Liebe – Macht – Frieden

An diesem 5. Sonntag der Osterzeit hören wir im Johannes‑Evangelium (13, 35) das zentrale Gebot Christi:

Dieses Liebesgebot ist die alles umfassende Klammer der Frohen Botschaft!
Ohne die gegenseitige Liebe zerfällt das Evangelium in Einzelteile und wird wirkungslos; erst im Miteinander und im Dienen wird es lebendig.

Unmittelbar nach seiner Auferstehung schenkt Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern als erstes Wort den Frieden: „Friede sei mit euch!“

Papst Leo XIV. – Link-Quelle: cq5dam.thumbnail.cropped.1500.844.jpeg (1280×844)

Eben dieses Wort hat unser neuer Papst Leo XIV. in seinem ersten Wort an die Weltgemeinde erneut aufgegriffen:

„Der Friede sei mit euch allen! – dies ist der erste Gruß des auferstandenen Christus, des Guten Hirten,
der sein Leben für die Herde Gottes hingegeben hat.

Auch ich wünsche mir, dass dieser Friedensgruß in eure Herzen eingeht, eure Familien erreicht, alle Menschen, wo immer sie auch sind, alle Völker, die ganze Erde. …
Dies ist der Friede des auferstandenen Christus, ein unbewaffneter und entwaffnender Friede, demütig und beharrlich.
Er kommt von Gott, dem Gott, der uns alle bedingungslos liebt.“
Quelle: https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2025-05/papst-leo-erste-worte-auf-der-loggia-des-petersdoms.html

Frieden geht als Frucht aus der göttlichen Liebe hervor.
Er ist nicht das Ergebnis politischer Macht oder militärischer Stärke, sondern das Geschenk dessen, der uns zuerst liebt.
Wer diese Liebe nicht annimmt und nicht selbst versucht zu leben, wird auch keinen echten Frieden wollen können.

Wer andere Menschen nicht liebt, schafft Zwietracht und Hass – sei es im persönlichen Umgang oder im großen Maßstab: wenn Mächtige Angriffskriege führen, wie wir es derzeit schmerzlich vor Augen haben im Krieg Russlands gegen die Ukraine.

Und wer getauft ist, sich mit hohen kirchlichen Würdenträgern abgibt, Gottesdienste besucht, aber verkennt, dass ohne Liebe die Glaubwürdigkeit und der Kern des Christentums verloren gehen, der verrät die christliche Botschaft.


Margot Friedländer, 2025 – Von Martin Kraft – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=164982314

Ganz anders aber verhalten sich jene, die selbst unter größter Gewalt nicht den Gedanken an Versöhnung und Frieden aufgegeben haben.
Sie sind wahrlich die „Großen“ unter den Menschen.
Eine von ihnen war Margot Friedländer.
Als Überlebende der ‚shoa‘ kehrte sie im hohen Alter zurück nach Deutschland – jenes Deutschland, das unzählige Mitglieder ihrer Familie und ihrer Gemeinde bestialisch ausrotten wollte.

Sie kam aber nicht nach Deutschland zurück, um moralisierend den drohenden Zeigefinger zu heben, sondern die Menschenliebe und Menschheitsliebe trieb sie an:
Sie wollte den Nachgeborenen in Deutschland die Vergebung anbieten und suche mit ihnen die Begegnung und das Gespräch.

Mit persönlicher und natürlicher Souveränität lehrte Margot Friedländer: Vergebung ist keine Schwäche, sondern ein Akt tiefer Liebe.
Sie hat uns in Deutschland die Gnade der Versöhnung geschenkt – bedingungslos.

Ihre Botschaft lautete:

„Ich sage, seid Menschen. Wir sind alle gleich. Es gibt kein christliches, kein muslimisches, kein jüdisches Blut.
Es gibt nur menschliches Blut. Alles ist gleich.“

Damit griff sie den Leitgedanken des Apostels Paulus Gleichheit aller Menschen auf, der im Galaterbrief (3, 28) schrieb:

„Es hat darum auch nichts mehr zu sagen, ob ein Mensch Jude ist oder Nichtjude, ob im Sklavenstand oder frei, ob Mann oder Frau. Durch eure Verbindung mit Jesus Christus seid ihr alle zu einem Menschen geworden.“

Aus dieser heilsamen Wahrheit erwächst der Auftrag Christi an uns:

Liebt einander, schenkt Frieden, lebt Versöhnung!

Dann wird unser Glaube mehr als ein frommer Anspruch.
Er wird zu lebendiger Gegenwart dessen, der uns zuerst geliebt, uns den Frieden zugesprochen und uns die Kraft geschenkt hat, selbst zu verzeihen und neu zu beginnen.




Friede und synodale Kirche

Leo XIV.

Ein neuer Papst – den ich bislang nicht kannte.

Aber:

Der neue Papst ( gebürtig: Robert Prevost ) ist US-Amerikaner, lebte jedoch lange in Peru, wo er als Ordensoberer und Theologieprofessor wirkte.
Seine akademische Ausrichtung liegt in praktischer Theologie, insbesondere Moraltheologie und Kirchenrecht; er ist zugleich ein Kenner der ‚Alten Kirchengeschichte‘ (Patristik), die auch ein Schwerpunkt meines theologischen Studiums war.
[Die sogenannte ‚Alte Kirche‘ war eine Zeit der vielfältigsten und abwechslungsreichsten Veränderungen in der frühen Kirche. Die ‚Patristik‘ erforscht die Kirchengeschichte der Zeit, die vom 1. bis zum 7. oder frühen 8. Jahrhundert reicht.]

In seiner ersten Ansprache sprach er unter anderem auch Spanisch statt Englisch und bezog sich auf Peru, was seine Nähe zu Lateinamerika zeigt.

Er betonte mehrmals die Bedeutung von Frieden und sprach von einer „synodalen Kirche, die sich bewegt“, womit er das synodale Verständnis von Papst Franziskus aufgreift.

Dass er am Jahrestag der Befreiung vom Faschismus gewählt wurde, verstärkt seine Friedensbotschaft.

All dies lässt bei mir Hoffnung auf eine positive Entwicklung in der Kirche aufkommen.




Heiligsprechung nicht inflationieren

„Santo subito“darf nicht zu Regel werden

Bild von Francesco Nigro auf Pixabay

Als Papst Johannes Paul II. starb, wurde sehr früh das „santo subito“ gefordert, die möglichst frühe Selig- und Heiligsprechung des Verstorbenen. Und Papst Johannes Paul II. ist der Papst, der in der kürzesten Zeit nach seinem Tod sowohl selig- als auch heiliggesprochen wurde. Doch die historische Aufarbeitung seiner Zeit als Bischof und Papst zeigte, dass viele Aspekte seines Lebens noch gar nicht ausreichend aufgearbeitet wurden. Deshalb finde ich: es war viel zu früh für seine Selig- und Heiligsprechung.

Nun, nach dem Tod des Papst em. Benedikt XVI. werden wieder „santo subito“-Forderungen laut. Und Erzbischof Gänswein erklärt in einem Interview, dass er glaube, dass es bei Papst em. Benedikt XVI. in eine ähnliche Richtung laufe, wie bei Johannes Paul II.!

Wir sollten aus der Vergangenheit lernen!



Aus gutem Grund sieht die röm.-kath. Kirche ein ziemlich sorgfältiges Verfahren für Selig- und Heiligsprechungen vor. Und das ist auch gut so.

Gerade aus der Zeit von Joseph Ratzinger als Bischof und späterem Papst sind noch sehr viele Dinge und Vorwürfe aufzuklären.
Und die Erfahrung hat gezeigt, dass eine sachliche und angemessene Würdigung selten in den direkten nachfolgenden Generationen einer Person erfolgen kann, für die ein Selig- oder Heiligsprechungsverfahren eröffnet wurde.

So hat zum Beispiel die Grazer Alttestamentlerin Irmtraud Fischer schnelle Rufe nach einem „Santo subito“ für den verstorbenen Benedikt XVI. scharf kritisiert.

Zu Recht gibt es zum Beispiel mit dem Umgang des Missbrauchsskandals und Benedikt XVI. kontroverse Diskussionen. Sie zeigen, dass noch vieles aufgearbeitet und geklärt werden muss. Bei dem Missbrauchsskandal handelt es sich wahrscheinlich um den größten Skandal der römisch-katholischen Kirche der Neuzeit mit den schwerwiegendsten Verbrechen, die von der Kirche unter den Tisch gekehrt, geleugnet und vertuscht wurden.

Nicht nur gegenüber den Opfern müssen wir deshalb sorgfältig die Geschichte dieses Missbrauchs aufarbeiten. Jeder Stein muss umgedreht werden, der in diesem Zusammenhang vor unseren Füßen liegt oder gelegt wurde.

Allein dieser Missbrauchsskandal zeigt, dass wir am besten beraten sind, Selig- oder Heiligsprechungsverfahren für Papst em. Benedikt XVI. für mindestens 50 Jahre auszusetzen und diese Zeit dafür zu nutzen, intensiv das Lebenswerk von Joseph Ratzinger aka Papst Benedikt XVI. kritisch zu sichten und aufzuarbeiten.


Update:

07.01.2023: Ein gewisser Lichtblick bleibt, dass die Aufarbeitung weitergeht. Wie bekannt wurde, ist zivilrechtliche Verfahren gegen Benedikt XVI. mit seinem Tod nicht automatisch eingestellt worden, sondern wird weitergeführt, weil Papst em. Benedikt XVI. sich schon zu Lebzeiten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ließ und nun das Verfahren gegen die Erben ( in diesem Fall gegen den Vatikan) von Papst em. Benedikt XVI. weiter läuft.