hören, die Gott Petrus anvertraut hat.

Da begreift Petrus, dass hier der Heilige Geist selber am Werk ist und er fühlt sich bestätigt, dass es richtig war, das Haus des Kornelius aufzusuchen, über alle religiösen Regeln hinweg.

Wir dürfen glauben: bereits die Offenheit des Petrus, sich über die Regeln hinweg zu setzen, ist ein Werk des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist ‚zwingt‘ Petrus geradezu dazu, alte und vertraute Überzeugungen über Bord zu werfen.

Da, wo die Heilige Geistkraft wirkt, bleibt nichts mehr beim Alten, es bleibt nichts mehr, wie es war.

Da, wo Offenheit für das Wirken dieser Geistkraft besteht, kann das liebende Herz seine Wirkung entfalten, das auf den Menschen sieht und nicht nach Rang und Namen fragt.

Diese heilige Geistkraft befähigt uns, in unserem Leben Haltungen einzunehmen und Antworten zu geben, hinter der wir und andere die Liebe erkennen können, die in uns wirkt und die uns innerlich verbindet mit Gott.

Wir brauchen nur Mut, diese Botschaft der Liebe, die uns mit Gott verbindet, auch in unserem Leben aufzuspüren und ihr beherzt zu ihrem Recht zu verhelfen.

Das Evangelium weist uns auf die Liebe Gottes hin, die zugleich auch in uns ist, wenn wir in inniger Gemeinschaft mit Christus und Gott bleiben.

Die Heilige Geistkraft ermutigt uns, dieser Liebe in uns zur Geltung kommen zu lassen. Und auf einmal wird möglich, was bislang unmöglich erschien.

Auf einmal erkennen wir die Bedeutung der Worte aus dem Psalm 18,29:
„Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“.

„Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“ – Bild: Gerd Wittka mit Hilfe von KI

Das heißt doch nichts anderes als: mit der Liebe Gottes, die in uns ist, und die uns mit Gott und mit Christus verbindet, überwinden wir Hindernisse, Begrenzungen und Trennungen von Menschen. Wir überwinden Widerstände, die unsere guten Gedanken, Überzeugungen und Taten verhindern wollen.

Gottes Liebe in uns, überwindet Mauern, die andere oder wir uns gesetzt haben, die aber keinen Raum für die Liebe lassen!

Haben wir Mut zur Liebe, denn die Liebe schließt auch Ausgeschlossene(s) mit ein!




Zu Christus …

Christus, Bruder,
ich habe gelernt:
wer sich zu dir bekennt
bildet Gemeinschaft mit
jenen, die sich ebenfalls
zu dir bekennen.
Diese Gemeinschaft –
deine Jünger:innen –
sind Kirche, die ‚ekklesia‘.

Schau auf diese Gemeinschaft
in dieser Zeit, da so viel
Fehlerhaftes und so viel Schuld
zu Tage tritt.

Ich frage mich,
wie ich noch dazu gehören kann?
Und dann
merke ich:
ich gehöre zu DIR!

Es geht
in allen Fragen der Kirche
auch um die Frage:

Welchen Platz hast du in ihrem Leben?
Welchen Platz hast du in meinem Leben,
damit ich weiterhin zu DIR
und damit zur Kirche gehören kann?!

Deshalb komme ich heute
zu DIR
mit meinen Fragen,
mit meinen Zweifeln,
mit dem Gefühl, es nicht mehr (er)tragen zu können.

Wenn es stimmt,
dass DU nur
durch UNS
in dieser Welt wirken willst,
dann kann ich doch gar nicht anders,
als BEI DIR und
in der Kirche zu bleiben,
denn DU bist doch ihr
Dreh- und Angelpunkt!

Also komme ich heute zu DIR
und bitte DICH
um deinen Rat und Beistand,
um deinen Geist:
hilf uns, uns immer an DIR
fest zu machen
aus deinem Geist
zu glauben
und zu leben.

Hilf uns
in dieser Zeit
immer wieder und inniger
zu beten.

Das Gebet
ist die Verbindung,
die die Reben
am Rebstock halten.

Binde du mich
immer enger an
DICH!

Zeige mir, zeige uns,
was gut und richtig,
was nötig ist
in dieser Zeit.

OHNE DICH
sind wir
– deine Kirche –
nur ein Haufen von Menschen
die sich irgendwie organisieren
und reden
von Gott und von dir und dem Heiligen Geist.

Wirke du!
WIR brauchen DICH!

(c) Gerd Wittka, 24.09.2023