Die Angehörigen Jesu meinen, er ist draußen, weil er sich nicht an das Wort hält: „Blut ist dicker als Wasser“.
Aber das Evangelium eröffnet uns eine andere Perspektive, wenn es gleich am Anfang die Worte findet: „In jener Zeit ging Jesus in ein Haus und wieder kamen (.) viele Menschen zusammen…!“
Jesus geht nach „drinnen“ und sammelt dort die Menschen. Es ist das ‚offene Haus‘, das den Menschen die Möglichkeit gibt, hineinzugehen und hineinzukommen, um im inneren Bereich der Verkündigung und der Botschaft Jesu anzukommen.
Wer hat nun „das Bessere gewählt“ in den Augen Jesu? Jene, die die geöffnete Tür nutzen, um zu Jesus zu kommen oder jene, die draußen stehen und auf die (Familien-)Tradition und Familienzugehörigkeit pochen und Jesus da ‚raus holen wollen‘?
Jesus lädt mit seiner provokanten Äußerung am Ende aber zugleich seine Verwandtschaft ein, in seinen Augen ‘in zu sein’! – Ob sie der Einladung folgen werden?!
Und auch uns gilt die ‘Einladung an die Verwandten’!
Das Evangelium stellt uns die provokante Frage:
Wer ist drinnen und wer ist draußen?
Wer ist ‘in’ und wer ist ‘out’, aus der Sicht Jesu?!
Und wie steht’s mit uns? Wo stehen wir?
“Jesus, du …”
Litanei zum 21. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A
Gestern in unserem Gottesdienst in der Krankenhaus-Kapelle ist eine Litanei entstanden, die ihren Ursprung im gestrigen Evangelium hat.
Die Gottesdienstteilnehmer:innen wurden vor dem Gottesdienst eingeladen, spontan (aus dem Bauch und dem Herzen heraus) ein Wort oder einen kurzen Satz anonym aufzuschreiben, wer oder was Jesus Christus für sie ist. Danach legten sie ihren Zettel in ein Gefäß, das beim Einzug mitgenommen und auf den Altar gelegt wurde.
Nach der Kommunion gibt es immer eine kleine Meditation. Dieses Mal habe ich die Zettel genommen und daraus spontan die Litanei formuliert, die ich in der Anlage beigefügt habe.
Für die Teilnehmenden und auch für mich war das ein sehr dichtes spirituelles Erlebnis.
Es war 1.) so wertvoll, dass so viele ‘ihr persönliches’ Christus-Bekenntnis abgegeben haben und 2.) andere daran teilhaben lassen. So entstand 3.) ein eindrucksvolles Glaubenszeugnis in der heutigen Sprache der Menschen
Gerne teile ich mit ausdrücklicher Erlaubnis der Gottesdienstgemeinschaft dieses spirituelle Highlight.
Wir alle kennen uns mit Falten aus – Nein, ich meine jetzt nicht jene, mit denen das Alter unseren Körper ziert…!“ 😉
Ich denke da zum Beispiel an das Wäsche-Falten. Oder wenn wir einen Briefbogen falten müssen, damit wir ihn in ein Briefkuvert stecken können.
Ich habe hier heute einen Bogen Papier mitgebracht. Den möchte ich nun so falten, dass aus ihm drei gleich große Felder entstehen.
(Ich falte einen Papierbogen längst an zwei Stellen, so dass drei gleich breite Felder entstehen. Dann klappe ich die beiden äußeren Felder ein, so dass nur ein schmaler Streifen zu sehen ist.)
Es ist ein einziges Blatt, das aber aus drei Feldern besteht, die miteinander verbunden sind. Daran möchte ich uns einen Zugang zur Dreifaltigkeit eröffnen.
Auf den mittleren Streifen schreibe ich nun „Vater“. (Mittleren Streifen bezeichnen mit „Vater“.)
Dieser Teil steht für „Gott Vater“. Das ist die Person des dreifaltigen Gottes, in der alles seinen Anfang genommen hat, wie z.B. das Buch Genesis in den Schöpfungsberichten beschreibt.
Gott Vater, dem Schöpfergott, verdanken wir alles Dasein, auch unser Dasein. Er hat die unsichtbare und die sichtbare Welt geschaffen; die sichtbare Welt, ist die, die wir wahrnehmen, wenn wir unser Tagewerk beginnen. Der Aufgang der Sonne am frühen Tag, der Gesang der Vögel, die Tiere und Pflanzen, die Menschen und all das, was Menschen mit Hilfe der Schöpfung alles geschaffen haben.
Der Schöpfergott ist die göttliche Person, auf die alles zurück geht, was wir wahrnehmen und erleben. Wir als Menschen sind in seinem Schöpfungswerk mit herausragenden Eigenschaften geschaffen: als denkende und fühlende Wesen, die mit de Gaben der (Selbst-)Reflexion und der Freiheit ausgestattet sind.
Hinter all dem steht Gott Vater als Urgrund allen Seins.
Auf den nächsten Teil des gefalteten Blattes schreibe ich das Christus-Monogramm, das ‚XP‘, auch PX, genannt.
(Eine Blattspalte öffnen und darauf das Zeichen „PX“ = Christus, schreiben.)
Dieser Teil steht für Jesus Christus, dem Menschen, den Gott zu uns gesandt hat. Durch ihn hat Gott sich in unüberbietbarer Weise uns selbst offenbart. Jesus Christus ist die menschliche Verkörperung der Liebe Gottes zu uns Menschen. Durch Jesus Christus hat das göttliche Werben um unsere Liebe und Zustimmung seinen Höhepunkt und Schlusspunkt gefunden. Nach der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus hat es kein größeres göttliches Werben um uns mehr gegeben. In Wort und Tat hat Jesus gezeigt, wer Gott für uns ist und wie groß seine Liebe zu uns ist. Der Mensch gewordene Gott in Jesus Christus hat uns gezeigt: alle sollen Gottes Heil erfahren. Niemand ist von der Liebe und von Gottes Heilswillen ausgeschlossen. Das größte Hindernis in der Beziehung zwischen uns Menschen und Gott wurde durch Jesus Christus aufgehoben: die Sünde, durch die wir uns von Gott entfernen. In grenzenlos verzeihender Liebe ist die Sünde nun keine unüberwindbare Mauer mehr, damit wir das Heil erlangen können.
Auf die letzte Spalte schreibe ich die Buchstabenkürzel H.G. Sie stehen für Heilige Geistkraft oder Heiliger Geist.
(Letzte Blattspalte öffnen und darauf „H.G.“ schreiben!)
Die Heilige Geistkraft. Vor einer Woche haben wir ihr Fest gefeiert. Sie ist die Seite Gottes, die uns nie allein lässt, auch wenn wir uns allein und verlassen fühlen. Sie ist die Begleiterin in der Welt und in unserem Leben, auch wenn wir Jesus Christus als Mensch nicht mehr hier auf Erden erfahren können.
(Wie oft wünsche ich mir, Jesus leibhaftig und persönlich hier erfahren zu können, wie damals seine Jünger:innen!) – Aber die Heilige Geistkraft will uns mit der Kraft und Begeisterung für die Sache Jesu erfüllen, die wir gespürt hätten, hätten wir ihn zu seinen Lebzeiten auf Erden erlebt. Die Begeisterung und die Kraft, die damals seine Begleiter:innen gespürt haben: dieselbe Kraft können wir auch heute spüren, durch das Wirken der Heiligen Geistkraft. So, wie damals die Menschen von Christus begeistert wurden zum Glauben an ihn, so kann auch uns in unserer Zeit die Heilige Geistkraft für seine Botschaft und sein Heilswerk begeistern.
(Das komplett Blatt entfalten, das die Einheit in der Dreifaltigkeit verdeutlicht. Jede der Person ist mit den anderen Personen verbunden und eins.)
Dieses entfaltete Blatt zeigt mir, was es bedeuten kann, wenn wir von dem einen dreifaltigen Gott sprechen. Es ist das eine Blatt – es ist der eine Gott.
Doch er zeigt sich uns in dreifacher, oder dreifaltiger Weise.
Dabei steht jede Seite Gottes für sich und zugleich sind sie untrennbar. Und jede Seite Gottes hat ihren Platz und ihre Berechtigung.
Wenn Sie mich fragen würden, wie ich ganz persönlich versuche, an die Dreifaltigkeit zu glauben, möchte ich antworten:
Ich mache es mir in meiner eigenen Spiritualität nicht schwer!
Wenn ich an den dreifaltigen Gott glaube, dann denke ich nicht in hochkomplizierten theologischen, dogmatischen Lehrsätzen!
Sondern: • Wenn ich mich der Schöpfung freue, freue ich mich an Gott Vater. • Wenn ich mich frage, wie mein Leben gelingen kann, welche Werte und Grundsätze für mich wichtig sind, schaue ich auf Jesus Christus, dem Sohn Gottes. • Und wenn ich mir gewahr werde, dass ich mich nicht allein auf meine Kraft und mein Vermögen stützen kann, bitte ich die Heilige Geistkraft um ihre Gaben.
Gelebten Glauben sollten wir nicht schwerer machen, als er manchmal schon ist.
Ich hoffe, ich konnte einen kleinen Beitrag dazu leisten, sich die Dreifaltigkeit Gottes konkret denken zu können.
Hinweis:
Am Ende meiner Ausführung wird natürlich klar, dass mein ‘Aufhänger’ mit dem “Falten” natürlich konstruiert war. Ich wollte damit nur Aufmerksamkeit erheischen. Der Begriff “Dreifaltigkeit” hat natürlich nichts mit “Falten” oder “falten” zu tun, sondern steht im Kontext der Begrifflichkeiten wie “Einfalt” oder “Vielfalt“. Insofern ist der andere Begriff, den wir für Trinität benutzen, sicherlich auch zu berücksichtigen: “Drei-Einigkeit“.
Synodaler Weg am Scheideweg
Sperrminorität der Bischöfe verhinderte menschenwürdige Sexuallehre
Beim Synodalen Weg sollte es nun in der vierten Sitzungsperiode Entscheidungen geben. Das erste Papier handelt von einer Neuausrichtung der kirchlichen Sexuallehre der römisch-katholischen Kirche in Deutschland. Darin ging es auch um die Umsetzung empirischer Erkenntnisse über die Vielfalt menschlicher Geschlechtlichkeit im Alltag der Kirche und für die Menschen von heute.
Blankes Entsetzen in den Augen vieler Synodale, als das Präsidium das Abstimmungsergebnis bekannt gab. Offenbar hatten einige Bischöfe während des ganzen Beratungsprozesses nicht mit offenen Karten gespielt und dadurch eine synodale Auseinandersetzung auch mit anderen Überzeugungen als die der Mehrheit der nicht-bischöflichen Teilnehmer:innen unmöglich gemacht.
Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Steht daher fest und lasst euch nicht wieder ein Joch der Knechtschaft auflegen!
Galater-Brief Kapitel 5 Vers 1
Das wirft ein groteskes Licht auf das, was eigentlich der Sinn des Synodalen Weges in Deutschland ist: der offene und bisweilen auch kontroverse Dialog zwischen der kirchlichen Hierarchie und den ebenso geistbegnadeten Nicht-Kleriker:innen in unserer Kirche. Denn nur so könnte wirklich eine Bewegung auf Zukunft hin geschehen, die die Kirche in Deutschland nicht zerreißt.
Stattdessen wurde ein unsichtbarer Spaltpilz gepflanzt und gepflegt, dessen Fruchtkörper nun seine schädlichen Sporen entlassen hat.
Akteur:innen der Initiative “Out in church” titeln indessen um in “Out of church”!
Ungehindert(e) voranschreiten!
Nun geht es aber darum, ungehindert weiter voranzuschreiten und sich nicht durch das strategische Kalkül mancher Bischöfe davon abbringen zu lassen, was wirklich not-wendig ist: der Umbau einer Kirche in eine Kirche für die Menschen mit einem menschlichen Antlitz!
Aus dem ‘Geist der Freiheit’ dürfen wir uns als Ungehinderte verstehen, die diesem Geist und dem eigenen Gewissen als letzte Entscheidungsinstanz verpflichtet sind!
Da wo wir sind, wirken, gehen und stehen, liegt es an uns, unbeirrt den Weg weiterzugehen, der die Menschen in ihrer ganzen sexuellen Vielfalt respektiert und sie nicht ausschließt von der Verheißung des Herrn:
Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.
Johannes-Evangelium 10,10
‘Füllhorn’ der Gnade
Zu den schönsten Augenblicken in meinem Dienst als Krankenhaus-Seelsorger gehört ohne Zweifel die Spendung der verschiedenen Sakramente (Eucharistie, Feier der Versöhnung, Krankensalbung, …)
Besonders bewegend finde ich es, wenn ich zu einer Krankensalbung gerufen werde, wo akute Lebensgefahr besteht oder der/die Patient:in sich bereits in der Sterbephase befindet. Immer häufiger sind dann auch engste Angehörige und/oder Freund:innen dabei.
Im Kreis der Lieben diese Sakramente zu empfangen, empfinde ich als sehr wichtig und auch hilfreich für den Menschen, dem diese Sakramente gespendet werden.
Besteht akute Lebensgefahr oder befindet sich der Mensch in der Sterbephase und kann sich selber nicht mehr äußern, spende ich die Krankensalbung und erteile eigentlich immer auch die sogenannte ‘Generalabsolution’. Diese ist den Situationen vorbehalten, wo das Leben eines Menschen bedroht ist und er nicht mehr die Möglichkeit zum persönlichen Bekenntnis hat.
In diesen Situationen bietet die Kirche eine Generalabsolution ohne vorausgegangenem Beichtgespräch an.
Mir ist diese Form sehr wichtig, denn ich weiß, dass manche Menschen am Ende ihres Lebens von Schuldgedanken geplagt werden.
Damit sie aber gut und mit innerem Frieden diese Welt verlassen können – in dem Bewusstsein, dass nichts mehr zwischen ihnen und Gott steht – empfinde ich diese Form der Lossprechung als großes Geschenk.
Um es mit meinen – vielleicht etwas naiv anmutenden – Worten auszudrücken: Jesus Christus hat uns ein ‘Füllhorn der Gnade’ anvertraut, aus dem ER reichlich geben will. Wir als SEINE Werkzeuge in dieser Welt, dürfen davon mit vollen Händen austeilen.
DAS ist für mich eines der größten und erfüllensten Momente in meinem Dienst als Krankenhaus-Seelsorger.
Gesegnete Ostern 2021
“frohe Ostern” – kommt mir nicht so recht über die Lippen
Um es gleich vorweg zu nehmen: nein so richtig froh bin ich an diesem Osterfest nicht. Die “Freude” steht mir nicht ins Gesicht geschrieben.
Jetzt könnte ich gleich den zweiten Schritt vor dem ersten machen und von meinem Glauben an die Auferstehung, von meinem Glauben an das ewige Leben schreiben, dass bei allen Umständen dennoch mein Glaubesgrund ist.
Aber ich möchte es wagen, doch erst einmal dabei etwas zu verweilen, warum mir der Gruß “Frohe Ostern!” in diesem Jahr doch so gar nicht durch den Kopf geht und über die Lippen kommt. Ich finde, es ist gut, nicht darüber einfach hinweg zu gehen, macht mich doch meine heutige Stimmung auf etwas aufmerksam, was mir fehlt, wonach ich mich sehne.
Und dann kommt die Frage, welche Bedeutung es für mich hat und wie ich dennoch auch in diesem Jahr Ostern ‘feiern’ kann?
“Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaft auferstanden!” – dieser Zuruf gilt auch heute, Ostersonntag 2021. Die Wahrheit bleibt. Doch was sich ändert, ist, wie diese Wahrheit bei mir ankommt, mich erfüllt.
Bilder des Alten Bundes
Immer wieder kommen mir Bilder des Alten Bundes in den Sinn. Da lese ich von der Zerstörung Jerusalems und des Tempels durch die Babylonier.
Stadt und Tempel waren mehr als nur Gebäude für das Volk Israel. Ihnen wurde ihre geographisches, ihr sozial-politisches und kulturell-religiöses Glaubenszentrum genommen. Es liegt in Schutt und Asche. Große Teile des Volkes sind nach Babylon verschleppt und geraten dort in Gefangenschaft (-> Babylonisches Exil)
Der Ort des Tempels war der Raum, wo das Allerheiligste stand, wo “Gott seine Wohnstatt unter den Menschen” hatte.
Warum, so frage ich mich, kommen mir diese alten Erzählungen in den Sinn? Weil ich spüre, dass mir durch die Corona-Pandemie auch solche “Orte” des Glaubens genommen worden sind. Sie sind zwar nicht endgültig verschwunden, aber sie machen das vertraute Glaubensleben schwer wenn nicht gar unmöglich.
Ich bin so kirchlich sozialisiert, dass Gottesdienste für mich wesentliche Quellen der geistlichen Zurüstung sind. Sicherlich gibt es dafür auch andere ‘Orte’. Aber gewiss ist die Liturgie der Kar- und Ostertage in ihrer Einmaligkeit für mich ganz wichtig, das spirituelle Zentrum von Ostern zu erspüren.
Einwand: Es gibt doch Gottesdienstangebote
Sicherlich kann man einwenden: damals war der Tempel nicht mehr. Doch heute ist das bei uns ganz anders. Wir machen unseren Glauben doch nicht an Orten fest! – Das ist richtig.
Und dennoch bringen wir unseren Glauben ritualisiert in unserer Kirche zum Ausdruck: in den verschiedensten Feiern und Formen von Gottesdiensten.
Ja, es ist richtig, dass in der Corona-Pandemie eine Vielzahl an Gottesdiensten angeboten wird: Gottesdienste ‘aus der Konserve’, die man sich gleichsam wie aus einer Mediathek zu jeder beliebigen Zeit vorspielen lassen kann; sogenannten “livestreaming”-Gottesdienste, wo in einer Kirche ein Gottesdienst gefeiert wird und wir in Echtzeit über eine Videoschalte an diesem Gottesdienst ‘teilnehmen’ können.
Für mich ist Letzteres aber keine wirklich Teilnahme. Meine Gottesdienstteilnahme lebt von Interaktion; ist echte personale Begegnung, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit und ‘aus der Bank’ heraus; ist Gemeinschafterfahrung indem ich andere Menschen mit mir in Raum und Zeit wahrnehme.
Alles das können Gottesdienste ‘aus der Konserve’ oder sogar Livestreaming-Gottesdienste für mich nicht leisten.
Jetzt könnten noch einige einwenden: Du bist doch Priester. Kannst du nicht ausnahmsweise eine Privatmesse “missa sine populo” feiern? Meine Antwort ist ganz klar: NEIN! Auch für mich ist die Teilnahme und Mitfeier der Gemeinde wesentlicher Bestandteil eines Gottesdienstes und besonders der Eucharistie. (Natürlich gibt es Gottesdienste, die ich “allein” feiere: ich denke da nur an die Tagzeitenliturgie, …)
Aber eine Eucharistie ohne interagierende Gemeinde ist für mich nicht denkbar.
Eine Form des Gottesdienstes, die auch gerade in unserer modernen Zeit möglich ist, ist ein ‘interaktiver Online-Gottesdienste’ z.B. mittels ZOOM-Meeting-Platform. Am Gründonnerstag hat mein Kollege in der Krankenhaus-Seelsorge und ich einen solchen Gottesdienst vorbereitet und durchgeführt. Bei dieser Form kam etwas wie ein Wir-Gefühl auf; wir konnten vorher miteinander reden und auch sehen (Video); während des Gottesdienstes gab es ein Predigtgespräch und auch frei formulierte Fürbitten. Und anschließend ‘saßen’ wir noch bei einer Agapefeier beisammen. Bei entsprechender Gestaltung des Umfelds in der Nähe des PC/Laptop etc. kommt dann auch Gemeinschaftgottesdienstcharakter zustande.
Am Karfreitag und auch in der Osternacht war diese Form nicht möglich, weil uns einfach die Zeit zur sorgfältigen Vorbereitung fehlte.
Abgesehen von der Tagzeitenliturgie und einer Kreuzweg-Betrachtung am Karfreitag war es das mit Gottesdiensten für mich in den Kar- und Ostertagen.
Dies ist schade und traurig; dadurch stellt sich bei mir – auch in diesem Jahr wie im letzten – kein richtiges Osterfeeling ein, was mir sonst mit der Mitfeier der Liturgie widerfahren ist.
Daher drängt für mich die Frage:
Wie und wo kann ich mich an diesem Osterfest geistlich festmachen?
Diese Frage kann ich gar nicht jetzt schon abschließend beantworten. Ich habe nur eine Ahnung und Impulse, die mir durch den Kopf jagen:
dieses Ostern 2021 ist ein stilles Osterfest
losgelöst von vielen vertrauten Ritualen zwingt es mich, auf es einen neuen Blick zu tun
es ist noch mehr ein Ostern der Innerlichkeit, was sich befreien muss von äußerlichen Faktoren, Gewohnheiten und Ritualen
ein Ostern, das Auferstehung in gewisser Weise ganz neu erfahrbar werden will
Bei diesem Osterfest kommt es mehr noch auf die gläubige Sehnsucht an, als auf das rituelle Erleben.
Österliches Gebet und österlicher Lobpreis wird vereinzelt und verinnerlichter vollzogen sein.
Denn: wenn sich auch äußere Umstände, die vertrauten, so radikal verändert haben: die Botschaft von Ostern ist und bleibt unveränderlich:
“Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaft auferstanden!”
Ich möchte diese Botschaft wieder einmal in meinem Leben verinnerlichen, mir ein-ver-leib-en. Ich wünsche und hoffe, dass diese Botschaft in mir den Mut und Impuls verstärkt, mich auf das Leben einzulassen und es als “neues” Leben zu wagen.
Wir gut, dass die Osterzeit insgesamt fünfzig Tage dauert: da bleibt mir noch etwas Zeit, mich geistlich neu einzufinden in dieses Fest!