2. Advent – Tröstet!
„Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott!“
Dieser Text aus dem Buch Jesaja fordert uns heute ebenfalls heraus, wenn ich ihn richtig deute!
Vom Trost ist im Advent viel die Rede: „Wo bleibst du Trost der ganzen Welt…?“ heißt es in einem Adventslied.
Das Wort ‚Trost‘ weckt in uns ein Gefühl, das wir alle kennen.
Viele Texte und Aphorismen beschäftigen sich mit diesem Thema.
Trost scheint ein wertvolles Wort zu sein.
Aber als Wort allein ist es bedeutungslos.
Was bedeutet Trost, was spendet Trost?
Ich grüble schon den ganzen Tag über diese Frage nach, aber ich finde nur Begriffe, Gedankensplitter, Bilder, Vermutungen … aber nichts davon kann ich richtig erfassen, verstehen und ausdrücken, zumindest nicht vollständig.
Über den Trost nachzudenken bleibt wohl nur bruchstückhaft.
Aber vielleicht liegt darin das Geheimnis vom Trost.
Eine universelle Definition von Trost gibt es nicht. Ebenso wenig gibt es eine verbindliche Regel, wie man richtig tröstet.
Trost hängt von der Situation und der Beziehung ab, in der er gesucht und gegeben wird. Er ist nicht allgemein oder abstrakt, sondern konkret und individuell. Er richtet sich nach dem, was jemand erlebt hat und mit wem er verbunden ist.
Und Trost ist gefährlich, für jene, die Trost spenden wollen allemal.
Denn nur wer wirklich trösten will, braucht den Mut, bei den Menschen zu bleiben und mit ihnen zu sein; sich von ihrem Schicksal bewegen und berühren zu lassen. Trost geben zu wollen, heißt auch, bereit zu sein, in gewisser Weise mitzuleiden.
So drückte es der Publizist Peter E. Schumacher aus:
Trost
…und bisweilen
kommen da Worte,
die dich gleichsam
starker Hände
nehmen,
dich halten und
behutsam führen,
deren sanfter Druck
dir Trost schenkt
und die nicht
scheuen
die Nässe
deiner Tränen…
© peter e. schumacher (1941 – 2013), Aphorismensammler und Publizist, zitiert – mit freundlicher Genehmigung – nach: https://www.aphorismen.de/gedicht/36237
Die Herausforderung und die Pflicht ist es, in dieser Nähe respektvoll zu bleiben und keine Grenzen zu überschreiten.
(Wohin das führen kann, erfahren wir seit Jahren sehr leidvoll in den vielen Aufdeckungen spirituellen Missbrauchs oder sexualisierter Gewalt.)
Dieser Mut zur Nähe ist ein Mut zur emotionalen Nähe, ohne dabei selbst in den Sog von Unglück und Leid herunter gezogen zu werden.
Trost braucht Empathie, ich übersetze es gerne mit Einfühlsamkeit!
Diese Einfühlsamkeit ist es übrigens, die Gott uns zeigt und diese göttliche Einfühlsamkeit ist der Ursprung, warum Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist.
Gott ist an unserer Seite, Gott steht hinter uns, Gott steht uns bei.
Das ist der „Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt“, wie es im Adventslied heißt.
Wenn es ein Unternehmen gäbe, das „Trost“ anbietet – es wäre heute sehr gefragt!
Denn: Viele Menschen sehnen sich nach Trost! … Echter Trost ist mehr als nur eine Vertröstung. Echter Trost schenkt Mut und Kraft für den nächsten Schritt. Denn ich fühle: Ich bin nicht allein gelassen.
Manchmal kommt der Trost unerwartet und leise, nicht durch Worte, sondern durch Gesten und Zeichen von Güte und Wertschätzung: eine Nachricht – egal in welcher Form in diesen modernen Zeiten -, ein freundliches Gesicht, eine ehrliche Nachfrage, ein aufmerksames Zuhören oder ein stilles Beisein bei Menschen, die jetzt nicht allein sein wollen, …. Das kann Mut machen und Trost spenden.
Man erkennt oft den Trost nicht an den Handlungen des Tröstenden, sondern an der Wirkung, die der Trost auf den anderen Menschen hat.
Der österreichische Priester Martin Gutl hat das in seinem Buch: „Der tanzende Hiob“ – Styria Verlag 1975, mal so beschrieben:
„Nach einer Begegnung:
ein anderer Mensch.
Seine Schultern sind aufgerichtet,
einige Falten sind verschwunden….“
zitiert nach: https://www.ekkw.de/blick-in-die-kirche/download/blick_mag_Dez08.pdf, S. 15.
Karl May schreibt über den Trost:
Siehst du ein Menschenkind in Tränen,
verhalt’nes Schluchzen in der Brust,
so wolle ja nicht, ja nicht wähnen,
dass du mit Worten trösten musst.
Vermeide es, ihn zu beraten;
geh weiter, aber sende dann
die Liebe, die in stillen Taten
ihm heimlich, heimlich helfen kann.
Berührt ein kalter Schall die Wunde,
so schmerzt er nur und heilt sie nicht;
der Trost wohnt nicht im leeren Munde,
er ist des Herzens tiefste Pflicht.
Vor einem Wort am rechten Orte
kehrt wohl der Harm beruhigt um,
doch wahrer Schmerz hat keine Worte,
und auch der wahre Trost ist stumm.
Karl May (1842 – 1912), zitiert nach: https://www.aphorismen.de/gedicht/98868
Ich formuliere meine Erkenntnis mit meinen eigenen Worten.
Trost
ist die Kunst,
ein kleines, warmes Licht
in dunklen Stunden
zu entzünden;
es blendet nicht –
es leuchtet.
© Gerd A. Wittka, *1963, katholischer Priester, Krankenhaus-Seelsorger
Alle Bilder gefunden bei: www.pixabay.com