Pfingsten 2025

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Heute feiern wir Pfingsten – den Tag, an dem Gottes Heiliger Geist uns neu erfüllt.
Wir erinnern uns an die Jünger im oberen Raum von Jerusalem: Da war plötzlich ein Brausen wie vom Wind, und Flammenzungen leuchteten über ihren Köpfen. Aus Unsicherheit und Zweifel wurden sie mutige Erzähler, die in unterschiedlichen Sprachen von Gottes großen Taten berichten (Apg 2,1–4).
Doch was kann das heute für uns bedeuten?
Wie trägt dieser Geist bei uns persönlich, unseren Gemeinden und in unserem Alltag dazu bei, dass wir lebendiger und freudiger werden?
Muss der Heilige Geist in vertrauten Ritualen bleiben – oder möchte er uns gerade herauslocken und uns ermutigen, kleine Abenteuer im Glauben zu wagen?

Die Gänse auf dem Hof (nach Kierkegaard)

Sören Kierkegaard erzählt in einem Gleichnis von Gänsen, die sonntags gespannt den Worten eines erfahrenen Gänserichs lauschen, der von früheren Flügen berichtet.
Doch die Gänse bleiben lieber auf dem sicheren Hof, weil dort das Futter reichlich und das Leben bequem ist.
Dieses Gleichnis lädt uns liebevoll ein, darüber nachzudenken, ob wir uns manchmal in wohlbekannten Abläufen einrichten, ohne wirklich aufzubrechen:
• Wir treffen uns zum Gottesdienst, hören inspirierende Worte, danken Gott – und gehen danach in den Alltag zurück, ohne größere Veränderungen vorzunehmen.
• Wir bewundern Menschen wie Paulus oder Stephanus für ihren Mut, finden aber häufig nicht den Impuls, selbst den nächsten Schritt zu wagen.

An Pfingsten dürfen wir das mit einem Augenzwinkern eingestehen: Der Heilige Geist ist kein Ausstellungsstück, das wir nur bestaunen können.
Er ist eher wie ein frischer Wind, der uns behutsam ermutigen will, den sicheren Hafen zu verlassen und uns auf Neues einzulassen.

Denn:

„Gottes Heiliger Geist gehört in Abenteurerhand!“

Dieses Motto klingt prägnant und herausfordernd zugleich.
Es erinnert uns daran, dass wir nicht zum Stillstand bestimmt sind, sondern zum Fliegen – zum Entdecken neuer Horizonte in unserem Glaubensleben.
Pfingsten schenkt uns den Heiligen Geist, damit wir mutig leben und Gottes Liebe weitergeben können:
Wie die Jünger damals dürfen auch wir peu à peu unsere Komfortzone verlassen.
Natürlich können wir weiterhin über Glaubensfragen nachdenken und diskutieren. Doch wenn unser Denken und Wissen nicht in Taten mündet, verschenken wir die Chance, den Heiligen Geist wirklich wirken zu lassen.


Diese Zeilen weisen mit klaren Worten darauf hin:
Pfingsten möchte uns behutsam aus dem Dornröschenschlaf holen, damit wir den Mut finden, unsere Sehnsucht auszudrücken und Neues zu wagen.
Es ist keine Aufforderung zum Perfektionieren, sondern eine Einladung, in unserer eigenen Kraft zu stehen und uns gegenseitig zu ermutigen.


„Gottes Heiliger Geist gehört in Abenteurerhand!“
Dieses Bild ist eine Einladung, den Glauben aktiv und mit offenem Herzen zu leben. Vielleicht ergibt sich daraus:

1. Spontane Gespräche zulassen
Wenn wir im Alltag aufeinander zugehen – sei es im Café, in der Bahn oder am Arbeitsplatz – dürfen wir ganz selbstverständlich von unserer Hoffnung erzählen. Dabei genügt ein offenherziges Gespräch, ohne Druck oder Erwartung.

2. Gemeinsam Nachhaltigkeit gestalten
Junge Menschen organisieren eine Kleidertausch-Aktion und zeigen, wie bereichernd nachhaltiger Konsum sein kann. So entsteht Gemeinschaft und Bewusstsein für Gottes Schöpfung.

3. Eigene Gaben entdecken und teilen
Jede Begabung ist wertvoll – sei es Musik, Handwerk, Sprache, Organisation oder Zuwendung. Wenn wir unsere Talente bewusst einsetzen, wird unsere Gemeinschaft bunter und reicher.

4. Fehlerfreundlich unterwegs sein
Neues auszuprobieren bedeutet manchmal, dass nicht alles glatt läuft. Aber gerade dann können wir aus unseren Erfahrungen lernen und miteinander wachsen. Glaube ist kein perfektes Programm, sondern eine Reise, die wir gemeinsam gestalten.

5. Klare Kante zeigen
Der Heilige Geist befähigt uns heute, klare Positionen einzunehmen. Das heißt, wir können ganz einfach unsere Meinung äußern, wenn wir einem Standpunkt nicht zustimmen, zum Beispiel indem wir sagen: „Ich teile deine Meinung nicht!“.
Ebenso sollten wir Missstände ansprechen, wenn etwas aus unserer Sicht falsch läuft.
Persönlich habe ich erfahren, dass mein Eintreten andere ermutigt.
Andererseits kann mich das Engagement von Mitmenschen gegen Ungerechtigkeit anspornen, diese aktiv zu unterstützen – in Wort und Tat. So holt uns der Heilige Geist aus unserer Komfortzone und motiviert uns, für Wahrheit und Gerechtigkeit einzustehen.
Ein Beispiel, wie es gehen kann, zeigt das Video unten.

6. Dem Geist vertrauen
Wir sind nicht allein: Der Heilige Geist, der damals auf die Jünger herabkam, begleitet uns heute genauso.
Er schenkt uns Mut und Mitgefühl – auch wenn wir uns innerlich unsicher fühlen.

Bild: Gerd A. Wittka, 2025

Wenn wir diese Einladungen annehmen, bleibt Pfingsten nicht nur ein einmaliger Tag im Kalender, sondern wird zum täglichen Licht in unserem Leben.
Dann dürfen wir, getragen vom Geist Gottes, kleine und große Abenteuer wagen und miteinander erleben, wie wir wirklich fliegen können – statt am Boden zu verharren.

Ich würde gerne mit Ihnen und mit vielen anderen in unserer Kirche wieder fliegen!


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Papst Franziskus – inspiriert!

Bild von Jörg Upahl auf Pixabay

Ich habe am vergangenen Samstag im Gottesdienst angekündigt, zu erzählen, was mich für meinen Dienst am Pontifikat von Papst Franziskus inspiriert hat.


1. Abschaffung überflüssiger Ehrentitel

Im Jahr 2014 hat Franziskus entschieden, die Ehrentitel „Apostolischer Protonotar“ und „Ehrenprälat“ nicht mehr zu vergeben. Auch der Monsignore-Titel wird heute nur noch ganz zurückhaltend an verdiente Priester ab 65 Jahren verliehen.
Diese Entscheidung ist auch uns Einladung, jene Haltung Jesu zu leben, der Seine Jünger ermahnte: „Ihr sollt nicht Rabbi genannt werden, denn einer ist euer Meister“ (Mt 23,8).
In meiner Seelsorge ermutigt mich das, Menschen nicht über Titel zu definieren, sondern der Mensch bekommt seine ganze und einzigartige Würde allein aus dem Umstand, dass er Mensch ist.
So verstanden bin ich auch einfach ‚Bruder‘ unter den Geschwistern unserer Kirche.

2. Kritik am Klerikalismus

Franziskus spricht offen an, dass Kleriker sich nicht abheben dürfen. Er verwendet das Bild des „Stallgeruchs“, den auch Kleriker anzunehmen bereit sein müssen, um uns daran zu erinnern, uns dort aufzuhalten, wo Leben geschieht: in den Familien, auf den Straßen, in den Sorgen und Freuden der Menschen.
Ich erlebe immer wieder, wie wertvoll es ist, im Krankenhaus, bei Hausbesuchen oder im Gespräch einfach präsent zu sein, ohne jeden klerikal-geistlichen Firlefanz, denn wir alle sind ‚Geschwister‘!
Klerikalismus gibt es aber nicht nur bei Klerikern, sondern bei allen Gläubigen, die manchmal die Kleriker ‚in den Himmel heben‘.
Formulierungen wie „Hochwürden“ sind für mich ein Beispiel dafür.

3. Öffnung des innerkirchlichen Diskurses

Selten wurde es in der Kirchengeschichte so offen geduldet, verschlossene Türen aufzutreten und auch schwierige Fragen der Kirche und in der Kirche zur Sprache zu bringen. Diese Einladung zu ehrlichem Austausch hat für mich immer wieder neue Horizonte geöffnet, denn dort, wo wir miteinander ringen, wird Gottes Geist kreativ.

4. Aufwertung der Frau in der Kirche

a) Maria Magdalena, die erste Zeugin der Auferstehung, wird von Franziskus als „Apostelin der Apostel“ gefeiert. Ihr Gedenktag ist nun ein Fest, und in der Präfation heißt es: „Du hast sie zur Verkünderin gemacht, die alle Menschen zur Begegnung mit Dir führt.“ Das gibt uns zu denken: Wer in unserer Gemeinde übernimmt eigentlich den Platz der Verkünderin und Verkündiger – und erkennen wir ihre Sendung an?

b) Erstmals leitet eine Frau ein Dikasterium im Vatikan. Für mich zeigt das: Gottes Ruf geht nicht nach Geschlecht, sondern nach Liebe und Kompetenz. In unserer Gemeinde und Gemeinschaft ermutige ich Frauen, Verantwortung zu übernehmen – sei es im Dienst als Lektorin, Kommunionhelferin, Gottesdienstleiterin oder im Leitungsteam von gemeindlichen Gemeinschaften.
Sie erinnern sich daran, dass ich mich z.B. auch dafür stark gemacht habe, dass bei der Lesung der Passion, eine Frau den Part Jesu übernommen hat, so selbstverständlich, wie ein Mann den Part der Frauen in der Passion übernommen hat, wo es um die Verleugnung des Petrus geht.

5. Erneute Schritte bei der Aufarbeitung von Missbrauch

2015 richtete Papst Franziskus Gericht ein, das Bischöfe bei Miss­brauchs­vertuschung bestraft; 2016 weitete er dies auf alle Pflichtverletzungen mit Amtsverlust aus. Diese entschiedene Haltung erinnert mich daran, stets aufmerksam und sensibel zu bleiben, Betroffene mutig zu begleiten und jede Form von sexuellem oder geistlichem Missbrauch — auch bei bestehendem Priester- und Personalmangel — klar und ohne Relativierung zu verurteilen.

6. Zulassung zur Beichte und Kommunion für wiederverheiratet Geschiedene

Mit seinem päpstlichen Schreiben ‚Amoris laetitia‘ öffnete der Papst 2017 die Tür für eine Einzelfallentscheidung: im pastoralen Begleitgespräch wird in den Blick genommen und gewürdigt, ob Gewissen und Lebenssituation die Zulassung möglich machen.
Das geschieht nicht pauschal, sondern in liebevoller Einzelfallbegleitung. In meiner Seelsorge habe ich schon einige Gespräche geführt, in denen Menschen durch diesen Weg neu die Nähe Jesu erfahren durften.

7. Segnung von Lebensgemeinschaften

In einer Erklärung des Glaubens-Dikasteriums, die Franziskus ausdrücklich befürwortet hat, ist die Segnung unverheirateter und gleichgeschlechtlicher Paare erlaubt. Dabei betonte er: Es geht nicht um ein Sakrament und nicht um Ersatz für die Ehe, sondern um das Anerkennen einer auf Liebe und Verantwortung gegründeten Lebensform.

Ich mache mich persönlich seit vielen Jahren für diese Segnung stark und habe erlebt, wie diese Segnungen Menschen tief bewegen und sie neu von dieser göttlichen Zusage erfüllt und gestärkt werden, auf ihrem Weg.

8. Stärkung der Laien im kirchlichen Engagement

In Deutschland werden heute schon Laien an der Leitung einer Pfarrei beteiligt, und in unserem Bistum probieren wir verschiedene Leitungs-Modelle im Team aus. Diese Entwicklung spiegelt das biblische Bild wider, dass jeder Getaufte eine Sendung besitzt, mit priesterlicher Würde:

Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.“ (vgl. 1 Pt 2,9).

Ich nenne unsere Helferinnen und Helfer bewusst „ehrenamtliche Mitarbeitende“, weil sie mit persönlichen und teils beruflichen Fachwissen und Herzblut die Kirche mitgestalten – nicht nebenbei, sondern als lebendiger Teil des Leibes Christi.
Ihr Engagement müssen wir deshalb mehr wertschätzen und unterstützen.

9. Sorge um Ausgegrenzte und die Bewahrung der Schöpfung

Franziskus ruft uns auf: „Die Armen warten nicht!“.
Er fordert uns auf, den Blick zu weiten: für Flüchtlinge, für Menschen in wirtschaftlicher Not, für Opfer politischer Gewalt – und gleichzeitig für die bedrohte Schöpfung.

Zugleich ermutigt er uns, die sozial-karitative Dimension unseres Glaubens stärker in Staat und Gesellschaft einzufordern, damit wir als Gesellschaft solidarischer sind mit jenen, die unsere tatkräftige Hilfe brauchen.

Schon in der früheren Pfarrei „St. Hippolytus“ habe ich mich an einem Ökologie-Projekt „Der grüne Hahn“ beteiligt, das die ökologische Verantwortung unseres Christseins stärker in den Blick nimmt.
Und die seine Ermutigung um die Sorge der Zukunft und Bewahrung der Schöpfung treibt mich auch heute weiter an.

10. Bekenntnis zur Demokratie

Obwohl die Kirche selbst keine Demokratie im inneren Aufbau hat, bekennt sich Franziskus klar zu zivilen demokratischen Werten. Im Sommer 2024 schrieb er: „Demokratie lebt vom Konsens und bekundet die Würde jedes Einzelnen im Miteinander.“ Das ermutigt mich, mich auch persönlich und in politischen Gesprächen für Demokratie, Freiheit, Gleichberechtigung, unsere freiheitliche-demokratische Grundordnung und gegen Diskriminierung, Ausländerhass, Vorurteile und Stigmatisierung von Menschen einzusetzen.


Ich bin sicher, dass wir erst richtig erkennen werden, was Franziskus uns gegeben hat, wenn sein Amt von seinem Nachfolger ausgefüllt wird.
(Gerd A. Wittka)