„Ich will meiner Klage freien Lauf lassen und reden in der Betrübnis meiner Seele.“ (Hiob 10,1)
Installation in der Krankenhaus-Kapelle lädt zum Klagen ein
„Gott sei’s geklagt!“ – diese alte Redensart weist uns darauf hin, dass wir auch klagend im Gebet mit Gott reden können.
Zeugnisse darüber gibt es bereits in der Bibel: zum Beispiel bei Hiob oder in den Psalmen: „Ich schütte vor IHM meine Klage aus…“ (Psalm 142, 3).
Die Klage des eigenen oder fremden Leids gegenüber Gott gehört zu einer vertrauensvollen Gottesbeziehung mit dazu. Denn unser Leben ist manchmal ‚beklagenswert‘!
Die Passionszeit (Fastenzeit) lädt uns alle ein, unsere Klage(n) vor Gott zu tragen. So haben wir von der ökumenischen Krankenhaus-Seelsorge in der Krankenhaus-Kapelle des evangelischen Johanniter-Krankenhauses in Oberhausen eine Installation vorbereitet.
An einer Präsentationswand wurden „Klage-Kärtchen“ vorbereitet. Auf diese können Besucher:innen der Kapelle ihre Anliegen, ihre Sorgen und Klagen schreiben und dann an das Altarkreuz hängen.
Diese Klagen werden so zu einem lebendigen und offenherzigen Gebet. Diese Klagezettel werden am Ende der Passionszeit im Osterfeuer verbrannt.
Foto: Gerd Wittka, 2021
Auf dem Weg nach Betlehem
Krankenhaus-Kapelle wird in Corona-Zeiten zu einem spirituellen Erfahrungsraum
Die beiden Krankenhaus-Seelsorger im Johanniter-Krankenhaus Oberhausen, Pfarrer Falk Nerenz (ev.) und Pastor Gerd Wittka (rk.) standen vor der Frage, welche geistlichen Akzente sie in der Zeit der Corona-Pandemie setzen können?
Seit Monaten dürfen keine öffentlichen Gemeinschaftsgottesdienste in der Krankenhaus-Kapelle stattfinden. Mit einem genehmigten Hygiene- und Abstandskonzept feiern beide Geistliche seit einigen Monaten jeweils mittwochs um 13.00 Uhr einen sogenannten „Stellvertretungs-Gottesdienst“ in der Krankenhaus-Kapelle. Zentrum dieses Gottesdienstes sind Gebetsanliegen, die von Patient*innen oder Mitarbeitenden des Krankenhauses benannt werden. Schriftlesung, Musik und Gebet vervollständigen diesen regelmäßigen Gottesdienst.
Aber was soll nun in der Advents- und Weihnachtszeit sein?
In den letzten Jahren gab es neben den wöchentlichen Gottesdiensten auch noch mit den „Adventslichtern – Musik und Texte zum Advent“ eine adventliche Besinnung. Doch beides darf nun nicht sein.
Also musste eine andere Idee her. Nach einiger gemeinsamer Überlegung entschieden sich die beiden Seelsorger, die Kapelle von der Adventszeit an zu einem spirituellen Erfahrungsraum umzugestalten.
Nach Absprache mit den Verantwortlichen des Krankenhauses in Hygiene-Fragen wurde ein Raumkonzept erarbeitet, das die nötigen Corona-Regeln mit einem geistlichen Angebot in Einklang bringt.
Schnell war auch das Motto gefunden: „Auf dem Weg nach Betlehem“.
Mittelpunkt dieser Initiative ist eine Weihnachtskrippe, die dem katholischen Seelsorger vor einigen Jahren übereignet wurde.
Der Kapellenraum wurde bis auf wenige Stühle frei geräumt. Drei Stoffbahnen in unterschiedlichen Farben symbolisieren drei verschiedene Wege, die alle zur Krippe führen.
Auf dem Schriftenstand und auf der Orgel erwarten die Besucher der Kapelle geistliche Impulse in Wort und Bild, als Hefte oder Postkarten. Diese dürfen von denen, die in die Kapelle kommen, buchstäblich ‚aufgegriffen‘ und mitgenommen werden.
Auch einige LED-Teelichter stehen zur Verfügung. So werden diejenigen, die die Kapelle besuchen, zu einem kleinen Gedankengang ermuntert, den die Seelsorger in folgende Worte gefasst haben:
„AUF DEM WEG NACH BETHLEHEM
Gerade in beschwerlichen Zeiten gilt die Einladung: „Mache Dich auf zur Krippe. Du wirst erwartet. Von Jesus selbst.“
Während der Adventszeit ist in der Kapelle solch ein Weg sinnbildlich nachgestellt.
Ein persönliches Licht verdeutlicht, wie nahe ich mich dem Heil der Welt fühle.
Noch etwas erwartet alle, die unterwegs sind: Weihnachtsgeschichten, Lieder und Bilder zum mitnehmen.„
Patient*innen und Mitarbeitende sind eingeladen, in der Krankenhaus-Kapelle ein wenig zur Ruhe zu kommen, die Lasten und Sorgen dort im Gebet vor Gott zu tragen und den Weg nach Weihnachten hin als einen persönlichen „Weg nach Betlehem“ zu verstehen:
Möchte ich mich überhaupt auf den Weg nach Betlehem machen?
Wo befinde ich mich gerade auf diesem Weg?
Ist Weihnachten, ist Betlehem noch sehr weit weg von mir und meinen aktuellen Erlebnissen?
Welche Hindernisse stellen sich mir dabei in den Weg?
Was hindert mich daran, auf dem Weg nach Betlehem zu bleiben?
Und welche Hoffnung oder welche Bedürfnisse und Wünsche treiben mich an, den Weg zu gehen? Aber auch:
Welche Begegnungen und Erfahrungen mache ich auf dem Weg?
Welche Beobachtungen mache ich und wie unterscheiden sie sich von Beobachtungen anderer Jahre?
Was wünsche ich zu finden, wenn ich ‚zu Weihnachten‘ dann endlich angekommen bin, zum Stall von Betlehem?
Wer seinen gegenwärtigen Ort auf dem Weg nach Betlehem erspüren konnte, ist dann eingeladen eines der Teelichte dort hinzustellen, wo man gerade ’steht‘.
So gestalten unterschiedliche Menschen, von denen zumeist die wenigsten von einander wissen, einen Raum mit einzelnen Lichtern, die vielleicht auch zum Zeichen eines persönlichen und zugleich gemeinsamen Gebetes geworden sind.