Ich sehne mich oft nach Ruhe und Frieden in meinem Leben, in dem mich Gedanken und Gefühle martern.
Ruhe und Frieden sind Gefühle der inneren Freiheit
wo nichts und niemand
mit das Leben schwer macht
Starke Sehnsucht nach dem was erst wohl mit dem letzten Atemzug zu haben wird
Und trotzdem will ich noch hier und jetzt bleiben
Ruhe und Frieden eine Sehnsucht die sucht und sucht und …
(c) Gerd A. Wittka, 07.10.2024
„Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden.“ (Lk 11,9b)
Kluge Lebensführung
oder: Wie wir Gottes Willen in diesen Zeiten begreifen können…
Impuls zum 20. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr B – 2024 Textgrundlage: Epheser-Brief 5, 15-20
„… die Zeiten sind böse…“
Was bedeutet ‚böse? Diese Frage lässt sich nicht einfach beantworten.
Aber es gibt Anzeichen dafür, was mit ‚böse‘ gemeint sein könnte: alles, was uns von Gott oder seinem Willen entfernt, oder was uns von uns selbst und anderen Menschen trennt.
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Das können zum Beispiel schlechte Nachrichten sein, die uns traurig, ängstlich oder hoffnungslos machen. Oder Menschen und Situationen, die uns belasten: schwierige Lebensbedingungen, große Herausforderungen, oder der Druck, dem Mainstream zu folgen (das, was gerade „in“ ist).
Sicherlich sind auch die Zeiten, in denen wir leben, herausfordernd. Der zunehmende Hass gegen andere, gegen Menschen aus fremden Ländern, gegen Menschen mit anderen Religionen oder Ansichten, oder gegen diejenigen, die uns angeblich etwas wegnehmen könnten, ist ein deutliches Zeichen dafür.
Schwierig wird es auch, wenn dieser Hass in echte Gewalt umschlägt, sei es in unserem Land, in Europa oder weltweit. Das erinnert uns an schlimme Zeiten in der Vergangenheit.
Ich frage mich manchmal: Was könnten uns die Menschen, die solche Zeiten bereits erlebt haben und heute um die 90 Jahre alt sind, dazu sagen? Was würden sie uns raten, wie man damit umgehen kann?
„Lasst euch nicht vom Wein berauschen!“
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Wir wissen, wie zu viel Wein oder Alkohol wirkt. Er trübt unsere Sinne und nimmt uns die Fähigkeit, Dinge klar und sachlich zu sehen. Manche greifen zu Alkohol oder Drogen, um sich von den Problemen um sie herum abzulenken oder sich abzuschotten. Solche Mittel machen manches vordergründig erträglicher, aber wenn der Rausch vorbei ist, holt die Realität uns umso härter ein – oft mit einem unangenehmen Kater. Eine klare und vernünftige Sicht auf die Dinge kann uns helfen, Herausforderungen besser zu bewältigen.
Der Versuch, sich weder von äußeren Einflüssen manipulieren zu lassen noch sich selbst zu täuschen – sei es durch Verhaltensweisen, die die Realität verdrängen, oder durch eine „rosarote Brille“ – kann ein stabiles Fundament für den geistlichen Umgang mit den Herausforderungen des Lebens sein.
Am letzten Sonntag haben wir darüber gesprochen, wie Stille uns helfen kann, uns selbst und unseren göttlichen Ursprung nachzuspüren und zu finden.
Vielleicht erinnern Sie sich an die Geschichte des Mönchs, der von Gästen gefragt wurde, welchen Nutzen er in der Stille, Ruhe und Einsamkeit sieht. Anhand eines Brunnens und des Zustands seines Wassers erklärte er, welche Möglichkeiten sich ergeben, wenn wir zur Ruhe kommen.
Heute wollen wir uns den äußeren Bedingungen widmen, die uns helfen, zur Ruhe zu finden und so mit unserem wahren Selbst in Kontakt zu kommen.
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Am Sonntagmorgen las ich eine Einladung von Bruder Jan zu seinem geistlichen Podcast „barfuß und wild“. In dieser Folge ging es um das Urvertrauen.
Urvertrauen ist entscheidend, damit wir – wie Paulus uns nahelegt – die Zeit sinnvoll nutzen, klug handeln und den Willen Gottes erkennen.
Urvertrauen gibt uns festen Boden unter den Füßen, wenn vieles um uns herum ins Wanken gerät. Es verleiht uns emotionale und geistige Stabilität.
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Der Inhalt zur Einladung von Bruder Jan lässt sich wie folgt zusammen fassen:
Urvertrauen wird oft als etwas angesehen, das in den ersten Lebensjahren entsteht und uns durch Krisen trägt. Es wird diskutiert, ob Urvertrauen später wiederhergestellt werden kann, wenn es früh gestört wurde.
Während einige meinen, dass es nicht möglich ist, betont eine geistliche Haltung, dass Urvertrauen in ihrer ganzen Fülle immer schon vorhanden war.
Dieses Urvertrauen ist Teil des göttlichen Wesens.
„Wir stammen aus dem Urvertrauen. Wir brauchen das Urvertrauen also gar nicht zu »machen« oder »herzustellen« oder zu »heilen« und können das auch gar nicht.“ (Bruder Jan Frerichs, Quelle: https://www.barfuss-und-wild.de/)
Dieses Urvertrauen werde im Laufe des Lebens verschüttet und damit erschüttert, damit wir es auf einer tieferen Ebene neu entdecken können. Das wahre Abenteuer bestehe darin, sich immer wieder an dieses Urvertrauen zu erinnern.
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Bruder Jan glaubt, dass Urvertrauen immer in uns vorhanden sei, da Gott selbst dieses ewige Urvertrauen sei, auf dem alles basiert. Dieses große Vertrauen Gottes in uns Menschen zeigt sich darin, dass er uns überhaupt erst erschaffen hat. Angesichts der Krisen unserer Zeit ist es beeindruckend, wie grenzenlos dieses göttliche Vertrauen sein muss.
Paulus lädt uns heute dazu ein, regelmäßig innezuhalten und uns zu fragen, wie wir unsere begrenzte Zeit sinnvoll nutzen. Dabei geht es ihm nicht nur darum, Probleme zu lösen, sondern vor allem darum, in Verbindung mit Gott zu bleiben. Bruder Jan würde sagen, es geht darum, unser Urvertrauen wiederzufinden und uns daran zu erinnern.
Für Paulus gehört dazu auch der Gottesdienst, das Singen von Psalmen und Liedern, sowie Dank und Lob an Gott.
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Die Herausforderungen und Schwierigkeiten des Lebens werden nicht gelöst oder kleiner, wenn wir sie durch Aktionismus oder Ablenkung verdrängen.
Aber wir haben eine bessere Chance, sie zu bewältigen, wenn wir uns in Ruhe, Stille und Gebet darauf besinnen, was wirklich in unserem Leben trägt und uns hilft, ein erfülltes Leben zu führen.
Mir war mal wieder so danach, das Grab meiner Mutter zu besuchen. Und da es mir gestern Mittag recht gut ging, habe ich mich auf den Weg gemacht.
Und ich dann noch eine Runde auf dem Friedhof gedreht und dabei schöne Skulpturen entdeckt.
Eine, die mir besonders ans Herz gewachsen ist, steht in einem ‚Garten der Erinnerung‘. Es zeigt ein Boot mit verschiedenen Personen, die offensichtlich auf einer Boots-Fahrt sind. Die Bootsfahrt ist ein altes Symbol für die Überfahrt zu dem anderen Ufer, zu dem uns der ‚Fährmann‘ begleitet. Daran erinnert mich diese Skulptur.
Vor einiger Zeit war das Boot total verrottet, aber man hat es erneuert. Mich freut es sehr.
Dann habe ich noch einen Grabstein entdeckt mit einer Personengruppe auf die zum Augenblick, als ich vorüber ging, die Sonne drauf schien. Sogleich hatte ich die Assoziationen von einem (Ehe-)Paar, dass die Sonne genoss und sich in aller Ruhe ein Sonnenbad nimmt.
Wenn man offen ist für verschiedene Bilder über die Vorstellung, was danach kommen könnte, nach unserem irdischen Leben, dann ist dies sicherlich auch ein sehr schönes und eingängliches Bild.
Zu diesem Thema der Überfahrt passt auch ein sehr schönes Lied, dass von Reinhard Mey stammt: „Lass nun ruhig los, das Ruder….“. Es kann über diesen Link bei youtube nachgeschaut werden.
Lasst die Hoffnung nicht fahren …!
„Eine Hülle verhüllt alle Völker und eine Decke bedeckt alle Nationen!“ (vgl. Jes 25, 6-10a)
Erinnern Sie sich an die Worte aus der heutigen Lesung? Jesaja benutzt dieses Bild.
Heute, fast 3.000 Jahre nachdem dieser Text geschrieben wurde, kann ich dieses Bildwort des Jesaja – leider – auch noch nutzen! • Es liegt eine Hülle von Hass und Gewalt über den Völkern dieser Erde. • Eine Decke aus Naturkatastrophen, aus Hunger, Leid und Tod bedeckt die Nationen! Es scheint heute nicht anders zu sein, als zu den Zeiten des Jesaja.
„Ja, wird das denn niemals enden?!“ so sagte mir am vergangen Dienstag jemand im Krankenhaus: „Ich kann es nicht mehr ertragen,diese Nachrichten und Bilder aus der ganzen Welt; dem Krieg in der Ukraine, die terroristischen Massaker der Hamas in Israel, Bürgerkriege in anderen Ländern, noch dazu die ganzen Katastrophen und Klimakrisen und dann auch das Leid hier der Menschen, der Patient:innen! Und dann noch die menschenfeindliche Ideologie der rechtsnationalen Menschen und Parteien! – Ich kann es nicht mehr ertragen!“
Sie spricht sicherlich vielen von uns aus der Seele. Unerträglich scheint es zu sein, die Zeit, in der wir leben. Unerträglich schien auch damals die Zeit gewesen zu sein, in der Jesaja seinen heutigen Text hineingeschrieben hat. Darin liegt der Grund für diesen Text! Der vermeintlichen Unerträglichkeit unseres Seins will Jesaja ganz bewusst etwas entgegen setzen.
Das ist so, wie diese Woche beim Morgenmagazin: man hat ganz bewusst gute Nachrichten mit ins Programm genommen. Gute Nachrichten in scheinbar unerträglichen Zeiten sind keine Vertröstungen oder Übertünchen irgendwelcher Realitäten. Sie sind das notwendige Korrektiv, um unsere Psychohygiene in Balance zu halten.
Wer mag in solchen Zeiten schon ans Feiern denken?
Doch genau das nimmt Jesaja in den Blick: „An jenem Tag wird der Herr der Heerscharen für alle Völker ein Festmahl geben. „ (Denn) ER hat den Tod für immer verschlungen und Gott, der Herr, wird die Tränen von jedem Gesicht abwischen. … An jenem Tag wird man sagen: Siehe, das ist unser Gott, auf ihn haben wir gehofft, dass er uns rettet. Das ist der HERR, auf ihn haben wir gehofft!“
Wir Menschen brauchen Perspektiven und Visionen, aber nicht, um uns von der Realität abzulenken, sondern um die Hoffnung nicht zu verlieren. Denn die Hoffnung ist die Kraft, die uns motivieren kann, trotz aller Herausforderungen und Widerlichkeiten des Lebens nicht die Hände in den Schoß zu legen. Menschen mit hoffnungsvollen Zukunftsperspektiven braucht es gerade in diesen Zeiten, jedoch keine billige Vertröstung auf die Zukunft, erst recht nicht aufs Jenseits!
Jesaja ist von der Hoffnung erfüllt, dass es bessere Zeiten geben wird und dass diese Zeiten von Gott heraufgeführt werden. Aber er sagt auch deutlich, dass die jetzigen Zeiten völlig andere sind. Der Dienst und die Botschaft des Jesaja sind so lebensnotwendig. Sie nimmt die Gegenwart realistisch in den Blick; sie sagt ‚noch‘ ist es nicht so weit.
Wir leben noch in der Zeit vorher, das ist unübersehbar, mit vielen Grenzen, Unklarheiten und Todesmächten. Wir hoffen noch. Und darin will er ermutigen: die Hoffnung nicht fahren zu lassen.
Die Sendung von uns Christ:innen in dieser Zeit könnte sein, dass wir Jesaja nacheifern und wir uns gegenseitig und auch anderen Hoffnung zusprechen. Hoffnung zu machen, bedeutet dann: in unserem Leben bewusst Kontrapunkte zu setzen! Solche Kontrapunkte müssen nicht immer großartig sein.
Ich erinnere mich da z.B. an eine Begegnung mit einem psychiatrischen Patienten in dieser vergangenen Woche. Das Leben dieses Menschen war geprägt von Resignation, von Schwarzseherei und Verzweiflung, dass die Gesundung nicht voranschreitet. Dann sein fatale Gedanke – die Angst – dieses Leben vielleicht mal leid sein zu würden; die Angst vor Suizidgedanken! Vor meinem Urlaub ging es diesem Menschen besser und ich dachte, dass es jetzt nur noch bergauf gehen würde. Doch das Gegenteil war eingetreten. Auch ich war da sprachlos. Bei dieser Begegnung konnte ich nur da sein, diesem Menschen Raum geben, von seinem Leid zu reden. Und nach gut dreiviertel Stunden erlebte ich eine Veränderung: die Tränen versiegten, die Atmung wurde entspannter, Ruhe kehrte ein. Die Herausforderungen waren aber geblieben. Sie waren immer noch da, nicht weggeredet oder übertüncht. Sie standen – vielleicht klarer als vorher – im Raum.
Und dennoch ist für den Augenblick so etwas zurück gekommen, wie Ruhe und Frieden.
Ich bat diesen Patienten, nur in diesem Augenblick des inneren Friedens zu bleiben, ihn auszukosten. Denn nur dieser Augenblick zählte gerade. Für einen Augenblick war die Angst gewichen.
Solche Augenblicke können auch die Hoffnung stärken. Einen Augenblick lang zu erfahren, dass man das Leid tragen kann, kann die Hoffnung stärken, dass es in Zukunft immer wieder solche stärkenden Augenblicke gibt. Solche noch so unscheinbare Augenblick sind heilvolle Augenblicke.
Einen Augenblick mal nicht sagen zu müssen: „Ich kann es nicht mehr ertragen…!“, das könnte manchmal der heilsamste Augenblick in momentaner Lebenssituation sein. Vielleicht ist es nicht viel, aber in solchen Augenblicken ist es alles!
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„Erhole dich gut!“
Am vergangenen Mittwoch habe ich auf dem Hin- und Rückweg nach Köln gefühlt zwei Stunden im Stau gestanden. Eigentlich vermeide ich solche Situationen. Aber meine Nichte, deren Pate ich bin, bekam ihr Abizeugnis und da wollte ich gerne dabei sein.
Sie wissen wie das Wetter am Mittwoch war: schwülwarm und keineswegs angenehm und sehr anstrengend auch für Autofahrten. Wie dankbar bin ich, dass ich dann die Klimaanlage nutzen kann. So bleibe ich halbwegs frisch und gut konzentriert.
In solchen Situationen kann ich mir in Ruhe Gedanken machen.
Da stehe ich im Stau, überall Autos und LKWs um mich herum. Das Gebläse der Lüftung rauscht, hier Hupen, da riskante Fahrmanöver anderer Verkehrsteilnehmer:innen; Geräusche, Hektik und Stress umgeben mich. Wieder zuhause angekommen, hatte ich ein unterschwelliges Rauschen in den Ohren.
‚Ruhe, Ruhe, endlich Ruhe!‘ – durchfuhr es meinen Gedanken.
Ich bin mir sicher, dass wir alle solche oder ähnliche Situationen kennen. Wir wollen nur Ruhe, die Hektik und den Stress der Vergangenheit hinter uns lassen, neue Energie auftanken, körperlich wie psychisch.
In solchen Phasen kommt mir immer wieder das Wort des Herrn in den Sinn:
(Mt 11,28) „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.“
Und an anderer Stelle hören wir von Jesus, dass er seine Apostel einlädt, erst einmal zur Ruhe zu kommen.
(Mk 6, 30-31) „Die Apostel kamen wieder bei Jesus zusammen und berichteten ihm alles, was sie getan und was sie den Menschen als Botschaft weitergegeben hatten.
Da sagte Jesus zu ihnen: »Kommt jetzt allein mit mir an einen einsamen Ort und ruht euch dort etwas aus!«“
Ich finde es richtig toll, wie fürsorglich Jesus mit seinen Aposteln umgeht. Derjenige, der andere in den Dienst nimmt, sorgt zugleich für die Gesandten. Hier entdecken wir übrigens schon das „Fürsorgeprinzip“, dass sich auch heute noch im Arbeitsrecht wiederfindet.
[Als kleine Randbemerkung: Ich wünsch mir mehr diese Fürsorgepflicht auch innerhalb unserer Kirche, gerade auch, wenn wir die Dienste ehrenamtlicher Menschen in Anspruch nehmen!]
Im Nahen Osten und auch in den warmen Ländern, in denen es gerade auch um die Mittagszeit und frühen Nachmittagsstunden sehr warm ist, gibt es eine Kultur der Selbstfürsorge und die nennt sich „Siesta“.
Das hören auf den eigenen Körper, das Verspüren der eigenen Erschöpfung hat zu einer Kultur geführt, in dieser Zeit einen Gang herunter zu schalten, oder gleich eine Ruhephase einzurichten, wo das Leben buchstäblich ‚still‘ steht.
Seit Mittwoch gibt es Sommerferien. Viele von uns haben Urlaub und verreisen. Ferien und Urlaub sind für uns Frei-Zeiten, wo wir auftanken dürfen und können. Das deutsche Arbeitsrecht sieht sogar eine Verpflichtung zur Erholung vor, wenn es im Bundesurlaubsgesetz heißt, dass jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen „Erholungsurlaub“ (§1) hat und konkret heißt es dann in §8: „Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten.“ Das heißt einfach ausgedrückt: Der Urlaub dient der Erholung und eigentlich nichts anderem!
Das müssen wir uns mal bewusst machen!
Irgendwie scheint also Ruhe und Erholung existentiell in unserem Leben zu sein, für unsere persönliche Lebensqualität aber auch für unsere Wirtschaft und Gesellschaft.
Und wenn wir jetzt nicht verreisen und Urlaub haben? Oder was ist außerhalb unserer Urlaubszeiten?
Auch da tun wir gut daran, uns immer wieder Zeit-Inseln zu sichern – nicht zu ‚gönnen‘, denn mit Gönnen hat das nichts zu tun -, in denen wir zur Ruhe kommen und uns erholen können.
Am Besten lässt sich dieses vielleicht immer am Ende des Tages ritualisieren. Vielleicht auch erst dann, wenn wir schon im Bett liegen.
Ein kleines Ritual kann uns helfen, den Tag und alle Anforderungen und Anspannungen hinter uns zu lassen. Am Ende des Tages können wir alles Erlebte und Erfahrene hinter uns lassen und bestens Falls sogar Gottes Hände anvertrauen.
Ich möchte Ihnen dazu eine kleine Hilfe heute mit nach Hause geben, aus der ich zum Ende dieses Impulses zitieren möchte:
„… zur Ruhe kommen
Am Ende dieses langen Tages lege ich ab Bücher, Briefe, Akten, Schlüssel, Kleider und die Uhr.
Am Ende dieses langen Tages lege ich auf dich Ängste, Sorgen, Mühen, Lust, Trauer, Sehnsucht und meine Schuld.
Schließe deine Augen und lasse den Atem sanft in deinen Körper fließen. Spüre, wie du dich langsam in einen Zustand der Ruhe begibst. Inmitten des hektischen Alltags, in dem die Welt um uns herum ständig in Bewegung zu sein scheint, ist es wichtig, einen Moment der Stille zu finden. Atme tief ein und lass all den Stress und die Sorgen los.
Nimm wahr, wie sich Erschöpfung in deinem Körper angesammelt hat. Fühle die Schwere, die dich manchmal überwältigt, und akzeptiere sie. Es ist völlig normal, dass wir uns müde und erschöpft fühlen. Doch in dieser Meditation finden wir einen Weg, um unsere Kräfte wieder aufzubauen und uns um uns selbst zu kümmern.
Stelle dir vor, wie du dich unter einen schattigen Baum legst. Spüre die kühle Brise auf deiner Haut und höre das sanfte Rauschen der Blätter über dir. Dieser Ort ist dein Rückzugsort, dein persönlicher Raum der Siesta.
Lasse die Gedanken zur Ruhe kommen und erlaube deinem Körper, sich zu regenerieren. In der Stille und der Entspannung findest du die Energie, um weiterzumachen. Dein Körper und dein Geist brauchen diesen Moment der Selbstfürsorge, um gestärkt und erneuert zu werden.
Spüre, wie sich deine Muskeln lockern und deine Gedanken allmählich zur Ruhe kommen. Erlaube dir, in diesem Zustand der Entspannung zu verweilen. Nimm wahr, wie deine Atmung ruhiger und gleichmäßiger wird, und wie sich ein Gefühl von Frieden in dir ausbreitet.
Gönne dir diese Siesta, diese wertvolle Zeit der Erholung. Nutze sie, um deine Kräfte zu sammeln, um neue Energie zu tanken. Lasse alle Anspannungen und Sorgen los und sei ganz im Hier und Jetzt.
Wenn du bereit bist, öffne langsam deine Augen und kehre mit einem Gefühl der Ruhe und Gelassenheit in den Alltag zurück. Trage diese Erholung und Selbstfürsorge bei dir, wohin du auch gehst. Nutze sie, um dich selbst zu schützen und in Balance zu bleiben. Du verdienst es, dich um dich selbst zu kümmern und deine Kräfte aufzufüllen.
(copyright: Gerd Wittka, 2023)
Karsamstag
Nebel hüllt die Gegend wie in Watte
Die Sicht nicht weit
wir abgeschirmt
Weite Offenheit: Fehlanzeige
„Wenn sich die Stille nun tief um sich breitet, …“ – kommt mir in den Sinn.
Stille setzt Schweigen voraus
Schweigen ist Sprachlosigkeit; gewollt oder nicht gewollt.
Karsamstag – für mich: sich dieser Sprachlosigkeit auszusetzen
Nichts reden nichts sagen nichts zerreden und zerfaseln
Stille Schweigen totenstill
Ruhe
Ewige Ruhe?
Warten wir’s ab!
(Gerd Wittka, 08.04.2023)
Es ist Karfreitag-Nacht …
… und ich komme zur Ruhe
Was waren das für anstrengende Tage, seit Anfang der Woche.
Viele Begegnungen mit Menschen, mit Patient:innen, mit Mitarbeitenden des Krankenhauses. Viele Worte wurden gewechselt. Ich erfuhr von Sorgen, Enttäuschungen, von Herausforderungen und Frustrationen. Menschen, die ihren letzten Lebensweg auf Erden gingen, durfte ich Gast sein und mit und für sie beten: Krankensalbung, Segnung, Sündenvergebung … Menschen, die lange Zeit nicht mehr lachen konnten, sah ich lächeln. – Gänsehaut überfiel mich. Was moderne Medizin und weise Therapeut:innen alles zu leisten vermögen!
Viele ernsthafte und traurige, aber auch viele erfüllende und beglückende Momente.
Einiges musste organisiert werden, denn die Karwoche ist die Woche im Jahr, wo sich liturgisch auch viel tut. Und unsere Kapellen sollten dieses etwas widerspiegeln, selbst wenn in ihnen nicht alle Gottesdienste der Karwoche gefeiert werden.
Jene, die kommen, sollen spüren können, was die Zeit ist.
Dabei bin ich selber an meine Grenzen gekommen, war abends so schachmatt, dass ich selbst fürs Essen zu müde war.
Aber nun harre ich aus, lausche hinaus, höre das eine oder andere Auto.
Das ist jetzt für mich die ‚leere Zeit‘, jetzt kann sie sich auch in mir ausbreiten: die Sehnsucht nach Erlösung, nach Befreiung und Errettung.
Jetzt darf ich mich ‚fertig machen‘ für das große und großartigste Fest, das ich morgen in einer liebenswürdigen Gemeinschaft feiern darf:
Ostern!
Dieser Augenblick, jetzt eine gnadenreiche Zeit für mich.
Danke, G’tt!
Gesegnete Adventszeit
Foto: Gerd Wittka, 2022
Wo draußen alles schon ziemlich weihnachtlich ist und der Kommerz keine adventliche Ruhe aufkommen lässt, haben wir heute am Vorabend des 1. Adventssonntag das neue Kirchenjahr besinnlich begonnen.
Den ersten Teil der Eucharistiefeier haben wir ganz bewusst besinnlich gehalten mit Musik und Texten, mit Ruhe und auch traditionellen Adventsliedern.
Den Altarraum haben wir bewusst in den Farben des Advents gehalten.
Für die Gemeinde und für mich war das eine neu gestaltete Form. Mit dieser Gemeinschaft darf ich aber solche neuen Wege gehen. Und das macht auch für mich diese Gottesdienste in der Krankenhauskapelle so wertvoll.
Exkurs: Krankenhaus-Seelsorger als Tausendsassa
Als Krankenhaus-Seelsorger ist man heute manchmal auch ein Tausendsassa.
Das habe ich in diesem Jahr in beiden Krankenhäusern, in denen ich Dienst tue, deutlich erleben können.
Im AMEOS-Klinikum St. Clemens kümmern sich mein Kollege und ich auch darum, dass die Kapelle adventlich gestaltet wird: Adventsgesteck mit LED-Kerzen besorgen, damit auch über Tag die 'Kerzen brennen' können - ohne Brandgefahr. Den Altar dekorieren. Und eineinhalb Stunden vor dem Gottesdienst habe ich die dekorative Beleuchtung für den Altarraum aufstellen müssen, die nach dem Gottesdienst natürlich auch wieder abgebaut werden musste (siehe Bild oben!).
Deshalb bin ich sehr dankbar, dass ein Gottesdienstteilnehmer auch schon 40 Minuten vor dem Gottesdienst da ist und den eigentlichen Küsterdienst übernimmt, in dem er alles für den Gottesdienstablauf herrichtete.
Im anderen Krankenhaus bekamen wir jedes Jahr für die Kapelle einen Adventskranz von der Klinik gestellt. Doch in diesem Jahr wurde nichts geliefert. Am Donnerstagabend wurde uns das klar. Und so mussten wir noch schnell eine Lösung finden. Also habe ich mich noch am selben Abend hingestellt und mit etwas handwerklichem Geschick eine 'Lösung' gezaubert aus einer Wurzelholzschale und vier Kerzentellern. Meine evangelische Kollegin wird dann noch etwas Dekoratives für die Schale besorgen. Die nachfolgender Bilder zeigen die noch nicht vollständige Version.
Fotos: (c) Gerd Wittka, 2022
Einerseits macht es mir viel Freude. Andererseits bindet das aber auch Kräfte, die mir woanders fehlen. Und das ist eine große Herausforderung in unserem Dienst.
Dies zeigt mir, dass Krankenhaus-Seelsorge oft so ganz anders ist als Seelsorge in etablierten gemeindlichen Strukturen.
Demnächst werde ich Bilder zeigen und etwas dazu schreiben, wie wir in der Krankenhaus-Kapelle des EVKN, Standort Johanniter-Krankenhaus Oberhausen die Kapelle als Erfahrungs- und Besinnungsort während der Adventszeit gestalten. Da wir wegen Corona dort noch immer keine Präsenzgottesdienste feiern können, wollen wir wenigstens für Patient:innen und Mitarbeiter:innen einen geistlichen Ort schaffen, in dem man in der Hektik des Advents eine temporäre Insel der Ruhe, Stille und Besinnung finden kann ...
Zu den schönsten Augenblicken in meinem Dienst als Krankenhaus-Seelsorger gehört ohne Zweifel die Spendung der verschiedenen Sakramente (Eucharistie, Feier der Versöhnung, Krankensalbung, …)
Besonders bewegend finde ich es, wenn ich zu einer Krankensalbung gerufen werde, wo akute Lebensgefahr besteht oder der/die Patient:in sich bereits in der Sterbephase befindet. Immer häufiger sind dann auch engste Angehörige und/oder Freund:innen dabei.
Im Kreis der Lieben diese Sakramente zu empfangen, empfinde ich als sehr wichtig und auch hilfreich für den Menschen, dem diese Sakramente gespendet werden.
Besteht akute Lebensgefahr oder befindet sich der Mensch in der Sterbephase und kann sich selber nicht mehr äußern, spende ich die Krankensalbung und erteile eigentlich immer auch die sogenannte ‚Generalabsolution‘. Diese ist den Situationen vorbehalten, wo das Leben eines Menschen bedroht ist und er nicht mehr die Möglichkeit zum persönlichen Bekenntnis hat.
In diesen Situationen bietet die Kirche eine Generalabsolution ohne vorausgegangenem Beichtgespräch an.
Mir ist diese Form sehr wichtig, denn ich weiß, dass manche Menschen am Ende ihres Lebens von Schuldgedanken geplagt werden.
Damit sie aber gut und mit innerem Frieden diese Welt verlassen können – in dem Bewusstsein, dass nichts mehr zwischen ihnen und Gott steht – empfinde ich diese Form der Lossprechung als großes Geschenk.
Um es mit meinen – vielleicht etwas naiv anmutenden – Worten auszudrücken: Jesus Christus hat uns ein ‚Füllhorn der Gnade‘ anvertraut, aus dem ER reichlich geben will. Wir als SEINE Werkzeuge in dieser Welt, dürfen davon mit vollen Händen austeilen.
DAS ist für mich eines der größten und erfüllensten Momente in meinem Dienst als Krankenhaus-Seelsorger.
End-lich
Endlich Stille,… Ruhe,…Weite,. .. Frieden….
Im Zeichen der Katastrophe
16. Sonntag im Jahreskreis (18.7.2021)
Ich möchte heute die Einleitung und meine Predigt zum kommenden Sonntag hier veröffentlichen.
Schreckschockerstarrt nehmen wir, – teilweise – fassungslos, die Meldungen der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz, in Nordrhein-Westfalen, aber auch in den Niederlanden, in Belgien und Luxemburg in diesen Tagen wahr. Was seit fast zwanzig Jahren prognostiziert wurde, ist eingetreten: die unberechenbaren Folgen der Klimakrise haben auch uns erreicht. Was sonst so weit weg war, berührt uns nun in der nächsten Nachbarschaft, sogar in unserem eigenen Bistum.
Zugleich bekommen wir heute im Evangelium die Einladung Jesu zu hören, zur Ruhe zu kommen, mal Pause zu machen. Wie sehr würden sich tausende Menschen in den betroffenen Gebieten danach sehnen; doch für Wochen und Monate wird ihr Leben auf dem Kopf stehen, geprägt durch Verluste lieber Menschen, durch den Verlust von Haus und Hof und der ganzen Existenz.
Sind wir also an Beginn dieses Gottesdienstes zuallererst in Gedanken und im stillen Gebet bei den Opfern dieser Katastrophe: bei jenen, die ihr Leben lassen mussten, bei jenen, die immer noch vermisst werden, bei jenen, die ihre ganze Existenz verloren haben. Seien wir aber auch bei den unermütlichen und mutigen Helfer:innen, die mit aller Kraft versuchen, Hilfe zu leisten, wo sie scheinbar unmöglich zu sein scheint. Seien wir aber auch bei uns und fragen uns, wo und wie wir konkrete Hilfe und Solidarität leisten können.
Kyrie: Herr Jesus Christus, auch in den dunkelsten Stunden unserer Existenz bist du bei uns. Herr, erbarme dich unser. Du willst uns stärken und Halt geben, wo wir haltlos zu sein scheinen. Christus, erbarme dich unser. In deiner unendlichen Liebe erbarme dich aller, die Leid erfahren. Herr, erbarme dich unser.
Ansprache:
Liebe Schwestern und Brüder,
in diesen Tagen sind wir ZeitzeugInnen einer Umweltkatastrophe unbekannten Ausmaßes geworden. Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wurden von sintflutartigen Regengüssen getroffen, die ganze Ortschaften unter meterhohen Wassermassen begraben haben. Bis Freitag Abend wurden mehr als 100 Todesopfer gezählt.
Nach der langen und immer noch anhaltenden Corona-Pandemie nun eine weitere Ausnahmesituation für die Menschen in den betroffenen Gebieten.
Da fällt es mir schwer, zur Tagesordnung überzugehen und ohne diese Bilder im Hinterkopf zu haben, auf die Lesungen des heutigen Sonntags einzugehen.
Wenn ich mich so in die dortige Situation hineinversetze, dann sehe ich Menschen, die am Rande ihrer Belastungsfähigkeit, am Ende ihrer Kräfte gekommen sind.
Körperlich und seelisch extrem gefordert, müssen wir uns auch sorgenvoll fragen, was die Menschen jetzt und in nächster Zeit brauchen?
Gefragt ist eine unbedingte Solidarität von uns als Gesellschaft und Staat. Nötig ist, dass diese Menschen finanzielle Hilfen für den Wiederaufbau erhalten und auch bewohnbare Wohnungen.
Sie brauchen auch Ruhe und Erholung. Sind wir realistisch, wird das noch länger auf sich warten lassen. Es werden vielleicht Wochen oder Monate vergehen, bis diese Menschen halbwegs zurück können in ihren Alltag. Um so wichtiger ist es aber, dass sie in dieser langen Zeit Inseln der Ruhe und Erholung finden.
Vielleicht steckt da doch eine brauchbare Botschaft im heutigen Evangelium, dass gerade Jesus denen, die an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommen, sagt: „Kommt zur Ruhe!“ – „Ruht ein wenig aus!“
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Dieses Kräftetanken ist nicht nur geboten, wenn wir in Urlaub fahren. Dieses Kräftetanken ist gerade im Alltag geboten und da besonders in Zeiten hoher Belastungen.
Die Belastungsfähigkeit und die Kraft, mit Krisen umzugehen, bezeichnen wir als Resilienz. Eine solche Resilienz wird einerseits geprägt von den eigenen Erfahrungen, wie wir persönlich in der Vergangenheit mit Krisen umgegangen sind und sie gemeistert haben. Resilienz wird zudem geprägt von den Erfahrungen von Solidarität durch andere, die wir in Krisen erfahren haben; sie wird geprägt von dem Vertrauen, dass wir nicht allein sind. Sie wird darüberhinaus geprägt von den Möglichkeiten, bei aller Belastung und Anstrengung immer wieder – zumindest – ‚Inseln‘ der Ruhe und Entlastung zu finden.
Jesus lädt uns heute dazu ein: zu bestimmten Zeiten der Ruhe, in der wir zum Beispiel ins persönliche Gebet gehen oder uns vom Wort Gottes durch das Lesen von Bibelabschnitten inspirieren lassen.
Martin Luther soll einmal den Satz getan haben: „Ich habe viel zu tun, deshalb habe ich viel zu beten!“
Damit lehnt er sich an das „ora et labora“ des heiligen Benedikt in seiner Ordensregel: bete und arbeite!
In dieses Gleichgewicht zu kommen, damit wir auftanken und zur Ruhe kommen können, das ist Herausforderung und Aufgabe in unserem Leben, sei es im gewohnten Alltag und in besonders belastenden Krisenzeiten.
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Ein Symbol, mal zur Ruhe zu kommen, die eigene Seele „parken“ zu lassen, möchte ich Ihnen heute nach diesem Gottesdienst mit geben. Es ist keine gewöhnliche Parkscheibe. Auf der Rückseite findet sich ein Angebot für eine kurzweilige Beschäftigung mit der Bibel. Lassen Sie sich überraschen und im Alltag von dieser Parkscheibe zu einer kleinen Auszeit verführen.
Chill-Zone
copyright: Gerd Wittka, 2020
Ich trete aus der Balkontür heraus lausche – höre eine Ruhe wie ich sie nur selten in der Innenstadt vernehmen kann
Wie wohltuend dieser ruhige entschleunigte Moment
Davon gibt es mehr in diesen Tagen
eine Chill-Zone die da ist und die wir annehmen können vielleicht auch als Geschenk
Und ich frage mich, wie die Natur um uns herum, diese ungewohnte Atmosphäre aufnimmt?
Wen würde es wundern, wenn ich von mir sagen würde: dieses Bild ist für mich ein wirklich adventliches Bild? – Sie vielleicht?
Dieses Bild drückt für mich die adventliche Sehnsucht am heutigen dritten Adventssonntag aus. Es steckt so viel darin, was wir eigentlich vom christlichen Ursprung her mit dem Advent verbinden.
Stille
Als Erstes ist es die Stille, die dieses Bild so eindrucksvoll zum Ausdruck bringt. Selbst wenn es ein Bild mit Ton wäre, würden wir ‚Stille‘ spüren und ‚hören‘. Es scheint paradox, aber Stille ist nicht wirklich klang- und tonlos. Es gibt immer etwas, was auch in der Stille zu hören ist. Stille und Geräuschlosigkeit sind verschieden. Ich muss es Ihnen nicht in Worte fassen. Sehen Sie sich selbst einmal dieses Bild an, versetzen Sie sich selbst in die Lage, Sie würden da an diesem Pier stehen oder sitzen; in warmer Kleidung oder eine kuschelige Decke eingehüllt … Was hören Sie nun in der Stille…?
Weite
Als Zweites fällt mir die ‚Weite‘ auf, die von diesem Bild ausgeht. Auch das ist irgendwie paradox, denn wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt einer Realität. Wir sehen vielleicht in der Breite gut 10 Meter. Was direkt daneben ist, wissen wir nicht. Aber gerade dieser Fokus auf diesen kleinen Ausschnitt ermöglicht uns vor unserem geistigen Auge, Weite und Tiefe zu ahnen. So ist es auch, wenn wir uns in der Winterzeit z.B. in einen Raum zurück ziehen, der nur schwach erleuchtet ist, vielleicht nur mit einer kleinen Lampe und einer Kerze auf dem Tisch. Der sonst im Hellen besehene größere Raum verkleinert sich optisch. Dadurch nehmen wir auch weniger wahr und werden auf weniges fokussiert. Diese ‚Sichtfeldeinschränkung‘ hat auch den angenehmen Nebeneffekt: sie schützt uns vor Reizüberflutung. Der optisch kleinere Raum kann einer geistigen Weite förderlich sein. Und eine solche ähnliche Wirkung hat es auch, wenn wir dieses Bild betrachten.
Advent = Weite und Stille durch Fokussierung
Das ist für mich eine wesentliche Seite des Advents; wenn wir durch eine äußere und geistliche Fokussierung uns auf eine spirituelle Erfahrungsreise begeben und Räume wahrnehmbar machen, die uns sonst in den Anstrengungen, der Betriebssamkeit und Hektik des Alltags verschlossen bleiben.
Ich brauche gar nicht mit einer Komsum- Kapitalismus- und Kommerzialisierungskritik zu kommen, um für mich zu erkennen, dass diese Dimension des Advents gerade in der Adventszeit viel zu kurz kommt.
Schauen Sie sich dazu als ein Beispiel nachfolgendes Bild an. (Geht das überhaupt ‚in Ruhe‘?!)
Vergleichen Sie dir Wirkung dieses Bildes mit der Wirkung des ersten Bildes. Welches Bild tut Ihnen geistig-spirituell mehr gut?
Die Überschrift scheint ebenfalls paradox. Aber ich selber erlebe die Zeit nach den Weihnachtsfeiertagen mehr als adventlich geprägte Zeit, wo Geist und Sinne zur Ruhe kommen können, als die eigentliche Adventszeit vor ‚Heilig Abend‘.
Da läuft doch was gründlich schief, wenn ich zwischendurch den Gedanken in mir wahrnehme:
Ich bin froh, wenn die Adventszeit mit ihrer reizüberflutenden Geschäftigkeit baldvorbei ist.
Einer meiner Lieblingstexte in dieser Zeit ist ein Gedicht von Joseph von Eichendorff, dass auch als Lied vertont wurde: „Oh du stille Zeit“:
O du stille Zeit, Kommst, eh wir´s gedacht über die Berge weit, über die Berge weit Gute Nacht!
In der Einsamkeit rauscht es nun sacht, über die Berge weit, über die Berge weit, Gute Nacht!
Text: Joseph v. Eichendorff (1788-1857)
Ich wünsche Ihnen noch einige besinnliche und gesegnete Adventstage! Machen Sie das Beste draus!
Heute Morgen, am 07. Dezember 2019 las ich in der Laudes das folgende Schriftwort aus dem Matthäus-Evangelium:
„Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ (Mt 9, 36)
In selten gekannter Weise hat mich heute dieses Schriftwort angerührt. [Es gibt offensichtlich Zeiten, da einem wohlvertraute Schrifstellen des Evangeliums in ganz neuer Weise ansprechen; dann haben sie mir offenbar Neues zu sagen oder vor Augen zu stellen.] Wenn so etwas bei mir passiert, dann frage ich mich meist, warum mich gerade jetzt/heute diese Schriftstelle in einer neuen Weise anspricht?
Unverständliche Worthülsen
Ein Auslöser war wohl auch ein Text eines Seelsorgers in einer Gemeindepublikation, den ich in diesen Tagen gelesen habe. Mir fiel an diesem Text auf, dass er nur so von theologischen Begriffen und Fachsimpeleien stotzte, obwohl es kein theologischer Fachaufsatz, sondern eher ein geistlicher Text für Gemeindemitglieder sein sollte.
Und ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass mich dieser Text ärgerte. Es ärgerte mich, weil mein Kollege so an den Menschen vorbei schrieb. Es ärgerte mich, dass er nicht die Chance nutze, die Menschen anzusprechen: in ihrem ganz konkreten Leben mit einer ganz konkreten und lebensbezogenen Sprache.
„… fott domet …!“ (kölsche Mundart)
Ich legte dann aber diesen Text beiseite und beachtete ihn nicht (mehr). [Ich gehe übrigens davon aus, dass viele Gemeindemitglieder ihn auch nicht beachten werden, weil er für sie nicht relevant ist. Dazu aber später mehr!]
… und wenn der Geist (nach-)wirkt …
Als ich also heute Morgen diesen Text aus dem Matthäus-Evangelium las, kam mir wieder der Text aus der Gemeindepublikation in den Sinn. Offenbar gibt es eine innere Verbindung zwischen meinem damaligen Ärger und dem heutigen Wort aus der Heiligen Schrift.
Deshalb ließ ich diesen Text aus dem Matthäus-Evangelium noch einmal auf mich wirken und mir vielen einige Formulierungen auf:
Collage: Gerd Wittka, 2019
Jesus sieht die Menschen
Hier und an anderen Stellen im Evangelium fällt mir immer wieder auf, dass davon berichtet wird, dass Jesus die Menschen ’sieht‘; er sieht sie an und schafft ihnen somit ein AN-SEHEN.
Das Ansehen ist aber nicht nur etwas, was dem Menschen geschenkt wird, der angesehen wird. Es ist auch ein zutiefst akiver Vorgang desjenigen, der ansieht. Das bedeutet, dass Jesus in der Beziehung zu den Menschen immer sehr aktiv ist. Seine Richtung ist -> ‚auf die Menschen zu‘.
dass er ihre Sehnsüchte und Suchbewegungen, auch geistlich wahrnimmt.
…
Ich stelle mir diesen biblischen Jesus als einen Menschen vor, dem ’nichts Menschliches fremd ist‘. Und da, wo er unbekanntes Terrain betritt, lässt er sich darauf ein; vielleicht lässt er sich auch überraschen von dem, was er selbst auch neu entdecken kann auf seiner ‚Reise zu den Menschen‘.
Jesus hat ‚Mitleid‘
Quelle: www.pixabay.com
Bei den Menschen zu sein, ihnen nahe zu sein und ihre Themen und Bedürfnisse zu kennen oder sie zumindest zu erfahren, das bewirkt Mitleid bei Jesus. Und dieses Mitleid, diese Empathie, setzt etwas in Bewegung, machmal sogar buchstäblich, wenn Lahme wieder gehen können. Es setzt – neben der körperlichen Befreiung von Gebrechen – aber immer auch eine umfassendere Befreiung in Gang: Befreiung von den Fesseln des alten Lebens, Befreiung von der Erfahrung nicht verstanden zu werden, Befreiung von erfahrenem Missbrauch und Heilung von Verletzungen. Und in den Auferweckungsgeschichten wird deutlich: Jesus schafft Möglichkeiten für ein neues Leben, dass sich lösen kann vom Alten und Hergebrachten.
Die Zielrichtung muss stimmen ….
Wenn wir das Beispiel Jesu vor Augen haben, dann kann das nicht ohne Konsequenzen für unsere Seelsorge in dieser Zeit und hier in Deutschland bedeuten. Seelsorge bedeutet heute, die Themen der Menschen an sich heran zu lassen, sich mit den Fragen der Menschen auseinandersetzen zu wollen und in ihr ganz konkretes Leben hinein, Begleitung anzubieten. Dieses Angebot muss aber auch von der Bereitschaft gestützt sein, die Wege der Menschen mitgehen zu wollen und nicht ihnen sagen zu wollen, wohin sie zu gehen haben. Seelsorge muss immer eine mitgehende Seelsorge sein.
Quelle: wwwlpixabay.com
Für die grundsätzliche Haltung eines/einer jeden SeelsorgerIn bleibt das nicht ohne grundlegende Erkenntnis. Eine meiner Erkenntnisse daraus (auch angesichts des bevorstehenden Weihnachtsfestes) ist:
Wir müssen eine Seelsorge von den Menschen aus entwickeln, nicht von Gott aus. Gott kann für sich selber sorgen. Der Mensch bedarf eines fürsorglichen Gottes. Nur deshalb war es sinnvoll, dass Gott selber in Jesus von Nazareth Mensch wurde.
In den heutigen Texten des TeDeums finde ich als ‚Ora et Labora‘-Text ein Zitat, das mich noch einmal bestärkt:
„Lehren, mein lieber, junger Mann, das ist kein Spaß. Gottes Wort, das ist glühendes Eisen. Und du willst es lehren, indem du es mit der Zange anfasst, um dir die Finger nicht zu verbrennen? Du willst nicht mit beiden Händen danach greifen? Dass ich nicht lache.„ (George Bernanos, 1888-1948, französischer Schriftsteller, zitiert nach „TeDeum, Dezember 2019, S. 69)
Ja, dieses Wort macht mir Mut, denn auch ich entdecke konkrete Themen, die mich in meinem seelsorglichen Alltag als Krankenhaus-Seelsorger berühren. Da sind die Themen, die sich durch die Übernahme eines katholischen Trägers zum 01.01.2020 an eine schweizerische Holding ergeben. Es sind Themen und Unsicherheiten der Mitarbeitenden und wie wir uns als Krankenhaus-Seelsorger da positionieren.
Mit wird deutlich, dass wir in diesen Fragen und in der Begleitung von Mitarbeitenden nicht unkonkret bleiben können. Wir werden uns sicherlich auch dabei mindestens die Hände, wenn nicht sogar ‚das Maul‘ verbrennen und verbrennen müssen.
Und wenn sich andere darüber ärgern, dann ist das für mich nur eine Bestätigung, dass wir in der Sendung und Nachfolge Jesu nicht auf den falschen Weg sind, denn der Weg der Nachfolge Jesu und der Seelsorge für die Menschen heute und ganz konkret, ist ein steiniger Weg, wenn er eine Seelsorge meint, die für die Menschen relevant ist.
Vor einigen Tagen bei einem Arztbesuch: Ich sitze im Wartezimmer. Es kommt ein älterer Mann, so mindestens Mitte 60 mit seinem Sohn (?), geschätzt um die 40 Jahre ins Wartezimmer. Der Sohn zeigt offensichtlich das Down-Syndrom (Trisomie 21). (Ich schreibe jetzt hier bewusst nicht, dass er an dem Down-Syndrom leidet, denn von Leid ist in seiner Lebendigkeit nichts zu spüren.)
Ja, der Sohn ist lebendig und redselig. – Ich bin zu sehr mit meinem Terminkalender beschäftigt, aber ich habe den Eindruck, dass er mit seinem Begleiter (Ist es der Vater?) darüber sprechen möchte, was er wahrnimmt. Der Sohn spricht normal in ‚Zimmerlautstärke‘, während meine Nachbarin, eine junge Frau so um die Anfang 20 an ihrem Smartphone spielt und im Warteraum auch ein für alle anderen wahrnehmbares Telefonat führt.
Der Vater nimmt seinen Zeigefinger und verschließt damit symbolisch seinen eigenen Mund und wendet sich mit dieser Geste seinem Sohn zu: „Pssst, leiser!“ entnehme ich seiner Äußerung.
Das war’s eigentlich schon!
Heute ärgere ich mich, dass ich geschwiegen habe!
Ich hätte doch auch dem Vater andeuten können, dass mich das Mitteilungsbedürfnis seines Sohnes nicht stört. Ich hätte deutlich machen können, dass ich es normal finde, wenn man sich im Wartezimmer eines Artzes unterhält. – Warum sollen wir uns im Wartezimmer eines Artzes nicht unterhalten? Wir sind doch nicht im Konzert oder in einer Kirche! Und das gilt doch für uns alle, ob mit oder ohne Trisomie 21!