Liebe wirkt …

… befreiend

Sprüche 10,12: „…Liebe deckt alle Vergehen zu“

Die beiden heutigen Tagesheiligen – Kornelius und Cyprian – verbindet eine Angelegenheit: während ihres Lebens ging es um die Frage, wie mit Christ:innen umzugehen sei, die – meist unter Drohung – den heidnischen Göttern geopfert hatten.
Könne man diesen Schwestern und Brüdern vergeben und sie wieder in die volle Gemeinschaft der Gläubigen aufnehmen?

Im heutigen Tagesevangelium (Lukas 7, 36-50) – das wohl ‚passend‘ zu diesen Tagesheiligen ausgesucht worden ist -, finden wir im Handeln Jesu eine Antwort => Wem viel Schuld vergeben wurde, kann viel lieben!



Ich stelle mir aber zugleich die Frage, ob diese ‚Wahrheit‘ auch in umgekehrter Richtung gilt: Wer viel liebt, dem wird viel vergeben?

Im Buch der Sprüche finden wir den Vers, den ich oben über den Beitrag gesetzt habe: „(Die) Liebe deckt alle Vergehen zu.“

Offenbar gibt eine wechselseitige Beziehung zwischen Liebe und Vergebung.

Quelle: www.pixabay.com

Vor einige Tagen ’sah‘ ich einen Teil einer ‚Soap‘. Dort wurde erzählt, dass eine Ehefrau ihren Ehemann ‚betrogen‘ hatte, ausgerechnet auch noch mit ‚dem besten Freund‘ ihres eigenen Mannes.
Der Ehemann setzt deshalb alles dran, die Scheidung der Ehe voran zu treiben. Im Verlauf der Folge wird angedeutet, dass es zwischen dem beiden Ehepartnern aber nicht mehr so richtig gut lief; die gegenseitigen Bedürfnisse gerieten wechselseitig aus dem Blick.

Quelle: www.pixabay.com

An dieser Stelle kam mir der Gedanke: die Ehe hätte vielleicht noch eine gute Chance gehabt, wenn beide offen über diesen Zwischenfall gesprochen und vielleicht auch heraus gefunden hätten, dass das eine ‚Dummheit‘ gewesen ist, die auch aus einer menschlichen Schwäche heraus entstanden ist.
Dabei spielt es keine Rolle ob und wer die Schuld hat.

Vielleicht hätte es gereicht, dass beide eingesehen hätten, dass niemand ohne Fehler und ohne Schwächen ist; dass ein einmal gegebenes Versprechen auch so unter Druck geraten kann, dass es – zumindest kurzzeitig – nicht gehalten werden kann.

Mit dem Auge der Liebe hätten beide erkennen können, dass sie auch nur Menschen mit Fehlern und Schwächen sind. Mit den Augen der Liebe hätten beide erkennen können, was sie sich noch immer beide für einander bedeuten (was auch zum Ende der Folge deutlich wird).

„Die Liebe deckt alle Vergehen zu“ – das meint für mich mehr als nur stickum ‚den Mantel des Schweigens‘ darüber zu legen.
Das meint, einen Konflikt, eine fehlerhafte Situation gemeinsam aus der Liebe heraus anzuschauen, darüber zu sprechen und sich bewusst zu werden, wie sehr wir gegenseitig auf Vergebung und Liebe angewiesen sind.

„Liebe deckt alle Vergehen zu“ meint dann, eine Kraft, eine Macht in einem Konflikt zu besitzen, die über meine eigene Befindlich- und Verletzbarkeit hinaus reicht und die trotz einer persönlichen Verletzung verzeihen kann.

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Mich bewegen immer wieder Begegnungen mit Paaren, die schon Jahrzehnte miteinander verbunden sind; darunter manche, die fünfzig oder sechzig Jahre oder noch mehr miteinander verheiratet sind.

Ich glaube, ich brauche kein Hellseher zu sein, wenn ich behaupte, dass es auch in diesen Beziehungen Augenblicke des Streits, der Konflikte und der gegenseitigen Enttäuschung oder vielleicht sogar Verletzungen gegeben hat. Ich glaube, ich brauche kein Hellseher zu sein, um erahnen zu können, dass viele dieser Herausforderungen in der Beziehung nur dann ‚gelöst‘ werden konnten, weil das Paar gegenseitig bereit war, sich von Fehlern gegenseitig los-zu-sprechen und Schuld zu ver-geben.

Ein Blick in unseren Alltag stellt uns sicherlich viele Gelegenheiten vor Augen, wo wir erkennen können:

„Wem viel Schuld vergeben wurde, kann viel lieben!“ aber auch: „Wer viel liebt, kann viel Schuld vergeben!“




Das ‚Böse‘ ?!

Symbolbild, Quelle: www.pixabay.com

Je älter ich werde, um so mehr stelle ich in Frage, ob es das „personifizierte Böse“ gibt.
Ich meine damit nicht den biblischen „Versucher“, der dort natürlich als Person erwähnt wird.
Aber dieser „Versucher“ sollte nicht vorschnell mit dem „das personifizierte Bösen“ gleichgesetzt werden.

Für mich gilt mehr und mehr:

Das Böse
ist die
Leerstelle

der Liebe!




LIEBE – segenswert!

Ansprache zum ökumenischen Gottesdienst zum Ruhrpride in Essen am 06.08.2021 in der evangelischen Marktkirche in Essen.

Predigtgrundlage bilden der Psalm 67 und 1. Johannes 4, 7-13

Vor dem Beginn des ökumenischen Gottesdienstes, Foto: Gerd Wittka, 2021

Das diesjährige Thema dieses ökumenischen Gottesdienstes zum Ruhrpride 2021 ist nicht neu, aber brandaktuell.
Nicht zuletzt auch wegen einer Entscheidung aus dem Vatikan, also meiner Kirche, dass nicht alle Paargemeinschaften, darunter auch homosexuelle Paare in einer kirchlichen Feier gesegnet werden dürfen.
Zu Recht hat es deshalb einen regelrechten Aufstand gegen diese Erklärung gegeben.

Wir hier in Essen wissen, dass der Bischof von Essen Franz-Josef Overbeck und sein Generalvikar Klaus Pfeffer zu den Äußerungen aus Rom eine deutlich ablehnende Haltung einnehmen. So können auch in der römisch-katholischen Kirche des Bistums Essen Segensfeier für homosexuelle Paare stattfinden.

Wir aus dem Vorbereitungskreis sagen ohne Abstriche und einmütig: „Liebe ist segenswert“

Und ich finde, die Gründe dafür sind auf unserer Seite.

Aus dem Vatikan verlautete, dass die Kirche homosexuelle Paare nicht segnen könne.

Provokant möchte ich sagen: in gewisser Hinsicht stimmt es sogar.
Denn: Gott segnet!

In den kirchlichen Segensfeiern bitten wir Gott um SEINEN Segen.
Dies wird auch sehr schön in dem Psalm 67 deutlich, den wir ziemlich zum Anfang gehört haben.

Da bittet der Beter Gott darum, dass ER SEINEN Segen spenden möge: „Gott schenke uns seine Gnade…“ so heißt es da gleich am Anfang.
Und diese Gnade besteht darin, dass er sein Angesicht bei uns leuchten möge.
Das bedeutet nichts anderes, als dass Gott selber bei uns bleiben möge und mit seiner Gegenwart unser Leben erhellt und zum Leuchten bringt.

Gottes Gnade ist Segen für uns. Und dieser Segen sorgt dafür, dass wir leben und lieben können. Im Alten Testament steht dafür der Begriff „Recht“. Dieses Recht ist aber göttliches Recht, welches nur eine Absicht verfolgt: dem Menschen Heil und Heilung zu spenden.

Der Segen Gottes, den wir also immer wieder erbitten, ist der Segen darum, dass die lebensspendende und lebenssichernde Ordnung Gottes auch für uns wahr wird.

Vor der evangelischen Marktkirche – Rainbow-Flags laden zum Gottesdienst ein. Foto: Gerd Wittka, 2021

Konkret drückt der Beter das im Bild der reichen Ernte aus.
Dies ist sicherlich sehr konkret auf die Landwirtschaft bezogen.

Heute dürfen wir dieses Bild der Ernte umfassender verstehen: all das ist damit gemeint, wo wir in unserem Leben etwas neu beginnen, wo wir an etwas mitwirken wollen, wo wir uns mit Liebe einbringen in Beziehungen:
in alltäglichen Begegnungen und deren Beziehungen,
in Beziehungen zu Familienangehörigen, zu Freund:innen
aber auch in exklusiven Beziehungen einer Partnerschaft.

Sie alle stehen unter der Gnade Gottes. Der Wille Gottes, dass allen Menschen Heil widerfährt, ist grenzenlos; dafür gibt es viele Hinweise im Alten Testament.

Unsere Welt wird da heil, wo wir in einer liebevollen Welt leben und in liebevollen Beziehungen.
Liebevoll heißt hier für mich, dass es nicht an uns allein hängt, ob diese Liebe gelingt. Sie ist auch Wirken Gottes, des Heiligen Geistes. Insofern dürfen wir Gott auch darum bitten, wie wir es in Segensfeiern fröhlich tun.

Weil die Liebe heilsam sein kann, deshalb lädt uns der 1. Johannes-Brief ein, einander zu lieben.

Denn, wer liebt, ist ganz eng im Bunde mit Gott.
Der Verfasser des Johannesbriefes ist felsenfest davon überzeugt, dass alle Formen der Liebe in Gott ihren Ursprung haben, „denn die Liebe kommt von Gott“ und später sagt er sogar: „Denn Gott ist LIEBE.“

Wo Menschen lieben, wird also diese göttliche Liebe sichtbar, gegenwärtig.
Das erhebt jede liebende, respektvolle und fürsorgliche Partnerschaft auf Augenhöhe zu einer besonderen Würde.

Immer wieder wird versucht, der Liebe diese Würde abzusprechen, wo man sich weigert, für diese Liebe den Segen Gottes zu erbitten.

Das ist völlig absurd, denn anstatt sich zu freuen, auch sich mit diesen Paaren zu freuen, die sich in Liebe binden wollen, wird versucht, diese Liebe zu degradieren und diese Verbindungen schlecht zu reden, oder sie sogar mit Attributen wie „Gottlosigkeit“ zu diffamieren.

Gegen solches Gedankengut steht das Wort der heutigen Lesung, welches uns zusagt: wir sind und bleiben mit Gott verbunden, wenn wir einander lieben.

Mir ist es wichtig, noch einmal diese wertschätzenden Worte aus dem Johannes-Brief am Ende der Lesung zu zitieren:

„Aber wenn wir einander lieben, bleibt Gott mit uns verbunden.
Dann hat seine Liebe in uns ihr Ziel erreicht.
Gott hat uns Anteil gegeben an seinem Geist.
Daran erkennen wir, dass wir mit ihm verbunden sind und er mit uns verbunden bleibt.“

Deshalb gilt unverbrüchlich, was wir als Thema dieses Gottesdienstes gewählt haben:
„Liebe (ist) segenswert“ – nicht ‚Punkt‘ sondern ‚Ausrufezeichen‘.


Es gilt das gesprochene Wort.




CSD: Ökumen. Gottesdienst in Essen

Wieder Präsenzgottesdienst

In diesem Jahr können wir wieder zum ruhrpride in Essen einen ökumenischen Präsenzgottesdienst feiern.

In einem illustren Kreis von Vertreter:innen der alt-katholischen, der evangelischen und der römisch-katholischen Kirche, von ehrenamtlich Engagierten und Vertreter:innen verschiedener Organisationen haben wir wieder einen Gottesdienst vorbereitet, den wir am

Freitag, den 06.08.2021 um 18.00 Uhr in der evangelischen Marktkirche, Mark 2, Essen-Innenstadt

feiern werden.

Der Gottesdienst steht unter dem hochaktuellen Thema

„Liebe – segenswert!“.

Wir freuen uns sehr auf diesen Gottesdienst und viele Menschen, die sich – unter Coronabedingungen – in diesem Jahr zu diesem Gottesdienst wegen eines festen Platzkontingentes anmelden müssen.

Anmeldung nimmt die Aidshilfe Essen e.V. entgegen unter folgender Mailadresse: csd@aidshilfe-essen.de




Bunt und froh zu sein…

bedarf es wenig…

Foto: Gerd Wittka, 26.03.2021

Wer mich kennt, weiß, dass ich es gerne farbenfroh und bunt mag.

Deshalb habe ich immer schon gerne aus dieser Tasse getrunken.

An Tagen wie diesen: das alles und noch viel mehr!
Guten Start in den Tag!




Solidarische Regenbogen-Flagge

Copyright: Gerd Wittka, 2021

Segnungsverbot des Vatikans fordert zu klarer Kante heraus

Mitte März 2021 hat der Vatikan für die katholische Kirche weltweit ein Verbot der Segnung homosexueller Partnerschaften ausgesprochen. Doch nicht allein homosexuelle Partnerschaften sind von diesem Segnungsverbot betroffen; auch alle anderen Lebenspartnerschaften, die nicht kirchlich heiraten können oder wollen, dürfen kirchlich nicht gesegnet werden.

Dieses Verbot stößt seit der Veröffentlichung des Dekretes auf großen Widerstand in der katholischen Kirche: Jugend- und Erwachsenenverbände, Laiengremien aber auch Seelsorger:innen lehnen dieses Verbot ab.

Selbst ranghohe Geistliche wie Generalvikare und Bischöfe positionieren sich gegen dieses Verbot. Zu mehreren Tausenden haben Seelsorger:innen in ganz Deutschland einen Appell unterzeichnet gegen dieses Verbot.

Als solidarisches Zeichen hängen mittlerweile vor vielen Kirchen und Kapellen Regenbogen-Flaggen.
Seelsorger:innen sagen bundesweit weiterhin solche Segnungsfeiern zu, auch gegen dieses ausdrückliche Verbot aus Rom.

Copyright: Gerd Wittka, 2021

Wir Krankenhaus-Seelsorger im AMEOS-Klinikum St. Clemens, Oberhausen-Sterkrade, haben als Zeichen der Solidarität gegenüber allen Liebenden, die für ihre Beziehung Gottes Segen erbitten, in der Krankenhaus-Kapelle eine Regenbogenfahne aufgehängt.

Damit bringen wir zum Ausdruck, dass wir auch weiterhin für solche Segnungsanfragen ansprechbar bleiben.