Im zweiten Jahr werden wir in diesem Jahr Ostern unter Coronabedingungen feiern. Eigentlich müssten wir schon Übung daran haben, aber dennoch erscheint es uns weiterhin unwirklich und fremd. Vieles vermissen wir schmerzlich. Darunter auch viele gute Gewohnheiten und Begegnungen. Dazu kommen neue Herausforderungen und Belastungen, die unserem Alltag eine andere Prägung geben, als wir es bisher gewohnt sind.
Als Seelsorger bekomme ich das selber zu spüren. Ressourcen, die ich vorher gewohnt für bestimmte Dinge und Aufgaben zur Verfügung hatte, muss ich nun neuen Herausforderungen widmen.
Das hinterlässt bisweilen auch Unzufriedenheit oder gar Enttäuschungen, weil Erwartetes nicht erfüllt wird und erfüllt werden kann.
Diese Erfahrung ist für mich genau der Punkt, wohin ich in diesem Jahr meinen österlichen Sinn ausrichten möchte: in Mitten von all dem, was niedergeht, jenes in den Blick zu nehmen, was zugleich an Neuem geschieht.
Denn wir fallen durch die Veränderungen ja nicht in ein Vakuum, auch wenn sich das manchmal so anfühlt.
Quelle: www.pixabay.com
Es ist keine Leere, sondern eher das Gefühl, dass Vertrautes nicht mehr da ist; einfach verschwunden, oder überdeckt. So entsteht für mich keine Leere, sondern ein Freiraum, der neu gefüllt werden darf.
Dieses neue Leben möchte ich an diesem Osterfest besonders in den Blick nehmen und feiern.
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Den geschenkten Freiraum für was Neues, damit Altes ruhen kann – vielleicht sogar losgelassen werden kann, weil am Ende nicht nichts steht, sondern mich anderes, verwandeltes Leben erwartet.
Ich wünsche uns allen in diesem Sinne ein gesegnetes und gnadenreiches Osterfest und die Freude über den Auferstandenen.
Neue Impfstoffe
wagen es mit uns
gegen Vir Corone
in diesem Jahr nicht leicht
und nicht ganz ohne
— mutig Richtung Ostern gehn
und — so erinnern heute
weise Leute — können wir
auf diesem Weg — ganz neu
— statt schimpfend untergehn
Vir Corone — aktuell
auch imKarfreitag´21 sehn
und mit Ostern auferstanden
— krisenfester weitergehn
GEBETdabei dankend acht
was wir schon mit-und füreinander
durchgemacht — so können wir bei
weiterem Corona-Reinemachen
impfgestärkt auch
— weiter lachen
Klaus Jäkel, In: Pfarrbriefservice.de
Geliebt mit Haut und Haaren
Heute, am Montag der Karwoche 2020 lese ich im Tagesevangelium die folgenden Verse aus Johannes, 12, 1-3: „Sechs Tage vor dem Paschafest kam Jesus nach Bethanien (…). Dort bereiteten sie ihm ein Mahl; Maria bediente (…). Da nahm Maria ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt.“
Gerd Eichmann / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0) Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Steinbach-St_Jakobus-60-Maria_Magdalena_salbt_Jesus_die_Fuesse-gje.jpg
Am Beginn der Karwoche also dieses Evangelium. Es richtet im weiteren Verlauf zwar auch den Blick auf das zukünftige Begräbnis Jesu, wenn es in Vers 7 heißt: „…Jesus jedoch sagte: Lass sie, damit sie es für den Tag meines Begräbnisses aufbewahrt!…“, aber dieser Satz scheint im Zusammenhang mit der Schilderung vorher etwas widersinnig, denn Maria bewahrt ja eigentlich nichts auf, sondern ‚verschwendet‘ es gleichsam in den Augen anderer. Deshalb: diesem Evangelium steckt noch viel mehr drin, was bedeutsam für diese Heilige Woche ist.
Der Stoff, aus dem Romanzen sind …
Ich möchte Sie mal zu einem sehr unkonventionellen Gedankenexperiment einladen. Lesen Sie mal den Auszug aus dem heutigen Evangelium, aber ohne die Namen „Jesus“ und „Maria“ und setzen Sie stattdessen andere – beliebige – Namen ein. Jetzt stellen Sie sich weiter vor, Sie sind Regisseur und sollen einen Film drehen, in dem auch diese Szene vorkommt… Wie würden Sie dieses Szene gestalten? Was würden Sie in der Szene zum Ausdruck bringen? (Sie können sich gerne dazu auch noch mal das Bild oben anschauen!)
… voller Zärtlichkeit, Nähe, Intimität und Eros
Erinnern wir uns, was wir in Johannes 11, 1f und 5 gelesen haben:
„…1 Ein Mann war krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf der Maria und ihrer Schwester Marta. 2 Maria war jene, die den Herrn mit Öl gesalbt und seine Füße mit ihren Haaren abgetrocknet hatte; deren Bruder Lazarus war krank. (…) 5 Jesus liebte aber Marta, ihre Schwester und Lazarus….“
Die Bibel nimmt kein Blatt vor den Mund: die Beziehung zwischen Jesus einerseits und Martha, Maria und Lazarus andererseits war eine Liebesbeziehung.
Ehrlich gesagt: müsste ich diese Szene ins Bild setzen, es wäre eine Szene voller liebevoller Nähe, Zärtlichkeit, Intimität und – ja ich wage es hier zu schreiben – auch etwas Erotik. Denn was spielt sich hier ab: eine Frau und ein Mann, von denen bekannt ist, dass sie sich sehr nahestehen, sich ‚lieben‘, wie Johannes in einem Kapitel vorher schreibt, kommen sich sehr nah, auch körperlich.
Wenn zwei Menschen sich so nahe kommen, der eine sich vor dem anderen niederhockt, die Füße berührt und sie mit kostbarem Öl salbt und dann auch noch das eigene Haar verwendet, um dieses Öl abzutrocknen, dann braucht es nicht viel Fantasie, dass man spürt, wie es auch zwischen diesen beiden Menschen knistert. Ich denke, dass man dieser Szene eine gewisse Erotik nicht absprechen kann.
Diese Erotik ist zugleich auch Ausdruck der tiefen Liebe zwischen diesen beiden Menschen. Und diese Liebe wird bedeutsam sein, wenn wir in den nächsten Tagen uns der Passion Jesu neu stellen.
Je mehr Liebe um so mehr Schmerz
Es ist kein Paradox, sondern die Kehrseite jeder Medaille, die da „Liebe“ heißt. Je mehr wir einen Menschen lieben, um so mehr schmerzt es uns, wenn diese Liebe bedroht wird. Je mehr wir einen Menschen lieben, um so mehr leiden wir mit, wenn der geliebte Mensch leidet. Um also den ganzen Schmerz verstehen zu können, den Marta und Maria mit der Hinrichtung und des Todes Jesu erfüllt hat, müssen wir uns vergegenwärtigen, wie groß ihre Liebe zu ihm war.
Wolfgang Sauber / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/91/Gotland-L%C3%A4rbro_kyrka_Bemaltes_Wandmalerei_03.jpg
Schauen Sie sich einmal dazu dieses Bild an. Es ist ein Fresko aus gotischer Zeit. Das Bild zeigt die „Mater dolorosa“, die Schmerzhafte Mutter. Auffällig ist, dass ihr ein Schwert durchs Herz geht. Mit diesem Bild wird der große, unerträgliche Schmerz Mariens ausgedrückt, den sie bei der Passion und dem Tod ihres geliebten Sohnes erleidet. Ähnlich wird es auch Martha und Maria aus Bethanien ergangen sein.
Wer viel liebt, wird nicht umhin kommen, auch viel zu leiden. Und die Salbung der Füße Jesu durch Maria von Bethanien bringt die große Liebe zu Jesus zum Ausdruck, die von so viel Hingabe, Zärtlichkeit und Eros geprägt ist.
In Liebe vereint bis … INS LEBEN!
Und wie ist es mit unserer Liebe zu Christus?
Ja, ich finde, wer mutig ist, darf sich einmal selber fragen: Wie groß ist meine Liebe zu Jesus Christus? Kann ich mir vorstellen, IHM, wie Maria, die Füße zu salben und ihm ganz nahe zu sein, weil ich mich in seiner Nähe einfach selber geliebt fühle? Oder graut es mir jetzt schon ein wenig, wenn ich an die Tage der Erinnerung seiner Passion denke und ich mich in Schriftlesung und Meditation auf SEINE Leidensgeschichte einlasse? Würde ich etwa – wie einige seiner Jünger – auch am Liebsten Reißaus nehmen und direkt vom Palmsonntag nach Ostersonntag fliehen, ohne das Abendmahl, ohne den Verrat, ohne seine Hinrichtung und sein Sterben?
Je mehr ich darüber nachdenke, ahne ich:
Wer Jesus Christus wirklich liebt, mit ganzem Herzen und mit seiner ganzen menschlichen Existenz, der wird die Passion fürchten, aber er wird auch umso mehr mit den Frauen am Ostermorgen zum Grab gehen können und voller Freude erfüllt sein, dass der geliebte HERR, MEISTER, BRUDER und FREUND nicht im Tod geblieben, sondern auferstanden ist und uns nahe bleibt, wie ER uns versprochen hat.
Und weil ich auf das lebensvolle Ende sehe, kann ich mich auf die Liebe und den Schmerz einlassen, der aus meiner Beziehung zu Jesus Christus erwächst. Denn es ist eine Liebe, die uns vereint … bis ins LEBEN!
Seit nun über zwei Monaten bin ich dienstunfähig. Ich sehne mich danach, wieder zu arbeiten und meinen Dienst zu übernehmen. Ich sehne mich danach, wieder für andere da sein zu können.
Doch noch scheint es nicht so weit zu sein. Die Auszeit, die mir die Erkrankung gibt, lässt mich ahnen:
Es geht nicht nur darum, dass ich wieder ‚repariert‘ werde und dann wieder ‚funktioniere‘ wie vorher.
Intuitiv spüre ich: wenn diese Phase der Krankheit nicht auch Folgen und Veränderungen für mich bringt, dann ist ihre Chance für mich vertan.